5
PRÜFUNGEN UND EINSATZTESTS 22 • AkteHund 10/08 KITTY SIMIONE Die Dimension der vorbereiteten Übung Insieme ist beeindruckend. Das Organigramm mit den operativen Ein- heiten der Suche, der Rettung, der Me- dizin und des Materials sowie mit wei- teren unterstützenden Spezialisten um- fasst 92 Personen. Zählt man jedoch alle Hilfskräfte, unter anderem auch die Insieme – gemeinsam helfen REDOG Schweizerischer Verein für Katastrophenhunde – die INSARAG-Zertifizierung der Rettungskette Schweiz Rettungskräfte, die international tätig sind, haben einen hohen Qualitätsstandard zu erfüllen, um wirklich effizient eingesetzt werden zu können. Bei Grosskatastrophen ist schnelle, kompetente und wirkungsvolle Hilfe dringend nötig, um Men- schen aus ihrer akuten Not herauszuhelfen und ih- nen erste Schritte in eine hoffnungsvollere Zu- kunft ermöglichen zu können. Die Katastrophen- schutz-Organisationen orientieren sich dabei an den Richtlinien der «United Nations Internatio- nal Search and Rescue Advisory Group (UN IN- SARAG)», welche die internationalen Standards festlegen. Die Rettungskette Schweiz unterzieht sich in einer viertägigen simulierten Grosskata- strophe der Beurteilung des UN-Beobachter- teams und stellt ihr Können von der Alarmierung bis zur Demobilisierung eindrücklich unter Be- weis. involvierten Soldaten der Rettungs- truppen dazu, sind mehrere hundert Personen an der Übung beteiligt. Neun Hunde, 2’550 Kilogramm persönliches Material und 15’782 Kilogramm Mate- rial für das Basislager, die Energiever- sorgung, die Bergung von Verschütte- ten und die medizinische Betreuung sind im Einsatz. Um den UN-Beobach- tern einen möglichst umfassenden Ein- blick in die Arbeiten der Rettungskette Schweiz ermöglichen zu können, wird jedes Detail von der Alarmierung über die Mobilmachung, den Transport ins Erdbebengebiet, die Bergung und Ret- tung sowie die Demobilisierung mög- lichst analog einem Ernsteinsatz durch- gespielt. Das hilft auch den Rettungs- mannschaften, die eigene Arbeit zu überprüfen und allenfalls Lücken in der Organisation und allgemeine Verbesse- rungsmöglichkeiten zu erkennen. Die Grundlagen für die Beurteilung Die INSARAG ist ein Zusammen- schluss von Katastrophenschutz-Orga- nisationen aus über 80 Ländern. Ihre Hauptaufgabe ist die Entwicklung von Qualitätsstandards für Rettungseinhei- ten, die nach Grosskatastrophen huma- nitäre Hilfe in dicht besiedelten Gebie- ten leisten. Sie entwickelt und optimiert Verfahrensabläufe zur Koordinierung der internationalen Hilfe. Die Idee zur Ausarbeitung der INSARAG entstand bei der Auswertung des Hilfseinsatzes nach dem schweren Erdbeben in Arme- nien im Dezember 1988 und führte zum Zusammenschluss von deutschsprachi- gen Katastrophenschutz-Organisatio- nen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz (D-A-CH). 1991 wurde die INSARAG gegründet und 2002 von der Vollversammlung der Vereinten Nationen anerkannt. Hauptziel ist die Stärkung der Effizienz und Koordina- tion von internationaler Hilfe bei Erd- beben. Die entwickelten INSARAG- Richtlinien sind zu einem verbindli- chen Instrument geworden und dienen auch als Grundlage zur Förderung der Bildung eigener Rettungseinheiten in den von Erdbeben bedrohten Staaten. Zu diesem Zweck verfolgen 36 Perso- nen aus 16 Ländern die Zertifizierungs- übung, um ihre Erfahrungen und Er- kenntnisse in die Heimat übermitteln zu können. Als internationale Bera- tungsgruppe untersteht die INSARAG den Vereinten Nationen UN. Such- und Rettungsmannschaften können sich nach international einheitlichen Krite- rien klassifizieren lassen. Diese Zertifi- zierung gibt Auskunft darüber, welche Art von Spezialisten die jeweilige Ein- heit umfasst, welches Material bezie- hungsweise welche Ausrüstung ihr zur Verfügung steht und welche Leistungen vor Ort erbracht werden können. Das ermöglicht dem Koordinationsteam im Katastrophengebiet, die benötigten Teams mit dem richtigen Material an- fordern zu können. Rettungsmann- schaften lassen sich dadurch effizienter einsetzen und zudem können Kosten gespart werden. Details zur INSA- RAG, unter anderem auch die Richtli- nien für die Zertifizierung, können im Im Ernsteinsatz müssen die Rettungs- massnahmen der internationalen und lokalen Organisationen geplant und aufeinander abgestimmt werden. Dazu wird vor Ort ein Führungs- und Koordinationsgremium (das «On Site Operations Coordination Centre» OSOCC) geschaffen.

