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Seite IV www.wila-arbeitsmarkt.de qualifikaon ist aber im Prinzip überall gleich. Doch nicht alles, was sich Projekt nennt, ist tatsächlich ei- nes. Ein Projekt sollte in der Regel besmmte Merkmale erfüllen. Laut DIN-Norm ist ein Projekt „ein Vorhaben, das im Wesentlichen durch Einmaligkeit der Bedingungen in ih- rer Gesamtheit gekennzeichnet ist, wie z.B. Zielvorgabe, zeitliche, finanzielle, personelle oder andere Begrenzungen, projektspezifi- sche Organisaon.“ Ein Projekt ist also ein neuarges, einmaliges, zeitlich befristetes, zielgerichtetes Vorhaben mit begrenzten Ressourcen. Gearbeitet wird außerhalb der üblichen Organisaon, beteiligt sind mehrere Personen, verschiedene Fachrichtungen oder sogar Instuonen. Vor allem komplexe Vor- haben – mit vielen Projektbeteiligten, hohem Budget und unterschiedlichen Projektzielen – machen ein spezielles Projektmanagement Egal ob ein/e Lektor/in im Bereich Kinder- und Jugendbuch gesucht wird, ein/e Referent/in für Social Media und Online-Redakon, ein/e Projektmanager/in an einer Hochschule, ein/e Mitarbeiter/in für die Posion des Ma- naging Directors in einer Galerie oder ein/e Polische/r Bildungsreferent/in – in immer mehr Stellenanzeigen wird von Bewerberin- nen und Bewerbern erwartet, dass sie nach- gewiesene Erfahrung im Projektmanagement haben, und dass sie die entsprechenden Methoden und die übliche Soſtware kennen. Der Grund ist, dass unsere globalisierte Arbeitswelt zunehmend von Projektarbeit besmmt wird. In der Wirtschaſt, in Verwal- tungen, an Hochschulen oder im Non-Profit- Bereich ergänzen inzwischen zeitlich befris- tete Spezialaufgaben die Rounetägkeiten oder lösen sie sogar ab. Gefragt sind daher Fachkräſte mit besonderen Kenntnissen und Fähigkeiten. Wer ein Projekt leitet oder managt, sollte über Fachwissen verfügen, entsprechende Management-Kompetenzen haben und gut mit den unterschiedlichen Projektbeteiligten umgehen und kommuni- zieren können. Keine leichte Aufgabe! In der Bezahlung schlägt sich das allerdings nicht unbedingt nieder. Die liegt bei Sſtungen, Hochschulen oder Verwaltungen für Fach- kräſte mit abgeschlossenem Hochschulstu- dium oſt bei TVL-10 bis 13. Merkmale eines Projekts Projekte unterscheiden sich je nach Arbeits- platz, von Branche zu Branche. Wie man sie plant, organisiert, steuert oder überwacht, Projekte managen Wer ein Projekt leitet, braucht Management-Wissen. Ziele zu besmmen und Kosten zu berechnen, reicht aber nicht. Führungskompetenz ist ebenfalls entscheidend. Text: Annika Voßen Foto: © Viacheslav Iakobchuk/Fotolia

qualifikation Projekte managen...durchführung und Projektabschluss. Ziel ist, dass Projekte richtig geplant und gesteuert werden, dass die Risiken begrenzt, Chancen genutzt und Projektziele

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ist aber im Prinzip überall gleich. Doch nicht alles, was sich Projekt nennt, ist tatsächlich ei-nes. Ein Projekt sollte in der Regel bestimmte Merkmale erfüllen. Laut DIN-Norm ist ein Projekt „ein Vorhaben, das im Wesentlichen durch Einmaligkeit der Bedingungen in ih-rer Gesamtheit gekennzeichnet ist, wie z.B. Zielvorgabe, zeitliche, finanzielle, personelle oder andere Begrenzungen, projektspezifi-sche Organisation.“ Ein Projekt ist also ein neuartiges, einmaliges, zeitlich befristetes, zielgerichtetes Vorhaben mit begrenzten Ressourcen. Gearbeitet wird außerhalb der üblichen Organisation, beteiligt sind mehrere Personen, verschiedene Fachrichtungen oder sogar Institutionen. Vor allem komplexe Vor-haben – mit vielen Projektbeteiligten, hohem Budget und unterschiedlichen Projektzielen – machen ein spezielles Projektmanagement

