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EUROPA kommunal Deutschlands große Kommunalzeitschrift für Rat, Verwaltung und Wirtschaft September/Oktober · Nr. 5/2017 · 41. Jahrgang · PDF-Ausgabe · ISSN 1866-1904 Rat der Gemeinden und Regionen Europas Deutsche Sektion 5/2017 5/2017 Foto: European Union Energieunion und Kommunen Energieunion und Kommunen Mit weniger Mitteln mehr finanzieren EU-Finanzen Mit weniger Mitteln mehr finanzieren Grundsatzrede von Jean-Claude Juncker Zukunft der Union Grundsatzrede von Jean-Claude Juncker Schwerpunkte für das Jahr 2018 Bürgerschaftsprogramm Schwerpunkte für das Jahr 2018

Rat der Gemeinden und Regionen Europas Deutsche Sektion

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E U R O P Akommunal

Deutschlands große Kommunalzeitschrift für Rat, Verwaltung und Wirtschaft

September/Oktober · Nr. 5/2017 · 41. Jahrgang · PDF-Ausgabe · ISSN 1866-1904

Rat der Gemeinden und Regionen Europas Deutsche Sektion

5/20175/2017

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Energieunion und KommunenEnergieunion und Kommunen

Mit weniger Mittelnmehr finanzieren

EU-Finanzen

Mit weniger Mittelnmehr finanzieren

Grundsatzrede vonJean-Claude Juncker

Zukunft der Union

Grundsatzrede vonJean-Claude Juncker

Schwerpunktefür das Jahr 2018

Bürgerschaftsprogramm

Schwerpunktefür das Jahr 2018

Rat der Gemeinden und Regionen EuropasDeutsche Sektion

E N E R G I E U N I O N U N D K O M M U N E N 3

n Saubere Energie für alle Europäer 3Reformvorhaben der Europäischen Kommission zur EnergieunionVon Mechthild Wörsdörfer

n Flexibler Gesetzesrahmen statt starrer Maßnahmen 7Reform der EU-Energiegesetzgebung im Bereich der EnergieeffizienzVon Dr. Markus Pieper

n Markt, Dezentralität und Flexibilität führen zum Erfolg 9Verband kommunaler Unternehmen zum EU-WinterpaketVon Michael Wübbels

n Gegenwart gestalten für eine lebenswerte Zukunft 13Das EU-Projekt „Smarter Together“ in der Stadt MünchenVon Josef Schmid

n Ein Musterquartier für die gesamte Region 17Klimagerechter Stadtumbau in der InnovationCity Ruhr in BottropVon Andreas Pläsken

n Im TANDEM für die lokale Energiewende 21Förderung deutsch-französischer KlimaschutzpartnerschaftenVon Anne Turfin

n Städtepartnerschaften erweitern Zusammenarbeit 25Start des Pilotprojektes „Energiewende Twinning Towns“Von Barbara Baltsch

n Kooperation von Kommunen in Sachsen und Niederschlesien 26Das Interreg-Projekt „CLIMATIC TOWN – Energiestadterneuerung“Von Martina Jiroutová

F O R U M E U R O P A 28

n Sonnenschein und günstige Winde 28EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zur Lage der UnionVon Walter Leitermann

n Mit weniger Mitteln mehr finanzieren 31Reflexionspapier über die Zukunft der EU-FinanzenVon Friederike Pischnick

n Spielerisch Europafähigkeit in den Kommunen stärken 35Das Brettspiel LEGISLATIVITY zur europäischen GesetzgebungVon Florian Setzen

F O R U M P A R T N E R S C H A F T 37

n Zusätzliche Schwerpunkte für das Jahr 2018 37EU-Programm „Europa für Bürgerinnen und Bürger“Von Nina Sehovic

n Spannende Debatte über die Zukunft Europas 40Europäische Städtepartnerschaftskonferenz in RostockVon Stefan Löwl

R G R E 42

n Ausblick auf bevorstehende Jahreskonferenz in Köln 42Sommerakademie des Deutsch-Französischen Ausschusses

n Indikatoren zur Umsetzung der Europäischen Charta 43Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene

P R O G R A M M E 44

n Wie Interreg-Ergebnisse ihren Weg in die Praxis finden 44Transnationale Zusammenarbeit von Städten und RegionenVon Daniel Zwicker-Schwarm und Dr. Beate Hollbach-Grömig

W E T T B E W E R B E 48

N A M E N U N D N A C H R I C H T E N 49

T E R M I N E 51

I M P R E S S U M 52

Inhalt 41. Jahrgang · Heft 5 · September/Oktober 2017

I N H A L T

Editorial

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

dass die europä-ische Gesetzgebung in zahlreiche kommu-nale Kompetenz- und Aufgabengebiete hineinwirkt, ist inzwi-schen fast schon eine Binsenweisheit. In dieser Ausgabe von „Europa kommunal“ wird diese allgemeine Feststellung mit einem konkreten aktuellen Beispiel unterlegt.

Im November 2016 hat die Europäische Kommission ein Gesetzgebungspaket vorgelegt, das in seiner Kurzform die Bezeichnung „Winterpaket“ erhielt und in der zugrundeliegenden Mitteilung den Titel „Saubere Energie für alle Europäer“ trug. Das „Winterpaket“ besteht aus insgesamt acht Einzelvorschlägen zu Themen wie sau-bere Energie, Energieeffizienz, erneuerbare Energien oder Strombinnenmarkt – alles Themen, die auch kommunale Themen sind.

Wir wollen das „Winterpaket“ umfas-send betrachten: aus Sicht der Europä-ischen Kommission und des Europäischen Parlaments, vor allem aber durch die kommunale Brille. Sie werden feststellen, dass sich ein beeindruckendes Bild kom-munalen Engagements und kommunaler Aktivitäten in den Themenbereichen des „Winterpakets“ ergibt.

Die Europäische Kommission spricht in ihrer Mitteilung „Saubere Energie für alle Europäer“ die Kommunen explizit an und fordert sie auf, sich aktiv in die Diskussio-nen über die Energiewende einzubringen. Mit dieser Ausgabe von „Europa kommu-nal“ und den darin dargestellten Beispielen wird deutlich, dass es dieser Aufforderung gar nicht mehr bedarf.

Ihr Helmut DedyGeneralsekretär

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E N E R G I E U N I O N U N D K O M M U N E N

Die Energieunion ist eine der zehn poli-tischen Prioritäten der Europäischen Kom-mission von Jean-Claude Juncker, denn viele verschiedene Entwicklungen in einer sich schnell ändernden Energiewelt fragen mehr denn je nach einer europäischen Antwort, zusammen mit den EU-Mitgliedstaaten. Als eine dieser zentralen Entwicklungen wäre da das Pariser Klimaabkommen zu nennen. Unter der Federführung der Euro-päischen Union (EU) hat die internationale Gemeinschaft eines der wichtigsten Klima-abkommen der Weltgeschichte auf den Weg gebracht. Und gerade weil die EU eine Schlüsselrolle in seinen Verhandlungen gespielt hat, wird ihr nun eine besondere Verantwortung zuteil, diese Vereinbarung auch umzusetzen. Die Staatengemeinschaft schaut auf uns und fragt sich: Wenn die EU die Energiewende nicht schaffen kann, wer dann?

Das Klimaabkommen zeigt uns, dass erneuerbare Energietechnologien als Lösung gegen den Klimawandel nicht nur auf dem Vormarsch sind, sondern dass sie sich fest auf dem Weltenergiemarkt etabliert haben und, langfristig gesehen, konventionelle Energie ablösen werden. Ihr Marktanteil hat längst den von Kohle überholt und die EU liegt bei Pro-Kopf-

Investitionen in erneuerbare Energien global ganz vorne. Allein im Jahr 2014 sind 78 Prozent unserer Fördergelder für neue Erzeugungsanlagen in Projekte für erneuer-bare Energien geflossen. Das europäische Investitionsprogramm, auch „Juncker-Plan“ genannt, zeigt ebenfalls schon Wirkung in diese Richtung: 24 Prozent des Europä-ischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) sind in Energieprojekte geflossen, größtenteils mit einem Schwerpunkt auf Energieeffizienz, erneuerbare Energiegewin-nung und Energieinfrastruktur. Diese Gelder könnten ein Gesamtvolumen von über 225,3 Milliarden Euro Investition im Bereich der sauberen Energie bedeuten.

Reformvorhaben der Europäischen Kommission zur Energieunion:

Saubere Energie für alle EuropäerDie Europäische Kommission hat im November 2016 das umfangreiche,

sehr weitreichende „Saubere Energie für alle Europäer“-Paket, auch

EU-Winterpaket genannt, auf den Weg gebracht. Es handelt sich bei

diesem Paket um außerordentlich ambitionierte Gesetzesvorschläge,

die die heutige Energiewelt in ihrer Gesamtheit betrachten und gemein-

sam zu Wachstum, Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit beitra-

gen werden. Die großen Themen der Vorschläge sind erneuerbare Ener-

gien, Energieeffizienz, die Gestaltung des Strommarktes, Sicherheit der

Stromversorgung und die Steuerung der Energieunion.

Ein Beitrag von

Mechthild

Wörsdörfer

Zur Autorin:

Mechthild Wörsdörfer ist Direktorin für Energiepoli-tik in der Generaldirektion Energie der Europäischen Kommission.

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Der EU-Kommissar für die Energieunion, Maroš Šefčovič (Mitte), und sein für Klimaschutz und Energie zuständiger Amtskollege, Miguel Arias Cañete (rechts), stellten das „Saubere Energie für alle Europäer“-Paket Ende November 2016 in Brüssel vor

3EUROPA kommunal 5/2017

E N E R G I E U N I O N U N D K O M M U N E N

Herausforderungen der neuen Energiewelt

Dennoch sind erneuerbare Energien bis heute nicht vollständig in unsere Energie-märkte integriert und finden zu wenig Berücksichtigung in einem europäischen, kosteneffektiven Übergang zur sauberen Energie. Das gleiche gilt für die Energie-effizienz. Wir können in diesem Bereich zwar schon Erfolge verbuchen – laut Eurostat-Umfragen haben wir unser Energieeffizienz-ziel für 2020 schon erreicht, denn wir haben statt 1.086 Megatonnen Öleinheiten (Mtoe) Energieendverbrauch bis 2020 schon im Jahr 2015 trotz Wirtschaftswachstum nur noch 1.082 Mtoe verbraucht. Dennoch dürfen wir nicht Halt machen und uns auf diesem Erfolg ausruhen. Der Trend soll, ganz im Gegenteil, noch einmal neuen Aufwind bekommen.

Auf den Gebäudesektor entfallen derzeit 40 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs in Europa. Zwei Drittel der Gebäude in der EU wurden errichtet, bevor Energieeffizienzstan-dards eingeführt wurden, und die Renovie-rungsrate beträgt derzeit nur rund ein Pro-zent pro Jahr. Das ist ein desolater Zustand, den es schleunigst zu ändern gilt.

Zum anderen gibt es da die Entwicklungen auf den Energiemärkten selbst. Großhandels-preise sind auf einem Rekordtief, das es seit zwölf Jahren nicht mehr gegeben hat, wäh-rend Endverbraucherpreise vergleichsweise hoch sind. Diese Preisentkopplung zeigt, dass unsere Märkte nicht optimal funktio-nieren, dass staatliche Subventionen und Steuern Energiepreise verzerren und dass Investoren falsche Signale erhalten.

Derweil haben technologische Fortschritte den traditionellen Energiemarkt verändert. Er wird heute viel mehr von flexibler, dezentra-lisierter Energie bestimmt als noch vor zehn Jahren. Endverbraucher spielen eine einfluss-reiche Rolle: zum einen durch die Produktion von eigener Energie, zum anderen durch ihre Emanzipierung im Verbrauch. Die rechtlichen Rahmenbedingungen werden diesen Entwick-lungen momentan nicht vollständig und in allen EU-Mitgliedstaaten gerecht, denn sie erschweren, dass Technologie, Investition und Politik flächendeckend in Europa Hand in Hand in die Zukunft gehen.

Eine weitere Sorge ist die Gewährleistung der Versorgungssicherheit in Europa. Die EU ist sehr abhängig von Brennstoffimporten durch andere Länder: In 2014 hat die EU rund 88 Prozent ihres Erdölverbrauchs und mehr als 65 Prozent ihres Gasverbrauchs importieren müssen. Ein beachtlicher Teil

dieser Länder befindet sich in geopolitischen Spannungen, die eine sichere und lückenlose Versorgung nach Europa gefährden könnten. Trotz erhöhter erneuerbarer Energiegewin-nung bleiben traditionelle Brennstoffe auf absehbare Zeit ein wichtiger Teil unseres Energiehaushaltes. Wenn man dann noch berücksichtigt, dass sich heimische Gaspro-duktionen stetig verringern, wird schnell klar, dass Versorgungsengpässe immer akuter werden.

All diese Entwicklungen bedeuten, dass sich die EU in einer Energiewende befindet, die nur durch konsequente, gut durchdachte Regeln die richtigen Investitionsimpulse lie-fern kann. Denn eines ist der EU sehr wichtig: Die Energiewende muss so gestaltet sein, dass Wirtschaftlichkeit, Beschäftigung und Konkurrenzfähigkeit in Europa nicht nur nicht beeinträchtigt werden, sondern sogar von ihr profitieren können. Die EU möchte die Energie wende nutzen und Europa die Führung bei sauberen Energietechnologien sichern.

Ziel „Saubere Energie für alle Europäer“

2016 war das „year of delivery“ wie man im Englischen sagt – und geliefert haben wir. Mit dem Paket „Saubere Energie für alle Europäer“, das neben dem „Paket zur Versorgungssicherheit“ zur Umsetzung einer voll funktionierenden Energieunion beitra-gen soll, ist die EU gut ausgestattet, um die Herausforderungen der neuen Energiewelt anzunehmen. Das Paket greift die fünf Haupt-ziele der Energieunion auf und füllt diese mit konkreten Gesetzesvorschlägen zu deren Umsetzung:1. Sicherung der Energieversorgung,1. Vollendung des Energiebinnenmarktes,2. Steigerung der Energieeffizienz,3. Verringerung der Kohlendioxid-

Emissionen in der Wirtschaft sowie4. Förderung von Forschung und Innovation.

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Immer mehr Kommu-nen – hier die baden-württembergische Gemeinde Sasbach-walden – setzen auf erneuerbare Energien

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Die energetische Gebäudesanierung gilt als eine wichtige Stellschraube bei der Energiewende

Dabei sind die eigens für das Paket erklär-ten Hauptziele das Erreichen einer weltwei-ten Führungsrolle im Bereich erneuerbare Energien, die Voranstellung von Energieeffi-zienz als nachhaltigste und kostengünstigste Lösung für Kohlendioxid-Einsparungen in vielen Bereichen und die Schaffung eines fairen Angebots für Verbraucherinnen und Verbraucher.

Bestandteile des Pakets sind die Mittei-lung „Saubere Energie für alle Europäer“, acht Legislativvorschläge zur Überarbei-tung der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie, Energieeffizienzrichtlinie, Richtlinie zur Energieeffizienz in Gebäuden, Gestaltung des Strommarkts, Sicherheit der Stromver-sorgung, Verordnung über ein Governance-System der Energieunion sowie weitere Mit-teilungen im Bereich Ökodesign, Innovation und Transport.

Energieeffizienz an oberster Stelle

Das Paket setzt neue Spielregeln für den gemeinsamen Energiebinnenmarkt und legt die Messlatte für Europas Ziele bei der Ener-gieeffizienz deutlich höher. Denn eines gilt unangefochten: Die Energie, die gar nicht erst erzeugt werden muss, wird immer die Günstigste und Sauberste sein.

Als übergeordnetes Ziel schlagen wir eine verbindliche EU-weite Steigerung der Ener-gieeffizienz um 30 Prozent bis 2030 vor. Mit den Vorschlägen aktualisieren wir die beste-hende Energieeffizienzrichtlinie (27 Prozent) und wollen die Energieverbrauchserfassung und -abrechnung für Verbraucherinnen und Verbraucher von Heiz- und Kühlenergie verbessern.

Wir sind überzeugt, dass mehr Energie-effizienz nicht nur gut gegen den Klimawan-del ist, sondern Konkurrenzfähigkeit und Energieunabhängigkeit in Europa fördert. Unsere Analysen haben ergeben, dass ein Ziel von 30 Prozent Energieeffizienz bis zu 400.000 neue Arbeitsplätze bedeuten kann. Auf der Seite der Versorgungssicherheit könnte die Europäische Union bald mit zwölf Prozent weniger Gasimporten rechnen und somit 70 Milliarden Euro Einkaufskosten sparen (2021-2030).

Darüber hinaus schlägt die Kommission Änderungen an der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden vor, um Gebäude „intelligenter“ zu machen – durch Förderung der Nutzung der Informa-tionstechnologie und sonstiger moderner Technologien, darunter auch Gebäude-

automatisierung und Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge, um einen effizienten Betrieb der Gebäude sicherzustellen. Mit den Änderungen an der Energieeffizienzrichtlinie und der Richtlinie über die Gesamtenergie-effizienz von Gebäuden möchte die Kommis-sion die Renovierung des Gebäudebestands beschleunigen und dessen Kohlendioxid-Emissionen bis Mitte des Jahrhunderts so weit wie möglich senken.

Die richtigen Investitionsimpulse sind für dieses Unterfangen mehr als wichtig und deswegen möchten wir mögliche Geld-geber und Gebäudebesitzer so gut es geht unterstützen. Durch die Initiative „Smart Finance for Smart Buildings“ (übersetzt: Intelligente Finanzierung für intelligente Gebäude), die wir in enger Kooperation mit der Europäischen Investmentbank und den EU-Mitgliedstaaten gestartet haben, sollen Investoren, Kommunen, Besitzer und andere Akteure besser zueinander finden, vorhan-dene und neue Finanzinstrumente effektiver eingesetzt, Projektleiter besser beraten und die Risiken für Energieeffizienzanlagen verringert werden. Sollte uns dies gelingen, könnten wir bis 2020 mit zehn Milliarden Euro extra Mitteln in öffentlicher und privater Hand rechnen.

Zuletzt tragen auch unsere Ökodesign-Maßnahmen und die Energiekennzeichnung dazu bei, die Energie- und Ressourcen-effizienz von Produkten zu verbessern, und Emissionen, Abfall und die Energieabhän-gigkeit Europas zu verringern. Schätzungen zufolge werden die jährlichen Energie-einsparungen im Rahmen von Ökodesign-Maßnahmen bis 2020 dem jährlichen Energieverbrauch Italiens entsprechen. So können europäische Haushalte Energieko-sten von bis zu 500 Euro pro Jahr einsparen. Im Mittelpunkt des Ökodesign-Arbeitsplans stehen daher die Produkte mit dem größten Einsparpotenzial. Deswegen enthält der neue Ökodesign-Arbeitsplan für den Zeitraum 2016 bis 2019 eine Liste neuer Produktgruppen sowie eine Beschreibung des Beitrags von Ökodesign-Maßnahmen zu den Zielen der Kreislaufwirtschaft, immer in Verbindung mit einer Kosten-Gewinn-Analyse.

Verbraucher im Mittelpunkt der Energiewende

Der Kommission ist es ein wichtiges Anliegen, die Position der Verbraucherinnen und Verbraucher bei der Reform des Ener-giemarktes zu stärken und ihnen damit zu ermöglichen, ihre Energiekosten besser zu

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E N E R G I E U N I O N U N D K O M M U N E N

Informationen der Europä-ischen Kommission zum EU-Winterpaket:

https://ec.europa.eu/energy/en/news/commis-sion-proposes-new-rules-consumer-centred-clean-energy-transition

Mitteilung „Saubere Ener-gie für alle Europäer“ der Europäischen Kommission vom 30. November 2016:

http://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:fa6ea15b-b7b0-11e6-9e3c-01aa75ed71a1.0003.02/DOC_1&format=PDF

Konferenz zum Thema „Wie kann die EU die Energie-wende finanzieren“ am 7. November 2007 in Brüssel:

http://ec.europa.eu/energy/en/events/financing-clean-energy-all-europeans

Infos

kontrollieren und langfristig zu reduzieren. Erster Ansatzpunkt ist in diesem Zusam-menhang eine bessere Information der Verbraucherinnen und Verbraucher. Unsere Vorschläge sehen für sie einen Anspruch auf verständliche Rechnungen und intelligente Zähler vor. Zuverlässigere Energieeffizienz-ausweise sollen die Position der Verbrau-cherinnen und Verbraucher ebenfalls stärken. Durch das vorgelegte Maßnah-menpaket soll außerdem ein Wechsel des Energieanbieters durch einen Wegfall von Kündigungsgebühren begünstigt werden. Die Kommission strebt an, dezentrale und intelligente Märkte zu fördern, die es den Verbraucherinnen und Verbrauchern leich-ter machen soll, eigene Energie zu erzeu-gen und bei Überschuss an den Markt zu verkaufen.

Zu guter Letzt versteht die Kommission das vorgelegte Maßnahmenpaket auch als Kon-zept für schutzbedürftige Verbraucherinnen und Verbraucher. Mit unseren Vorschlägen zur Verbesserung der Energieeffizienz fordern wir die EU-Mitgliedstaaten auf, einen Teil der Energieeffizienzmaßnahmen vorrangig in Wohnungen des sozialen Wohnungsbaus oder in von Energiearmut betroffenen Haus-halten durchzuführen, um die Ausgaben die-ser Haushalte für Energie deutlich zu reduzie-ren. Außerdem schlagen wir verfahrensrecht-liche Regelungen vor, die es zu beachten gilt, bevor Haushalte von der Stromversorgung abgeschaltet werden.

Um mehr Daten über die Problematik der Energiearmut zu erhalten, wird die Kommis-sion eine „Beobachtungsstelle“ zur Energie-armut einrichten. Mitgliedstaaten sollen in Zukunft dazu verpflichtet werden, über die Entwicklung der nationalen Energiearmut zu berichten. Die Kommission wird diese Infor-mationen sammeln und den Austausch der Mitgliedstaaten und weiterer wohnungspoli-tischer Akteure zu dieser Problematik unter-stützen. Die geschieht alles im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip.

Bedeutung des Energieeffizienzziels für Kommunen

Die Mitgliedstaaten müssen die Erfüllung der Energieeffizienz-Einsparverpflichtung gegenüber der Kommission dokumentieren. Und die Mitgliedstaaten können diese Ver-pflichtungen schwerpunktmäßig auf kom-munaler und städtischer Ebene ansetzen. In Deutschland ist dies durch viele Maßnahmen auch schon geschehen. So hat die Bundes-regierung zur Erfüllung der Einsparver-

pflichtung KfW-Investitionsprogramme in Kommunen aufgelegt. Dies beinhaltet Pro-gramme zur energetischen Stadtsanierung, einschließlich der Stadtbeleuchtung. Die Vorschläge der Kommission, die Einspar-verpflichtung nach 2020 beizubehalten, dürfte damit auch den Städten und Gemein-den zugutekommen.

Die Vorschläge der Kommission erlau-ben es in höherem Maße, nach 2020 auch die energetische Sanierung des bestehen Gebäude bestandes als eine Einsparmaß-nahme anzurechnen. Es ist damit zu rechnen, dass diese Maßnahmen natürlich auch und ganz besonders in den Städten, die einen beträchtlichen Altbaubestand haben, zugute-kommen werden. Andere Maßnahmen, die durch die Einsparverpflichtung ausgelöst werden könnten und insbesondere Städ-ten zugutekommen, sind Maßnahmen, die den öffentlichen städtischen Nahverkehr stärken und den Umstieg vom Auto auf den Öffentlichen Personennahverkehr fördern. Dazu gehören etwa Investitionen in U-Bah-nen, Stadtbahnen und Straßenbahnlinien. Möglicherweise könnte die kontinuierliche Einsparverpflichtung hier auch zusätzliche Investitionen auslösen.

Weitere Schritte

Alle Gesetzgebungsvorschläge der Kom-mission müssen nun im Rat der Europäischen Union und im Europäischen Parlament behandelt werden. Die Beratungen in beiden Institutionen haben erst Anfang dieses Jah-res begonnen. Die Kommission misst dieser Beratung eine sehr hohe Bedeutung bei. Eine Einigung wird in allen Bereichen vor den nächsten Europawahlen im Frühjahr 2019 angestrebt und dafür haben die Präsidenten der Europäischen Institutionen, Jean Claude Juncker, Donald Tusk und der damalige Par-lamentspräsident Martin Schulz, dem Paket oberste politische Priorität eingeräumt. Das Paket wird europäische Energiepolitik auf Jahre prägen und sollte deshalb mit der größtmöglichen Vorsicht und nach sorgfäl-tiger Beratung mit allen wichtigen Akteuren beschlossen werden.

Und weil das Thema Finanzierung für Sie, liebe Leserinnen und Leser, sehr wichtig ist, möchte ich Ihnen gerne noch mitteilen, dass wir in Zusammenarbeit mit dem Europä-ischen Parlament am 7. November 2007 eine Konferenz zum Thema „Wie kann die EU die Energiewende finanzieren“ organisieren werden. Ich lade Sie ein, den Diskussionen zu folgen. n

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Bürger und Unternehmen sparen Kosten, wenn sie weniger Energie verbrauchen. Die Innovationen im Energieeffizienzbereich sind spannend – und oft gar nicht „von oben“ zu verordnen. Andere Entwicklungen, wie die E-Mobilität, brauchen mehr Energie statt weniger – und befreien die Städte von Abgasen. Unser Ziel ist daher ein flexibler Gesetzesrahmen, der ineinandergreift, Inno-vation anreizt und unterstützt, aber keine starren Maßnahmen erzwingt. Erforderlich sind wirtschaftlich tragfähige, technologie-offene und anpassungsfähige Vorgaben. Letztendlich muss die Gesetzgebung in ganz Europa über Jahre hinaus greifen können. Es hilft uns nicht, wenn wir Gesetze verab-schieden, die sich gegenseitig behindern. So drücken hohe Energieeinsparvorgaben zum Beispiel den Preis der Emissionszerti-fikate, den die Europäische Union gerade möglichst hoch halten möchte. Wir müssen ein Gleichgewicht schaffen in den Zielen und Maßnahmen des „Saubere Energie für alle Europäer“-Pakets.

Städte mit ihrer Wohnungswirtschaft und ihren Stadtwerken sind lokale Akteure für die Umsetzung der Energieeffizienz-maßnahmen. Die Leistungsfähigkeit der Kommunen und Notwendigkeit der Maß-nahmen muss im Gleichgewicht sein. In der Überarbeitung der Energieeffizienzvor-gaben für Gebäude ist neben der Effizienz auch die Bezahlbarkeit des Wohnraums zu berücksichtigen.

