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Regenwassermanagement für Hamburg KompetenzNetzwerk Abschlussbericht März 2010

Regenwassermanagement für Hamburg KompetenzNetzwerk … · 2016. 3. 31. · Niederschlaggeschehens prognostiziert, in dessen Folge mit einer Änderung der ... als bedeutendes Thema

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Regenwassermanagement für Hamburg KompetenzNetzwerk Abschlussbericht März 2010

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KompetenzNetzwerk HAMBURG WASSER

Im KompetenzNetzwerk HAMBURG WASSER arbeiten mehr als 25 Unternehmen und Institutionen

zusammen, um mit Ihrem gebündelten Know-how Umwelt und Ressourcen schonende Lösungen für die

Wasser- und Energiewirtschaft zu entwickeln.

Die Rahmenbedingungen für die Bereitstellung urbaner Wasserver- und Abwasserentsorgungsdienstleistungen

verändern sich in zunehmendem Maße. Faktoren wie Klimawandel, demografische Entwicklung und

Verbraucherverhalten sowie aktuelle Entwicklungen im Bereich Energie führen zu veränderten

Randbedingungen für die nur langsam wandelbare städtische Wasserinfrastruktur. Vor diesem Hintergrund hat

es sich das KompetenzNetzwerk HAMBURG WASSER zur Aufgabe gemacht, Konzepte zur Anpassung

bestehender Infrastruktursysteme an neue Rahmenbedingungen zu entwickeln und zukunftsfähige

Technologien in Pilot- und Demonstrationsvorhaben einzusetzen.

Die verschiedenen Projekte des KompetenzNetzwerks lassen sich in folgenden Themenblöcken

zusammenfassen:

• Anpassung bestehender Infrastruktursysteme an sich wandelnde Rahmenbedingungen

• Energiemanagement: Energie aus vorhandenen Systemen

• Energie autarkes Gesamtsystem / HAMBURG WATER Cycle

• Technologietransfer in Entwicklungs- und Schwellenländer

Weitere Informationen finden Sie auf der Internetseite www.hamburgwasser.de

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KompetenzNetzwerk HAMBURG WASSER

Regenwassermanagement für Hamburg

Abschlussberichte der Teilprojekte TP1 bis TP6

März 2010

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VORWORT

Seit Jahren beschäftigen sich viele Institutionen in Hamburg mit Lösungsansätzen zum

zukunftsfähigen Umgang mit Regenwasser. Gesteigert wurde das Interesse für dieses

Thema durch die aktuelle Klimaforschung, die eine Veränderung des

Niederschlaggeschehens prognostiziert, in dessen Folge mit einer Änderung der

Belastungen für das Entwässerungssystem gerechnet werden kann. Zudem bewirkt die

zunehmende Flächenversiegelung in Hamburg eine Zunahme der Niederschlagsabflüsse,

welche stellenweise zu Überlastungen der Entwässerungssysteme führt.

Bereits 2006 wurde das Regenwassermanagement in dem EU-Projekt „Urban Water Cycle“

als bedeutendes Thema für die Metropole Hamburg herausgearbeitet und festgestellt, dass

auf diesem Gebiet mehr für eine sichere Zukunft getan werden muss. Vor diesem

Hintergrund wurde das Thema Regenwassermanagement schon bei der Gründung des

KompetenzNetzwerks HAMBURG WASSER am 03.04.2007 als Schwerpunkt aufgenommen

und mit einer Kooperationsvereinbarung von elf Institutionen zum Leben erweckt. Dem Motto

des KompetenzNetzwerks entsprechend wurde hier ganz bewusst eine konstruktive

Arbeitsatmosphäre auf lösungsorientierter Sachebene gesucht und gefunden.

Das vielschichtige Thema Regenwasser wurde in 6 Teilprojektgruppen bewegt. Die Arbeit

der verschiedenen Beteiligten erfolgte unendgeldlich und zumeist neben den Hauptaufgaben

bei Ihrem jeweiligen Arbeitgeber und erforderte daher besonderes Engagement. Gebündelt

wurde dieses Engagement in zahlreichen Arbeitstreffen der einzelnen Teilprojektgruppen.

Bei zusätzlich sechs Veranstaltungen trafen alle Partner des Regenwasser-Projektes

aufeinander, um sich gegenseitig auf den neuesten Stand zu bringen. Darüber hinaus wurde

bei einer Vielzahl von Veranstaltungen auch der Kontakt zur übrigen Fachwelt gesucht.

Mittlerweile haben die Partner des KompetenzNetzwerks so erfolgreich gearbeitet, dass in

der Stadt Hamburg das Projekt RISA (RegenInfraStrukturAnpassung) aufgelegt und mit

Finanzmitteln ausgestattet wurde. Die Phase der Projektinitiierung ist somit beendet und eine

Weiterführung des Themas Regenwasser im KompetenzNetzwerk HAMBURG WASSER

nicht länger erforderlich. Auf dem Abschlusstreffen am 15.07.2009 wurde daher das

KompetenzNetzwerk-Projekt Regenwassermanagement als erfolgreich beendet erklärt.

Wir freuen uns, dass das KompetenzNetzwerk HAMBURG WASSER helfen konnte, die

verschiedenen Interessen im Bereich Regenwasser zu bündeln und das Thema in Hamburg

zu verankern. Ich wünsche mir, dass die Ergebnisse des Projektes RISA helfen werden, die

negativen Auswirkungen des Klimawandels in Hamburg abzudämpfen und ein Umdenken

bei der Versiegelung von Flächen zu initiieren.