Egal ob ein/e Lektor/in im Bereich Kinder- und Jugendbuch gesucht wird, ein/e Referent/in für Social Media und Online-Redaktion, ein/e Projektmanager/in an einer Hochschule, ein/e Mitarbeiter/in für die Position des Ma-naging Directors in einer Galerie oder ein/e Politische/r Bildungsreferent/in – in immer mehr Stellenanzeigen wird von Bewerberin-nen und Bewerbern erwartet, dass sie nach-gewiesene Erfahrung im Projektmanagement haben, und dass sie die entsprechenden Methoden und die übliche Software kennen.

Der Grund ist, dass unsere globalisierte Arbeitswelt zunehmend von Projektarbeit bestimmt wird. In der Wirtschaft, in Verwal-tungen, an Hochschulen oder im Non-Profit-Bereich ergänzen inzwischen zeitlich befris-tete Spezialaufgaben die Routinetätigkeiten

oder lösen sie sogar ab. Gefragt sind daher Fachkräfte mit besonderen Kenntnissen und Fähigkeiten. Wer ein Projekt leitet oder managt, sollte über Fachwissen verfügen, entsprechende Management-Kompetenzen haben und gut mit den unterschiedlichen Projektbeteiligten umgehen und kommuni-zieren können. Keine leichte Aufgabe! In der Bezahlung schlägt sich das allerdings nicht unbedingt nieder. Die liegt bei Stiftungen, Hochschulen oder Verwaltungen für Fach-kräfte mit abgeschlossenem Hochschulstu-dium oft bei TVL-10 bis 13.

Merkmale eines Projekts

Projekte unterscheiden sich je nach Arbeits-platz, von Branche zu Branche. Wie man sie plant, organisiert, steuert oder überwacht,

Projekte managenWer ein Projekt leitet, braucht Management-Wissen. Ziele zu bestimmen und Kosten zu berechnen, reicht aber nicht. Führungskompetenz ist ebenfalls entscheidend.

Text: Annika Voßen

Foto: © Viacheslav Iakobchuk/Fotolia

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erforderlich. Scheitert ein Projekt, kann es auch daran liegen, dass es nicht professionell angegangen, sondern nebenbei oder ohne die nötige Expertise bearbeitet wurde.

Im Gabler Wirtschaftslexikon heißt es: „Pro-jektmanagement wird als Managementauf-gabe gegliedert in Projektdefinition, Projekt-durchführung und Projektabschluss. Ziel ist, dass Projekte richtig geplant und gesteuert werden, dass die Risiken begrenzt, Chancen genutzt und Projektziele qualitativ, terminge-recht und im Kostenrahmen erreicht werden.“

Drei Parameter bestimmen also ein Projekt und dessen Erfolg: Kosten (= Budget), Zeit (= Projektlaufzeit) und Leistung/Qualität (=abgestimmter Projektinhalt) – dargestellt werden diese drei Größen oft im sogenann-ten „Magischen Dreieck“. Die Aufgabe eines Projektmanagers oder einer Projektleiterin ist es, diese drei Faktoren in der Balance halten, denn fast jede Entscheidung während der Projektlaufzeit hat Einfluss auf einen der drei Faktoren.

Passende Methoden

Als Projektmanager/in hat man viele ver-schiedene Aufgaben: Man definiert Ziele und bedenkt Risiken des Projekts, man organisiert die Abläufe und plant Ressourcen, Kosten

und Termine, man steuert das Team und überwacht das Projekt (Controlling). Da sind zum einen BWL-Kenntnisse gefragt. Es gilt aber auch, den Überblick zu behalten. Ver-schiedene Methoden und Werkzeuge helfen im Arbeitsalltag – bei der Terminplanung, bei der Organisation, bei der Kommunikation, bei der Lösung von Problemen.

