3
Albrecht v. Graefes Arch. klin. exp. Ophthal. 191,211--213 (1974) by Springer-VerIag 1974 Rechenmaschine fiir Blinde und hochgradig Sehschwache mit gesprochener Datenausgabe* Hans Bebie und Franz Fankhauser Institut ffir theoretische Physik (Dircktor: Prof. A. Mercier) und Augenklinik der Universit~t Bern (Direktor: Prof. P. Niesel) Eingegangen am 21. Miirz 1974 Calculating Machine with Spoken-Word Data Output for Blind and Very Weak-Sighted Operators Summary. An electronic desk calculator with spoken words as its data output is described. Because of the outstanding ability of the human cortex to assimilate human speech, the new system may have significant advantages over units of its category that use tactile or acoustic data output systems. Zusammen/assung. Es wird eine elektronisehe Tisehrechenmasehine mit ge- sprochener Datenausgabe beschrieben. Wegen der hervorragenden kortikalen Assi- milierbarkeit der menschlichen Sprache als Informationstr/iger, dfirfte diese Ein- heit gegenfiber den bekannten konventionellen Systemen seiner Klasse mit taktiler oder akustischer Datenausgabe entscheidende Vorteile besitzen. Bezfigheh der Eingabe yon Daten und Operationszeiehen bedarf eine Rechenmasehine keiner besonderen Anpassung an die besehr/~nkten M6g- lichkeiten ehles Blinden oder Sehschwachen, da die Bedeutung der Ta- sten erfahrungsgem/~13 aufgrnnd ihrer Anordnung raseh und sieher er- lernt werden kann. Selbstverst/~ndlieh mug abet die iibliehe visuelle Dar- stellung der Resultate dutch taktil akustiseh erfagbare Zeichen ersetzt werden. Die auf dem Markt erh/s Nodelle yon Reehnern Iiir Blinde (Clark) be- nfitzen durehwegs die taktile Darstellung (z.B. Braille -- Pr~gung auf den Anzeige- r~dern elektromechanischer Ausffihrungen). In der Entwicklung befindliche, nicht- visuelle Systeme (Gill) beruhen entweder wiederum auf taktilen Darstellungen oder auf symbolisehen akustisehen Codes versehiedener Art. Ein elektroniseher Rechner far die vier Grundoperationen, weleher demngchst erh/~ltlich sein soll (TELUB AB), verwendet ffir die Datenausgabe eine sogenannte Braille-Zeile, bestehend aus elek- trisch betis Stiften (alle Ziffern eines Resultates werden gleichzeitig darge- stellt). Demgegeniiber vermittelt unser naehfolgend besehriebenes Versuehsmodell die Ziffern der Resultate in Form gesproehener Zahlworte (,,Null" bis ,,Neun") fiber einen Lautsprecher oder eine tISrmusehel. Von dieser natfirliehen Darbietung der * Diese Arbeit wurde teilweise mit Unterstfitzung des Sehweizerisehen Fonds zur Verhfitung und Bek~mpfung der Blindheit ausgefiihrt.

Rechenmaschine für Blinde und hochgradig Sehschwache mit gesprochener Datenausgabe

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Rechenmaschine für Blinde und hochgradig Sehschwache mit gesprochener Datenausgabe

Albrecht v. Graefes Arch. klin. exp. Ophthal. 191,211--213 (1974) �9 by Springer-VerIag 1974

Rechenmaschine fiir Blinde und hochgradig Sehschwache

mit gesprochener Datenausgabe*

Hans Bebie u n d Franz F a n k h a u s e r

Institut ffir theoretische Physik (Dircktor: Prof. A. Mercier) und Augenklinik der Universit~t Bern (Direktor: Prof. P. Niesel)

Eingegangen am 21. Miirz 1974

Calculating Machine with Spoken-Word Data Outpu t for Bl ind and Very Weak-Sighted Operators

Summary. An electronic desk calculator with spoken words as its data output is described. Because of the outstanding ability of the human cortex to assimilate human speech, the new system may have significant advantages over units of its category that use tactile or acoustic data output systems.

Zusammen/assung. Es wird eine elektronisehe Tisehrechenmasehine mit ge- sprochener Datenausgabe beschrieben. Wegen der hervorragenden kortikalen Assi- milierbarkeit der menschlichen Sprache als Informationstr/iger, dfirfte diese Ein- heit gegenfiber den bekannten konventionellen Systemen seiner Klasse mit taktiler oder akustischer Datenausgabe entscheidende Vorteile besitzen.

