8
ABB Technik 6/1997 23 uzerns Müllverbrennungsanlage wurde 1971 mit zwei Verbrennungslinien mit einer Kapazität von je 3–4 t/h errichtet. In den Achtzigern hat man eine dritte Linie gebaut und die zwei ursprünglichen Linien modernisiert und u. a. mit größeren E-Fil- tern und einer einstufigen Naßwaschanla- ge ausgerüstet. Nach der Reinigung wird das Wasser aus den Wäschern in den nahe gelegenen Fluß abgelassen. Die Kessel arbeiten mit einem Druck von 35 bar und einer Temperatur von 370 °C. Sie liefern den Dampf für eine 5-MW-Turbogruppe, die den Strom in das Ortsnetz einspeist. Ferner wird Warmwas- ser für ein Krankenhaus erzeugt. Die Anlage läuft im Dauerbetrieb mit kurzen Unterbrechungen für die Kesselrei- nigung sowie längeren Unterbrechungen für die jährlichen Revisionen. Der Brenn- 1 stoff ist städtischer Müll sowie Indu- striemüll mit einem Heizwert von 10–12 MJ/kg. Die Gesamtjahreskapazität der An- lage beträgt 84 000 t Müll. 1991 trat die neue Luftreinhalteverord- nung (LRV 91) in Kraft. Es wurde daher er- forderlich, eine dieser Vorschrift entspre- chende Rauchgasreinigungsanlage zu in- stallieren. Spezifikation für die Rauchgasreinigungsanlage Gemäß Spezifikation sollte die neue Rauchgasreinigungsanlage aus folgenden Komponenten aufgebaut werden: Gas/Gas-Wärmetauscher für die Naß- waschanlage Zweistufige Naßwaschanlage Naß-E-Filter Saugzuggebläse Gas/Gas-Wärmetauscher für die SCR- DENOX-Einheit Endheizung mit Erdgas als Brennstoff Selektive katalytische Entstickung (SCR, Selective Catalytic NO x Reduc- tion) mit Ammoniak Filsorption In ihrem Angebot schlug ABB Fläkt die In- stallation einer Filsorptions-Stufe II anstel- le des Naß-E-Filters vor. Der Vorgang der Filsorption – abgeleitet aus Filtration und Adsorption – umfaßt komplexe Reaktio- nen zwischen den im Rauchgas enthalte- nen Schadstoffen und den feinkörnigen Sorptionsmitteln auf den Schläuchen eines Faserfilters . Die Filsorption bietet gegenüber einem Naß-E-Filter (NEF) den Vorteil, daß sie nicht nur die kleinsten festen Teilchen, sondern auch einige gasförmige Elemente weitgehend eliminiert. Diese werden über chemische Reaktionen, Absorption und Adsorption im Filterkuchen entfernt, der aus Sorptionsmitteln, Reaktionsprodukten und Teilchen aus dem Verbrennungspro- zeß besteht. Die fein gemahlenen Sorp- tionsmittel sorgen für eine sehr große Kontaktfläche. Dieser Prozeß eignet sich besonders für die Ausscheidung von Schwefeltrioxid (SO 3 ). Da auf der Ausgangsseite der Fil- sorptionseinheit fast kein SO 3 zu finden ist, können sich sogar bei niedrigen Tem- peraturen keine Ammoniumsalze bilden. Die Katalysatortemperatur konnte deshalb auf 235–240 °C gesenkt werden, so daß sich der anlageneigene Dampf für die Er- hitzung des Rauchgases auf die vor der Ammoniakeinspritzung erforderliche Tem- peratur verwenden läßt. Dies ist kosten- 2 R A U C H G A S R E I N I G U N G S A N L A G E N Arthur Schnieper KVA Luzern Kurt B. Carlsson ABB Fläkt Industri L Müllverbrennungs- anlage «Luzern 2000» mit neuer Rauchgas- reinigungsanlage Die Rauchgasreinigungsanlage der 1971 errichteten Müllverbren- nungsanlage «Luzern 2000» entsprach nicht in allen Belangen der schweizerischen Luftreinhalteverordnung (LRV 91) und mußte deshalb nachgerüstet werden. Die aus drei Verbrennungslinien bestehende Müllverbrennungsanlage war bisher mit E-Filtern und einstufigen Naß- waschanlagen ausgerüstet. Die neue Ausrüstung sollte Naßwaschanla- gen, Naß-E-Filter sowie selektive Katalysator-DENOX-Stufen umfassen. ABB Fläkt Industri unterbreitete ein Angebot über eine Filsorptionsein- heit anstelle der Naß-E-Filter (NEF). Die folgende Auswertung zeigte, daß diese Einheit erhebliche Vorteile bietet. Nach erfolgreicher Inbe- triebnahme und Leistungstests ging die neue Rauchgasreinigungsanla- ge im August 1996 in Betrieb und befindet sich seither im Dauerbetrieb. Die neue Anlage hat sich als wirtschaftliche Lösung erwiesen, um die Anforderungen der LRV 91 zu erfüllen.

