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1 Referat – Paul B. Baltes – Entwicklungspsycholo gie der Lebensspanne Markus Weidel Masterstudiengang Erwachsenenbildung

Referat- Paul B. BALTES

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Es handelt sich hierbei um ein Referat, dass in der Veranstaltung "kognitive Entwicklungspsychologie" im Rahmen des Masterstudiums Erwachsenenbildung gehalten wurde. Es thematisiert die Forschungsschwerpunkte des kürzlich verstorbenen Paul B. Baltes

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Referat – Paul B. Baltes – Entwicklungspsychologie der Lebensspanne

Markus Weidel

Masterstudiengang Erwachsenenbildung

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Gliederung1. Zur Person

2. Forschungsschwerpunkte

2.1 kognitive Leistungsfähigkeit im Alter („Die Berliner Altersstudie“)

2.2 Erforschung der Weisheit

3. Diskussion

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Zur Person – Paul B. Baltes Deutscher Psychologe und einer der führenden

Gerontologen weltweit Studierte Psychologie an der Universität des

Saarlandes mit Promotion Arbeitete 12 Jahre als Professor für Psychologie und

Gerontologie an mehrere amerikanischen Universitäten

Wurde 1980 Direktor am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin

2006 verstorben

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Forschungsschwerpunkte Geistige Entwicklung über die Lebensspanne Konzentration auf kognitive

Leistungsfähigkeit im Alter Entwarf Theorie der erfolgreichen

Entwicklung im Altern als Zusammenwirken von Selektion, Optimierung und Kompensation

Erforschung der Weisheit

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Altersbegriff – nach Disziplinen Soziologisches Alter – Bestimmung durch

Position im Lebenslauf Psychologisches Alter – Eigendeutung des

Alters Soziales Alter – „Alter als Stigma“ Medizinisch-biologischer Altersbegriff –

typische altersbedingte Veränderungen von Körper und Nervensystem

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Altersbegriff - Lebensphase Junges Alter (55-65) – ältere Menschen Mittleres/normales Alter (65-70/75) – alte

Menschen Hohes Alter (70/75-85) („Drittes Alter“) -

betagte Menschen Sehr hohes Alter/Hochaltrigkeit (85+)

(„Viertes Alter“) – hochbetagte Menschen

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Selektion, Optimierung, Kompensation Menschen aller Altersstufen nutzen diese

Mechanismen Ältere erlangen hier „besondere

Meisterschaft“ Beispiel: Pianist Rubinstein Besseres Selbstwertgefühl für Menschen, die

verstehen die Mechanismen zu nutzen

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Bsp: 80jähriger Pianist Arthur Rubinstein

Selektion spielt weniger Stücke und braucht folglich weniger im Kopf zu behalten

Optimierung häufigeres üben

Kompensation

spielt vor schnellen Passagen langsam Folge: das lässt die langsameren bedeutungsvoller und die schnellen

Passagen schneller erscheinen

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Baltes revidiert eigene These vertrat die These, dass Mensch bis zum Tod

entwicklungsfähig bleibt Verluste bei Gedächtnis- oder Intelligenzleistungen

können durch Training ausgeglichen werden Im jungen Alter lässt sich Kompensationsfähigkeit

und Entwicklungsfähigkeit des menschl. Geistes (Plastizität) auch empirisch belegen

gilt nicht für viertes Alters Beweis erfolgt durch von ihm geleitete Berliner

Studie

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Berliner Altersstudie - BASE Es wurden über 500 Menschen im Alter zwischen 70

und 105 Jahren untersucht Von mehr als 50 Medizinern, Psychologen,

Soziologen und Ökonomen über 10 Jahre lang Hauptstudie (1990-1993) angelegt auf West-Berlin = Kernstichprobe mit 516 Personen wurden untersucht hinsichtlich körperlicher

Gesundheit, intellektueller Leistungsfähigkeit, psychischer Befindlichkeit, sozialer und ökonomischer Situation