Dr. Kim Augustin

Leiter des KompetenzNetzwerks HAMBURG WASSER

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INHALTSVERZEICHNIS

I

INHALTSVERZEICHNIS................................. .................................................... Seite:

EINLEITUNG...............................................................................................................1

1. Mitbenutzung von Flächen ........................... .....................................................7

1.1 Einleitung.....................................................................................................................................7 1.2 Ziele und Arbeitspakete...............................................................................................................7 1.3 Begriffsdefinition „Mitbenutzung“.................................................................................................8 1.4 Arbeitspakete ..............................................................................................................................8

1.4.1 Mitbenutzung von Flächen zur Regenwasserrückhaltung in Deutschland..........................8 1.4.2 Mitbenutzung von Flächen zur Regenwasserrückhaltung in den USA .............................11 1.4.3 Vorstellung des Regenwassermanagements im KompetenzNetzwerk HAMBURG

WASSER bei den Bezirksämtern in Hamburg...................................................................13 1.4.4 Workshop „Mitbenutzung von Flächen zur Regenwasserbewirtschaftung – Chancen

und Grenzen für Hamburg im Bestand und in der Planung“ .............................................14 1.4.5 Übersicht von realisierten Maßnahmen und möglichen Pilotprojekten in Hamburg..........16 1.4.6 Rechtliche Rahmenbedingungen.......................................................................................18 1.4.7 Fragenkatalog zur Vorprüfung potentieller Mitbenutzungsflächen ....................................19

1.5 Zusammenfassung und Ausblick ..............................................................................................22 1.6 Literatur .....................................................................................................................................23 Anhang 1 – Deutschlandweite Projektbeispiele.................................................................................25 Anhang 2 – Dokumentation des Workshops......................................................................................27 A2.1 Arbeitsgruppe 1 – Straßen ........................................................................................................29 A2.2 Arbeitsgruppe 2 – Park- und Grünflächen.................................................................................31 A2.3 Arbeitsgruppe 3 – Spiel- und Sportflächen ...............................................................................34 Anhang 3 – Arbeitspapier Mitbenutzung von Flächen .......................................................................39 A3.1 Einleitung...................................................................................................................................40 A3.2 Hintergrund................................................................................................................................40 A3.3 Fallgruppen................................................................................................................................41 A3.4 Rechtliche Rahmenbedingungen ..............................................................................................41 A3.5 Betrachtung der Fallgruppen.....................................................................................................45

2. Karten für die Regenwasserbewirtschaftung .......... ......................................51

2.1 Einleitung...................................................................................................................................51 2.2 Ziele und Arbeitspakete.............................................................................................................51 2.3 Einflussfaktoren.........................................................................................................................52

2.3.1 Boden.................................................................................................................................52 2.3.2 Geologie.............................................................................................................................56 2.3.3 Grundwasserflurabstand....................................................................................................60 2.3.4 Stauwasser ........................................................................................................................61 2.3.5 Hangneigung......................................................................................................................62 2.3.6 Wasserschutzgebiete.........................................................................................................63 2.3.7 Altlasten .............................................................................................................................64

2.4 Geoinformationssystem, GIS ....................................................................................................65 2.4.1 Verschneidung und Überlagerung mit den weiteren Einflussfaktoren...............................67 2.4.2 Anwendung der Karten ......................................................................................................70

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INHALTSVERZEICHNIS

II

2.5 Verifizierung.............................................................................................................................. 70 2.5.1 Abgleich mit der Bewirtschaftungsartenkarte aus dem Projekt UWC............................... 70 2.5.2 Abgleich mit den angezeigten und genehmigten Anlagen zur Versickerung von

Niederschlagwasser.......................................................................................................... 73 2.5.3 Abgleich mit dem verminderten Gebührensatz ohne Regenwasseranteil ........................ 74 2.5.4 Ausblick: Verifizierung im Bestand.................................................................................... 75

2.6 Erstellung der Karte für ganz Hamburg .................................................................................... 75 2.6.1 Boden ................................................................................................................................ 75 2.6.2 Geologie ............................................................................................................................ 75 2.6.3 Grundwasserflurabstand ................................................................................................... 76 2.6.4 Hang- und Stauwasser...................................................................................................... 76 2.6.5 Hangneigung..................................................................................................................... 76 2.6.6 Altlasten............................................................................................................................. 77 2.6.7 Pflege und Aktualisierung ................................................................................................. 77

2.7 Fazit, Empfehlungen und Ausblick ........................................................................................... 78 2.7.1 Randbedingungen............................................................................................................. 78 2.7.2 Verifizierung ...................................................................................................................... 79 2.7.3 Anwendung ....................................................................................................................... 80 2.7.4 Ausblick ............................................................................................................................. 80

2.8 Literatur..................................................................................................................................... 81

3. Rechtliche Rahmenbedingungen....................... ............................................ 83

3.1 Ziele und Arbeitspakete............................................................................................................ 83 3.2 Rechtlicher Rahmen ................................................................................................................. 83 3.3 Wasserschutzgebietsverordnungen ......................................................................................... 84

