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JAEGER, WANDREY, REINISCK und LINOW: Rationelle Bestimmung des Umsatz-Zcit-Verlaufes von Polymerisationen in schwingender Kapillare Acta Polymerica 30 (1979) Heft 2 113 Rationelle Bestimmung des Umsatz-Zeit-Verlaufesvon Polymerisationen in schwingender Kapillare') W. JAEGER, CH. WANDREY, G. REINISCH und K.-J. LINOW Akademie der Wissenschaften der DDR, Institut fur Polymerenchemie, DDR - 153 Teltow-Seehof Herrn Professor Dr. Vasilij VladimirooiC Kordak zur Vollendung des 70. Lebensjahres gewidmet. Umsatzbestimmungen bei homogenen Polymerisationen konnen rnit hoher Genauigkeit durch Dichtemessung in einer schwingenden Kapillare erfolgen. Abhangig von der Ausgangsmonomerkonzentration sind bei der Cyclopolymerisation von Dimethyldiallylammoniumchlorid Umsatzanderungen zwischen 0,Ol und O,l% Umsatz erfarjbar. Payuonanbnoe ojapedenemt u3ae~euua icomepcuu eo epeaenu npu noau.~epu3ayuu e icauamqeiica icanumape HueM IIJIOTHOCTH B KasarolqeficR KanHjrmpe. B cnyqae ~HKJIOIIOJIHM~~H~~~HH AnMeTHnAHannnJIaMMoH~mxnopHAa OIIpeAeJIeHHe KOHBePCHH IIpH TOMOWHHOfi IIOJIHMepH3aqHH MOWeT OCylqeCTBJIRTbCR C BbICOKOt TOYHOCTbH) H3Mepe- MOWHO, B ElBHCHMOCTH OT HCXOAHOfi HOHqeHTpaQHH MOHOMepa, OIIpeAenRTb I13MeHeHHR KOHBepCHH B PpaHHUaX OT 0.01 A0 o,lyo. Efficient determination of the conversion-time relationship of polymerization reactions in a vibrating capillar tube The determination of the conversion in homogeneous polymerization reactions can be performed by measuring the density in a vibrating capillar tube. Depending on the initial monomer concentration, changes in conversion between 0.01 and 0.1% were detected in the cyclopolymerization of dimethyldiallylammoniumchloride. 1. Einleitung Der Umsatz-Zeit-Verlauf bei Polymerisationen in homogener Phase wird haufig durch Messung der Dichteveranderung im Reaktionsansatz verfolgt. Als Meelnethoden werden vor allern die Dilatometrie, aber auch z. B. die Schwacbung von y- Strahlen bei Durchstrahlungsversuchen benutzt [l] . Zur hin- reichend genauen Ermittlung von Umsatz-Zeit-Kurven mussen dabei Dichteanderungen um weniger als g~m-~ erfal3t werden konnen. Wir berichteten bereits kurz uber die Anwend- barkeit einer neuen Methode zur empfindlichen Dichtemessung fur Umsatzbestimmungen bei radikalischen Polymerisationen in homogener Phase [2] und stellen in dieser Mitteilung die ausfuhrlichen Experimentalergebnisse dar.2) 2. Mepmethodik Ein von KRATKY u. Mitarb. beschriebenes Verfahren zur Bestirnmung der Dichte von Flussigkeiten und Gasen [3] beruht auf der Messung der Schwingungsdauer einer Kapillare, die mit der zu untersuchenden Substanz gefullt wird. Ein etwa 20 cm langes, temperiertes U-formiges Kapillarrohr wird jeweils ca. 3 cm vor dem Ende der Kapillare fest eingespannt und schwingt nach elektronischer Anregung zwischen den Festpunkten mit seiner Eigenfrequenz. 