REDOG Schweizerischer Verein für Katastrophenhunde – die INSARAG … · 2010-04-23 · REDOG Schweizerischer Verein für Katastrophenhunde – die INSARAG-Zertifizierung der Rettungskette

  • Upload
    others

  • View
    6

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

PRÜFUNGEN UND EINSATZTESTS

22 • AkteHund 10/08

KITTY SIMIONE

Die Dimension der vorbereitetenÜbung Insieme ist beeindruckend. DasOrganigramm mit den operativen Ein-heiten der Suche, der Rettung, der Me-dizin und des Materials sowie mit wei-teren unterstützenden Spezialisten um-fasst 92 Personen. Zählt man jedochalle Hilfskräfte, unter anderem auch die

Insieme – gemeinsam helfenREDOG Schweizerischer Verein für Katastrophenhunde – die INSARAG-Zertifizierung der Rettungskette Schweiz

Rettungskräfte, die international tätig sind, habeneinen hohen Qualitätsstandard zu erfüllen, umwirklich effizient eingesetzt werden zu können.Bei Grosskatastrophen ist schnelle, kompetenteund wirkungsvolle Hilfe dringend nötig, um Men-schen aus ihrer akuten Not herauszuhelfen und ih-nen erste Schritte in eine hoffnungsvollere Zu-kunft ermöglichen zu können. Die Katastrophen-schutz-Organisationen orientieren sich dabei anden Richtlinien der «United Nations Internatio-nal Search and Rescue Advisory Group (UN IN-SARAG)», welche die internationalen Standardsfestlegen. Die Rettungskette Schweiz unterziehtsich in einer viertägigen simulierten Grosskata-strophe der Beurteilung des UN-Beobachter-teams und stellt ihr Können von der Alarmierungbis zur Demobilisierung eindrücklich unter Be-weis.

involvierten Soldaten der Rettungs-truppen dazu, sind mehrere hundertPersonen an der Übung beteiligt. NeunHunde, 2’550 Kilogramm persönlichesMaterial und 15’782 Kilogramm Mate-rial für das Basislager, die Energiever-sorgung, die Bergung von Verschütte-ten und die medizinische Betreuungsind im Einsatz. Um den UN-Beobach-tern einen möglichst umfassenden Ein-blick in die Arbeiten der RettungsketteSchweiz ermöglichen zu können, wirdjedes Detail von der Alarmierung überdie Mobilmachung, den Transport insErdbebengebiet, die Bergung und Ret-tung sowie die Demobilisierung mög-lichst analog einem Ernsteinsatz durch-gespielt. Das hilft auch den Rettungs-mannschaften, die eigene Arbeit zuüberprüfen und allenfalls Lücken in derOrganisation und allgemeine Verbesse-rungsmöglichkeiten zu erkennen.

