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FORSCHUNG Einspritzsysteme 916 MTZ 11/2004 Jahrgang 65 Reduktionspotenzial für Ruß und Kohlenmonoxid bei modernen Pkw-DI-Dieselmotoren Im Rahmen eines FVV-Vorhabens ist am Lehrstuhl für Verbrennungs- kraftmaschinen der RWTH Aachen auf Basis von umfangreichen Kinetikberechnungen ein 3-Schritt-CO-Modell erstellt und in den CFD-Code KIVA sowie in das FVV-GPA-Multizonenverbrennungs- modell (GPA: Gesamt-Prozess-Analyse) integriert worden. Zur Über- prüfung des Modells und als Grundlage für die CFD-Simulation wur- den an einem optisch zugänglichen Motor mittels laseroptischer Messverfahren und an einem schnellen Gasentnahmeventil die Gas- temperatur und die Konzentrationen der Spezies CO, O 2 und Ruß während der Verbrennung gemessen. Dazu wurden, ausgehend von einem Basisbetriebspunkt, der Spritzbeginn, die AGR-Rate und der Raildruck variiert. Die so gewonnenen Ergebnisse liefern eine Erklä- rung für den Ruß-CO-Konflikt bei modernen Einspritzverfahren.

Reduktionspotenzial für Ruß und Kohlenmonoxid bei modernen Pkw-DI-Dieselmotoren

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FORSCHUNG Einspritzsysteme

916 MTZ 11/2004 Jahrgang 65

Reduktionspotenzialfür Ruß und Kohlenmonoxidbei modernen Pkw-DI-Dieselmotoren

Im Rahmen eines FVV-Vorhabens ist am Lehrstuhl für Verbrennungs-kraftmaschinen der RWTH Aachen auf Basis von umfangreichenKinetikberechnungen ein 3-Schritt-CO-Modell erstellt und in denCFD-Code KIVA sowie in das FVV-GPA-Multizonenverbrennungs-modell (GPA: Gesamt-Prozess-Analyse) integriert worden. Zur Über-prüfung des Modells und als Grundlage für die CFD-Simulation wur-den an einem optisch zugänglichen Motor mittels laseroptischerMessverfahren und an einem schnellen Gasentnahmeventil die Gas-temperatur und die Konzentrationen der Spezies CO, O2 und Rußwährend der Verbrennung gemessen. Dazu wurden, ausgehend voneinem Basisbetriebspunkt, der Spritzbeginn, die AGR-Rate und derRaildruck variiert. Die so gewonnenen Ergebnisse liefern eine Erklä-rung für den Ruß-CO-Konflikt bei modernen Einspritzverfahren.

1 Einleitung

Mit der Entwicklung der Hochdruckein-spritztechnik und aufgrund der höherenFreiheitsgrade moderner Systeme (Pilot-,Haupt- und Nacheinspritzung, freie Wahldes Einspritzdruckes) kann der NOx-Parti-kel-Trade-off gegenüber herkömmlichenEinspritzsystemen zu niedrigeren Emissio-nen hin verschoben werden. Einhergehendmit dieser positiven Entwicklung ist jedochhäufig ein starker Anstieg der Kohlenmo-noxidemission zu verzeichnen. Galt bislangder DI-Dieselmotor als CO-emissionsunkri-tisch, so erfordern bereits heutige Verbren-nungskonzepte einen „Close-Coupled-Cata-lyst“, um die CO-Grenzwerte zu erfüllen.

Aus diesem Grund sollten in diesem For-schungsvorhaben die Ruß- und CO-Bildungsowie deren Oxidation unter Berücksichti-gung der örtlichen O2-Konzentration undTemperatur im Zylinder untersucht wer-den. Experimentell gewonnene Ergebnissesollten dazu dienen, direkt Lösungsmög-lichkeiten zur Verbesserung der motori-schen Rohemission aufzuzeigen sowie Ein-gabegrößen für die Entwicklung eines 3-Schritt-CO-Modells zur Verfügung zu stel-len. Dieses CO-Modell soll das quasidimen-sionale Rußemissionsmodell im FVV-GPA-Rechenprogramm ergänzen.

