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SBB AG Immobilien Strasse 8021 Zürich, Schweiz +41 51 222 22 22 [email protected] www.sbb.ch/immobilien Rail Control System (RCS) – Das Bahnverkehrs- konzept der Zukunft.

Rail Control System (RCS) – Das Bahnverkehrs- konzept der Broschüren... · ebenfalls von der SBB entwickelte Modul RCS-ADL ist 2014 einsatzbereit. Mit den von ADL berechneten

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SBB AGImmobilienStrasse8021 Zürich, Schweiz+41 51 222 22 [email protected]

www.sbb.ch/immobilien

Rail Control System (RCS) – Das Bahnverkehrs- konzept der Zukunft.

SBB Rail Control System | White Paper | 2

Einführung in die Thematik. 3

RCS und seine Module im Überblick. 4

RCS – eine Erfolgsgeschichte aus der Schweiz. 7

Cases: Ressourcenoptimierung und Zentralisierung. 10 Energieeffizienz. 12 Zuglaufoptimierung. 14

Fazit. 16

Inhaltsverzeichnis.

SBB Rail Control System | White Paper | 3

Einführung in die Thematik.

Die Schweiz verfügt über eines der am dichtesten befahre-nen Bahnnetze der Welt. Auf dem 3 000 Kilometer langen Schienennetz der SBB verkehren täglich rund 10 671 Züge. Dies entspricht 101.5 Zügen pro Hauptgleis. Sie bringen pro Tag über eine Million Menschen und 210 000 Tonnen Güter an ihr Ziel 1. Auch bezüglich Pünktlichkeit ist die SBB im inter-nationalen Vergleich (UIC-Standard) führend: Sie ist die pünktlichste Bahn Europas 2. Durch den kontinuierlichen Ausbau des Bahnangebots und die wachsende Nachfrage nach Güterverkehrsleistungen nimmt die Verkehrsdichte stetig zu. Damit steigen auch die Anforderungen an Sicher-heit und Pünktlichkeit.

Dies deckt sich mit den weltweiten Herausforderungen im Bahnverkehr: • Intensivierung der Netznutzung• Zentralisierung der Betriebsstandorte• Finanzielle Konkurrenzfähigkeit • Unterhalt der Infrastruktur• Automatisierung repetitiver Tätigkeiten

Weltweit einzigartiges BahnverkehrsmanagementUm diesen Herausforderungen des zunehmenden Bahnver-kehrs zu begegnen, hat die SBB das Mobilitätskonzept der Zukunft entwickelt: Rail Control System RCS. Das intelligente Dispositionssystem verbessert die Pünktlichkeit auf allen Strecken. Zudem optimiert RCS die Nutzung der bestehe-

RAIL CONTROL SYSTEM (RCS) – DAS BAHNVERKEHRSKONZEPT DER ZUKUNFT.

nden Infrastruktur, erhöht die Kapazität des Bahnnetzes und der Zugfolgedichte ohne hohe Investitionen in den Ausbau des Schienennetzes zu tätigen. RCS automatisiert die Bahnverkehrssteuerung zu einem ho-henGradundfördertenergieeffizientesFahren.DieSBBspart damit jährlich rund 74 Gigawattstunden Strom ein. Dies entspricht dem Haushalts-Stromverbrauch einer Klein-stadt oder 8.1 Millionen Schweizer Franken. 2016 hat die SBB dafür den Schweizer Energiepreis «Watt d’Or» in der KategorieenergieeffizienteMobilitäterhalten 3.

Steuern und Überwachen mit Schweizer PräzisionRCS liefert Informationen im Sekundentakt – von der Planung bis zur Steuerung des Zugverkehrs. Es berechnet alle zwei Sekunden den Verkehr auf dem gesamten Bahn-netz mit einem Prognosehorizont von zwei Stunden. So werdenKonflikteraschundexakterkannt.RCSerkennttäglicheineMillionmöglicheKonflikteundsorgtdadurchfüreine einzigartige Fahrplanstabilität und optimiert rund 2000 Zuglenkungen.

Die RCS-Systemfamilie ist modular und skalierbar. Das gesa-mte System besteht aus einer Gruppe von Anwendungen, die nach Bedarf kombiniert und vielseitig eingesetzt werden können.DieoffeneSystemarchitekturvonRCSlässteineEr-weiterungmitspezifischenModulenzu.