Die Grundlagenfür die Beurteilung

Die INSARAG ist ein Zusammen-schluss von Katastrophenschutz-Orga-nisationen aus über 80 Ländern. Ihre

Hauptaufgabe ist die Entwicklung vonQualitätsstandards für Rettungseinhei-ten, die nach Grosskatastrophen huma-nitäre Hilfe in dicht besiedelten Gebie-ten leisten. Sie entwickelt und optimiertVerfahrensabläufe zur Koordinierungder internationalen Hilfe. Die Idee zurAusarbeitung der INSARAG entstandbei der Auswertung des Hilfseinsatzesnach dem schweren Erdbeben in Arme-nien im Dezember 1988 und führte zumZusammenschluss von deutschsprachi-gen Katastrophenschutz-Organisatio-nen aus Deutschland, Österreich undder Schweiz (D-A-CH). 1991 wurde dieINSARAG gegründet und 2002 vonder Vollversammlung der VereintenNationen anerkannt. Hauptziel ist dieStärkung der Effizienz und Koordina-tion von internationaler Hilfe bei Erd-beben. Die entwickelten INSARAG-Richtlinien sind zu einem verbindli-chen Instrument geworden und dienenauch als Grundlage zur Förderung derBildung eigener Rettungseinheiten inden von Erdbeben bedrohten Staaten.Zu diesem Zweck verfolgen 36 Perso-nen aus 16 Ländern die Zertifizierungs-übung, um ihre Erfahrungen und Er-kenntnisse in die Heimat übermittelnzu können. Als internationale Bera-tungsgruppe untersteht die INSARAGden Vereinten Nationen UN. Such- undRettungsmannschaften können sichnach international einheitlichen Krite-rien klassifizieren lassen. Diese Zertifi-zierung gibt Auskunft darüber, welcheArt von Spezialisten die jeweilige Ein-heit umfasst, welches Material bezie-hungsweise welche Ausrüstung ihr zurVerfügung steht und welche Leistungenvor Ort erbracht werden können. Dasermöglicht dem Koordinationsteam imKatastrophengebiet, die benötigtenTeams mit dem richtigen Material an-fordern zu können. Rettungsmann-schaften lassen sich dadurch effizientereinsetzen und zudem können Kostengespart werden. Details zur INSA-RAG, unter anderem auch die Richtli-nien für die Zertifizierung, können im

Im Ernsteinsatz müssen die Rettungs-massnahmen der internationalen undlokalen Organisationen geplant undaufeinander abgestimmt werden.Dazu wird vor Ort ein Führungs- undKoordinationsgremium (das «On SiteOperations Coordination Centre»OSOCC) geschaffen.

PRÜFUNGEN UND EINSATZTESTS

AkteHund 10/08 • 23

Bereich «Coordination» unter denLinks auf der Internetseite der Verein-ten Nationen http://ochaonline.un.org/eingesehen werden.

Der Schweizer Botschafter ToniFrisch, Delegierter der HumanitärenHilfe und Chef des SchweizerischenKorps für humanitäre Hilfe SKH istVorsitzender der INSARAG. Er infor-miert die Medienschaffenden über dieHintergründe der Klassifizierung: «Dielaufende Zertifizierungsübung ist aufeiner sehr engen zivilen und militäri-schen Zusammenarbeit aufgebaut.Zwar steht die Übung Insieme unter zi-viler Leitung, doch die Durchführungwäre ohne die Mitwirkung des Depar-tements für Verteidigung, Bevölke-rungsschutz und Sport VBS nicht denk-bar. Die Rettungskette Schweiz ist einklassisches Milizsystem, das zivilrechtli-che Organisationen, das Militär undPrivatpersonen in vorbildlicher Weisevereint und auf rein mündlichen Ver-einbarungen beruht. Die Zusammenar-beit funktioniert reibungslos.»