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Berliner Altersstudie - Merkmale Örtliche Repräsentativität Fokus auf sehr alte Menschen Interdisziplinär angelegte Erhebung Referenzdatensatz von älterer Bevölkerung

einer deutschen Großstadt Studie wurde weitergeführt als

Längsschnittstudie (6 Nachuntersuchungen)

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Berliner Alterstudie – Disziplinspezifische Befunde Lebenslagen und soziale Ungleichheit im hohen

Alter Soziale und ökonomische Bedingungen Indikatoren der körperlichen und geistigen

Gesundheit im Alter variieren kaum zw. Sozialschichten

Alter heute nicht mehr gleichzusetzen mit sozialem Abstieg

Statuserhaltende Alterssicherung führt zu Kontinuität der Lebenschancen

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BASE – Sozialprestige und Bildungsniveau

SchichtMänner Frauen

PrestigeBildung

in Jahren PrestigeBildung

in Jahren

Unterschicht 38,1 8,9 37 8,3

Untere Mittelschicht 46,6 9,9 42,1 9,8

Mittlere Mittelschicht 62,3 11,1 51,6 10,4

Gehobene Mittelschicht 76,3 12,7 59,1 10,9

Obere Mittelschicht 118,6 14,3 60,9 11,8

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Demenzerkrankungen im Alter - Psychische Erkrankungen im Alter – Sozialprestige nach Wegener 1985

Alter An Demenz erkrankt

70 5%

80 10-15 %

90 40-50%

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Berliner Altersstudie – Fachübergreifende Fragestellungen Wirtschaftliche Lage und wirtschaftliches

Handeln Soziale Beziehungen Persönlichkeit und Lebensgestaltung im Alter Wohlbefinden im hohen Alter Zahnmedizinische Versorgung Alltagskompetenz im Alter Kognitive Leistungsfähigkeit

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Ergebnisse – Berliner Altersstudie Lernpotential geht ab dem 85. Lebensjahr (Beginn

des vierten Alters) verloren Auch mental gesunde 85jährige sind beim Lernen

beeinträchtigt Wohlbefinden, Lebenszufriedenheit und soziale

Einbettung, Alltagskompetenz schwinden Demenzerkrankungen nehmen im Alter stark zu

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Grenzen und Potentiale kognitiver Leistungsfähigkeit im Alter

Zur Anwendung kamen 14 kognitive Tests, die folgenden Fähigkeiten zugeordnet werden konnten

Denkfähigkeit, Wahrnehmungsgeschwindigkeit, Gedächtnis, Wissen, Wortflüssigkeit

Sowie Erfassung demenzbezogener Symptome durch neuropsychologischer Untersuchung

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Ergebnisse Alle 5 kognitiven Fähigkeiten zeigten eine

lineare Abnahme der Leistungshöhe mit dem Alter

Aber: interindividuelle Unterschiede Einbußen stärker im wissensfreiem

mechanisch-fluiden Bereich (Wahrnehmungsgeschwindigkeit) als im wissensbasiertem pragmatisch-kristallinen Bereich (Wissen) – sh. Baltes 1993

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fluide Intelligenz Messbares Ergebnis des Einflusses biologischer

Faktoren auf die intellektuelle Entwicklung (Mechanik der Intelligenz)

Ohne Einfluss von Erziehung und Erfahrung Grundlegende biologische Lernfähigkeit Messung durch figürliche, bildhafte Darstellungen,

einfache Symbole Kognitive „Grundlagen“ der Anpassung an neue

Situationen. Z.B. Reaktionsgeschwindigkeit, logisches Denken,

Gedächtnisspanne.

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kristallisierte Intelligenz Erlernte Fähigkeit logische Beziehungen zu finden, zu

Urteilen und Hilfen zur Problemlösung zu finden/einzusetzen (Pragmatik der Intelligenz – vgl. Baltes 1990)

Bsp.: „Horch, was kommt von draußen rein“… „Hollahi… Hollaho…“

Fertigkeiten, in denen sich die Effekte vorangegangenen Lernens „kristallisiert“ haben. Z.B. Wissen, Wortschatz, Weisheit.