2 Untersuchungsmethode

Als Versuchsträger stand ein moderner Die-selmotor mit optischer Ausstattung und derMöglichkeit zur Applikation eines schnellenGasentnahmeventils zur Verfügung. Opti-sche Untersuchungen und schnelle Gasent-nahme ergänzten sich bei den Untersuchun-gen auf ideale Weise, indem die Optik mittelsder Entnahmetechnik kalibriert wurde.Außerdem konnten die geringen Konzentra-tionen der Spezies CO nur mit der Gasent-nahme exakt quantifiziert werden. Auf dieErgebnisse wird hier nicht explizit eingegan-gen, sie bilden die Grundlage für die CFD-Si-mulation und werden zum Teil im entspre-chenden Kapitel zitiert. Die Messtechnikensollen aber kurz beschrieben werden.

2.1 Konstruktive Ausführungdes VersuchsträgersDer Transparentmotor besitzt alle Merkma-le, die die aktuelle Dieselmotorengenera-tion auszeichnen, Bild 1. Er baut auf einemserientypischen Vierzylinder-Pkw-Diesel-motor auf. Die Eckdaten lauten für die vor-liegende Konfiguration:■ Bohrung x Hub: 79,5 x 95,5 mm■ Hubvolumen: 474 cm3

■ Vierventilzylinderkopf ■ Brennverfahren: Direkteinspritzung, drall-geführt, ω-förmige Kolbenmulde

■ CR-Einspritzsystem, Piezo-Injektor■ Düse: Bosch, k-Faktor, ks, HD-Wert 350.

Neben einem optischen Zugang durchden Kolbenboden besitzt der Versuchsträ-ger drei Fenster zum Brennraum. Die opti-schen Komponenten sind so gestaltet, dasssie einen sicheren Betrieb des Motors beiden in Dieselmotoren auftretenden hohenSpitzendrücken garantieren [1].

2.2 Untersuchte BetriebspunkteDer Basisbetriebspunkt war charakterisiertdurch eine Last von pmi = 3 bar bei einerDrehzahl von 1500/min. Der Raildruck be-trug 800 bar, die Abgasrückführrate 15 %.Ansteuerbeginn war bei 1 °KW vor OTH,die Voreinspritzung lag bei 30 °KW vor OT.Ausgehend von dieser Basiskonfigurationwurden drei Variationen vermessen. Dieveränderten Betriebsparameter sind in Ta-belle 1 gegeben. Die Einspritzmengen vonVor- und Haupteinspritzung blieben für al-le untersuchten Betriebspunkte gleich.

Die Schwarzrauch- und CO-Emissionenaus konventioneller Abgasmessung wer-den in Bild 2 gezeigt.

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Die Autoren

Dipl.-Ing. MichaelBecker ist wissen-schaftlicher Mitarbei-ter am Lehrstuhl fürVerbrennungskraft-maschinen an derRWTH Aachen.

Prof. Dr.-Ing. StefanPischinger ist Inhaberdes Lehrstuhls fürVerbrennungskraft-maschinen an derRWTH Aachen.

Dipl.-Ing. Hans Rohsist Angestellter derFEV MotorentechnikGmbH und war zumZeitpunkt der Projekt-durchführung wissen-schaftlicher Mitarbei-ter am Lehrstuhl fürVerbrennungskraft-maschinen an derRWTH Aachen.

Prof. Dr. rer. nat. Gerd Grünefeld istInhaber des Lehr- undForschungsgebiets fürLasermessverfahrenin der Thermofluid-dynamik an derRWTH Aachen.

Dipl.-Ing. AndreasGreis ist wissen-schaftlicher Mitarbei-ter des Lehr- und For-schungsgebiets fürLasermessverfahrenin der Thermofluid-dynamik an der RWTHAachen.

Dipl.-Ing. Peter Wieskeist wissenschaftlicherMitarbeiter des Lehr-und Forschungsge-biets für Lasermess-verfahren in derThermofluiddynamikan der RWTH Aachen.