Drei Beispiele: Der Projektauftrag oder Pro-jektsteckbrief beantwortet alle Fragen zum anstehenden Projekt. In vielen Unternehmen oder Institutionen gibt es spezielle Formu-lare. Eine universelle Vorlage gibt es nicht, dafür sind Projekte zu unterschiedlich. Der Projektstrukturplan bildet zudem in einer Baumstruktur ab, was insgesamt erledigt werden muss, aufgelistet werden alle Teil-projekte und Arbeitspakete – aber ohne Ressourcen und Termine mit aufzuführen. Das geschieht im nächsten Schritt: Mit einem Gantt-Diagramm oder Balkenplan beispiels-weise kann man die verschiedenen Aktivitä-ten eines Projekts untereinander auflisten, ihre Länge wird auf einer Zeitleiste mit den einzelnen Kalenderwochen als Balken darge-stellt. Je länger der Balken, desto mehr Zeit nimmt die Aktivität in Anspruch.

Unterstützung im Projektalltag können au-ßerdem verschiedene Software-Tools liefern. MS Project ist die Standard-Software, die

oft im Projektmanagement eingesetzt und in Schulungen vermittelt wird. Aber es gibt eine Vielzahl oft Cloud basierter Programme und Apps, die beim Projektmanagement, der Aufgabenverwaltung, bei der Zeiterfassung, der Tabellenverarbeitung oder beim Visuali-sieren von Ideen helfen. Gantter zum Beispiel ist eine kostenlose Projektmanagement-Soft-ware, Trello hilft bei der Aufgabenverwaltung.

Der Projektauftrag

Das entscheidende Dokument eines Projekts, nicht nur in der Startphase, ist der Projektauf-trag. Er bildet die Grundlage für die spätere Arbeit. Das Dokument stellt das Projekt vor und sollte auf jeden Fall folgende Angaben enthalten: Beschreibung, Ziele, Nutzen, Betei-ligte, Termine, Kosten und Risiken des Projekts. Zu den Projektzielen zählen auch die Teilziele und Nicht-Ziele. Letztere machen deutlich, wo die Grenzen des Auftrags liegen und was nicht umgesetzt wird. So kann man verhindern, dass das Projekt ausufert, weil doch noch schnell etwas miterledigt werden soll. Auch der Projektnutzen sollte genannt werden – die Auftraggeber wollen schließlich noch einmal klar vor Augen geführt bekommen, warum das Projekt überhaupt angegangen wird.

Ebenfalls ins Dokument gehört der Projekt-kontext: Ausgangssituation, Rahmenbedin-gungen und Projektrisiken – diese werden bewertet und es werden Gegenmaßnahmen genannt. Aufzulisten sind außerdem Termine: Wann startet das Projekt, wann endet es, was sind Zwischentermine/Meilensteine? Auch die Ressourcen- und Kostenplanung findet sich im Projektauftrag wieder. Es müssen also vorab der Personalaufwand (auch von ande-ren Abteilungen wie Grafik oder IT), benötigte Ressourcen wie Maschinen, Softwarelizen-zen, oder Material berechnet und das Budget aufgeschlüsselt werden. Projektbeteiligte werden im Dokument einzeln aufgezählt: Wer ist Mitglied des Teams (hierzu zählen auch ex-terne Honorarkräfte), was ist seine oder ihre Qualifikation, was ist seine oder ihre Rolle? Zu den Projektbeteiligten zählen aber ebenso Schlüsselpersonen. Es ist sinnvoll, sich über diese Stakeholder vorab ausführlich Gedan-ken zu machen.

Hat man das Projekt unter diesen verschie-denen Gesichtspunkten genau definiert und durchleuchtet, ist es schon deutlich erfolgsversprechender geworden: Man hat

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SO GELINGT EIN PROJEKT: ZEHN TIPPS FÜR ERFOLGREICHES PROJEKTMANAGEMENT

1. Ziele: Die Ziele müssen eindeutig festgelegt werden und jedem Projektbeteiligten klar sein. Dazu gehören auch die Nicht-Ziele, die zeigen, wo die Grenzen des Pro-jekts liegen.