3.3.1 Allgemeines....................................................................................................................... 85 3.3.2 Fachlicher Vorschlag zur Gleichstellung der Verordnungen............................................. 85

3.4 Verordnungen nach § 9 Abs. 4 HmbAbwG .............................................................................. 86 3.4.1 Möglichkeiten im Rahmen der existierenden rechtlichen Rahmenbedingungen (wenn

Sielbaubeitrag entrichtet wurde) ....................................................................................... 86 3.4.2 Prüfung der Rückerstattung der Sielbaubeiträge sowie möglicher

Kompensationszahlungen................................................................................................. 89 3.5 Wasser- und Bodenverbände................................................................................................... 89

3.5.1 Allgemeines....................................................................................................................... 89 3.5.2 Voraussetzungen für eine Gründung ................................................................................ 90 3.5.3 Gründungsinitiative/ Kosten der Gründung....................................................................... 91 3.5.4 Alternative Instrumente ..................................................................................................... 91

3.6 Weitere Vorschläge .................................................................................................................. 92 3.6.1 Zwangsabkopplung von Fehlanschlüssen ........................................................................ 92 3.6.2 Kontrollmöglichkeiten von Einleitbegrenzungen ............................................................... 92

3.7 Zusammenfassung und Ausblick.............................................................................................. 93 3.8 Literatur..................................................................................................................................... 93 Anhang – Ablaufverfahren zur Wasser- und Bodenverbandsgründung ........................................... 94

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INHALTSVERZEICHNIS

III

4. Auswirkungen des Klimawandels ...................... ............................................97

4.1 Einleitung...................................................................................................................................97 4.2 Ziele und Arbeitspakete.............................................................................................................97 4.3 Daten und Modelle ....................................................................................................................97 4.4 Validierung und Disaggregation der REMO-Daten ...................................................................98

4.4.1 Validierung .........................................................................................................................98 4.4.2 Disaggregation.................................................................................................................100

4.5 Trendanalyse Niederschlag.....................................................................................................101 4.6 Trendanalyse Abfluss..............................................................................................................102

4.6.1 Trendanalyse Entlastung .................................................................................................103 4.6.2 Trendanalyse Überstau....................................................................................................103

4.7 Anstieg des Meeresspiegels ...................................................................................................103 4.8 Zusammenfassung und Ausblick ............................................................................................104 4.9 Literatur ...................................................................................................................................105

5. Handlungsschwerpunkte.............................. .................................................107

5.1 Ziele und Arbeitspakete...........................................................................................................107 5.2 Identifikation von Handlungsschwerpunkten...........................................................................107 5.3 Dokumentation und Bestandsaufnahme.................................................................................110 5.4 Lösungskonzept für Handlungsschwerpunkte ........................................................................113 5.5 Handlungsempfehlung ............................................................................................................117

5.5.1 Allgemeine Hinweise........................................................................................................117 5.5.2 Ergebnisse aus dem Pilotbezirk Wandsbek ....................................................................117

5.6 Optimierungspotential der entwickelten Systematik................................................................119 5.7 Zusammenfassung und Ausblick ............................................................................................119 5.8 Literatur ...................................................................................................................................120 Anhang – Datenblatt Handlungsschwerpunkt..................................................................................121 A1.1 Deckblatt zum Datenblatt ........................................................................................................121 A1.2 Gliederung des Datenblatts.....................................................................................................122

6. Öffentlichkeitsarbeit.............................. .........................................................123

6.1 Einleitung.................................................................................................................................123 6.2 Ziele und Arbeitspakete...........................................................................................................123 6.3 Erstellung der Broschüren.......................................................................................................123 6.4 Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen in Hamburg .......................................................124 6.5 Wanderausstellung „Regenwasser zurück in die Natur“ .........................................................124 6.6 Vorträge zum Thema Regenwassermanagement ..................................................................124 6.7 Ausblick ...................................................................................................................................126 Anhang Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen in Hamburg...............................................127 A1.1 Einleitung.................................................................................................................................129 A1.2 Vorgehensweise......................................................................................................................129 A1.3 Wirkungsweisen und Maßnahmen..........................................................................................129 A1.4 An der Abfrage beteiligte Personen und Institutionen.............................................................138

ANSPRECHPARTNER.................................... .......................................................139

IMPRESSUM...........................................................................................................139

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INHALTSVERZEICHNIS

IV

ABBILDUNGSVERZEICHNIS.............................. ...............................................Seite:

Abbildung 0-1: Probleme, Ziele und Lösungen zum Umgang mit Regenwasser in Hamburg............. 2 Abbildung 1-1: Systematik zur Einordnung von Projekten der Mitbenutzung von Flächen ................. 9 Abbildung 2-1: Durchlässigkeitsbeiwert (kf-Wert) von Lockergesteinen und entwässerungs-

technisch relevanter Versickerungsbereich ............................................................... 52 Abbildung 2-2: Punktkarte der Versickerungsfähigkeit der Böden des Beispielgebiets (grün:

versickerungsfähig gem. DWA-A 138, rot: nicht versickerungsfähig; kl. Kreise: bis

80 cm Tiefe, mittlere Kreise bis 120 cm, große Kreise: bis 200 cm) ......................... 55 Abbildung 2-3: Geologische Karte 7038 im Maßstab: 1:5000 (Bildschirmdruck des

