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:0, JUNI I924 KLINISCHE \VOCHENSCHRIFT. 3. J A H R G A N G . Nr. 24 lO83 umgekehrt, auch diese Beobachtung erlaubt es nicht, einen einfachen Zusammenhang zwisehell Herzkraft und Ekg- Gr613e allzunehmen. Von EI~I~OVE~ wird jedoch auch jetzt noch ein solcher Zusammenhallg angellommen, ebenso auf Grund roll Tier- experimenten yon F. B. Ho~MA~-I~-~). Vorl/~ufig kann der Praktiker das yon physiologischer Seite beigebrachte Tat- sachenmaterial nicht als hinreichend ansehen und wird bis auf weiteres einen Parallehsmus zwischen Herzkraft und H6he der Ekg-Zacken ablehnen. L i t e r a t u r: ~) A. WEBER, KIin. \Vochenschr. 1924, Nr. 23. -- ~) OTtO V. C. PE~E~SEI~. -- *) KLEwI~z, Dtsch. Arch. I. klin. 5Ied. I29, 4 i. 1919. -- ~) F. B. HO~MANN, Zeitschr. f. d. ges. exp. Med. II, I56. I92o. 121FFENTLICHES GESUNDHEITSWESEN. RECHTE UND PFLICHTEN DES ARZTES UND DES ARZTLICHEN SACHVERSTANDIGEN IN 0STERREICH UND DEUTSCHLAND NACH DEN JETZT GELTENDEN BESTIMMUNGEN. Von Privatdozent Dr. GEORG STRASSMANN. Aus dem Universit/its-InstiIut ftir gerichtliche Medizin in Berlin (Direktor: Geh. Rat F, STRASSMANN) und dem Universitlitsinstitut fiir gerichtliche Medizin in Xu (Vorstand: Hofrat A. HABERDA). Die Stamm- tfnd Sprachverwandtschaft Deutschlands und (Dsterreichs bedingt es, dab die rechtliche Stellung des ~rzt- lichen Standes und ]3erufes in beidell L~ndern vielfach nach Ahnlichen Grunds~tzen aufgebaut ist. Doch linden sich auch bedeutungsvolle Unterschiede ill der Stellullg des Arztes nnd des ~rztlichen Sachverst~lldigell in (3sterreich und Deutsch- land, die im allgemeinen wenig bekannt sind, deren Kenlltnis aber trotzdem allgemeineres Interesse beanspruchell dtirfte ulld die ohlle kritische Wtirdigung rein objektiv einander gegentiber gestellt werden sollen. In Osterreich wird dem Mediziner, der nach denl IO. Se- mester das III. Rigorosum bestalldell hat, durch die medi- zinische Fakult~t die Wiirde des Doktors der gesamtell Heil- kunde verliehen, ohne dab er dazu noch eine besolldere wissenschaitliche Arbeit verfassen oder sich einer eigenen Doktorpriifung unterziehen miiBte. Das III. Rigorosum ist dem deutschen Staatsexamen /~hlllich gestaltet. Es ent- h/~lt diesem gegenfiber als wichtigsten Unterschied eine Prii- lung ill der gerichtlichell Medizin, wie sie in fast allen Kultur- l~ndern trait Ausnahme Deutschlallds yon den Medizin- studierenden verlangt wird. Arzte, die in Deutschland ihr Staatsexamen abgelegt haben, mtissen, wenn sie sich in ()ster- reich niederlassen wollell -- abgesehen yon nach Osterreich berufenen Ulliversit/~tslehrern --, eine Prtifung in der ge- richtlichen Medizin nachholen. Nach der Verleihung des Doktortitels kanll sich der junge Mediziner sofort dort, wo er will, unter Meldung bei der politischen Betl6rde llieder- lassell. In Deutschland erlallgt der Medizinstudierende erst ein Jahr sp~tter, wenn er das vorgeschriebene praktische Jahr nach Beendigung des Staatsexamens abgeleistet hat, die Approbation als Arzt und dami~ die Erlaubllis, sich nieder- zulassen ulld Kranke zu behandeln. Der Doktortitel wird auf Grund einer besonderen wissenschaftlichen Arbeit und einer eigenen miilldlichen Prtifung vor einigen Examillatoren verliehen undist zur Ausiibung ~rztlicher "17~tigkeit nicht notwendig. In 0sterreich ist die gewerbsm~Bige Krankenbehandlung dnrch Kurpfuscher verboten. Mit Arrest, nach der Dauer der ausgetibten ullerlaubtell Tgtigkeit und der Gr613e des angerichteten Schadens mit strellgem Arrest wird derjenige bestraft, der ohne ~trztlichen Unterricht erhalten zu habei1 und ohne gesetzliche Berechtigung als Heil- oder Wundarzt diese gewerbsm~tBig austibt, oder insbesondere sich mit der Anwendung yon animalischem und Lebensmagnetismus oder mit Xtherd~mpfen (Narkotisierullgen) befaBt. Ist durch sein Verschulden der Tod eilles