2. Puffer mit einplanen: Es gibt immer unerwartete Verzögerungen, daher sollte man die einzelnen Phasen nicht zu eng planen, um den Endtermin nicht zu gefährden.

3. Team zusammenstellen: Geeignete Mitarbeiter/innen mit der passenden Qualifika-tion und Motivation sind entscheidend für den Erfolg.

4. Kosten: Realistisch kalkulieren, auch Ressourcen mit einplanen.5. Abläufe und Rollen festlegen: Wo werden Dokumente abgelegt? Wer berichtet an

wen? Wer hat welche Befugnisse?6. Auf Änderungen eingehen: Ziele anpassen, aber auch mal „Nein“ sagen, damit ein

Projekt nicht zu groß wird und scheitert.7. Mit Problemen umgehen lernen: Die nötige Distanz zum Projekt wahren, sich nicht

für alles verantwortlich fühlen.8. Risikomanagement: Im Team mögliche Risiken bedenken, an denen das Projekt

scheitern könnte. Gegenmaßnahmen überlegen.9. Kommunikation: Teammitglieder führen, motivieren, einbinden, regelmäßige Mee-

tings und Feedback-Gespräche.10. Rückblick: Erfahrungen festhalten für das nächste Projekt. Was lief gut, was nicht?

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sich vorab genau Gedanken gemacht und es gibt nun eine Übersicht über die wichtigsten Punkte. Auftragnehmer und Auftraggeber – letzterer muss den Projektauftrag freigeben – sollten jetzt das gleiche Verständnis des anstehenden Projekts haben.

Stakeholder-Management

Stakeholder sind alle Betroffenen oder Betei-ligten bei einem Projekt. Warum ist es wichtig, sie und ihre Interessen zu identifizieren und zu berücksichtigen? Weil man sich so in ihre Rollen hineinversetzen und ihren Blickwinkel einnehmen kann. Vielleicht erkennt man dabei noch mögliche Anforderungen oder Probleme. Vielleicht lassen sich noch Projekt-ziele ergänzen und Betroffene an Bord holen, sodass manche Konflikte gar nicht erst auf-kommen. Brainstorming im Team ist hilfreich, wenn es um die Liste der Stakeholder geht. Es können schließlich eine große Anzahl an Leu-ten beteiligt sein. Wer arbeitet alles an dem Projekt mit? Und wer ist davon betroffen? Wer sind die Geldgeber? Mit wem könnte es interne Machtkämpfe geben? Wer möchte unbedingt, dass das Projekt erfolgreich ist? Mit wem gibt es Abstimmungsbedarf? Wer war schon beim vergangenen Projekt wichtig und könnte es nun wieder werden? Es geht um Auftraggeber/innen, Behördenvertreter/innen, Programmierer/innen, Geschäftsfüh-rer/innen, Ansprechpartner/innen bei der Bank, Lieferanten, Betriebsräte, …

Hilfreich ist es, tatsächlich konkrete Personen aufzulisten und dann einzeln zu analysieren: Ist diese Person dem Projekt positiv oder negativ gegenüber eingestellt? Was erwar-tet sie von uns und wir von ihr? Was ist ihr Interesse am Projekt? In einer Matrix lassen sich der besseren Übersicht halber auch der Einfluss und die Betroffenheit der einzelnen Stakeholder abbilden. Sind sie einflussreich und auch noch direkt betroffen vom Pro-jektergebnis, sind sie besonders wichtig? Die Liste der Stakeholder sollte man stets im Blick haben. Denn Veränderungen während der Projektlaufzeit können nicht nur Einfluss auf Kosten oder die Qualität haben, sondern auch auf die Stakeholder.

Führungsstärke zählt

Weiche Faktoren, die berühmten Soft Skills, sind im Projektmanagement mitentschei-dend. Projektmanager/innen sind schließlich

diejenigen, die die Fäden in der Hand halten, Aufgaben verteilen, mit allen kommunizie-ren, delegieren und konstruktive Lösungen finden müssen. Methodenkompetenz allein reicht nicht. Folgende Anforderungen wer-den an Projektleiter/innen gestellt: ● Führungsstärke: Man sollte führen kön-

nen, wobei es hier eher auf laterales Füh-ren ankommt. Die Teammitglieder stehen in der Hierarchie nicht unbedingt unter ei-nem, man ist weisungsbefugt bei diesem konkreten Projekt, im Alltagsgeschäft sind die Kolleginnen und Kollegen vielleicht auf dem gleichen Level angesiedelt.

