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Maturarbeit KZU Bülach 2018/2019 Autorin: Koryna Lottenbach Betreuung: Stephan Pestalozzi Experte: Elaine Fukunaga Co-Betreuung: Conrad Steinmann Quasi una Fantasia Der Versuch einer eigenen Fantasie auf der flûte à bec im Spiegel historischer Vorbilder

Quasi una Fantasia - Impuls Mittelschule

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Quasi una FantasiaAutorin: Koryna Lottenbach
Betreuung: Stephan Pestalozzi
Experte: Elaine Fukunaga
Co-Betreuung: Conrad Steinmann
Quasi una Fantasia Der Versuch einer eigenen Fantasie auf der flûte à bec im Spiegel
historischer Vorbilder
„Phantasie muß grenzenlos sein dürfen. Denn gezähmt wäre sie keine Phantasie.“
August Everding
3 Ideenfindung ................................................................................................................................... 1
4.1 Fachbegriff und Entstehung .................................................................................................... 2
4.1.1 Wandlung in europäischen Kompositionszentren .......................................................... 3
4.1.2 Spanien im 16. Jh. ............................................................................................................ 3
4.1.3 Frankreich im 16.-18. Jh. ................................................................................................. 3
4.1.4 Italien im 16. Jh. ............................................................................................................... 4
4.1.5 England im 16.-17. Jh....................................................................................................... 5
5 Techniken der modernen Musik und Zeichenerklärung ................................................................. 8
5.1 Flattement ............................................................................................................................... 8
5.2 Sputtato ................................................................................................................................... 8
5.3 Vibrato ..................................................................................................................................... 9
5.6 Flatterzunge ............................................................................................................................. 9
5.7 Glissando ................................................................................................................................. 9
5.8 Blubbern .................................................................................................................................. 9
5.9 Multiphonics ............................................................................................................................ 9
5.11 Blockflötenkopf ....................................................................................................................... 9
5.13 Flageolet-Töne ....................................................................................................................... 10
5.14 Atmung .................................................................................................................................. 10
5.15 Zirkuläratmung ...................................................................................................................... 10
5.16 Fingerbeschriftung ................................................................................................................ 10
6.1 Wahl des Stückes ................................................................................................................... 10
7 Fantasia 1. Georg Philipp Telemann, Originalnoten ...................................................................... 11
8 Die Entstehung meiner Fantasie ................................................................................................... 12
9 Quasi una Fantasia, Komposition in Worten und Partitur ............................................................ 12
9.1 Teil A ...................................................................................................................................... 12
9.2 Teil B ...................................................................................................................................... 14
9.3 Teil C ...................................................................................................................................... 15
9.4 Teil D ...................................................................................................................................... 17
12 Schlusswort ............................................................................................................................... 18
13 Literaturverzeichnis ................................................................................................................... 19
14 Bildquellen ................................................................................................................................. 20
15 Abbildungsverzeichnis ............................................................................................................... 20
Koryna Lottenbach, 6m
1 Vorwort
Die Fähigkeit zu fantasieren beflügelt uns Menschen und erlaubt uns, „tiefer“ zu leben.
Den Begriff Fantasie mit unterschiedlichen Bedeutungen in der Malerei, in der Literatur oder in der
Medizin werde ich in dieser Arbeit aus der Perspektive der Musik untersuchen und meinen ersten Ver-
such in der Komposition machen.
2 Ziel der Arbeit
Das Ziel dieser Arbeit ist es, eine eigene moderne Fantasie für Blockflöte zu komponieren und die Tech-
niken und Notationen der modernen Musik auf der Flöte zu lernen. Um eine Wissensgrundlage zur
Fantasie zu erlangen, soll ein Überblick der Geschichte während der Zeitperiode vom 16. Jahrhundert
bis in die Moderne in den Kompositionszentren Spanien, Italien, Frankreich, England und den Nieder-
landen erarbeitet werden. Dabei stehen die Entstehung (erste Nachweise in der Literatur), die Wand-
lung und Entwicklung des Begriffes und die Abgrenzung von Begriffen ähnlicher Bedeutung im Vorder-
grund.
Die Komposition soll basierend auf der Fantasia 1 von Georg Philipp Telemann komponiert werden und
deren Bewegungen übernehmen. Da es für moderne Blockflöten-Musik keine universell anerkannte
Notation gibt, muss die Komposition mit eigenen Zeichen grafisch dargestellt und in Worten erklärt
werden. Gewöhnlich wird Musik in der Notennotation festgehalten, ohne die Dynamik und die Artiku-
lation auszuschreiben. In dieser Arbeit wird umgekehrt vorgegangen, indem der Ausdruckswert in den
Vordergrund gestellt wird und die absoluten Tonhöhen weniger wichtig sind.
Die anfängliche Idee der theoretischen Arbeit war es, aus den Epochen des Barocks, der Klassik, der
Romantik und der Moderne je ein Werk mit dem Titel der Fantasie zu analysieren, um ein grösseres
Verständnis für den Aufbau, die Form und die Harmonielehre solcher Stücke zu erlangen und der Gat-
tung näher zu kommen. Da die Fantasie aber eine sehr freie Musik – und Formgattung ist und keinerlei
Regeln zum Aufbau und zur Harmonie hat, ist es kaum möglich Übereinstimmungen und Regelmässig-
keiten zwischen verschiedenen Fantasien zu finden. Aus diesem Grund wurde diese Idee verworfen.
3 Ideenfindung
Musik ist ein wichtiger Bestandteil in meinem Leben, da ich seit vielen Jahren Blockflöte spiele und die
Musik mich jeden Tag begleitet, deshalb fiel es mir einfach, eine Arbeit in diesem Bereich zu wählen.
Da ich mich bisher wenig mit moderner Blockflöten-Musik, Improvisation und Komposition befasst
habe, entschied ich mich dazu, im Rahmen dieser Arbeit einen weiteren Schritt in meiner musikali-
schen Ausbildung zu machen und meine ersten Erfahrungen zur modernen Musik und Komposition zu
sammeln und anzuwenden.
Koryna Lottenbach, 6m
2
Ich wählte die Fantasie als Musikstück, da bereits verschiedene Fantasien zu meinem Repertoire ge-
hören und ich nicht viel Wissen über sie verfügte.