1st die Kapillare rnit Flussigkeit gefullt, so resultiert eine Frequenzanderung, die durch Messung der Schwingungsdauer fur eine vorgegebene Zahl von Schwingungen bestimmt wird. Auf diese Weise er- mittelt man die Masse der volumen-konstant mitschwingenden Substanz und kann deren Dichte berechnen. Die erreichbare MeUgenauigkeit wird sowohl wegen der temperaturabhangigen Dichteanderung der Substanz als auch infolge temperatur- abhangiger Veranderungen der Kapillare entscheidend durch die Temperaturkonstanz bestimmt. Bei Temperaturkonstanz auf 10,Ol K sind z. B. die Dichten von Wasser auf -+4 . von Benzol auf *12. lov6 und von Tetrachlorkohlenstoff auf *21 . g~m-~ bestimmbar. Wir wendeten das Verfahren an, urn die mit dem Umsatz korrespondierende Dichtezunahme bei Polymerisationsreak- tionen zu verfolgen. Die Polymerisation kann in der Merj- kapillare selbst durchgefuhrt werden. Jetzt braucht lediglich l) Teilauszug ails der DiSSertatiOnCH.WANDREY, AdW der DDR Berlin 1979, in Vorbereitung. z, Anm. bei der Korrektur: Zur Umsatzbestimmung bei Losungs- polymerisationen von Butylacrylat wurde, wie wir erst jetzt fcststellten, diese Methode bereits 1976 von WUNDERLICH ange- wandt [6]. Methodische Einzelheiten werden dort nicht erortert. die sich andernde Schwingungsdauer des Systems in geeigneten Zeitabstanden registriert zu werden. Die Zuordnung der so errnittelten Dichtewerte zu entsprechenden Umsatz-Zeit- Kurven kann entweder durch Berechnung oder aber durch Eichung erfolgen. Die Berechnung der haufig bis zu hohen Umsatzen linearen Volumen- bzw. Dichteanderung rnit dem Umsatz wird ublicherweise uber die spezifischen Volumina von Polymer und Monomer vorgenommen [4]. Bei unvollstindigem Umsatz mussen jedoch die partiellen spezifischen Volumina herangezogen werden, die aurjerdem auch noch wesentlich vom Losungsmittel abhangen konnen. Da nicht immer ideales Verhalten vorausgesetzt werden kann, sollte fur exakte Umsatz- bestimmungen der Weg uber die Eichung gewahlt werden. 3. Ergebnisse und Diskussion Wir erprobten das Verfahren am speziellen Fall der Cyclopolymerisation von Dimethyldiallylammonium- chlorid. Bei radikalischer Initiierung in Wasser werden losliche Polyelektrolyte aus konfigurationsisomeren Pyr- rolidiniumeinheiten gebildet, die in 3.4-Stellung verknupft sind [5]: Die Polymerisationen wurden in der Kapillare des DichtemeBgerates durchgefuhrt. Dabei ist die Dichte des Polymerisationsansatzes eine Funktion der Konzen- tration, des Umsatzes und der Temperatur, so daB diese EinfluSgroBen als Variable bei der Ermittlung von Eich- kurven beriicksichtigt wurden. Die Aufnahme der Dichte- Umsatz-Kurven erfolgte anhand von Eichmischungen. Dazu wurden zu einer Monomerlosung bekannter Dichte und Konzentration Polymer und Wasser zugewogen und die resultierende Dichte bei der jeweiligen Temperatur gemessen. Die Darstellung im Rild 1 weist aus, daB uber einen weiten Konzentrationsbereich (0,l bis 4,O mol/l Ausgangsmonomerlosungen) bis zu hohen Umsatzen Linearitat zwischen der Dichte der Reaktionsmischung und dem Umsatz besteht. Die einzelnen Eichgeraden unter- scheiden sich durch den Schnittpunkt rnit der Ordinate und den Anstieg m = Ae/U. Bei konstanter Temperatur