● Motivationstalent: Projektleiter/innen müs-sen mit den unterschiedlichsten Mitarbei-ter/innen aus verschiedenen Abteilungen umgehen, müssen sie für das Projekt gewin-nen, sie alle an einem Strang ziehen lassen.

● Konfliktmanagement: Es wird immer wie-der Reibungspunkte geben im Team, da sollte man als Projektleiter/in Konflikte lösen können.

● Organisationsgeschick, Selbstorganisa-tion, Zeitmanagement und Belastbarkeit sind ebenfalls gefragt, vor allem bei kom-plexen Projekten.

● Problemlösekompetenz: Immer wieder werden Veränderungen und damit Prob-leme das Projekt bedrohen. Diese gilt es konstruktiv aus dem Weg zu räumen.

● Durchsetzungsfähigkeit, Verhandlungsge-schick, Fingerspitzengefühl gegenüber Kun-den: Als Projektleiter/in ist man der oder die Ansprechpartner/in für den Kunden.

Mögliche Weiterbildungen

Auch wenn in Stellenanzeigen nicht explizit Projektmanagement-Erfahrung angespro-chen wird, erwarten viele Arbeitgeber solche Kenntnisse, zum Teil bereits von Studienab-solventen. Darauf haben die Hochschulen reagiert: Inzwischen gibt es eigene Bachelor- und Masterstudiengänge. Viele davon werden im Bau- oder Wirtschaftsingenieurwesen angeboten, manche allerdings – wie der Mas-terstudiengang an der Hochschule Merseburg bei Halle – sind für Bachelorabsolventen aller Studiengänge konzipiert. An anderen Hoch-schulen wiederum sind Module zu „Projekt-management“ Teil der Studienordnung.

Kostenlose Weiterbildungsangebote zu Pro-jektmanagement bieten auch die Career Cen-ter vieler Universitäten und Fachhochschulen an, um den Absolventen den Übergang ins Berufsleben zu erleichtern. Ein Angebot, das gut ankommt, wie etwa Sandra Beaupain vom Career Center der Philipps-Universität Mar-burg berichtet: „Seit 2012 bietet das Career Center fachübergreifende Workshops zum Thema Projektmanagement an. Die Nachfrage für diesen Bereich ist seitens der Studieren-den sehr hoch und die Anmeldezahlen steigen stetig.“

Für Fach- und Führungskräfte, die bereits in Projekten arbeiten oder künftig ein Projekt betreuen sollen, kann es ebenfalls sinnvoll sein, eine Projektmanagement- oder eine

Führungsstärke, Motivationstalent und Organisationsgeschick: Ohne diese Kompetenzen geht es nicht im Projektmanagement. Foto: © zinkevych/Fotolia

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Projektleiter-Weiterbildung zu besuchen – um neue Methoden und Werkzeuge kennenzuler-nen und damit Sicherheit und Selbstvertrauen für den Arbeitsalltag zu erwerben. Oder auch um das eigene Profil zu schärfen für kom-mende Aufgaben. An entsprechenden Wei-terbildungsangeboten mangelt es nicht, es gilt eher die passende Schulung zu finden. Wer die Grundlagen des Projektmanagements er-lernen möchte, kann einen Ein- bis Zweitages-kurs besuchen wie er etwa vom Bildungszent-rum des Wissenschaftsladen Bonn angeboten wird. Recht günstige Fortbildungen, auch zu Spezialsoftware oder als Prüfungsvorberei-tung auf eine Zertifizierung, bieten außerdem die Volkshochschulen. Es gibt zudem spezielle Fortbildungen für Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung, für Redakteur/innen, für Wissen-schaftler/innen oder für Lehrkräfte, die ihre Schülerinnen und Schüler ins Projektmanage-ment einführen wollen.