RAUCHGASREINIGUNGSANLAGEN Müllverbrennungs- anlage …€¦ · Bypass Zur Wasseraufbereitung Zum Kamin Zum Kamin Zu den Müllverbrennungs-kammern Reaktor Zusatz-gebläse Dampf Ammoniak

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A B B T e c h n i k 6 / 1 9 9 7 23

uzerns Müllverbrennungsanlage

wurde 1971 mit zwei Verbrennungslinien

mit einer Kapazität von je 3–4 t/h errichtet.

In den Achtzigern hat man eine dritte Linie

gebaut und die zwei ursprünglichen Linien

modernisiert und u. a. mit größeren E-Fil-

tern und einer einstufigen Naßwaschanla-

ge ausgerüstet. Nach der Reinigung wird

das Wasser aus den Wäschern in den

nahe gelegenen Fluß abgelassen.

Die Kessel arbeiten mit einem Druck

von 35 bar und einer Temperatur von

370 °C. Sie liefern den Dampf für eine

5-MW-Turbogruppe, die den Strom in das

Ortsnetz einspeist. Ferner wird Warmwas-

ser für ein Krankenhaus erzeugt.

Die Anlage läuft im Dauerbetrieb mit

kurzen Unterbrechungen für die Kesselrei-

nigung sowie längeren Unterbrechungen

für die jährlichen Revisionen. Der Brenn-

1 stoff ist städtischer Müll sowie Indu-

striemüll mit einem Heizwert von 10–12

MJ/kg. Die Gesamtjahreskapazität der An-

lage beträgt 84 000 t Müll.

1991 trat die neue Luftreinhalteverord-

nung (LRV 91) in Kraft. Es wurde daher er-

forderlich, eine dieser Vorschrift entspre-

chende Rauchgasreinigungsanlage zu in-

stallieren.

Spezifikation für die

Rauchgasreinigungsanlage

Gemäß Spezifikation sollte die neue

Rauchgasreinigungsanlage aus folgenden

Komponenten aufgebaut werden:

• Gas/Gas-Wärmetauscher für die Naß-

waschanlage

• Zweistufige Naßwaschanlage

• Naß-E-Filter

• Saugzuggebläse

• Gas/Gas-Wärmetauscher für die SCR-

DENOX-Einheit

• Endheizung mit Erdgas als Brennstoff

• Selektive katalytische Entstickung

(SCR, Selective Catalytic NOx Reduc-

tion) mit Ammoniak

Filsorption

In ihrem Angebot schlug ABB Fläkt die In-

stallation einer Filsorptions-Stufe II anstel-

le des Naß-E-Filters vor. Der Vorgang der

Filsorption – abgeleitet aus Filtration und

Adsorption – umfaßt komplexe Reaktio-

nen zwischen den im Rauchgas enthalte-

nen Schadstoffen und den feinkörnigen

Sorptionsmitteln auf den Schläuchen

eines Faserfilters .

Die Filsorption bietet gegenüber einem

Naß-E-Filter (NEF) den Vorteil, daß sie

nicht nur die kleinsten festen Teilchen,

sondern auch einige gasförmige Elemente

weitgehend eliminiert. Diese werden über

chemische Reaktionen, Absorption und

Adsorption im Filterkuchen entfernt, der

aus Sorptionsmitteln, Reaktionsprodukten

und Teilchen aus dem Verbrennungspro-

zeß besteht. Die fein gemahlenen Sorp-

tionsmittel sorgen für eine sehr große

Kontaktfläche.