Die wichtigsten Pluspunkte von RCS• Netzweite Disposition des

Zugsverkehrs• Berechnung des Ist-Zustands

und Visualisierung des Soll-Zu-stands im Schienennetz

• Mehr Zuverlässigkeit durch höhere Fahrplanstabilität

• AutomatischeKonfliktlösung• Erhöhung der Zugfolgedichte• SteigerungderEnergieeffizienz• Präzise, zeitnahe und verfolg-

bare Kommunikation

1 Die SBB in Zahlen und Fakten 20172 Statistik der International Union of Railways UIC 20163 Media des Bundesamt für Energie BFE vom

7. Jan. 2016 „Bundesamt für Energie verleiht zum zehnten Mal den Schweizer Energiepreis“

SBB Rail Control System | White Paper | 4

RCS und seine Module im Überblick.

Zentral für die Netzdisposition ist das Basismodul RCS-Dispo. Es berechnet den Ist-Zustand und visualisiert den Soll-Zustand im gesamten Netz. Alle am Prozess beteiligten Stellen und Mitarbeitende erhalten ein einheitliches Prozess-abbild mit Fahrplandarstellung in Echtzeit. Betriebsrelevante Informationen aus verschiedenen Systemen werden auf einer standardisiertenBedienoberflächezusammengeführt.Somitist RCS-Dispo das wichtigste Arbeitsinstrument der Dispo-nenten Bahnverkehr und der Zugsverkehrsleitenden in den Betriebszentralen.

KernfunktionenDas RCS empfängt und verarbeitet mehrere Hundert Mel-dungen pro Sekunde aus unterschiedlichen peripheren Sys-temen (z.B. Zugpositionsmelder), berechnet daraus Zug-fahrtprognosen und liefert die erwarteten Abweichungen an Disposition und Kundeninformation.Eine zentralisierte, einheitliche Darstellung aller logischen und physischen Bahnelemente in ein und demselben Modell bie-tet eine permanente Darstellung der Verfügbarkeit auf dem Netz. Ein systematisches Anschlussmanagement bildet die Basis für eine optimierte Kundeninformation. RCS liefert ver-

RCS-DISPO – DAS HERZSTÜCK DES NETZBETRIEBS.

Änderung Produktionsplan

Disposition

Infrastruktur

Fahrplan

Betriebslage

GUI

Prognose

Dispositions-Massnahmen

Produktionsplan

Konfliktlösung

Fahr

weg

Senden

Empfang

Import

Import, Transformation

ReferenzierteInfrastruktur

Aktuelle Position und Zeit

Prognosezeiten,Konflikte

Aktuelle Position und Zeit

Dispofahrplan

RCSUNO Topologiedaten

Leitsystem(e)

Zugstandort-Erfassung

FahrpläneFormationen

UmläufeKnotenplanung

«closed loop»

SBB Rail Control System | White Paper | 5

schiedene Ansichten der geplanten, laufenden und künftigen NetzwerknutzungsowiederauftretendenKonflikteinEch-tzeit.DiesewerdenaufgrafischenBenutzeroberflächendarg-estellt:• Zeit-Weg-Diagramm, • Gleiszuweisung und belegung, • Verbindungen pro Bahnhof, • Alarmmonitor, • potenzielleKonflikte

Das implementierte Prognosemodell liefert dem Disponenten alle kritischen Informationen (z.B. verlässliche Verbindung-sprognosen),umKonfliktezubehebenunddenPlanzustandrasch wiederherzustellen.RCS kann mit bestehenden Systemen verbunden werden. Dies ermöglicht eine automatische Fahrwegsteuerung nach einerKonfliktlösungdurchdieDisposition.

RCS-Dispo • vereinfacht die Steuerung des Zugverkehrs• berechnetexakteundzeitnahePrognosenüberdenFahrt-

verlauf aller Züge• ermöglicht eine bessere Auslastung des Netzes• bieteteineeinheitlicheBedienoberflächefürdengesamtenInformationsfluss

RCS-ADL–derenergieeffizienteTempoberaterAls Teil von RCS-Dispo berechnet RCS-ADL (adaptive Len-kung)einenergieoptimiertesFahrprofilinEchtzeitfürdiege-samte Strecke. Auf der Grundlage dieser Berechnungen lief-ert RCS-ADL Geschwindigkeitsempfehlungen an das Lokpersonal.SokönnendieZügeflüssig,energieeffizient

und materialschonend fahren. Ungeplante Stopps vor Hal-tesignalen werden vermieden. Das spart Strom und sorgt für mehr Pünktlichkeit. ADL kann im Gegensatz zu Onboard Systemen auch den Verkehr vor und nach dem zu optimier-enden Zug betrachten.