l~enschen erfolgt, so wird er wegen fahrl~ssiger T6tung bestraft (w343 0.St.G.B). In Deutschland, wo eill solches Kurpfuschereigesetz nicht be- steht, darf ein jeder Kranke behandeln. Bestraft wird der Kurpfuscher nach der Reichsgewerbeordnung nur dann, wenn er sich als Arzt bezeichnet oder einen Titel beilegt, durch dell der Glaube erweckt wird, er sei eine gepriifte Medi- zinalperson, oder strafrechtlich, wellll durch sein Verschulden eine K6rperverletzung oder der Tod eines Menschen verllrsacht wordell ist, wobei die ftir ETbertretung einer Berufspflicht geltendell strafsch~rfenden Bestimmungen derw 222 (fahr- l~ssige T6tung ) und 23o (fabrl~ssige K6rperverietzullg) zur Anwendullg kommen k6nn~n, wenn es sich um gewerbs- m~Bige Kurpfuscherei handelt. Vorbehaltell ist approbierten Arztell die Vornahme yon Impfungell und nach dem EntwurI des deutschen Gesetzes zur Bek/impfung der Geschlechts- krallkheiten die Behandlung yon Geschlechtskranken, die nur approbierten 2~rzten oder dell unter veralltwortlicher Leitung voll Arzten stehenden Personen gestattet ist. Ge- rade die Anderung dieser Bestimmung durch den Reichstag hat den Einspruch des Reichsrats hervorgerufen llnd die Verabschiedung des Gesetzes verhindert. Nach gewissen alten Hofkanzleidekreten, die zum Teil noch nicht aufgehoben sind, besteht in 0sterreich ein ~rzt- licher Berufszwang, wenn auch im Strafgesetz sich keille Be- stimmung dariiber finder (HABERI)A). Bei Verweigerung /~rztlicher Behandlung in Notf~llen kann daher unter Um- st~nden der Arzt wegen fahrl~ssiger K6rperverletzung oder T6tung (w O.St.G.B) strafrechtlich verfolgt werden. In Deutschland besteht kein firztlicher Berufszwang, der Arzt ist zur Krallkenbehalldlung nicht gezwullgell, er ist nur wie jeder andere Staatsbfirger auf Ersuchen der Polizei verpflichtet, bei UnglficksfXllen und gemeiner Gefahr Hilfe zu leisten, wenn er dieser Aufforderung ohne erhebliche eigene Gefahr geniigen kann (w 36o D.St.G.B.). In 0sterreich wird der Arzt, der die Geheimnisse der seiner Pflege anvertrauten Person jemalld anderen als der amtlich anfragenden Beh6rde entdeckt, alas erstemal mit Untersagung der Praxis auf 3 Monate, das zweitemal mit Untersagung auf i Jahr und das drittemal mit Untersagung ftir immer bestraft, eine Bestimmung, die wohl auBerordent- lich selten zur Allwendung kommt, die aber, wenn sie auch keine Freiheits- oder Geldstrafe nach sich zieht, infolge des Praxisverbots sehr hart ist (w498 0.St.G.B.). In Deutschland wird der Arzt wegen ullbefugter Often- barung des ibm kraft seines Amtes, Berufs oder Gewerbes anvertrauten Privatgeheimnisses mit Geldstrafen oder Ge- f~ngnis, jedoch llur auf Antrag bestraft (w 3oo D.St.G.B.). Der Ausdruck unbefugt ist nicht genauer definiert. Die Entscheidung, was befugte oder unbefugte Offenbarung ist, bleibt daher richterlichem Ermessen ttberlassen. Die Be- antwortung amtlicher Anfragen yon Beh6rden durch den Arzt, die in (%sterreich vom Gesetz ausdriicklich als erlaubt bezeichnet ist, diirfte im allgemeinen such in Deutschland nicht als unbefugt angesehell werden. Jedellfalls t~tllt die Anzeigepflicht bei ansteckenden Krankheiten, Geburten usw. nicht unter die Strafbestimmnng des w3oo. In (}sterreich darf im Strafverfahren der Arzt sein Zeug- his llicht verweigern, wenn ihn der Richter voll der Schweige- pflicht entbindet. Im Zivilverfahren kalln er sein Zeugnis verweigern. Durch seine Aussage macht er sich jedoch nicht strafbar. In Deutschland kann der Arzt im Straf- und Zivil- verfahrell sein Zeugnis in Ansehung dessert vervceigern, was ihm bei Ausiibung seines Berufes anvertraut worden ist .und kanll vom Richter nicht zur Anssage gezwungen werden (w 52 D.St.P.O., 383 . D.Z.P.O.). Seine Aussage vor Gericht gilt, wenll er sie, ohne yon der Schweigepflicht elltbunden zu sein, macht, meist nicht als eine unbefugte Offenbarung,