Daher müssen wir bei der Überarbeitung der Energieeffizienzrichtlinie dem Markt mehr Spielraum geben. Anreize wie Steue-rerleichterungen für Einsparinvestitionen, Förderprogramme oder EU-Benchmarks für bewährte Contracting-Modelle müssen auf die Einsparvorgaben für die EU-Mitglied-staaten angerechnet werden dürfen. Die KfW-Finanzierung energetischer Sanierungen ist hierfür ein vorbildliches Beispiel. Sie unterstützt Bürger mit günstigen Krediten, um Wohnungen und Häuser energetisch zu modernisieren. So bringen wir Richtlinie und freien Markt zusammen.

Die Verantwortung liegt klar bei den Nutzern beziehungsweise den Eigen-tümern. Von ihnen muss die Bereitschaft zu energie effizientem Handeln ausgehen. Ein angepasstes Nutzerverhalten spart bis zu 20 Prozent des Energieverbrauchs. Energie-einsparungen hängen also nicht so sehr von

Reform der EU-Energiegesetzgebung im Bereich der Energieeffizienz:

Flexibler Gesetzesrahmen statt starrer MaßnahmenFür das Jahr 2020 setzte sich die Europäische Union ehrgeizige Klima-

ziele – 20 Prozent Kohlendioxid-Reduktion, 20 Prozent mehr erneuer-

bare Energien, 20 Prozent mehr Energieeffizienz. Die jetzige Revision

der Gesetzgebung, dem „Saubere Energie für alle Europäer“-Paket

oder auch EU-Winterpaket genannt, dient der Zeit nach 2020. In allen

Bereichen erreicht die EU schon heute fast ihr Ziel. Das liegt vor allem

am Eigeninteresse der Energienutzer.

Ein Beitrag von

Dr. Markus Pieper

Zum Autor:

Dr. Markus Pieper ist Abgeordneter des Europäi-schen Parlaments und Schattenberichterstatter für die Fraktion der Euro-päischen Volkspartei (EVP) zur Überarbeitung der Energieeffizienz-Richtlinie.

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Durch die Wärmedäm-mung von Gebäuden lässt sich viele Energie einsparen

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höheren Standards ab, sondern vor allem von dem Mehrwert für die Endnutzer. Nur sie können die Einsparmöglichkeiten in die Realität umsetzen. Mehr Transparenz des eigenen Verbrauchsverhaltens ist deshalb ein notwendiger Schritt zu mehr Energie-effizienz. Smart Meter und verständliche Rechnungsstellung sind unerlässlich. Die angenommenen Einsparungen weichen oft von den tatsächlichen Einsparungen ab. Die Effekte der Maßnahmen müssen häufiger überprüft und ihre Wirkungen angepasst werden. So kann die Notwendigkeit von Maßnahmen realistisch eingeschätzt wer-den. Das gilt nicht nur für Städte, sondern genauso für ländliche Gebiete.

Es ist irritierend, dass Politiker bezahlbare Mieten fordern und gleichzeitig die Anforde-rungen an Wohnraum immer höher schrau-ben. Skeptisch bin ich bei Vorgaben für Null- oder Niedrigstenergiegebäude. Zum einen, weil immer mehr über umweltfreundliche Energieträger geheizt wird. Zum anderen, weil die klimatische Situation im Baltikum eine andere als in Griechenland ist. Man kann nicht alles über einen Kamm scheren. Denn die hohen Kosten der Neubauten bezahlen am Ende die Mieter. Verpflichtende E-Lade-stationen, wie die Gebäudeeffizienzrichtlinie es vorsieht, sind weltfremd und teuer. Für die Menschen, die sich diesen hochtechnischen Wohnraum nicht mehr leisten können, soll es dann spezielle Maßnahmen gegen „Energie-armut“ geben. Da beißt sich die Katze in den Schwanz.

Dasselbe gilt für starre Einsparverpflich-tungen für Energieversorger. Die einfach

klingende Lösung kommt mit verhängnis-vollen Auswirkungen. Die Energieversorger möchten ihre Kosten gering halten, auch im Sinne der Kunden. Große, europaweite Aus-schreibungen für Energiedienstleister und Standardlösungen sind die entsprechende Antwort. Diese Ausschreibungen gewinnen die großen Konzerne – nicht das regionale Handwerk, welches maßgeschneiderte Lösungen anbieten könnte. Deshalb dürfen wir es mit den Einsparzwängen nicht über-treiben und sollten Energieeffizienz mehr über Förderprogramme oder Steuererleichte-rungen angehen.

Anreize setzen, mehr informieren und markwirtschaftliche Lösungen finden – das ist der Weg. Energieeffizienz auf EU-Ebene dagegen einfach mit gesetzlichen Einspar-zwängen durchsetzen zu wollen, ist weder kreativ noch mittelstandsfreundlich. Durch Energieeinsparung und mehr Effizienz der eingesetzten Energie leisten wir einen ent-scheidenden Beitrag zur Ressourcenscho-nung. Das müssen wir mit viel Marktwirt-schaft und wenig Ideologie begleiten. n

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Dr. Markus Pieper setzt sich im Europäischen Parlament für mehr Energieeffizienz mit weniger Bürokratie und flexiblen Vorgaben für die Mitgliedsländer und Energieversorger ein

Die im Frühjahr dieses Jah-res verabschiedete neue EU-Energielabel-Verordnung ist am 1. August 2017 in Kraft getreten. Damit wird der Rechtsrahmen für die schrittweise Umstellung des EU-Labels mit den verwirrenden A+++-Klassen wieder zurückge-führt auf eine leicht verständliche und klare A- bis G-Skala. Zusätz-lich werden Geräte künftig in

einer EU-weiten Produktdatenbank registriert. Verbraucherinnen und Verbraucher können den Energieverbrauch per Datenbank-recherche vergleichen und so das sparsamste Gerät finden.

Das Energielabel mit der Farbskala „grün für sehr effizient“ bis „rot für ineffizient“ gilt seit 20 Jahren und informiert die Verbraucherinnen und Verbraucher bei mittlerweile mehr als 16 Produkten über den Energieverbrauch – angefangen von klas-sischen Haushaltsgeräten über Fernseher bis hin zu Heizkesseln. Die Rahmenvorgaben der EU-Energielabel-Verordnung werden schrittweise für die einzelnen Produkte umgesetzt und konkre-tisiert. Bis Herbst 2018 werden als erstes die Verordnungen zu Waschmaschinen, Kühlschränken, Geschirrspülern, TV und Moni-toren sowie Beleuchtung überarbeitet. Nach einer Umstellungs-zeit für die Hersteller von in der Regel einem Jahr werden die neuen Energielabel mit der Skala A bis G für die Verbraucherinnen und Verbraucher ab Ende 2019/Anfang 2020 in den Geschäften sichtbar sein.

Neue EU-Energielabel-Verordnung seit August 2017

Labels künftig wieder klarer

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E N E R G I E U N I O N U N D K O M M U N E N

In Brüssel gehen die Beratungen zum „Clean Energy Package“ – oder „EU-Win-terpaket“ genannt – weitgehend planmäßig und ergebnisorientiert voran. Nach dem Willen der Europäischen Kommission soll das „Saubere Energie für alle Europäer“-Paket im ersten Halbjahr 2018 erfolgreich verhandelt sein. Der Verlauf der bisherigen Beratungen und Diskussionen im Energieministerrat und im Europäischen Parlament deuten darauf hin, dass die Verabschiedung der Mehrzahl der Legislativvorschläge im ersten Halbjahr 2018 möglich ist.

EU-Emissionshandelssystem

Nicht im „EU-Winterpaket“ enthalten und verhandelt, allerdings für den langfristigen Erfolg der europäischen Energie- und Klima-politik entscheidend, ist das europäische Emissionshandelssystem. Dessen Reform wurde bereits im Juli 2015 eingeleitet und befindet sich nun in der finalen „Trilogver-handlung“ zwischen Kommission, Parlament und Ministerrat. Ohne ein funktionsfähiges EU-Emissionshandelssystem lassen sich die Ziele der angestrebten europäischen Energieunion nicht erreichen: die Senkung der Treibhausgasemissionen, die Steigerung der Energieeffizienz und die Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien am Gesamt-energieverbrauch.

Subsidiaritätsrügen

Allerdings haben gegen einzelne Legisla-tivvorschläge des „Clean Energy Package“ mehrere Parlamente von EU-Mitgliedstaaten „Subsidiaritätsrügen“ ausgesprochen, weil sie die Vorschläge im Widerspruch zu den Prinzipien der Subsidiarität und Verhältnis-mäßigkeit sehen. Betroffen sind zwei der acht Dossiers: die Strombinnenmarkt-Verord-nung und die Verordnung zur Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungs-behörden (ACER). Gegen die ACER-Verord-nung haben der Deutsche Bundestag, der französische Senat und der rumänische Senat Subsidiaritätsrüge erhoben. Die deutschen Kritikpunkte decken sich nahezu vollständig mit den Bedenken, die auch von Frankreich gegen den Legislativvorschlag angeführt

Verband kommunaler Unternehmen zum EU-Winterpaket:

Markt, Dezentralität und Flexibilität führen zum ErfolgDie Energieunion ist ein entscheidendes Großprojekt der aktuellen

Juncker-Kommission. Hinter dem im November 2016 veröffentlichten

umfangreichen Legislativpaket verbergen sich insgesamt acht Kom-

missionsvorschläge zur Neugestaltung, Harmonisierung und Weiter-

entwicklung der europäischen Energiegesetzgebung. Konkret richten

sich alle Vorschläge zur Energieunion auf einen versorgungssicheren,

liberalisierten, verbraucherorientierten, flexiblen sowie grenzüber-

schreitend funktionierenden Energiebinnenmarkt.

Ein Beitrag von

Michael Wübbels

Zum Autor:

Michael Wübbels ist Stellvertretender Hauptge-schäftsführer und Leiter der Abteilung Energiewirtschaft des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU).

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Für die Verwirklichung der Energieunion will die Europäische Kommission die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Energiemarkt ausbauen

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werden – im Einzelnen: die einer „Allzustän-digkeit“ gleichende Aufgaben-Übertragung an ACER in Bezug auf grenz überschreitende Angelegenheiten; die Einführung einer Letzt entscheidungskompetenz für ACER; die Abschaffung der Zweidrittelmehrheit zu gunsten einer einfachen Mehrheit bei Abstimmungen im ACER-Regulierungsrat.

Gegen die Strombinnenmarkt-Verordnung sind Subsidiaritätsrügen aus Deutschland, Österreich, Frankreich, Tschechien, Polen, Ungarn, Rumänien und Spanien bei der Europäischen Kommission eingegangen. Der Bundestag und der Bundesrat – genauso wie der österreichische Bundesrat – lehnen eine Kompetenz für die Europäische Kommission bezüglich des Zuschnitts von Strompreis-zonen ab, sie monieren die Verschiebung ganzer Themenfelder in delegierte Rechtsakte und erachten die Errichtung von regionalen Betriebszentren (ROC) für nicht notwendig. Im Gegensatz zum Bundestag kritisiert der Bun-desrat weiterhin – unisono zur Haltung des

Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) – die Bestrebungen nach EU-weiter Harmonisierung zahlreicher Detailfragen auf Verteilnetzebene sowie nach Vereinheit-lichung der anfallenden Netzentgelte.

Die Subsidiaritätsrügen aus Tschechien, Polen, Rumänien, Ungarn, Spanien und Frankreich sehen ebenfalls die Rechte der EU-Mitgliedstaaten in Energiefragen ver-letzt. Die Mitgliedstaaten dürfen selbst die Bedingungen für die Nutzung der Energie-ressourcen, die Wahl zwischen verschiedenen Energiequellen und die allgemeine Struktur der Energieversorgung bestimmen. In ihren begründeten Stellungnahmen wenden sich die Parlamente insbesondere gegen die Errichtung von ROC und gegen die Einführung einer Emissionsobergrenze von 550 Gramm Kohlendioxid pro Kilowattstunde für Kapazi-tätsmechanismen.

Positionen der Stadtwerke zu den Legislativvorschlägen

Energieeffizienz-RichtlinieMit Blick auf die Revision der Energieeffi-

zienz-Richtlinie teilt der VKU die Auffassung der Europäischen Kommission, dass es bei der Energieeffizienz weitere Potenziale zu heben gibt. In den EU-Mitgliedstaaten sind diese allerdings unterschiedlich ausgeprägt, deshalb sollte den Ländern weiterhin Flexibi-lität bei der Umsetzung des EU-Energieeffi-zienzziels gelassen werden. Ein verbindliches EU-Ziel für das Jahr 2030 lehnt der VKU ab, um Doppelregelungen zu vermeiden. Bereits

die EU-Energieeffizienz-Richtlinie schreibt verbindliche Maßnahmen vor, die Deutsch-land unter anderem mit dem auf Nachhaltig-keit ausgerichteten „Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz“ umsetzt. Positiv wertet der VKU, dass es den Mitgliedstaaten weiterhin offen stehen soll, ob sie ihre jährliche Ein-sparverpflichtung mittels Energieeffizienz-Verpflichtungssystemen oder alternativer strategischer Maßnahmen umsetzen.

Mit der Novellierung sollen auch Rege-lungen für Zähler zur Versorgung eines Gebäudes oder Wohnkomplexes mit ver-schiedenen Energieformen bei Endkunden implementiert werden. Diese Zähler sollen ab dem Jahr 2020 fernauslesbar sein. Der VKU unterstützt das Vorhaben im Grundsatz, weist aber darauf hin, dass noch eine Reihe offener Fragen zu beantworten ist, zum Beispiel die Kostenwälzung von zusätzlichen Zählern. Der Einbau individueller/intelligenter Zähler muss immer an der Machbarkeit orientiert und wirtschaftlich darstellbar sein. Pro-blematisch ist weiterhin der umfängliche Verweis auf die europäische KMU-Definition (Kommissionempfehlung 2003/261/EG). Kommunale Unternehmen werden dadurch zum ganz überwiegenden Teil als Nicht-KMU eingestuft. Sie sind daher unter anderem verpflichtet, unabhängig von ihrer Unterneh-mensgröße, ein Energieaudit durchzuführen. Insbesondere bei kleinen kommunalen Unter-nehmen, wie Wasserversorgern, kann dies zu unverhältnismäßig hohen Kostenbelastungen führen. Nach Einschätzung des VKU sollte es keinen Unterschied machen, ob ein staatli-ches Gebilde oder eine private Person der Anteilseigner eines Unternehmens ist.

Gebäudeeffizienz-RichtlinieIn Bezug auf die Gebäudeeffizienz-Richt-

linie betont der VKU, dass nach wie vor über 40 Prozent der Endenergie im Gebäudesektor verbraucht werden, sodass diesem Bereich eine große Bedeutung zukommt. Dabei kön-nen Verbesserungen an der Gebäudehülle und eine möglichst effiziente Versorgung entscheidend sein. Insgesamt entwickelt die vorliegende Richtlinie den bestehenden legis-lativen Rahmen maßvoll weiter.

Energieeffizienzmaßnahmen im Gebäude-sektor sind auch unter sozialen Aspekten relevant. Allerdings dürfen derlei Maßnahmen nicht Teil der Energiepolitik, sondern müssen vielmehr Aktiva der Sozialpolitik sein. Unver-ständlich bleibt, warum nicht die Einbeziehung und Prüfung alternativer Versorgungssysteme (Fernwärme und -kälte) im Kommissions-entwurf enthalten ist. Hinsichtlich der Energie-

Die Europäische Kommission möchte die Renovierung des Gebäudebestands beschleunigen und dessen Kohlen-dioxid-Emissionen bis Mitte des Jahr-hunderts so weit wie möglich senken

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effizienz und Technologie-Offenheit sollte die Fernwärme als Alternative zu erneuerbaren Energien in Frage kommen; so sollte hoch-effiziente Fernwärme und -kälte für „Niedrigst-energiegebäude“ zugelassen werden.

Weiterhin ist zu kritisieren, dass die Richt-linie bei einem rein gebäudebezogenen Ansatz verharrt. In Zukunft wird die Versor-gung mit Wärme und Kälte aus erneuerbaren Energien an Bedeutung gewinnen. Gerade in urbanen Ballungszentren sieht der VKU große Potenziale im Bereich energetischer Quar-tierssanierung und effizienter Versorgungs-systeme. Hier bieten sich Chancen, in größe-rem Umfang erneuerbare Energien in die Wärmeversorgung zu integrieren.

Dagegen positiv und der technischen Ent-wicklung Rechnung tragend ist die Aufnahme von Regelungen zur Elektromobilität. Diese werden einen wichtigen Beitrag zur Entwick-lung einer intelligenten Ladeinfrastruktur leisten. Dies gilt genauso für die Ausstattung von Gebäuden mit intelligenter Technik, wie es im Kommissionsentwurf vorgesehen ist. Der VKU begrüßt die erstmals vorgesehene Pflicht zum Vorhalten von Ladeinfrastruktur – als wichtige Voraussetzung für einen Markt-durchbruch der Elektromobilität. Allerdings sollte eine technologieoffene Formulierung für den Ladepunkt gewählt werden, damit bei Inkrafttreten der Verpflichtung im Jahr 2025 kein veralteter Standard festgeschrieben ist.

Erneuerbare-Energien-RichtlinieDie Absichten der Erneuerbare-Energien-

Richtlinie sind richtig, insbesondere die Erschließung neuer Potenziale der erneuer-baren Energien, die anhaltende Förderung ihrer Marktintegration und die Gewähr-leistung von Planungs- und Investitions-sicherheit. Im Einzelnen begrüßt der VKU, dass eine Anpassung der Erzeugungslei-stung oder ein Einsatz steuerbarer Lasten zur Abwendung von Netzengpässen primär marktbasiert erfolgen soll. Positiv ist außer-dem, dass bei der Netzplanung Einspei-sereduzierung und Redispatch einkalkuliert werden dürfen, wenn dies wirtschaftlich effi-zienter ist und fünf Prozent der Kapazitäten von erneuerbaren Energien und Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) nicht übersteigt.

Bei der Abschaltreihenfolge plädiert der VKU dafür, KWK- und Abfallverbrennungs-anlagen wie Erneuerbare-Energie-Anlagen zu behandeln. Sofern die Abregelung einer KWK-Anlage unvermeidbar ist, muss der Betreiber nicht nur für entgangene Erlöse, sondern auch für Mehrkosten durch notwendige Ersatzwärme vollständig entschädigt werden.

Im Gegensatz zum Kommissionsentwurf sollte die Öffnung der nationalen Förder-systeme für Erneuerbare-Energie-Anlagen im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates vorerst nicht fünf Prozent der jährlichen Zubaumenge übersteigen. Nach Einschätzung des VKU sind ansonsten eine Oligopolisierung und ein Preiskampf zu erwarten, die zu einer Ver-drängung kleiner und mittelgroßer Akteure führen könnten. Abzulehnen ist ferner, Herkunftsnachweise für geförderten Strom aus erneuer baren Energien zu auktionieren; vielmehr wäre die „Regionalstromkennzeich-nung“ nach deutschem Muster eine vorzugs-würdige Alternative. Schließlich wird der Vorschlag eines allgemeinen Netzzugangs-anspruchs im Bereich der Fernwärme und -kälte abgelehnt. Der Zugang zu Wärme- und Kältenetzen sollte weiterhin auf Basis bila-teraler Verträge erfolgen – dies hat sich in der Praxis bewährt. Weitergehende Regulie-rungen können die Wirtschaftlichkeit der ent-sprechenden Netze gefährden und zu Investi-tionszurückhaltung der Betreiber führen.

Strombinnenmarkt-Verordnung und -Richtlinie

In der Strombinnenmarkt-Verordnung und -Richtlinie schlägt die Europäische Kommission konkrete Eckpfeiler für einen wettbewerblichen, verbraucherorientierten und flexiblen Strombinnenmarkt vor. Kunden sollen stärker eingebunden und Flexibili-tätspotenziale aktiviert werden. Die klaren Vorgaben zur Preisfestlegung, die Stärkung grundsätzlicher Vertragsrechte sowie die Einrichtung transparenter Standards zur effi-zienten Einbindung von Prosumern sind posi-tiv. Ebenso unterstützt der VKU grundsätzlich das Ziel, Preissignale zu stärken und den Energiemarkt für neue Flexibilitätsvermarkter, wie unabhängige Aggregatoren oder lokale Energiegemeinschaften, zu öffnen. Dabei muss gewährleistet sein, dass die neuen Marktteilnehmer denselben Pflichten nach-

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Erneuerbare Energien wie etwa die Windenergie sollen weiter ausgebaut werden und sich stärker am Markt orientieren

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Informationen der Europäischen Kommission zum EU-Winterpaket:

https://ec.europa.eu/energy/en/news/commis-sion-proposes-new-rules-consumer-centred-clean-energy-transition

Informationen des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) zur Energieunion und aktuelle VKU-Stellungnahmen zum EU-Winterpaket:

https://www.vku.de/bru-essel/energieunion.html

Infos

kommen wie die etablierten Marktteilnehmer etwa in der Bilanzkreisverantwortung, sodass die Systemsicherheit gewährleistet bleibt. Der Grundsatz des „level-playing-field“ garantiert, dass weder etablierte noch neue Marktteilnehmer eine wirtschaftliche oder rechtliche Schlechterstellung erfahren.

Des Weiteren nimmt der VKU positiv zur Kenntnis, dass die Europäische Kommis-sion Kapazitätsmärkte nicht grundsätzlich verwirft, sondern als Mittel anerkennt, um Versorgungssicherheit im europäischen Verbundsystem herzustellen. Problematisch dagegen bewertet der VKU, dass Redispatch – Maßnahmen zur Sicherung der Netzstabi-lität durch Eingriffe in die Stromerzeugung – europäisch geregelt werden soll. Denn EU-weite Regelungen können die nationalen Gegebenheiten und länderspezifischen Struk-turen nicht hinreichend abbilden. Es sollte deshalb davon abgesehen werden, Redis-patch europäisch zu regeln. Generell muss gelten, dass die Entschädigung für den Redis-patch den Anlagenbetreiber weder besser noch schlechter stellt, als ohne den Eingriff.

Kritisch bewertet der VKU die Bestre-bungen der Europäischen Kommission, die Kompetenzen bei der Festlegung von Preis- beziehungsweise Gebotszonen auf die euro-päische Ebene zu verlagern. Eine langfristig stabile Preiszone ist Grundvoraussetzung für eine effiziente Energiebeschaffung. Die Entscheidung, ob ein Land seine Preiszone teilt oder nicht, sollte auf nationaler Ebene getroffen werden. Die Subsidiaritätsrügen einzelner EU-Mitgliedstaaten sehen in dem Vorschlag der Europäischen Kommission eine Verletzung der EU-Verträge, nach denen die Mitgliedstaaten selbst über die allgemeine Struktur und Ausgestaltung ihrer Energiever-sorgung bestimmen dürfen. Entscheidend ist, Netzengpässe schnellstmöglich durch den Ausbau der Übertragungsnetze in gebotener Form zu beheben.

Zwar erkennt die Europäische Kommission die steigende Bedeutung der Verteilnetz-betreiber für das Energiesystem an, aber die Pläne zur Einrichtung einer supranationalen Organisation als Repräsentations- und Arbeits-gremium für die Verteilnetzbetreiber (EU DSO Entity) enthalten einige Konstruk tionsfehler. Der VKU erwartet bei einer Verwirklichung des Kommissionsvorschlags einen Ausschluss der Repräsentation für 90 Prozent aller EU-Verteilnetzbetreiber, vor allem der De-Minimis-Unternehmen. Ob europäische Regelwerke für den Betrieb der Verteilnetze überhaupt benö-tigt werden, bleibt fraglich. Besonders, wenn die Regelungen keinen grenzüberschreitenden

Charakter haben. Im Kommissionsentwurf sind die Aufgabengebiete der „DSO-Entity“ zu weitreichend und unkonkret formuliert – und sind eine Abkehr vom Gebot der Subsi-diarität. Zweitens ist die Repräsentation der Verteilnetzbetreiber innerhalb der geplanten Organisation nicht gewahrt, solange kleine und vertikal-integrierte Unternehmen sowie Verbände von der Mitarbeit ausgeschlossen sind. Drittens können die Verteilnetzbetreiber bei der Entwicklung von Regelwerken nicht „auf Augenhöhe“ gegenüber den Übertra-gungsnetzbetreibern agieren, da deren Vertre-tung (ENTSO-E) mehr Kompetenzen hat, zum Beispiel bei der Erarbeitung von Umsetzungs-leitfäden.

ACER-VerordnungDass die Europäische Kommission und die

Agentur für die Zusammenarbeit der Energie-regulierungsbehörden (ACER) durch die Neu-fassung der ACER-Verordnung mehr Einfluss erhalten sollen, wird als nicht notwendig zurückgewiesen. Die Kompetenzerweite-rungen und -verlagerungen würden nicht nur die Stadtwerke, sondern auch die Mit-gliedstaaten, die nationalen Regulierer, die Normgeber und die Übertragungsnetzbetrei-ber negativ betreffen. Zweifelhaft betrachtet der VKU die Regelung vieler Themen in Form delegierter Rechtsakte und die Einführung der einfachen Mehrheit bei Abstimmungen im ACER-Regulierungsrat. Das Instrument des delegierten Rechtsakts darf ausschließlich für nicht wesentliche Bestimmungen Anwen-dung finden. Die von der Europäischen Kom-mission vorgeschlagenen Themengebiete für die Networkcodes beträfen jedoch fast alle strategischen und operativen Themen der Verteilnetzbetreiber.

Vorläufiges Fazit

In der Zusammenschau befürwortet der VKU den holistischen Ansatz des EU-Winterpakets und bestärkt die Europäische Kommission – unabhängig von notwendigen Änderungen im laufenden Verfahren – in ihrem Vorhaben, einen europäischen Energiebinnenmarkt mit einem funktionierenden Strommarktdesign ins Leben zu rufen. Festzuhalten bleibt aber auch: Die geplante „EU DSO Entity“ muss die Heterogenität der europäischen und insbe-sondere der kommunalen Verteilnetzbetreiber abbilden und ihre Aufgaben müssen den Kriterien des Subsidiaritätsprinzips genügen. Ebenso korrekturbedürftig sind die Vorschläge zur Ausweitung und Verlagerung von Kompe-tenzen zugunsten der ACER. n

Der Zubau von erneuerbaren Energien und das Ziel einer besseren grenz-überschreitenden Energieversorgung erfordern einen Ausbau der Strom-netzinfrastruktur

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Der Münchner Stadtteil Neuaubing-West-kreuz / Freiham wird zu einem smarten Quar-tier der Zukunft – mit besonderem Potenzial für die Energiewende. Seit die Landeshaupt-stadt München 2015 im Konsortium mit Wien und Lyon den Zuschlag für das europäische Förderprojekt „Smarter Together“ erhal-ten hat, entstehen im Westen Münchens innovative Konzepte für die moderne und lebenswerte Stadt von morgen. Die Landes-hauptstadt München entwickelt gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern sowie Fachleu-ten aus Wirtschaft und Gesellschaft konkrete Lösungen, um die Lebensqualität der rund 30.000 Bewohnerinnen und Bewohner zu verbessern. Die regelmäßigen Workshops im eigens dafür eröffneten Stadtteillabor beschäf-tigen sich mit Themen aus den Bereichen Mobilität, Technologie und Energie. Mithilfe zeitgemäßer Technologieansätze und intelli-gent genutzter Daten sollen die Lösungen Ant-worten auf drängende Fragen der zukünftigen Stadtentwicklung geben.