Messung der Sprachfähigkeit, berufliches Wissen, interpersonelle Aspekte der Kommunikation

Horn & Catell 1966

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Veränderungen fluider und kristalliner Intelligenzfunktion im höheren Alter

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Ausmaß alternsbedingter Leistungsabnahme – Unterschiede zwischen den Fähigkeiten

Grund des unterschiedlicher Altersganges mechanisch-fluider und pragmatisch-kristalliner Fähigkeiten ist, dass

entsprechende Wissensbestände dazu geeignet sind altersbedingte Abbauprozesse in der mechanischen Ebene teilweise oder vollständig zu kompensieren, vgl. Baltes, 1993, BASE S.361

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Ausmaß alternsbedingter Leistungsabnahme – Unterschiede zwischen den Fähigkeiten

Dennoch ist es nicht möglich pragmatisch-kristalline Komponente von mechanisch-fluider Komponente zu trennen

Verwendung von Wissen ist auf das Funktionieren der Mechanik (z.B. Speicher- und Abrufprozesse) angewiesen

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Ergebnisse Untersuchungen an jüngeren Stichproben

dokumentieren interindividuelle Unterschiede in der kognitiven Leistungsfähigkeit bis ins höchste Alter

Faktoren wie z.B. Bildung u. Soziale Schicht besaßen geringen Vorhersagewert für individuelle Unterschiede in der kognitiven Leistungsfähigkeit, sondern eher Gehirnatrophie und Sehschärfe, Gehör und Gleichgewicht

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Ergebnisse Personen mit unter- oder

überdurchschnittlichen Ausprägungen in diesen Faktoren unterscheiden sich nicht im Ausmaß des altersbezogenen Rückgangs der kognitiven Leistungsfähigkeit

Bei ausreichender Hilfestellung blieb Merk- und Lernfähigkeit bei Personen ohne klinische Demenzdiagnose bis ins höchste Alter erhalten.

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Diskussion Personen mit hohem Leistungsniveau und

geringem Leistungsverlust haben eine höhere Lebenserwartung

Personen mit starkem Leistungsabbau weisen demnach eine geringere Lebenserwartung auf

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Alltagsrelevanz des Rückgangs der kognitiven Leistungsfähigkeit mit dem Alter

Starke Beziehung zw. kognitiver Leistungsfähigkeit, Alltagskompetenz, Alter

Folge: Abnahme der kognitiven Leistungsfähigkeit schränkt kompetente Bewältigung des Alltags ein

Befunde beziehen sich auf objektiv erfasste Alltagskompetenz (im Sinne der Anzahl kompetent und selbständig ausgeführter Tätigkeiten)

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Welche Anforderungen kommen hier auf die Erwachsenenbildung zu ? … Die Antworten der Gruppe zu dieser

Fragestellung während des Referates wurden hier unmittelbar mit aufgenommen.

Die Präsentation mit den Antworten befindet sich auf dem Laptop von PD Dr. Haci-Halil Uslucan.

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Erforschung der Weisheit Ausgangssituation/Zusammenfassung Fluide Intelligenz lässt im jungen

Erwachsenenalter nach Kristallisierte Intelligenz bleibt bis ins hohe

Alter erhalten und steigt weiter Folge: ansteigende kristallisierte Intelligenz

kann Verluste im fluiden Bereich kompensieren

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Erforschung der Weisheit basale (Denkfähigkeit,

Wahrnehmungsgeschwindigkeit) Leistungskomponenten lassen sich leichter messen als Weisheit

Schlussfolgerung: Unterschätzung des Leistungspotentials älterer Menschen

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Erforschung der Weisheit

Die Weisheits-Top 15

(nach Auskunft von amerikanischen undergraduate students )