RCS-ADL• ermöglichtdemLokpersonalflüssigesFahren• vermeidet unnötige Halte und verbessert die Pünktlichkeit• steigertdieEnergieeffizienz• schont das Rollmaterial und die Fahrbahn

RCS-HOT – Die automatische ZuglaufoptimierungRCS-HOT (Hub Optimization Technology) ist ein Steuerung-sprogramm, welches das Einfädeln von Zügen an neuralgis-chen Punkten im Schienennetz optimiert. Es berechnet für jedeneinzelnenZugdasoptimaleFahrprofilundsignalisiertdieses dem Lokpersonal über die Aussenanlage oder Tablet aufs Fahrzeug. Zudem berechnet HOT die optimale Reihen-folge der Züge und überträgt die Daten durch RCS-ARS au-tomatisch in die Leit- und Sicherheitstechnik. So kann die Trassenkapazität besser ausgenutzt werden.

RCS-HOT• erkenntundlöstKonflikteautomatisch• erhöht die Trassenkapazität• verbessert die Fahrplanstabilität

RCS-ARS – Die automatische ZuglaufoptimierungRCS-ARS schliesst die Lücke zwischen Disposition und Operation. Es erkennt dispositive Abweichungen zwischen RCS-Produktionsfahrplan und der Leittechnik, berechnet

SBB Rail Control System | White Paper | 6

AutomatischeLeittechnik Steuerung

AutomatischeZuglaufoptimierungAdaptive Lenkung

Alarm- undEreignisassistent

automatischfürdenbetroffenenTeileinerZugfahrtdieZu-glenkdaten neu und übermittelt sie an die Leittechnik. So wird ein zentraler Prozess teilautomatisiert und ermöglicht eine effizientere Bahnproduktion unter erhöhter Net-zauslastung.

RCS-ARS• schliesst die Lücke zwischen Disposition und Operation• passt die Zuglenkdaten nach Dispositionen automatisch

an• ermöglichteffizienteBahnproduktionauchbeierhöhter

Netzauslastung

RCS-ALEA – der zuverlässige Kommunikationsassistent im EreignisfallRCS-ALEA (Alarmierungs- und Ereignisassistent) dient als Kommunikationsinstrument bei technischen Störungen oder unvorhergesehenen Ereignissen im Bahnbetrieb. Das autom-atisierte Störungsmanagement ist ideal auf RCS-Dispo ab-gestimmt und verbessert die Kommunikation im Ereignisfall signifikant.ALEAkanalisiertfallspezifischeInformationenundverteilt enorme Datenmengen in kürzester Zeit. ALEA leitet getroffeneEntscheidungenschnell,zielgerichtetundindivi-duell weiter.

RCS-ALEA• koordiniertdenInformationsflussimEreignisfall• reduziert die sekundären Verspätungsminuten• deckt den gesamten Ereignisraum visuell ab• beschleunigt die Ereignisbewältigung wesentlich

RCS – eine Erfolgsgeschichte aus der Schweiz.

Früher verfügte jeder Bahnhof über ein bedientes Stellwerk. 2005 hat die SBB ein Zentralisierungsprojekt gestartet mit dem Ziel, die gesamte Bahnsteuerung in vier zentralen Stan-dorten zusammenzufassen. Die Umsetzung erfolgte schrit-tweise. Seit 2016 wird dank der erreichten Automatisierung der Grossteil des Bahnverkehrs zentral aus vier Betriebszen-tralen gesteuert. Nur auf Nebenlinien werden noch rund fün-fzig Bahnhöfe lokal bedient.

DIE ANFÄNGE VON RCS.

Während der Zentralisierung wurden die beiden bestehenden inkompatiblen Verkehrsmanagement-Systeme 2009 durch ein neues System ersetzt: das Rail Control System RCS. Nach vier Jahren intensiver Entwicklungszeit und einer erfol-greichen Pilotphase ging RCS schweizweit operativ. Am An-fang beschränkte sich das System auf die Anschluss- und Umlaufkontrolle. Ein ergänzendes Modul befand sich im Ent-stehungsprozess.EssollBelegungskonfliktefrühzeitiger-

Schweiz (CH)

Tschechische Republik (CZ)

Deutschland (DE)

Luxemburg (LU)

Niederlande (NL)

Vereinigtes Königsreich (UK)

Slowakei (SK)

Polen (PL)

Slowenien (SI)

Italien (IT)

Kroatien (HR)

Frankreich (FR)

Rumänien (RO)

Bulgarien (BG)

Österreich (AT)

150100500

SBB Rail Control System | White Paper | 7

Schweiz (CH)

Österreich (AT)

Frankreich (FR)

Schweden (SE)

Dänemark (DK)

Deutschland (DE)

Vereinigtes Königreich (UK)

Italien (IT)

Tschechische Republik (CZ)

Finnland (FI)

Luxemburg (LU)

Norwegen (NO)

Slowakei (SK)

Spanien (ES)

Polen (PL)

25002000150010005000

kennen und beheben. Daraus entwickelten sich die erste Prognosefunktionen.

