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Reality TV: Ein aktueller Überblick Wie hat sich das Genre des „Reality-TV“ entwickelt und wie lässt es sich heute abgrenzen? Welche Formate sind aktuell erfolgreich und warum?

Reality TV - Ein Überblick

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Für das Spezialisierungsseminar "Das neue Fernsehen" an der Universität Salzburg (MA Kommunikationswissenschaft) ein allgemein gehaltener Überblick über das Themengebiet "Realityt TV"

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Reality TV: Ein aktueller Überblick

• Wie hat sich das Genre des „Reality-TV“ entwickelt und wie lässt es sich heute abgrenzen?

• Welche Formate sind aktuell erfolgreich und warum?

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1. Die Sache

2. Die Anbieter

3. Die Abnehmer

4. Die Zukunft

5. Die Implikationen

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1. Die Sache

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Definitionen:

„Reality TV“ (vgl. Klaus/Lücke 2003):

• Narratives Reality TV: Unterhaltung der ZuschauerInnen durch authentische und nachgestellte Wiedergabe realer oder realitätsnaher (außer)gewöhnlicher Ereignisse nicht-prominenter AkteurInnen unterhalten

• Performatives Reality TV: Sendungen, die eine Bühne für nicht alltägliche Inszenierungen sind, jedoch zugleich direkt in die Alltagswirklichkeit nicht-prominenter Menschen eingreifen

„Realitätsunterhaltung“ (vgl. Weiß/Schwotzer 2011):

• Scripted-Reality-Formate (Bsp.: „Familien im Brennpunkt“)• Script-affine Formate (Bsp.: Daily Talk, „Gorilla, Panda & Co“, Coaching-Shows)• Reality-Show-Formate (Bsp.: „DSDS“, „Auswanderer sucht Frau“)

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Charakteristika (vgl. Falcoianu 2010):

• "Rezikteur": Rezipienten als Akteur, "Menschen wie du und ich" nicht als Teilnehmende, sondern auch als Akteure

• Darstellung des alltäglichen Alltags im Gegensatz zur Darstellung des Außergewöhnlichen

• „De-privatisierung“ des Individuums: Verschwimmen von Öffentlichem und Privatheit -> Öffentliche Intimität

• Banalisierte, nicht gesellschafts- oder politikbezogene Ausrichtung

• Infotainment

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(vgl. Falcoianu 2010: 28)

Hybridisierung der Genres und Formate

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„Meilensteine“ der Geschichte:

• 1948: Candid Camera (Versteckte Kamera)

• 1980: Unsolved Mysteries (NBC)

• 1990er: Notruf (RTL), Polizeiruf Deutschland (RTL)

• 1996: Driving School (BBC)

• 2001: 50 Formate in Deutschland (meist übernommen aus England)

• 2002: Big Brother (RTL), DSDS (RTL)

• 2002: Schwarzwaldhaus (ARD)

• 2007: Mitten im Leben (RTL)

• 2011: Berlin: Tag & Nacht

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2. Die Anbieter

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Produzenten nach Größe (vgl. Esser 2010)

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(vgl. Weiß/Schwotzer 2011)

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(vgl. Weiß/Schwotzer 2011)

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Interview mit Programmchefs (vgl. Horizont 2012):

Welche Bedeutung für RTL2:

• Schnell, effizient und kostengünstige Eigenproduktionen• USP für RTL2• Lizenzprogramme zu teuer

Erfolgskomponenten:

• Authentizität• Glaubhaftigkeit

Welche Bedeutung für RTL?

• Breite Zielgruppen-Abdeckung durch verschiedene Themenlandschaften• Bindung der Zuschauer an Marke durch starke Hosts

Welche Erfolgskomponenten?

• Relevanz des Themas• glaubwürdige, authentische Hosts• moderne, handwerklich hochwertige Umsetzung

Welche Bedeutung für Vox?

• USP durch "voxige Tonalität„• Mehrfachverwertung durch "kreierte"

Prominente

Erfolgskomponenten?