Dieser Prozeß eignet sich besonders für

die Ausscheidung von Schwefeltrioxid

(SO3). Da auf der Ausgangsseite der Fil-

sorptionseinheit fast kein SO3 zu finden

ist, können sich sogar bei niedrigen Tem-

peraturen keine Ammoniumsalze bilden.

Die Katalysatortemperatur konnte deshalb

auf 235–240 °C gesenkt werden, so daß

sich der anlageneigene Dampf für die Er-

hitzung des Rauchgases auf die vor der

Ammoniakeinspritzung erforderliche Tem-

peratur verwenden läßt. Dies ist kosten-

2

R A U C H G A S R E I N I G U N G S A N L A G E N

Arthur Schnieper

KVA Luzern

Kurt B. Carlsson

ABB Fläkt Industri

L

Müllverbrennungs-anlage «Luzern2000» mit neuerRauchgas-reinigungsanlageDie Rauchgasreinigungsanlage der 1971 errichteten Müllverbren-

nungsanlage «Luzern 2000» entsprach nicht in allen Belangen der

schweizerischen Luftreinhalteverordnung (LRV 91) und mußte deshalb

nachgerüstet werden. Die aus drei Verbrennungslinien bestehende

Müllverbrennungsanlage war bisher mit E-Filtern und einstufigen Naß-

waschanlagen ausgerüstet. Die neue Ausrüstung sollte Naßwaschanla-

gen, Naß-E-Filter sowie selektive Katalysator-DENOX-Stufen umfassen.

ABB Fläkt Industri unterbreitete ein Angebot über eine Filsorptionsein-

heit anstelle der Naß-E-Filter (NEF). Die folgende Auswertung zeigte,

daß diese Einheit erhebliche Vorteile bietet. Nach erfolgreicher Inbe-

triebnahme und Leistungstests ging die neue Rauchgasreinigungsanla-

ge im August 1996 in Betrieb und befindet sich seither im Dauerbetrieb.

Die neue Anlage hat sich als wirtschaftliche Lösung erwiesen, um die

Anforderungen der LRV 91 zu erfüllen.

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24 A B B T e c h n i k 6 / 1 9 9 7

günstiger als beispielsweise der Einsatz

von Erdgas. Da fast 100 % der Feststoffe

entfernt werden – die meisten davon im

Filterkuchen – ist es in der Regel nicht er-

forderlich, Katalysator und Wärmetau-

scher zu reinigen. zeigt das Funktions-

prinzip des von ABB Fläkt entwickelten

«Gesamtreinigungskonzepts».

Als Sorptionsmittel wurde für die An-

lage Luzern die übliche Mischung aus

hydriertem Kalk und Kohle/Kohlenstoff

gewählt. Sie bietet folgende Vorteile:

• Der hydrierte Kalk entfernt säurehaltige

Gase, einschließlich SO3, die nach der

Naßwaschanlage übrigbleiben.

• Das feine Koks-/Kohlepulver ad-/ab-

sorbiert chlorinierte Kohlenwasser-

stoffe sowie Dioxine und gasförmige

Schwermetalle, vor allem Quecksilber.

• Der Filterkuchen, der zum größten Teil

aus Sorptionsmitteln besteht, scheidet

submikroskopische Teilchen sehr effizi-

ent ab. Da die flüchtigsten Schwerme-

talle (Pb, Cd usw.) an die submikrosko-

pischen Teilchen gebunden sind, liegen

die Emissionen dieser toxischen Ele-

mente fast bei Null.

Das feine Koks-/Kohlepulver ist entzünd-

bar und muß entsprechend gehandhabt

werden. Die Entzündungsgefahr wird al-

lerdings dadurch gemindert, daß das

Koks-/Kohlepulver mit hydriertem Kalk

gemischt und in einer besonderen Aus-

führung der Filsorptionsstufe eingesetzt

wird.

Das Filsorptionsverfahren bietet jedoch

nicht nur technische, sondern auch wirt-

schaftliche Vorteile. Die Gesamtkosten

der in Luzern installierten Rauchgasreini-

gungsanlage sind niedriger als die der

Alternativlösung mit einem Naß-E-Filter

. Die Kosteneinsparung ergibt sich wie

folgt:

• Die einfachere Naßwaschanlage, die le-

diglich HCl und SO2 entfernt, senkt die

Installationskosten, und die SCR-

DENOX-Einheit arbeitet bei einer tiefe-

ren Temperatur.