Nachfrage im Personenverkehr in Europa.Streckennetzdichte in Europa. Mit der Bahn zurückgelegte Kilo-meter pro Einwohner und Jahr

Quelle: Eurostat 2015Quelle: Eurostat, Angaben für 2016; CH: 2015 (BFS).

Meter Eisenbahnstrecke pro QuadratkilometerLandesfläche

SBB Rail Control System | White Paper | 8

Die Innovation geht weiterIm Störungsfall ist die Menge der zu verarbeitenden Informa-tionen enorm. Die Verarbeitung ist aufwendig und führt zu hochkomplexenKommunikationsabläufenzwischendenOr-ganisationseinheiten Bahnproduktion und Personenverkehr. Aus dem Bedürfnis nach einer im Störungsfall optimierten Kommunikationsplattform von Infrastruktur und Mitarbei-tenden im Personenverkehr wird 2010 das Modul RCS-ALEA ins Leben gerufen, welches ein einheitliches Ereignisman-agement ermöglicht und die Kommunikation vereinfacht. Damit läutet die SBB eine neue Ära in der Zugverkehrss-teuerung ein.

Im gleichen Jahr löst das von der SBB eigens entwickelte Modul RCS-HOT das alte Zuglaufoptimierungssystem ab. HOTschafftneueMöglichkeiten,umdiesteigendeZugfolge-dichte im Schweizer Schienennetz zu bewältigen. Mit der au-tomatischen Berechnung der optimalen Zugabfolge an KnotenpunktenundderautomatisiertenKonfliktlösungistHOTheuteeinunentbehrlichesElementfürdieeffizienteVer-kehrssteuerungvonkomplexenBahnknoten.

2011 drängt sich aus ökologischer wie auch aus wirtschaftli-cher Sicht eine Weiterentwicklung des Systems auf. Das ebenfalls von der SBB entwickelte Modul RCS-ADL ist 2014 einsatzbereit. Mit den von ADL berechneten Fahrempfehlun-gen für energieoptimiertes Fahren verbraucht die SBB fortan nachweislich weniger Strom.

2015 entwickelt die SBB im Auftrag der BLS Netz das neue System RCS-ARS (Automatic Route Setting). Dieses ist eine Erweiterung der bestehenden Applikation RCS-Dispo. Sie er-

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möglichtdendirektenDurchgriffvonRCSaufdieLeittechnik,mit der die Zugverkehrsleitenden die Weichen und Signale stellen.

Punkten mit PünktlichkeitGemessen an Nutzungsintensität, Servicequalität und Sich-erheit erreicht die SBB im European Railway Performance In-dex2015denerstenPlatz4. Auch im internationalen Ver-gleichliegtdieSBBbetreffendZugverkehrsdichteundPünktlichkeit an der Spitze. Mit 96.8% ist die SBB die pünk-tlichste Bahn Europas 5. RCS mit seinen Modulen leistet dazu einensignifikantenBeitrag.

ZuverlässigundflexibelDank der redundanten Systemarchitektur von RCS lässt sich der Ausfall von Hardware ohne Verlust an Serviceleistung und Qualität überstehen. Selbst der Ausfall eines Netzw-erk-Routers oder die Beschädigung von Kabeln führen nicht zu Serviceausfällen. Zudem lässt das System eine Erweiter-ung der Hardware problemlos zu – und das zu einem Bruchteil der Kosten gegenüber zusätzlichen Daten-bank-Servern.AufgrundseinerflexiblenundoffenenSyste-marchitektur können die RCS-Module den jeweiligen Prozes-sen angepasst werden. Je nach Bedürfnis des Kunden kann das System weiterentwickelt werden.

SBB (CH)

ÖBB (AT)

FS (IT)

SNCF (FR)

DB AG (DE)

Pünktlichkeit im Personenverkehr gemäss UIC-Standard: Anteil der vorzeitig, pünktlich oder mit maximal 15 Minuten Verspätung angekommenen Fernverkehrszüge. Quelle: UIC-Statistik 2016.