Rationelle Bestimmung des Umsatz-Zeit-Verlaufes von Polymerisationen in schwingender Kapillare

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JAEGER, WANDREY, REINISCK und LINOW: Rationelle Bestimmung des Umsatz-Zcit-Verlaufes von Polymerisationen in schwingender Kapillare

Acta Polymerica 30 (1979) Heft 2

113

Rationelle Bestimmung des Umsatz-Zeit-Verlaufes von Polymerisationen in schwingender Kapillare') W. JAEGER, CH. WANDREY, G. REINISCH und K.-J. LINOW

Akademie der Wissenschaften der DDR, Institut fur Polymerenchemie, DDR - 153 Teltow-Seehof

Herrn Professor Dr. Vasil i j VladimirooiC Kordak zur Vollendung des 70. Lebensjahres gewidmet.

Umsatzbestimmungen bei homogenen Polymerisationen konnen rnit hoher Genauigkeit durch Dichtemessung in einer schwingenden Kapillare erfolgen. Abhangig von der Ausgangsmonomerkonzentration sind bei der Cyclopolymerisation von Dimethyldiallylammoniumchlorid Umsatzanderungen zwischen 0,Ol und O , l % Umsatz erfarjbar.

Payuonanbnoe ojapedenemt u 3 a e ~ e u u a icomepcuu eo epeaenu n p u noau.~epu3ayuu e icauamqeiica icanumape

HueM IIJIOTHOCTH B KasarolqeficR KanHjrmpe. B cnyqae ~ H K J I O I I O J I H M ~ ~ H ~ ~ ~ H H AnMeTHnAHannnJIaMMoH~mxnopHAa OIIpeAeJIeHHe KOHBePCHH IIpH TOMOWHHOfi IIOJIHMepH3aqHH MOWeT OCylqeCTBJIRTbCR C BbICOKOt TOYHOCTbH) H3Mepe-

MOWHO, B ElBHCHMOCTH OT HCXOAHOfi HOHqeHTpaQHH MOHOMepa, OIIpeAenRTb I13MeHeHHR KOHBepCHH B PpaHHUaX OT 0.01 A0 o,lyo. Efficient determination of the conversion-time relationship of polymerization reactions in a vibrating capillar tube The determination of the conversion in homogeneous polymerization reactions can be performed by measuring the density in a vibrating capillar tube. Depending on the initial monomer concentration, changes in conversion between 0.01 and 0.1% were detected in the cyclopolymerization of dimethyldiallylammoniumchloride.

1. Einleitung

Der Umsatz-Zeit-Verlauf bei Polymerisationen in homogener Phase wird haufig durch Messung der Dichteveranderung im Reaktionsansatz verfolgt. Als Meelnethoden werden vor allern die Dilatometrie, aber auch z. B. die Schwacbung von y- Strahlen bei Durchstrahlungsversuchen benutzt [l] . Zur hin- reichend genauen Ermittlung von Umsatz-Zeit-Kurven mussen dabei Dichteanderungen um weniger als g ~ m - ~ erfal3t werden konnen. Wir berichteten bereits kurz uber die Anwend- barkeit einer neuen Methode zur empfindlichen Dichtemessung fur Umsatzbestimmungen bei radikalischen Polymerisationen in homogener Phase [2] und stellen in dieser Mitteilung die ausfuhrlichen Experimentalergebnisse dar.2)

2. Mepmethodik

Ein von KRATKY u. Mitarb. beschriebenes Verfahren zur Bestirnmung der Dichte von Flussigkeiten und Gasen [3] beruht auf der Messung der Schwingungsdauer einer Kapillare, die mit der zu untersuchenden Substanz gefullt wird. Ein etwa 20 cm langes, temperiertes U-formiges Kapillarrohr wird jeweils ca. 3 cm vor dem Ende der Kapillare fest eingespannt und schwingt nach elektronischer Anregung zwischen den Festpunkten mit seiner Eigenfrequenz. 1st die Kapillare rnit Flussigkeit gefullt, so resultiert eine Frequenzanderung, die durch Messung der Schwingungsdauer fur eine vorgegebene Zahl von Schwingungen bestimmt wird. Auf diese Weise er- mittelt man die Masse der volumen-konstant mitschwingenden Substanz und kann deren Dichte berechnen. Die erreichbare MeUgenauigkeit wird sowohl wegen der temperaturabhangigen Dichteanderung der Substanz als auch infolge temperatur- abhangiger Veranderungen der Kapillare entscheidend durch die Temperaturkonstanz bestimmt. Bei Temperaturkonstanz auf 1 0 , O l K sind z. B. die Dichten von Wasser auf -+4 . von Benzol auf *12. l o v 6 und von Tetrachlorkohlenstoff auf *21 . g ~ m - ~ bestimmbar.