4 Die Geschichte der Fantasie
4.1 Fachbegriff und Entstehung
Unter dem griechischen Begriff phantasia (φαντασα) verstand man in Europa des 15. Jahrhunderts
Vorstellungsvermögen oder das Ergebnis des Vorstellungsvermögens. Dem Brief eines Hofmannes an
Francesco Gonzaga aus dem Jahre 1492 ist zu entnehmen, dass der Begriff in der Renaissance für eine
instrumentelle Komposition übernommen wurde und schon im Jahre 1536 in Tabulaturen aus der
Nähe von Valencia, Milan, Nuremberg und Lyons zu finden war. Nach Luis de Milán, Francesco da Mi-
lano und Hermann Finck entsprang gegen Mitte des 16. Jahrhunderts die Fantasie nur aus der Vorstel-
lungskraft und der Fähigkeit des Schöpfers.1 Bei anderen Komponisten bedeutete sie die Improvisation
auf einem Instrument, wie Juan Bermudo und Tomás de Santa María über die Kunst der „taner fante-
sia“ schrieben.2 Von Beginn an wurde die Fantasie mit Bezeichnungen ähnlicher Bedeutung wie Recer-
car und Preambel ausgetauscht. Francesco da Milano unterschied die Fantasia vom Recercar zum Bei-
spiel gar nicht, trotzdem schien der Begriff der Fantasia umgangssprachlicher. Während verschiedenen
Zeitperioden wurde sie auch dem Tientos (de Milán), dem Voluntary (Thomas Mace), dem Capriccio
(Michael Praetorius, Friedrich Lindner), der Canzon (Giovanni Terzi, Adriano Banchieri) oder der Fuga
(Banchieri, Konrad Hagius, Samuel Scheidt) gleichgesetzt. In Deutschland und in den Niederlanden
wurde sie als Prélude klassifiziert, in Spanien betonte man oftmals den technischen Vorteil der Fantasie
als Händeübung.3
Die Technik der Kontrapunktik gewann bei der Fantasie früh an Bedeutung. Gioseffo Zarlino erwähnte
1573: „Such a manner of composing is demanded by the practitioners in composing a fantasia“4. So
wurde sie und das Ricercar vor allem in Italien zum Kennzeichen der kontrapunktischen Fähigkeit, wel-
ches darauf von mehreren nordeuropäischen Organisten, unter anderem Jan Pieterszoon Sweenlick,
übernommen wurde.5 In England gewichtete man eher die Vielfalt des Tonmaterials, trotzdem bestand
Thomas Morley 1597 auf einer einheitlichen Tonart.
Bis ins 19. Jahrhundert behielt die Fantasia ihre Freiheit, sodass dessen Charakter von einer freien Im-
provisation bis zum strikt kontrapunktischen Typ variierte.6
1 Vgl. Luis de Milán (1535-6), Libro de musica, Valencia/Vgl. Hermann Finck (1556), Pratica musica, Wittenberg 2 Vgl. Juan Bermudo (1549), Declaración de instrumentos musicales, Osuna/Vgl. Tomás de Santa María (1565), Libro llmando Arte de tañer fantasia, Valladolid 3 Vgl. Stanley Sadie, George Grove (1980), The New Grove Dictionary of Music and Musicians, Band 1: Seite 380-381 4 Gioseffo Zarlino, Le institutioni harmoniche (1558) Venice, Englische Übersetzung des 2. Bandes, The Art of Counterpoint (1968) 5 Vgl. Stanley Sadie, George Grove (1980): Seite 381 6 Vgl. Stanley Sadie, George Grove (1980): Seite 381
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4.1.1 Wandlung in europäischen Kompositionszentren
4.1.2 Spanien im 16. Jh.
Der wichtigste Eintrag über die spanische Fantasie stammt aus 1565 von Tomás de Santa Maria, in dem
er folgende Besonderheiten aufzählt: Der kunstvolle Aufbau, melodische Entfaltung und gute Anord-
nung von Konsonanzen und Dissonanzen, die Beschaffenheit der Kadenzen und Wiederholung ver-
schiedener Abschnitte und Melodien und Transposition in untypische Lagen.7
In der ersten Hälfte des 16. Jahrhundert war die Art der spanischen Fantasie in einigen Ausgaben zu
finden, jedoch nicht unter dem Begriff der Fantasie. Die Form des sogenannten Tientos ähnelte der
Fantasie schon in vielen Hinsichten und wurde von Organisten wie Antonio de Cabezón und Pedro Vila
bevorzugt. Cabezóns „Tiento sobre Cum sancto spiritu“ wies schon alle Besonderheiten der freien Fan-
tasie auf. 1557 stellte Luis Venegas in seinem Libro de cifra das Tiento der Fantasie zum ersten Mal
gleich. Es entstanden Fantasien für Laute, Gitarre und Vihuela. Nach Miguel de Fuenllana eignet sich
die Form Fantasie für das Studium, weil sie Diminution und feine Redobles (trillerartige Verzierungen)
enthält und somit die Geschicklichkeit der Hand verbessert. Damit ist die Fantasie ein bedeutender
Vorläufer des italienischen Ricercars, das thematisch deutlich konzentrierter war.8 Es sind neben Fan-
tasien für Vihuela, Laute und Gesang keine Nachweise für Flöten-Fantasien in Spanien zu finden.9
4.1.3 Frankreich im 16.-18. Jh.
Wie auch in Italien erschienen die ersten französischen Fantaisies für Laute und Gitarre im zweiten
Viertel des 16. Jahrhunderts (Guillaume Morlaye, Grégorire Brayssing, Julien Belin, Adrien Le Roy).10
Das Prélude mit seiner freien Form (vor allem für Tasteninstrumente bestimmt) war ein Vorgänger der
französischen Fantaisie. 1540 tauchte die Bezeichnung einer instrumentellen Fantasie als eine Gruppe
von Ricercari für Gesang, Violine und Flöte zum ersten Mal auf.11 Aus mehreren erhaltenen Stücken
aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ist zu schliessen, dass die Organisten zu dieser Zeit viele
Fantaisies komponiert haben, unter anderem Albert de Rippe und Morlaye. Marin Mersenne schrieb
über die Freiheit des Fantasierens, jedoch ohne dessen Form zu charakterisieren: „le musicien prend
la liberté d‘y employer tout ce qui lui vient dans l‘esprit sans y exprimer la passion d’aucune parole“12.