%

100806040200

Pünktlichkeit der Fernverkehrszüge.

SBB (CH)

ProRail (NL)*

Netwok Rail (GB)

DB AG (DE)

ÖBB (AT)

FS (IT)

SZDC (CZ)

MAV (HU)

ADIF (ES)

PKP (PL)

FTA (FI)

LG (IT)

Güterzüge Reisezüge*Angaben für 2015.Durchschnittliche Anzahl Züge pro Strecke und Tag auf der Eisenbahninfrastruktur. Quelle: UIC-Statistik 2016. ProRail 2015.

Zugdichte

200150100500

Streckennetzbelastung in Europa.

4 EuropeanRailwayPerformanceIndex20155 UIC-Statistik 2016

SBB Rail Control System | White Paper | 10

Fallstudien: Ressourcenoptimierung und Zentralisierung.

AusgangslageMit der Inbetriebnahme verschiedener Grossprojekte und dem prognostizierten Mehrverkehr steht die SBB vor gros-sen Herausforderungen. In dem bereits heute dicht befahre-nen Schienennetz wird jeder Vorfall noch stärker Auswirkun-gen auf die Kunden haben. Deshalb ist es zentral, in der Zugverkehrssteuerung rasch reagieren zu können. Bis vor einiger Zeit waren die Steuerung und die Lenkung des Zug-verkehrs örtlich getrennt: In drei Betriebszentralen steuerten dieDisponentendenZugverkehrgrossflächig.InzwölfFern-steuerzentren und rund 90 Stellwerken stellten die Zugver-kehrsleitenden die Weichen und Signale vor Ort und informi-erten die Kunden. Die Absprache zwischen den Stellen erfolgte ausschliesslich telefonisch, die beiden eingesetzten Verkehrsmanagement-Systeme waren nicht kompatibel.

Ziele• Überwachung und Steuerung des Bahnverkehrs zentralis-

ieren• Arbeitsumfeld modernisieren• Verkehrskapazität erhöhen• Sicherheit gewährleisten• Pünktlichkeit verbessern

BEI DER STEUERUNG DES ZUGVERKEHRS SIND SICHERHEIT, PÜNKTLICHKEIT SOWIE EFFI-ZIENTE NUTZUNG DER INFRASTRUKTUR SCHLÜSSELTHEMEN. ERST DIE EINFÜHRUNG MOD-ERNER ARBEITSMITTEL WIE RCS UND DER NEUEN LEITTECHNIK ERMÖGLICHT ES, DIE STELL-WERKE AUS DER FERNE ZU BEDIENEN UND DIE MITARBEITENDEN NÄHER ZUSAMMENZUBRINGEN.

LösungSeit 2010 führt die SBB die ehemals 100 Standorte der Ver-kehrssteuerung und des technischen Betriebs in vier Be-triebszentralen (BZ) zusammen. Der Umzug der Standorte in die BZ erfolgt schrittweise und wird voraussichtlich 2019 ab-geschlossen. Mittlerweile arbeiten knapp 1 300 Mitarbei-tende in den Betriebszentralen.

Die Aufgaben der Spezialisten umfassen vier Gebiete:• Disponenten: steuern und überwachen den Bahnverkehr

im zugeteilten Sektor • Zugverkehrsleitende: überwachen den Bahnverkehr im

zugeteilten Sektor und bedienen die Stellwerke mittels Leittechnik

• Informationsspezialisten: steuern die Kundeninformation an den Bahnhöfen

• Techniker: überwachen die Bahntechnik und den Bahn-strom

SBB Rail Control System | White Paper | 11

ErgebnisDie Zentralisierung ermöglicht es, Prozesse, Arbeitsinstru-mente und Systeme wie eben RCS landesweit anzugleichen. In den Betriebszentralen (BZ) führt die SBB alle Mitarbei-tenden der Verkehrssteuerung, der Kundeninformation und des Technischen Betriebs unter einem Dach zusammen. Das vereinfacht und verbessert ihre Zusammenarbeit. Sie können Entscheide rascher fällen, kommunizieren und umsetzen. Dies alles trägt dazu bei, den Kunden auch mit den kom-menden Herausforderungen einen pünktlichen und sicheren Zugverkehr bieten zu können.

Seit 2009 steuert die SBB ihren Bahnverkehr mit dem Rail Control System RCS. Das von ihr entwickelte Dispositions-system wird seit 2014 auch von den Infrastrukturbetreiberin-nen BLS und SOB genutzt.