2.1 Konstruktive Ausführungdes Versuchsträgers

Bild 1: Transparenter DieselmotorFigure 1: Transparent diesel engine

2.3 GasentnahmetechnikBeim schnellen Gasentnahmeventil desVKA handelt es sich um ein hydraulischbetätigtes Tellerventil, dessen Spitze durcheine Bohrung im Zylinderkopf direkt inden Brennraum eingeschoben werdenkann. Folgende Merkmale zeichnen dasVentil aus:

■ Probenentnahme direkt aus dem Brennraum

■ Entnahmezeitpunkt frei variabel■ kürzeste Entnahmedauer zirka 1 ms■ Ventilhub stufenlos verstellbar

(0 bis 0,5 mm)■ Ventilspitze und weitere Entnahme-

strecke beheizt

■ Probenverdünnung mit Stickstoff direktan Entnahmestelle zur Verhinderung vonNachreaktionen.Die Entnahme erfolgt getaktet, das

heißt aus aufeinander folgenden Motorzy-klen zum jeweils gleichen Zeitpunkt. Alslokale Entnahmestelle wurde für dieUntersuchungen die Position zwischenzwei Einspritzstrahlen gewählt. Da prin-zipbedingt über das entnommene Volu-men gemittelt wird, ist die Entnahmemes-stechnik als nulldimensionales Verfahrenanzusehen [2].

2.4 Optische MessverfahrenIm Rahmen des Projekts wurden verschie-dene optische Messtechniken zur Untersu-chung von Einspritzung und Verbrennungherangezogen: ■ Sauerstoff- und Temperaturmessungen

mittels der Raman-Messtechnik ■ Laser induzierte Fluoreszenz-Messungen

(LIF) zur Einspritzstrahlvisualisierung ■ Bestimmung der Rußvolumenkonzen-

tration mithilfe der Laser induziertenInkandeszenz (LII).Bild 3 zeigt den für die Raman-Untersu-

chungen verwendeten Aufbau mit einerSignaldetektion unter 90° zum Laserlicht-schnitt.

Ein Frequenz verdreifachter Nd:YAG-La-ser mit einer Wellenlänge von 355 nm wirddabei über eine Linsenkombination zu ei-nem Lichtschnitt im Brennraum geformt.Aus der Positionierung der beobachtendenOptik resultiert eine eindimensionale Ort-sauflösung entlang des Lichtschnitts, dennin Detektionsrichtung wird das Signal auf-integriert, um ein verbessertes Signal-zu-Rausch-Verhältnis zu gewinnen. Die Erfas-sung des Raman-Streulichts erfolgt überein Spektrometer in Verbindung mit einerintensivierten CCD-Kamera. Die Messtech-nik ermöglicht es, neben der Gastempera-tur auch die Konzentration der Spezies O2quantitativ zu bestimmen. Prinzipbedingthaben Störungen des Messsignals durchVerschmutzung oder Schwankungen derLaserleistung zwar einen Einfluss auf dieGenauigkeit der Temperaturmessung, dieKonzentrationsbestimmung beeinflussensie jedoch nicht. Im Unterschied zur Ra-man-Messtechnik erfolgte die Aufnahmedes Signals bei LIF- und LII-Messungen mitgleicher Lichtschnittlage durch die trans-parente Kolbenmulde. In dieser Anord-nung haben beide Verfahren zweidimen-sionale Ortsauflösung. Während die LIF-Messtechnik ein inzwischen verbreitetesVerfahren zur Visualisierung des Einspritz-vorgangs ist, wurde die LII-Messtechnikbisher selten in Dieselmotoren eingesetzt.Durch gravimetrische Bestimmung derRußmenge aus den Entnahmeventilmes-

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2.2 Untersuchte Betriebspunkte

Bild 2:KonventionelleAbgasmessungFigure 2:Conventionalexhaust-gasmeasurement

Tabelle 1:Variations-parameterTable 1:Parametersvaried

ABHE AGR Rate PRail[°KW v.OTH] [%] [bar]

Basis 1 15 800

Variation I -0,5 15 800

Variation II 1 0 800

Variation III 1 15 500

2.4 Optische Messverfahren

Bild 3: Aufbau Raman-MesstechnikFigure 3: Set-up for Raman technique

sungen konnten die LII-Daten kalibriertwerden. Um einen Hinweis auf die Ruß-temperatur zu erhalten, ist simultan zuden LII-Messungen das Verbrennungsei-genleuchten aufgezeichnet worden [3].