• Die Betriebskosten sind aus folgenden

Gründen niedriger: geringerer Druckab-

fall über der Naßwaschanlage (offener

Sprühtyp), kleinerer Wärmetauscher für

4

3

Müllverbrennungsanlage «Luzern 2000“ mit der neuenRauchgasreinigungsanlage von ABB Fläkt

1

Kalk

Quecksilber

Kohle

Dioxin

Filterschlauch-material

GereinigtesGas

Rohgas

Sorptionsmittel undReaktionsprodukte

Prinzip der Filsorption, bei der komplexe Reaktionen zwischen den Schadstoffen im Rauchgas und den fein gemahlenen Sorptionsmitteln auf den Filterschläuchen des Faserfilters stattfinden.

2

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A B B T e c h n i k 6 / 1 9 9 7 25

Teilchenabscheidung Absorption Filsorption Entstickung

VomAbhitze-kessel

ElektrostatischerAbscheider

oder Faserfilter

Chemikalien

Chemikalien

Schwer-metalle

Salzwasserzum

Abwasser

NaCloderHCI

NichtlöslichesCa-Salz

oder Gips

KontaminiertesPulver zur

Verbrennung

Dampf

Zum Kamin

Saugzug-gebläse

Dampf

Ammoniak

DruckluftKataly-sator

Faserfilter

Kalk + Koks / KohleZwischen-

überhitzungNaßwasch-anlage

Das «Gesamtreinigungskonzept» von ABB Fläkt 3

Flußdiagramm der in der Müllverbrennungsanlage Luzern installierten Rauchgasreinigungsanlage 4

E-Filterund

Saugzuggebläse

HCI / SO2-Absorption Filsorption SCR -DENOX-Einheit

Emissions-überwachung

Gas/ Gas-Wärme-tauscher

Gas/ Gas-Wärme-tauscher

Naß-wasch-anlage

BypassZur Wasseraufbereitung

Zum Kamin

Zum Kamin

Zu den Müllverbrennungs-kammern

Reaktor

Zusatz-gebläse

Dampf

Ammoniakvom NH4OH-Verdampfer

Kataly-sator

T=235-240°C

Faserfilter

Kalk-/ Kokspulver-Gemisch

T=110°C

NaOH

Luftzwischen-überhitzung beim Start

Luft

Zum Aschesilo

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26 A B B T e c h n i k 6 / 1 9 9 7

die SCR-DENOX-Einheit, niedrigere

Kosten für die Erwärmung auf die End-

temperatur durch Verwendung von

Dampf anstelle von Erdgas.

Zudem bietet die Filsorptionslösung bes-

sere Emissionsgarantien als Naß-E-Filter.

Aufbau der neuen

Rauchgasreinigungsanlage

Die neue Rauchgasreinigungsanlage be-

steht aus zwei identischen Einheiten, die

sich durch folgende Merkmale auszeich-

nen:

• Elektrostatische Abscheider und Saug-

zuggebläse für jeden Feuerraum bzw.

Kessel. Der Druck in den Feuerräumen

wird individuell über die Saugzuggeblä-

se geregelt.

• Die Rauchgase strömen von den drei

Saugzuggebläsen zu einem gemeinsa-

men Kanal, an den die beiden neuen

Rauchgasreinigungssysteme ange-

schlossen sind.

Jedes der beiden neuen Systeme ,

in Luzern umfaßt:

• einen Gas/Gas-Teflon-Wärmetauscher,

der Wärme vom Eintritt der Naßwasch-

anlage zum Austritt ableitet. Die Naß-

waschanlagen verfügen über eine

separate Quench-Stufe und einen

zweistufigen Abscheideprozeß – eine

Säurestufe, hauptsächlich für die Ent-

fernung von HCl, sowie über eine neu-

trale Stufe für die Absorption von SO2.

Ein zweistufiger Nebelabscheider am

Austritt sorgt für eine sehr niedrige

Tröpfchenkonzentration.

Der Druckabfall über der offenen

Sprüh-Naßwaschanlage ist sehr gering.

Diese Technologie ist gemäß den in

Hunderten von Anlagen gemachten Er-

fahrungen höchst zuverlässig. Sie

wurde bisher in erster Linie in Verbin-

dung mit Müllverbrennungsanlagen und

Sodarückgewinnungskesseln einge-

setzt.