1.Gandhi 6. Mutter Teresa 11. Winston

Churchill

2. Konfuzius 7.Salomon 12. Dalai Lama

3. Jesus Christus 8.Buddha 13. Ann Landers

4. Martin Luther King 9. Der Papst 14. Nelson Mandela

5. Sokrates 10. Oprah Winfrey 15. Queen Elizabeth

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Erforschung der Weisheit – Einige Ergebnisse wird in allen Studien mit höherem Alter

assoziiert wird an Personen mit Mentoren- und

Ratgeberrollen wahrgenommen kommt in Situation mit unklarem Ausgang

zum Tragen

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Erforschung der Weisheit – Ergebnisse Baltes Weisheit = Expertenwissen bezogen auf die

fundamentalen Tatsachen des menschlichen Lebens 5 Kriterien für „weise Aussagen“

1. reiches Faktenwissen

2. reiches prozedurales Wissen

3. Wert-Relativismus und Toleranz

4. Lebensspannen-Kontextualismus

5. Wissen um und Umgang mit Unsicherheit

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Erforschung der WeisheitDas Berliner Weisheitsparadigma Weisheit als Expertenwissen über die fundamentalen

Tatsachen des menschlichen Lebens Messansatz: TeilnehmerInnen denken laut über

kurze Beschreibungen von Lebensproblemen nach; Beurteilung nach fünf Kriterien

Ergebnisse: höheres Alter ist nicht Voraussetzung für gute Leistungen;

Weisheitsnominierte schneiden nicht allzu gut ab;

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Diskussion – Lebenslänge contra Lebensqualität Baltes meint..“ich stehe auf dem Standpunkt,

wir sollten im Rahmen der momentanen Lebenserwartung die Forderung nach weiterer Ausdehnung der Lebenslänge zurückschrauben zugunsten einer Verbesserung der Lebensqualität.“

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Baltes‘ Argumente dafür: Steigt Durchschnittsalter von 45 auf 55 riskieren

solche Gesellschaften eine Verringerung ihres Innovationspotentials

Alternsforschung zur kognitiven Plastizität zeigt: negative Alternseffekte auf Geschwindigkeit, Genauigkeit und Informationsverarbeitung, Potential zum Erlernen neuer Fertigkeiten

Körper verlangt im Alter vom Geist mehr Aufmerksamkeit für Ressourcen

vgl. Neue Zürcher Zeitung v. 05.11.2006, Nr. 257

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Literatur Mayer, K. U., & Baltes, P. B. (Eds.). (1996). Die Berliner Altersstudie.

Berlin: Akademie Verlag. Baltes, Paul B./Baltes, Margret M. : Gerontologie : Begriff,

Herausforderung und Brennpunkte. In: Baltes, Paul B./Mittelstraß, Jürgen/Staudinger, Ursula M. (Hg.) (1994): Alter und Altern: Ein interdisziplinärer Studientext zur Gerontologie. Berlin; New York: de Gruyter. S. 9.

Entwicklungspsychologie der Lebensspanne/ Paul B. Baltes. - 1. Aufl. - Stuttgart : Klett-Cotta, 1979

Handbuch zur Erfassung von weisheitsbezogenem Wissen/ Ursula M. Staudinger. - Berlin : Max-Planck-Inst. für Bildungsforschung, 1994

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Literatur Psychologie heute, Februar 2007, Seite 38-45, Ein Porträt – Paul B.

Baltes Neue Zürcher Zeitung, 04.11.06, S. 30, Hoffnung mit Trauerflor Neue Zürcher Zeitung, 26.11.06, S. 70, Weise werden kann jeder DIE ZEIT 07.08.2003, Nr.33, Der Rat der Greise Glück, Judith (Präsentation), 2004.

Ein positives Alternsbild: Psychologische Weisheitsforschung, Entwicklungspsychologie « Fakultät für Psychologie der Universität Wien

Malwitz-Schütte, Magdalene (Vortrag) , November 2003, Lernen und Alter – Perspektiven des Lernens im Alter, Universität Bielefeld

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Literatur - Internet http://www.baltes-paul.de/Media.html http://www.single-generation.de/

wissenschaft/psychologie/paul_b_baltes.htm http://neurologie.onlinehome.de/neukurs6.htm www.wikipedia.de