3 Modellierung der CO-Emission

3.1 GrundlagenuntersuchungenIn der ersten Phase des rechnerischen Teilsder Arbeiten sind umfangreiche Berech-nungen mit einem 252-Schritt-Reaktions-mechanismus für die Verbrennung von n-Heptan durchgeführt worden. Unter Be-trachtung der CO-Bildungs- und Oxida-tionsvorgänge konnten folgende Einfluss-parameter untersucht werden:■ Temperatur■ Druck■ Konzentrationen der einzelnen Spezies

wie Sauerstoffkonzentration, Anwesen-heit von Wasser, Verbrennungsluftver-hältnis.Im Folgenden sind die damit bestimm-

ten Kernaussagen erläutert:

3.1.1 CO-BildungDie CO-Bildung ist ein Zwischenschritt derKohlenwasserstoffverbrennung und kannnicht verhindert werden, das heißt, jedesC-Atom aus dem Kraftstoff das zu CO2 ver-brannt werden soll, muss als Zwischensta-dium zu CO oxidiert werden. Der darausabgeleitete Modellierungsansatz ist eineverbrennungsproportionale Abbildung.

3.1.2 CO-OxidationDie CO-Oxidation läuft bei Anwesenheitvon Wasser (oder Wasserstoff) bevorzugtüber den Reaktionspfad CO + OH → CO2 +H ab. Oberhalb von 1200 bis 1300 K ist dieseReaktion sehr schnell. Die Pfade über dieweiteren möglichen Oxidationspartner O2,O, HO2, CH3CO sind dagegen vernachläs-sigbar.

3.1.3 Gleichgewicht vs. KinetikIn großen Temperatur- und Verbrennungs-luftverhältnisbereichen ist die Kinetik derCO-Oxidation über OH so schnell, dassinnerhalb von 1 ms der Gleichgewichtszu-stand erreicht wird. Für fette Zonen liegtdieser Gleichgewichtszustand bei (ver-glichen mit den Abgasemissionen) sehrhohen CO-Konzentration (1 bis 25 %).

Bild 4 zeigt im λ-T-Diagramm die mitden Kinetikrechnungen bestimmtenGleichgewichtskonzentrationen für COund die Grenzlinie, unterhalb derer die Ki-netik so langsam wird, dass nicht von ei-nem sofortigen Einstellen der Gleichge-wichtskonzentration ausgegangen wer-den kann.

3.2 CO-ModellZiel des rechnerischen Teils des Vorhabenswar neben der Steigerung des Verständnis-ses von CO-Bildung und Oxidation die Er-stellung eines CO-Modells zur Integrationin das Rußmodell aus dem Vorläufervorha-ben „FVV-Rußemissionsmodell“. FolgendeRandbedingungen sind durch das beste-hende Modell festgelegt:■ Aufbau des Rechenmodells als „Postpro-zessor“ für das quasidimensionale Multizo-nenmodell, das im FVV-Vorhaben „GPA-Dieselverbrennung“ erstellt wird.

■ Die Verläufe von Druck, Temperatur, Vo-lumen, Kraftstoffdampfkonzentration undSauerstoffkonzentration in den einzelnenZonen werden eingelesen. Die Berechnungder Ruß- und CO-Konzentrationsverläufein diesen Zonen erfolgt separat.■ Die Gesamtemissionen ergeben sichentsprechend durch Integration über alleZonen.

Da die quasidimensionale Abbildungdes Multizonenmodells wegen der fehlen-den Ortsinformation keinen genauen Ab-gleich mit den optischen und Gasentnah-

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3.1.3 Gleichgewicht vs. Kinetik

Bild 4: Zustände im DieselprozessFigure 4: Characteristics of the diesel process

Bild 5: KIVA-Ergebnisse – Vergleich mit Eigenleuchten und LIIFigure 5: KIVA results – comparison with LII and self-illumination

3.2.1 Kinetik LII und Eigenleuchten

memessungen erlaubt, ist das CO-Modellzunächst in den CFD-Code KIVA-3V Rel.2 [5](mit Erweiterungen vom ERC [6]) integriertworden.

Die Formeldarstellung zeigt das im Rah-men des Vorhabens erstellte 3-Schritt-CO-Modell. Entsprechend den Erkenntnissender Kinetikrechnungen ist die CO-Bildungproportional zum Kraftstoffumsatz imMultizonenmodell und in KIVA abgebildet.Die Reaktionsraten der beiden ausgewähl-ten Oxidationspfade über OH (nach den Ki-netikrechnungen bei Anwesenheit vonWasser und Wasserstoff dominant) undüber O2 sind ohne Änderung der Reak-tionskonstanten aus dem Verbrennungs-mechanismus von n-Heptan nach Golovit-chev [4] übernommen.