ArcView-Projekts) ...................................................................................................... 56 Abbildung 2-4: Abfrageergebnisse zur Mächtigkeit des versickerungsfähigen Untergrundes

(Bildschirmdruck des ArcView-Projekts).................................................................... 58 Abbildung 2-5: Abfrageergebnisse zur Mächtigkeit der versickerungsfähigen Tiefe

(Bildschirmdruck des ArcView-Projekts).................................................................... 59 Abbildung 2-6: Flurabstand zur Grundwasseroberfläche (Bildschirmdruck des ArcView-Projekts) .. 60 Abbildung 2-7: Flurabstand zur Grundwasserdruckfläche (Bildschirmdruck des

ArcView-Projekts) ...................................................................................................... 61 Abbildung 2-8: Karte des Grund- oder Stauwassereinflusses (weiß: kein Wassereinfluss; blau:

Einfluss oberhalb 0,4 m; türkis: Einfluss zw. 0,4 – 0,8 m; gelb: Einfluss zw. 0,8 –

1,2 m; orange: Einfluss zw. 1,2 – 1,6 m; rot: Einfluss unter 1,6 m) ........................... 62 Abbildung 2-9: Auszug der Versickerungspotentialkarte für das Pilotgebiet Marienthal

(Bildschirmdruck des ArcView-Projekts).................................................................... 67 Abbildung 2-10: Versickerungspotentialkarte mit Geländeneigung (Bildschirmdruck des

ArcView-Projekts) ...................................................................................................... 68 Abbildung 2-11: Versickerungspotentialkarte mit hohen Grundwasserständen und dem

Wasserschutzgebiet Billbrook/Billstedt, Zone III (Bildschirmdruck des

ArcView-Projekts) ...................................................................................................... 69 Abbildung 2-12: Bewirtschaftungsartenkarte im EZG Marienthal (links, Quelle: IPS, 2005) und

Karte der Baugrundübersicht (rechts, Quelle: GLA) .................................................. 71 Abbildung 2-13: Karte des Regenwasserbewirtschaftungspotenzials im EZG Marienthal (Quelle:

IPS, 2005) mit Bohrungsdaten (GLA) und angezeigten Versickerungsanlagen

(Bildschirmdruck des ArcView-Projekts).................................................................... 72 Abbildung 2-14: Beispiel für angezeigte Versickerungsanlage gem. Wasserbuch der BSU............... 73 Abbildung 2-15: Versickerungspotentialkarte mit angezeigten Versickerungsanlagen und

verminderter Gebühr (Bildschirmdruck des ArcView-Projekts) ................................. 74 Abbildung 4-1: Lage der Regenschreiber und der REMO-Gitterboxen über Hamburg,

exemplarisch für R008 dargestellt ............................................................................. 99 Abbildung 4-2: monatliche Niederschlagssummen über 25 a für REMO und HSE, gemittelt über

alle Regenschreiber ................................................................................................... 99 Abbildung 4-3: u- und w-Parameter für den R008, HSE und REMO............................................... 100 Abbildung 4-4: Bemessungsregen 2000 (Hamburg), 2100 (REMO) und KOSTRA-DWD 2000 ..... 102 Abbildung 5-1: Schematische Vorgehensweise zur Ermittlung von Handlungs-schwerpunkten..... 107 Abbildung 5-2: systematisches Vorgehen zur Lösung von Handlungsschwerpunkten ................... 115 Abbildung 5-3: Häufigkeitsverhältnis möglicher Maßnahmen zur Aufhebung / Lösung von

Handlungsschwerpunkten (Handlungsempfehlung) ................................................ 118 Abbildung 6-1: Übersichtskarte Hamburg – Standorte der recherchierten Projekte........................ 130

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INHALTSVERZEICHNIS

V

TABELLENVERZEICHNIS ............................... ................................................. Seite:

Tabelle 0-1: Partner im Projekt „Regenwassermanagement für Hamburg“ im KHW.......................4 Tabelle 1-1: Übersicht der Fallbeispiele zur Mitbenutzung in den USA .........................................11 Tabelle 1-2: Beispielprojekte für die Mitbenutzung auf Straßen- und Wegeflächen ......................16 Tabelle 1-3: Beispielprojekte für die Mitbenutzung auf Grünflächen..............................................17 Tabelle 1-4: Mögliche Pilotflächen für Mitbenutzung auf Grünflächen...........................................17 Tabelle 2-1: Schätzwerte der gesättigten Wasserleitfähigkeit in Abhängigkeit der

Kornzusammensetzung und der Rohdichte, aus [1] ..................................................54 Tabelle 2-2: Klassifikation der Hangneigung ..................................................................................63 Tabelle 2-3: Wasserschutzgebiete in Hamburg..............................................................................63 Tabelle 2-4: Bemessung von Anlagen zur Versickerung in Anlehnung an DWA-A 138 [3] ...........65 Tabelle 2-5: Versickerungsmaßnahme in Abhängigkeit der Versickerungstiefe............................66 Tabelle 3-1: Ablaufverfahren zur Wasser- und Bodenverbandsgründung .....................................94 Tabelle 6-1: Projekte der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung in Hamburg (W =

Wohngebiet, MK = Kerngebiet, SO = Sondergebiet, GE = Gewerbegebiet) ...........132 Tabelle 6-2: B-Plan-Festsetzungen mit wasserwirtschaftlichem Bezug bei den Projekten der

dezentralen Regenwasserbewirtschaftung in Hamburg...........................................135

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EINLEITUNG

1

EINLEITUNG

Das Hamburger Kanalnetz ist aktuell ausreichend dimensioniert, um einen hohen

Entwässerungskomfort zu gewährleisten. Zudem wurden in der Vergangenheit große

Aufwendungen in Gewässerschutzkonzepte durch den Bau zusätzlicher Speicherräume im

Mischkanalnetz unternommen (Gewässerschutzkonzepte für Elbe, Alster, Bille und weitere

Gewässer der Innenstadt).