In die Tiefe gehen Lehrgänge mit Zertifikats-Abschluss. Für diese muss man mehr Zeit und Geld investieren. Mit einer internationalen Zertifizierung als Project Management Profes-sional (PMP) oder Projektmanager Internatio-nal Project Management Association (IPMA) – letztere wird in unterschiedlichen Levels bis hin zum Director angeboten – kann man auch im Ausland punkten. Auch bei den IHKs kann man eine entsprechende Fortbildung besuchen. Das Zertifikat Projektmanager/in IHK oder Projektleiter/in IHK ist zwar ein deutscher Abschluss, lässt sich aber, so die IHK München, ohne weitere Prüfung bei der International Association of Projekt Managers (IAPM) einreichen, um ein international aner-kanntes Zertifikat zu erhalten. Bei der Beset-zung mancher Stelle wird eine Zertifizierung vorausgesetzt.

Das eigene Profil erweitern

Julia Wiesenthal, die eigentlich anders heißt, hat eine solche Zertifikatsweiterbildung be-sucht. Die promovierte Biologin arbeitete seit einigen Jahren als Senior-Lektorin in einem mittelständischen Fachbuchverlag. In die eher von den Geisteswissenschaften geprägte Ver-lagsbranche war die Naturwissenschaftlerin unter anderem über ihre Tätigkeit in einer Pressestelle während ihres Studiums gelangt. Nun wollte sie noch einmal neue berufliche Wege einschlagen. „Die Verlagsbranche ist mir inzwischen zu undynamisch“, erklärt sie. „In vielen mittelständischen Verlagen wird

noch gearbeitet wie vor 30 Jahren. Darunter leidet die eigene Employability.“ Sie überlegte, wie sie selbst ihr berufliches Profil erweitern könnte. Projektmanagement interessierte sie schon länger, also entschied sie sich für eine Zertifikatsweiterbildung bei Reuter Manage-ment Training, einem privaten Anbieter, der Seminare in verschiedenen Städten bundes-weit anbietet. „Projektmanagement kann Türen öffnen, auch zu anderen Berufsberei-chen“, davon ist Julia Wiesenthal überzeugt.

Der Kurs im kleinen Kreis umfasste insgesamt elf Präsenztage in vier Monaten. Vermittelt wurden Planungs- und Steuerungsmethoden und Controlling-Fachwissen, der Dozent be-handelte aber auch soziale Faktoren. „Ziele klar benennen, mit den unterschiedlichsten Stakeholdern umgehen, Probleme erkennen – Projektmanagement ist eine wahnsinnige Kommunikationsaufgabe“, weiß Julia Wie-senthal inzwischen. Parallel musste jeder Teilnehmer eine 60-seitige Abschlussarbeit er-stellen, in der er oder sie ein eigenes, fiktives Praxisprojekt von A bis Z durchplante. Bedacht werden sollten unter anderem Projektziele, Stakeholder, mögliche Risiken und auch die Aufgabenverteilung an die Mitarbeiter/innen. „Das Projekt neben dem Job und lehrgangs-begleitend zu erarbeiten, war sehr, sehr hart. Glücklicherweise habe ich das vorher völlig unterschätzt, sonst hätte ich den Kurs viel-leicht nicht gemacht“, sagt die Mittvierzigerin rückblickend. Für den Zertifikatsabschluss musste sie außerdem noch eine schriftliche und eine mündliche Prüfung bestehen. Rund 5.000 Euro inklusive Übernachtungskosten und Prüfungen bezahlte Wiesenthal für

den Kurs – für sie ein angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis. Was ihr gut gefiel: Die Teilnehmer, überwiegend Männer zwischen 25 und 55 Jahren, kamen aus unterschied-lichen Berufsbereichen – die vermittelten Projektmanagement-Methoden sind schließ-lich branchenübergreifend. „Manchen ging es vor allem um das Abschlusszertifikat der International Project Management Associa-tion (IPMA), um künftig ihr bereits vorher vor-handenes Wissen nachweisen zu können. Ein weiterer Teilnehmer hatte die Weiterbildung von seinem Arbeitgeber als eine Art Bonus be-willigt bekommen, ein anderer nutzte die Zeit zwischen zwei Jobs, um sich neue Fähigkeiten anzueignen“, zählt Julia Wiesenthal auf.