Rechte und Pflichten des Arztes und des Ärztlichen Sachverständigen in Österreich und Deutschland nach den Jetzt Geltenden Bestimmungen

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:0, J U N I I924 K L I N I S C H E \ V O C H E N S C H R I F T . 3. J A H R G A N G . Nr. 24 lO83

umgekehrt, auch diese Beobachtung erlaubt es nicht, einen einfachen Zusammenhang zwisehell Herzkraf t und Ekg- Gr613e allzunehmen.

Von EI~I~OVE~ wird jedoch auch jetzt noch ein solcher Zusammenhallg angellommen, ebenso auf Grund roll Tier- experimenten yon F. B. Ho~MA~-I~-~). Vorl/~ufig kann der Praktiker das yon physiologischer Seite beigebrachte Tat-

sachenmaterial nicht als hinreichend ansehen und wird bis auf weiteres einen Parallehsmus zwischen Herzkraft und H6he der Ekg-Zacken ablehnen.

L i t e r a t u r: ~) A. WEBER, KIin. \Vochenschr. 1924, Nr. 23. -- ~) OTtO V. C. PE~E~SEI~. -- *) KLEwI~z, Dtsch. Arch. I. klin. 5Ied. I29, 4 i. 1919. -- ~) F. B. HO~MANN, Zeitschr. f. d. ges. exp. Med. II, I56. I92o.

121FFENTLICHES GESUNDHEITSWESEN. RECHTE UND PFLICHTEN DES ARZTES UND DES ARZTLICHEN SACHVERSTANDIGEN IN 0STERREICH U N D DEUTSCHLAND NACH DEN

JETZT GELTENDEN BESTIMMUNGEN. Von

P r iva tdozen t Dr. GEORG STRASSMANN. Aus dem Universit / i ts-InstiIut ftir gerichtliche Medizin in Berlin (Direktor: Geh. Rat F, STRASSMANN) und dem Universitli tsinstitut fiir gerichtliche Medizin in Xu

(Vorstand: Hofra t A. HABERDA).

Die Stamm- tfnd Sprachverwandtschaft Deutschlands und (Dsterreichs bedingt es, dab die rechtliche Stellung des ~rzt- lichen Standes und ]3erufes in beidell L~ndern vielfach nach Ahnlichen Grunds~tzen aufgebaut ist. Doch linden sich auch bedeutungsvolle Unterschiede ill der Stellullg des Arztes nnd des ~rztlichen Sachverst~lldigell in (3sterreich und Deutsch- land, die im allgemeinen wenig bekannt sind, deren Kenlltnis aber t rotzdem allgemeineres Interesse beanspruchell dtirfte ulld die ohlle kritische Wtirdigung rein objektiv einander gegentiber gestellt werden sollen.

In Osterreich wird dem Mediziner, der nach denl IO. Se- mester das I I I . Rigorosum bestalldell hat, durch die medi- zinische Fakul t~t die Wiirde des Doktors der gesamtell Heil- kunde verliehen, ohne dab er dazu noch eine besolldere wissenschaitliche Arbeit verfassen oder sich einer eigenen Doktorpriifung unterziehen miiBte. Das III . Rigorosum ist dem deutschen Staatsexamen /~hlllich gestaltet. Es ent- h/~lt diesem gegenfiber als wichtigsten Unterschied eine Prii- lung ill der gerichtlichell Medizin, wie sie in fast allen Kultur- l~ndern trait Ausnahme Deutschlallds yon den Medizin- studierenden verlangt wird. Arzte, d ie in Deutschland ihr Staatsexamen abgelegt haben, mtissen, wenn sie sich in ()ster- reich niederlassen wollell -- abgesehen yon nach Osterreich berufenen Ulliversit/~tslehrern --, eine Prtifung in der ge- richtlichen Medizin nachholen. Nach der Verleihung des Doktortitels kanll sich der junge Mediziner sofort dort, wo er will, unter Meldung bei der politischen Betl6rde llieder- lassell. In Deutschland erlallgt der Medizinstudierende erst ein Jahr sp~tter, wenn er das vorgeschriebene praktische Jahr nach Beendigung des Staatsexamens abgeleistet hat, die Approbation als Arzt und dami~ die Erlaubllis, sich nieder- zulassen ulld Kranke zu behandeln. Der Doktort i tel wird auf Grund einer besonderen wissenschaftlichen Arbeit und einer eigenen miilldlichen Prtifung vor einigen Examillatoren verliehen u n d i s t zur Ausiibung ~rztlicher "17~tigkeit nicht notwendig.

In 0sterreich ist die gewerbsm~Bige Krankenbehandlung dnrch Kurpfuscher verboten. Mit Arrest, nach der Dauer der ausgetibten ullerlaubtell Tgtigkeit und der Gr613e des angerichteten Schadens mit strellgem Arrest wird derjenige bestraft, der ohne ~trztlichen Unterricht erhalten zu habei1 und ohne gesetzliche Berechtigung als Heil- oder Wundarzt diese gewerbsm~tBig austibt, oder insbesondere sich mit der Anwendung yon animalischem und Lebensmagnetismus oder mit Xtherd~mpfen (Narkotisierullgen) befaBt. Ist durch sein Verschulden der Tod eilles l~enschen erfolgt, so wird er wegen fahrl~ssiger T6tung bestraft (w 343 0.St.G.B). In Deutschland, wo eill solches Kurpfuschereigesetz nicht be- steht, darf ein jeder Kranke behandeln. Bestraft wird der Kurpfuscher nach der Reichsgewerbeordnung nur dann, wenn er sich als Arzt bezeichnet oder einen Titel beilegt, durch dell der Glaube erweckt wird, er sei eine gepriifte Medi-

zinalperson, oder strafrechtlich, wellll durch sein Verschulden eine K6rperverletzung oder der Tod eines Menschen verllrsacht wordell ist, wobei die ftir ETbertretung einer Berufspflicht geltendell strafsch~rfenden Bestimmungen d e r w 222 (fahr- l~ssige T6tung ) und 23o (fabrl~ssige K6rperverietzullg) zur Anwendullg kommen k6nn~n, wenn es sich um gewerbs- m~Bige Kurpfuscherei handelt. Vorbehaltell ist approbierten Arztell die Vornahme yon Impfungell und nach dem EntwurI des deutschen Gesetzes zur Bek/impfung der Geschlechts- krallkheiten die Behandlung yon Geschlechtskranken, die nur approbierten 2~rzten oder dell unter veralltwortlicher Leitung voll Arzten stehenden Personen gestattet ist. Ge- rade die Anderung dieser Best immung durch den Reichstag hat den Einspruch des Reichsrats hervorgerufen llnd die Verabschiedung des Gesetzes verhindert.