Wir wendeten das Verfahren an, urn die mit dem Umsatz korrespondierende Dichtezunahme bei Polymerisationsreak- tionen zu verfolgen. Die Polymerisation kann in der Merj- kapillare selbst durchgefuhrt werden. Jetzt braucht lediglich

l) Teilauszug ails der DiSSertatiOnCH.WANDREY, AdW der DDR Berlin 1979, in Vorbereitung. z, Anm. bei der Korrektur: Zur Umsatzbestimmung bei Losungs- polymerisationen von Butylacrylat wurde, wie wir erst jetzt fcststellten, diese Methode bereits 1976 von WUNDERLICH ange- wandt [6]. Methodische Einzelheiten werden dort nicht erortert.

die sich andernde Schwingungsdauer des Systems in geeigneten Zeitabstanden registriert zu werden. Die Zuordnung der so errnittelten Dichtewerte zu entsprechenden Umsatz-Zeit- Kurven kann entweder durch Berechnung oder aber durch Eichung erfolgen. Die Berechnung der haufig bis zu hohen Umsatzen linearen Volumen- bzw. Dichteanderung rnit dem Umsatz wird ublicherweise uber die spezifischen Volumina von Polymer und Monomer vorgenommen [4]. Bei unvollstindigem Umsatz mussen jedoch die partiellen spezifischen Volumina herangezogen werden, die aurjerdem auch noch wesentlich vom Losungsmittel abhangen konnen. Da nicht immer ideales Verhalten vorausgesetzt werden kann, sollte fur exakte Umsatz- bestimmungen der Weg uber die Eichung gewahlt werden.

3. Ergebnisse und Diskuss ion

Wir erprobten das Verfahren am speziellen Fall der Cyclopolymerisation von Dimethyldiallylammonium- chlorid. Bei radikalischer Initiierung in Wasser werden losliche Polyelektrolyte aus konfigurationsisomeren Pyr- rolidiniumeinheiten gebildet, die in 3.4-Stellung verknupft sind [ 5 ] :

Die Polymerisationen wurden in der Kapillare des DichtemeBgerates durchgefuhrt. Dabei ist die Dichte des Polymerisationsansatzes eine Funktion der Konzen- tration, des Umsatzes und der Temperatur, so daB diese EinfluSgroBen als Variable bei der Ermittlung von Eich- kurven beriicksichtigt wurden. Die Aufnahme der Dichte- Umsatz-Kurven erfolgte anhand von Eichmischungen. Dazu wurden zu einer Monomerlosung bekannter Dichte und Konzentration Polymer und Wasser zugewogen und die resultierende Dichte bei der jeweiligen Temperatur gemessen. Die Darstellung im Rild 1 weist aus, daB uber einen weiten Konzentrationsbereich (0,l bis 4,O mol/l Ausgangsmonomerlosungen) bis zu hohen Umsatzen Linearitat zwischen der Dichte der Reaktionsmischung und dem Umsatz besteht. Die einzelnen Eichgeraden unter- scheiden sich durch den Schnittpunkt rnit der Ordinate und den Anstieg m = A e / U . Bei konstanter Temperatur

Acta Polymerica 30 (1979) Hef t 2

114 JAEGER, WANDREY, REINISCH und LINOW: Rationelle Bestimmung des Umsatz-Zeit-Verlaufes von Polymerisationm in schwingender Kapillare

//*-

I (_r - -x -x - - - -~ -r 0,lrnoi /"