Bezfigheh der Eingabe yon Da ten und Operat ionszeiehen bedarf eine Rechenmasehine keiner besonderen Anpassung an die besehr/~nkten M6g- lichkeiten ehles Bl inden oder Sehschwachen, da die Bedeu tung der Ta- sten erfahrungsgem/~13 aufgrnnd ihrer A n o r d n u n g raseh u n d sieher er- lernt werden kann. Selbstverst/~ndlieh mug abe t die iibliehe visuelle Dar- stellung der Resul ta te dutch tak t i l akust iseh erfagbare Zeichen ersetzt werden.

Die auf dem Markt erh/s Nodelle yon Reehnern Iiir Blinde (Clark) be- nfitzen durehwegs die taktile Darstellung (z.B. Braille - - Pr~gung auf den Anzeige- r~dern elektromechanischer Ausffihrungen). In der Entwicklung befindliche, nicht- visuelle Systeme (Gill) beruhen entweder wiederum auf taktilen Darstellungen oder auf symbolisehen akustisehen Codes versehiedener Art. Ein elektroniseher Rechner far die vier Grundoperationen, weleher demngchst erh/~ltlich sein soll (TELUB AB), verwendet ffir die Datenausgabe eine sogenannte Braille-Zeile, bestehend aus elek- trisch betis Stiften (alle Ziffern eines Resultates werden gleichzeitig darge- stellt). Demgegeniiber vermittelt unser naehfolgend besehriebenes Versuehsmodell die Ziffern der Resultate in Form gesproehener Zahlworte (,,Null" bis ,,Neun") fiber einen Lautsprecher oder eine tISrmusehel. Von dieser natfirliehen Darbietung der

* Diese Arbeit wurde teilweise mit Unterstfitzung des Sehweizerisehen Fonds zur Verhfitung und Bek~mpfung der Blindheit ausgefiihrt.

Page 2: Rechenmaschine für Blinde und hochgradig Sehschwache mit gesprochener Datenausgabe

212 H. Bebie und F. Fankhauser

Abb. 1

Information versprechen wir uns fiir jene Sehbehinderten, welche aus Gr[inden der Berufst~tigkeit auf die Durchffihrung yon Rechenoperationen angewiesen sind, einen sicheren, raschen und weniger mfihsamen Umgang mit dem Zahlenmaterial.

Die Bedienung des vorliegenden Ger~tes setzt voraus, dab Ziffern (Null bis Neun und Dezimalpunkt) und Operationszeichen (Addition bis Divison, L6schen) auf dem Tastenfeld (Abb. 1) blind beherrscht werden. Zu den erw~hnten Tasten, welche gleich angeordnet sind wie bei einem handelsiiblichen Tischrechner, kommt zus~tz- lich ein Startknopf hinzu, welcher die einmalige (oder repetierte) gesproehene Dar- bietung des Resultates auslSst. Falls dies wtinsehbar erscheint, kSnnen mit derselben Taste die eingegebenen Daten zu Kontrollzwecken ebenfalls in Form gesprochener Zahlworte abgerufen werden. Das Tastenfeld ist mittels eines Kabels mit einem Kasten verbunden (Abb 1), welcher die Rechenelektronik, einen kleinen L~ut- sprecher mit Regler, den Netzteil und eine dauernd laufende Walze mit den opti- schen Tonspuren der Zahlworte ,,Null" bis ,,Neun" enth~lt, ferner Bedienungs- schalter ftir die Wahl der maximal gewtinschten Anzahl yon Kommastellen und die Wahl der Pausenl~nge zwischen den einzelnen gesprochenen Worten.

Im einzelnen verl~uft die gesprochene Datenausgabe wie folgt: nach Bedienung der erw~hnten AuslSsetaste gibt der Lautsprecher die signifikanteste Ziffer des Resul- rates aus, d.h. ein gesprochenes Zahlwort aus dem Vokabular ,,Null" bis ,,Neun '~ (im Prototypen in deutscher Sprache), z.B. ,,Zwei" beim Resultat 25,3 oder ,,Null" beim Resultat 0,04. Die Ausgabe beginnt mit einem maximalen Zeitverzug yon ca. einer Sekunde und zwar auch in jenen F~l|en, wo nur ein Teil des zehnstelligen Da- tenregisters signifikant besetzt ist (Unterdrtickung nicht-signifikanter Nullen so- wohl am Anfang als auch am Ende der :Daten, ohne Zeitverlust). Nach einer kurzen Pause, welche yore Beniitzer individuell als ganzes Vielfaches der Trommelumlauf- zeit yon 0,5 sec gew~hlt werden kann (in der Regel 1,0 oder 1,5 sec), ertSnt die