Nach gewissen alten Hofkanzleidekreten, die zum Teil noch nicht aufgehoben sind, besteht in 0sterreich ein ~rzt- licher Berufszwang, wenn auch im Strafgesetz sich keille Be- st immung dariiber finder (HABERI)A). Bei Verweigerung /~rztlicher Behandlung in Notf~llen kann daher unter Um- st~nden der Arzt wegen fahrl~ssiger K6rperverletzung oder T6tung (w O.St.G.B) strafrechtlich verfolgt werden.

In Deutschland besteht kein firztlicher Berufszwang, der Arzt ist zur Krallkenbehalldlung nicht gezwullgell, er ist nur wie jeder andere Staatsbfirger auf Ersuchen der Polizei verpflichtet, bei UnglficksfXllen und gemeiner Gefahr Hilfe zu leisten, wenn er dieser Aufforderung ohne erhebliche eigene Gefahr geniigen kann (w 36o D.St.G.B.).

In 0sterreich wird der Arzt, der die Geheimnisse der seiner Pflege anvertrauten Person jemalld anderen als der amtlich anfragenden Beh6rde entdeckt , alas erstemal mit Untersagung der Praxis auf 3 Monate, das zweitemal mit Untersagung auf i Jahr und das drit temal mit Untersagung ftir immer bestraft, eine Bestimmung, die wohl auBerordent- lich selten zur Allwendung kommt, die aber, wenn sie auch keine Freiheits- oder Geldstrafe nach sich zieht, infolge des Praxisverbots sehr hart ist (w 498 0.St.G.B.).

In Deutschland wird der Arzt wegen ullbefugter Often- barung des ibm kraft seines Amtes, Berufs oder Gewerbes anvertrauten Privatgeheimnisses mit Geldstrafen oder Ge- f~ngnis, jedoch llur auf Antrag bestraft (w 3oo D.St.G.B.).

Der Ausdruck unbefugt ist nicht genauer definiert. Die Entscheidung, was befugte oder unbefugte Offenbarung ist, bleibt daher richterlichem Ermessen ttberlassen. Die Be- antwortung amtlicher Anfragen yon Beh6rden durch den Arzt, die in (%sterreich vom Gesetz ausdriicklich als erlaubt bezeichnet ist, diirfte im allgemeinen such in Deutschland nicht als unbefugt angesehell werden. Jedellfalls t~tllt die Anzeigepflicht bei ansteckenden Krankheiten, Geburten usw. nicht unter die Strafbestimmnng des w 3oo.

In (}sterreich darf im Strafverfahren der Arzt sein Zeug- his llicht verweigern, wenn ihn der Richter voll der Schweige- pflicht entbindet. Im Zivilverfahren kalln er sein Zeugnis verweigern. Durch seine Aussage macht er sich jedoch nicht strafbar. In Deutschland kann der Arzt im Straf- und Zivil- verfahrell se in Zeugnis in Ansehung dessert vervceigern, was ihm bei Ausiibung seines Berufes anver t raut worden ist

.und kanll vom Richter nicht zur Anssage gezwungen werden (w 52 D.St.P.O., 383 . D.Z.P.O.). Seine Aussage vor Gericht gilt, wenll er sie, ohne yon der Schweigepflicht elltbunden zu sein, macht, meist nicht als eine unbefugte Offenbarung,

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doch gibt es auch gewicht.!ge, gegenteilige Ansichten in Juri- stenkreisen darfiber. In Osterreich ist der Arzt verpflichtet, in jedem Falle, wo ihm eine Igrankheit, Verwundung, eine Geburt oder ein Todesfall vorkommt, bet dem der Verdacht des Verbrechens oder Vergehens oder fiberhaupt ether durch andere herbeigeffihrten gewaltsamen Verletzung besteht, unverzfiglich die Anzeige an die Beh6rde zu erstatten (w 359 O.St.G.B.). Es ist das eine gesetzliche Bestimmnng, die bet der /3ehandlung aller Krankheiten, Verletzungen usw., die durch eine strafbare Handlung herbeigeffihrt zu sein scheinen, das grztliche Berufsgeheimnis ausschaltet.