Das, was die Fantaisie aber auszeichnet (nach den Fantaisies von Claude Le Jeune, Eustache Du Caurroy
und Charles Guillet 1610-1612), ist die fugierte Anfangsexposition, der eine Periode aus mehreren me-
lodischen Elementen mit fugierten Satzweisen folgt.13
7 Mitarbeit zahlreicher Musikforscher, Friedrich Blume (Hrsg.), (1949), Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Allgemeine Enzyklopädie der Musik Band 1, 1. Auflage, Bärenreiter-Verlag und Deutscher Taschenbuch Verlag, Kassel, Basel und London: Seite 1762
8 Vgl. Friedrich Blume (1949): Seite 1762-1764 9 Vgl. Stanley Sadie, George Grove (1980): Seite 383 10 Vgl. Stanley Sadie, George Grove (1980): Seite 383-384 11 Vgl. Stanley Sadie, George Grove (1980): Seite 384 12 Vgl. Friedrich Blume (1949): Seite 1769 13 Vgl. Friedrich Blume (1949): Seite 1769
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Viele Fantaisies entstanden zu dieser Zeit nur im Sinne von Übungsstücken. Andere Komponisten er-
schufen Fantaisies in künstlerischem Interesse, möglicherweise unter der Wirkung der englischen
Fancy. Ende des 17. Jahrhunderts geriet die polyphone Fantaisie in Vergessenheit. Der Name be-
schreibt jedoch weiterhin Stücke, in welchen sich der Komponist weder an eine gegebene Form noch
an ein bestimmtes Metrum halten muss.14
Die Fantaisies von Nicolas Metru und Etienne Moulinié sind charakteristisch für ihre fröhlichen, tänze-
rischen Themen und die wichtige Rolle der Chromatik. Tours Fantaisies haben einen provinziellen Cha-
rakter und zeigen erste Vereinfachungen der Form.15 In seinem Dictionnaire de Musique unterscheidet
Sébastien de Brossard die Fantasie vom Cappricio und beschreibt sie als „le pur effet du génie sans que
le compositeur s’assujettisse à un nombre fixe ou à une certaine qualité de mesure, se servant de
toutes sortes de modes“16.
4.1.4 Italien im 16. Jh.
Zu Beginn des 16. Jahrhunderts fehlte auch in Italien eine genaue Charakteristik der Fantasie. Das
Spielstück genoss jedoch in der Literatur schon grosses Ansehen für Zupf- und Tasteninstrumente. Be-
richte von Organisten enthalten häufig die Begriffe Fantasia oder Ricerar. Zum ersten Mal wurde die
Fantasia 1536 in Francesco da Milanos Intabolatura di liuto schriftlich festgehalten. Laut seiner Be-
schreibung ist sie ein Satz, der durch akkordischen Zäsuren gegliedert ist und eine organisierte Bewe-
gung der Stimmen enthält.17Wenig Auskunft liefern weitere italienische Tabulaturen für Laute. Neben
Fantasien für Laute (Francesco da Milano, Giovanni Antonio Terzi), Gitarre (Giulio Abondante), Tasten-
instrumente (Girolamo Frescobaldi, Adriano Banchieri) und Ensembles (Giovanni Bassano, Banchieri)
sind auch in Italien keine Belege für Flöten-Fantasien zu finden.18
Im Gegensatz zur französischen Fantaisie, welche ähnlich wie das Prélude die freie Akkordbrechung
kennt, gleicht die italienische Lauten-Fantasie dem Ricercar, bei dem akkordische Zwischenspiele un-
gewöhnlich sind. Die englische Lauten-Fancy ist der italienischen ein Vorbild und wurde in zahlreichen
Tabulaturen verbreitet.19
Was die Trennung des Begriffes der Fantasia vom Praeludium und Ricercar angeht, hatten Italiens
Komponisten im 16. und 17. Jahrhundert unterschiedliche Ansichten, nur bei Giuliano Tiburtino 1549
findet sich die Fantasia bewusst getrennt vom Ricercar. Die erste gefundene Sammlung an Fantasien
ist die Fantasie a tre voci 1585 von Bassano, ein Einzelfund ist zum Beispiel eine Fantasia senza parole
aus Orazio Vecchis Selva di varia ricreatione aus dem Jahre 1590. Andrea Gabrielis Fantasia unterschei-
det sich insofern von seinem Ricercar, als dass sie eine ausgebaute Figuration der Hauptstimme und
einen raschen Wechsel verschiedener Motive als abschliessendes Steigerungsmittel hat.20
14 Vgl. Friedrich Blume (1949): Seite 1770 15 Vgl. Friedrich Blume (1949): Seite 1770 16 Sébastien De Brossard (1705), Dictionaire de Musique, Frits Knuf/Hilversum, Seite 25 Abschnitt Fantasia 17 Vgl.Friedrich Blume (1949): Seite 1764 18 Vgl. Stanley Sadie, George Grove (1980): Seite 381-383 19 Vgl. Friedrich Blume (1949): Seite 1765 20 Vgl. Friedrich Blume (1949): Seite 1766-1767
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Girolamo Frescobaldis Fantasien haben mit 3-4 Motiven eine hohe Konzentration. Mit seinem Fanta-
sietyp übte er Einfluss auf verschiedene deutsche und niederländische Komponisten wie Hans Leo
Hassler und Jan Pieterszoon Sweenlick. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts erfuhr die Bedeutung der Fan-
tasia neben der Toccata einen grossen Aufschwung. Mit Girolamo Frescobaldis Fantasien verschwand
die Fantasie schlagartig aus der italienischen Clavier-Produktion (allgemeine Tasteninstrumente bis ins
18.Jahrhundert).21
4.1.5 England im 16.-17. Jh.
Die englische Fancy ist eine mehrstimmige Formgattung, wobei die Vorform ihrer Formstruktur eine
Tenormottete des 16. Jahrhunderts ist, das „In Nomine“. Somit ist die vokale Mottete die Muttergat-
tung der Fancy.22 1658 beschrieb Lord North eine Fancy von Thomas Wardmit als lebhaft und
beglückend: „ [...] that stirs our bloud, and raises our spirits, with liveliness and activity, to satisfie both
quickness of heart and hand”.23
Im 16. und 17 Jahrhundert war die Fancy wichtig für die instrumentelle Musik Englands, über die
Thomas Morley 1597 behauptete: „may more art be showne than in any other musicke“24. In ihrer
formalen Struktur glich die frühe Fancy dem späteren Ricercar, in der Gattung waren sie jedoch grund-
sätzlich verschieden.25
Bedeutende Meister nach dem Jahre 1600 charakterisierten die Fancy durch mehrere aufeinander fol-
gende Sprünge von einer Oktave und mehr in gleicher Richtung und schnelle Tonrepetitionen.26 Die
üblichste Besetzung zum Spielen der Fancies war ein Ensemble bestehend aus 3-6 viols (Gabmen).
Christopher Simpson schrieb 1667 über die Grundstruktur, den Einfall und das Schreiben solcher Stü-
cke: “Of Musick design’d for Instruments […] the chief and most excellent, for Art and Contrivance, are
Fancies, of 6, 5, 4, and 3 parts, intended commonly for Viols. In this sort of Musick the Composer (being
not limited to words) doth imploy all his Art and Invention about the bringing in and carrying on of […]
Fuges, according to the Order and Method formerly shewed. When he has tried all the several ways
which he thinks fit to be used therein; he takes some other point, and does the like with it: or else, for
variety, introduces some Chromatik Notes, with Bindings and Intermixtures of Discords; or, falls into
some lighter humour like Madrigal, or what else his own fancy shall lead him to: but still concluding
with something that hath Art and excellency in it.”27 Dabei diente der vierteilige Fantasie-Typ von
Giovanni Coperario und John Cooper als typisches Beispiel.