Infrabel ist der erste Infrastrukturbetreiber ausserhalb der Schweiz, der sich für das Dispositionssystem RCS entsch-ieden hat. Der Projektstart zur Einführung von RCS erfolgte Ende 2013. Die SBB unterstützt Infrabel bei Bedarf mit Sys-tem- und Bahnerfahrung.

Mitte November 2016 hat Infrabel die Implementierung erfol-greich abgeschlossen und steuert seither täglich 5000 Züge auf dem gesamten belgischen Bahnnetz. Dank RCS können starkfrequentierteKnotenwieBrüsselnocheffizienterbe-fahren werden.

Die deutsche DB Netz wird RCS-Dispo voraussichtlich 2020 einsetzen. Wir unterstützen beide Bahnen bei der Einführung und Weiterentwicklung des Systems.

4Betriebs-zentralen

Betriebszentralen3

Stellwerken130

Fernsteuerzentrenkontrollieren 700Stationen24

2009 2016

SBB Rail Control System | White Paper | 12

Fallstudien:Energieeffizienzinder Bahnproduktion dank RCS-ADL.

AusgangslageDie Energiestrategie 2050 des Schweizer Bundes ist ein Massnahmenpaket, das vor dem Hintergrund des geplanten Atomausstiegs die langfristige Versorgung der Schweiz mit elektrischer Energie sichern soll. Es umfasst unter anderem MassnahmenzurEnergieeffizienzerhöhungsowiedieFörderung erneuerbarer Energien. Auch die SBB ist der Strategieverpflichtetunddadurchgefordert,ihrenEnergiev-erbrauch zu senken und gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit zu steigern. Mit dem wachsenden Zugverkehr steigt jedoch auch der Energiebedarf. Dies stellt die SBB sowohl vor ökonomische wie auch ökologische Herausforderungen.

RCS-ADL LEISTET EINEN WICHTIGEN BEITRAG AN EINE ÖKONOMISCHE UND ÖKOLOGISCHE NUTZUNG VON RESSOURCEN IN BAHNBETRIEBEN. DANK DEM INNOVATIVEN SYSTEM HAT DIE SBB IHRE ENERGIEEFFIZIENZ GEGENÜBER 2015 UM RUND 12 PROZENT GESTEIGERT. MIT RCS-ADL KÖNNEN BAHNBETRIEBE AUF DER GANZEN WELT IHRE WIRTSCHAFTLICHKEITS- UND UMWELTBILANZ NACHHALTIG VERBESSERN.

Ziele • Bahnproduktivität steigern• Energiebedarf reduzieren• Ressourcen schonen• Angebotsqualität steigern

LösungUm eine Energiestrategie erfolgreich umzusetzen, sind alle SBB Bereiche gefordert: von der Planung über die Produk-tion und die technischen Aspekte bis hin zur Angebots-gestaltung.

Transparenz schaffen und Energieverbrauch steuern

Energieeffizienz im Unternehmen verankern

Technik Angebotsgestaltung Bahnproduktion

Effizient unterwegs:Ziel: 600GWh/Jahr ab 2025150000 Haushalte

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Die Bahnproduktion erhält mit der Implementierung von RCS-ADLdieGrundlagezurOptimierungundEffizien-zsteigerung über verschiedene Betriebsfunktionen: • Fahrprofil RCS-ADLberechneteinenergieoptimiertesFahrprofilinEchtzeit für die gesamte Strecke. Auf dieser Grundlage liefert das System automatische Geschwindigkeitsempfe-hlungenandasLokpersonal.DerZugkannflüssig,ener-gieeffizientundmaterialschonendfahren.

• Zuglenkung RCS-ADLumfasstzweiArtenderZuglenkung:Konfliktlen-kungundEffizienzfahrt. – DieKonfliktlenkungverhinderteinsignalbedingtes

starkes Abbremsen oder Anhalten, indem sie Geschwindigkeitsempfehlungen abgibt, so dass unge-plante Stopps oder Abbremsungen vor Haltesignalen vermieden werden.

– BeiderEffizienzfahrt(ADL-Eco)gibtdasSystemeinetiefere Geschwindigkeitsempfehlung ab, damit der Zug nicht früher als geplant im Bahnhof einfährt. Die tiefere Geschwindigkeit führt zu geringeren Fahrwiderständen und somit zu einer Einsparung von Traktionsenergie.