• eine Filsorptionsstufe hinter der

Naßwaschanlage. Da es sich hier um

einen Trockenprozeß handelt, muß das

von der Naßwaschanlage kommende

gesättigte Gas erhitzt werden. Deshalb

wird ein Wärmetauscher, der die

Wärme vom Eintritt verwendet, über

der Naßwaschanlage installiert. Die Fil-

sorptionsstufe umfaßt:

– einen Reaktor für die Vermischung

der trockenen, fein gemahlenen

Wirkstoffe mit dem Rauchgas.

– einen speziellen Filsorptions-Faser-

filter für Filtration, Sorption und che-

mische Reaktion. Dieser Filter ver-

fügt über vertikale Eintrittskanäle und

steile Trichter zur Verhinderung von

Staub- und Pulverablagerungen, in

denen Brände schwelen könnten.

Durch eine spezielle Anordnung von

Eintritt und Gasverteilung werden

Pulver und Verunreinigungen im

7

6

54

Die neue Rauchgasreinigungsanlage in Luzern

1 Kalk-/Kokssilo 7 Quench-Stufe2 Faserfilter 8 Katalysator3 Notwassertank 9 Gas/Gas-Wärmetauscher4 Heizung 10 NaOH-Tank5 Gas/Gas-Wärmetauscher 11 Verdampfer für Ammoniak6 Naßwaschanlage 12 Ammoniakspeicherung

5

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Rauchgas über die gesamte Filter-

oberfläche verteilt. Jeder Faserfilter

hat drei Fächer mit Eintritts- und

Austrittsklappen, durch die die Filter

auch während des Vollastbetriebs

einzeln inspiziert werden können. Für

die Filterschläuche wurde Dralon T

(PAC) verwendet. Die Schläuche

werden auf der Reingasseite reihen-

weise durch Luftstöße über schnelle

Membranventile, die an einen Behäl-

ter mit auf 1–2 bar komprimierter

Luft angeschlossen sind, gereinigt.

Inspektion und Austausch der

Schläuche erfolgen ebenfalls auf der

Reingasseite .

Der Staub, der sich durch die Luft-

stöße löst, wird in einer unterhalb

des Filters befindlichen Förder-

schnecke aufgefangen und zu den

Müllverbrennungskammern trans-

portiert. Die dort herrschende hohe

Betriebstemperatur zerstört die or-

ganischen Stoffe, wie z. B. Dioxine,

während der Überschuß an hydrier-

tem Kalk einen Teil des SO2 auf-

nimmt. Das bei der hohen Verbren-

nungstemperatur freiwerdende

Quecksilber wird in der Naßwasch-

anlage entfernt, das als Hauptsenke

für Hg dient.

• ein Zusatzgebläse, das das Gas durch

die neue Rauchgasreinigungsanlage

transportiert und unterhalb der Filsorp-

tionsstufe installiert ist. Da das Rauch-

gas trocken und sehr sauber ist und

eine Temperatur von ca. 110 °C hat,

verfügt dieses Gebläse über einen sehr

hohen Wirkungsgrad. Es wird so ge-

steuert, daß der Druck vor den Wä-

schern konstant bleibt. Das Gebläse

befindet sich vor der SCR-DENOX-Ein-

heit. Dieser Teil der Rauchgasreini-

gungsanlage arbeitet deshalb mit Über-

druck und ist gasdicht ausgeführt.

• einen Katalysator für die Entstickung

. Dieser arbeitet bei ca. 240 °C mit

Ammoniak. Das von der Filsorptions-

stufe und dem Saugzuggebläse kom-

mende Rauchgas muß deshalb zuerst

erwärmt werden. Dies erfolgt in zwei

Schritten:

9

8

– Zunächst wird das Gas in einem gas-

dichten Gas/Gas-Rohr-Wärmetau-

scher von 110 °C auf 210–215 °C

erwärmt. Die Wärmeseite des Wär-

metauschers ist an den Katalysator-

ausgang mit einer Eintrittstempera-

tur von 235 bis 240 °C angeschlos-

sen. Da das Gas sehr rein und

10

trocken ist, ist eine Reinigung des

Wärmetauschers in der Regel nicht

erforderlich.