Fiktives Erdbeben in Tukastan

Am frühen Morgen des 19. Novem-bers wird aus der Übung plötzlich Rea-lität. Um 7.20 Uhr erfolgt ein Erdbe-benalarm. Panama ist von einem Erd-beben der Stärke 6,3 erschüttert wor-den. Glücklicherweise sind keine grös-seren Schäden entstanden. Opfer sindauch nicht zu beklagen. Der Kontaktzur betroffenen Regierung ist herge-stellt, doch der Einsatz internationalerHilfskräfte ist nicht erforderlich. DieseMeldung ist echt und entstammt nichtdem Drehbuch von Peter Eisenhut, derdie INSARAG-Zertifizierung minutiösvorbereitet und geplant hat. Wäre derEinsatz der Rettungskette Schweiz tat-sächlich nötig geworden, wäre dieÜbung Insieme sofort zu Gunsten desErnsteinsatzes abgebrochen worden.Doch glücklicherweise ist dies nicht nö-tig und die Klassifizierung kann nachdem vorgegebenen Drehbuch auf den

Schadenplätzen des erfundenen Erdbe-bens im fiktiven Staat Tukastan ablau-fen. Schauplätze der Klassifizierungsind die Zentrale der HumanitärenHilfe und des Schweizerischen Korpsfür humanitäre Hilfe in Bern, der Flug-hafen Zürich-Kloten sowie die Stand-orte Wangen an der Aare, Herzogen-buchsee, Aarwangen und Langenthal.Der Krisenstab des Kantons Bern ist alsoffizielle lokale Katastrophenschutz-Organisation («local emergency ma-nagement authority» LEMA) in dieÜbung eingebunden. Wertvolle Erfah-rungen aus Ernsteinsätzen in verschie-densten Katastrophengebieten sind indie Vorbereitung der Einsatzübung ein-geflossen. In gegenseitiger Absprachewird die gesamte Schadenslage laufendentwickelt und ergänzt. Sie präsentiertsich wie folgt: In Tukastan ereignetesich ein schweres, oberflächennahesErdbeben der Magnitude 6,9. Es sindviele Tote, Verletzte, kurz- und langfri-stig Obdachlose und viele eingestürzteGebäude zu beklagen. Kurz nach demfiktiven Erdbeben geht der Alarmdurch den Schweizerischen Erdbeben-dienst SED ein. Die Einsatzleitung

Die Rettungskette Schweiz ist spezialisiert auf die Or-tung, Rettung und medizinische Erstversorgung vonVerschütteten. Sie tritt, vor allem nach Erdbeben, imAusland in Aktion und kann erste Massnahmen zurÜberlebenshilfe einleiten und Hilfsgüter verteilen.Die Rettungskette Schweiz umfasst im Vollbestandrund 100 Personen, inklusive Hundeführer, Retter,medizinisches Personal und weitere Spezialisten.Dazu gehören auch 18 Rettungshunde sowie rund 20Tonnen Material. Die Rettungskette Schweiz ist in-nerhalb von acht bis zwölf Stunden nach dem Einsatz-entscheid abflugbereit und kann bis zu zehn Tage au-tonom operieren. Die Rettungskette Schweiz setztsich aus den folgenden Partnern zusammen: • DEZA /Humanitäre Hilfe und SKH: Die Direktion für Ent-wicklung und Zusammenarbeit DEZA entscheidetüber den Rettungsketten-Einsatz, leitet und finanziertihn. Sie stellt Angehörige des Schweizerischen Korpsfür humanitäre Hilfe SKH für den Einsatz zur Verfü-gung. • Schweizerischer Erdbebendienst: Der SEDalarmiert nach einem Erdbeben. • SchweizerischeRettungsflugwacht: Die REGA wirkt bei der Infor-mationsbeschaffung mit und transportiert das Voraus-detachement. • Schweizerischer Verein für Katastro-phenhunde: REDOG stellt Teams mit Katastrophen-rettungshunden und Spezialisten für die TechnischeOrtung zur Verfügung. • Departement für Verteidi-gung, Bevölkerungsschutz und Sport: Das VBS stelltRettungsspezialisten und -geräte sowie bei Bedarfauch Helikopter zur Verfügung. • SchweizerischesRotes Kreuz: Das SRK liefert und verteilt Hilfsgüterwie Medikamente, Kleider und Wolldecken. • SwissInternational Air Lines: Die Swiss stellt das Gross-raumflugzeug zur Verfügung und führt den Lufttrans-port durch. • Unique (Flughafen Zürich AG): DerFlughafen in Zürich-Kloten stellt die Infrastruktur zurVerfügung und leistet logistische Dienste. Seit ihrerGründung im Jahre 1981 wurde die Rettungskette in18 Erdbebengebieten eingesetzt. Bei diesen Einsätzenkonnte sie Menschenleben retten und erste Massnah-men der Überlebenshilfe einleiten.