Das deutsche Strafgesetz kennt nichts Derartiges. Der Arzt ist in Deutschland nicht zur Anzeige gezwungen, wenn er yon einem begangenen Vergehen oder Verbrechen bet der Behandlung eines Kranken erfghrt. Es bestehen sogar Zweifel darfiber, ob er in solchen F~llen dazu berechtigt ist. Eine Anzeige mul3 in Deutschland der Arzt ebenso wie jeder andere 13firger dann machen, wenn er yon dem Vorhaben eines ge- meingef~thrlichen Verbrechens (Mord, " Hochverrat u . a . ) zu einer Zeit glaubhafte Kenntnis erhglt, wo die Verhfitung des Verbrechens noch m6glich ist, und zwar an die 13eh6rde oder an die durch das Verbrechen bedrohte Person. Die unberechtigte Ansstellung yon ~rztlichen Zeugnissen oder die Verf~lschung yon ~trztlichen Attesten dutch Laien kann in ()sterreich nach den allgemeinen Strafbestimmnngen fiber Urkundenf~Ischung oder 13etrug, die Ausstellung un- richtiger Gesundheitszeugnisse durch Nrzte wegen 13etruges verfolgt werden, ohne dab eigene Strafbestimmungen darfiber bestfinden. Allerdings sieht der neue 6sterreichische Straf- gesetzentwurf eine 13estrafung ffir die wissentliche oder fahr- 1/issige unrichtige AusstelIung ~rztIicher Zeugnisse vor.

In Deutschland wird mit Gef~tngnis derjenige bestraft, der unter der ihm nicht zustehenden Bezeichnung als Arzt ein Zeugnis fiber seinen oder eines anderen Gesundheitszustand a usstellt oder ein anderes derartiges echtes Zeugnis verf~lscht und davon zur Tgusehung yon t3eh6rden Gebrauch macht (w 277 D.St.G.13.). Der Arzt, der ein unrichtiges Zeugnis fiber den Gesundheitszustand eines Menschen zum Gebrauch bet ether Beh6rde oder Versicherungsgesellschaft wider bes- seres Wissen ausstellt, wird mit Gef~tngnis yon einem NIonat bis zu zwei Jahren bestraft (w 278 D.St.G.B.). Es besteht somit in Deutschland eine besondere Strafbestimmung ffir die unrichtige Ausstellung oder die Verfglsehung eines grzt- lichen Zeugnisses durch Laien, wenn ein solches zur T~nschung einer Beh6rde dienen soll, und eine andere ffir die wissentlich unrichtige Ausstellung eines Zeugnisses fiber den Gesund- heitszustand einer Person durch den Arzt, wenn dieses Zeug- hiS Iiir eine Beh6rde oder Versicherungsgesellschaft gebraucht wird.

In Osterreich besteht eine eigene Strafbestimmung ffir grztliche Kunstfehler, die in Deutschland fehlt. Nach w 356 0.St.G. macht sich ein Heilarzt (Arzt), der bet Behandlung eines Kranken solche Fehler begangen hat, aus welchen Unwissenheit am Tage liegt, dann, wenn daraus eine schwere k6rperliche Beschgdigung entstanden ist, einer ~bertretung, und, wenn der Tod eines Kranken er folgte, eines Vergehens schul- dig. Dasselbe gilt ffir einen Wundarzt (Arzt), der diese Folgen dutch eine ungeschickte chirurgische Operation eines Kranken herbeigeffihrt hat (w 357 0.St.G.B.). Es ist dem Arzt in diesern Falle die Ausfibung der tIeilkunde so lange zu untersagen, bis er in einer neuen Prfifung die Nachholung der mangelnden Kenntnisse dargetan hat. Nrztliche Kunstfehler wegen Unwissenheit werden also nur, wenn sic eine schwere k6rper- liehe Besch~idigung (darunter ist eine Gesundheitsst6rung oder 13erufsunf~higkeit yon mindestens 2otggiger Dauer, eine schwere Verletzung oder eine Geisteszerrfittung zu ver- stehen) oder wenn sic den Tod verursacht haben, mit IJnter- sagung der Berechtigung der Praxisausfibung bestraft, his die fehlenden Kenntnisse vom Arzte in einer neuen Prfifung dargetan sind. Eine Geld- oder Freiheitsstrafe wird nicht ausgesprochen. Mit Geldstrafe wird dagegen der Arzt bestraft, der einen Kranken fibernommen und nachher zum wesent- lichen Nachteil seiner Gesundheit vernachl~ssigt hat. Wenn daraus eine schwe~e Verletzung oder gar der Tod des Kranken

R I F T . 3. J A H R G A N G . Nr. 24 to. jUNII924

erfolgte, so treten die Bestimmungen des w 335 ein, wonach bet schwerer k6rperlicher Besch/i.digung Arrest, bet T6tnng strenger Arrest bis zu einem Jahre verhgngt werden kann (w O.St.G.B.). Leichte Folgen ~trztlicher Kunstfehler werden in 0sterreich nicht bestraft.