Vorbildfunktion für andere Städte – weltweit

Ob energieeffizienter Wohnraum oder ver-netzte Mobilitätsangebote: Die entwickelten Maßnahmen sollen Vorbildfunktion für andere europäische Städte haben. Ziel der geplanten Maßnahmen auf EU-Ebene ist es,

n den Energieverbrauch und den Kohlen-dioxidausstoß in den ausgewählten Pro-jektgebieten um mindestens 60 Prozent zu senken,

n über neue erneuerbare Energiequellen mehr als 15 Megawatt einzuspeisen,

n über E-Mobilitätslösungen mehr als 95 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr einzusparen

n und dabei 1.400 neue Arbeitsplätze zu schaffen.

Bis Anfang 2021 wird die Landeshauptstadt München für „Smarter Together“ EU-Förder-gelder in Höhe von etwa 6,85 Millionen Euro erhalten. Hinzu kommen Eigenmittel sowie Gelder aus Wirtschaft und Forschung, so dass in München insgesamt rund 20 Millionen Euro in die Quartiersentwicklung investiert werden.

Das EU-Projekt „Smarter Together“ in der Stadt München:

Gegenwart gestalten für eine lebenswerte ZukunftDie bayerische Landeshauptstadt München ist Partner in dem von der

Europäischen Union geförderten Projekt „Smarter Together“. Gemein-

sam mit den Partnerstädten Lyon und Wien werden im Rahmen des

Projektes innovative Lösungen für die Stadt der Zukunft erprobt. Unter

Einbindung der Bürgerinnen und Bürger soll höchste Energieeffizienz

und vernetzte Mobilität erreicht werden. Themen sind unter anderem

die Sanierung von Wohnanlagen und die Entwicklung von nutzer-

zentrierten Mobilitätskonzepten in Münchens Westen.

Ein Beitrag von

Josef Schmid

Zum Autor:

Josef Schmid ist Bürger-meister und Leiter des Referats für Arbeit und Wirtschaft der Landes-hauptstadt München.

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Im Rahmen des EU-Pro-jektes „Smarter Together“ entwickeln Bürgerinnen und Bürger mit Fachleuten der Stadt sowie weite-ren Partnern Lösungen für ihr unmittelbares Wohnumfeld

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Neuaubing-Westkreuz / Freiham als flächen-mäßig größter und gleichzeitig am dünnsten besiedelter Stadtteil Münchens ist das größte Stadtteil-Entwicklungsgebiet Deutschlands.

Von der EU sind dabei Ausprobieren und Erproben ausdrücklich gewünscht. Ganze Quartiere werden so zu Laboren für die Stadt von morgen. Die vorgeschlagenen Maßnahmenpakete basieren auch auf einer Ökonomie des Teilens (Sharing Economy), der gemeinschaftlichen Nutzung von Dien-sten und Gütern, der Wiederverwertung von Ressourcen, innovativen Geschäfts-modellen, der Anwenderfreundlichkeit von Dienstleistungen sowie dem zielgerichteten, gesellschaftsverträglichen Einsatz moderner Technik. Neue Technologien und nachhaltige Lösungen zeigen eine zukunftsfähige Stadt-entwicklung für Mobilität und Klimaschutz auf, die beispielhaft für andere Städte und Quartiere ist.

München hat sich bei „Smarter Together“ die Zahl 20 als Leitzahl auf die Fahne geschrieben: 20 Prozent Kohlendioxid ein-sparen, mehr als 20 Prozent erneuerbare Energien nutzen und die Energieeffizienz um mehr als 20 Prozent steigern. Bis 2050 will Neuaubing-Westkreuz darüber hinaus Kohlendioxid-Neutralität erreichen.

Gegenwart gestalten im Stadtteillabor

Für „Smarter Together“ arbeitet die Lan-deshauptstadt München mit zahlreichen Part-nern aus Wirtschaft und Wissenschaft zusam-men. Und: Auch die Bewohnerinnen und Bewohner sind im Rahmen einer Ko-Gestal-tung fester Bestandteil des Arbeits- und Entwicklungsprozesses. Als intensive Form der Beteiligung bietet er den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, ihre Vorstel-

lungen und Anliegen in Konzept und Design der geplanten Infrastrukturmaßnahmen zu integrieren und auf diesem Weg tatsächlich Einfluss zu nehmen.

Zwei dieser Ko-Gestaltungsprozesse sind bereits erfolgreich abgeschlossen, beispiels-weise beim Thema intelligente Lichtmasten: Zusammen mit IT-Expertinnen und -Experten der Landeshauptstadt München konnten die Teilnehmenden des Ko-Gestaltungsprozesses wertvolle Informationen dazu beitragen, welcher Service und welche Daten für die Vernetzung im alltäglichen Leben notwendig sind. Sie waren sich einig, dass technische Systeme und Infrastrukturen allein eine Stadt nicht lebenswert machen. Den Bürgerinnen und Bürgern sind insbesondere städtische Orte mit Aufenthaltsqualität und Service wichtig. Die aus dem Gestaltungsprozess resultierenden Empfehlungen flossen maß-geblich in die technische Ausstattung der

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Das Projektgebiet Neuaubing-West-kreuz/Freiham ist der flächenmäßig größte und mit rund 30.000 Einwoh-nerinnen und Einwohnern gleichzeitig der am dünnsten besiedelte Stadtteil Münchens

Im Stadtteillabor wird Energie neu gedacht mit dem Ziel, 20 Pro-zent Kohlendioxid einzusparen, mehr als 20 Prozent erneuerbare Energien zu nutzen und die Energieeffizienz um mehr als 20 Prozent zu steigern

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Lichtmasten sowie in die entsprechende Aus-schreibung ein.

Auch zum Thema Mobilität gab es bereits Ko-Gestaltungsworkshops. Ergebnis war hier die konkrete Ausgestaltung der Mobili-tätsstationen sowie der Quartiersboxen. Die regelmäßigen Workshops zur Entwicklung bürgernaher Lösungen finden im Stadtteil-labor in Neuaubing-Westkreuz statt. Sie werden vom Munich Center for Technology in Society der Technischen Universität Mün-chen gemeinsam mit der Münchner Gesell-schaft für Stadterneuerung (MGS) organi-siert. Im Stadtteil-Labor sind Ideenreichtum und Kreativität keine Grenzen gesetzt, denn: Neues auszuprobieren, zu experimentieren, auch mal „out of the box“ zu denken und praxisbewährte Ideen weiterzuverfolgen, sind die von der EU gewünschten Grund-prinzipien von „Smarter Together“. Und so werden in den kommenden Monaten die Ergebnisse dieser Prozesse direkt vor Ort stetig sichtbarer werden.

Intelligente Lichtmasten als erste sichtbare Erfolge

Seit Juli 2017 ist der erste Straßenzug mit Lichtmasten ausgestattet, die die richtige Infrastruktur für intelligente Funktionen haben. Glasfaserkabel ermöglichen es, die Lichtmasten mit Zusatzfunktionen auszu-statten, wie beispielsweise mit öffentlichem WLAN. Über Sensoren werden die ver-netzten Lichtmasten Umwelt-, Wetter- und Verkehrsinformationen in Echtzeit erfas-sen. Basierend auf diesen Daten können sie dann beispielsweise die Beleuchtung spezifisch anpassen, um so Energie zu sparen.

Darüber hinaus sind die gesammelten Daten Grundlage verschiedener Echtzeit-Anwendungen und mobiler Dienste, die das Leben im Quartier und darüber hinaus erleichtern oder auch zu bewussterem Ver-halten im Alltag beitragen: beispielsweise mithilfe einer neuen Quartiers-App, über die Nutzerinnen und Nutzer Informationen und Angebote im Stadtteil bequem abrufen können.

Die Lichtmasten sind ein Projekt aus dem Bereich Technologie, für den die intelligente Nutzung von Informationen im Mittelpunkt steht. Die Landeshauptstadt München setzt dabei grundsätzlich auf Smart Data statt Big Data. Deshalb werden nur solche Daten gesammelt, ausgewertet und zur Verfügung gestellt, die einen unmittelbaren Nutzen für die Bewohnerinnen und Bewohner oder die

Stadt als Ganzes haben. Datenschutz und Datensicherheit haben dabei immer höchste Priorität.

Der kontinuierliche Ausbau von E- und Open-Government sowie von Smart-City-Lösungen ist seit 2016 Teil der IT-Strategie der Landeshauptstadt München. Ob Wirt-schaft, Gesellschaft oder Verwaltung: Die Digitalisierung betrifft alle Bereiche des alltäglichen Lebens. Um eine moderne, effiziente und transparente Verwaltung zu gewährleisten, muss die Landeshauptstadt München die neuen technischen Möglich-keiten nutzen und die sich ändernden Anfor-derungen antizipieren. „Smarter Together“ ist ein wichtiger Baustein für die strategische Positionierung Münchens in diesem Bereich.

Mit Sanierung und Erneuerbaren zum Niedrig-Energie-Quartier

Ein weiterer Schwerpunkt von „Smarter Together“ in Neuaubing-Westkreuz ist die energetische Sanierung von Wohngebäu-den, um den Anteil regenerativer Energien in der Wärme- und Stromversorgung zu steigern. Zum einen erhalten Hauseigen-tümerinnen und -eigentümer zusätzlich zu den kommunalen Fördermitteln und der KfW-Förderung Geldmittel aus dem EU-Projekt „Smarter Together“. Zum anderen können sie eine umfassende bauliche, technische und energetische Analyse ihrer Immobilie in Anspruch nehmen. Die daraus resultierenden Modernisierungsvorschläge basieren auf neuesten Technologien und enthalten zudem innovative Finanzierungskonzepte. Setzt der Eigentümer eine entsprechende Sanierung um, erhält er pro eingesparter Kilowattstunde Strom zusätzlich einen Euro Förderung.

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Durch Fernwärme aus dem Geo-thermie-Heizwerk in Freiham soll ein wachsender Anteil des Energie-bedarfs gedeckt werden

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Landeshauptstadt München: http://www.muenchen.de/

EU-Projekt „Smarter Together“: http://smarter-together.eu/

Informationen der Landeshauptstadt zum EU-Projekt „Smarter Together“:

http://www.smarter-together.de/

Infos

Ziel ist es, bestehende Wohnflächen auf einen nachhaltigen Energiestandard zu heben. Zusätzlich sollen „Smart-Home“-Ele-mente den Energieverbrauch der Haushalte senken. Diese sammeln Daten zu Temperatur und Luftfeuchtigkeit und geben den Nutze-rinnen und Nutzern Hinweise für ein energie-sparendes Verhalten ohne Komforteinbußen. Dadurch sind individuelle Einsparungen von bis zu 25 Prozent möglich.

Eine zweite Säule ist die Nutzung erneuer-barer Energien. Ein wachsender Anteil des Energiebedarfs soll durch Fernwärme aus dem Geothermie-Heizwerk in Freiham sowie durch dezentrale Photovoltaik-Module auf den Wohngebäuden gedeckt werden. Noch in diesem Jahr nimmt darüber hinaus ein Batte-riespeicher seinen Betrieb auf. Über ihn wird überschüssige Energie in ein sogenanntes Virtuelles Kraftwerk der Stadtwerke München (SWM) eingespeist. Das Virtuelle Kraftwerk ermöglicht die Vernetzung vieler Erzeugungs-anlagen und trägt somit zur Stabilisierung überregionaler Netze durch intelligentes Lastenmanagement bei. Außerdem erhöht sich auf diese Weise die lokale wie überregio-nale Bereitstellung von regenerativ erzeugtem Strom. Mit der energetischen Sanierung sowie dem Ausbau erneuerbarer Energie-versorgungssysteme können jährlich bis zu 700 Tonnen Kohlendioxid eingespart werden.

Ein passendes Fahrzeug für jede Gelegenheit

Mitte 2018 gehen die ersten vier der insgesamt acht geplanten multimodalen Mobilitätsstationen an den Start. An diesen Stationen verknüpft die Münchner Verkehrs-gesellschaft (MVG) das Kernangebot des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) mit zusätzlichen Mobilitätsbausteinen, wie E-Carsharing, Pedelecs/Lastenfähige E-Drei-räder und Ladesäulen für Elektro-Autos. Alle Stationen werden mit öffentlichem WLAN ausgestattet. Eine Infostele vor Ort zeigt alle vorhandenen Mobilitätsoptionen auf. Noch in diesem Jahr kann der erste Prototyp des E-Lastendreirads im Stadtteillabor testweise ausgeliehen werden.

An zwei Mobilitätsstationen sind zusätz-lich sogenannte Quartiersboxen integriert, die einen 24-Stunden-Liefer-, Einkaufs- und Tauschservice ermöglichen. Die Quartiers-boxen sind mit gekühlten und ungekühlten Fächern ausgerüstet. Die MVG leitet dieses Maßnahmenpaket für zeitgemäße Mobilität und setzt es gemeinsam mit den beteiligten Akteuren im Projektgebiet um.

Mit Partnern gemeinsam an der Zukunft bauen

„Smarter Together“ wird in Zusammen-arbeit mit städtischen Unternehmen sowie Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft realisiert. Projektpartner sind: Bettervest, Fraunhofer IAO und IBP, G5-Partners, Stadt-werke München (SWM/Münchner Verkehrs-gesellschaft MVG), Securitas, Siemens, Stattauto München, Technische Universität München (Lehrstuhl für Gebäudetechnolo-gie und klimagerechtes Bauen), Professur für partizipative Technikgestaltung der TU München (MCTS), Universität St. Gallen. Das Projektmanagement liegt beim städtischen Referat für Arbeit und Wirtschaft, im Quar-tier koordiniert die Münchner Gesellschaft für Stadterneuerung (MGS) die konkreten Abläufe. Von städtischer Seite beteiligen sich in der Projektgruppe außerdem das Referat für Stadtplanung und Bauordnung, die IT-Abteilung im Direktorium sowie das Baureferat.

Im EU-Projekt „Smarter Together“ sind Santiago de Compostela, Sofia und Venedig sogenannte Nachfolgestädte, die Nicht-EU-Städte Kiew und Yokohama haben Beobachterstatus. Sie alle und noch weitere Kommunen in ganz Europa werden von den Erkenntnissen aus Lyon, München und Wien unmittelbar profitieren. n

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Im EU-Projekt „Smarter Together“ arbeiten viele Partner zusammen an der Stadt von morgen

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Der Initiativkreis Ruhr hat im Frühjahr 2010 einen revierweiten Wettbewerb für die Klimastadt der Zukunft ins Leben gerufen. Alle 53 Kommunen des Ruhrgebiets, Deutschlands größtem Ballungsraum, waren aufgefordert, sich an dem Projekt zu beteiligen. Nach einem mehrstufigen Auswahlverfahren fiel die Wahl einer unabhängigen Jury im November 2010 auf die Stadt Bottrop, in der rund 117.000 Menschen leben. Dabei konzentrierte sich das Projekt InnovationCity Ruhr zunächst auf eine Pilotregion im Süden der Stadt Bottrop mit etwa 70.000 Einwohnerinnen und Einwohnern.

Ziel des Gesamtprojektes ist es, ein gewachsenes, industriell geprägtes Stadt-quartier energetisch so umzubauen, dass der Kohlendioxid-Ausstoß innerhalb von zehn Jahren halbiert wird – bei gleichzeitiger Stei-gerung der Lebensqualität. Dieses Kernziel wird durch das Motto „Blauer Himmel. Grüne Stadt.“ versinnbildlicht. Der „blaue Himmel“ symbolisiert dabei den Aspekt Klimaschutz beziehungsweise als Voraussetzung dafür die messbare Reduzierung der Kohlendioxid-Emissionen. Die „grüne Stadt“ steht für eine fühlbare Steigerung der Lebensqualität im Arbeits- und Wohnumfeld sowie im gesamten Stadtraum. Im Einzelnen werden dabei fol-gende Strategien verfolgt:

n Verringerung des Energiebedarfs in Form von Wärme und Strom und Verbesserung der effizienten Nutzung der Energie,

n Steigerung der dezentralen Energie-erzeugung und der Nutzung erneuerbarer Energien,

n Einsatz intelligenter Energiemanagement-systeme auf Gebäude- und Quartiers-ebene als verbindende Elemente,

n Verringerung der Anzahl und der Länge der Wege von Personen und Wirtschafts-gütern und Ausbau der Nutzung emis-sionsarmer Verkehrsmittel,

n Förderung eines lebenswerten Stadt-raums und einer klimaschonenden Flächennutzung sowie

n Anpassung an die möglichen Folgen des Klimawandels durch die Begrünung des Stadtraums und die Optimierung des Wasserhaushalts.

InnovationCity Ruhr hat den Anspruch, Motor für die Entwicklung und Anwendung

Klimagerechter Stadtumbau in der InnovationCity Ruhr in Bottrop:

Ein Musterquartier für die gesamte RegionIm Rahmen der InnovationCity Ruhr werden seit 2010 Klimaschutzideen

und -lösungen aus den Bereichen Wohnen, Arbeiten, Energie, Mobilität

und Stadtentwicklung in der Realität erprobt und umgesetzt. Mit rund

300 Einzelmaßnahmen verwandelt sich das 70.000 Ein wohnerinnen

und Einwohner umfassende Pilotgebiet Bottrop in ein Musterquartier

für Energieeffizienz in Deutschland. Mithilfe des Europäischen Fonds

für regionale Entwicklung (EFRE) wird das Projekt mittlerweile auch

über die Grenzen Bottrops hinaus ausgedehnt.

Ein Beitrag von

Andreas Pläsken

Zum Autor:

Andreas Pläsken ist Pres-sesprecher und Leiter der Stabsstelle für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Bottrop.

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Bei der Preisverkündung am 4. November 2010 freute sich die damalige nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (Mitte) mit Bottrops Oberbürger-meister Bernd Tischler (4. v. links) und dem Bottroper InnovationCity-Team über den Gewinn des Titels

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neuer Techniken oder Produkte im Bereich Klimaschutz und Energieeffizienz zu sein. Darüber hinaus verfolgt InnovationCity Ruhr das Ziel, bei der Umsetzung der geplanten Maßnahmen und Projekte neue Wege zu gehen. Dazu zählen insbesondere neue Stra-tegien zur Aktivierung und Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern sowie Betrieben vor Ort, die Bildung neuer Partnerschaften zwi-schen den handelnden Akteuren auf lokaler, regionaler und überregionaler Ebene sowie die Entwicklung neuer Finanzierungswege.

Umsetzungsprozess in Bottrop

Die Stadt Bottrop, die InnovationCity Management GmbH und deren Partner aus Industrie und Wissenschaft arbeiten aktuell an rund 200 Projekten, mit jeweils eigener Zielsetzung und Projektstruktur. Zur Organi-sation und Finanzierung dieser Einzelprojekte wird je nach Projekt auf unterschiedliche personelle und finanzielle Ressourcen der verschiedenen Partner zurückgegriffen. Dies geschieht im Rahmen einer intensiven und vertrauensvollen Zusammenarbeit, bei der die jeweiligen Kompetenzen der Akteure Synergien erzeugen. Die Partner aus Wirt-schaft und Wissenschaft liefern das tech-nische Know-how und tragen maßgeblich zur Finanzierung von Projekten bei. Die Stadt Bottrop und die InnovationCity Management GmbH steuern das Projektmanagement, binden lokale Partner ein und akquirieren notwendige Fördermittel. Auf diese Art und Weise lassen sich gemeinsam Projekte reali-sieren, die allein nicht umsetzbar wären.

In der vom Initiativkreis Ruhr gegründeten InnovationCity Management GmbH arbei-ten mittlerweile etwa 20 Fachkräfte an der Durchführung des Projektes. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf Information, Beratung und Aktivierung der Bürgerinnen und Bürger, denn viele Maßnahmen basieren auf der freiwilligen Mitarbeit und Investitionsbereit-schaft der Bottroper Bürgerinnen und Bürger und bewegen sich außerhalb gesetzlicher Verpflichtungen.

Masterplan „Klimagerechter Stadtumbau“

Klimagerechter Stadtumbau kann nur bei gleichzeitiger Berücksichtigung des Zusam-menwirkens verschiedener technischer, so zialer und wirtschaftlicher Aspekte gelin-gen. Dementsprechend müssen die einzelnen Projekte zur inhaltlichen Abstimmung und zur Nutzbarmachung von Synergieeffekten in

einen Gesamtrahmen eingebunden werden. Zu diesem Zweck hat eine Arbeitsgemein-schaft aus vier Ingenieur-, Planungs- und Beratungsbüros unter Federführung der AS&P – Albert Speer und Partner GmbH in Frankfurt in Zusammenarbeit mit der Stadt Bottrop und im Auftrag der InnovationCity GmbH bis April 2014 einen übergeordneten Masterplan erarbeitet.

Der Masterplan „Klimagerechter Stadt-umbau“ für die InnovationCity Ruhr | Modell-stadt Bottrop weist den Weg zum Ziel – nicht nur auf dem Papier, sondern mit vielen konkreten Projekten, die in den nächsten Jahren umgesetzt werden. Er ist also auch ein „Fahrplan“ für die Umsetzung und zeigt, wo in der Stadt Bottrop mit welchen Maßnahmen und Projekten in den Handlungsfeldern Woh-nen, Arbeiten, Energie, Mobilität und Stadt am meisten Kohlendioxid eingespart und die Lebensqualität verbessert werden kann.

Klimagerechter Stadtumbau ist ein Gemeinschaftswerk, bei dem es auf die Tat-kraft jedes Einzelnen ankommt. Der Master-plan macht daher konkrete Vorschläge, wie die Bürgerinnen und Bürger sowie Betriebe vor Ort unterstützt werden sollten. Das umfasst Maßnahmen zur Energie- und Sanie-rungsberatung, Informationen zur Nutzung von finanziellen Förderwegen ebenso wie alltägliche Tipps zum Verbrauchsverhalten oder zur Verkehrsmittelwahl. Letztlich zeigt der Masterplan, wie jeder nach seinen Kräf-ten und Möglichkeiten das Klima schonen, weniger Energie verbrauchen und das Leben in Bottrop besser machen kann.

Weil InnovationCity ein starkes bürger-schaftliches Fundament in Bottrop braucht, wurde der Masterplan nicht nur von Fachleu-ten erarbeitet, sondern von allen in der Stadt, die Ideen haben und aktiv werden möchten. Dies geschah etwa über Bürgerwerkstätten in den Stadtteilen, eine Planungswerkstatt mit Unternehmern oder eine Online-Ideen-box. Die Stadt Bottrop hat den Masterplan

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In der Stadt Bottrop ver-fügen bereits viele Häuser über Solar- und Photovoltaik-anlagen

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E N E R G I E U N I O N U N D K O M M U N E N

„Klimagerechter Stadtumbau“ mit mehr als 300 Projekten am 8. April 2014 einstimmig als Grundlage für die künftige Stadtentwicklung beschlossen.

Zwischenbilanz des Projektes

Angesichts der knappen Finanzlage der Stadt eröffnet das Projekt InnovationCity neue Perspektiven für Bottrop, die ohne dieses Vorhaben nicht gegeben wären. Das InnovationCity-Gebiet in der Stadt wurde als landesweit größtes Fördergebiet in das Bund-Länder-Programm „Stadtumbau West“ auf-genommen. Hier stehen der Stadt Bottrop für den Zeitraum von 2012 bis etwa 2020 rund 20 Millionen Euro für Maßnahmen zur Stadt-erneuerung zur Verfügung, die die Lebens-qualität im Stadtraum deutlich verbessern.

Um das Ziel einer deutlichen Reduzierung der Kohlendioxid-Emissionen zu erreichen, ist eine systematische energetische Sanierung des Gebäudebestands notwendig. Im Pilotge-biet gibt es insgesamt rund 14.500 Gebäude. Von diesen wiederum sind etwa 10.200 Wohn-gebäude in privatem Eigentum. Seit Septem-ber 2011 haben weit über 2.000 Haushalte eine kostenlose Energieberatung in dem neu eingerichteten Zentrum für Information und Beratung der InnovationCity Ruhr erhalten. Dies Angebot wird durch zahlreiche weitere Aktivierungsmaßnahmen wie etwa Informa-tionsabende und Thermographie-Aktionen ergänzt, die sehr gut angenommen werden.

Darüber hinaus profitieren die Bürgerinnen und Bürger vor allem von einer direkten Förderung der energetischen Gebäude-modernisierung. Hier wurden seit April 2014 356 Förderanträge eingereicht (Stand Juni 2017). Von den Eigentümerinnen und Eigen-tümern sind mit diesen Anträgen Gesamt-investitionen in Höhe von 7.350.000 Euro vorgesehen, wovon rund 6.780.000 Euro gefördert werden. Auf diesen Betrag wurden Zuwendungen in Gesamthöhe von 964.000 Euro bereits ausbezahlt oder zugesichert. Dies ergibt eine durchschnittliche Förderung von 14,22 Prozent. Ein Mittelwert, der sich aus den unterschiedlichen Fördersätzen und umgesetzten Maßnahmen der Bürgerinnen und Bürger (von zehn bis 25 Prozent indivi-dueller Förderung des Haustyps und Gewer-kes) ergibt. Anders ausgedrückt: Ein Euro Förderung bewirkt etwa sieben Euro private Investition. Bisherige Erkenntnisse zeigen, dass an die 90 Prozent der Aufträge innerhalb der Stadt vergeben werden. So profitieren auch die lokalen Betriebe. Darüber hinaus gibt es weitere Unterstützung, die sich auch

an Mieterinnen und Mieter richtet, wie zum Beispiel einen Zuschuss zum Neuerwerb effizienter Elektrogeräte.

Die Beratungsleistungen und direkten Zuschüsse zeigen eine deutliche Wirkung: Die Modernisierungsquote privater Wohngebäude ist in Bottrop mit im Schnitt drei Prozent pro Jahr um ein vielfaches höher als im Bundes-durchschnitt. Bezogen auf das Pilotgebiet haben 56 Prozent der Beratenen auch Maß-nahmen in den eigenen vier Wänden durch-geführt. Dies entspricht einer energetischen Modernisierungsquote von 15,8 Prozent aller Wohngebäude im Pilotgebiet.