Wie ebenfalls in Bild 4 dargestellt, wirddie für den Hauptoxidationspfad benötigteOH-Konzentration durch Lösen des partiel-len Gleichgewichts der Wasserstoffver-brennung in Abhängigkeit der lokalen H2-Konzentration ermittelt. Diese kann in KI-VA direkt dem ERC-Verbrennungsmodellentnommen werden. Das Multizonenmo-dell dagegen bildet die Kraftstoffverbren-nung nur als Bruttorektion zu CO2 und H2Oab. Für die GPA-Variante muss deshalb imCO-Modell durch Lösen des Gleichgewichtsvon Wassergas-Shift-Reaktion und CO-Oxi-dation die H2-Gleichgewichtskonzentra-tion bestimmt werden.

Die Simulation mit KIVA bietet dieMöglichkeit die Ergebnisse so auszuwer-ten, dass ein Vergleich mit den einzelnen,am Optikmotor eingesetzten Messverfah-ren realisierbar ist. In den folgenden Abbil-dungen ist dies für den Basispunkt darge-stellt.

3.2.1 KinetikLII und EigenleuchtenBild 5 zeigt die mit KIVA berechneten Ruß-konzentrations- und Temperaturverteilun-gen in der LII-Lichtschnittebene im Ver-gleich mit den Messergebnissen zum Zeit-punkt 16° KW n. OT. Zusätzlich ist jeweilsein senkrechter Schnitt durch die Muldedargestellt.

Es ist eine gute Übereinstimmung be-züglich der Orte der Rußwolken und derqualitativen Temperaturverteilung er-kennbar. LII- und Eigenleuchtenaufnah-men sowie die Berechnungsergebnissezeigen übereinstimmend, dass Ruß zu-nächst im äußeren Bereich der Kolben-mulde gebildet wird. Durch Strahlimpulsund Muldenkontur wird diese fette Ver-brennungszone am Muldenboden entlangin die Brennraummitte transportiert, vonwo aus sie bei fortschreitender Expansionnach oben aus der Mulde herausströmt.

3.2.2 GasentnahmeZum Vergleich der Berechnungsergebnissemit den Gasentnahmemessungen ist fol-gendes Vorgehen gewählt worden. An derPosition der Spitze des Gasentnahmeven-tils wird ein kugelförmiges Volumen ausdem KIVA-Berechnungsgitter ausgewertet.Um die zeitliche Mittelung der Gasentnah-me durch die Öffnen- und Schließvorgängeabzubilden, wird dieses kugelförmige Volu-men aus einzelnen Kugelschalen über dieÖffnungsdauer des Ventils aufgebaut. Bild6 zeigt den Vergleich der Simulationser-gebnisse mit den gemessenen CO-Konzen-trationen. Es ist eine sehr gute Überein-stimmung zwischen dem im Vorhaben er-stellten CO-Modell und den gemessenenKonzentrationsverläufen zu erkennen.

3.2.3 Raman-MessungBild 7 zeigt den Vergleich der KIVA-Simu-lationsergebnisse mit den mit der Raman-

Methode gemessenen Sauerstoffkonzen-trationen. Dafür wurden im KIVA- Berech-nungsgitter die den Raman-Messungenentsprechenden, quaderförmigen Volumi-na ausgewertet. Es zeigt sich eine guteÜbereinstimmung der räumlichen undzeitlichen Gradienten bei einem ungefährkonstanten Offset der Absolutwerte vonetwa 3 bis 4 %. Dies entspricht der Genau-igkeit des Raman-Messverfahrens.

Insgesamt zeigt der Vergleich der Be-rechnungsergebnisse mit KIVA und demim Vorhaben erstellten CO-Modell mit al-len eingesetzten Messverfahren eine guteÜbereinstimmung bezüglich Druck, Tem-peratur und Brennverläufen, Ruß- undTemperaturverteilung im Brennraum so-wie örtlichen und zeitlichen Konzentra-tionsverläufen von CO und O2. Es war kei-ne Anpassung von Reaktionskonstantenim CO-Modell gegenüber den Literatur-werten notwendig. Aufgrund der guten

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3.2.2 Gasentnahme

Bild 6: KIVA-Ergebnisse – Vergleich mit GasentnahmemessungFigure 6: KIVA results – comparison with gas sampling results

Formeln

Übereinstimmung zwischen Rechnungund Messung können die CFD-Ergebnisseals Basis für eine detaillierte Analyse derCO-Bildungs- und Oxidationsvorgängeverwendet werden.