Die grossen gesellschaftlichen Wandlungen im 16. Jahrhundert bewirkten einen Aufstieg der instru-
mentellen Musik. Er bedeutete eine Loslösung der Musik von der Kirche und wachsende Begeisterung
beim neuen Bürgertum. Auch spielte die Musik eine wichtige Rolle während der Wende zum neuen
Zeitalter. Sie half den Menschen zu neuen Emotionen und brachte sie dazu, ihre „Fantasie“ freier aus-
zuleben.
21 Vgl. Friedrich Blume (1949): Seite 1765-1767 22 Vgl. Friedrich Blume (1949): Seite 1772 23 Stanley Sadie, George Grove (1980): Seite 387 24 Friedrich Blume (1949): Seite 1771 25 Vgl. Friedrich Blume (1949): Seite 1772 26 Vgl. Friedrich Blume (1949): Seite 1772-1773 27 Stanley Sadie, George Grove (1980): Seite 387
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Aus diesem Grund stehen schon die frühsten Fantasien im Zeichen von Ausdrucksstärke und Spiel-
freudigkeit und beinhalten im grossen Masse neue Stilmomente.28
Im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts gab es eine wichtige strukturelle Veränderung der Form. Die
Komponisten legten nun grossen Wert darauf, dass die Schichten im Charakter verschieden waren; bei
einigen steigerte sich diese Verschiedenheit zu einer extremen Gegensätzlichkeit der einzelnen Glie-
der. Ausserdem wurde die Fancy durch lebhafte und konzertante Polyphonie aller Stimmer charakte-
risiert. Während der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts entstanden zahlreiche Fantasien von bedeu-
tenden Komponisten.29
Als die Gesellschaft und damit ihre kulturelle Landschaft 1625 bis 1660 durch schwere Erschütterungen
geprägt wurden, geriet auch die Fancy in eine Krise. Die Kultur des Hofstaates befand sich in einem
Isolierungsprozess. Die Experimentierfreudigkeit der Hofkomponisten stieg und zeigte sich in Form-
spielereien und Chromatik. Nun machte auch der Schichtbau einer weniger strengen Form Platz.30
Sehr bedeutend waren in dieser Zeitspanne die Fancies von Williams Lawes, in denen sich Themen von
starker Expressivität finden. Mehr und mehr wurden die Viols durch ausdruckskräftigere Violinen er-
setzt. Dies ist ein Zeichen für den Traditionsbruch im zweiten Drittel des 17. Jahrhunderts. Der Einfluss
Italiens und Frankreichs wurde zunehmend grösser.31
In Werken von Matthew Locke sind in hohem Masse klangliche, harmonische und satztechnische Neu-
erungen anzutreffen, jedoch wurde die Fancy-Komposition in den 60er bis 70er Jahren immer seltener
und an ihre Stelle trat die Sonate italienischen als auch deutschen Typs. Die letzten bedeutenden Fan-
tasien entstanden 1680 von Henry Purcell, welche eine bemerkenswerte harmonische und satztechni-
sche Durcharbeitung kennen.32
4.1.6 Niederlande 16.-18. Jh.
In den Niederlanden entstanden 1545 die ersten Fantasias für Laute (Phalèse). Ein Standartwerk an
Tasteninstrumenten-Kompositionen sind die 13 Fantasias Sweenlicks, wobei er sich eine eigene Form
aufbaute (mehrgliedrige Stücke mit meist einem Thema). Ausser dem Orgelmeister Abraham van den
Kerckhoven erreichte kein weiterer niederländischer Meister Sweenlicks Leistungen, und mit seinen
Werken verschwand die Gattung aus der Orgelmusik der Niederlande. In der zweiten Hälfte des 17.
Jahrhunderts entstanden sechs Fantasias von Anthoni van Noordt (Tabulatuur-boek van psalmen en
fantasyen, 1659) in hochbarockem Stil und Struktur. Lambert Chaumonts Echofantasien aus 1695 zei-
gen schon einen Übergang ins galante Zeitalter. Die sonatenhaften Züge des Andante quasi fantasia
von van den Borren 1760 erreichten bereits die Frühklassik. Der einzige Nachweis für Flöten- Fantasien
ist das „Uitnement kabinet“ 1646 von Bernardo Barlasca mit acht Fantasien für zwei Violinen und Con-
tinuo und zwei für solo Flöte von Pieter de Vois.33
28 Vgl. Friedrich Blume (1949): Seite 1774-1775 29 Vgl. Friedrich Blume (1949): Seite 1775-1776 30 Vgl. Friedrich Blume (1949): Seite 1776-1777 31 Vgl. Friedrich Blume (1949): Seite 1777-1778 32 Vgl. Friedrich Blume (1949): Seite 1779-1780 33 Vgl. Stanley Sadie, George Grove (1980): Seite 384
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4.2 Die Fantasie des Barockzeitalters
Die Fantasie des Barockzeitalters erfährt eine sehr ähnliche Entwicklung wie die des 16. Jahrhunderts.
Sie entstand aus der Freude am virtuosen Spiel und mit dem Ziel, der eigenen Musikalität und Kreati-
vität zu entspringen. Ihre auffälligste Eigenschaft war weiterhin die Freiheit in Rhythmus und Tempo,
Verzicht von Taktstrichen und uneingeschränkte Ausnutzung der instrumentellen Virtuosität. Am
nächsten stand sie dem Capriccio, welches aber mehr in Richtung des Aussergewöhnlichen und Bizar-
ren ging, auch dem Präludium war sie ähnlich.34
Nach den Entwicklungen der Renaissance schrieben viele Theoretiker über die Loslösung der Fantasie
von ihrer bisherigen Form und Struktur. Im Frühbarock wurde Wert darauf gesetzt, tun zu können, was
man will, im Spätbarock gewichtete man hingegen die Stärke des musikalischen Einfalls. Dazu kam die
Erlaubnis zur Freiheit der Tonart, wobei die Tonart im Frühbarock noch strikt beibehalten werden
musste.35
1760 schrieb der deutsche Schriftsteller Johann Christoph Gottsched über die Freiheit der Fantasie:
„[…] ist die Wirkung eines guten Naturells, als welches sich von freyen Stücken zeiget. Z. B. wenn einer
nach seinem Sinne etwas spielet oder sesset, wie es ihm einfällt, ohne dass er sich an gewisse Schran-
ken und die Beschaffenheit des Taktes hält.“36
Obwohl die Vorkommen der Fantasie zu Beginn des 17. Jahrhunderts noch reich waren, übernahmen
Tokkata, Capriccio und Präludium ihre Aufgabe und die Fuge wurde als selbständiger Satz angesehen,
auch die kontrapunktische Satzweise wurde vom stile antico e grave übernommen.37 Im 18. Jahrhun-
dert stieg vor allem in Deutschland die Bedeutung der Fantasie für das Clavier.