Durch abgeschlossene und bereits ini-tiierte Maßnahmen und Projekte, deren Realisierung heute gesichert ist, ergibt sich eine Reduktion der Kohlendioxid-Emissionen seit 2010 bis zum Jahr 2020 um 38 Prozent und damit um rund 100.000 Tonnen. Zum Vergleich: Diese Einsparung entspricht der Kohlendioxid-Absorption eines gewachsenen Waldes von der Größe des gesamten Bottro-per Stadtgebiets von rund 100 Quadratkilo-metern innerhalb eines Jahres.

Durch die abgeschlossenen und bislang initiierten Projekte sowie die energetischen Modernisierungsmaßnahmen werden ge sichert bis zum Jahr 2020 über 290 Mil-

lionen Euro im Rahmen des Projekts inve-stiert, davon entfallen 183 Millionen Euro auf bereits realisierte Vorhaben. Von diesen Investitionen profitieren vor allem die lokalen Unternehmen: Schätzungsweise 110 Mil lionen Euro sind über Aufträge an Bottroper Firmen geflossen. Hinzu kommen etwa 26 Millionen Euro an Vorleistungs- und Konsumgüter-produktion.

Mit den Investitionen sind auch Effekte auf die Beschäftigungsrate verbunden. Als direkter Beschäftigungseffekt ergibt sich für den gesamten Zeitverlauf in Bottrop bisher eine Steigerung um 924 Erwerbstätigenjahre. Die indirekten Effekte führen nochmals zu weiteren 276 Beschäftigungsjahren. Insge-samt wurden somit 1.200 Erwerbstätigen-jahre neu geschaffen.

Das Ziel der InnovationCity Ruhr | Modellstadt Bottrop wird durch das Motto „Blauer Himmel. Grüne Stadt.“ versinnbildlichtFo

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E N E R G I E U N I O N U N D K O M M U N E N

InnovationCity Ruhr | Modellstadt Bottrop:

http://www.icruhr.de

Initiativkreis Ruhr: http://www.i-r.de

Stadt Bottrop: https://www.bottrop.de

Informationen der Stadt Bottrop zur Innovation City:

https://www.bottrop.de/innovationcity/

InnovationCity roll out: http://www.icrollout.de/

Infos

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In dem eigens einge-richteten Zentrum für Information und Bera-tung der Innova tionCity Ruhr erhalten die Bottroper Bürgerinnen und Bürger eine kosten-lose Energieberatung

Zahlreiche Medienberichte im Fernsehen, im Radio, in Fachzeitschriften sowie in regio-nalen und überregionalen Tageszeitungen vermitteln regelmäßig ein Bild vom Fortschritt und den neuesten Entwicklungen in Bottrop. Besuche aus dem In- und Ausland sowie Gastvorträge etwa in den USA, China und Japan dokumentieren die Einzigartigkeit des Projektes, denn bisher wurde weltweit kein Stadtteil dieser Größenordnung im Bestand zur Klimastadt der Zukunft umgebaut.

In den Jahren 2010 und 2013 wurde die Stadt Bottrop mit dem „European Energy Award“ in Gold ausgezeichnet. Ebenfalls 2013 hat die InnovationCity Ruhr | Modell-stadt Bottrop im Rahmen des Deutschen Nachhaltigkeitspreises einen Sonderpreis erhalten. 2014 folgten Auszeichnungen als „Ort des Fortschritts“ durch das Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen, als „Ausge-zeichneter Ort“ im Rahmen des Wettbewerbs „Deutschland – Land der Ideen“ sowie mit dem Deutschen CSR-Preis für nachhaltige und zukunftsfähige Stadtentwicklung. Im Jahr 2015 wurde die Stadt Bottrop zudem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung als „Zukunftsstadt“ ausgewählt. Derzeit ist die Stadt für den Deutschen Nach-haltigkeitspreis 2017 nominiert.

Perspektiven des Projektes

Um klimagerechten Stadtumbau in der Breite umzusetzen, darf die Kommune jedoch nicht darauf warten, dass die Eigentümer „freiwillig“ in ein Beratungszentrum kom-men. Daher wird die Stadt Bottrop künftig mehrere Quartiersmanager einsetzen, die auf die Eigentümerinnen und Eigentümer zugehen und sie für das Thema Energie-effizienz aktivieren. Für die Gewerbegebiete soll es zudem einen „Klimaschutzmanager Gewerbe“ geben.

Durch die intelligente Verknüpfung zahl-reicher Projekte aus unterschiedlichen The-menfeldern will InnovationCity in Bottrop den Weg für eine „Energiewende von unten“ auf-zeigen. Dabei sollen die Nachfrage, die Erzeu-gung, die Speicherung und die Verteilung von Energie auf lokaler Ebene so vernetzt und gesteuert werden, dass eine intelligente Alternative zur geplanten „Energiewende von oben“ entsteht. Die bisher nicht gelösten Fragen des großräumigen Energietransportes sowie der zentralen Erzeugung und Speiche-rung treten dabei in den Hintergrund.

Schon vor der Erarbeitung des Master-plans hat die Stadt Bottrop konzeptionelle

Grundlagen entwickelt, die für den Aufbau des InnovationCity-Prozesses wichtige inhaltliche Impulse gesetzt haben. Hier sind insbesondere der „Masterplan Zukunfts-standort Bottrop“ vom März 2010, das „Integrierte Klimaschutzkonzept“ der Stadt Bottrop vom März 2011 sowie das „Inte-grierte Entwicklungskonzept“ für das Pro-grammgebiet InnovationCity von April 2012 zu nennen. Aufbauend auf den Masterplan wurde im Jahr 2015 ein „Klimaschutzteilkon-zept Mobilität“ vorgelegt, dass zahlreiche Maßnahmen für dieses Handlungsfeld definiert.

In einen auf den Masterplan aufbauen-den und auf andere Städte übertragbaren Innovationshandbuch wird gezeigt, welche konkreten Arbeitsschritte, Verfahren, Metho-den, Werkzeuge und Organisationsstruk-turen notwendig sind, um den nachhaltigen Stadtumbau im Bestand umzusetzen. Die InnovationCity Ruhr in Bottrop wird damit der grundlegenden Idee, Modellstadt für andere zu sein, gerecht. So können alle Städte und Regionen weltweit von diesem einzigartigen Projekt profitieren.

Innovation City roll out

Das Bottroper Modell macht bereits Schule. So hat die Innovation City Manage-ment GmbH gemeinsam mit der Wirtschafts-förderung metropoleruhr GmbH, der WiN Emscher-Lippe Gesellschaft zur Strukturver-besserung mbH und dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH mit dem Projekt „InnovationCity roll out“ ein Kon-zept für einen Erkenntnis- und Erfahrungs-transfer aus dem Bottroper Modellansatz entwickelt. Dieses Projekt, das durch den Projektaufruf „Regio.NRW – Starke Regionen, starkes Land“ im Rahmen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung“ (EFRE) gefördert wird, initiiert den InnovationCity-Ansatz der „Energiewende von unten“ nun in 20 weiteren Quartieren im Ruhrgebiet. n

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E N E R G I E U N I O N U N D K O M M U N E N

Nach 54 Jahren Élysée-Vertrag haben die deutsch-französischen Beziehungen für die heutige Generation einen erfreulich selbstverständlichen Charakter angenom-men. Vergleicht man die Bündnispartner mit einem Paar, so hat auch diese Partnerschaft Höhen und Tiefen durchlebt. Nichtsdestotrotz spielt dieses Gespann eine zentrale Rolle in der europäischen Politik. Die institutionali-sierten Beziehungen beider Länder werden dabei nicht nur im Rahmen des Deutsch-Französischen Ministerrates gepflegt. Deutschland und Frankreich verfügen über zahlreiche gemeinsame Organisationen wie das Deutsch-Französische Büro für die Ener-giewende oder die Deutsch-Französische Energieplattform. Ein Defizit ist jedoch erkennbar: Die Kommunen werden nur selten in die deutsch-französischen Beziehungen auf staatlicher Ebene einbezogen.

Angesichts der großen Herausforderungen durch den Klimawandel und der Kenntnis der Rolle, die Kommunen bei der Umsetzung der ehrgeizigen Energiepolitik spielen können, richtet sich das Projekt „TANDEM: Deutsch-französische Klimaschutzpartnerschaften für die lokale Energiewende“ an diese zen-tralen Akteure der Energiewende. Aber wie funktioniert TANDEM? Welche Methode nutzt das Projekt, um Kommunen aus Deutschland und Frankreich zusammenzubringen? Welche Themen sind für das Vorantreiben der Ener-

giewende bei deutschen und französischen Kommunen relevant? Was ist der Mehrwert einer Klimaschutzpartnerschaft?

Die Idee des Projektes entstand in 2013. Aus Anlass des 50-jährigen Jubiläums des Elysée-Vertrages veranstalteten die Städte-netzwerke Klima-Bündnis und Energy Cities sowie die Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg GmbH (KEA) ein zweitägiges Treffen deutscher und französischer Kommunen unter dem Titel „Transition énergétique vs. Energiewende“. Im Bereich Energie/Klimaschutz hatten beide

Förderung deutsch-französischer Klimaschutzpartnerschaften:

Im TANDEM für die lokale Energiewende„Deutsch-französische Klimaschutzpartnerschaften für die lokale

Energiewende“ lautet das Motto des Projektes „TANDEM“, das seit

2014 vom Klima-Bündnis e.V. und Energy Cities in Zusammenarbeit

mit der Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg koor-

diniert wird. TANDEM hat es sich zur Aufgabe gemacht, bei interes-

sierten Kommunen aus Deutschland und Frankreich bilaterale Koope-

rationsprojekte zur Umsetzung der gemeinsamen Energiewende auf

lokaler Ebene zu fördern.

Ein Beitrag von

Anne Turfin

Zur Autorin:

Anne Turfin ist Leiterin des Projektes „TANDEM“ beim Klima-Bündnis e.V.

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Das TANDEM-Team mit Claire Mouchard (links) von der Klima schutz- und Energie-agentur Baden-Württemberg, Peter Schilken (2. v. links) und Christiane Maurer (rechts) von Energy Cities sowie Anne Turfin (2. v. rechts) vom Klima-Bündnis bringen die deutsch-franzö-sischen Klimapartnerschaften voran

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E N E R G I E U N I O N U N D K O M M U N E N

Länder sehr unterschiedliche Wege einge-schlagen und weisen heute entsprechend signifikante Unterschiede auf. Trotzdem standen 2013 beide an einem Wendepunkt: Während Deutschland mit der Umsetzung der Energiewende startete, führte Frankreich eine öffentliche Debatte zur „Transition éner-gétique“, die im August 2015 in ein Gesetz zur „Energiewende für ein grünes Wachstum“ („loi de transition énergétique pour la crois-sance verte“) mit einer starken Ausrichtung hin zur Dezentralisierung mündete.

Ein lebendiger Austausch zwischen Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitar-beitern, Gemeinderatsmitgliedern sowie Vertreterinnen und Vertreter aus der kom-munalen Energieversorgung, der Wirtschaft, der Bürgerschaft und der Forschung aus Deutschland und Frankreich trug zum Verständnis für die Ausgangslage und die zukünftigen Aufgaben in der Energie- und Klimapolitik beidseits des Rheins bei. Dabei wurde deutlich, dass Ziele und Hindernisse, aber auch die Lösungsstrategien gar nicht so weit auseinanderliegen: Es entstand der Wunsch, sich gemeinsam diesen Herausfor-derungen zu stellen und in einem weiteren vertiefenden Erfahrungsaustausch und in Koopera tionsprojekten auf kommunaler Ebene nach Lösungen zu suchen. So ent-stand das vom Umweltbundesamt und der französischen Energieagentur ADEME finan-zierte Projekt „Energiewende und Transition énergétique locale: deutsch-französische Klimapartnerschaften“, dass den Kurztitel TANDEM trägt.

Das seit März 2014 laufende TANDEM-Projekt ist mit dem Ziel gestartet, Kommunen

aus Frankreich und Deutschland die einma-lige Gelegenheit zu geben, durch einen Aus-tausch und die Bildung von Klimaschutzpart-nerschaften gemeinsam die Energiewende voranzubringen. Dabei können sowohl beste-hende Städtepartnerschaften zum Thema Klimaschutz aktiviert, als auch neue Partner im Nachbarland im Rahmen von TANDEM gefunden werden. Ein Einstieg in das Projekt ist jederzeit möglich.

TANDEM strukturiert sich entlang zwei großer Achsen: Schaffung einer gegensei-tigen Verständnisebene dank einer Analyse der Rahmenbedingungen und der lokalen Energie- und Klimapolitik beider Länder und Aufbau einer Zusammenarbeit deutscher und französischer Kommunen zur Realisierung konkreter Projekte in den Städten.

Schaffung einer gegenseitigen Verständnisebene

Bei der ersten Achse des Projektes geht es darum, die Rahmenbedingungen und die Herausforderungen der (lokalen) Ener-gie- und Klimaschutzpolitik im jeweiligen Partnerland zu verstehen und über ein Basiswissen zu verfügen, um sich besser auszutauschen. Um den Wissenstransfer zu fördern, werden verschiedene Formate verwendet. Es werden zweisprachige The-menpapiere verfasst, regelmäßig Webinare durchgeführt und Konferenzen organisiert (siehe Kasten).

Die zweite Achse widmet sich der Bildung deutsch-französischer Klimaschutzpartner-schaften und der Schaffung einer soliden Basis für eine langfristige Zusammenarbeit.

TANDEM-Aktivitäten

Konferenzen Webinare Themenpapiere

Stuttgarter Konferenz (2013)

Auftakttreffen in Straßburg (2014)

Projekttreffen in Ettlingen (2015 und 2016)

Aufbau der Verwaltung in Frankreich und Deutschland mit Fokus auf die Rolle der Kommunen

Masterplan 100 % Klima-schutz und „Territoires à énergie positive pour la croissance verte“

Das TANDEM Epernay-Ettlingen

European Energy Award und Cit’ergie

Die Fahrrad Kampagne :Stadtradeln / VILLE EN SELLE

Schulprojekte

Fördermittel für den Klimaschutz

Energieeffizientes Bauen und Sanieren

Quartierssanierung

Energie-Nachbarschaften/Familien aktiv für das Klima

Energiearmut

Klima-Bündnis

TANDEMDEUTSCH-FRANZÖSISCHE KLIMAPARTNERSCHAFTEN FÜR DIE LOKALE ENERGIEWENDE

COOPÉRATION FRANCO-ALLEMANDE POUR LA TRANSITION ÉNERGÉTIQUE LOCALE

DEUTSCH-FRANZÖSISCHE KLIMAPARTNERSCHAFTEN FÜR DIE LOKALE ENERGIEWENDE

ERGEBNISSE VON 2014 - 2016 AUSBLICK FÜR 2017 - 2019

Eine Broschüre über das „TANDEM“-Projekt informiert über die Ergeb-nisse von 2014 bis 2016 und gibt einen Ausblick bis ins Jahr 2019

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E N E R G I E U N I O N U N D K O M M U N E N

Aufbau einer TANDEM-Partnerschaft

Die Betreuung von deutschen und franzö-sischen Partnerstädten hat gezeigt, dass der Aufbau einer Klimaschutzpartnerschaft Zeit bedarf. Aber welche Prozesse und Schritte sind eigentlich notwendig, bis eine deutsche und eine französische Stadt eine TANDEM-Partnerschaft bilden?

Der erste Schritt ist die Suche nach einem Partner. Die meisten Städte entscheiden sich, ihre historische Partnerstadt direkt, meist aber über das TANDEM-Team, anzusprechen. Besteht dort kein Interesse an einem solchen Projekt oder mangelt es an entsprechenden Kapazitäten, bietet das TANDEM-Team an, eine passende Partnerstadt zu suchen. Die Suche beginnt mit der Erstellung eines Städteprofils. Es ist sozusagen die „Carte de visite“ der Stadt und beinhaltet kurz und übersichtlich folgende Informationen: Portrait der Stadt/Gemeinde inklusive Angaben wie Unterzeichner des Konvents der Bürgermeister oder mit dem European Energy Award zerti-fiziert, Beschreibung der Klimaschutzpolitik und der Klimaschutzziele, Zusammenfassung des Klimaschutzkonzeptes, Meilensteine/wichtige laufende Klimaschutzprojekte sowie Themen-/Projektvorschläge für die Koopera-tion. Als aktive europäische Städtenetzwerke im Bereich Klimaschutz verfügen Energy Cities aus Frankreich und Klima-Bündnis aus Deutschland über persönliche Kontakte zu zahlreichen potenziellen Interessenten.

Der zweite Schritt besteht darin, sich bes-ser kennenzulernen. Einleitend werden dazu themenrelevante Dokumente ausgetauscht, in der Regel kurze Darstellungen von Klima-schutzprojekten. Sobald das gegenseitige Interesse gefestigt ist, kann die erste Telefon-konferenz stattfinden. Die Schwerpunkte liegen auf dem persönlichen Kennenlernen und auf der Suche nach gemeinsamen Interessen und potenziellen Kooperations-themen. Es hat sich bewährt, regelmäßige Telefonkonferenzen zu organisieren, um den Kontakt zu der Partnerstadt zu pflegen, um in der Anfangsphase die möglichen Koopera-tionsthemen zu vertiefen, und um später die Umsetzung von Projekten voranzutreiben.

Der dritte Schritt sind die Vorort-Treffen. Politikerinnen und Politiker, Abteilungsleite-rinnen und Abteilungsleiter des Umweltamts oder andere im Bereich Klimaschutz invol-vierte Ämter und Klimaschutzmanagerinnen und -manager sowie kommunale Unterneh-men (z.B. Energieagenturen, Stadtwerke) wid-men ein bis zwei Tage dem Austausch über

die Klimaschutzpolitik der jeweiligen Gebiets-körperschaft. Bewährt hat sich eine Mischung aus Vorstellung erfolgreicher Umweltschutz-projekte verbunden mit einer Besichtigung zwecks wechselseitiger Inspiration und Dis-kussions-/Reflexionseinheiten. Vorort-Treffen bieten beste Bedingungen, um über Koopera-tionsthemen und Projekte zu sprechen.

Die Fortführung der Kooperation zwi-schen den Partnerstädten erfolgt mittels der Telefonkonferenzen und durch weitere Vorort-Treffen. Ein Treffen im Jahr ist das Mini-mum, nach oben sind keine Grenzen gesetzt, dies ist in erster Linie eine Frage der Distanz. Aufgrund von Personalwechsel kommt es immer mal wieder vor, dass Städte sich entscheiden, aus dem Kooperationsprozess auszusteigen – beziehungsweise ihn ruhen zu lassen bis die Rahmenbedingungen hierfür wieder günstig sind.

Von der Partnersuche bis zur Umsetzung der Kooperationsprojekte werden vom TANDEM-Team folgende Leistungen erbracht:

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Beim dritten Treffen des TANDEM-Projekts im Oktober 2016 konnten die Teilnehmenden ihre deutsch-fran-zösische Partnerschaft zum Thema Energiewende vorantreiben

Das TANDEM-Team organisiert vom 22. bis 23. November 2017 eine Studien reise von Karlsruhe nach Straßburg zum Thema „Energetische Quartiers sanierung“. Die Veranstaltung richtet sich an TANDEM-Partnerstädte sowie an interessierte deutsche und französische Kommunen. Voraussetzung sind besonderes Interesse an einer Vertiefung der Thematik „Energetische Quartierssanierung“ anhand der Besichtigung vorbildlicher Projekte in Karlsruhe, Ettlingen und Straßburg sowie Diskussionen und Gesprächen mit Akteuren in diesem Bereich (in Frankreich und Deutschland), einem Austausch mit deutschen und französischen Kommunen sowie einem Einblick in das Projekt TANDEM und der Möglichkeit einer TANDEM-Partnerschaft.

„TANDEM“

Studienreise von Karlsruhe nach Straßburg

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E N E R G I E U N I O N U N D K O M M U N E N

Projekt TANDEM: http://www.tandem-staedte.eu

Informationen über das Klima-Bündnis: http://www.klimabuendnis.org

Informationen über Energy Cities: http://www.energy-cities.eu/TANDEM-

co-coordination

Informationen über die Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg:

http://www.kea-bw.de/

Infos

Moderation des Austausches, Schriftwechsel/Übersetzung von kurzen Dokumenten, Organi-sation und Moderation von Kooperationstref-fen sowie Unterstützung bei der Umsetzung des Arbeitsplanes.

Etablierte deutsch-französische Klimaschutzpartnerschaften

Bis September 2017 haben sich zehn Kli-maschutzpartnerschaften gebildet (siehe Kasten). Bis auf ein TANDEM-Paar haben sich alle Paare über bestehende Städtepart-nerschaften gebildet und sich mindestens einmal zu einem Kooperationstreffen zusam-mengefunden.

Im Rahmen des Projektes sind zahlreiche Kooperationsprojekte entstanden. Drei Arten von Zusammenarbeit wurden zwischen den Klimaschutzpartnerschaften identifiziert:

1) Erfahrungsaustausch: wenn zwei Städte ähnliche Projekte umgesetzt haben.

2) Wissenstransfer: wenn eine Stadt ein Pro-jekt aus ihrer Partnerkommune umsetzen möchte.

3) Gemeinsame Projekte: In den meisten Fällen sind es Projekte, die sich an Bür-gerinnen und Bürger richten, es können aber auch investive Maßnahmen sein.

Ein besonderes Beispiel für die gemein-same Umsetzung eines Projektes ist der geplante Kauf eines mobilen Energiezen-trums durch die Städte Ettlingen und Eper-nay. Ein sehr spannendes Wissenstransfer-projekt fand zwischen Freiburg im Breisgau und Besançon statt. Das Projekt „Familles à énergie positive“ von Besançon wurde von der Stadt Freiburg im Breisgau an die deut-schen Bedingungen angepasst und unter dem Namen „200 Familien aktiv fürs Klima“

durchgeführt. In diesem Projekt wurden die teilnehmenden Bürgerinnen und Bürger angeregt, ihre Lebensstile nachhaltiger und ressourcenschonender zu gestalten.

Zudem sind auch zahlreiche gemeinsame Kooperationsprojekte entstanden, wie der Personalaustausch zwischen den Stadtwer-ken und den Service technique (Ettlingen-Epernay), die Schulprojekte zum Thema Ener-gie oder die Workshops.

Der Erfahrungsaustausch fand zu verschie-denen Themen statt, darunter Fernwärme, Energiearmut, Stadtteilsanierung, Nutzung des öffentlichen Raums durch Fußgänger, Fahrräder und Autos sowie Kampagnen zur Sensibilisierung der Bevölkerung.

Mit Blick auf die vier letzten Jahre ist das TANDEM-Projekt sehr erfolgreich verlaufen. Das Einbeziehen von Städten in ein deutsch-französisches Projekt zum Thema Energie-wende schließt eine Lücke der deutsch-fran-zösischen Kooperation und ist für die Zukunft vielversprechend.

Die Erweiterung von Städtepartnerschaf-ten um das Thema Energiewende erscheint angesichts der neuen Herausforderungen, die Städte durch den Klimawandel und die End-lichkeit der natürlichen Ressourcen meistern müssen, heute wichtiger denn je. In Anbe-tracht der aktuellen Weltsituation mit ihren zahlreicher werdenden Konflikten in Ländern mit fossilen Energiequellen, können Klima-partnerschaften mit ihrem Engagement für die schnelle Umsetzung der Energiewende die frie-densstiftende Rolle der ursprünglichen Städte-partnerschaften aufgreifen. Im TANDEM … für die Energiewende! für den Frieden! n

Klimapartnerschaften

Deutsche Partnerstadt

Französische Partnerstadt

Essen Grenoble

Ettlingen Epernay

Freiburg im Breisgau Besançon

Karlsruhe Nancy

Göttingen Pau

Herten Arras

Nürnberg Nice

Stuttgart Strasbourg

Velbert Châtellerault

Worms Metz

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E N E R G I E U N I O N U N D K O M M U N E N

Das in Zusammenarbeit der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) und der Hum-boldt-Viadrina Governance Platform (HVGP) entstandene Pilotprojekt „Energiewende Twinning Towns“ unterstützt Städtepartner-schaften zwischen deutschen und anderen europäischen Kommunen bei der gemein-samen Ausgestaltung der Energiewende vor Ort. Dazu organisieren die AEE und die HVGP gemeinsam mit den Partnerstädten Workshops für den Wissens- und Erfahrungs-austausch im Bereich erneuerbarer Energien. Gefördert wird das Pilotprojekt vom Aus-wärtigen Amt. Darüber hinaus sind der Ver-band kommunaler Unternehmen (VKU) und der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) als Praxispartner involviert.

Das Pilotprojekt startete im Juni 2017 mit einer Auftaktveranstaltung im Auswärtigen Amt in Berlin, bei dem insgesamt fünf Bewer-berpaare ihre Städtepartnerschaften und Projektideen vorstellten. Ausgewählt wurden schließlich die hessische Stadt Friedberg und ihre portugiesische Partnerstadt Entron-camento sowie die Stadt Grevesmühlen in Mecklenburg-Vorpommern und ihre schwe-dische Partnerstadt Laxa.

Friedberg und Entroncamento arbeiten seit Beginn ihrer Städtefreundschaft im Jahr 2015 bereits im Bereich Energie zusammen. Die etwa 30 Kilometer nördlich der Mainmetro-pole Frankfurt gelegene Stadt Friedberg und ihre portugiesische Partnerstadt verfolgen denselben Ansatz im Hinblick auf die künftige Stadtentwicklung: Energieversorgung und Verkehrssektor sollen einen nachhaltigen

und klimafreundlichen Wandel erleben. Diese Zusammenarbeit soll nun im Rahmen des Pilotprojektes intensiviert werden. „Die Unterstützung ist eine hervorragende Chance, unsere Partnerschaft mit Entronca-mento voranzubringen“, betonte denn auch Friedbergs Erster Stadtrat Dirk Antkowiak bei der Auftaktveranstaltung in Berlin.

Im Unterschied zu der noch recht jungen Verbindung zwischen Friedberg und Entron-camento blicken Grevesmühlen und Laxa bereits auf eine langjährige Partnerschaft zurück. Seit 2005 pflegen die norddeutsche Kleinstadt und der kleine Ort in Südschweden einen intensiven Austausch. Während dabei bisher hauptsächlich kulturelle und soziale Themen im Fokus standen, sollen künftig auch die Themen Energie und Klimaschutz behandelt werden. „Eine nachhaltige Ener-gieversorgung geht schließlich alle etwas an, egal, ob in Deutschland oder Schweden“, begründete Lars Prahler, Bürgermeister von Grevesmühlen. n

Start des Pilotprojektes „Energiewende Twinning Towns“:

Städtepartnerschaften erweitern ZusammenarbeitIm Rahmen des Pilotprojektes „Energiewende Twinning Towns“ arbeiten

die Partnerstädte Friedberg in Hessen und Entroncamento in Portugal

sowie Grevesmühle in Mecklenburg-Vorpommern und Laxa in Schwe-

den zukünftig gemeinsam für die Energiewende auf kommunaler Ebene.