3.3 Analyse CO-Bildung und OxidationBild 8 zeigt die Bereiche des in der Berech-nung abgebildeten 60°-Segments desBrennraums, in denen zu zwei Zeitpunk-ten kurz nach dem Brennbeginn bei 5° KWnach OT CO-Konzentrationen > 2000 ppmvorliegen.

Die sichtbaren CO-Wolken zum Zeit-punkt 6° KW nach OT lassen sich in drei Be-reiche unterteilen:

3.3.1 Abgas der VoreinspritzungAufgrund der geringen Voreinspritzmengeund des langen Zündverzugs der Vorein-spritzung erfolgt deren Verbrennung mithohem Luftüberschuss. Dies bewirkt einerelativ schnelle Abkühlung auf Tempera-turen unter 1000 K und somit ein „Einfrie-ren“ der CO-Oxidation. In den Abgaswol-ken der Voreinspritzung beträgt die CO-Konzentration zirka 3000 ppm. Da die Ver-brennung mager abgelaufen ist, befindetsich in diesen Zonen kein Ruß.

3.3.2 Kernbereich des Strahlsder HaupteinspritzungBewirkt durch die geringe Luftbeimi-schung und die hohen Kraftstoffdampf-konzentrationen im Kern des Einspritz-strahls erfolgt hier die Verbrennung beideutlichem Sauerstoffmangel. Daraus re-sultieren sehr hohe CO-Konzentrationen(bis zu 25 %) und zeitgleich hohe Rußdich-ten. Schon zu diesem frühen Zeitpunkt derVerbrennung liegt die Temperatur hierüber 1500 K. Kühlere Bereiche innerhalbdieser Zone sind durch die noch andauern-de Kraftstoffverdampfung zu erklären.

3.3.3 Randbereich des Strahlsder HaupteinspritzungDer Randbereich des Strahls zeichnet sichdagegen durch eine hohe Luftbeimischungund geringere Kraftstoffmengen aus. Ähn-lich den Vorgängen bei der Voreinsprit-zung läuft deshalb in diesen Zonen die Ver-brennung mager und bei niedrigen Tem-peraturen (< 1000 K) ab. Auch hier friert dieCO-Oxidation bei Konzentrationen von2000 bis 5000 ppm ein, und aufgrund desLuftüberschusses befindet sich in dieserZone kein Ruß.

Vier Grad Kurbelwinkel später ist zu er-kennen, dass die Zone aus dem Randbe-reich des Einspritzstrahls aufgrund der ho-hen Luftbeimischung gegenüber dem Kerndes Einspritzstrahls stark abgebremst wird

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3.2.3 Raman-Messung

Bild 7: KIVA-Ergebnisse – Vergleich mit Raman-MessungFigure 7: KIVA results – comparison with Raman results

Bild 8: KIVA-Ergebnisse – CO-Verteilung im Brennraum zu Beginn der VerbrennungFigure 8: KIVA results – CO distribution during early phase of combustion

3.3 Analyse CO-Bildung und Oxidation

durch die fortlaufende Verbrennung sohoch bleibt (1500 bis 2000 K), dass die CO-Konzentration dem Gleichgewicht folgt.Zum Zeitpunkt 69 °KW nach OT, Bild 9, istdeshalb der größte Teil des während derVerbrennung aufgetretenen CO oxidiert.Aus der Zone aus dem Kernbereich des Ein-spritzstrahls ist nur eine kleine CO-Wolkemit Konzentrationen um 2500 ppm geblie-ben. Hier sind die Temperaturen mit 1200bis 1300 K immer noch ausreichend für dieCO-Oxidation.

Die kalte CO-Wolke aus dem Randbe-reich des Haupteinspritzstrahls und denResten der Voreinspritzung ist dagegenpraktisch unverändert erhalten gebliebenund verursacht die CO-Abgasemissionen.

Bild 10 zeigt für drei Zeitpunkte die λ-T-Verteilung des im Brennraum befindlichenCO. Im oberen Totpunkt ist die aus der Ver-brennung der Voreinspritzung stammen-de CO-Masse im kalten mageren Bereich zuerkennen.