Der Arzt, der in Deutschland wegen eines Kunstfehlers angeklagt wird, hat die Verurteilung wegen fahrl~tssiger ~6rperverletzung (w 23o: Geld- oder Gef~ngnisstrafe bis zu 3 Jahren) oder wegen fahrl~ssiger T6tung (w 222: Gef~tngnis- strafe bis zu 5 Jahren) zu gew~rtigen, wobei eine strengere Strafe als sonst bet fahrl~ssiger K6rperverletzung oder T6tung ausgesprochen werden kann, weil der Arzt zu der Aufmerk- samkeit, die er dabei aus den Augen setzte, kraft seines Amtes, Berufes oder Gewerbes besonders verpflichtet war. Wghrend im allgemeinen alle fahrl~tssigen K6rperverletzungen nut auf Antrag verfolgt werden, gilt dies nicht ffir diejenigen, die mit ~ber t re tung einer Amts-, Berufs- oder Gewerbepflicht began- gen worden stud, was ffir den Arzt in Frage kommt. In Deutschland k6nnen !f6rperverletzungen durch Kunstfehler, auch wenn sic keine schwereren Folgen nach sich gezogen haben, bestraft werden. Eine besondere Strafbestimmung, die nur ffir ~trztliche Kunstfehler gilt, besteht in Deutschland nicht. Zivilrechtlich kann in beiden L~tndern bet Kunstfehlern ant Ersatz des gesamten entstandenen Schadens geklagt werden, Das 6sterreichische Gesetz kennt auBerdem eine b e - sondere Verantwortlichkeit eines Sachverst~ndigen ffir einen versehentlich erteilten nachteiligen Rat, augerdem muB derjenige, der sich die erforderlichen, nicht gew6hnlichen Kenntnisse ffir ein Geschgft, z.B. die grztliche Behandlung, zutrant, wenn er diese I~2enntnissse nicht besitzt, ihren ~fangel vertreten (w167 1299 und 13oo O.13.G.B.). Die ]3erech- tigung, die grztliche Praxis auszufiben, geht in Osterreich in den erw~hnten F~tllen (unerlaubte Entdeckung des Berufs- geheimnisses, t(unstfehler wegen Unwissenheit) vorfiber- gehend, bet jeder Verurteilung wegen eines Verbrechens ffir immer verloren, da eine solche Verurteilung den Verlust aller akademischen Grade, aller .Titel und Amter nach sich zieht (w 26 0.St.G.B.) und die Berechtigung znr Ausfibung ~rztlicher Tgtigkeit an den Doktortitel gebunden ist. Der verurteilte Arzt kann den Doktortitel nu t dann wieder erlangen,

-wenn durch eine Amnestie s~mtliche Strafen und die Straf- folgen ausgel6scht werden oder wenn ein yon ibm an die medizinische Fakul tgt eingereichter Antrag auf Wieder- verleihung des Doktortitels yon dieser bewilligt wird. In Deutschland kann die einmal erteilte Approbation durch kein Strafurteil entzogen werden. Sic kann nur ffir ungfiltig erklgrt werden, wenn sie auf Grund falscher Voraussetzungen (z. 13. falscher Zeugnisse) erteilt worden ist. Die Approbation ruht w~hrend der Verbfil3ung ether Freiheitsstrafe nnd tr i t t nach ihrer VerbfiBung wieder in Kraft. Der Doktortitel geht allerdings bet einer Verurteilung zu Zuchthaus verloren, durch die der Verurteilte aller Titel, Wfirden und Orden verlustig geht. Ffir die M6glichkeit der Praxisausfibung ist das aber bedeutungslos, well dieses J~echt allein auf der Appro- bat ion beruht.

AuI die Unterschiede der firztlichen Sachverstgndigen- t~tigkeit vor Gericht in Osterreich und Deutschland, yon der ich einige Punkte an anderer Stelte bereits geschildert babe*), set bier nu t kurz hingewiesen. In ()sterreich wird in der 1Regel die Sachverst~ndigent~ttigkeit yon zwei Nrzten ausgefibt. Zum Augenschein soll der Richter im allgemeinen zwei Sachverstgndige zuziehen, nur wenn der Fall yon ge- ringerer Bedeutung ist oder das Abwarten bis zum I~intreffen eines zweiten Sacl~verst~tndigen bedenklich erscheint, kann er sich mit der Zuziehung eines Sachverst~ndigen begnfigen (w 118 O.St.G.13:). Die Leiehenbesehau und die Leichen- 6ffnung wird yon zwei Arzten vorgenommen. Ausnahmsweise geniigt ein Sachverstitndiger, wenn wegen fortgeschrittener F~.ulnis dutch l~tngeres Znwarten eine Gefghrdung des Er- gebnisses zu beffirchten steht. Wenn der Verdacht einer Vergiftung vorliegt, sind tnnlichst zwei Chemiker zuzuziehen. Wenn an der Zurechnungsfithigkeit eines 13eschuldigten

*) ~_rztl. Sachverst. Zeitung 1921, Nr. 23.

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Zweifel e n t s t e h e n , i s t die U n t e r s u c b u n g des Geistes- u n d Ge- mf i t s zus t andes d u r c h zwei Arz t e zu v e r a n l a s s e n (w I34 ). Auch bei k6 rpe r l i che r B e s c h g d i g u n g e n i s t die B e s i c h t i g u n g des Ver l e t z t en d u r c h z w e i Sachvers tXndige v o r z u n e h m e n (w I82), Die A u s g r a b u n g e ther Leiche z u m Zwecke e ther ge r i ch t l i chen L e i c h e n 6 f f n u n g f iude t n u r s t a t t , w e n n ein ,~hebl iches E r g e b n i s d a v o n zu e r w a r t e n is t u n d n i c h t d r in - gende G e f a h r ftir die G e s u n d h e i t derer, die a n der Le iehen- b e s c h a u t e i l nehm en , v o r h a n d e n ist.