Angesichts des zunehmenden „Flächenverbrauchs“ durch Neuerschließung und

Nachverdichtung, in dessen Folge sich durch vermehrte Flächenversiegelung auch der

Niederschlagsabfluss erhöht und der prognostizierten Zunahme der Niederschlagsmenge in

den Herbst-, Winter- und Frühjahrsmonaten als Folge des Klimawandels wird jedoch davon

ausgegangen, dass zukünftig mehr Niederschlagswasser in extremeren Auftretensformen

bewirtschaftet werden muss als bislang. Insbesondere bei Starkregen könnten dann die

Entwässerungssysteme zur Regenwasserableitung gebietsweise nicht mehr ausreichen und

überdies den Erfolg der durchgeführten Gewässerschutzkonzepte gefährden.

Aktuell entstehen in Hamburg jährlich ca. 300 ha neue Siedlungs- und Verkehrsflächen [1],

[2]. Im bundesweiten Durchschnitt beträgt dieser „Flächenverbrauch“ laut Umweltbundesamt

ca. 93 ha*a-1 [3]. Diese Werte machen deutlich, dass insbesondere in Hamburg ein

erheblicher Handlungsdruck besteht, Maßnahmen zu einer sinnvollen Bewirtschaftung von

Regenwasser durchzuführen, um auch zukünftig vor Überflutungen zu schützen, die

Gewässerbelastungen durch hydraulischen Stress und stoffliche Einträge nicht zu erhöhen

und einen möglichst naturnahen Wasserhaushalt auch in der Stadt herzustellen.

Das aktuelle Leitbild der freien und Hansestadt Hamburg „Wachsen mit Weitsicht“

unterstreicht mit seiner hintergründigen Aussage u. a. die Problematik des zunehmenden

„Flächenverbrauchs“ und der damit einhergehenden Flächenversiegelung.

In Abbildung 0-1 werden die niederschlagsbedingten Herausforderungen der (Siedlungs-)

Wasserwirtschaft zusammenfassend dargestellt und die diesbezüglich erklärten Ziele für

Hamburg aufgezeigt. Bei der Zielerreichung setzt Hamburg auf die Kombination aller

bewährten Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen. Diese reichen von den

konventionellen, zentralen Systemen (Ableitung, ggf. zentrale Speicherung und Behandlung)

über dezentrale Maßnahmen (ortsnahe Speicherung, ggf. dezentrale Behandlung,

Versickerung, Verdunstung, teilweise Nutzung von Niederschlagswasser, u. a.) bis zu

betrieblichen Maßnahmen und Objektschutz. Hierin sollen zukünftig in Hamburg besonders

dezentrale Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen einen höheren Stellenwert

einnehmen als bislang.

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EINLEITUNG

2

Zie

leP

robl

emst

ellu

ng

Wachsen mit WeitsichtZunahme

Flächenversiegelung

KlimaänderungZunahme Regenintensitätund / oder Regenhäufigkeit

Zunahme Niederschlagsbildung und Niederschlagsabflus s

Überflutungsschutz, Gewässerschutz, naturnaher Wass erhaushalt

Lösu

ng RegenwasserbewirtschaftungAbleitung, Speicherung, Drosselung, Behandlung, Versickerung, Verdunstung,

Nutzung, betriebliche Maßnahmen und Objektschutz

Zie

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Wachsen mit WeitsichtZunahme

Flächenversiegelung

KlimaänderungZunahme Regenintensitätund / oder Regenhäufigkeit

Zunahme Niederschlagsbildung und Niederschlagsabflus s

Überflutungsschutz, Gewässerschutz, naturnaher Wass erhaushalt

Lösu

ng RegenwasserbewirtschaftungAbleitung, Speicherung, Drosselung, Behandlung, Versickerung, Verdunstung,

Nutzung, betriebliche Maßnahmen und Objektschutz

Abbildung 0-1: Probleme, Ziele und Lösungen zum Umgang mit Regenwasser in Hamburg

Vor diesem Hintergrund wurde im Rahmen des KompetenzNetzwerks HAMBURG WASSER

im Juni 2007 das Projekt „Regenwassermanagement für Hamburg“ initiiert. Das Projekt zielte

darauf ab, einen Beitrag zur technischen und administrativen Grundlagenermittlung für die

„Regenwasserbewirtschaftung“ in Hamburg zu leisten und die verschiedenen Akteure

wasserwirtschaftlicher Belange aus den Behörden, Bezirken, HAMBURG WASSER und den

Universitäten zusammen zu bringen. Dabei wurden die folgenden 6 Teilprojekte (TP)

bearbeitet:

TP 1 – „Mitbenutzung von Flächen“:

Im Teilprojekt 1 (vgl. Kapitel 1) wurde eine Strategie zur Mitbenutzung von Flächen als

temporärer Zwischenspeicher für Regenwasser entwickelt. Die „Mitbenutzung“ von Flächen

bezieht sich auf eine geregelte Flutung ausgewählter Bereiche bei Starkregenereignissen,

um größere Schäden an anderer Stelle vermeiden zu können. So sollen z.B.