0 10 20 30 40 % 50 Umsotz

Bild 1. Dichte-Umsatz-Eichkurven fur unterschiedliche Aus- gangsmonomerkonzentrationen von Dimethyldiallylammonium-

clilorid in Wasser bei 20 und 35 "C

wachst m linear mit der Ausgangsmonomerkonzentration (Bild 2). Durch lineare Ausgleichsrechnung erhalt man fur die Darstellung im Bild 2

m = 1,14 10-6 + 2,20 + [MI. (1) Damit ist es nicht mehr erforderlich, fur jede zu unter- suchende Monomerkonzentration die entsprechende Eich- gerade experimentell zu ermitteln. Mi t G1. (1) konnen fur beliebige Werte von [MI die Anstiege rn der zugehorigen Eichgeraden errechnet und die Eichgeraden selbst bei Kenntnis der Dichte der Ausgangsmonomerlosung kon- struiert oder aber einfacher aus den experimentell bei der Polymerisation bestimmten Dichteanderungen A@ nach U = A@/m die jeweiligen Umsatzwerte ermittelt werden. Im Temperaturhereich 20 bis 35°C unterscheiden sich die Eichgeraden nur durch den Ordinatenabschnitt, nicht aber durch die Steigung (vgl. Bild 1 und 2). G1. (1) gilt also innerhalb des genannten Temperaturintervalls.

Die Darstellung im Bild 1 gestattet eine Abschatzung der erreichbaren Genauigkeit bei der Umsatzbestimmung. Umsatzanderungen von 1% fuhren zu Dichteanderungen von rund bis 10-3 Da mit unserer MeSanordnung Dichteanderungen wail3riger Losungen auf sicher erfaBbar sind, sollte der MeSfehler nicht groSer als O , l % Umsatz sein. Der Fehler wird wesentlich von der Ausgangsmonomerkonzentration bestimmt. Die Steigung der Eichgeraden nimmt mit wachsenden Werten von [MI zu. Der Fehler ist also um so lileiner, je hoher die Monomer- konzentration ist. Im untersuchten Konzentrationsbereich

Tabelle 1. Abschatzung der Mepgenauigkeit bei der Umsatz- bestimmurig fur Dichteanderungen A @ = bei 35 O C

[MI

mol 1-1

erfal3bare Umsatz- anderung A U yo Umsatz

rel. Fehler bei 5% Umsatz

%

0,Ol 0,02 0,02 0,05 0,09

Monomer - Konzentration

Bild 2. Anstieg m der Eichkurven e = f ( U ) in Abhangigkeit von der Monomerkonzentration [MI

konnen so Umsatzanderungen AU zwischen 0,Ol und O , l % IJmsatz sicher registriert werden (vgl. Tabelle 1). Damit hangt auch der umsatzabhangige relative Fehler von der Ausgangsmonomerkonzentration ah. Er betragt z. €3. fur 5% Umsatz + O , l bis &lyo (vgl. Tabelle 1).

Diese Fehlerbetrachtung bezieht sich allein auf den Mehorgang. Den zusatzlich durch Proben- und Me& vorbereitung bedingten Gesamtfehler der Umsatzbestim- mung weisen Reproduktionsversuche bei der Aufstellung von Umsatz-Zeit-Kurven aus. Bild 3 beschreibt den Verlauf von Polymerisationen in der MeSkapillare bei einer Mono- merkonzentration von 2,9 moll-l. Bei diesen Wieder- holungsversuchen (Kurve 1 und 2) differierten die einzelnen Umsatzwerte urn weniger als O , l % Umsatz (absolut). Die Rruttopolymerisationsgeschwindigkeiten wurden zu 5,52 . und 5,53 . mol 1-1 s-l bestimmt. Kurve 3 im Bild 3 beschreibt den Polymerisationsverlauf fur einen Ansatz, bei dem die Reaktion unter vergleichbaren Bedin- gungen, aber in luftgesattigtem Wasser durchgefuhrt wurde. Bei identischer Bruttogeschwindigkeit unterscheiden sich die Reaktionsverlaufe in Nild 3 nur durch die Induk- tionsperiode. Durch die schnelle Temperierung der MeB-