I n D e u t s c h l a n d is t die Z u z i e h u n g yon A r z t e n n a c h der S t r a f p r o z e B o r d n u n g n u r b e d i n g t vo rgesch r i eben bei der ge r i ch t l i chen Le ichen6f fnung . Bet der r i ch te r l i chen Le ichen- schau, die u n t e r Z u z i e h u n g t ines Arz tes s t a t t f i n d e t , k a n n diese Z u z i e h u n g un t e rb l e iben , wenn sie n a c h r i c h t e r l i c h e m E r m e s s e n e n t b e h r l i c h is t (w 87 D.St .P .O.) . Die L e i c h e n 6 f f n u n g dagegen wird s t e t s yon zwei )krzten v o r g e n o m m e n , y o n d e n e n e ther ein G e r i c h t s a r z t sein m u a . Die E x h u m i e r u n g b e g r a b e n e r Le ichen k a n n z u m Zwecke der Le i chen6 f fnung ohne jede E i n s c h r g n k u n g v o r g e n o m m e n werden. Der z u l e t z t b e h a n d e l n d e Arz t k a n n zur A u f k l g r u n g bet der Sek t ion in be iden L g n d e r n zugezogen werden . I n D e u t s c h l a n d d a r t i h m die Le ichen- 6 f f n u n g n i c h t f i be r t r agen werden , t3ei e inem Verg i f tungs - v e r d a c h t i s t die U n t e r s u c h u n g der v e r d ~ c h t i g e n Stoffe d u r c h e inen Chemike r oder eine F a c h b e h 6 r d e v o r z u n e h m e n , wobei au f A n o r d n u n g des R ich t e r s die U n t e r s u c h u n g u n t e r Mit - w i r k u n g oder L e i t u n g eines Arz tes s t a t t f i n d e n k a n n (w D.St .P .O.) . W e d e r bei K 6 r p e r v e r l e t z u n g e n noch b e i m r ich te r - l i chen Augensch e i n oder bet zwei fe lhaf te r Z u r e c h n u n g s f g h i g - ke i t i s t die Z u z i e h u n g von S a c h v e r s t a n d i g e n ausdrf ickl ich vorgeschr i eben . N u r k a n n de r S a c h v e r s t g n d i g e zu r Vorbe- r e i t u n g t i ne s G u t a c h t e l i s t ibe r den Geis teszuseand des Ange-

s chu ld ig t en (w 8I D.St .P .O. ) seine B e o b a c h t u n g bis au f die D a u e r yon 6 W o c h e n in e ther 6 f fen t l i chen I r r e n a n s t a l t b e a n - t ragen , e ine B e s t i m m u n g , die in Os te r re i ch fehlt . G e m e i n s a m ist in be iden L~tndern die V e r p f i i c h t u n g des Arz tes z u m Er - s e h e m e n vo r Ger i ch t u n d seine B e s t r a f u n g bet u n e n t s c h u l d i g - tern Nich te r sche inen . V o n d e r mf ind l i chen E r s t a t t u n g yon G u t a c h t e n in der H a u p t v e r h a n d l u n g k a n n in 0 s t e r r e i c h ab- gesehen werden u n d das G u t a c h t e n ver lesen werden , w e n n der S a c h v e r s t g n d i g e inzwischen v e r s t o r b e n i s t oder wegen Alters , K r a n k h e i t , Gebrech l i chke i t oder wet te r E n t f e r n u n g oder aus a n d e r e n e rheb l i chen Gr f inden n i c h t e r sche inen k a n n . Augensche ins - u n d t 3 e f u n d s a u f n a h m e n mfissen vorge lesen werden, w e n n n i c h t be ide Teile daraUf ve rz i ch ten . I n D e u t s c h - land k 6 n n e n bet der V e r h a n d l u n g n u t grz t l iche Zeugnisse f iber Y26rpervertetzungen, die n i c h t zu den schweren geh6ren , ver lesen werden , Sons t ige G u t a c h t e n s ind mt ind l i eh zu er- s t~ t t en . I m Z iv i t ve r f ah ren wird in Os te r re i ch m e i s t n u r e in ~trztlicher Sachvers t~tndiger v e r n o m m e n . Vorgesch r i eben i s t in der 6s te r re ich i schen E n t m f i n d i g u n g s o r d n u n g wie in de r d e u t s c h e n Ziv i lp rozeBorduung, d a b vo r de r E n t s c h e i d u n g fiber die E n t m t i n d i g u n g wegen G e i s t e s k r a n k h e i t oder Geis tes- schw~tche (in (3sterreich s u c h wegen gewohnhe i t smgBigen Mil3brauchs yon Nerveng i f t en ) die U n t e r s u c h u n g des zu E n t m t i n d i g e n d e n d u r c h e inen oder zwei Sachve r s t~nd ige Zu er io lgen ha t .

Die r ech t l i che S te l lung des Arztes , die A r t der / i rz t l ichen S achvers tgnd igen t /~ t igke i t b i e t e t t r o t z de r n a h e n t3ez iehungen Oster re ichs n n d D e u t s c h l a n d s z u e i n a n d e r n e b e n v ie l em A h n - l ichem u n d G e m e i n s a m e n m a n c h e r l e i wesen t l i che U n t e r - schiede, yon d e n e n die w ich t i g s t en h e r v o r g e h o b e n werden sollte~, ohne s i t e r sch6pfend darzu legen .

REFERATENTEIL. PANKREAS UND DIABETES MELLITUS.

Pa tho log i sch -ana to 'mi sche B e t r a c h t u n g e n zu r Insu l inf rage .

Von

Pro f . Dr . reed . e t ph i l . CAELY SEYFARTH. Aus dem Pathologisehen In~titut der Universit~it Leipzig

(Direktor: Prof. Dr, W, HUECK).