Handlungsschwerpunkte (vgl. TP 5) im Bestand, die sich aus bereits existierenden

Kanalüberflutungen ergeben, entschärft und die hydraulische Belastung von Fließgewässern

reduziert werden.

TP 2 – „Karten für die Regenwasserbewirtschaftung“:

Soll das Regenwasser nicht nur zwischengespeichert, sondern dem natürlichen

Wasserkreislauf zugeführt, also versickert werden, steht die Frage nach der Versickerungs-

fähigkeit bzw. dem Versickerungspotential des Untergrunds im Mittelpunkt. Diese

Fragestellung wurde im Teilprojekt 2 (vgl. Kapitel 2) behandelt. Zur Beantwortung dieser

Frage wurde im Rahmen des TP 2 eine für ganz Hamburg gültige Methodik zur Erstellung

einer Versickerungspotentialkarte anhand der geologischen und hydrogeologischen

Randbedingungen für das Pilotgebiet Wandsbek-Marienthal erarbeitet.

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EINLEITUNG

3

TP 3 – „Rechtliche Rahmenbedingungen“:

Nicht nur das vorhandene Versickerungspotential, sondern auch die rechtlichen Rahmen-

bedingungen haben einen großen Einfluss auf die tatsächliche Umsetzung von

Versickerungsmaßnahmen. Ziel des Teilprojekt 3 (vgl. Kapitel 3) war es daher vor allem, die

bestehenden Regelungen und Vorschriften zur Versickerung zu überprüfen und ggf.

geeignete Anpassungsvorschläge zu erarbeiten, die eine verstärkte Umsetzung

Versickerungsanlagen unterstützen.

TP 4 – „Auswirkungen des Klimawandels auf das Kanalnetz und die Gewässer“:

Mit Blick auf die sich abzeichnenden Klimaänderungen stellt sich zunehmend die Frage,

welche potentiellen Auswirkungen der Klimawandel auf das zukünftige Niederschlags-

geschehen hat und inwieweit eine Anpassung der Grundlagen für die Bemessung der

Kanalisation sowie für die Auslegung der Gewässer erforderlich wird. Als Voraussetzung für

eine langfristige und nachhaltige Entwässerungsplanung wurden daher im Teilprojekt 4

(vgl. Kapitel 4) die Auswirkungen des Klimawandels auf das Hamburger Kanalsystem

untersucht. Dabei wurden erstmalig die zukünftigen Niederschlagsdaten des Klimamodells

REMO für die Niederschlag-Abfluss-Simulation im Kanalnetz verwendet.

TP 5 – „Handlungsschwerpunkte“:

Im Teilprojekt 5 (vgl. Kapitel 5) lag der Fokus auf der Identifikation und der Lösung von

Überflutungsschwerpunkten im Kanal- und Gewässernetz bei Starkregenereignissen. Diese

Überflutungsschwerpunkte werden als Handlungsschwerpunkte bezeichnet. Die entwickelte

Methodik zur Identifikation und Lösung von Handlungsschwerpunkten stellt auch im Hinblick

auf den Überflutungsnachweis nach DIN EN 752 und der damit verbundenen systematischen

Risikobewertung einen wichtigen Ansatz dar.

TP 6 – „Öffentlichkeitsarbeit“:

Die Ergebnisse und Erkenntnisse aus dem Projekt Regenwassermanagement für Hamburg

müssen kommuniziert und an die Bürger, Planer und Entscheidungsträger der Stadt weiter

gegeben werden. Daher befasste sich das Teilprojekt 6 (vgl. Kapitel 6) mit der

Öffentlichkeitsarbeit und der Sensibilisierung der Öffentlichkeit zum Thema Regenwasser-

management.

Die umfangreichen Arbeiten und Ergebnisse der einzelnen Teilprojekte sind in dem

vorliegenden Bericht dokumentiert. Gemeinsam erarbeitet wurden die Ergebnisse und

Berichte der Teilprojekte von den in Tabelle 0-1 aufgelisteten Projektpartnern:

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EINLEITUNG

4

Tabelle 0-1: Partner im Projekt „Regenwassermanagement für Hamburg“ im KHW

Institution / Mitarbeiter Name Teilprojekt

Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt Amt für Umweltschutz Referat Gewässerschutz

Wolfgang Meier Dr. Michael Schröder

TP 2 - TP 6 TP 2

Geologisches Landesamt Dr. Renate Taugs Lothar Moosmann

TP 2 TP 2

Landesbetrieb Straßen, Brücken u. Gewässer Geschäftsbereich Gewässer und Hochwasserschutz

Dieter Ackermann Björn Ruge Käthe Fromm Jeff Marengwa

TP 1, 2, 5, 6 TP 1, 6 TP 1 TP 1

HafenCity Universität Hamburg Department Bauingenieurwesen Forschungsgruppe „Resource Efficiency in Architecture and Planning” (REAP)

Prof. Wolfgang Dickhaut Elke Kruse

TP 1, 6 TP 1, 6

Department Stadtplanung Institut für Stadt-, Regional- und Umweltplanung

Prof. Irene Peters, Ph.D. TP 1

Universität Hamburg Institut für Bodenkunde (ifb)

Dr. Alexander Gröngröft TP 2

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EINLEITUNG

5

Tabelle 0-1: Partner im Projekt „Regenwassermanagement für Hamburg“ im KHW (Forts.)