Rettungskette Schweiz

Katastrophenhunde-Teams der REDOG gehören zu den wichtigstenStützen der Rettungskette Schweiz.

Sie arbeiten in Equipen von dreiTeams unter der Führung eines Equi-

penleiters und der Hilfe eines Schadenplatzberaters. An der Übungsind 19 REDOG-Mitglieder beteiligt.

PRÜFUNGEN UND EINSATZTESTS

24 • AkteHund 10/08

muss einberufen werden. Sie entsendetdas Vorausdetachement zur raschenLagebeurteilung, zur Koordination undEinleitung erster Soforthilfemassnah-men vor Ort. Die benötigte Hilfe mussin den drei Schwerpunkten Art, Ortund Dringlichkeit abgeklärt und derPlatz für den Aufbau der «Base of Ope-rations», des Schweizer Basislagers, be-stimmt werden. Dieses Reko-Teamwird vom Flughafen Zürich-Kloten ausmit einem Helikopter ins Schadenge-biet nach Wangen an der Aare geflogen.Dort muss es sich zuerst einen Über-blick über die allgemeine Lage ver-schaffen und den Kontakt zu den loka-len Führungsgremien herstellen. Kon-flikte und Komplikationen werden vonder Übungsleitung bewusst und überra-schend eingebaut. Missverständnisseaufgrund gezielt platzierter Fehlinfor-mationen machen die Übung realitäts-naher. Lokale Rettungskräfte sindüberfordert oder nicht einsatzfähig unddie internationale Hilfe muss koordi-niert werden. Primär muss anhand derUN INSARAG-Richtlinien ein Füh-rungs- und Koordinationsgremium ge-schaffen werden, das den lokalen undregionalen Führungsorganisationenvor Ort Hilfe anbieten kann. Für denAufbau dieser Plattform (das «On SiteOperations Coordination Centre»OSOCC) zeichnet jeweils das Landverantwortlich, das zuerst im Schaden-

gebiet eintrifft – in dieser Übung liegtdie Verantwortung für den Aufbau die-ses Organs natürlich bei den SchweizerRettungskräften. Sie stellen ein Zeltund zwei Personen zur Verfügung, wel-che die Einsätze der internationalenTeams planen. Gleichzeitig erfolgt dieMobilmachung und Verschiebung wei-terer Rettungsteams ins Katastrophen-gebiet. Die Übungsleitung formuliertimmer wieder neue Schadenssituatio-nen und definiert die Einsatzgebiete.Die Ortung und die Rettung von Ver-schütteten sind in vollem Gang. Ob-wohl die Arbeit auf den einzelnen Scha-denplätzen noch mehrere Stunden an-dauern wird, sind bereits neue Begeh-ren zur Bergung von Verletzten einge-gangen. Die Rettungskräfte arbeitenrund um die Uhr.

Speziell instruierte Personen spielenklar formulierte Rollen. Einsatzzentra-len verschiedenster Länder, diplomati-sche Dienste sowie die betroffene Be-völkerung werden dargestellt. Die ent-sprechenden Personen nehmen be-wusst Einfluss auf die im Einsatz ste-henden Rettungskräfte, die möglichstden Überblick über die Situation nichtverlieren sollten.