Die gelungene Darstellung t ines wirksamen, nichttoxischen Pankreasextraktes, des Insulins, durch die kanadischen Forscher BANTIrCG, MACLEOD, BEST und ihre Mitarbeiter kann sehon jetzt als t in sehr wertvoller Beitrag zur Therapie des Diabetes mellitus bezeichnet werden. Wiederholt ist in dieser Wochenschrift yell G~EVENSTUCK (1923, S. 7o4ff.), yon SrAUB (1923, S. 2o89ff. und S. 2139ff., und 1924 , S. 49 ft. und S. 97ff.) und andereli in zu- s ammelifassenden Arbeiten fiber Insulin und Insulintherapie be- i ichte t worden. Im Iolgenden komme ich ether Aufforderung der Schriftleitung nach, einige pathologisch-anatomisoh wichtige Fragen zu besprechen.

Die Quelle des Insulins.

Seit den berf ihmten Pankreasexstirpationsversuchen MIN- ~:owsx;s und v. MERINGS herrscht Einmt~tigkeit darflber, dab an die Pankreassubs~anz als solehe eine innere SeM'e~ieli gebuliden ist, deren wesentlichste Aufgabe die Regulierung des Zucker- stofiwechsels ist. Aus den sehr zahlreichen experimentellen Arbei- ten der ngchsten Jahrzehnte ging einwandfrei hervor, dab die Inseln mi t der innereli Sekretion im Zusammenhang stehen mfisseli. Darfiber jedoch, ob die Inseln alZein oder ob Inseln und Acini ge- meinsam an der inneren Sekretioli des Pankreas beteiligt stud, konnte eine einheitliche Meinung bisher nicht erzielt werden. Von den meisten Ber ichters ta t tern fiber die Insulinfrage wird heute Ms feststehend aligenommen: ,,MAcLEOD ha t mit den Untersuchungen an Knochenfischen den ersten positiven I3eweis liefern k6nnen, dab tats~chlieh die Langerhansschen Inseln die Produzenten des wirksamen akt iven Prinzips sind" (STAuB, Klin. Wochenschr. I923, S. 2092). Is t durch MACLEODS oder seiner Mitarbeiter Versuehe diese Frage wirMich endggItig geMgrt wet- den ?

Sowohl die ursprfingliche Darstellungsweise des wirksamen Extraktes aus atrophischen Bauchspeicheldrfisen nach Uiiter- bindung des Pankreasausffihrungsganges der Versuchstiere, sis such die sparer geluligene Darstellulig aus Pankreas yon KMber- embryoneli wird yon dell amerikanischen Forschern selbst n icht als beweisend daffir angesehen, dab das Pankreashormon den Inselzellen alleir~ ents tammt. Im ersten Falle sind nach den Unter- suchnngen MAC CALLUMS t~) U. a. im fibrigbleibenden atrophischen Gewebe durchaus nieht ausschliealich Inselgewebe, sondern stets such noch Gruppen yon AcinuszeIlen enthalten. Ebenso sind im embryolialen Pankreas neben den reichtich vorhandenen Inseln bereits gut ausgebildete Tubulizelleli zu finden.

Die Darstellung tines eiweil3freieli, auch subcutan wirksamen, wasserl6slichen Extraktes gelang nach diesen Vorversucheli mi t tt i lfe des physiologischen Chemikers COLLIP alis dem gesamten frisehen Rinderpankreas. Nachdem es im Jal iuar I922 zum ersten Male beim menschlichen Diabetes mi t Erfolg angewandt worden War, wurde es , ,Insulin" benamlt . Auch jetz~ noch wird das wirk- same Ex t rak t aus dem gesamter~ frischen, zerkleinerten 1Rinder-, Schweine- oder Schafpankreas gewonnen (s. Klin. Wochenschr. I923, SI 2o91 u, 2o92 ). Irgendein Hinweis darauf, dab die IIIseln allein den wirksamen Stoff hervorbriligen, l~Bt sich aus diesen Darstellungsmethoden IIatfirlich IIicht herteitem

Beweiskr~ftig f[lr diese Hypothese sollten nun die Macleodschen Versuche as) mit Pankreasextraktel i yon Knoehenfisehen seth. Bet diesen linden sich, worauf S. JACKsol,~10) neuerdings wieder hinwies, IIeben dem Hauptpankreas, r~tumlich get rennt yon diesem, K6rperchen, die v611ig identisch mit dem Inselgewebe h6herer Wirbeltiere sin& Ihnen kommt nach JAcKsoN eine , ,apparent corqplete independalice of the acinar tissue" zu. MaCLEOD berei- tete aus dem Pankreas yon solehen Fischen Ex%rakte und prfifte deren Einflug auI den BlutzuckergehMt ;e-on normMen Kaninchen.

Verwendet wurden: I. das Pankreas yon Knorpelfischen: Dornhai (Squalus acanthias) und Rochen (Raja); 2. die erw~hnten Inselk6rperchen (,,prinzipal islets") yon Knochenfischeli (Lophius und MyoxocephMus) und 3- das Hauptpankreas derselben Knochen- fische. Es zeigte sich, da/3 mi t den un te r i und 2 genannten Extrak~en der typische Absturz des Blntzuckergehalts bet Kanili-