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Rechtliche Aspekte des E-Commerce
Dr. Stefan Krüger
Entwicklung der E-Commerce-Plattformen im Bereich B2B
1995: 28 B2B-Marktplätze
1999: 332 B2B-Marktplätze
Juli 2000: 1090 B2B-Marktplätze
Grundstruktur des E-Commerce
Zwei verschiedene Modelle möglich
• Betrieb einer eigenen Website
• Vertrieb über Internet Marketplace
Grundstruktur des E-Commerce
Anbieter Anbieter Anbieter
Internet Marketplace
(von Gemeinschaftsunternehmen
oder Start-up betrieben)
Nachfrager Nachfrager Nachfrager
Grundstruktur des E-Commerce
Innerhalb dieser Modelle sind mindestens zwei verschiedene
E-Commerce-Konzepte möglich:
• Katalogmodell => Anbieter hinterlegt auf eigener Website oder abrufbar über Internet Marketplace Katalog, Nachfrager sucht aus
• Auktionsmodell (insbesondere bei Internet Marketplace als Einkaufsplattform) => Käufer/Verkäufer schreiben Bedarf/ Angebot aus und fordern potentielle Vertragspartner zu Kontaktaufnahme auf (insbesondere für Standardprodukte oder Rohstoffe)
Vertragsschluß im Internet
Setzt zwei übereinstimmende Willenserklärungen voraus,
Angebot und Annahme
=> gehen beide übereinstimmende Erklärungen dem jeweils
anderen Vertragspartner zu, dann kommt der Vertrag
bindend zustande
Vertragsschluß im Internet
a)Zugänglichmachen des "Angebots" im Internet
In der Regel kein Angebot im juristischen Sinn (wichtig z. B.
wenn Produkt nicht mehr geliefert werden kann)
Vertragsschluß im Internet
b)Bestellung durch Kunden
• Erklärung des Kunden, er bestelle ein bestimmtes Produkt i.d.R. Angebot
• das Angebot muß die "Eckdaten" des Kaufs erkennen lassen bzw. sie müssen sich aus dem Gesamtzusammen-hang ergeben
• Zugang der Erklärung => nicht unmittelbar mit Eingang der elektronischen Nachricht auf dem Server des Website-Betreibers, sondern erst, wenn mit der Kenntnisnahme zu
Vertragsschluß im Internet
rechnen ist => recht kurzfristig, spätestens am nächsten Vormittag, noch kurzfristiger, wenn dahingehende Er-klärungen gemacht werden (z. B. "24-Stunden-Eildienst") => Pflicht des Website-Betreibers, regelmäßig seine Mailbox zu überprüfen;Server-Probleme gehen zu Lasten des Website-Betreibers
Vertragsschluß im Internet
Entwurf des § 305b BGB =>
• Anbieter hat dem Kunden technische Mittel zur Verfügung zu stellen, mit deren Hilfe er Eingabefehler vor Abgabe der Bestellung erkennen und berichtigen kann (z. B. Übersicht über eingegebene Daten)
• Anbieter hat u. a. zu informieren über- die einzelnen Schritte, die zum Vertragsschluß führen,- technische Mittel zur Erkennung und Korrektur von Ein- gabefehlern vor Abgabe der Bestellung (s.o.),- die für den Vertragsschluß zur Verfügung stehenden Sprachen
Vertragsschluß im Internet
• daneben gilt für Anbieter elektronischer Dienste § 6 des Entwurfs eines Gesetzes über rechtliche Rahmenbe-dingungen für den elektronischen Geschäftsverkehr => Information über Firmierung, Anschrift, HR-Nummer
Vertragsschluß im Internet
c) Annahme durch Betreiber der Website
• grundsätzlich möglich durch- Schreiben- e-mail- Fax- Anruf- je nach Einzelfall: weitere Bearbeitung der Bestellung (z. B. Mitteilung, daß einer von mehreren Posten nicht mehr lieferbar ist)