• handwerklich gut• authentische Erzählweise• Info-Bezug der Formate

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Milchmädchenrechnung (vgl. Weiß/Ahrens 2011):

• Drehzeit: 3-4 Tage

• Lohn für Akteure: ca. 100€ pP

• Location: gemietete Wohnungen

• Gesamtkosten für 45 Minuten Content (vgl. Angebot "filmpool"): ca. 40.000 €

• Reichweite (Marktanteil) von „Verdachtsfälle“: ca. 25%

• TKP (RTL Nachmittagsprogramm): ca. 13 € / 30 Sekunden

• -> bei 15 Minuten Werbung: 390€ / Tausender Kontakt

• Zuschauer (vgl. Quotenmeter 2012): 0,92 Millionen 14-49jährige

• Ergebnis: 920 x 390€ = ca. 358.000

• -> ca. 300.000 € Gewinn

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3. Die Zuseher

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Determinanten der Programmauswahl

• soziostrukturelle Bedingungen (vgl. Jandura/Meyen 2010)

• Mood specific usage: Katharsis-These und "Hedonismus" (vgl. Nabin/Oliver 2009)

• Funktion: aktive Selektion des Contents wenn private Relevanz gegeben(vgl. Knobloch-Westerwick/Hastall/Rossmann 2009): • "avoidance coping strategy" in privaten Bereichen!

• aber auch "Trägheit" ausschlaggebend (vgl. Esteves-Sorenson/Peretti 2010)

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Mögliche Determinanten der Programmauswahl

• Seier (2011):

„Reality Formate dienen manchen dazu, sich selbst in den Protagonisten wiederzufinden. Gleichzeitig erlauben diese Sendungen der bürgerlichen Mitte sich abzugrenzen und sich zu empören.“

• Durch Individualisierung der Gesellschaft fehlende soziale Konstruktion von Normen: Reality TV bietet Orientierung an (vgl. Weiß/Schwotzer 2011):

• einerseits durch Coaching-Sendungen (Bsp.: Raus aus den Schulden, Die Heimwerker)

• andererseits durch Darstellung von sozial Unerwünschtem (Bsp.: Betrugsfälle, Schulermittler, Frauentausch, Das Messie Team)

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4. Die Zukunft

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Bsp: Berlin – Tag & Nacht – Fakten

• Produziert durch Filmpool• Ø 13,0% Marktanteil im TV (RTLII, 14-49)• 25,3 Mio Video-Abrufe bei RTLII Now• 2,2 Mio Fans bei Facebook (Traffic)

Kombi-Strategie TV, Online & Facebook• Facebook befeuert Erfolg v BTN• TV und social media ergänzen sich stimmig• RTL: Keine eigene Social TV Plattform• Statusmeldungen der Charaktere liken od. kommentieren, chatten• Parallelnutzung, TV Quote rauf• TV, online/tab, mobile• In Werbepausen nicht umschalten• Ab Nov: App download (kostenlos)• CD Gewinnspiel, Klingelton, DVD-Boxen

-> crossmediale Verwertung-> Hybrid-Angebot-> Re-enactment der Authentizität

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Zusammenfassung:

Keine genaue Definition möglich auf Grund von:

• Hybridisierung der Genres/Formate• Verschmelzung von Information und Entertainment• Verschmelzung von Realität und Fiktion• -> Factual Entertainment

„Realitätsunterhaltung“ dominiert bei privat-wirtschaftlichen Broadcastern:

• Geringe Produktionskosten• Hoher Gewinn• Hohe Akzeptanz durch Publikum• Zielgruppenspezifische Ausrichtung• Neue Verwertungsmöglichkeiten

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5. Die Implikationen

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Implikationen:

• Skandalisierung bzw. Tabubruch als Mittel der Aufmerksamkeitsgenerierung (vgl. Lünenborg/Martens 2011), Bsp.: BigBrother 2001 -> Spirale

• Steigende Selbstreferenzierung der Medien in der Öffentlichkeit. Bsp.: DSDS –BILD –RTL Magazine etc.