Institution / Mitarbeiter Name Teilprojekt

FG Öffentliches Recht mit SP Umweltrecht ehemals Universität Hamburg Fakultät für Rechtswissenschaften

Prof. Silke-Ruth Laskowski TP 3

Leibniz Universität Hannover Institut für Wasserwirtschaft, Hydrologie und landwirtschaftlichen Wasserbau

Dr. Hans-Reinhard Verworn Dr. Stefan Krämer

TP 4 TP 4

Max-Planck-Institut für Meteorologie, Hamburg Dr. Daniela Jacob Dr. Holger Göttel

TP 4 TP 4

HAMBURG WASSER

Projektgruppe Regenwassermanagement Dr. Axel Waldhoff Wenke Schönfelder Gerrit Bischoff Juliane Ziegler

TP 1, 2, 5, 6 TP 1, 3, 6 TP 1, 4, 5 TP 2, 4, 6

Wasserwirtschaft Andreas Kuchenbecker TP 4

Zentrale Planung Kristina Lohse-Thiele Enno Jäger

TP 3 TP 3

Justitiariat Carsten Pohl TP 3

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EINLEITUNG

6

Quellenangabe:

[1] FHH: Kursbuch Umwelt. Freie und Hansestadt Hamburg, Umweltbehörde (Hrsg.),

2001

[2] Statistikamt Nord (Hrsg.): Monitor Wachsende Stadt. Bericht und Anhang, 2007

[3] Umweltbundesamt: Hintergrundpapier. Flächenverbrauch, ein Umweltproblem mit

wirtschaftlichen Folgen. Berlin, 2004

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TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN

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1. Mitbenutzung von Flächen

1.1 Einleitung

Um ungeplante Überflutungen sensibler und schützenswerter Bereiche und die daraus

resultierenden Schäden bzw. Gefahren zu vermeiden, muss ein Konzept aus verschiedenen

Maßnahmen zur Bewirtschaftung des Regenwassers entwickelt werden. Die Mitbenutzung

von Flächen zur Regenwasserbewirtschaftung stellt dabei einen Baustein dar, der im

Teilprojekt 1 untersucht wurde. Ziel ist es, eine Strategie für die Mitbenutzung von Flächen

zur temporären Zwischenspeicherung von Regenwasser für Hamburg zu entwickeln. Die

Mitbenutzung soll dabei vorzugsweise auf städtischen / öffentlichen Flächen erfolgen.

Die „Mitbenutzung“ von Flächen bezieht sich auf eine geregelte Flutung ausgewählter

Flächen bei Starkregenereignissen, um größere Schäden an anderer Stelle zu vermeiden

(Überflutungsschutz, siehe auch Kapitel 1.3 „Begriffsdefinition“). So können

Handlungsschwerpunkte (vgl. TP 5, Kapitel 5) im Bestand entschärft und / oder die

hydraulische Belastung von Fließgewässern reduziert werden. Bei Neuplanungen könnte die

Mitbenutzung eine Minimierung des Flächenbedarfs für die Regenwasserbewirtschaftung

bedeuten bzw. die Möglichkeit, diese Flächen mit weiteren Nutzungen zu belegen.

1.2 Ziele und Arbeitspakete

Aufbauend auf verschiedenen Fragestellungen wurden folgende Arbeitspakete für das

Teilprojekt 1 gemeinsam festgelegt und von den Projektpartnern bearbeitet:

Um aufzuzeigen, wie in anderen Bundesländern bzw. auf internationaler Ebene mit dem

Thema Mitbenutzung umgegangen wird, hat die HafenCity Universität Hamburg (HCU)

Recherchen und Analysen zu nationalen Projektbeispielen (Kapitel 1.4 mit Anhang 1) sowie

US-amerikanischen Projektbeispielen (Kapitel 1.4.2) durchgeführt. Darüber hinaus wurden

im Department Bauingenieurwesen der HCU zwei potentielle Flächen in Hamburg zur

Umsetzung einer Mitbenutzung untersucht.

Die notwendige Kontaktaufnahme und Einbindung Hamburger Behörden bei der Suche nach

vorhandenen Beispielen und möglichen Pilotflächen (Kapitel 1.4.5) wurde mit den

Bezirksämtern begonnen (Kapitel 1.4.3) und mit einem von der HCU und

HAMBURG WASSER organisierten Workshop (Kapitel 1.4.4 mit Anhang 2) fortgesetzt.

Dabei wurde in verschiedenen Arbeitsgruppen diskutiert, wie eine Umsetzung der

Mitbenutzung in Hamburg ermöglicht werden kann.

Fragestellungen, wie die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Mitbenutzung zu beurteilen

sind und wo Konflikte zu erwarten bzw. wie sie juristisch zu beurteilen sind, wurden in einem

Arbeitspapier des Rechtsamts der BSU in Zusammenarbeit mit dem LSBG

zusammengefasst (Kapitel 1.4.6 mit Anhang 3).