Page 3: Rechenmaschine für Blinde und hochgradig Sehschwache mit gesprochener Datenausgabe

Rechenmaschine ffir Blinde 213

zweite Ziffer, u.s.f., bis Mle signifikanten Stellen des Resultates in automatiseher Folge ausgegeben sin& Die Sprechdauer der einzelnen Worte liegt knapp unter 0,5 see. Der Dezimalpunkt wird in der entspreehenden Ziffernlfieke als Summton signMisiert. Falls eine Unsieherheit fiber die Zahlenfolge besteht, mat] die Daten- ausgabe durch erneute einmMige Betiitigung der Starttaste ausgelSst werden.

Die Speieherung des Vokabulars mithilfe yon zehn optisehen Tonspuren er- laubt einen abnfitzungsfreien Dauerbetrieb. Die Tonspuren sind in paralleler An- ordnung auf ein einziges, Ieieht reproduzierbares Filmblatt als Tonfilmpositiv ko- piert, welches auf eine dauernd rotierende verchromte Walze von 80 mm Durehmes- ser und 75 mm L~nge aufgespannt ist. Die Steuerelektronik schaltet jeweils ffir die Dauer eines Trommelumlaufes ein Miniaturl~mpchen vor der betreffenden Tonspur ein. Geeignet angeordnete dfinne Liehtleiter nehmen das modulierte reflektierte Lieht auf, worauf die Liehtleiter si~mtlieher zehn Spuren gemeinsam einer einzigen Photodiode zugefiihrt werden. Dutch diese einfachste konstruktive LSsung ent- fallen s~mtliche sonst bei optischen Abtastsystemen notwendigen Linsen und Blen- den, dabei mug Mlerdings die Einschrgnkung auf eine akustisehe Bandbreite yon ea 2 kHz in Kauf genommen werden, was abet ffir die mfihelose und fehlerfreie Unterseheidung innerhalb eines besehrgnkten Vokabulars als durehaus hinreiehend erscheint.

Die p rak t i sehe E rp robung an einer Bl indensehule h a t b isher Mle in das Ger/~t gesetz ten E r w a r t u n g e n i iber t roffen. Bezfiglieh der Anwend- ba rke i t ergeben sieh /~hnliehe Fragen , wie sie berei ts bei Reehnern mi t t a k t i l erfM3barer Da tenda r s t e l lung bes tehen. Diese bet ref fen sowohl die Fo rm, in weleher die Ausgangsda ten a n k o m m e n (z.B. No t i zen in Braille, mtindl iehe (~bermit t lung, Ablesung yore Schi rm eines gesehlossenen Fernsehsys temes ffir Sehsehwaehe, Tonband) als aueh die A r t und Weise, wie die yon der gechenmaseh ine abgegebenen D a t e n je naeh den beruf- l ichen Gegebenhei ten wei terverarbei te~ bzw. gespe ieher t werden sollen. I n diesem Zusammenhang di i rf te sieh Ms einfaehste , denkba re L6sung eine mSgliehst wei tgehende Verwendung eines Tonbandge r~ te s empfeh- len, wobei die gesproehenen D a t e n zweeks kt i rzerer oder 1/ingerer Spei- eherung d i rek t yore akus t i sehen Ausgang des Reehners auf einen Recor- der wei tergegeben werden kSnnten . Ube r ein Mikrophon eingesproehene K o m m e n t a r e und MerkwSrter wi i rden dabe i den K o n t e x t ffir das auto- mat i seh aufgenommene D a t e n m a t e r i a l ergeben.

Nachtrag bei der Korrektur: Ein Reehenger~t mit gesprochener Datenausgabe wird auf Ende 1974 durch Interzeag AG, CH-8953 Dietikon, seriell gefertigt.

Literatur Clark, L.L. (Ed.): Aids and appliances for blind and visually impaired persons.

International catalog. New York: American Foundation for the Blind, Inc. 1973 Gill, J. M.: Non-visual Mphanumerical displays. University of Warwick, England

(1974)

Priv.-Doz. Dr. H. Bebie Institut ffir theore~isehe Physik der Universit~t, Sidlerstral3e 5 CH-3000 Bern Schweiz

Prof. Dr. l~'. Fankhauser Univ.-Augenklinik Inselspital CH-3008 Bern Sehweiz