Rousseau unterschied 1775 die Fantasie vom Capriccio, indem er behauptet, dass das Capriccio an
Regeln gebunden und niedergeschrieben wird, die Fantasie hingegen aus reiner Improvisation ent-
steht: „Il suit de là qu’un Caprice peut fort bien s’écrire, mais jamais une Fantaisie“.38Trotzdem ist die
Fantasie zu dieser Zeit längst nicht formlos, viele Fantaisies übernehmen Form und Stil von zeitgenös-
sischen Gattungen.
Johann Georg Sulzer schrieb 1773 in seiner Theorie der Schonen Künste über die Fantasie als Improvi-
sation: „Wenn ein Tonkünstler ein Stük, so wie er es allmählich in Gedanken setzet, so fort auf einem
Instrumente spielet; oder wenn er nicht ein schon vorhandenes Stük spielt, sondern eines, das er wäh-
rendem Spielen erfindet, so sagt man, er fantasire. Also gehört zum Fantasiren eine grosse Fertigkeit
im Satz, besonders, wenn man auf Orgeln, Clavieren oder Harfen vielstimmig fantasirt. Die auf diese
Weise gespielten Stüke werden Fantasien genennt, was für einen Charakter sie sonst an sich haben.
34 Vgl. Friedrich Blume (1949): Seite 1781 35 Vgl. Friedrich Blume (1949): Seite 1782 36 Johann Christoph Gottscheden, Handlexicon oder Kurzgefasstes Wörterbuch der schönen Wissenschaften und freyen Künste, Spalte 672 .Hamburg 1760 37 Vgl. Friedrich Blume (1949): Seite 1783 38 Jean Jacques Rousseau (1768), Dictionnaire de Musique, Georg Olms Hildesheim, Seite 215 Abschnitt Fantai-
sie
8
Ofte fantasirt man ohne Melodie blos der Harmonie und Modulation halber; oft aber fantasirt man so,
dass das Stük den Charakter einer Urie, oder eines Duets, oder eines andern singenden Stüks, mit be-
gleitendem Basse hat. Einige Fantasien schweiffen von einer Gattung in die andre aus, bald in ordentli-
chem Takt, bald ohne Takt u. s. f.“39
Johann Sebastian Bach war im Gegensatz zu Georg Philipp Telemann kein Neuerfinder der Fantasie,
sondern stützte sich auf schon vorhandene Formvorlagen. Trotzdem unterschieden sich seine Fanta-
sien von denen seiner Zeitgenossen durch ihre Eigenwilligkeit und Formalität. Sein Nachfolger, Carl
Philipp Emanuel Bach, übernahm wichtige Stilmittel seines Vaters (unter anderem das Instrumental-
Rezitativ) und gab seinen Clavier-Fantasien einen individuellen Charakter. Er bezeichnete die Fantasie
in seinem Versuch über die wahre Art das Klavier zu spielen als freies Stück, das keine Takteinteilung
enthält und mehrere Tonarten hat. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts übernimmt die Fantasie immer
mehr Merkmale von der Rondo- und Sonatenform und nähert ich dem Capriccio.40
Mit Mozarts Klavier-Konzerten erfährt die Klavier-Fantasie einen Aufschwung und gleichzeitig eine Ab-
wandlung von C. Ph. E. Bachs Fantasien. Mozart sieht die Fantasie nicht als unbegrenzt, sondern bindet
sie an Formen und Grenzen.41
4.3 Die Fantasie der Moderne
Der Begriff der Fantasie stirbt bis heute nicht ganz aus und hat je nach Zusammenhang verschiedene
Bedeutungen. Im Gegensatz zur früheren Musik, in welcher die Dur- und Molltonarten aus 12 Tönen
als universelle Sprache galten, hat die modere Musik keine gegebene Tonalität und keine Rhythmu-
seinschränkungen.
5 Techniken der modernen Musik und Zeichenerklärung Folgende Techniken habe ich während den Stunden mit Herrn Steinmann erlernt. Es ist zu erwähnen,
dass nicht alle erlernten Techniken in der Komposition verwendet wurden.
5.1 Flattement
Das Flattement ähnelt einem Triller, jedoch beträgt das Intervall zum tieferen Ne-
benton weniger als einen Halbton. Der ausführende Finger darf das Loch also nicht
ganz verschliessen, sondern nur eine leichte Störung des Luftstroms bewirken.
5.2 Sputtato Um ein Sputtato zu erzeugen wird sehr kurz und hart Luft in die Flöte geblasen, es
soll kein satter Ton erklingen.
39 Johann George Sulzer (1773), Allgemeine Theorie der Schonen Kunste, erster Teil, Leipzig, von Weissmanns Erben und Reich, Seite 491 Abschnitt „fantasiere; Fantasie.“ 40 Vgl. Friedrich Blume (1949): Seite 1790-1791 41 Vgl. Friedrich Blume (1949): Seite 1794
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5.3 Vibrato
Bei einem Vibrato wird die Luft schnell nacheinander stark und weniger stark in die
Flöte geblasen.
5.4 Finger heben/streichen
Während ein Ton gespielt wird, werden einzelne oder mehrere Finger kurz vom
Loch gehoben oder beliebig lange und beliebig schnell über das Loch gestrichen.
5.5 Auf Löcher klopfen
Ohne in die Flöte zu blasen wird so stark auf die Löcher geklopft, dass der gegriffene
Ton zu hören ist.
5.6 Flatterzunge In den Flötenkopf wird konstant Luft geblasen, während dem mit der Zunge gerollt
wird.
5.7 Glissando
Ein Glissando wird erzeugt, indem man von einem zum anderen Ton alle dazwi-
schenliegende Töne kontinuierlich spielt, ohne diese anzustossen. Wird höher als
das g2 gespielt, muss das Griffregister gewechselt werden.
5.8 Blubbern Ein Finger wird so ins Labium gehalten, dass beim Blasen ein blubbernder Ton ent-
steht. Dabei darf nicht zu stark und nicht zu schwach in die Flöte geblasen werden.
5.9 Multiphonics
Durch bestimmte Hilfsgriffe erklingen beim Anspielen eines Tones mehrere Töne.
5.10 Ton mit Stimme
Während normal in die Flöte geblasen wird, kann mit der Stimme eine beliebige
Melodie oder ein beliebiger Ton darüber gesungen werden.
5.11 Blockflötenkopf
Wird nur mit dem Blockflötenkopf gespielt, können unterschiedliche Effekte er-
zeugt werden, indem die Öffnung unten unterschiedlich stark auf- und zugemacht
wird.