Während und nach der Weiterbildung hat sich die Lektorin weiter beworben, nicht mehr bei Verlagen, sondern bei unterschiedlichen Ar-beitgebern. Mit Erfolg: Nächsten Monat wird sie ihren neuen Job als Beraterin für eine Spe-zialsoftware antreten. Ob die Weiterbildung den Ausschlag gegeben hat bei der Stellenzu-sage? „Nein, aber sie war ein sehr wichtiger Baustein. Sie hat in jedem Fall auch mein Mind Set geändert. Das beeinflusst ganz konkret meinen Berufsalltag. Ich schaue jetzt anders auf Prozesse und auf Unternehmen, ich sehe jetzt, dass alle Beteiligten Stakeholder sind.“

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Zum Weiterlesen

Zertifizierungen: www.gpm-ipma.deProjektmanagement anschaulich erklärt: www.projekte-leicht-gemacht.de

AKTUELLE TRENDS

● Internationales Projektmanagement über Landesgrenzen hinweg nimmt an Bedeu-tung zu. Für die Projektbeteiligten gilt es, nicht nur traditionelle BWL-Kenntnisse anzuwenden, sondern auch die Besonderheiten der Finanzierung und der Rechtssys-teme in den unterschiedlichen Ländern zu bedenken. Ein wesentlicher Punkt ist die interkulturelle Kompetenz aller Projektbeteiligten.

● Wenn Projektmitarbeiter/innen über mehrere Länder verteilt und mobiler arbeiten, werden cloudbasierte Software-Lösungen und Apps wichtiger, um die Kommunikation und den Datenaustausch zu gewährleisten.

● Insgesamt wird das Projektmanagement professioneller. Risikomanagement, Stake-holder-Management und Ressourcenmanagement werden ernster genommen und nicht nur nebenbei abgehandelt.

● Agiles versus klassisches Projektmanagement? Inzwischen gibt es Mischformen. Ar-beitspakete können auch in klassisch laufenden Projekten agil erledigt werden: Bei grob geplanten Arbeitspaketen werden Details erst nach und nach vom zuständigen Team selbst ergänzt.

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delt es sich zum Beispiel um eine Aufgabe für den Projektleiter oder mische ich mich ein? Es kann auch Ressourcenkonflikte geben, wenn ich zusätzlich zum Tagesgeschäft noch weitere Projekte parallel bearbeite.

Wie verhindert man, dass man von einem Projekt zu sehr vereinnahmt wird? Was ist, wenn ich von einem Projekt als „mein Baby“ spreche? Das ist nicht mein Baby! Das ist viel zu emotional. Da bin ich viel zu sehr in meiner Arbeit drin. Man sollte sich nicht für alles verantwortlich fühlen, die Dinge nicht zu sehr an sich heranlassen. Dafür braucht man Resilienz, also psychische Widerstandsfähig-keit – vor allem wenn ein Projekt zu scheitern droht. Man sollte auf jeden Fall für sich Klar-heit schaffen, was die eigene Aufgabe ist, der eigene Beitrag. Hilfreich ist es, sich zu fragen: Was passiert denn, wenn nichts passiert?

Projektmanagement-Kenntnisse, Fachwis-sen oder Kommunikation – woran mangelt es am häufigsten?Projekte scheitern nicht, weil die Leute zu wenig Fachwissen haben, sondern weil ein Projekt sozial komplex ist. Ursache ist nach mehreren Studien bis zu 80 Prozent tatsäch-lich die mangelnde Kommunikation. Man-cher Konflikt lässt sich dadurch verhindern, dass die Rollen und die Erwartungshaltung klar definiert und verstanden wurden. Pro-jektmanagementkenntnisse anzuwenden steigert die eigene Handlungskompetenz.