Unterstützt werden sie dabei von der Agentur für Erneuerbare Energien

(AEE) und der Humboldt-Viadrina Governance Platform (HVGP).

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Bei der Auftaktveranstaltung des Pilotprojektes „Energiewende Twin-ning Towns“ im Juni 2017 im Auswärti-gen Amt in Berlin stellten Städte ihre Projekte gegen den Klimawandel vor

Ein Beitrag von

Barbara Baltsch

Zur Autorin:

Barbara Baltsch ist Redakteurin der Zeitschrift „Europa kommunal“.

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E N E R G I E U N I O N U N D K O M M U N E N

Effektive und dauerhafte Energieeinspa-rungen in Kommunen erfordern viel fach-liches Hintergrundwissen und eine fachge-rechte Planung. Einfacher ist es, sich über die Erfahrungen fachlich auszutauschen. Diesem Ziel dient das von der Europäischen Union geförderte Projekt „CLIMATIC TOWN – Energiestadterneuerung“ der Sächsischen Energieagentur – SAENA GmbH und des Marschallamtes der Woiwodschaft Niederschlesien, das als Leuchtturmprojekt des EU-Kooperationsprogramms Inter-reg Polen-Sachsen 2014-2020 ins Leben gerufen wurde. Bei dem Projekt wird unter anderem ein grenzübergreifendes Informa-tions-, Schulungs- und Beratungsnetzwerk gebildet, um einen Erfahrungsaustausch zwischen sächsischen und niederschle-sischen Kommunen einzuleiten. Als High-light für die teilnehmenden Bürgermeister wird im Mai 2018 eine Studienreise zu besonders interessanten energieeffizien-ten Projekten des polnischen Partners organisiert.

Gestartet wurde das Projekt mit einer Eröffnungskonferenz im Rahmen der neunten Jahrestagung „Kommunaler Energie-Dialog Sachsen“ am 7. November 2016 im Deut-schen Hygienemuseum in Dresden. Nach der Begrüßung durch die Vize-Marschallin der Woiwodschaft Niederschlesien, Iwona Krawczyk, wurde das EU-Projekt ausführlich vorgestellt sowie gute Beispiele aus der Pro-jektregion gezeigt.

Zur Schaffung des grenzübergreifenden Informations-, Schulungs- und Beratungs-netzwerks wurden seitdem bereits mehrere Schulungen organisiert. So fand am 25. April 2017 im Technologie- und Gründerzen-trum Bautzen eine Schulung zum Thema „Ansätze zur Steigerung der Energieeffizienz kommunaler Objekte“ statt. Neben Bürger-meistern auch Vertreterinnen und Vertreter aus Kommunen und Unternehmen aus den Landkreisen Bautzen und Görlitz teil. Beson-ders erfreulich war die Beteiligung mehrerer polnischer Gäste aus der Partnerregion Niederschlesien.

Am 18. Mai 2017 konnten Vertreterinnen und Vertreter der polnischen Kommunen an einer ähnlich strukturierten Schulung in Jelenia Góra teilnehmen. Die Schulungs-reihe wurde im September 2017 mit einer Veranstaltung in Zgorzelec fortgesetzt.

Das Interreg-Projekt „CLIMATIC TOWN – Energiestadterneuerung“:

Kooperation von Kommunen in Sachsen und NiederschlesienIm Oktober 2016 wurde das EU-Projekt „CLIMATIC TOWN – Energie-

stadterneuerung“ der Sächsischen Energieagentur – SAENA GmbH

und des Marschallamtes der Woiwodschaft Niederschlesien gestar-

tet. Durch einen grenzüberschreitenden Erfahrungsaustausch zur

Energie effizienz und den Austausch guter Praktiken sollen Kommu-

nen in Sachsen und Niederschlesien bei der Implementierung energie-

sparender Maßnahmen unterstützt werden.

Ein Beitrag von

Martina Jiroutová

Zur Autorin:

Martina Jiroutová ist Projektmanagerin des EU-Projektes „CLIMATIC TOWN – Energiestadterneuerung“ bei der Sächsischen Energie-agentur – SAENA GmbH.

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och Das Interreg-Projekt zur

Energiestadterneuerung wurde bei der Eröffnungs-konferenz im November 2016 in Dresden vorgestellt

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E N E R G I E U N I O N U N D K O M M U N E N

Weitere Schulungsveranstaltungen werden folgen.

Ein Ziel des Projektes ist es, die Motiva-tion der Kommunen zum Einleiten neuer Energieeffizienzmaßnahmen zu steigern. Um dies zu erreichen und die Kommunen im Projektgebiet über ihre Möglichkeiten zu informieren, wird eine Sammlung guter Bei-spiele (Best Practice Guide) mit erfolgreich umgesetzten Projekten von beiden Seiten der Grenze herausgegeben. Im Frühjahr 2018 wird diese Ausgabe für alle Interessierten zur Verfügung stehen. Kommunen, die ein inno-vatives, besonders energiesparendes Projekt umgesetzt haben, können die SAENA gerne über ihre Maßnahmen informieren.

Ideenwettbewerb „CLIMATIC TOWN“

Zusätzlich zu den Schulungen und Veran-staltungen sind Kommunen zur Teilnahme an einem Ideenwettbewerb aufgerufen. Bis zum 30. Oktober 2017 können sich Gemein-den, Städte und Landkreise sowie kom-munale Eigen- und Regiebetriebe aus dem Fördergebiet Landkreis Bautzen und Görlitz mit Projektideen zur Steigerung der kommu-nalen Energieeffi zienz bewerben. Gesucht werden Projekte zur Sanierung kommunaler Objekte, die zu einer Minderung der Kohlen-dioxid-Emissionen und einer Steigerung der Energieeffizienz führen. Aus den eingerei-chten Projektideen werden mindestens drei Projekte ausgewählt und mit insgesamt rund 150.000 Euro zweckgebunden bei konzeptio-nellen Untersuchungen unterstützt.

Interreg Polen-Sachsen 2014-2020

Das auf zwei Jahre angelegte EU-Projekt „CLIMATIC TOWN – Energiestadterneuerung“ wird im Rahmen des Kooperationspro-gramms Interreg Polen-Sachsen 2014-2020 durchgeführt und zu 85 Prozent durch den Europäischen Fonds für regionale Entwick-lung (EFRE) gefördert. Das Kooperations-

programm verbindet die deutsch-polnische Grenzregion und fördert effektive Zusam-menarbeit beider Länder. Auf der deutschen Seite der Grenze wird das Programm in den Landkreisen Bautzen und Görlitz umgesetzt. Polnische Teilnehmer sind die Landkreise Bolesławiecki, Jaworski, Jeleniogórski, Kamien nogórski, Lubański, Lwówecki, Zgor-zelecki, Złotoryjski und die kreisfreie Stadt Jelenia Góra sowie der Landkreis Żarski in der Woiwodschaft Lubuskie (Lebuser Land).

Unter dem Programmziel „Vertiefung der Zusammenarbeit zur Überwindung von Ent-wicklungsbarrieren im polnisch-sächsischen Grenzraum“ unterstützt das Kooperations-programm die Teilnehmenden mit rund 70 Millionen Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung. Für die Umsetzung des genannten Programmziels gibt es vier Prioritätsachsen: „Gemeinsames Natur- und Kulturerbe“, „Regionale Mobili-tät“, „Grenz übergreifende Aus- und Weiter-bildung“ sowie „Partnerschaftliche Zusam-menarbeit und institutionelles Potenzial“.

Ausgewählte und genehmigte Projekte können dabei mit einer finanziellen Unter-stützung von 85 Prozent der anerkannten Projektkosten rechnen. Der letzte Aufruf in diesem Jahr startet zwischen dem 2. Oktober und dem 30. November 2017 und richtet sich an die Prioritätsachse „Gemeinsames Natur- und Kulturerbe“. n

EU-Projekt „CLIMATIC TOWN – Energiestadterneuerung“: http://www.saena.de/projekte/eu-projekt-climatic-town.

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Ideenwettbewerb „CLIMATIC TOWN“: http://www.saena.de/projekte/ideenwettbewerb.html

Kooperationsprogramm Interreg Polen-Sachsen 2014-2020: https://de.plsn.eu/

Infos

Bereits bei der Eröffnungskonferenz hatten die deutschen und polnischen Kommunalvertreterinnen und Kommunalvertreter viel Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch

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Sächsische Energieagentur – SAENA GmbHMartina JiroutováPirnaische Str. 901069 DresdenTelefon: 0351 / 4910-3187Telefax: 0351 / 4910-3155E-Mail: [email protected]

Kontakt

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F O R U M E U R O P A

Die günstigen Winde bestehen in der positiven Wirtschaftsentwicklung der EU. Die EU, so Juncker, befindet sich im fünften Jahr eines Wirtschaftsaufschwungs, „der endlich in jedem Mitgliedstaat ankommt“. Damit verbunden ist eine Arbeitslosen-rate, die so niedrig ist wie seit neun Jahren nicht mehr. Ganz unbescheiden weist der Kommissionspräsident darauf hin, dass die Europäische Kommission an dieser günstigen Entwicklung durchaus einen Anteil hat. Mit ihrer Investitionsoffensive hat sie, so seine Bilanz, Investitionen im Wert von 225 Milliarden Euro freigesetzt und Darlehen an mehr als 445.000 kleine und mittlere Unternehmen für mehr als 270 Infrastruktur-Projekte vergeben. Zur Erfolgsliste der Europäischen Kommission gehört auch, dass die europäischen Banken dank „ihrer entschlossenen Maßnahmen nun wieder über die nötige Kapitalstärke verfügen, um Kredite an Unternehmen zu vergeben, so dass diese wachsen und Arbeitsplätze schaffen können“.

Die Darstellung der positiven Entwicklung in der EU und der Anteil der Europäischen Kommission an dieser Entwicklung ist aber nur die Einleitung zu dem, worum es Juncker in seiner Rede geht. Nämlich darum, den günstigen Wind für die Weiterentwicklung der EU zu nutzen. Juncker hatte ja schon bei

der Vorlage des Weißbuchs zur Zukunft Europas am 1. März 2017 angekündigt, in seiner Rede zur Lage der EU im September 2017 neben den fünf im Weißbuch genannten Szenarien ein sechstes Szenarium – sein Szenarium – vorzulegen. Dieses Versprechen wurde jetzt eingelöst. Juncker entfaltet sein Szenario zur Zukunft der Union unter der Überschrift „Segel setzen“. Es ist ein Gebilde aus mehreren Haupt- und Beisegeln. Die Hauptsegel bilden die Kapitel „Eine Union der Werte“, „Eine mehr geeinte Union“, „Eine stärkere Union“ und „Eine demokratischere Union“.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zur Lage der Union:

Sonnenschein und günstige WindeAm 13. September 2017 war es wieder soweit. Der Präsident der Euro-

päischen Kommission, Jean-Claude Juncker, präsentierte im Euro-

päischen Parlament seine Sicht über den Zustand der Europäischen

Union. Dabei griff er verstärkt auf Metaphern aus der Meteorologie

zurück, mit deren Hilfe er das Bild einer vorteilhaften Wetterlage

zeichnete. Seine Rede begann mit der Feststellung günstiger Winde

in den Segeln der EU und endete mit der Mahnung, den anhaltenden

Sonnenschein zu nutzen, um die nötigen Reparaturarbeiten am Dach

der EU zu Ende zu bringen.

Ein Beitrag von

Walter Leitermann

Zum Autor:

Walter Leitermann ist stell-vertretender Generalsekretär der Deutschen Sektion des Rates der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE).

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EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker prä-sentierte seine Vision für die Zukunft Europas

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F O R U M E U R O P A

Eine Union der Werte

Bei der Union der Werte geht es um die drei Grundprinzipien Freiheit, Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit. An dieser Stelle dürfen sich insbesondere die EU-Mitgliedstaaten Polen und Ungarn angesprochen fühlen, auch wenn Juncker sie nicht erwähnt. So etwa, wenn er zum Thema Rechtsstaatlichkeit von einer unabhängigen Justiz und von der Akzep-tanz und dem Respekt von rechtskräftigen Urteilen spricht. Der Beitrittsaspirant Türkei ist wohl gemeint, wenn Juncker unter dem Stichwort „Freiheit“ das Recht der Bürger und der Journalisten betont, ihre eigene Meinung zu sagen. Zur Türkei findet Juncker in seiner Rede zur Lage der Union ohnehin deutliche Worte. Eine Mitgliedschaft in der EU ist für ihn auf absehbare Zukunft ausgeschlossen, da sich die Türkei „mit Riesenschritten von der Europäischen Union“ entfernt.

Eine mehr geeinte Union

Eine weitere Integration der EU will Juncker mit einer Reihe von praktischen Maßnah-men erreichen. Dazu zählen die Öffnung des Schengen-Raums für Rumänien und Bulgarien sowie für Kroatien, die Einfüh-rung des Euro in allen EU-Mitgliedstaaten, die Ermutigung an alle Mitgliedstaaten, der Bankenunion beizutreten, eine Erweiterungs-strategie für die westlichen Balkanstaaten und die Beendigung der sozialen Fragmen-tierung in der EU durch die Umsetzung einer Europäischen Säule sozialer Rechte, in der zwar die nationalen Sozialsysteme eigen-ständig bleiben, aber die Sozialstandards

angeglichen werden. Dafür, dass Juncker hier von seiner Vorstellung für die zukünftige EU (6. Szenario) spricht, klingt dies doch eher sehr technisch, fast wie ein Auszug aus dem Jahresarbeitsprogramm der EU. Und in der Tat: Für Juncker geht es nicht um den großen Wurf, nicht um neue Verträge und neue Insti-tutionen und auch nicht um ein Plädoyer für künftige Vertragsänderungen. „Ich bin an institutionellen Reformen nur interessiert, wenn sie zu mehr Effizienz in der Union füh-ren“, so Juncker.

Eine stärkere Union

Was damit gemeint sein könnte, wird an der Stelle seiner Rede deutlich, an der es um die institutionelle Stärkung der Union geht. Hier plädiert Juncker für eine Ausweitung der Möglichkeit, Entscheidungen im Rat mit qualifizierter Mehrheit zu treffen. Das ist seiner Ansicht nach ohne Vertragsänderung mit den sogenannten Brückenklauseln des bestehenden Vertragswerkes realisierbar. Zu einer stärkeren Union gehört für Juncker auch eine handlungsfähigere Wirtschafts- und Währungsunion, indem der Europäische Stabilitätsmechanismus zu einem Europä-ischen Währungsfonds ausgebaut und ein europäischer Wirtschafts- und Finanzminister eingesetzt wird, ohne aber ein neues Amt zu schaffen, denn diese Funktion sieht Juncker beim zuständigen Wirtschafts- und Finanz-kommissar angesiedelt, der zusätzlich die Funktion des heutigen Eurogruppenchefs übernimmt.

Ineffizient sind für Juncker wohl auch For-derungen nach einem separaten Euro-Haus-

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Mit Interesse verfolgten die Abgeordneten im Europäischen Parlament in Straßburg die Rede von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zur Lage der Union

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halt und einem gesonderten Euro-Parlament, denn beides lehnt er ab. Neben solchen eher institutionellen Aspekten einer stärkeren Union nennt das Junkersche Szenario für die Zukunft der Union aber auch einige Politik-felder, in denen die EU stärker in Erscheinung treten muss. Dazu zählen eine Europäische Verteidigungsunion, die gemeinsame Terror-bekämpfung und die europäische Außenpoli-tik (mehr Gewicht auf der Weltbühne).

Jean-Claude Juncker hat im Juli 2014 am Beginn seines Mandats bei der Vorstellung der „Politischen Leitlinien“ für die von ihm geführte Kommission die Maxime ausgege-ben, in großen Fragen Größe und Ehrgeiz zu zeigen und sich in kleinen Fragen durch Zurückhaltung und Bescheidenheit auszu-zeichnen. Diese Formel findet sich in der Rede zur Lage der Union im Jahre 2017 wieder. Mit ihr leitet Juncker einen Absatz seiner Rede ein, in dem es um Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit geht. Juncker ver-spricht, noch im September 2017 eine Task Force Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit einzusetzen, der Mitglieder des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente angehören sollen. Eine stärkere Beachtung von Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit sind im Verständnis von Juncker ein Element zu einer stärkeren Union – schade, dass ihm dabei etwas naheliegendes, nämlich die Beteiligung der Kommunen an der ein-zusetzenden Task Force offensichtlich nicht in den Sinn kommt. Wenn das Bemühen um Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit beim Europäischen Parlament anfängt und auf der Ebene der nationalen Parlamente aufhört, wird ein guter Ansatz nicht konsequent zu Ende gedacht.

Eine demokratischere Union

Zu guter Letzt beinhaltet das sechste Szenario Junckers auch noch Vorschläge für eine demokratischere Union. Der Kom-missionspräsident schlägt vor, die Praxis aus den letzten Wahlen zum Europäischen Parlament, nämlich mit Spitzenkandidaten für den Kommissionspräsidenten anzutreten, beizubehalten. Außerdem plädiert er für europaweite transnationale Listen für die Wahlen zum Europäischen Parlament. Bisher, so Juncker, waren Europawahlkämpfe nicht mehr als die Summe nationaler Kampagnen. „Die europäische Demokratie hat etwas Bes-seres verdient“, so Juncker. Und schließlich ist für Juncker auch die Zusammenlegung des Amtes des Präsidenten der Kommission und des Europäischen Rates ein Aspekt einer

demokratischeren Union, denn Demokratie bedeutet auch mehr Effizienz.

Juncker bezeichnete in seiner Rede vor dem Europäischen Parlament das sechste Szenario als sein persönliches Szenario, das auf jahrzehntelangen persönlichen Erfah-rungen beruhe. Vor diesem Hintergrund über-rascht dann doch, wie sehr die Vorschläge im Technokratisch-Institutionellen verhaftet bleiben. Eine Vision, die die Bürgerinnen und Bürger mitnimmt, sind sie eher nicht. Mutig sind die Vorschläge aber allemal, denn – wie erste Reaktionen auf die Rede auch schon gezeigt haben – legt sich Juncker mit einigen Akteuren auf der Ebene der Europäischen Union an.

Juncker zitiert in seiner Rede zur Lage der Union Mark Twain mit folgendem Satz: „Jahre später werden wir mehr enttäuscht sein von den Dingen, die wir nicht getan haben, als von den Dingen, die wir getan haben.“ Viel-leicht ist dies der Schlüssel zum Verständnis seines Szenarios, das auf beherztes Handeln angelegt ist. n

Rede von Jean-Claude Juncker zur Lage der Union vom 13. September 2017:

http://europa.eu/rapid/press-release_SPEECH-17-3165_de.htm

Broschüre zur Rede zur Lage der Union: https://ec.europa.eu/commission/sites/beta-

political/files/state-union-2017-brochure_de.pdf

Video der Rede zur Lage der Union: https://ec.europa.eu/commission/state-

union-2017_de#video-der-rede

Weißbuch der Europäischen Kommission zur Zukunft Europas vom 1. März 2017:

https://ec.europa.eu/commission/sites/beta-political/files/weissbuch_zur_zukunft_euro-pas_de.pdf

Infos

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Auch die Mitglieder der Juncker-Kommission – darunter der deutsche EU-Finanzkommissar Günther Oettinger (links) – waren ins Europäische Parlament nach Straßburg gekommen

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F O R U M E U R O P A

Im politischen Nachbeben der Entschei-dung der Britinnen und Briten zum Austritt aus der Europäischen Union (EU) und einer Welle nationalistischer Tendenzen in anderen Mitgliedstaaten, ist auch innerhalb der EU-Institutionen ein Diskussionsprozess über die Zukunft der Union angestoßen worden. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat bereits im März 2017 ein Weißbuch zur Zukunft Europas vorgelegt, in dem er in fünf verschiedenen Szenarien die möglichen Ent-wicklungspfade der Mitgliedstaaten aufzeigt.

Schrumpfender Haushalt

Das am 28. Juni 2017 von Haushalts-kommissar Günther Oettinger und Regio-nalkommissarin Corina Crețu vorgelegte

Reflexionspapier über die Zukunft der EU-Finanzen reiht sich nicht nur in diesen Prozess ein, sondern auch in die laufende Diskussion um die zukünftige Ausgestaltung der europäischen Strukturpolitik. Bleibt mit dem Austritt Großbritanniens aus der Union finanziell grundsätzlich alles beim Alten, so wird das EU-Budget deutlich kleiner ausfal-len. Die Konsequenz daraus sind notwendige Einschnitte insbesondere im Bereich der EU-Fördermittel. Dies ergibt sich nicht nur

rein rechnerisch, sondern auch aus der Tat-sache, dass die EU-Mitgliedstaaten in ande-ren Bereichen vermehrt auf europäischer Ebene tätig werden möchten, so etwa im Verteidigungsbereich.

Zudem hat der mögliche EU-Austritt Großbritanniens auch einen statistischen Effekt zur Folge. Da sich die Förderregionen derzeit nach dem jeweiligen Bruttoinlands-produkt (BIP) richten und der europäische BIP-Durchschnitt mit dem Austritt der Briten deutlich sinken wird, werden einige bisherige Übergangsregionen sehr wahrscheinlich als entwickelte Regionen aufrücken. In Deutsch-land würde dies etwa Teile Sachsens und

Reflexionspapier über die Zukunft der EU-Finanzen:

Mit weniger Mitteln mehr finanzierenDie Europäische Kommission hat sich in diesem Jahr in fünf Reflexions-

papieren der Zukunft der Europäischen Union gewidmet. Die fünf

Papiere, die das Weißbuch zur Zukunft Europas begleiten, gehen auf

die zukünftige Entwicklung der Union vor dem Hintergrund der Glo-

balisierung, der wachsenden sozialen Herausforderungen, dem Wan-

del in der Verteidigungspolitik, der Vertiefung der Wirtschafts- und

Währungsunion sowie den notwendigen Veränderungen der EU-Finan-

zen ein. Dabei lässt das zuletzt vorgelegte Reflexionspapier über die

Zukunft der EU-Finanzen auch Schlüsse auf die zukünftige Ausgestal-

tung der europäischen Strukturpolitik zu.

Zur Autorin:

Friederike Pischnick ist Referentin im Europabüro des Deutschen Städtetages (DST).

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Der Deutsche Günther Oettinger ist seit Anfang 2017 in der Europäischen Kommission für den EU-Haushalt zuständig

Ein Beitrag von

Friederike Pischnick

31EUROPA kommunal 5/2017 31

F O R U M E U R O P A

Brandenburgs betreffen. Da die Zahlungen Großbritanniens zudem wegfallen, ergibt sich für den künftigen EU-Haushalt somit das Dilemma, mehr finanzieren zu müssen mit weniger Mitteln. Hier steht der EU-Haushalt rein praktisch gesehen – anders etwa als die Staatshaushalte seiner Mitgliedstaaten – vor erzwungenen Kürzungen, da den jährlichen Ausgaben im EU-Haushalt auch jährliche Einnahmen in derselben Höhe gegenüber-stehen müssen und somit keine Überdeh-nung erlaubt ist.

Zusammensetzung des EU-Haushalts

Um den Bürgerinnen und Bürgern zu ver-deutlichen, wie gering derzeit der Betrag ist, mit dem sie die Europäische Union finanziell unterhalten, wird im Reflexionspapier dieser Betrag mit einer Tasse Kaffee pro Tag ver-glichen. So trägt lediglich ein Euro von 100 ver-dienten Euros der europäischen Bürgerinnen und Bürger zur Finanzierung des EU-Haushalts bei, während im Schnitt 49 Euro an Steuern und Sozialabgaben im nationalen Staatshaus-halt verbleiben. Nur ein Prozent des gemein-samen Bruttonationaleinkommens (BNE) fließt somit in den EU-Haushalt.

Die Europäische Union bezieht die Mittel für ihren Haushalt über mehrere Wege. Grob gesprochen sind es zum einen der bereits erwähnte prozentuale Anteil am BNE der Mit-gliedstaaten, des Weiteren ein festgelegter Anteil an den Mehrwertsteuereinnahmen der Mitgliedstaaten und schließlich Einnahmen aus Zöllen, die Drittstaaten beim Import ihrer Waren an den Binnenmarktgrenzen entrichten. Zur Verbildlichung: Der Bundes-haushalt belief sich 2016 auf 317,4 Milliarden Euro, während die gesamten Verpflich-tungsermächtigungen, also die Ausgaben inklusive der finanziellen Zusagen etwa für mehrjährige Programme, für die gesamte Union im selben Jahr 154,74 Milliarden Euro umfassten. Lediglich fünf Prozent der gesam-ten EU-Mittel werden dabei für Personal und Verwaltung ausgegeben. Insgesamt beschäf-tigt die Europäische Union in ihren Institutio-nen rund 38.000 Beamtinnen und Beamte, das sind nicht einmal 15 Prozent der für das Land Nordrhein-Westfalen Beschäftigten.

Mehr Eigenmittel

So kommt denn auch die Forderung nach höheren Einnahmen etwa durch neue Formen von EU-Eigenmitteln durch die verantwort-lichen Kommissare nicht überraschend.

Eine Hochrangige Gruppe unter Vorsitz des ehemaligen EU-Kommissars Mario Monti hatte bereits Anfang des Jahres Empfeh-lungen für eine Reform der EU-Eigenmittel vorgelegt. Die Ideen des sogenannten Monti-Berichts werden im Reflexionspapier fast zur Gänze aufgenommen. Als Optionen für ein System der „Eigenmittel“ kann sich die Kom-mission eine Reform des Mehrwertsteuer-systems vorstellen. Zudem hält sie auch neue Einnahmequellen zur Unterstützung von wesentlichen politischen Maßnahmen für möglich. So wäre etwa eine gemeinsame Energie- und Umweltsteuer für Maßnah-men gegen den Klimawandel denkbar oder auch Einnahmen aus der Geld-Emission (Seignorage-Erträge), die zur Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion eingesetzt werden könnten.