Wird die untere Öffnung beim Blockflötenkopf verschlossen, können durch unterschiedlich starkes
Saugen am Labium Melodien erzeugt werden.
Koryna Lottenbach, 6m
5.13 Flageolet-Töne
Um einen Flageolet-Ton zu erzeugen, muss der Ton stark unterblasen werden, sodass fast keine Luft
in den Flötenkopf strömt. Diese Töne sind auf der Altblockflöte auf dem c2, d2, e2 und f2 am einfachs-
ten zu erzeugen.
5.14 Atmung
Die Atmung kann als Gestaltungsmittel eingesetzt werden, zum Beispiel als Span-
nungsaufbau. Je kürzer und schneller geatmet wird, desto intensiver und drängen-
der scheint die Musik.
5.15 Zirkuläratmung
Mithilfe der Zirkuläratmung ist es möglich, ohne Spielunterbruch zu atmen, indem in die Flöte geblasen
wird und gleichzeitig durch die Nase Luft eingeatmet wird. Das Erlernen dieser Technik beansprucht
jedoch viel Zeit und Können.
5.16 Fingerbeschriftung
6.1 Wahl des Stückes
Ich habe die Fantasia 1 von Telemann als Stütze für
meine Komposition gewählt, da sie ihrem Titel ent-
sprechend sehr frei ist, bei genauerem Betrachten
aber mit zeitgenössischen Formen in Verbindung
gebracht werden kann. Der erste Teil (Takte 1-10)
ist eher langsam und dient als Einführung bzw. Prä-
ludium. Die Takte 11-26 sind komplizierter und
schneller und könnten somit einer Fuge entspre-
chen, darauf folgt ein langsamer und verdauender
Teil (Takte 27-36) und ein schneller Teil (Takte 1-
24), der einem Allegro entspricht.
Diese Aufteilung habe ich auch bei meiner Komposition übernommen und nach den Teilen A, B, C und
D benannt.
Das c2 hat vor allem zu Beginn des Stückes eine grosse Gewichtung, was bei der eigenen Komposition
als Merkmal bzw. Motiv übernommen worden ist.
Abbildung 1: Georg Philipp Telemann
Koryna Lottenbach, 6m
Abbildung 2: Fantasia 1 Originalnoten (1723-1733), Georg Philipp Telemann
Koryna Lottenbach, 6m
8 Die Entstehung meiner Fantasie
Das Komponieren der modernen Fantasie an sich beanspruchte nicht sehr viel Zeit, ich brauchte jedoch
einige Wochen, um mich an die Techniken und den Umgang mit moderner Musik zu gewöhnen. Ich
bin so vorgegangen, dass ich mir jeweils einen Teil der Fantasia 1 vorgestellt habe und diesen mit den
erlernten Techniken nachzuahmen versuchte. Danach besprach ich mit meinem Co-Betreuer, Herr
Steinmann, jeden einzelnen Abschnitt und entwickelte und veränderte meine Komposition Schritt für
Schritt zu einem eigenständigen Stück.
Da meine Komposition auf den Bewegungen der Fantasia 1 von Telemann beruht und gewisse Motive
übernimmt, habe ich sie zwischen das Vivace und das Allegro Telemanns Fantasie eingebaut. Auf diese
Weise werden ähnliche Elemente und verschiedene Strukturen erkennbar.
9 Quasi una Fantasia, Komposition in Worten und Partitur
Die Teile A, B und C dieser Komposition werden mit direktem Anschluss an das Vivace der Fantasia 1
von Georg Philipp Telemann (ohne das Allegro) gespielt.
9.1 Teil A
1.1 Mit einem Glissando vom as1 zum c2 beginnen, leise und nicht allzu langsam. Auf c2 bleiben
und mit langsamem Flattement beginnen, das immer schneller und heftiger wird (Loch mehr
zudecken), dann in einem Höhepunkt abrupt abbrechen. Lange Pause.
1.2 Mit schnellem Vorhalt von d2 zu c2 beginnen und mit gleicher Intensität und Lautstärke, aber
sanfterem Flattement als zuvor c2 halten. Nun immer wieder kurz d2, e2, g1 und g2 spielen
(Reihenfolge beliebig, gebunden mit c2; nicht gestossen), zwischendurch aber immer auf c2
mit Flattement zurückkommen. Lautstärke, Intensität des Flattements, Schnelligkeit der ein-
geschobenen Töne erhöhen, bis es auch hier zu einem Höhepunkt kommt. In der Geschwin-
digkeit des Flattements mit einem Finger nun über Loch 4 streichen (nur auf dem c2). In dieser
Bewegung sofort schneller und lauter werden, dann abrupt abbrechen. Kürzere Pause.
1.3 Laut von c2 zum c3 schnelle gebundene Tonleiter spielen, auf c3 sofort etwas leiser werden
und schnellen gleichmässigen Triller spielen, in gleichem Zug Tonleiter wieder zu c2 spielen,
sofort abbrechen. Kurze Pause.
Nun auf c3 wieder laut starten und wie zuvor mit gleichmässigem Triller leiser werden, gebun-
dene Tonleiter zu c2, sofort abbrechen. Sehr kurze Pause.
Zweimal schnell und laut hintereinander gebunden c3-h2-c3 spielen. Sehr kurze Pause.
Nun keine ganze Tonleiter von c2 nach c3, sondern die Töne c2-g2-c3 spielen, wieder auf c3
mit Triller und sofortiger Lautstärkeabnahme bleiben, dann schnelle Tonleiter zu c2, auf die-
sem Ton etwas länger bleiben; aber nicht allzu lange. Lange Pause.
Koryna Lottenbach, 6m
13
2.1 Sehr leise blasen, mit Finger Labium fast ganz zudecken und mit der anderen Hand Löcher 0
und 3 drücken (f2) bis ein „blubbernder Ton“ entsteht. Nun langsam und nacheinander Löcher
mit der ganzen linken Hand zudecken (von f2 bis c2), dazu Labium etwas mehr verschliessen.
Dann Löcher wieder bis f öffnen, auch Labium mehr öffnen. Vorgang mehrmals wiederholen,
Labium aber immer stärker öffnen und schliessen bis Blubbern ganz verschwindet, dann mit
ganzer Hand am Labium Schwingungen erzeugen (Labium öffnen und schliessen), dabei nor-
males f drücken (Löcher 0 und 2). Immer schneller mit Hand Labium zu- und aufdecken, bis es
zu einem Höhepunkt kommt, sofort abbrechen. Der ganze Vorgang 2.1 soll nicht allzu lange
dauern, damit die Spannung beibehalten wird. Kurze Pause.