Nach Brennbeginn der Haupteinsprit-zung (6 °KW nach OT) sind über alle λ-Zo-nen CO-Massen zu erkennen, die mit etwader jeweiligen adiabaten Flammentempe-ratur vorliegen (vgl. mit Bild 3). CO, das beihohen Temperaturen in den mageren Be-reich gelangt, wird praktisch vollständigoxidiert. Im kalten, mageren Bereich ist dieCO-Masse gegenüber den Werten nach derVoreinspritzung weiter angestiegen. Ursa-che hierfür sind die CO-Massen aus demRandbereich des Haupteinspritzstrahls.Gegen Ende der Simulation (69 °KW nachOT) ist das gesamte CO aus den fetten Zo-nen oxidiert. Im Brennraum übrig ist nurnoch das CO im kalten mageren Bereich.

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3.3.3 Randbereich des Strahls der Haupteinspritzung

Bild 9: KIVA-Ergebnisse – CO-Verteilung im Brennraum gegen Ende der VerbrennungFigure 9: KIVA results – CO distribution during late phase of combustion

Bild 10: KIVA-Ergebnisse – Klasseneinteilung Figure 10: KIVA results – classification

und in der Muldenmitte zurückbleibt. EinTeil der Abgaswolke der Voreinspritzungverbindet sich damit zu einer kalten CO-Wolke, die bei der Expansion nach obenaus der Mulde driftet, während der andereTeil des Abgases der Voreinspritzung in derMulde von der Verbrennung des Kernbe-

reichs des Einspritzstrahls erfasst und aufdie dort herrschende Temperatur von über2000 K erhitzt wird. In dieser Zone liegenwegen des Luftmangels weiterhin hoheCO- und Rußkonzentrationen vor.

Im Laufe der Expansion strömt nachund nach Luft zu, während die Temperatur

Teile hiervon sind von den heißeren Zonenerfasst und auch noch oxidiert worden.

Das in das Abgas gelangende CO ent-stammt genau den Zonen (kalt und ma-ger), in denen Ruß gar nicht erst gebildetwird. Somit ist durch diese Analyse zu er-klären, dass Maßnahmen zur Senkung derRußemissionen (zum Beispiel Steigerungder Homogenisierung) die CO-Emissionensteigern können. Dieses Verhalten lässtsich auch in der Kombination des CO-Mo-dells mit dem GPA-Multizonenmodell be-obachten.

3.4 VariationenTabelle 2 zeigt die mit dem im Rahmendes Vorhabens erstellten Modell berechne-ten CO-Emissionen für die Anwendungmit KIVA und dem GPA-Multizonenmodellim Vergleich mit den am Prüfstand gemes-senen Abgasemissionen für den Basis-punkt und die drei experimentell unter-suchten Variationen (vgl. Bild 2). Für alle Si-mulationen sind die Reaktionskonstantenunverändert auf den Literaturwerten be-lassen.

Sowohl mit KIVA als auch mit dem Mul-tizonenmodell werden die Trends und Grö-ßenordnungen der CO-Emissionen für alleVariationen gut wiedergegeben. Die Er-

kenntnisse aus der detaillierten Analyseder CO-Bildungs- und Oxidationsvorgängeerlauben eine Erklärung der Emissionsän-derungen:■ die Spritzbeginnvariation nach spät be-wirkt einen größeren Zündverzug und stei-gert somit die Homogenisierung. Dadurchvergrößert sich der Anteil der Verbren-nung in extrem mageren Zonen, in denendie CO-Oxidation früh einfriert. Dies er-klärt die steigenden CO-Emissionen■ die Reduktion der AGR erhöht in allenBereichen der Verbrennung die Sauerstoff-konzentration. Dementsprechend sinkensowohl die CO-Gleichgewichtskonzentra-tionen als auch die Abgasemissionen■ die Absenkung des Raildrucks führt zugrößeren Kraftstofftropfen und langsame-rer Verdampfung. Deshalb befindet sichbei Brennbeginn weniger Kraftstoffdampfin den mageren kalten Zonen und entspre-chend wird weniger CO gebildet. Da derfette Anteil der Verbrennung dagegen an-steigt, ist bei dieser Variation ein deut-licher Trade-off bezüglich Ruß (steigt) undCO (sinkt) zu beobachten