Vertragsschluß im Internet
• grundsätzlich Zugang dieser Erklärung beim Vertrags-partner nötig
• natürlich auch möglich: Zurückweisung der Bestellung
Vertragsschluß im Internet
• demnächst: § 305b BGB => der Anbieter hat dem Kunden den Eingang der Bestellung unverzüglich auf elektronischem Wege zu bestätigen
Vertragsschluß im Internet
Sonderproblem: Einbeziehung von AGB
• ausdrücklicher Hinweis bei Vertragsschluß => empfehlens-wert auf Bestellformular
• zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme => nicht auf Website "versteckt"; empfehlenswert ist Link von Bestell-formular auf AGB
• Vertragspartner ist einverstanden
• Inhaltskontrolle nach AGBG zu beachten
Vertragsschluß im Internet
Irrtum im Internet
• in einigen Fällen können Willenserklärungen nach § 119 BGB angefochten werden, wenn ein Irrtum vorliegt (In-halts-, Erklärungs-, Eigenschaftsirrtum), Beispiel: Vertippen (anders, wenn Hard- oder Softwarefehler einen Fehler verursacht)
• sog. verdeckter Kalkulationsirrtum: Fehler in Kalkulation, für den Vertragspartner jedoch nicht erkennbar (veraltete Datenbestände, Fehler bei Umrechnung DM/EURO) => i.d.R. führt ein solcher Irrtum nicht zur Anfechtbarkeit => der Website-Betreiber muß sich an seinen Angaben festhalten lassen
Anwendbares Recht
Vertragsrecht
• Rechtswahl (und Wahl des Gerichtsstandes) möglich, auch in AGB
• ansonsten: Art. 28 EGBGB => es ist das Recht des Staates anwendbar, in dem die charakteristische Leistung erbracht wird => i.d.R. Land des Anbieters
Anwendbares Recht
Wettbewerbsrecht
Herkunftslandsprinzip => ein Betreiber von E-Commerce hat
beim Betrieb seines Dienstes nur die Anforderungen seines Heimatlandes zu beachten (Art. 3 der Richtlinie der Europäischen Kommission zum E-Commerce, § 4 des Entwurfs zum Gesetz über rechtliche Rahmenbedin-gungen für den elektronischen Geschäftsverkehr [EGG])
Anwendbares Recht
Kartellrecht
EU-Richtlinie, § 4 EGG gelten nicht => Auswirkungsprinzip:
• bei Auswirkungen auf den deutschen Markt ist das deutsche Kartellrecht anwendbar
• bei Auswirkungen auf den Gemeinsamen Markt gelten die Regeln des EG-Vertrages
• bei Auswirkungen auf den amerikanischen Markt gilt das US-Antitrustrecht
B2B und Kartellrecht
Kartellrechtliche Probleme im B2B E-Commerce
Kartellrecht wird insbesondere relevant
• bei Gründung von Gemeinschaftsunternehmen zum Betrieb eines Internet Marketplace und
• beim Betrieb eines Internet Marketplace
B2B und Kartellrecht
Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens zum Be-
trieb eines Internet Marketplace
• Kommission bzw. Kartellamt prüft, ob durch Betrieb des Gemeinschaftsunternehmens eine marktbeherrschende Stellung entsteht- auf dem Gebiet des Dienstleistungsmarkts für Internet- Vermittlungsleistungen oder - auf dem jeweiligen Absatz- oder Beschaffungsmarkt
B2B und Kartellrecht
• Marktbeherrschende Stellung je nach individueller Markt-situation; relevant:- Größe der Unternehmen (Umsatz, Marktanteil)- Alternative für Nachfrager- Marktumfeld- tritt durch Betrieb des Internet Marketplace ausnahms- weise eine Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen ein?