2.2 Kurzes spitziges f1 spielen, nach etwas längerer Pause wieder f2 mit gleichmässigem heftigem
Triller auf Löchern 4, 5, 6. Sehr kurze Pause und Vorgang zwischen f1 und f2 mehrmals wieder-
holen; bei f2 nach x-tem Wiederholen aber kurz nach anspielen kleines Glissando machen (Lö-
cher etwas abdecken). Immer schneller wechseln, dann nur noch f1 spielen (einzelne kurze
Töne, nicht allzu schnell, ca. 8.tel). Immer spitziger blasen und Immer mehr Obertöne erzeu-
gen. Schneller werden, nach sehr kurzer Pause aufgeregt und sehr schnell nur die höheren
Obertöne spielen, dann langsam ruhiger werden und tiefere Obertöne erzeugen, bis keine
Obertöne mehr zu hören sind, f1 immer seltener und etwas länger spielen, bis der Ton ganz
zum Stehen kommt.
2.3 Langes f1 spielen und dazu gleichen Ton singen. Stimme wenig und langsam so nach unten und
oben in der Tonhöhe verschieben, dass Dissonanzen und deren Schwingungen zu hören sind.
Lange Pause. Erneut f1 singen und blasen, dann mit Stimme gebunden eine Oktave höher bla-
sen, Flöte aus dem Mund nehmen und f2 nur noch singen mit offenem Mund. Dann den Mund
langsam schliessen und Ton abklingen. Lange Pause.
Abbildung 3: Quasi una Fantasia, Teil A Noten
Koryna Lottenbach, 6m
9.2 Teil B
1.1 Melodie c2-f2-e2-a2 (Melodie 1) langsam auf Löchern klopfen (ca. in 4tel.). Lange Pause. Gleiche
Melodie nun mit Sputtato spielen, gleiches Tempo, lange Pause.
Anschliessende Folge aus Melodie 1 (c2-f2-e2-a2 in 4.teln) und Melodie 2 (f2-d2-g2-g1 in 8.teln)
ohne Pause durchspielen, mit steigender Intensität:
Melodie 1 klopfen und danach mit Sputtato spielen, gleich darauf Melodie 2 mit Sputtato
Melodie 1 und 2 mit Sputtato, Artikulation bei 2 etwas verändert
Melodie 1 mit der Technik der Multiphonics und mit Sputtato, Melodie 2 normal greifen,
ohne Sputtato, etwas lauter als zuvor
c2 der Melodie 1 rollen, folgende Töne in Mutiphonics mit starkem Sputtato jeweils nach
dem Anstossen klingen lassen, Melodie 2 normal
Melodie 1 lange Töne in Multiphonics, Melodie 2 normal
Darauf ohne Pause Melodie c2-g2, a1-c3, g1-h2, c2-e3 (Zweiergruppen gebunden) so spielen,
dass der Schwerpunkt jeweils auf c2,a1,g1 und c2 liegt und diese übertönen, g2,c3 und h2 sollen
nur nachklingen. Auf dem letzten Ton, e3, stehen bleiben, langsames, langes Vibrato. Tonleiter
von e3 zu f1 in F-Dur, zunächst langsam und dann schneller.
1.2 Auf f1 lange bleiben, dann gebunden oder mit Unterbruch zu f2 spielen, auf dem f2 einen schnellen
und regelmässigen Triller nach e2 mit Finger 3 machen. Dieser Triller soll im piano gespielt werden,
zwischendurch beliebige Töne etwas lauter als der Triller, kurz und gebunden dazwischen spielen,
aber nicht gleich nacheinander. Zum regelmässigen Triller von d2 nach c2 fliessend wechseln, wel-
cher im forte gespielt wird (hier werden keine Zwischentöne gespielt). Wieder zum Triller von f2
nach e2 wechseln mit Einschüben von beliebigen Tönen. Dieser Wechsel wird einmal wiederholt.
Triller f2-e2 dann langsam ausklingen lassen, indem der Finger 3 immer mehr vom Loch genommen
wird und weniger geblasen wird. Pause.
1.3 Melodie 1 spielen, laut und heftig, konstante Triller auf jedem Ton (bei c2 auf Loch 5, bei f2 auf
Loch 3, bei e2 auf Loch 3, bei a2 auf Loch 6). Lange Pause.
Erste drei Töne der Melodie 1 (c2-f2-e2) blasen, lauf und heftig. Dabei mit Hand am Labium
schnelle Schwingungen erzeugen. Dieses Schema der drei Töne mit der Hand am Labium wieder-
holen, jeweils mit immer längeren Pausen dazwischen und tieferem Einatmen, bei jeder Wieder-
holung weniger blasen und weniger und langsamere Schwingung erzeugen, bis Labium ganz zuge-
deckt ist und nur noch ein Windgeräusch erklingt. Hier die Melodie der drei Töne einmal im Wind
erkennen lassen indem die entsprechenden Löcher gedrückt werden und unterschiedlich stark ge-
blasen wird. Wind beliebig lang weiterziehen und abklingen lassen. Der ganze Vorgang 1.3 soll
nicht zu lange dauern.
Die Multiphonics wurden in diesem Teil mit folgenden Griffen gespielt:
9.3 Teil C
Der ganze Teil C wird nur mit dem Flötenkopf gespielt.
1.1 Vorgehen 1.:Sofort leise mit heftigem Vibrato in die Flöte blasen und für einen Moment so
bleiben, dann beginnen, mit der anderen Hand die Öffnung unten zu verschliessen und mit
dem Vibrato aufhören. In fliessenden Bewegungen Ausgang immer wieder leicht öffnen und
schliessen, dabei schneller und leiser werden bis ein Zittern entsteht. Zum Schluss ganzes Loch
mit Hand verschliessen und Ton etwas halten. Pause.
1.2 Gleiches Vorgehen wiederholen, diesmal jedoch Ausgang zu Beginn schon etwas verdecken,
damit ein tieferer Ton entsteht.
2.1 Vorgehen 2.:Nun den Mund ans Labium halten und folgende Melodie erzeugen, indem man un-
terschiedlich stark Luft aus dem Labium saugt und die Öffnung unten ganz verschliesst (nichts grei-
fen):
Abbildung 5: Griffe für Multiphonics
Koryna Lottenbach, 6m
16
Dabei ist nicht die genaue Tonhöhe wichtig, sondern die Bewegung der Melodie und die ungefäh-
ren Höhenunterschiede. Pause.
2.2 Vorgehen 1 wiederholen, nun aber lauter beginnen als zuvor. Lange Pause, dann nochmals wie-
derholen aber leiser und mit etwas mehr verdeckter Öffnung. Lange Pause.
2.3 Vorgehen 2. wiederholen, in der Tonhöhe jedoch etwas höher als zuvor, indem stärker gesaugt
wird. Lange Pause.