Wie wichtig ist eine Projektmanagement-Software für ein Projekt?Es kommt darauf an, wie umfangreich das Projekt ist und wie komplex. Wie viele Leute sind beteiligt? Arbeiten sie im selben Ge-bäude oder in einer anderen Stadt oder so-gar in einer anderen Zeitzone? Unterm Strich reicht oft Excel. Die eingesetzte Software ist jedenfalls nicht das Entscheidende bei ei-nem Projekt, denn Software ersetzt nicht die eigentliche Projektmanagementarbeit, sie unterstützt sie nur.

WILA Arbeitsmarkt: Erfahrung im Projekt-management wird inzwischen in vielen Bereichen erwartet. Warum? David Nitescu: Es ist tatsächlich so, dass heute viel mehr in Projekten gearbeitet wird als früher. Die Globalisierung, gestiegener Konkurrenzdruck, technischer Fortschritt und gewachsene Kundenansprüche haben seit den 90er Jahren dafür gesorgt, dass Unternehmen ihre Arbeit mehr und mehr in Projekten erledigen. Und das wird in Zukunft noch weiter zunehmen.

Kann man grundsätzlich lernen, Projekte zu managen?Ja, kann man. Viele Leute werden aber ins kalte Wasser geworfen und müssen es ir-gendwie schaffen, ein Projekt zu managen – dabei ist Projektmanager/in inzwischen ein eigenes Berufsbild. Es gibt spezielle Studiengänge und Zertifizierungslehrgänge. Projektmanagement-Grundwissen allerdings kann man sich durchaus schon in einem Seminar aneignen. Man lernt die relevanten Aufgaben eines Projektmanagers und wor-auf es in Projekten ankommt. Oder was ein Leistungsplan, was ein Terminplan, was ein Kostenplan ist und wie ich diese ausfülle. Projektmanagement-Trainings sind nicht nur für Projektleiter hilfreich. Generell sollte jede/r Mitarbeiter/in, der oder die in einem Projekt arbeitet, wissen, wie man Projekte managt. Dieses Wissen hilft einem im Üb-

rigen nicht nur im Beruf sondern auch im Privatleben – eine Hochzeit oder ein Urlaub sind ja ebenfalls Projekte.

Bei welchen Stellen muss man eine Zertifi-zierung vorweisen können?Es kommt darauf an, ob man Teammitglied ist oder Projektleiter. Wenn ich den überwie-genden Teil meiner Arbeitszeit in Projekten arbeite und außerdem viele Leute anleite, macht eine Zertifizierung durchaus Sinn, um die Prozesse zu verstehen und um eine gemeinsame Sprache zu sprechen. Ein sol-cher Abschluss steigert natürlich auch den eigenen Marktwert und macht sich gut im Lebenslauf. Deutschland ist schließlich ein Zertifizierungsland.

Was sind typische Stolpersteine bei einem Projekt?Erstens: Die unklaren Anforderungen zu Beginn eines Projekts. Was ist überhaupt der Projektinhalt? Lösung hier wäre ein klar definierter Projektauftrag. Zweitens: Verän-derungen während des Projekts – Projekte sind stets dynamisch, es passieren Dinge, die man so nicht vorhergesehen hat. Wie wirken sich diese auf Kosten, Ressourcen und Zeit aus? Das ist schwer zu beantworten, wenn die Basis schon nicht richtig definiert wurde. Drittens: Rollenunklarheit. Es birgt Konflikt-potenzial, wenn ich nicht weiß, was meine Rolle ist und was von mir erwartet wird. Han-

Stolpersteine erkennenFür den Erfolg eines Projekts sorgen verschiedene Faktoren. Dazu gehören definierte Anforderungen, sicherer Umgang mit Komplexität und professionelle Kommunikation.

Interview: Annika Voßen

David Nitescu ist Diplom-Wirtschafts-ingenieur und arbeitet unter anderem als Berater, Trainer und Coach im Bereich Projektmanagement. Im WILA Bildungszentrum bietet er das Semi-nar „Projektmanagement für Geistes- und Naturwissenschaftler/innen“ an, das nächste Mal am 7./8. Juli 2018.Foto: privat