Die «Base of Operation» ist aufge-baut. Hier halten sich diejenigen Ret-tungskräfte auf, die aktuell nicht imEinsatz stehen. Im Zeltdorf ruhen siesich von den Strapazen aus, verpflegen

sich und halten sich für neue Einsätzebereit.

Die Arbeit der Hundeführer

Die Suchhunde sind ein sehr wichti-ges Element der Rettungskette. Er-gänzt wird die Arbeit der Hundeführerdurch die Technische Ortung von REDOG, welche mit akkustischen Ortungsgeräten, hochempfindlichenMikrofonen und Kameras zusätzlichewichtige Informationen beschafft, diezur Bergung eines Verschütteten bei-tragen können. Die REDOG-Teamsumfassen jeweils einen Equipenleiter,drei Hundeführer mit ihren Hunden so-wie einen Schadenplatzberater. DerSchadenplatzberater ist ein Mitglieddes Departements für Verteidigung,Bevölkerungsschutz und Sport VBS.Seine Ausbildung beginnt bereits in derRekrutenschule. In speziellen Kursenerweitert er sein Wissen rund um denAufbau und die Statik von Gebäuden,um dann vor Ort die Sicherheitslage fürdie Hundeführer beurteilen zu können.Insgesamt sind drei vollständige Teams,respektive 19 Mitglieder der REDOGan der Übung beteiligt. Der Hund suchtunter Anleitung des Führers den Scha-denplatz ab. Chancen, Überlebende zufinden, bestehen dort, wo Hohlräumevorhanden sind. Eine Anzeige wird injedem Fall durch einen zweiten Hund

Sämtliches Material für das Basislager («Base of Operations») wird aus der Schweiz mitgebracht. Die RettungsketteSchweiz ist in der Lage, zehn Tage autonom zu operieren. Im Zeltlager können sich die Rettungsteams verpflegen, vonden Strapazen erholen und sich auf den nächsten Einsatz vorbereiten.

PRÜFUNGEN UND EINSATZTESTS

AkteHund 10/08 • 25

bestätigt, bevor die Stelle gekennzeich-net wird und es zu weiteren Rettungs-massnahmen kommt. Die Schaden-plätze sind durch das Militär vorbereitetworden und die Figuranten werdenebenfalls durch das Militär gestellt.Gleichzeitig sind die Soldaten aber auchfür die Sicherheit ihrer eigenen Mitglie-der in den jeweiligen Schadenslagenverantwortlich, denn teilweise liegendie Figuranten über mehrere Stunden inden Löchern und müssen betreut undversorgt werden. Ihre Sicherheit wirdüberwacht,wenn von den Rettungskräf-ten Tunnels und Schächte ausgehobenwerden. Die Löcher sind so gut präpa-riert, dass die Verschütteten nur schwerzu erreichen sind. Ein Hundeführer be-richtet: «Um zum Figuranten vorzustos-sen, müssen die Hunde durch einen soengen Schacht kriechen, dass der FlatCoated Retriever meines Kollegennicht hindurch kann. Er ist zu gross.Vordem Schacht ist eine Kunststoffplatteangebracht, die mit einem Schnitt verse-hen ist. Dahinter ist alles dunkel und esgeht in die Tiefe. Ich habe mit der Ta-schenlampe hinunter zünden könnenund gesehen, dass der Absatz nicht allzugross ist, so dass ich meinen Hund hin-ein schicken kann. Er muss den Schachtin vollständiger Dunkelheit absuchen,der Schein meiner Taschenlampe hilftwenig. Schwierig ist auch der Umgangmit den «Angehörigen der Verschütte-

ten», die ständig bei der Bergung helfenwollen, den Einsatz aber nur behindern.Zudem behalten wir unsere Hunde im-mer gut im Auge, damit uns kein Tierentwendet wird. Der Einsatz ist körper-lich sehr anstrengend und kommt derRealität erstaunlich nahe.»