Bild 3. Reproduzierbarkeit von Umsatz-Zeit-Kurven bei der Polymerisation von Dimethyldiallylammoniumchlorid. (Hur- ven l und 2) und Inhibition durch im Ansatzwasser gelosten Sauerstoff (Kurve 3). [MI = 2,9 moll-l; [I] = 2 . 1 0 V moll-l;

T = 35°C

JAEGER, WANDREY, REINISCH und LINOW: Rationelle Bes timmung des Umsatz-Zeit-Verlaufes von Polymerisationen in schwingender Kapillare

Acts Polymerica 30 (1979) Heft 2

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I I I I 1 1 1 1 1 I I I J

10-3 z 4 6 8 10-2 2 4 Jnnitiotor - Konzentrotion

Bild 4. Bestimmung des Initiatorexponenten von Dimethyl- diallylammoniumchlorid.

[MI = 2,9 mol l-l, T = 35°C

kapillare und die dichte Folge von MeBpunliten kann gerade dieser Abschnitt exakt ermittelt werden, so daD die vorgestellte Methode fur den speziellen Fall von Inhibitionsmessungen gut geeignet ist.

Als Beispiel fur die Bestimmung einer liinetischen GroBe sei die Ermittlung des Initiatorexponenten a der Brutto- geschwindigkeitsgleichung vBr = k [I]& [MIb genannt. Sie erfolgte in ublicher Weise aus dem Anstieg der huftragung lg vB1 = f(1g [I]) (Bild 4 ) . Durcli Ausgleichsrechnung wurde a zu 0,76 f 0,03 bestimmt.

Zusammen rnit den Reprodulitionsversuchen zeigt dieses Ergebnis, daB die Ermittlung kinetischer Daten durch Polymerisation in der Kapillare der MeBanordnung rnit guter Genauigkeit moglich ist. Probenvorbereitung und damit auch der gesamte Zeitaufwand fur die Ermittlung einer Umsatz-Zeit-Kurve unterscheiden sich bei Dilato- metrie und der vorgestellten densitometrischen Methode nicht wesentlich. Die Vorteile im Vergleich zur Dilato- metrie bestehen insbesondere darin, daB bei geringerem Substanzbedarf (ca. 1 ml) die Temperierung der Me& kapillare auf 0,OlK innerhalb von 2 bis 3 min und die MeBwerterfassung auch in verdunnten Losungen rnit grol3er Genauiglceit erfolgt. Zusammen mit der hohen Zahl der MeBwerte bzw. bei AnschluB einer kontinuierlichen Registrierung der MeBdaten ist es deshalb moglich, die Startphase, Diskontinuitaten und Inhibitionen besonders gut zu erfassen und Polymerisationen auch in starker ver- dunnten Losungen exakt zu beschreiben. Hier sind bei dilatometrischen Untersuchungen zur sichereh MeBwert- erfassung wesentlich groBere Reaktionsvolumina erforder- lich, die dann langere Temperierzeiten benotigen. Von Vorteil ist weiterhin, daD die Eichung der MeBmethode (Zuordnung der experimentell ermittelten Dichtewerte zu Umsatzwerten) rnit Hilfe von Eichmischungen erfolgt und keine zweite Methode zur Umsatzbestimmung er- fordert, da im letztgenannten Fall die geeichte Variante keinen kleineren Fehler haben kann als die verwendete Eichmethode. Weiterhin ist es moglich, auch bei Einzel- polymerisationen in Ampullen oder Reaktionen rnit Probe- nahme den jeweiligen Umsatz schnell und sicher zu be- stimmen.

Der Anwendungsbereich der Methode ist zweifellos nicht nur auf radikalische Polymerisationen in Losung beschrankt, sondern sollte vielmehr auf alle Polymeri-

U Bild 5. VorbereitungsgefaB fur die Polymerisationsansatze

sationsreaktionen ausdehnbar sein, die homogen verlaufen und bei denen die Herstellung des Reaktionsansatzes auBerhalb der MeBkapillare erfolgen kann.