Zunächst einmal sieht die Kommission mit dem EU-Austritt Großbritanniens aber die Abschaffung sämtlicher Rabatte vor. So erhalten derzeit neben Großbritannien auch Dänemark, die Niederlande, Schweden und Österreich ähnliche Rabatte auf ihre Beiträge. Aber auch Deutschland profitiert ebenso wie Schweden und die Niederlande von gerin-geren Mehrwertsteuerraten. Die Kommission argumentiert, dass die Rabatte nicht nur das Finanzierungssystem der Union komplexer und undurchsichtiger gemacht, sondern auch den Eindruck verstärkt habe, dass der Wert des EU-Haushalts für einen Mitgliedstaat am Saldo aus den geleisteten Beträgen und den empfangenen Mitteln gemessen werden könne.

Europäischer Mehrwert

In den letzten Jahren hatte das Bundes-ministerium für Finanzen die Debatte über den europäischen Mehrwert mitangeführt. Deutlich wird im Reflexionspapier jedoch, dass die Kommission den strikten Kosten-

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Haushaltskommissar Günter Oettinger (Mitte) und die für Regional-politik zuständige Kom-missarin Corina Crețu (rechts) stellten am 28. Juni 2017 in Brüssel das Reflexions papier über die Zukunft der EU-Finanzen vor

32EUROPA kommunal 5/2017 32

F O R U M E U R O P A

Nutzen-Ansatz, der einen rein ökonomischen Nutzen bei der Bewertung europäisch finan-zierter Projekte zugrunde legt, ablehnt. Viel-mehr sei der europäische Mehrwert zu ermit-teln durch die Erreichung der Ziele und Pflich-ten aus den EU-Verträgen sowie der notwen-digen Bereitstellung öffentlicher Güter von europäischer Dimension sowie zur Wahrung der Grundfreiheiten, des Binnenmarkts oder der Wirtschafts- und Währungsunion.

Zur Verbindung von europäischem Mehr-wert und Finanzierungsintensität schlägt die Kommission ein Ampelsystem vor. Je höher der EU-Mehrwert, desto höher die Finanzierungsrate der öffentlichen Güter mit Finanzierungsbedarf durch die EU. Als Krite-rien für den europäischen Mehrwert sollten nach Vorstellung der Kommission – neben der Erfüllung der ureigenen Pflichten aus den EU-Verträgen und der Bereitstellung öffentlicher Güter europäischer Dimension – vor allem die Größenvorteile, die Breitenwirkung, der Subsidiaritätsgedanke sowie die Vorteile der EU-Integration herangezogen werden. Die europäischen Werte wie Frieden, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sollten auch eine Rolle spielen.

In Letzterem findet sich dann auch eine Krux in der derzeitigen Debatte um die Zukunft der Kohäsions- und Strukturpolitik. Neben der Frage, ob die EU sich über die klassische Kohäsionspolitik hinaus auch wei-terhin der Strukturpolitik in den entwickelten Regionen widmen soll, wird auf politischer Ebene aktuell auch diskutiert, inwiefern es möglich ist, Kohäsionsgelder aus dem EU-Haushalt einzubehalten, wenn Mitglied-staaten sich nicht an rechtsstaatliche Grund-prinzipien halten. Prominenteste Beispiele sind die Entwicklung der Demokratie in Polen sowie die mangelnde Mitarbeit einiger EU-Staaten bei der gemeinsamen Europäischen Asylpolitik.

Zukunft der europäischen Strukturpolitik

Die Deutsche Sektion des Rates der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE) hat sich bereits zu Beginn der Debatte mit seinem Positionspapier „Kommunale Forderungen für die zukünftige Kohäsions politik der EU“ für eine Weiterführung und adäquate Ausstattung der zukünftigen Förderperiode ausgesprochen. Die europäische Struktur-politik muss eine angemessene finanzielle Ausstattung erhalten, um den Mehrwert der Europäischen Union vor Ort erfahrbar zu machen. Eine alternativlose Streichung von

Kohäsions- und Strukturfondsmitteln, wie sie in einigen Szenarien im Weißbuch der Kom-mission zur Zukunft Europas im März 2017 aufgezeichnet worden sind, käme einer tat-sächlichen Abkehr von der europäischen Idee im Sinne einer harmonischen Entwicklung der Union als Ganzes gleich.

Nicht zuletzt wären die deutschen Kommu-nen von einer Kürzung der Fördermittel für entwickelte Regionen besonders betroffen. Ihnen muss aber auch zukünftig eine Vor-reiterrolle bei der regionalen Entwicklung eingestanden werden, die ohne Fördermittel nicht zu erfüllen ist. Insbesondere vor dem Hintergrund bleibender Aufgaben wie dem fortschreitenden Klimawandel, aber auch neuer Herausforderungen wie dem durch die Digitalisierung bedingten strukturellen Wan-

del auf dem Arbeitsmarkt muss die Unterstüt-zung kommunaler Projekte in Deutschland gewährleistet bleiben. Dies wurde auch von den Bundesländern und der Bundesregierung in ihren Positionspapieren betont, auch wenn sich diese nicht auf eine gemeinsame Posi-tion einigen konnten.

Die Forderungen nach Reformen in der Strukturpolitik gab es bereits bei den Ver-handlungen über die jetzige Förderperiode.

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KRITERIEN:Ziele und Pfl ichten aus den EU-Verträgen – Öffentliche Güter von europäischer Dimension –

Größenvorteile – Breitenwirkung – Subsidiarität – Vorteile der EU-Integration –Europäische Werte: Frieden, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit

Öffentliche Güter mit

Finanzierungs-bedarf

Vollfi nanzierungdurch die EU

TeilweiseKofi nanzierung

durch die EU

Keine Kofi nanzierungdurch die EU

Finanzierungsintensitätauf EU-Ebene

EU-Mehrwert

sehr hoch

mittel bis

hoch

niedrig

Die Europäische Kommission will ihre Ausgaben zukünftig noch stärker als bisher am europäischen Mehrwert messen und schlägt dafür ein Ampel-system vor

Das Reflexionspapier über die Zukunft der EU-Finanzen war mit Spannung erwartet wor-den, zumal die Europäische Union bei der Aufstellung ihres künftigen Haushalts durch den Austritt Großbri-tanniens vor großen Heraus-forderungen stehtFo

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Reflexionspapiere der Europäischen Kommission:

Reflexionspapier zur sozialen Dimension Europas vom 26. April 2017: https://ec.europa.eu/commission/sites/beta-political/files/reflec-

tion-paper-social-dimension-europe_de.pdf

Reflexionspapier „Die Globalisierung meistern“ vom 10. Mai 2017: https://ec.europa.eu/commission/sites/beta-political/files/reflec-

tion-paper-globalisation_de.pdf

Reflexionspapier zur Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion vom 31. Mai 2017:

https://ec.europa.eu/commission/sites/beta-political/files/reflec-tion-paper-emu_de.pdf

Reflexionspapier über die Zukunft der europäischen Verteidigung vom 7. Juni 2017:

https://ec.europa.eu/commission/sites/beta-political/files/reflec-tion-paper-defence_de.pdf

Reflexionspapier über die Zukunft der EU-Finanzen vom 28. Juni 2017: https://ec.europa.eu/commission/sites/beta-political/files/reflec-

tion-paper-eu-finances_de.pdf

Weitere Links:

Weißbuch zur Zukunft Europas vom 1. März 2017: https://ec.europa.eu/commission/sites/beta-political/files/weiss-

buch_zur_zukunft_europas_de.pdf

Szenarien zu den EU-Finanzen im Überblick: https://ec.europa.eu/commission/sites/beta-political/files/future-

eu-finances-five-scenarios-factsheet_de.pdf

Fakten und Zahlen zu den EU-Finanzen im Überblick: https://ec.europa.eu/commission/sites/beta-political/files/future-

eu-finances-facts-and-figures-factsheet_de.pdf

Schlussbericht und Empfehlungen der Hochrangigen Gruppe „Eigenmittel“ zur Zukunft der EU-Finanzen von Dezember 2016 (Monti-Bericht):

http://ec.europa.eu/budget/mff/hlgor/library/reports-communica-tion/hlgor-report_20170104.pdf

Positionspapier „Kommunale Forderungen für die zukünftige Kohäsions-politik der EU“ der Deutschen Sektion des RGRE vom 27. April 2017:

http://www.rgre.de/fileadmin/redaktion/pdf/PoPa_RGRE_Zukunft_Kohaesion_gebilligt.pdf

Gemeinsame Stellungnahme der Bundesregierung und der Länder zur Kohäsionspolitik der EU nach 2020 vom 20. Juni 2017:

http://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/S-T/stellungnahme-bund-laneder-kohaesionspolitik.pdf?__blob=publicationFile&v=4

Entschließung des Europäischen Parlaments zu Bausteinen für die Kohäsionspolitik der EU in der Zeit nach 2020 vom 13. Juni 2017:

http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//NONSGML+TA+P8-TA-2017-0254+0+DOC+PDF+V0//DE

InfosAuch damals hatte man sich schon mit der Überlagerung von Gesetzen und der Messbar-keit von Projekten befasst. Durch den Brexit in seiner Dimension neu hinzugekommen sind allerdings der Verteilungskampf und auch die Frage, inwiefern die Kohäsionspoli-tik an makroökonomische Konditionalitäten geknüpft werden sollte. Weder zwischen Bund und Ländern, noch zwischen den Frak-tionen des Europäischen Parlaments, herrscht darüber bisher Einigkeit. Dies hat die knappe Entscheidung über die Entschließung zu Bausteinen für die Kohäsionspolitik der EU in der Zeit nach 2020 im Mai dieses Jahr im Europäischen Parlament gezeigt.

Ausblick

Haushaltskommissar Günther Oettinger hat sich für eine Vorlage des neuen Mehrjährigen Finanzrahmens für 2020 bis 2027 – sprich dem EU-Haushaltsplan – im Frühsommer 2018 stark gemacht. Eigentlich hätte dieser schon in diesem Jahr vorgelegt werden müs-sen. Aufgrund der Blockadehaltung Großbri-tanniens und der mit dem geplanten EU-Aus-tritt zusammenhängenden Verhandlungen über die EU-Mittel hat sich das Zeitfenster aber immer weiter nach hinten verschoben. Parallel dazu werden die ersten Vorlagen für die nächste Förderperiode der europäischen Kohäsions- und Strukturfonds ebenfalls erst im Frühjahr 2018 erwartet. Bisher zeichnen sich auch mit der Vorlage des siebten Kohä-sionsberichts, mit der im Herbst 2017 gerech-net wird, noch keine konkreten Hinweise auf die zukünftige Ausgestaltung ab.

Eine stärkere Konditionalität von EU-Kohä-sionsmitteln und Rechtsstaatlichkeit mag im Rahmen der Verträge juristisch möglich sein, politisch wäre dies allerdings ein großer Coup, müssen doch alle Mitgliedstaaten den Mehr-jährigen Finanzrahmen unisono beschließen. Aus verhandlungstheoretischer Sicht haben die sogenannten Nettozahler ein „Ass“ in der Hand: Sie können sich schlicht weigern, für die Lücke, die nach dem Brexit im Budget klaffen wird, aufzukommen. Andererseits dürften einige von ihnen auch noch einmal ihre Position überdenken müssen hinsicht-lich der Frage, ob sie nicht selbst in ande-ren wirtschaftspolitischen Bereichen, etwa bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen, ebenfalls von einer solchen Konditionalität betroffen wären. Sollten sich die EU-Mitgliedstaaten nicht einig werden, ist die Fortschreibung des Budgets ohne Anpas-sungen vorgesehen – ein Ergebnis mit dem keine Partei zufrieden sein dürfte. n

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Anlass für die Entwicklung von „LEGIS-LATIVITY – Das Spiel zur EU-Gesetzgebung“ war die jahrelange Erfahrung, die das

Europa Zentrum Baden-Württemberg in der EU-Fortbildung mit Partnern gemacht hatte: „Wie können die komplexen Prozesse der EU möglichst einfach, zeit- und kostensparend und ohne Langeweile vermittelt werden?“, hieß es aus vielen kommunalen Stellen, Schulen, Vereinen und Verbänden. Frontal-fortbildung galt und gilt vielen Verantwort-lichen als zu trocken und langweilig. Ausge-reifte große Rollenspiele kamen und kommen gut an, haben aber das Image, vorbereitungs-intensiv, zeitraubend und mit externen Exper-tinnen und Experten häufig zu kostspielig zu sein. Daher suchte man beim Europa Zentrum nach einer anderen Methode.

Durch Brüssel bewegen bis zur Gesetzesreife

Die Idee des neu entwickelten Spiels ist simpel: Auf einem Stadtplan von Brüssel, auf dem das Europaviertel der belgischen Hauptstadt abgebildet ist, müssen die Spielerinnen und Spieler sich als „Gesetzes-ideen“ bewegen. Sie starten in unmittel-barer Nähe des Parc du Cinquantenaire als Idee für eine Richtlinie oder Verordnung. Dann geht es weiter zu den Institutionen Europäische Kommission, Europäisches

Parlament und Europäischer Rat, wo die entsprechenden Mehrheiten erreicht werden müssen. Diese haben sich die Spielenden unterwegs zu erarbeiten – teils durch Lobby-arbeit, teils durch die Unterstützung von außerhalb, teils durch Geschick. Manchmal spielt auch das Glück eine Rolle oder man profitiert von einer geschmiedeten Allianz. Schafft man es nicht sofort, die notwendige Unterstützung zu organisieren, kommt es wie im wirklichen Verfahren zum Umweg über die Zweite Lesung oder sogar zum Vermittlungsausschuss. Skandale, Umwelt-katastrophen oder eine allzu reichhaltige Portion Fritten am berühmten Pommes-Stand am Place Jourdan können ebenfalls das Verfahren verzögern.

Das Brettspiel LEGISLATIVITY zur europäischen Gesetzgebung:

Spielerisch Europafähigkeit in den Kommunen stärkenDas gemeinnützige Europa Zentrum Baden-Württemberg – Institut und

Akademie für Europafragen hat das Brettspiel „LEGISLATIVITY – Das

Spiel zur EU-Gesetzgebung“ entwickelt und innerhalb von zwei Jah-

ren mit über 1.000 Personen getestet. Auch zahlreiche Auszubildende

baden-württembergischer Kommunen gehörten zu den Testgruppen.

Mit Hilfe des Sparkassenverbandes und des Ministeriums der Justiz

und für Europa in Baden-Württemberg konnte nun die „Home Edition“

produziert und veröffentlicht werden.

Ein Beitrag von

Florian Setzen

Zum Autor:

Florian Setzen ist Direktor des Europa Zentrums Baden-Württemberg in Stuttgart.

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Das Spiel LEGISLATIVITY wurde 2016 auch auf der baden-württembergischen Landesgartenschau in Öhringen im Pavillon des Hohenlohe-Kreises gespielt

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Spaßfaktoren garantiert

Die Testphase von 2015 bis Mitte 2017 hat gezeigt, dass auch bei Mitspielerinnen und -spielern ohne große EU-Kenntnisse der Spaß beim Spielen nicht zu kurz kommt. Das liegt auch daran, dass die Regeln des Würfelspiels es zulassen, dass man sich gegenseitig helfen oder blockieren kann. Auch kann beiderlei Absicht nach hinten losgehen: Gut gemeinte Hilfe kann sich als Bärendienst erweisen, böse Fallen als Sprungbretter für das eigene Vorhaben.

Dabei bewegt sich LEGISLATIVITY immer so nah an der Realität wie möglich: Ob es um gut organisierte Lobbyarbeit des Brüs-seler Büros der baden-württembergischen, bayerischen und sächsischen Kommunen geht, um den von einem Lobbyisten offe-rierten Gratisflug nach Singapur an den Assistenten eines Europaabgeordneten oder um die Wirkung einer bekannten Talkshow zum Thema der Gesetzesidee. Sieger ist am Ende derjenige, der die meisten Gesetzes-entwürfe durchgebracht hat und fertige EU-Gesetze vorzeigen kann. Die Spielregeln lassen es zu, vorher die maximale Spielzeit zu bestimmen. So kann das Spiel etwa in 45 oder aber auch in 60 oder 90 Minuten absolviert werden.

EU-Verbraucherschutz als roter Faden

Die Wahl von Richtlinien und Verordnungen aus dem Feld des Verbraucherschutzes für die Spielfiguren wurde bewusst vorgenom-men. Damit soll die „trockene Materie“ noch greifbarer werden. Schließlich, so die Spieleentwickler vom Europa Zentrum, kann jeder etwas mit Spielzeug, Schokolade, Ziga-retten, Badegewässern, Zugverspätungen oder Roaming-Gebühren anfangen. Und dass sich dann etwa die eine Spielerin eher für die Kosmetikverordnung, aber der andere Spieler eher für die Glühlampenverordnung interes-siert und mit ihr durch Brüssel „spazieren“ will, ist durchaus verständlich.

Es gibt auch die Momente, in denen LEGIS-LATIVITY die eine oder andere Träne produ-ziert oder andere Emotionen weckt. Dann ist das Spiel nah dran an „Mensch ärgere dich nicht!“. Dies geschieht etwa, wenn die Europäische Kommission mitten im Verfahren den Gesetzesvorschlag zurückzieht oder ein Mitspieler es vermag, die Zustimmungswerte des Konkurrenzgesetzes um 20 Prozent fallen zu lassen. Dennoch: Die in der Testphase umgestoßenen Getränke und zerrissenen Spielfeldteile können an einer Hand abge-zählt werden. Am Ende steht bei allen Spie-lerinnen und Spielern das Gemeinschafts-erlebnis, Spaß gehabt und etwas über die EU gelernt zu haben.

So war das Spiel für den Landkreis Hei-denheim ein gelungener Auftakt zu einer weiterführenden internen EU-Fortbildung der Auszubildenden. Auch im Schwarzwald-Baar-Kreis wurde getestet. Und im Landratsamt Heilbronn ist LEGISLATIVITY gewissermaßen schon fester Bestandteil, da das Spiel hier mit den Auszubildenden bereits im Jahres-rhythmus durchgeführt wird.

Auch nach Fertigstellung kann das Spiel noch „gebucht“ werden. Das Europa Zentrum Baden-Württemberg bietet interessierten Kommunen, die LEGISLATIVITY beim ersten Mal noch nicht alleine anleiten möchten, eine Durchführung an. n

Europa Zentrum Baden-Württemberg: http://europa-zentrum.de

Informationen zu „LEGISLATIVITY – Das Spiel zur EU-Gesetzgebung“:

http://www.europa-zentrum.de/legisla-tivity

Infos

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In „Legislativity“ wetteifern unterschied-liche Ideen darum, EU-Gesetz zu werden und die dafür notwendigen Mehrheiten in Kommis-sion, Ministerrat und Parlament zu erhalten

„LEGISLATIVITY – Das Spiel zur EU-Gesetzgebung“ ist geeignet für zwei bis acht Spielerinnen und Spieler ab 14 Jahren. Bei größeren Gruppen bietet sich das parallele Spielen an mehreren Tischen an. Die Spielanleitung ist selbsterklärend. Großes Vorwissen ist nicht notwendig. Das Europa Zentrum bietet über seine Internetseite (siehe Kasten „Infos“) weitere Hinweise zum Vergleich von Spiel und Rea-lität sowie zur Vertiefung der einzelnen Aspekte im Rahmen von weiterführenden Lernmodulen. LEGISLATIVITY kann seit Mitte Juli 2017 beim Europa Zentrum Baden-Württemberg oder der Landeszentrale für politische Bildung Baden- Württemberg zum Preis von 19,90 Euro bestellt werden.

Infos zum Spiel

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F O R U M P A R T N E R S C H A F T

Mit Hilfe des Programms „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ möchte die Euro-päische Kommission den allgemeinen Infor-mationsstand der Bürgerinnen und Bürger über die Geschichte und Vielfalt der Euro-päische Union verbessern und eine höhere demokratische Bürgerbeteiligung erreichen. Das Programm ist in zwei Förderbereiche untergliedert: der erste Förderbereich behan-delt das „Europäische Geschichtsbewusst-sein“, während der zweite Förderbereich sich dem „Demokratischen Engagement und der Bürgerbeteiligung“ widmet.

Rechtsgrundlage für das laufende Pro-gramm stellt die Verordnung zur Errichtung des Programms „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ 2014 bis 2020 dar, die der Rat der Europäischen Union am 14. April 2014 verabschiedete. Für jedes Jahr der Laufzeit des Bürgerschaftsprogramms beschließt die Europäische Kommission dann jeweils ein spezifisches Arbeitsprogramm, in dem sie unter anderem die Ziele des Programms für das entsprechende Jahr konkretisiert, die jeweiligen Schwerpunktthemen und die erwarteten Ergebnisse erläutert sowie einen Überblick über die Aufschlüsselung der Mittel gibt. Das Arbeitsprogramm für das Jahr 2018 liegt seit dem 3. August 2017 vor.

Europäisches Geschichtsbewusstsein

Die Förderung einer „gemeinsamen Kultur der Erinnerung“ sowie eines „gegenseitigen Verständnisses“ zwischen den Bürgerinnen und Bürgern in den unterschiedlichen EU-Mitgliedstaaten gehört zu den spezifischen Zielen des Förderbereiches „Europäisches Geschichtsbewusstsein“. In diesem Bereich stellt das Arbeitsprogramm jährlich histo-rische Schlüsselmomente und Jahrestage der jüngeren europäischen Geschichte heraus, die im Rahmen von Projekten oder Veranstal-

EU-Programm „Europa für Bürgerinnen und Bürger“:

Zusätzliche Schwerpunkte für das Jahr 2018Die Europäische Kommission hat das Arbeitsprogramm für die Umset-

zung des EU-Programms „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ für

2018 veröffentlicht. Gegenüber des diesjährigen Programms gibt es

neben kleineren Änderungen einige Ergänzungen bei den Programm-

prioritäten. So kann im Förderbereich „Europäisches Geschichts-

bewusstsein“ das Europäische Solidaritätskorps als neues Instrument

in Projekte einbezogen werden. Im Förderbereich „Demokratisches

Engagement und Bürgerbeteiligung“ werden die bereits bekannten

Schwerpunktthemen um das Europäische Jahr des kulturellen Erbes

2018 ergänzt.

Ein Beitrag von

Nina Sehovic

Zur Autorin:

Nina Sehovic ist wissen-schaftliche Mitarbeiterin bei der Deutschen Sektion des Rates der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE).

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Im Rahmen des EU-Programms „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ wer-den unter anderem Erinnerungsprojekte gefördert

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tungen aufgearbeitet werden sollen und eine herausragende Rolle für das gegenwärtige Miteinander in Europa spielen.

Als mögliche Gedenkanlässe für das kommende Jahr nennt die Europäische Kommission in ihrem Arbeitsprogramm für 2018 das „Ende des Ersten Weltkriegs“ beziehungsweise den „Aufstieg von Natio-nalstaaten und die verpasste Chance auf Zusammenarbeit und friedliches Miteinander in Europa (1918)“ sowie den „Beginn des Kal-ten Krieges (1948)“. Allgemeines Ziel dabei ist, nicht nur an die genannten Wendepunkte der Geschichte zu erinnern, sondern offene öffentliche Debatten anzustoßen, aus denen Lehren für die Gegenwart gezogen werden sollen.

Im Rahmen dieses Förderbereiches sollen sich Antragsteller zudem mit dem Thema „Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung in totalitären Regimen“ auseinandersetzen. Im Fokus stehen dabei die totalitären Regime des 20. Jahrhunderts und die menschen-rechtsverachtenden Konsequenzen ihrer irre-führenden Ideologien. Wichtig hierbei sei die Heraushebung der heutigen demokratischen Errungenschaften wie Rechtsstaatlichkeit und Bürgerfreiheit als unabdingbare und unantastbare Elemente jeder Demokratie. In ihren Projekten sollen Antragsteller explizit die „damalige Ausnutzung und Manipulation demokratischer Verfahren“ vor allem durch Propaganda veranschaulichen und sich „mit dem Anklang, den Populismus heute findet“ befassen, um die Anfälligkeit der Bürger-rechte deutlich zu machen.

Ein weiterer Themenschwerpunkt im Förderbereich „Europäisches Geschichts-bewusstsein“ im Jahr 2018 ist der „Wandel zur Demokratie“ durch den „Beitritt zur Europäischen Union“. So soll in Projekten das Wechselspiel zwischen der jahrelangen, länderspezifischen Vorbereitung auf den EU-Beitritt einerseits und der damit verbundenen Förderung der Demokratisierung in den ehe-maligen Beitrittsländern andererseits zum Ausdruck gebracht werden. Insbesondere die Osterweiterung im Jahr 2004 und die Ver-tiefung der Europäischen Integration haben einen entscheidenen Beitrag zur dauer haften Überwindung der Teilung Europas geleistet und demokratische Standards wie Minderhei-tenschutz in den osteuropäischen Ländern gestärkt. Auch im Rahmen dieser spezifi-schen Priorität soll eine Diskussion darüber angestoßen werden, wie sich die Zukunft der Erweiterungspolitik gestalten sollte und welche Kooperationsformen mit EU-Nachbar-ländern möglich sind.

Für den Förderbereich „Europäisches Geschichtsbewusstsein“ steht im Jahr 2018 ein Budget von insgesamt 4,92 Millionen Euro bereit, das unter anderem von lokalen oder regionalen Behörden, Verbänden von Überlebenden sowie Jugend-, Bildungs-, Kultur- und Forschungseinrichtungen in Anspruch genommen werden kann. Die Euro-päische Kommission hebt in diesem Zusam-menhang Projekte hervor, die sich an Jugend-liche wenden, und gewährt diesen Vorrang.

Demokratisches Engagement und Bürgerbeteiligung

Im zweiten Förderbereich „Demokra-tisches Engagement und Bürgerbeteiligung“ werden für das Jahr 2018 insgesamt vier Schwerpunktthemen genannt: „Debatte über die Zukunft Europas und Überwindung der Europa skepsis“, „Förderung der Solidarität in Krisenzeiten“, „Förderung des interkulturellen Dialogs und des gegenseitigen Verständ-nisses und Bekämpfung der Stigmatisierung von Migranten und Minderheiten“ sowie „Europäisches Jahr des Kulturerbes 2018“.

Im Rahmen des ersten Schwerpunktthe-mas sollen sich Antragssteller in Projekten mit der Frage befassen, auf welche Art und Weise das allgemeine Zugehörigkeitsgefühl gegenüber Europa gestärkt werden kann, um somit der weit verbreiteten Europaskepsis entgegenzuwirken. Im Fokus stehen vor allem

die bisherigen Errungenschaften sowie das „Bewusstsein über den Nutzen der EU“, das insbesondere bei jungen Menschen geweckt werden soll. Die Europäische Kommission nennt hierbei das im März 2017 veröffentlichte Weißbuch zur Zukunft Europas als „Ausgangs-punkt“. Was die thematischen Erwartungen der Kommission bei dieser spezifischen Priori-tät angeht, so sollen diejenigen Projekte geför-dert werden, die „ein neues Bild von Europa beleuchten“ – ein Europa, das „bürgernah“, „zukunftsorientiert“ und „konstruktiv“ ist.