B2B und Kartellrecht
Kartellrechtliche Probleme beim Betrieb eines Internet
Marketplace
Anspruch auf Zugang zu Einkaufsplattform
• Lieferanten könnten Interesse am Zugang zur Plattform haben
• Ein Anspruch auf Zugang besteht jedoch nur in Aus-nahmefällen, nämlich dann, wenn die Verweigerung des Zugangs
B2B und Kartellrecht
- einen Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung (Art. 82 EG-Vertrag; § 19 Abs. 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen [GWB]; Tatbestandsmerk- mal: Marktbeherrschung, keine rechtfertigenden Gründe) oder- eine unbillige Behinderung oder Diskriminierung (§ 20 Abs. 2, 4 GWB; Tatbestandsmerkmal: Ausnutzung einer Marktmacht gegenüber kleineren und mittleren Unter- nehmen)darstellt.
B2B und Kartellrecht
• ähnlich, wenn Mitbewerber der Betreiber Zugang zur Ein-kaufsplattform verlangen => nur in Ausnahmefällen kommt ein Anspruch auf Zugang in Betracht
B2B und Kartellrecht
Bildung von Einkaufsgemeinschaften
• sprechen sich die Nachfrager hinsichtlich ihres Einkaufs-verhaltens ab (Absprache über Konditionen oder gemeinsame Bestellung), gelten sie als Einkaufsgemeinschaften
• Bildung von Einkaufsgemeinschaften verstößt grds. gegen § 1 GWB, bei einer Bezugspflicht darüber hinaus auch gegen Art. 81 Abs. 1 EG-Vertrag
B2B und Kartellrecht
• ausnahmsweise erlaubt nach § 4 Abs. 2 GWB => wenn- kein längerfristiger Bezugszwang begründet wird- Wettbewerb auf dem Markt nicht wesentlich beeinträch- tigt wird (Absprache nicht mehr als 15 % Marktanteil betrifft) und- die Vereinbarung dazu dient, die Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen zu verbessern (Ein- kaufsgemeinschaften unter Großunternehmen sind daher regelmäßig unzulässig)
B2B und Kartellrecht
Nutzung von Einkaufsplattformen zum Zwecke der Markt-
information
• Plattform ermöglicht den Nachfragern den Vergleich der bislang von bestimmten Anbietern gewährten Konditionen ("Wer hat was bei wem zu welchen Konditionen gekauft?")
• Gefahr der Druckausübung auf Lieferanten
• regelmäßig Kartellverstoß nach Art. 81 Abs. 1 EG-Vertrag sowie nach § 1 GWB (Ausnahmen bei bestimmten Markt-verhältnissen, z. B. ohnehin gegebener Preistransparenz)
B2B und Kartellrecht
• Betreiber eines gemeinsamen Marketplaces sollten den wechselseitigen Zugriff auf Daten daher durch technische Vorkehrungen ausschließen
B2B und Kartellrecht
Verpflichtung des Lieferanten zur Geschäftsabwicklung
über Einkaufsplattform
• Betreiber einer Einkaufsplattform könnten Lieferanten ver-pflichten, ihre Geschäfte nur über die Plattform ab-zuwickeln
• besitzen die Betreiber die erforderliche Marktmacht, so kann die Druckausübung gegen § 16 Nr. 2 GWB ver-stoßen => das Kartellamt nimmt eine Mißbrauchskontrolle vor => wenn das Unternehmen eine Marktmacht besitzt
B2B und Kartellrecht
und ein sachlicher Grund für die Verpflichtung nicht ersichtlich ist, kann die Verpflichtung kartellrechtswidrig sein (§§ 19, 20 Abs. 1, 2 GWB); sachlicher Grund wird jedoch in vielen Fällen anzunehmen sein (Effizienzsteigerung)
B2B und Kartellrecht
Verpflichtung der Betreiber zur Geschäftsabwicklung
über Internet Marketplace
• Betreiber eines Internet Marketplace könnten sich gegen-seitig verpflichten, ihre Geschäfte nur oder zu einem hohen Anteil über die Plattform abzuwickeln
• liegt diese Wettbewerbsbeschränkung oberhalb der "Spür-barkeitsgrenze", kann ein Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG-Vertrag oder § 1 GWB vorliegen