4. Experimentelles Die Losungen des Initiators sowie des Monomers in bidest.

Wasser werden rnit Hilfe von Mikrobiiretten bzw. Mikroliter- spritzen (Dosiergenauigkeit *0,02 ml bzw. *0,3 p1) in das im Bild 5 schematisch dargestellte GefaB eingetragen (Losungs- volumeii ca. 4 ml). AnschlieBend werden die Proben in iiblicher Weise durch Einfrieren, Evaltuieren, Auftauen unter ab- gesclilossenem Vakuum und mehrfache Wiederholung des Zyklus entgast sowie abschlieBend rnit gereinigtem Stickstoff beliiftet. Danach wird aus dem Vorbereitungsgefao durch den seitlichen Ansatz rnit einer mit N, gespulten Mikrospritze die Polymerisationslosung entnommen. Dabei ist der Ansatz ent- weder rnit einer Kautschukkappe verschlossen oder aber es wird durch den Hahn ein kraftiger Reinststickstoffstrom iiber die Monomerlosung geleitet. Dann wird die zuvor rnit Reinst- stickstoff gespulte Kapillare der MeBvorrichtung vollig rnit der Reaktionsmischung gefullt nnd verschlossen. Wir benutzten fur unsere Untersuchungen das digitale DichtemeBgera t DMA 02D der Fa. Anton Paar, Linz, Osterreich. Nach 2 bis 3 min ist Temperaturkonstanz auf 0,Ol K erreicht und die MeSwerte (Schwingungsdauer fur eine vorgegebene Anzahl von Schwingungen der Kapillare) werden registriert. Aus den digitalen Schwingungsdauerwerten konnen durch Rechner- auswertung Dichte, Umsatz und Bruttopolymerisationsge- schwindigkeit mit geringem Aufwand ermittelt werden.

Die notwendige Zuordnung der als MeBwert anfallenden Dichte-Zeit- zu entsprechenden Umsatz-Zeit-Kurven erforderte zuvor eine Eichung. Diese wurde so vorgenommen, daB zu einer Monomerlosung bekannter Konzentration unterschiedliche Mengen Wasser und Polymer zugewogen wurden. Man erhalt so Mischungen, die bestimmten Umsatzen bei unterschiedlichen Ausgangsmonomerkonzentrationen entsprechen. Aus den Dicli te- meawerten der Eichlosungen wurden dann die Eichgeraden im Bild 1 aufgestellt.

Literatur [ l ] Vgl. OELMANN, H., und FURST, H. : Plaste u. Kautschulc 23

(1976) 638-641 und dort zitierte Literatur. [2] JAEGER, W., WANDREY, CH., REINISCH, G., und LINOW,

K.-.T. : Faserforsch. u. Textiltechnik/Z. Polvmerforsch. 29 ~~

(1978) 647.

Physik 4 (1969) 273; LEOPOLD. H . : Elektronik 19 (19701 297-302;

[3] KRATKY, O., LEOPOLD, H., und STABINGER, H.: Z. angew.

KRATKY,’~ . , LEOPOLD, H., und ‘STABINGER, H. : Enzyme Structure, Methods in Enzymology D 27 (1973) 48-110.

[4] Vgl. z. B. ELIAS, H.-G. : Makromolekule. Basel/Heidelherg: Huthig & Wepf 1971, S. 399f.

[5] LANCASTER, J, E., BACCEI, L., und PANZER, H. P.: J. Polymer Sci., Polymer Letters 14 (1976) 549-554. JAEGER, W., REINISCH, G., WANDREY, CH., HAHN, M., BALL- SCHUH, D., ENGELHARDT, C., und JANCKE, H. : unveroff. Ergebnisse.

[6] WUNDERLICH, W.: Makromol. Chemie 1 7 7 (1976) 973-989.

Eingegangen am 2. August 1978