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Während der Europa-woche in Detmold suchten Grund-schülerinnen und Grundschüler in den Straßen nach euro-päischen Spuren und markierten diese mit europäischen Sternen

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F O R U M P A R T N E R S C H A F T

EU-Programm „Europa für Bürgerinnen und Bürger“: http://ec.europa.eu/citizenship/europe-for-citizens-pro-

gramme/index_de.htm

Verordnung des Rates vom 14. April 2014 über das EU-Programm „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ für den Zeitraum 2014-2020:

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32014R0390&qid=1505127513163&from=DE

Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für das EU-Programm „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ für 2018:

http://www.kontaktstelle-efbb.de/fileadmin/user_upload/3_antr%C3%A4ge_stellen/leitfaden-formulare/Arbeitspro-gramm_2018.pdf

Europäisches Solidaritätskorps: https://europa.eu/youth/SOLIdARity_de

Europäisches Jahr des kulturellen Erbes 2018: https://sharingheritage.de/

Kontaktstelle Deutschland „Europa für Bürgerinnen und Bürger“: http://www.kontaktstelle-efbb.de/

Infos

Die zweite spezifische Priorität im neuen Arbeitsprogramm bildet die Förderung der Solidarität als EU-Grundwert in Krisen-zeiten. Neben der Bedeutung der Solidarität als „gegenseitige Unterstützung in einer Gruppe“ sollen auch ihre „rechtlichen“ oder „politischen“ Grenzen aufzeigt werden. Das neue Europäische Solidaritätskorps findet in diesem Zusammenhang als „neues Instru-ment“ besondere Erwähnung.

Der dritte Themenschwerpunkt im Förder-bereich „Demokratisches Engagement und Bürgerbeteiligung“ widmet sich im nächsten Jahr der „Bekämpfung der Stigmatisierung von Migranten und Minderheiten“. Damit reagiert die Europäische Kommission auf aktuelle populistische Bewegungen in einzel-nen EU-Mitgliedstaaten, die in ihrem politi-schen Diskurs versuchen, die „Meinung der Öffentlichkeit zu polarisieren“. Vor diesem Hintergrund sollen im Jahr 2018 insbesondere Projekte gefördert werden, die einen Beitrag zum „gegenseitigen Verständnis zwischen EU-Bürgern und Migranten“ leisten möchten und die für Vielfalt und Toleranz werben.

Das Europäische Jahr des kulturellen Erbes 2018 bildet das vierte Schwerpunkt-thema und soll durch die Bündelung der gemeinsamen „Ideale, Prinzipien und Werte“, die im europäischen Kulturerbe zu finden sind, eine „gemeinsame Quelle der Identität“, ein Zugehörigkeitsgefühl und eine europäische Identität wecken.

Für den Förderbereich „Demokratisches Engagement und Bürgerbeteiligung“ stehen

im nächsten Jahr rund 18 Millionen Euro zur Verfügung. Antragsberechtigt sind Städte und Gemeinden beziehungsweise ihre Part-nerschaftsausschüsse, aber auch Verbände, Vereine oder gemeinnützige Organisatio-nen. Die Kontaktstelle Deutschland „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ bietet weitere Informationen und Hilfe zur Antragsstellung. n

Wie kann grenzübergreifende Partnerschaftsarbeit zwischen Städten und Gemeinden, Jugend- und Bildungseinrichtungen wiederbelebt, weiterentwickelt und nachhaltig gestaltet werden? Diese Frage steht im Mittelpunkt der Tagung „Kommunen sagen Ja zu Europa – Neue Impulse für Austausch, Begegnung, Vernet-zung“ am 8. November 2017 in der Stadt Wiesbaden.

Neben Informationen zu den EU-Programmen ERASMUS+ mit den Bereichen JUGEND IN AKTION, Berufliche Bildung und Erwachsenenbildung sowie dem Programm „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ stehen Best-Practice-Beispiele auf dem Programm, die in den verschiedenen Förderprogrammen erfolgreich durchgeführt worden sind und. Die Veranstaltung will außerdem über EU-Förderprogramme informieren, zur Ver-netzung zwischen verschiedenen kommunalen Fachbereichen beitragen sowie Kommunen zur strategischen Ausrichtung ihrer

europäischen Austausch-, Bildungs- und Begegnungsarbeit anregen.

Die Tagung richtet sich an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommunaler Verwaltungen aus den Fachbereichen Internatio-nales, Städtepartnerschaften sowie Jugendarbeit und Bildung. Veranstaltet wird sie von der Deutschen Sektion des Rates der Gemeinden und Regionen Europas, JUGEND für Europa – Natio-nale Agentur Erasmus+ JUGEND IN AKTION, der Nationalen Agen-tur Bildung für Europa beim Bundesinstitut für Berufsbildung, der Kontaktstelle Deutschland „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ und der Stadt Wiesbaden. Die Kosten für die Teilnahme liegen bei 25 Euro. Anmeldungen sind bis 13. Oktober 2017 möglich.

Tagung „Kommunen sagen Ja zu Europa“: http://www.rgre.de/termine.html

Tagung „Kommunen sagen Ja zu Europa“

Neue Impulse für Austausch, Begegnung und Vernetzung

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F O R U M P A R T N E R S C H A F T

Die Europäische Städtepartnerschafts-konferenz wurde im Rahmen des 60-jährigen Bestehens der Städtepartnerschaft zwischen Rostock und dem polnischen Szczecin veran-staltet. Bereits im Jahr 1957 und damit in der Zeit, in welcher die schrecklichen Ereignisse des Zweiten Weltkrieges, des Holocaust sowie der Vertreibung noch frisch in der Erin-nerung der Menschen präsent waren, hat die Stadt an der Warnow einen Partnerschafts-vertrag mit Szczecin an der Odermündung unterzeichnet. Mit ihrer Städtepartner-schaft können die beiden Städte mit Stolz auf die älteste deutsch-polnische Kommunalpart-nerschaft zurückblicken.

Die besondere, herausragende Stellung dieser ersten deutsch-polnischen Kommu-nalpartnerschaft zeigte sich auch an der Teilnehmerliste: Als Gastredner und Refe-renten der internationalen Konferenz konnte der Rostocker Oberbürgermeister Roland Methling unter anderem den polnischen Botschafter Prof. Andrzej Przyłębski, den mecklenburgischen Minister für Inneres und Europa, Lorenz Caffier, die beiden stell-vertretenden Stadtpräsidenten von Stettin und Danzig, Dr. Daniel Wacinkiewicz und Piotr Kowalczuk, sowie die beiden Sprecher des Deutsch-Polnischen Ausschusses im Rat der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE), Stadtpräsident Piotr Głowski aus

Piła und Landrat Stefan Löwl aus Dachau, begrüßen.

In einer Podiumsdiskussion zum Thema „Städtepartnerschaften früher und heute – Bürgerengagement für friedliche und freund-schaftliche Zusammenarbeit ohne Vorurteile“ kamen die Verantwortlichen der Städte-partnerschaften von Berlin und Warschau, Rostock und Riga, Rostock und Bremen sowie Bremen und Danzig zu Wort. Anhand der vor-bildhaften, erfolgreichen Beispiele konnten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer überzeugen, dass die kommunalen Bezie-hungen sehr lebendig sind. Dabei wurde auch die Bedeutung der (kommunal-)politischen Beziehungen sowie der kulturellen und sport-lichen Aktivitäten bis hin zum Jugendaus-

Europäische Städtepartnerschaftskonferenz in Rostock:

Spannende Debatte über die Zukunft EuropasDie Zukunft Europas unter dem besonderen Blickwinkel deutsch-pol-

nischer Partnerschaften stand im Mittelpunkt einer Konferenz, zu der

die Stadt Rostock und das Institut für europäische Partnerschaften

und internationale Zusammenarbeit (IPZ) vom 7. bis 9. August 2017

in die Hansestadt eingeladen hatte. Rund 80 Vertreterinnen und Ver-

treter aus mehr als 40 deutschen, polnischen und lettischen Kommu-

nen, Vereinen und Institutionen nahmen an der Konferenz teil, um ihre

Erfahrungen auszutauschen und über die zukünftige Gestaltung der

grenzüberschreitenden Partnerschaften zu diskutieren.

Ein Beitrag von

Stefan Löwl

Zum Autor:

Stefan Löwl ist Landrat des Landkreises Dachau und Vorsitzender des Deutsch-Polnischen Ausschusses im Rat der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE).

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u Rund 80 Kommunalver-treterinnen und -vertreter aus Deutschland, Polen und Lettland waren zur Städtepartnerschafts-konferenz nach Rostock gereist

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F O R U M P A R T N E R S C H A F T

Europäische Städtepart-nerschaftskonferenz in Rostock:

http://www.rostock-international.de/rostock/europaeische-partner-schaftskonferenz/

Städtepartnerschaften von Rostock und Szczecin:

http://www.rostock-inter-national.de/staedtepartner-schaften/stettin

Internetportal Rostock International:

http://www.rostock-international.de/

Infos

tausch skizziert. Diese Beziehungen können und sollen auch als Baustein für eine nach-haltige Kooperation der deutschen und pol-nischen Zivilgesellschaften insgesamt wirken.

Die Konferenz hat darüber hinaus deutlich gezeigt, dass die polnischen Kommunalpoliti-kerinnen und -politiker den europakritischen Kurs der Zentralregierung in Warschau mit Skepsis sehen. Während Botschafter Prof. Andrzej Przyłębski in seinem Vortrag „Heraus-forderungen in der polnischen Innen- und Außenpolitik vor dem Hintergrund aktueller europäischer Politik und Kooperation“ auf Kon-frontation mit der Opposition ging und diese sogar als Kriminelle bezeichnete, erinnerte der stellvertretende Stadtpräsident von Danzig, Piotr Kowalczuk, an die europäischen Werte und die Solidarität, welche auch für Polen fundamental seien. Damit wurde klar, dass die Städtepartnerschaften unabhängig von Ent-wicklungen und Differenzen auf der zwischen-staatlichen Ebene oder vor dem innenpoliti-schen Hintergrund funktionieren können und müssen. Dies wurde in der Diskussion auch durch eine kommunale Solidaritätsadresse mit ukrainischen und – aktuell – türkischen Kommunen und den dortigen Entwicklungen deutlich. Die Partnerschaftsbeauftragte aus Bremen verdeutlichte hier die Bedeutung der kommunalen Kontakte zwischen den zivil-gesellschaftlichen Gruppen im Rahmen der Partnerschaft zwischen Bremen und Izmir.

Für ein Europa der Kommunen

In einem Plädoyer für ein „Europa der Kom-munen“ hob der Landrat aus dem Landkreis Dachau, Stefan Löwl, die Notwendigkeit der Vernetzung von Partnerschaftskommunen hervor. Im europäischen RGRE-Dachverband „Council of European Municipalities and Regions“ (CEMR) sind mehr als 130.000 Kom-munen über die verschiedenen kommunalen Spitzen- und Dachverbände verbunden, davon sind 57 nationale Kommunalverbände aus 42 europäischen Staaten Mitglied. Allein die Deutsche Sektion des RGRE umfasst mehr als 800 Städte, Landkreise und Gemeinden und hat neben dem Deutsch-Polnischen Ausschuss auch noch einen Deutsch-Französischen Aus-schuss sowie einen Fachausschuss für kom-munale Entwicklungszusammenarbeit.

Der internationale Kommunalaustausch ist mehr als die Vorstellung von „best pratice“-Beispielen. Gerade innerhalb der Europä-ischen Union sind viele Herausforderungen der Kommunen vergleichbar, ebenso wie mögliche Lösungsansätze und regulatorische Rahmenbedingungen. Die eigenständige

Bewältigung von Herausforderungen wie dem demografischen Wandel, der Migration und Integration sowie der Jugendarbeits-losigkeit und dem Fachkräftemangel ist in einer vernetzten Welt und einem zusammen-gewachsenen Europa nicht mehr möglich. Gerade bei diesen existenziellen Fragen für die Bürgerinnen und Bürger kommt den Kommunen aber eine entscheidende Rolle zu. Sie sind zumeist der „Erstkontakt“ zu den Menschen vor Ort und müssen Maßnahmen sowie Programme im lokalen Umfeld umset-zen. Nach einem Europa des Friedens und der Freiheit sowie einem Europa der Wirtschaft und Währung ist es nun dringend an der Zeit, ein Europa der Kommunen und Bürger zu entwickeln. Der Ausschuss der Regionen reicht dafür allein nicht aus, da die deutschen Kommunen dort nicht ausreichend vertreten sind und kommunale Interessen immer noch durch die (Bundes-)Länder beziehungsweise Regionen vertreten werden müssen.

Zuversicht erzeugte bei den Teilnehmerin-nen und Teilnehmern die europaweite Bewe-gung „Pulse of Europe“. In dem Engagement vieler Menschen zeigt sich hier, dass der europäische Gedanke weiterhin mobilisiert und begeistern kann. Die konsequente Aus-richtung der Bewegung „für“ Europa ist eine wohltuende Kraft in der ansonsten häufig von negativen Grundaussagen dominierten öffentlichen Debatte.

Im Ergebnis der Städtepartnerschaftskon-ferenz wurde – natürlich für alle kommunalen Partnerschaften – deutlich, dass der partner-schaftliche Gedanke Menschen und Engage-ment braucht und heute mindestens ebenso wichtig ist wie bei der Begründung der Städtepartnerschaft zwischen Rostock und Szczecin im Jahr 1957. Diese Partnerschaften dürfen sich aber nicht in Ritualen erschöpfen oder nur auf Verwaltungsebene gelebt wer-den. Sie brauchen das bürgerschatliche Enga-gement und können die Menschen für den europäischen Gedanken begeistern. Aktuell gibt es erfreulicherweise über 590 Kontakte zwischen deutschen und polnischen Kommu-nen, darunter 439 formelle Partnerschaften. Diese weiterzuentwickeln, zu vernetzen und auch überregional sichtbar zu machen, ist Aufgabe solcher Konferenzen und wurde in Rostock eindrucksvoll erreicht.

Umrahmt wurde das Treffen von der Ausstel-lung „Rostock-Stettin“ des Architekturmalers Alexander Dettmar. Der Ernst-Barlach-Preis-träger zeigte unter anderem Häfen, Kirchen sowie Landschaften aus der Umgebung beider Städte, aber auch längst Verschwundenes, wie die 1938 zerstörte Rostocker Synagoge. n

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Landrat Stefan Löwl, der als Vorsit-zender des Deutsch-Polnischen Aus-schusses im RGRE an der Konferenz in der Hansestadt teilnahm, plädierte für ein Europa der Kommunen

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R G R E

Deutsch-Französischer Ausschuss im Rat der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE):

http://www.rgre.de/ausschuss_dfa.html

Deutsch-Französische Konferenz am 30. November und 1. Dezember 2017 in Köln:

http://www.rgre.de/termine.html

Infos

Die Vorbereitungen sind im vollen Gange: Am 30. November und 1. Dezember 2017 lädt der Deutsch-Französische Ausschuss im Rat der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE) zu einer Deutsch-Französischen Konferenz nach Köln ein. Zur Vorbereitung der Konferenz trafen sich die Ausschuss-mitglieder am 7. und 8. September 2017 in der saarländischen Gemeinde Nonnweiler zu ihrer diesjährigen Sommerakademie. In seiner Begrüßungsrede bedankte sich Aus-schusspräsident Reinhard Sommer bei Peter Best, Leiter der Europäischen Akademie Otzenhausen, wo die Sommer akademie stattfand.

Wie der Geschäftsführer des Deutsch-Französischen Ausschusses, Dr. Klaus Nutzenberger, berichtete, wird sich die

Deutsch-Französische Konferenz in Köln den aktuellen Themen der Migration und Integration in Deutschland und Frankreich sowie der Bedeutung der Römische Verträge für Deutschland und Frankreich insbeson-dere im Hinblick auf die Kommunen widmen. Unter den insgesamt 150 Gästen, die erwar-tet werden, seien neben Vertreterinnen und Vertretern deutscher und französischer Part-nerkommunen unter anderem auch Gäste aus dem Auswärtigen Amt, dem Deutsch-Franzö-sischen Jugendwerk und der Staatskanzlei des Saarlandes.

Am Rande der Sommerakademie trafen die Vorstandsmitglieder des Deutsch-Fran-zösischen Ausschusses im RGRE zudem mit Helene Orain vom Palais de la Porte Dorée in

Paris und Dr. Robert Fuchs vom Dokumenta-tionszentrum und Museum über die Migra-tion in Deutschland (DOMID) in Köln zusam-men. Beide Museen befassen sich mit der Migrationsgeschichte ihrer jeweiligen Länder und werden sich ebenfalls an der Gestaltung der Deutsch-Französischen Konferenz in der Domstadt beteiligen. Das Treffen mit den Museumsvertretern kam auf Initiative der saarländischen Staatskanzlei zustande. n

Sommerakademie des Deutsch-Französischen Ausschusses:

Ausblick auf bevorstehende Jahreskonferenz in Köln Der Deutsch-Französische Ausschuss im Rat der Gemeinden und

Regio nen Europas (RGRE) traf sich im September 2017 zu seiner jähr-

lichen Sommerakademie in der Europäischen Akademie Otzenhausen.

Im Mittelpunkt des Treffens stand die Vorbereitung der anstehenden

Deutsch-Französischen Konferenz zum Thema Migration und Integra-

tion in Deutschland und Frankreich.

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Die Mitglieder des Deutsch-Französischen Ausschusses unter Leitung ihres Präsidenten Reinhard Sommer (3. v. links) trafen sich im saarländischen Nonnweiler, wo sie vom Leiter der Europäischen Akademie Otzenhausen, Peter Best (Mitte), empfangen wurden

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R G R E

Europäische Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene:

http://www.rgre.de/fileadmin/redaktion/pdf/charta_gleichstellung/charte_egalite_de.pdf

Infos

Gleichstellung beginnt vor Ort. Kommunen können großen Einfluss auf das tägliche Leben der Bürgerinnen und Bürger nehmen, indem sie Gleichstellungsaspekte in den ver-schiedenen Politikfeldern systematisch mit-denken. Einen guten Rahmen für eine strate-gische Gleichstellungspolitik bietet dabei die

Europäische Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene des Europäischen Rates der Gemeinden und Regionen Europas „Council of European Municipalities and Regions“ (CEMR).

Mit der Unterzeichnung der Charta ver-pflichten sich die Kommunen gemeinsam mit Politik und Zivilgesellschaft einen Aktionsplan zur Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene zu erstellen. Indikatoren, die im Rahmen eines von der Europäischen Union geförderten Projektes vom CEMR und seinen Partnern entwickelt wurden, sollen den Unterzeichnerkommunen dabei helfen, die Umsetzung und Fortschritte der ergrif-fenen gleichstellungspolitischen Maßnahmen regelmäßig zu überprüfen. Die Deutsche Sek-tion des RGRE hatte das zweijährige Projekt zusammen mit einigen Unterzeichnerkommu-nen aktiv begleitet und unterstützt.

Während des zweitägigen Workshops der Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen (BAG) und der Deutschen Sektion des Rates der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE) in Berlin wurden zunächst generelle

Informationen zu Möglichkeiten der Anwen-dung dieser Indikatoren gegeben und die von BAG und RGRE neu erstellte Handreichung eines Indikatoren-Sets vorgestellt. Anschlie-ßend konnten die Teilnehmenden anhand des Indikatoren-Sets (aus)testen, wie im kon-kreten Fall die vom CEMR erarbeiteten Indika-toren eingesetzt werden können und bei der Erstellung von Aktionsplänen eine hilfreiche Unterstützung bieten. Das Indikatoren-Set wird in Kürze gedruckt erscheinen und allen Unterzeichnerkommunen in Papierform und digital zur Verfügung stehen.

Die zwei intensiven Tage haben gezeigt, dass der Austausch über die Erstellung von Aktionsplänen und die Europäische Charta generell wichtig und gewünscht ist, was dem Grundgedanken der Charta entspricht, auf europäischer Ebene voneinander zu lernen und die Gleichstellung auf kommunaler Ebene voranzutreiben. Der RGRE und die BAG werden die Umsetzung der Europä-ischen Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene wei-terhin begleiten. n

Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene:

Indikatoren zur Umsetzung der Europäischen ChartaDie Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleich-

stellungsstellen (BAG) und die Deutsche Sektion des Rates der

Gemeinden und Regionen Europas (RGRE) veranstalteten am 4. und

5. September 2017 einen Workshop zur Europäischen Charta für die

Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene. Inhaltlich

ging es um die Anwendung von Indikatoren, mit denen die Fortschritte

bei der Umsetzung der Charta in den Unterzeichnerkommunen gemes-

sen werden können.

[EUROPÄISCHE CHARTA

FÜR DIE GLEICHSTELLUNG

von Frauen und Männern

auf lokaler Ebene

[

43EUROPA kommunal 5/2017 43

P R O G R A M M E

In den Programmen der transnationalen Zusammenarbeit, besser bekannt unter der Abkürzung Interreg B, arbeiten viele deutsche Kommunen und Regionen zusam-men mit anderen Gebietskörperschaften, Forschungseinrichtungen, Unternehmen, Verbänden und Privaten aus europäischen Nachbarländern an Lösungen für die zen-tralen Herausforderungen der Stadt- und Regionalentwicklung. Das Themenspektrum reicht von der Innovationsförderung, Ideen für eine klimaneutrale Wirtschafts- und Lebensweise, eine umweltverträgliche Mobi-lität bis hin zur Anpassung an den Klima-wandel und neue Formen des Regierens und Verwaltungshandelns (Governance).

Interreg B als Kreativprogramm

In der Förderperiode von 2007 bis 2013 haben sich mehr als 900 deutsche Partner – darunter viele Gebietskörperschaften und andere öffentliche Akteure – an knapp 400 Projekten der transnationalen Zusammen-arbeit beteiligt. Die Bandbreite an Ergeb-nissen dieser europäischen Kooperationen ist beachtlich: Sie beschränken sich nicht auf Studien oder die Sammlung „guter Beispiele“, sondern umfassen auch Pilot-investitionen, Weiterbildungsangebote, die Gründung von Kompetenzzentren, Einrich-tungen für den Wissenstransfer oder den Aufbau gemeinsamer Institutionen.

Im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI)

sowie des Bundesamtes für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) sind Forscherinnen und Forscher des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu), dem Büro blue! GbR sowie der Universität St. Gallen der Frage nachge-gangen, was erfolgreiche Interreg-Projekte ausmacht. Dabei interessierte im Vorhaben

„Anwendung europäischer Modelllösungen in deutschen Regionen“ vor allem die Frage, ob die vielfältigen Ergebnisse von Interreg-Kooperationen ihren Weg in die Praxis der beteiligten Institutionen finden oder sogar von Dritten aufgegriffen werden.

Verstetigung und Kapitalisierung

Wie bei vielen Projekten geht es auch bei Interreg-Kooperationen um zielgerichtete, einmalige Vorhaben mit einem definierten Anfangs- und Endtermin. Daher stellt sich die Frage, wie es gelingen kann, die Projekt-ergebnisse in der eigenen Kommune oder Region nach Projektende zu verstetigen. Bei europäischen Projekten kommt noch ein weitergehender Anspruch hinzu. För-dergelder fließen nicht zuletzt deshalb, weil von den Projektkonsortien übertragbare

Transnationale Zusammenarbeit von Städten und Regionen:

Wie Interreg-Ergebnisse ihren Weg in die Praxis findenViele Kommunen arbeiten in Projekten mit Partnern aus anderen euro-

päischen Ländern zusammen, um von den vielfältigen Erfahrungen zu

lernen und gemeinsam neue Ideen für drängende Probleme der Stadt-

und Regionalentwicklung zu erproben. Im Rahmen einer Studie wurde

nun untersucht, wie aus zeitlich begrenzten Projekten dauerhafte

Lösungen werden können.

Ein Beitrag von Daniel

Zwicker-Schwarm

und Dr. Beate

Hollbach-Grömig

Zu den Autoren:

Daniel Zwicker-Schwarm ist Projektleiter im Institut für Systemisches Manage-ment und Public Governance (IMP-HSG) der Universität St. Gallen.

Dr. Beate Hollbach-Grömig ist Wissenschaftliche Mit-arbeiterin beim Deutschen Institut für Urbanistik (Difu).

44EUROPA kommunal 5/2017 44

P R O G R A M M E

Lösungen mit Modellcharakter entwickelt werden sollen. Es geht also darum, dass „europäische Modelllösungen“ auch von anderen Städten und Regionen aufgegriffen werden.

Die Forscherinnen und Forscher haben für ihre Studie über ein Dutzend Projekte identifiziert und genauer unter die Lupe genommen. Im Mittelpunkt standen dabei Interreg-Kooperationen in den Themenfeldern Umwelt- und Ressourcenschutz, nachhaltige Mobilität, blaues Wachstum, Klima und Ener-gie sowie Daseinsvorsorge.

Ergebnistransfer von Anfang an mitdenken

Mit den Fallstudien konnten eine Reihe von Faktoren herausgearbeitet werden, die dazu beitragen, dass in Interreg-Projekten modellhafte Lösungen erarbeitet werden können, die auch in der Praxis ankommen. Dabei wurde deutlich, dass alle Projekt-phasen wichtig sind: Schon zu Projektbe-ginn werden wichtige Weichen gestellt. Die Zusammensetzung der Projektpartnerschaft und die Formen der Zusammenarbeit spie-len beispielsweise eine Rolle dafür, dass innovative und anwendbare Projektergeb-nisse entstehen. Für die Übertragbarkeit ist die Art der Projektergebnisse ein zentraler Aspekt: Einfach strukturierte Informations-angebote etwa lassen sich leichter von Dritten nutzen als komplexe Verfahren, bei denen eine hohe Übertragungsleistung

und methodisches Vorwissen notwendig sind. Dennoch lassen sich ein paar zentrale Erfolgsfaktoren benennen.

ProjektentwicklungWelche Ergebnisse in einem Interreg-Pro-

jekt erarbeitet werden und inwiefern diese zahlreiche Anwendung finden, wird bereits von der Ausgangskonstellation eines Pro-jekts mit beeinflusst. Dabei spielen mehrere Aspekte eine Rolle: Welche Partner im Pro-jektkonsortium zusammenarbeiten, wie das gemeinsame Arbeitsprogramm entwickelt wird oder welche Ziele bei der Projektarbeit verfolgt werden.