ErgebnisDie Systemkomponente RCS-ADL verknüpft die Disposition der Betriebszentralen mit dem operativen Betrieb auf dem Führerstand und unterstützt das Lokpersonal im Arbeitsall-tag. Dank RCS-ADL kann die SBB ihre Pünktlichkeit trotz Mehrverkehr und zunehmender Bau- und Unterhaltstätigkeit halten. Aktuell werden mit RCS-ADL pro Tag über 2 000 Züge gelenkt und mehr als 200 000 Kilowattstunden ge- spart. Bei 635 000 Zugfahrten hat die SBB 2017 so den

RCS ADL

Betriebszentrale

… die ideale Geschwindigkeit …

… damit der Lokführer den Zug nicht ungeplant anhalten muss.

In der BZ errechnen Rail Control  System (RCS) und adaptive Lenkung (ADL) …

60km/h

Energieverbrauch um rund 74 Gigawattstunden reduziert, was dem jährlichen Stromverbrauch einer Kleinstadt mit 18 500 Haushalten entspricht. Bei schweren Güterzügen mit vergleichsweise niedriger Energierückgewinnung ist die Energiewirkung der Zuglenkung am grössten.

Dies schont das Material, steigert die Präzision im Bahnbe-trieb und spart Energie. Mit RCS-ADL trägt die SBB mass-geblich zur Umsetzung der Energiestrategie 2050 des Bun-

des und zur nachhaltigen Entwicklung der Mobilität in der Schweiz bei.

Dafür wurde die SBB Anfang 2016 mit dem Watt d’Or, dem Energiepreis des Schweizer Bundesamts für Energie (BFE), inderKategorieenergieeffizienteMobilitätausgezeichnet.((InfelGrafikFunktionsweisevonADL)).

SBB Rail Control System | White Paper | 14

Fallstudien: Zuglaufoptimierung.

AusgangslageDie steigende Zugdichte im Schweizer Schienennetz macht es sehr schwierig, eine optimale Zugabfolge zu planen und umzusetzen.VorallembeikomplexenKnotenpunktenführenBremsmanöver von Zügen aufgrund Abwartens eines ver-späteten Zuges zu weiteren Verspätungen und Gefährdung des generellen Fahrplans.

ZielUm Verspätungen zu reduzieren und die Fahrplanstabilität zu erhöhen, soll an stark befahrenen Knoten die Zugabfolge op-timal berechnet und dadurch das Einfädeln von Zügen vere-infacht werden können – ohne dass ein Zug anhalten muss.

LösungDas Modul RCS-HOT berechnet für jeden einzelnen Zug das optimaleFahrprofilundsignalisiertdiesesüberdieAus-senanlage dem Lokpersonal. Ebenfalls werden die optimalen Reihenfolgen berechnet und in der Leittechnik automatisch umgesetzt, um die Trassenkapazitäten möglichst gut auszu-nutzen.

FLÜSSIGER VERKEHR AUCH BEI HOHER ZUGFOLGEDICHTE: MIT DER AUTOMATISCHEN ZUG-LAUFOPTIMIERUNG RCS-HOT (HOT STEHT FÜR HUB OPTIMIZATION TECHNOLOGY) KÖNNEN NEURALGISCHE PUNKTE IM SCHWEIZER SCHIENENNETZ AUCH BEI HOHEM VERKEHR-SAUFKOMMEN OHNE UNNÖTIGE BREMSMANÖVER PASSIERT WERDEN. DAFÜR HAT DIE SBB DEN UIC INNOVATIONS-AWARD 2014 ERHALTEN.

• RCS-HOT berechnet auf Basis einer Gesamtkonstellation (alle Züge, die sich in einem bestimmten Vorschauhorizont befindenundaufeinenKonfliktpunktzufahren)dasopti-male Einfädeln.

• RCS-HOT bietet drei Lösungsmöglichkeiten: – Geschwindigkeitsvorgaben – Reihenfolgeänderungen (direktes Einwirken auf die Leit-

technik) – Fahrwegänderungen (direktes Einwirken auf die Leit-

technik)• RCS-HOT ist in RCS integriert, deshalb ist es im gesa-

mten Netz einsetzbar.

SBB Rail Control System | White Paper | 15

ErgebnisMitRCS-HOTwerdenandefiniertenKnotendieKonflik-tlösungen vollautomatisch vorgenommen und die Verspätun-gen werden reduziert.

Die Genauigkeit der netzweiten Prognose und die automatis-ierteKonfliktlösunggehenweiteralsbeianderenDisposi-tionssystemen.• ZürichisteinsehrkomplexerKnotenpunktimSchweizer

Bahnnetz, da mehrere stark befahrene Strecken zusam-mengeführt werden - pro Monat werden täglich zwischen 06.00 und 22.00 Uhr auf 11 000 Zugfahren 2 400 unge-plante Halte vermieden, was zu einer Reduktion um 2 000 Zugverspätungsminuten führt. Dies entspricht 1.4 Tagen.