3.1 Den Ausgang mit der Hand ganz schliessen und normal in den Flötenkopf blasen. Ein mittelschnel-
les Glissando machen, indem die Hand langsam vom Ausgang genommen wird, bis der Ausgang
ganz offen ist. Dabei kurz nach dem Anspielen etwas weniger blasen, damit es im Glissando keinen
Unterbruch gibt. Kurze Pause.
3.2 Den Ausgang etwas weniger verschliessen als in 3.1, das Glissando diesmal mit Doppelzunge aus-
führen. Kurze Pause.
Glissando mit Doppelzunge mehrere Male mit sehr kurzen Pausen dazwischen wiederholen. Mit
jedem weiteren Mal den Ausgang beim Beginnen weniger verschliessen, langsamer werden und
dieses Konzept fortsetzen, bis es nicht mehr höher geht, dann abbrechen. Kurze Pause.
3.3 Wie in Vorgehen 1 Mund ans Labium halten. Am Labium saugen, sodass die Glissandos von 3.1 und
3.2 imitiert werden (zuerst leichter, dann stärker saugen; so entsteht ein Glissando), ausser dass
hier die Doppelzunge weggelassen wird. Auch hier fortsetzen, bis es nicht mehr höher geht. Die
Pausen werden gegen Ende immer grösser.
Abbildung 6: Ausschnitt aus der Fantasia 1 von G. P. Telemann
Abbildung 7: Quasi una Fantasia, Teil C Noten
Koryna Lottenbach, 6m
Der Teil D wird mit der ganzen Flöte gespielt.
1.1 Das Allegro der Fantasia 1 von Georg Philipp Telemann ohne Wiederholungen spielen, indem
die Flöte quer genommen wird und mit kurzen Luftstossen bei jedem Griff ins Labium geblasen
wird. Dabei soll die Flöte in einem solchen Winkel zum Mund sein, dass beim Blasen möglichst
viel vom Ton zu hören ist.
1.2 Erneut das Allegro der Fantasie ohne Wiederholungen spielen, diesmal jedoch normal in den
Flötenkopf blasen.
Koryna Lottenbach, 6m
10 Mein Instrument
Es ist zu beachten, dass diese Komposition auf einer Altblockflöte von Etienne Holmblat gespielt
wurde, da in der Technik der Multiphonics oder beim Überblasen des Instrumentes auf jeder Flöte
andere Nebentöne entstehen.
Bei der Aufnahme meiner Fantasie entstanden Schwierigkeiten mit den Aufnahmegeräten. Es war vor-
gesehen, mit zwei Mikrofons von verschiedenen Seiten aufzunehmen, um einen volleren Klang zu er-
langen und Unregelmässigkeiten wegen Bewegung zu verhindern. Jedoch gelang es nicht, die Geräte
zu koppeln und es wurde schlussendlich mit einer Apogee MiC 96 k aufgenommen und mit dem Pro-
gramm Adobe premiere pro CC bearbeitet.
12 Schlusswort
Ich habe im Rahmen dieser Arbeit in kurzer Zeit sehr viel gelernt und den Einblick in eine neue und mir
zuvor fremde Welt erhalten. Zu Beginn hatte ich Mühe, die moderne Musik zu verstehen und Gefallen
daran zu finden, im Verlaufe der Zeit hat mich ihre Vielfältigkeit jedoch begeistern können. Die Kom-
position an sich gefällt mit insofern, dass sie sehr verschiedene Techniken anspricht und viele Span-
nungsmomente enthält, trotzdem fällt es mir weiterhin schwer, mich in moderne Musik einzufühlen.
Zusammenfassend hat mir diese Arbeit ein besseres Verständnis für moderne Musik und Komposition
gegeben, meinen Horizont erweitert und ich denke die Grenzenlosigkeit der Fantasie berührt zu haben.
Abbildung 9: Altblockflöte von Etienne Holmblat
Koryna Lottenbach, 6m
ding/78776/ (abgerufen:03.01.2019)
Friedrich Blume (Hrsg.), (1949), Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Allgemeine Enzyklopädie der
Musik Band 1, 1. Auflage, Bärenreiter-Verlag und Deutscher Taschenbuch Verlag, Kassel, Basel und
London
Stanley Sadie, George Grove (1980), The New Grove Dictionary of Music and Musicians, Band 1, Mac-
millan Publishers
Art of Counterpoint (1968)
tasia
heim, Seite 215 Abschnitt Fantaisie
Johann George Sulzer (1773), Allgemeine Theorie der Schonen Kunste, erster Teil, Leipzig, von Weiss-
manns Erben und Reich, Seite 491 Abschnitt „fantasiere; Fantasie.“
Johann Christoph Gottscheden (1760), Handlexicon oder Kurzgefasstes Wörterbuch der schönen Wis-
senschaften und freyen Künste, in der Caspar Fritschischen Handlung, Leipzig, Spalte 672
Georg Philipp Telemann, Peter Reidemeister (Hrsg.), (1992), Zwölf Fantasien für Flöte solo, Amadeus
Verlag
Hermann Finck (1556), Pratica musica, Wittenberg
Juan Bermudo (1549), Declaración de instrumentos musicales, Osuna
Tomás de Santa María (1565), Libro llmando Arte de tañer fantasia, Valladolid
Koryna Lottenbach, 6m
10072011_x100.html (abgerufen: 03.012019)
men/klassik-entdecken/georg-philipp-telemann-250-todestag-100.html (abgerufen: 03.01.2019)
Abbildung 2: Georg Philipp Telemann, Peter Reidmeister (Hrsg.), (1723-1733), 12 Fantasien für Flöte
solo, Amadeus Verlag, Winterthur
Abbildung 2: Fantasia 1 Originalnoten (1723-1733), Georg Philipp Telemann..................................... 11
Abbildung 3: Quasi una Fantasia, Teil A Noten ..................................................................................... 13
Abbildung 4: Griffe für Multiphonics ..................................................................................................... 15
Abbildung 5: Quasi una Fantasia, Teil B Noten ..................................................................................... 15
Abbildung 6: Ausschnitt aus der Fantasia 1 von G. P. Telemann .......................................................... 16
Abbildung 7: Quasi una Fantasia, Teil C Noten ..................................................................................... 16
Abbildung 8: Quasi una Fantasia, Teil D Noten ..................................................................................... 17
Abbildung 9: Altblockflöte von Etienne Holmblat ................................................................................. 18
Ich, Koryna Lottenbach, erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Maturitätsarbeit eigenständig und
ohne unerlaubte fremde Hilfe erstellt habe und dass alle Quellen, Hilfsmittel und Internetseiten
wahrheitsgetreu verwendet wurden und belegt sind.
Ich bin damit einverstanden, dass eine Kopie meiner Maturitätsarbeit bei einer Anfrage nach aussen