4 Zusammenfassung

In einem optisch zugänglichen Motor sindmittels Laser optischer Messverfahren undeinem schnellen Gasentnahmeventil dieGastemperatur und die Konzentrationender Spezies CO, O2 und Ruß während derVerbrennung gemessen worden. Mithilfedieser Daten wurde auf Basis von umfan-greichen Kinetikberechnungen ein 3-Schritt-CO-Modell erstellt und unter Ein-satz von CFD-Simulationen in KIVA vali-diert. Das CO-Modell ist in das FVV-Ruß-modell aus dem Vorläufervorhaben alsPostprocessing Modul für das FVV-GPA-Multizonen-Verbrennungsmodell inte-griert worden. Die detaillierte Analyse derCFD-Ergebnisse liefert eine Erklärung fürden Ruß-CO-Konflikt:■ Es gibt große Bereiche im Brennraum, indenen Ruß und CO parallel gebildet undoxidiert werden. Während der Verbren-nung treten hier die höchsten CO-Konzen-trationen auf. Diese werden aber bedingt

durch die hohen Temperaturen in diesenZonen während der Expansionsphase na-hezu vollständig oxidiert.■ Dagegen gibt es andere Bereiche (Vor-einspritzung, Randbereich des Strahls), indenen durch sehr schnelle Luftbeimi-schung eine magere, rußfreie Verbren-nung mit niedrigen Temperaturen statt-findet. Hier friert die CO-Oxidation schonin sehr frühen Phasen der Verbrennungein. Aus diesen Bereichen stammen dieCO-Abgasemissionen.

Sowohl die CFD-Simulationen mit demCO-Modell und KIVA als auch die Berech-nungen mit dem Multizonenmodell gebendie Absolutniveaus und Trends der Abgas-emissionen für die im Vorhaben unter-suchten Varianten (Teillast-Basisbetriebs-punkt mit Variation von Spritzbeginn,AGR-Rate und Raildruck) gut wieder.

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Tabelle 2:Abgas-emissionenTable 2:Emissions

Messung KIVA GPA[ppm] [ppm] [ppm]

Basis 733 570 638

Variation I ↑ 956 ↑ 645 ↑ 776

Variation II ↓ 577 ↓ 417 ↓ 519

Variation III ↓ 617 ↓ 372 ↓ 483

3.4 Variationen

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Danksagung

Dieser Bericht ist das wissen-schaftliche Ergebnis einerForschungsaufgabe, die von der ForschungsvereinigungVerbrennungskraftmaschinene.V. (FVV, Frankfurt) gestellt und am Lehrstuhl für Verbren-nungskraftmaschinen der RWTHAachen unter der Leitung vonHerrn Professor Pischinger undHerrn Professor Grünefeld(LTFD) bearbeitet wurde. DieArbeit wurde durch die Arbeits-gemeinschaft industriellerForschungsvereinigungen e.V.(AiF, Köln) finanziell gefördert.Das Vorhaben wurde von einemArbeitskreis der FVV unter derLeitung von Herrn Dr. Chmela,AVL List GmbH (jetzt LEC,Kompetenzzentrum für umwelt-freundliche StationärmotorenGmbH, Graz), begleitet. DiesemArbeitskreis gebührt unser Dankfür die große Unterstützung.

Literaturhinweise

[1] Becker, M.; Bäcker, H.: Der Transparentmotorals modernes Entwicklungstool für Pkw-Die-selmotoren, Tagung „Optisches Indizieren“,Haus der Technik e.V., Essen 2002

[2] Wölfle, M.: Untersuchung der Schadstoff-bildung im Zylinder eines direkteinspritzendenPkw-Dieselmotors, Dissertation RWTH Aa-chen, Aachen 1994

[3] Pischinger, S. et al: QuasidimensionalesRußemissionsmodell für das FVV GPA-Re-chenprogramm, Abschlussbericht zum FVVVorhaben 736, Frankfurt 2002

[4] Golovitchev, V. I. et.al.: 3-D Diesel SpraySimulations Using a New Detailed ChemistryTurbulent Combustion Model, SAE 2000-01-1891

[5] Amsden, A. A.: KIVA-3V, RELEASE 2, Improve-ments to KIVA-3V, Los Alamos NationalLaboratory Report LA-13608-MS, 1999

[6] Kong, S.-C., Han, Z., Reitz, R. D.: The develop-ment and application of a diesel ignition andcombustion model for multidimensionalengine simulations, SAE 950278