– Die Enderwärmung des Rauchgases

vor dem Katalysator erfolgt mit

Dampf, der eine Temperatur von

370 °C und einen Druck von 35 bar

hat. Dieser wird von den Haupt-Müll-

1

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In der Müllverbrennungsanlage Luzern installierte Naßwaschanlage

1 Vom elektrostatischen Abscheider 8 Abwasserbehandlung2 Nebelabscheider 9 NaOH-Tank3 Naßwaschanlage 10 Quench-Stufe4 Düsen 11 Wärmetauscher5 Zum Abwasser 12 Zur Filsorptionsstufe6 NaOH 13 Notwassertank7 Zwischentank

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verbrennungskesseln im zweiten

Wärmetauscher geliefert. Das heiße

Kondensat wird zurückgewonnen

und in Niederdruckdampf umgewan-

delt.

Das Ammoniak, das als wässrige Lö-

sung gespeichert wird, läuft durch

einen Verdampfer, bevor es gleich-

mäßig im Kanal vor dem Katalysator

verteilt wird. Der Zweischichtkataly-

sator ist in einem separaten Kanal

installiert, durch den das Gas senk-

recht nach unten strömt. Bei Ab-

schaltungen der Anlage wird der Ka-

talysator trocken gehalten und auf-

geheizt, bevor der Prozeß neu star-

tet. Das kalte Rauchgas wird

Filsorptionsstufe in der Anlage Luzern

1 Faserfilter2 Eintrittsklappen 3 Druckluftbehälter4 Inspektionstüren5 Zur SCR-DENOX-Einheit6 Filterschläuche7 Filtertrichter8 Förderschnecke9 Einspritzung von Kalk-/Kokspulver

10 Zu den Müllverbrennungskammern11 Rückstandssilo12 Von der Naßwaschanlage13 Reaktor

7

Tabelle 1: Eintrittsbedingungen, Emissionsgrenzwerte gemäß LRV 91 und Garantiewerte

Schadstoffe Normale/max. Emissionenpro m3 Konzentration am Eintritt LRV 91 Garantiewerte(normale Bedingungen: in die neue Trockengas, 11 % O2) Rauchgasreinigungsanlage

Staub mg 35/50 10 2(Zn+Pb)tot mg 17/25 1 0,2CDtot mg 0,5/1 0,1 0,01

Hgtot mg 0,5/1 0,1 0,01HCl mg 1000/2000 20 1SO2 mg 450/1000 50 10

HF mg 10/30 2 0,2NOx mg 400/500 80 60NH3 mg – – 5Dioxin I – TEQ ng 3/5 – 0,05

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A B B T e c h n i k 6 / 1 9 9 7 29

während des Anfahrens zum Kamin

vorbeigeleitet.

Die extrem sauberen Bedingungen

stellen eine lange Lebensdauer von

Katalysator und Wärmetauschern

sicher.

Der für die neue Rauchgasreinigungsanla-

ge am Aufstellungsort zur Verfügung ste-

hende Raum war sehr begrenzt. Sie wurde

deshalb in einem neuen 40 m hohen Ge-

bäude installiert, auf dessen Dach sich

drei neue Kaminrohre befinden.

Umweltaspekte

Bei Betrieb aller drei Kessel können 11

bis 13 t Müll pro Stunde verbrannt wer-

den. Jede der beiden neuen Rauchgas-

reinigungssysteme ist dafür ausgelegt,

60 % des Gesamtdurchflusses von ca.

Tabelle 2: Ergebnisse der Emissionsmessungen und Garantiewerte

Schadstoffe EmissionenLinie 1 Linie 2 Garantiewerte

Staub 0,2 0,1 2(Zn+Pb)tot < 0,001 < 0,001 0,2CDtot < 0,001 < 0,001 0,01

Hgtot 0,001 0,001 0,01HCI 0,01 0,01 1SO2 2,0 0,8 10

HF < 0,01 < 0,01 0,2NOx 60 60 60NH3 0,3 0,2 5

Dioxin I – TEQ < 0,01 < 0,01 0,05

Alle Konzentrationen werden in mg/m3 bei normalem trockenem Gas, 11 % O2, ange-geben; ausgenommen sind Dioxine, die in ng angegeben werden. Die Ergebnisse zei-gen die mittleren Werte aus 2–6 Messungen.

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1

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5 6

8

91011

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Die Filterschläuche werden von der Reingasseite ausinspiziert und ausgetauscht. Ein bedienungsfreundlicherMechanismus ermöglicht den schnellen Austausch derFilterschläuche.