• Konvergenz von verschiedenen Genres, Formaten, Filmtechniken, Funktionen

• "post-documentary Culture" (vgl. Skeggs/Wood 2012) -> Documentary of Diversion

• Verschwimmende Grenzen zwischen Fact und Fiction: „Factual Entertainment“

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Implikationen:

Kommerzialisierungsfolgen (vgl. Trappel 2011) in Reality TV „realisiert“:

• Orientierung an Werbewirtschaft: Zielgruppenspezifizierung, USP für Sender

• Kostenoptimierung: geringe Produktionskosten

• Verwertungsorientierung: Generierung eigener Events / Prominente

• Zielgruppenorientierung: Orientierung an Werbewirtschaft

• absinkende Trennung von Werbung und redaktionellem Inhalt: Product Placement, Sponsoring (Bsp.: Berlin – Tag&Nacht Tic Tac)

• Mangelnde Qualitätsorientierung: „künstlerische Ausgestaltung spielt keine große Rolle“ (vgl. Oliver/Bartsch 2010)

• Standardisierung: serielle Produktion, USP der Sender

• Boulevardisierung / Entpolitisierung: "sensations produced by Reality-TV have no public purpose or political connection" (Skeggs/Woods 2012: 26)

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Die Implikation?

Reality TV ist das Neue Fernsehen!

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Literatur:

Gleich, Uli (2011): Determinanten der Medien- und Programmauswahl. In: Media Perspektiven 1/2011. Online im Internet unter (06.11.12): LINK Nabin, Robin L. / Oliver, Mary Beth (2009): The SAGE handbook of media processes and effects. Thousand Oaks, CA: Sage. Knobloch-Westerwick, Silvia / Hastall, Matthias R. / Rossmann, Maik (2009): Coping or escaping? Effects of life dissatification on selective purpose. In: Communication Research 36, 2/2009. S. 207-228. Esteves-Sorenson, Constanza / Perretti, Fabrizion (2010): Micro-costs: Inertia in television viewing. New Haven: Yale University Press. Jandura, Olaf / Meyen, Michael (2010): Warum sieht der Osten anders fern? Eine repräsentative Studie zum Zusammenhang zwischen sozialer Position und Mediennutzung. In: Medien & Kommunikationswissenschaft 58, 2/2010. S. 208-226. Oliver, Mary Beth / Bartsch, Anne (2010): Appreciation as audience response: Exploring entertainment grafitications beyond hedonism. In: Human Communication Research 36, 1/2010. S. 53-81. Skeggs, Beverly / Wood, Hellen (2012): Reacting to Reality Television. Performance, Audience and Value. New York: Routledge. Balkin, Karen F. (2004): Reality TV. Farmington Hills: Greenhaven Press. Reiss, Steven / Wiltz, James (2004): Fascination with Fame Attracts Reality TV Viewers. In: Balkin Falcoianu, Anna (2010): Reality TV. Ästhetik und Rezeption eines Programmgenres. Marburg: Tectum Verlag. Klaus, Elisabeth / Lücke, Stephanie (2003): Reality TV – Definition und Merkmale einer erfolgreichen Genrefamilie am Beispiel von Reality Soap und Docu Soap. In: M&K 51. Jahrgang 2/2003. S. 195-212. Horizont (2012): Trash-TV: Die Macher über ihre Erfolgsformate. In: Horizont.Net. Online im Internet unter (04.10.2012): LINK Quotenmeter (2012): Tagesquoten 24.09.2012. Online im Internet unter (08.11.2012): www.quotenmeter.der/quoten Esser, Andrea (2010): Formatiertes Fernsehen. Die Bedeutung der Formate für Fernsehsender und Produktionsmärkte. In: Media Perspektiven 11/2010.

Weiß, Hans Jürgen / Schwotzer, Bertil (2011): Die Programmentwicklung deutscher Fernsehvollprogramme. Neue Daten der ALM-Studie. In: In: Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten in der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.): Programmbericht 2011. Fernsehen in Deutschland. Berlin: Vistas Verlag. Weiß, Hans-Jürgen / Ahrens, Annabelle (2011): Scripted Reality. Fiktionale und andere Formen der neun Realitätsunterhaltung. In: Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten in der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.): Programmbericht 2011. Fernsehen in Deutschland. Berlin: Vistas Verlag.

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