• Im Knoten Zürich werden dadurch pro Monat 1.2 Millionen Verspätungsminuten für Reisende vermieden.

• Das System kennt pro Zug rund 300 verschiedene Fahroptionen. Pro Optimierungslauf werden etwa 10 000 Varianten der verschiedenen Fahroptionen einander gegenübergestellt. – Dies geschieht durchschnittlich alle sechs Sekunden. – Das System lenkt die Züge direkt über die Leitsysteme

und Aussensignalisierungen.

RCS-HOT wird neben weiteren neuralgischen Punkten auch im Gotthard-Basistunnel eingesetzt wird, um die neue Nord-Süd-Verbindungmöglichstflüssigzugestalten.

Mit HOTDie Reihenfolge wird geändert, Zug 2 fährt vor Zug 1.

1

1

2

2

Mit HOTZug 2 wird durch Signale vorzeitig verlangsamt und muss somit nicht anhalten.

Ohne HOTZug 1 hat Verspätung, Zug 2 muss anhalten und warten, bis Zug 1 vorbeigefahren ist.

1

2

verlangsamen

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Fazit.

Mit dem Rail Control System RCS hat die SBB eine neue Generation von innovativen Systemkomponenten für eine präzise Bahndisposition hervorgebracht. Die SBB als En-twicklerin und Anbieterin eines umfassendem Bahnverkehrs-managementsystems in Europa kennt die Herausforderun-genimBetriebeineskomplexenBahnsystemsausersterHand. Die drei Schweizer Infrastrukturbetreiber SBB, BLS und SOB arbeiten mit RCS. Somit ist RCS die zentrale Standardplattform für die Disposition des laufenden Zugsver-kehrs auf dem gesamten Bahnnetz der Schweiz. RCS bildet eine tragende Säule für einen fortschrittlichen Bahnbetrieb: pünktlich,sicherundenergieeffizient.

Ein Blick in die ZukunftDank der Digitalisierung kann die Kapazität des Schweizer Bahnnetzes – das ohnehin schon am intensivsten genutzte Schienennetz der Welt – um bis zu 30 Prozent gesteigert werden. Hierzu treibt die SBB die Automatisierung der Fahr-planerstellung, des Bahnbetriebs sowie der Zugsteuerung voran und prüft auch die Möglichkeit von ferngesteuerten Zügen. Zudem konzipiert die SBB ein neues digitales Stellw-erk. Dieses reduziert die Menge und Vielfalt an Sicherung-sanlagen, was massiv Kosten spart.

Mit der Bahntechnik der Zukunft lässt sich das Bahnsystem effizienternutzen.Ab2025erlaubtsiedenEinsatzvonmehrZügen, einen dichteren Fahrplantakt, weniger Störungen, eine bessere Funkverbindung und eine genauere Kundenin-

ERFOLG, DER FÜR SICH SPRICHT.

formation im Störungsfall. Um dies zu erreichen, hat die SBB konzernübergreifende Initiativen gestartet.

Mit SmartRail 4.0 wird die RCS-Palette neue Funktionen wie vollautomatische Planung und gesicherte direkte Steuerung der neuen ETCS-Stellwerke umfassen.

Ziel ist es, Prozesse und Betrieb weiter zu automatisieren. Viele Bahnbetriebe weisen nach wie vor Prozesslücken zwi- schen Fahrplan, Betrieb, Kundeninformation, Intervention und der Zuteilung von Trassen auf. RCS hilft den Kunden, diese Lücken zu schliessen.

Die weitere Entwicklung von RCS wird sich auf eine End-to-End-Automatisierung aller Verkehrsmanage-ment-Prozesse konzentrieren. Für die Implementierung dieser neuen Technologien strebt die SBB eine «komple-mentäre Zerstäubung» an. Dies bedeutet, dass das zukünft-ige System alle Routinearbeiten vollautomatisch durchführt und den Benutzer fragt, wann Eingaben sicherheitsrelevant sindoderkomplexeEntscheidungenerfordern.Dasheisst,dass das zukünftige System noch intelligenter und selb-stlernender sein wird. Es wird den Bahnbetrieb mit au-tonomem Fahren unterstützen. Die Aufgaben der Dispo-nenten werden sich von der Überwachung der Züge und Linien zur Überwachung des Verkehrsmanagement-Systems verlagern, welches das gesamte Netzwerk automatisiert überwacht.