8 Katalysator für die Entstickung – er arbeitet bei ca. 240°C 9

1 Katalysator2 Gas/Gas-Wärmetauscher3 Gebläse für die

NH3-Verdampfung4 Heizung5 Ammoniak-/Wassertank6 Verdampfer7 Enderwärmung8 Entfeuchter

9 Elektrischer Lufterhitzer10 Dampf-Lufterhitzer11 Dampf12 Rauchgasgebläse13 Von der Filsorptionsstufe14 Einspritzung von

gasförmigem Ammoniak15 Zum Kamin

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30 A B B T e c h n i k 6 / 1 9 9 7

90 000 m3/h zu bewältigen. Die Eintritts-

bedingungen, die Emissionsgrenzwerte

nach LRV 91 und die Garantiewerte zeigt

Tabelle 1.

Garantien wurden außerdem für den

Abwasserdurchfluß und die Konzentration

der Verunreinigungen im Abwasser gege-

ben, das von der Naßwaschanlage zur Ab-

wasserreinigungsanlage fließt.

Garantiemessungen

Die Garantiemessungen wurden im Au-

gust 1996 durchgeführt, als die Kessel

unter fast normalen Bedingungen liefen.

Die in Übereinstimmung mit ISO- oder

VDI-Richtlinien durchgeführten Messun-

gen bestätigten, daß alle Garantien hin-

sichtlich des Chemikalienverbrauchs mit

einer ausreichend guten Sicherheitsspan-

ne eingehalten werden.

Der Stromverbrauch lag bei 400 kW

oder 35 kWh/t verbranntem Müll, d. h. bei

60 % des garantierten Wertes. Der Ab-

wasserdurchfluß in der Naßwaschanlage

sowie die Abwasserverunreinigungen

lagen unter den geschätzten Werten. Ta-

belle 2 zeigt die Ergebnisse der Emis-

sionsmessungen.

Betriebserfahrungen

Die Rauchgasreinigungsanlage wurde ter-

mingerecht angefahren und läuft seither

im Dauerbetrieb. Basierend auf den Be-

triebserfahrungen, hat man einige Verbes-

serungen vorgenommen. Es wurden zum

Beispiel Ejektoren für den Staubtransport

vom Zwischensilo unterhalb des Filsorp-

tionsfilters zu den Müllverbrennungskam-

mern installiert. Ferner schwankte der Ab-

wasserdurchfluß von den Wäschern zur

Abwasserbehandlung – ursprünglich ge-

regelt über die Leitfähigkeit des Naß-

waschanlagenwassers – zu stark und

führte zu einer Einbuße an Effizienz bei der

Abwasserbehandlung. Dies mußte geän-

dert werden. Die Membranen des Füll-

standsanzeigers/Reglers in der Quench-

Stufe wurden durch solche aus Tantal

ersetzt, einem Werkstoff, der der hoch-

aggressiven Atmosphäre in diesen Ein-

heiten besser standhält.

Seit der Inbetriebnahme hat sich die

neue Rauchgasreinigungsanlage als zu-

verlässige und sehr wirtschaftliche Lösung

für die Luftreinhaltung erwiesen.

Literaturhinweise

[1] Schnieper, A.: Optimierung von

Rauchgasreinigungssystemen – am Bei-

spiel der KVA Luzern. Technische Akade-

mie Esslingen, Kurs Nr. 16942/13.130.

[2] Carlsson, K. B.: Filsorption – a safe

approach for the control of toxic elements

in flue gases. UTA International 1/95.

[3] Klintenheim, E.: KVA Luzern 2000

Los 1 – weitergehende Rauchgasreini-

gung. ABB Fläkt Industri AB, Technical

Report TR/C 7312.002.

Redaktionelle Bearbeitung

Detlef P. H. Prien

Adressen der Autoren

Arthur Schnieper

KVA Luzern

Reußeggstraße 15

CH-6020 Emmenbrücke/Schweiz

Kurt B. Carlsson

ABB Fläkt Industri AB

S-351 87 Växjö/Schweden

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Gas/Gas-Wärmetauscher von Fläkt QGB zum Vorwärmen des Gasstroms für den SCR-Katalysator

1 Rauchgaseintrittt 3 Vom Katalysator2 Gereinigtes Rauchgas zum Kamin 4 Rauchgas zum Katalysator

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R A U C H G A S R E I N I G U N G S A N L A G E N