Im Projekt „Future Cities“ – einem Interreg-Projekt zur Anpassung von Stadt-regionen an den Klimawandel – haben sich die Projektpartner aus fünf nordwesteuropä-ischen Ländern ein Jahr Zeit für die Antrags-entwicklung genommen und bei vier Treffen

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Die Entscheidungs-werkzeuge aus dem Projekt „Future Cities“ unterstüt-zen Städte und Regionen bei der Anpassung an den Klimawandel

Interreg oder die Europäische Territoriale Zusammenarbeit ist Teil der Struktur- und Investitionspolitik der Europäischen Union. Seit mehr als 20 Jahren werden damit grenz-überschreitende Kooperationen zwischen Regionen und Städten unterstützt, die das tägliche Leben beeinflussen, zum Beispiel im Verkehr, beim Arbeitsmarkt und im Umwelt-schutz. Interreg wird in drei Schwerpunkten umgesetzt. Während bei Interreg A die Zusam-menarbeit in benachbarten Grenzregionen gefördert wird, steht bei der transnationalen Zusammenarbeit (Interreg B) die Kooperation in größeren, staatenübergreifenden Räumen im Mittelpunkt. Im Rahmen der interregio-nalen Zusammenarbeit (Interreg C) werden Kooperationsnetze und Erfahrungsaustausche

gefördert, die die Wirksamkeit bestehender Instrumente für Regionalentwicklung und Kohäsion verbessern.

An Interreg-Projekten müssen sich Part-ner aus mindestens drei Staaten beteiligen, darunter in der Regel mindestens zwei EU-Staaten. Üblich sind jedoch deutlich größere Konsortien, da es je nach Projektthema und Problemstellung sinnvoll ist, Partner aus meh-reren Ländern in ein transnationales Projekt einzubeziehen. Die Gesamtkosten typischer Interreg-Projekte variieren üblicherweise zwi-schen einer und fünf Millionen Euro. Je nach Programmraum müssen zwischen 15 und 50 Prozent der Projektausgaben von den Projektbeteiligten kofinanziert werden. Die Projektlaufzeit beträgt zumeist drei Jahre.

Interreg B

Transnationale Zusammenarbeit

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P R O G R A M M E

das Arbeitsprogramm gemeinsam entwickelt. Dieser lange und gründliche Projektvorlauf hat nach Einschätzung der Projektbeteiligten maßgeblich dazu beigetragen, die Projekt-arbeit auf das gemeinsame Instrument „Future Cities Kompass“ auszurichten. Dieser Kompass ist ein Planungs- und Bewertungs-instrument, mit dem fachübergreifende Anpassungsstrategien erarbeitet werden können. Es war daher von Anfang an als ein Werkzeug gedacht, dass nach Projektende allen interessierten Städten und Gemeinden zur Verfügung stehen sollte.

Nutzerintegration und Ergebnisaufbereitung

Nicht nur die konkreten Inhalte, sondern auch ihre Aufbereitung haben Einfluss darauf, ob Projektergebnisse von Dritten aufgegriffen werden. Dafür ist die zielgruppengerechte Gestaltung und Aufbereitung von Projekter-gebnissen wichtig. Dies kann etwa durch die Integration von potenziellen Nutzerinnen und Nutzern während des Projektes gelingen.

Im Projekt „TROLLEY – Promote Clean Public Transport“ arbeiteten Städte, Ver-kehrsunternehmen und weitere Akteure zusammen, um die Nutzung von Trolley-bussen (Oberleitungsbussen) als Baustein nachhaltiger städtischer Mobilität zu för-dern. Ein Produkt dieser Kooperation waren Hand bücher zur Energiespeicherung und Um rüstung von Bussen. Die darin beschrie-bene Technologie zum Umbau von Diesel-bussen auf Trolleybusse stieß vor allem in Osteuropa auf großes Interesse.

Vermittlung von ProjektergebnissenDie Fallstudien haben gezeigt, dass

Akteure, Formen und Kanäle des Ergeb-nistransfers vielfältig sind. Eine wichtige

Voraussetzung für die Anwendung von Pro-jektergebnissen ist die Sensibilisierung der Zielgruppen für die angebotenen Lösungen. Bei vielen Themen der transnationalen Zusammenarbeit muss bei den Adressaten erst ein Bewusstsein für die jeweilige Thema-tik erreicht werden.

So engagierte sich die Emschergenossen-schaft im Projekt „noPILLS“ zusammen mit ihren europäischen Partnern für die Verringerung von Arzneimittelrückständen im Wasser und damit einer Problematik, die in der öffentlichen Diskussion und den Medien bislang kaum präsent ist. Gerade Verbraucherinnen und Verbraucher sind sich daher noch wenig bewusst, welche Folgen der falsche Umgang mit Arzneimitteln im Alltag für das Grundwasser haben kann. Darum wurde im Projekt „noPILLS“ mit einer breiten Palette von Aktivitäten – von

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Die Ergebnisse der Studie sind im Leitfaden „Europä-ische Modelllösungen nutzen!“ des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur eingeflossen. Darin zeigen die Autorinnen und Autoren an zahlreichen Bei-spielen, wie transnationale Interreg-Projekte ihren Weg in die Praxis finden und benennen Erfolgsfaktoren, wie eine Zusammenarbeit in solchen europäischen Netzwer-ken Nutzen stiften kann.

Leitfaden „Europäische Modelllösungen nutzen!“ http://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/Veroeffentlichungen/BMVI/

MOROInfo/17/moroinfo-17.html

Studienergebnisse

Neuer Leitfaden zum Ergebnistransfer

Im Projekt „noPILLS“ wur-den zahlreiche Aktionen für den Grundwasserschutz veranstaltet, darunter auch ein Wasserlauf für Kinder und Jugendliche

MORO Informationen . Nr. 17/1 . 2017

Europäische Modelllösungen nutzen!Ansätze für die Kapitalisierung der Ergebnisse transnationaler Interreg-Projekte in Kommunen und Regionen Ein MORO-Forschungsvorhaben

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P R O G R A M M E

EU-Programm Interreg B in Deutschland: http://www.interreg.de

EU-Projekt „Future Cities“: http://www.future-cities.eu/en/projekt/

EU-Projekt „TROLLEY – Promote Clean Public Transport“:

http://www.trolley-project.eu/

EU-Projekt „noPILLS“: http://www.no-pills.eu/?lang=de

Infos

Im Projekt „TROLLEY“ wurden Blaupausen für die Umrüstung von Dieselbussen in umweltfreundliche Trolleybusse erarbeitet

Rücknahmeaktionen für Altmedikamente in lokalen Apotheken über unterhaltsame Erklärvideos für Jugendliche bis hin zu einem Mini-Bilderbuch für Kinder – über das Thema informiert.

Nachahmung, Kombination und Inspiration

Dass sich Städte und Regionen auf der Suche nach Problemlösungen in der Nach-barschaft umschauen oder auch bei euro-päischen Vorbildern orientieren, wird mit dem Konzept des „Policy Transfer“ auch in der Forschung beschrieben. Die Erkenntnis bestätigte sich auch bei den untersuchten Interreg-Projekten: Nur selten kommt es zu einer exakten Kopie von Projektlösungen. Praktisch immer müssen Lösungen auf die jeweilige Situation und die organisato-rischen, rechtlichen oder technischen Gege-benheiten angepasst werden. Viel häufiger geht es also um die Kombination von Alt und Neu. Oder Interreg-Ergebnisse sind in der kommunalen Praxis Inspiration, ein bestimm-tes Thema selbst anzupacken.

Instrumente für den Ergebnistransfer

Damit Interreg-Ergebnisse ihren Weg in andere Städte und Regionen finden, braucht es geeignete Formate der Information und Vernetzung. In diesem Sinne haben das BMVI und das BBSR im Rahmen des Vor-habens die Veranstaltungsreihe „Europä-ische Zusammenarbeit schafft Mehrwert!“ organisiert. Auch das Bundesprogramm „Transnationale Zusammenarbeit“ bietet Ansatzpunkte. In ihm wird – neben der Antragstellung und der Kofinanzierung von Interreg-Projekten – auch der Ergebnis-transfer gefördert. Projekte können sich um eine sogenannte Andockförderung bewerben. Diese Förderart dient der Finan-zierung von Maßnahmen, die im Rahmen des Interreg B-Programms nicht oder nur ungenügend durchgeführt werden können. Förderfähig sind etwa Maßnahmen zur Kommunikation und zur Verstetigung der Projektergebnisse.

Aktuelle Fördermöglichkeiten in Interreg B bis 2020

Deutschland ist mit verschiedenen Bundes-ländern und Regionen an insgesamt sechs Interreg B-Programmen beteiligt: Alpenraum, Donauraum, Mitteleuropa, Nordseeraum,

Nordwesteuropa und Ostseeraum. Im Zeit-raum 2014 bis 2020 stehen für Projekte in den sechs Kooperationsräumen insgesamt etwa 1,4 Milliarden Euro aus dem Europä-ischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) bereit. Interreg ist auf die Ziele der Strategie „Europa 2020“ ausgerichtet, die auf zehn Jahre hin angelegte Wachstumsstra-tegie der EU.

In dieser Förderperiode müssen sich die Kooperationsprogramme stärker als bisher thematisch fokussieren und aus vorgege-benen Förderprioritäten eine begrenzte Anzahl an Themen auswählen: Innovati-onsförderung, Energie und Klimaschutz, Umwelt und natürliche Ressourcen sowie Raumentwicklung und Governance sind dabei die zentralen Förderprioritäten. Die

Interreg-Internetseite des BBSR hält ein breites Informationsangebot bereit. Neben allgemeinen Informationen zum Interreg-Programm bietet sie gute Beispiele, eine Projektdatenbank, Veröffentlichungen sowie Tipps zur Umsetzung und benennt die Ansprechpartner im jeweiligen Interreg-Kooperationsraum. n

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„European Green Capital Award“ und „European Green Leaf“

Die Europäische Kommission sucht die grünsten Städte Europas. Für den „European Green Capital Award“ für 2020 können sich Städte mit mehr als 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern bewerben. Der Wettbewerb „European Green Leaf“ richtet sich an Städte und Gemeinden mit einer Einwohnerzahl zwischen 20.000 und 100.000. Ausgezeich-net werden Kommunen, die erfolgreich nachhaltigen Wandel und Wachstum umsetzen. Mit den Wettbewerben sind erst-mals auch Preisgelder verbunden. Die Gewinnerstadt des „European Green Capital Award“ erhält 350.000 Euro. Bis zu zwei Städte können das „European Green Leaf“ und jeweils 75.000 Euro gewinnen.Einsendeschluss: 18. Oktober 2017Infos: http://ec.europa.eu/environment/europeangreencapi-

tal/launch-of-call-2020-2019/

EU-Übersetzerwettbewerb „Juvenes Translatores“

Der Übersetzungswettbewerb der Europäischen Kom-mission am 23. November 2017 steht unter dem Motto „EU 60 – der 60. Jahrestag der Unterzeichnung des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft“. Beteiligen können sich Schülerinnen und Schüler weiterführender Schulen, die im Jahr 2000 geboren sind. Die Teilnehmenden müssen einen einseitigen Text zum Jahresthema aus einer der 24 EU-Amtssprachen in eine andere EU-Amtssprache ihrer Wahl übersetzen. Pro Mitgliedstaat darf jeweils die Gewin-nerin oder der Gewinner mit einer Begleitperson und einer Lehrkraft zur Preisverleihung nach Brüssel reisen. Schulen können sich im Internet für den Wettbewerb anmelden.Anmeldeschluss: 20. Oktober 2017Infos: http://ec.europa.eu/translatores/index_de.htm

NRW-Schülerwettbewerb „EuroVisions 2017“

Der nordrhein-westfälische Schülerwettbewerb „Euro-Visions 2016“ steht im Zeichen des 60. Jahrestages der Unterzeichnung der Römischen Verträge. Unter dem Motto „#Wertvolles Europa“ sollen Jugendliche in Bildern oder Kurzfilmen darstellen, welche europäischen Werte ihnen besonders wichtig sind. Teilnehmen können alle Schüle-rinnen und Schüler der Sekundarstufen I und II aus NRW sowohl als Einzelpersonen, Arbeitsgruppen oder Klassen.

In der Kategorie „Bilder“ gibt es für die drei Erstplatzierten jeder Sekundarstufe jeweils 750, 500 und 300 Euro. Der beste Kurzfilm wird mit jeweils 750 Euro prämiert.Einsendeschluss: 20. Oktober 2017Infos: https://mbem.nrw/de/eurovisions

Nationaler Wettbewerb für Europäisches Jugendparlament

Das Europäische Jugendparlament in Deutschland sucht Jugendliche für die internationalen Jugendkonferenzen im Herbst 2018 und Frühjahr 2019. Junge Menschen von 15 bis 19 Jahren können sich mit einer siebenköpfigen Dele-gation oder als Einzelpersonen bewerben. Passend zum Europäischen Jahr des kulturellen Erbes 2018 müssen sie dafür eine englischsprachige Arbeit zur Frage erstellen, wie die EU das Kulturprogramm der Östlichen Partnerschaft II zur Verbesserung der kulturellen Zusammenarbeit mit ihren östlichen Nachbarn weiterentwickeln kann. Die zehn Schuldelegationen sowie elf Einzelbewerberinnen und -bewerber mit den besten Arbeiten werden zu einer der regionalen Auswahlsitzungen eingeladen, wo sie sich für das Bundesfinale qualifizieren können. Die besten Schul-delegationen fahren dann zu den Sitzungen des Europä-ischen Jugendparlaments.Einsendeschluss: 5. November 2017Infos: https://www.eyp.de/mitmachen/wettbewerb/

Deutsch-französisch-polnischer Jugendwettbewerb

Beim trilateralen Jugendwettbewerb „Young Europeans Award“ sind Jugendliche unter 21 Jahren aufgerufen, mit Mitschülerinnen und -schülern, Freunden oder Vereinskol-leginnen und -kollegen aus Deutschland, Frankreich und Polen ein Projekt zum Thema „To be or not to be… a Euro-pean?“ zu entwerfen. Da das Vereinigte Königreich bei dieser Wettbewerbsrunde Gastland ist, sind Beiträge von Jugendlichen aus Deutschland, Polen und Frankreich mit Gleichaltrigen aus England, Wales, Schottland und Nord-irland ebenfalls willkommen. Zu gewinnen gibt es eine mehrtägige Reise in die polnische Hauptstadt Warschau. Der Wettbewerb ist ein Gemeinschaftsprojekt der Allianz Kulturstiftung, der Stiftung Hippocrène, der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit sowie des Deutsch-Pol-nischen und des Deutsch-Französischen Jugendwerks in Kooperation mit UK-German Connection.Einsendeschluss: 1. März 2018Infos: http://www.young-europeans-award.org/de

Europäische Wettbewerbe

W E T T B E W E R B E

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N A M E N U N D N A C H R I C H T E N

Digitale Karte der Europäischen Kulturerbe-Stätten:

Europa in 29 MeilensteinenAls „Stätten des Westfälischen Friedens“

haben die Rathäuser von Münster und Osna-brück im Jahr 2015 das Europäische Kultur-erbe-Siegel erhalten. In welch prominenter Gesellschaft sich beide Städte mit dieser Auszeichnung in Europa befinden, verdeut-licht nun eine von der Stadt Osnabrück ent-wickelte digitale Europakarte mit allen 29 bisher ausgezeichneten Stätten.

Über die Karte können sich Interessierte in 21 europäischen Sprachen darüber informieren, welche Bedeutung die ausge-zeichneten Stätten für die Geschichte und das heutige Europa haben. Sie markieren Meilensteine, die sich von den Anfängen der Zivilisation bis zur Gegenwart, vom Athen der Antike über den in Osnabrück und Mün-ster geschlossenen Westfälischen Frieden bis hin zum Ende der Teilung Europas nach 1945 erstrecken. Die Orte und Ereignisse

symbolisieren europäische Ideale, Werte, die Geschichte und die europäische Integration.

Entwickelt wurde die Karte von Marie Tourneux aus Osnabrücks französischer Part-nerstadt Angers während ihres Praktikums im städtischen Büro für Friedenskultur des Fachbereichs Kultur und Alice Kemmeries vom städtischen Fachbereich Geodaten und Verkehrsanlagen in Kooperation mit der Euro-päischen Kommission. n

Karte der Europäischen Kulturerbe-Stätten:

http://geo.osnabrueck.de/ehl/de/map

Infos

Marie Tourneux (links) und Alice Kemmeries haben die Informatio-nen für die digitale Karte der Europäischen Kulturerbe-Stätten zusammengetragen

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Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene:

Stadt Tübingen tritt Charta beiDie Stadt Tübingen ist der Europäischen

Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene des Europäischen Rates der Gemeinden und Regionen Europas „Council of European Municipalities and Regions“ (CEMR) beigetreten. Im Rahmen einer Feierstunde im Tübinger Rathaus unter-zeichnete Oberbürgermeister Boris Palmer am 19. Juli 2017 die Charta. Mit dabei waren auch die Erste Bürgermeisterin Dr. Christine Arbo-gast, Hildegard Kusicka vom Vorstandsteam des Landesfrauenrats Baden-Württemberg, Luzia Köberlein als Beauftragte für Gleichstel-lung und Integration der Stadt Tübingen sowie Gemeinderätin Dr. Ulrike Baumgärtner.

Die Stadt Tübingen erachtet die Euro-päische Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene als wertvollen Impulsgeber für die Planung, Umsetzung und Bewertung einer entspre-chenden kommunalen Gleichstellungspoli-tik. Mit der Unterzeichnung verpflichtet sich die Stadt, innerhalb von zwei Jahren einen

Aktionsplan aufzustellen, in dem gleich-stellungspolitische Ziele und Prioritäten, geplante Maßnahmen und bereitzustellende Ressourcen festgelegt werden. Dabei sollen neben der Verwaltungsspitze und Führungs-kräften der Verwaltung möglichst auch inte-ressierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Stadträtinnen und Stadträte, Expertinnen und Experten sowie freiwillig engagierte Menschen aus Fachverbänden, Vereinen und Initiativen eingebunden werden. n

Gleichstellung in der Stadt Tübingen:

https://www.tuebingen.de/gleichstellung

Infos

Dr. Christine Arbogast, Hildegard Kusicka, Luzia Köberlein und Dr. Ulrike Baumgärtner (von links) freuen sich über die Unterzeich-nung der Gleichstellungscharta durch Tübingens Oberbürger-meister Boris Palmer

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N A M E N U N D N A C H R I C H T E N

Deutsche Bewerbungen um bisherige EU-Agenturen in Großbritannien:

Bonn und Frankfurt unter BewerbernDeutschland hat sich mit den Städten Bonn

und Frankfurt am Main um die künftigen Standorte der aus Großbritannien wegzie-henden EU-Agenturen beworben. Wie die Europäische Kommission mitteilte, konkurriert die Bundesstadt Bonn mit 18 anderen europä-ischen Städten um den Sitz der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA). Frankfurt am Main tritt gegen weitere sieben europäische Städte um den künftigen Standort der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) an.

Die EMA ist für die wissenschaftliche Bewer-tung, Kontrolle und Überwachung von Arznei-mitteln in der EU zuständig. Sie ist wesentliche Voraussetzung für einen funktionierenden Arz-neimittelbinnenmarkt in der EU. Die EBA soll eine wirksame und einheitliche Regulierung und Beaufsichtigung des gesamten europä-ischen Bankensektors gewährleisten. Sie hat unter anderem die Aufgabe, die Risiken und

Schwachstellen im EU-Bankensektor durch regelmäßige Risikobewertungsberichte und unionsweite Stresstests zu bewerten.

Über die künftigen Standorte von EMA und EBA müssen die EU-Mitgliedstaaten ein-vernehmlich beschließen. Die Entscheidung durch den Rat für Allgemeine Angelegenhei-ten und Außenbeziehungen soll im November 2017 fallen. n

Information der Bundes-regierung zu den deutschen Bewerbungen:

https://www.bundesre-gierung.de/Content/DE/Artikel/2017/08/2017-08-04-ema-eba.html

Infos

Als internationaler Finanzplatz könnte Frankfurt am Main bald auch Sitz der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde werden

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Preis „Europäische Innovationshauptstadt“ für das Jahr 2017:

Berlin in der EndrundeBerlin kann sich Hoffnungen auf den Preis

„Europäische Innovationshauptstadt 2017“ machen. Wie die Europäische Kommission Ende August 2017 mitteilte, wurden aus den 32 Städten, die sich um den „European Capi-tal of Innovation Award – iCapital“ beworben hatten, insgesamt zehn Städte für die End-runde nominiert. Neben Berlin stehen Aarhus, Kopenhagen, Helsinki, Nizza, Paris, Tallin, Tampere, Tel Aviv und Toulouse im Finale um den mit einer Million Euro dotierten Titel.

Mit dem Preis „Europäische Innovations-hauptstadt“ würdigt die Europäische Kom-mission Städte, die die Qualität des städti-schen Lebens für ihre Bürgerinnen und Bür-ger verbessern. Die Stadt Berlin überzeugte mit ihrem Ansatz der geteilten Governance, der es den Stadtteilen erlaubt, in verschie-denen Bereichen zu experimentieren – ange-fangen von sozialer Innovation über Logistik bis hin zu grünen Versorgungsketten.

An dem Wettbewerb können sich Städte mit mehr als 100.000 Einwohnerinnen und

Einwohnern aus den EU-Mitgliedstaaten sowie allen weiteren Ländern bewerben, die am EU-Forschungsprogramm „Horizont 2020“ teilneh-men. Der Gewinner wird am 7. November 2017 auf der Internetkonferenz „Web Summit“ in Lissabon bekanntgegeben. Neben dem Haupt-preis von einer Million Euro für die Siegerstadt stehen für die zweit- und drittplatzierten Städte jeweils 100.000 Euro zur Verfügung. 2014 war Barcelona Europäische Innovations-hauptstadt, 2016 folgte Amsterdam. n

Preis „Europäische Innovationshauptstadt“:

http://ec.europa.eu/icapital

Infos

Berlin – hier das neu geschaf-fene „Einstein-Zentrum Digitale Zukunft“ im Gebäude der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften – ist für den Titel der Europäischen Innova-tionshauptstadt nominiert

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Oktober

18. Oktober 2017Europa gemeinsam gestaltenSeminar zur Konzipierung und Finanzierung von Kooperations-, Austausch- und Partner-schaftsprojekten

Veranstalter: Kontaktstelle EfBBOrt: Koblenz

http://kontaktstelle-efbb.de/index.php?id=20#c60

24. Oktober 2017EU-Förderung für Kommunen, Zivilgesellschaft und HochschulenInformationsveranstaltung zu den EU-Program-men „Horizont 2020“ und „Europa für Bürge-rinnen und Bürger“

Veranstalter: Kontaktstelle EfBBOrt: Bonn

http://www.kontaktstelle-efbb.de/infos-service/veranstaltungen/

November

8. November 2017Kommunen sagen Ja zu Europa – Neue Impulse für Austausch, Begegnung und VernetzungTagung zur grenzübergreifenden Partner-schaftsarbeit zwischen Städten und Gemein-den, Jugend- und Bildungseinrichtungen

Veranstalter: RGRE/Deutsche Sektion, JUGEND für Europa, NABiBB, KS EfBB und Stadt WiesbadenOrt: Wiesbaden

http://www.rgre.de/termine.html

9.–10. November 2017EuroPCom 2017Achte Europäische Konferenz über öffentliche Kommunikation unter dem Motto „[Re]shaping European dialogues“

Veranstalter: Europäischer Ausschuss der RegionenOrt: Brüssel

http://cor.europa.eu/de/events/Pages/EuroPCom-2017.aspx

30. November – 1. Dezember 2017Deutsch-Französische KonferenzVeranstaltung zum Thema Migration und Integration

Veranstalter: RGRE/Deutsche SektionOrt: Köln

http://www.rgre.de/veranstaltungen.html

Veranstaltungen

T E R M I N E

Britisch-Deutsche Städtekonferenz in Köln:

Zukunft Europas und Rolle der Städte

Anlässlich der Verleihung des Konrad-Adenauer-Preises an Kölns Partnerstadt Liverpool veranstalten die Domstadt und die Deutsche Sektion des Rates der Gemeinden und Regio nen Europas (RGRE) am 20. Okto-ber 2017 unter dem Titel „Die Zukunft Euro-pas und die Rolle der Städte“ eine Britisch-Deutsche Städtekonferenz. Vor dem Hin-tergrund der Brexit-Verhandlungen und der öffentlichen Debatte um die Zukunft Euro-pas sollen die Perspektiven britisch-deut-scher Städtebeziehungen ausgeleuchtet sowie die besondere städtische Dimension im politischen System der Europäischen Union unterstrichen werden. Anmeldungen zur Veranstaltung sind bis zum 10. Oktober 2017 möglich. n

Deutsch-Griechische Versammlung:

http://www.grde.eu/

Infos

Deutsch-Griechische Versammlung:

Jahreskonferenz in Sindelfingen

Die siebte Jahreskonferenz der Deutsch-Griechischen Versammlung findet vom 9. bis 11. November 2017 in Sindelfingen statt. Die Deutsch-Griechische Versammlung bildet ein Forum für die Zusammenarbeit von Kommu-nen, Regionen sowie Bürgerinnen und Bürgern beider Länder und geht auf eine Vereinbarung zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem früheren Ministerpräsidenten Griechen-lands, Giorgos Papandreou, zurück.

Unter dem Motto „Selbstverwaltung – Unsere Stärke“ stehen bei der Jahreskonferenz Workshops zu kommunalpolitisch relevanten Themen im Mittelpunkt. So wird es Werkstatt-gespräche zu den Themen Tourismus, Energie und Abfall, Agrarwirtschaft, Aktive Bürger-gesellschaft, Integration von Jugendlichen in den Kommunen sowie Wirtschaft- und Kam-merzusammenarbeit geben. Zudem bietet die Stadt Sindelfingen Study-Touren in die Region an, die sowohl den deutschen als auch den griechischen Teilnehmenden viele Anregungen geben werden. Anmeldungen sind bis zum 6. Oktober 2017 möglich. n

9.–11. November

in Sindelfingen

20. Oktober

in Köln

Britisch-Deutsche Städtekonferenz:

http://www.rgre.de/ter-mine.html

Infos

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I M P R E S S U M

Europa KommunalEuropäische Zeitschrift für Rat, Verwaltung und WirtschaftISSN 1866-1904

Erscheinungsweise / Bezug (ab 2008) 6 Ausgaben pro Jahr als PDF-VersionBezug ausschließlich über E-Mail-Verteiler

HerausgeberRat der Gemeinden und Regionen Europas Deutsche SektionGereonstraße 18-3250670 KölnTelefon 0221 / 3771-311Telefax 0221 / 3771-128E-Mail: [email protected]://www.rgre.de

SchriftleitungWalter Leitermann

E-Mail-VerteilerTanja SartoryE-Mail: [email protected]

IMPRESSUM

Redaktion & SatzBarbara Baltsch

Schillerstraße 1850170 Kerpen

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