Kriterien der Begutachter

Das internationale Beobachterteamder Vereinten Nationen umfasst achtMitglieder. In der Zertifizierung beur-teilen sie rund 100 verschiedene Krite-rien. Dazu ein paar Beispiele: Wie wird

Die Rettungsaktionen auf den Schadenplätzen dauern mehrere Stunden an. Die international verwendete Markierung in-formiert, dass das Schweizer Rettungsteam am 19.11. um 07.30 Uhr mit der Suche in diesem Gebäude begonnen und eineverschüttete Person geortet hat.

Die mit dem Hammer ausgeführten Klopfzeichen werden über die Statik des Ge-bäudes ins Innere des Schadenplatzes übertragen. Die REDOG-Mitglieder hoffen, über die hochempfindlichen Mikrofone des akkustischen Ortungsgerä-tes, ebenfalls Klopfzeichen von Verschütteten empfangen zu können.

PRÜFUNGEN UND EINSATZTESTS

26 • AkteHund 10/08

mobilisiert? Wie kommen die Rettungs-kräfte zum Flughafen? Haben sie ihrengültigen Pass dabei? Sind alle medizini-schen Voraussetzungen beim Menschenund auch beim Hund erfüllt? Werdenauf dem Schadenplatz alle Sicherheits-vorschriften wahrgenommen? Ist die«Base of Operations» sinnvoll platziert?Werden die lokalen Krisenstäbe kontak-tiert? Usw.

Das Beobachterteam attestiert derRettungskette Schweiz eine Toplei-

stung. Die Zertifizierung ist unter Dachund Fach. Sie wird im Fünfjahres-Turnusneu bestätigt. Auch Teamleader Beatvon Däniken zieht eine positive Bilanz:«Als Teamleader trage ich während derganzen Übung die Hauptverantwortungfür das reibungslose Funktionieren allerEinheiten der Rettungskette. Unsere er-ste Aufgabe ist es, so schnell als möglichim Einsatz zu sein und Leben retten zukönnen. Der zweite Auftrag umfasst dieEigenlogistik, die organisiert werden

muss.Wir haben sicherzustellen, dass dieRettungsteams zehn Tage autonom ope-rieren können, denn wir dürfen nicht ei-nem Land, das stark betroffen ist, zurLast fallen. Lediglich Benzin und Trink-wasser werden nicht aus der Schweizmitgeführt, sondern müssen vor Ort or-ganisiert werden. Nahrungs- und Ener-gieversorgung sind aber sichergestellt.Untergebracht sind die Rettungskräfteaus Sicherheitsgründen in Zelten, dennim Einsatz befinden wir uns in einemErdbebengebiet, wo jederzeit mit einemNachbeben gerechnet werden muss. Un-ser dritter Zuständigkeitsbereich ist dieKoordination der Aufgaben in Zusam-menarbeit mit den lokalen und interna-tionalen Rettungsorganisationen. DieGesamtübung ist sehr gut organisiertund ist für uns eine ideale Gelegenheitunsere Einsatzbereitschaft zu überprü-fen. Zwar fallen im Vergleich zum Real-einsatz der psychologische Stress undder Druck durch die Bevölkerung gröss-tenteils weg. Durch die Prüfungssitua-tion ist aber dennoch eine gewisse An-spannung vorhanden. Zudem müssenwir hier keine humanitären Bedürfnisseabdecken. Die Motivation der Rettungs-kräfte ist gross, was mich ganz besondersfreut.»

Teamleiter Beat von Däniken (l.) und sein Stellvertreter Gregor Schwegler sind während der Übung für das Funktionierenaller Einheiten der Rettungskette (Suche, Rettung, Medizin, Material und Support) verantwortlich.

Thomas Merz (l.) und MarcoEggenschwiler sind fürsämtliches Material verantwortlich. Sie bekommen Besuch vonVertretern der fiktiven Tukastanischen Regierung.