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TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN

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Aufbauend auf den durchgeführten Recherchen und Untersuchungen wurde ein

vereinfachter Fragenkatalog zur Vorprüfung möglicher potentieller Mitbenutzungsflächen

(Kapitel 1.4.7) von HAMBURG WASSER erstellt.

1.3 Begriffsdefinition „Mitbenutzung“

Zu Beginn lautete der Titel des Teilprojektes 1 „Doppelnutzung“. Wie sich jedoch im weiteren

Arbeitsablauf herausstellte, suggeriert dieser Begriff eine höhere Nutzungsfrequenz, als die

für Hamburg angestrebte. Wichtig ist herauszustellen, dass es sich nicht um eine

gleichberechtigte Nutzung einer Fläche handelt, sondern lediglich um eine untergeordnete

wasserwirtschaftliche Nutzung im Ausnahmefall. Aus diesem Grund wurde sich schließlich

auf den Begriff „Mitbenutzung von Flächen“ verständigt und entsprechend die folgende

Definition erarbeitet:

Mitbenutze Flächen, wie beispielsweise Straßen, Parkplätze, Grünflächen, Sport- und

Spielflächen, unterliegen einer Hauptnutzung und werden im Starkregenfall zur temporären

Zwischenspeicherung und / oder zum Transport von Abflussspitzen für den Überflutungs-

und Gewässerschutz genutzt. Bei den hier genannten extremen Regen handelt es sich um

Ereignisse, die in der Regel seltener als alle fünf Jahre, für Straßen in der Regel seltener als

alle zehn Jahre auftreten. Die Mitbenutzung von Flächen ist daher nicht der Normalfall,

sondern die Ausnahme. Entsprechend des Gefahrenpotentials durch die Überflutung und der

Nutzungsintensität der mitzubenutzenden Flächen ist die Mitbenutzung im Einzelfall

abzuwägen.

Bei den im folgenden Kapitel vorgestellten Projektbeispielen beschränkt sich die

Einstauhöhe des Regenwassers in der Regel auf wenige Zentimeter. Zudem ist die

Entleerungszeit auf etwa 12, maximal 24 Stunden angesetzt, so dass innerhalb kürzester

Zeit die Hauptnutzung wieder uneingeschränkt erfolgen kann.

1.4 Arbeitspakete

1.4.1 Mitbenutzung von Flächen zur Regenwasserrückhaltung in Deutschland

Zum Einstieg in das Thema wurde an der HCU eine Bachelorarbeit zu „Möglichkeiten der

Doppelnutzung von Flächen im Regenwassermanagement“ vergeben. Aufgabe war es,

Beispiele zu recherchieren und eine einheitliche Begrifflichkeit / Systematik für die

Mitbenutzung zu entwickeln. Dies erschien dringend notwendig, da zum einen unter

Mitbenutzung ganz unterschiedliche Konstellationen verstanden werden und zum anderen

der Lerneffekt aus Fallbeispielen nur dann übertragbar ist, wenn es sich um vergleichbare

Konstellationen handelt.

In Abbildung 1-1 ist die Systematik zur Einordnung von Projekten der Mitbenutzung von

Flächen aufgeführt, auf die sich die Projektpartner im Arbeitsprozess verständigt haben. Sie

soll dazu dienen, Beispielprojekte eindeutig zuordnen und vergleichen zu können.

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TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN

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Folgende Abfrage wird bei jedem Projekt durchgeführt:

1. Charakter der Mitbenutzung:

• Mitbenutzung zum Überflutungsschutz bei Starkregenereignissen oder

• Mitbenutzung im Rahmen eines Regenwassermanagements

2. Hauptnutzung der mitbenutzten Fläche

3. Bewirtschaftungsverantwortlichkeiten und Eigentumsverhältnisse der mitbenutzten

Fläche

4. Ursprung des anfallenden Regenwassers (Art der Fläche, von der das Regenwasser

abfließt)

5. Nutzung der Fläche, von der das Regenwasser abfließt und der potentielle

Verschmutzungsgrad dieser Fläche in Anlehnung an das DWA-Arbeitsblatt 138 [1]

6. Art der Bewirtschaftung des Regenwassers auf der mitbenutzten Fläche

Abbildung 1-1: Systematik zur Einordnung von Projekten der Mitbenutzung von Flächen

Über die Bachelorarbeit und darüber hinausgehende Recherchen, wie z.B. die Anfrage bei

den Hamburger Bezirken und bei Ingenieurbüros, wurden folgende Projektbeispiele in

Deutschland und insbesondere auch in Hamburg gefunden:

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TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN

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• Notwasserwege Hochschulstadtteil Lübeck

• Meilskampsiedlung, Hamburg

• Auf dem Hohwart, Dortmund

• Zentrum für Nachhaltige Technologien, Berlin-Adlershof

• Bornstedter Feld, Potsdam

• Salem College, Überlingen

• Weiherfeld, Langenhagen

• Max Bahr, Hamburg

• Ackermannbogen, München

Zu den Projekten wurden systematisch Informationen gesammelt und in Datenblättern

zusammengefasst. Sie befinden sich im Anhang 1 – Deutschlandweite Projektbeispiele, der

als Download auf der Homepage der HCU bereitsteht.

Im Rahmen einer Diplomarbeit im Department Bauingenieurwesen der HCU wurden zwei

potentielle Flächen in Hamburg zur Umsetzung einer Mitbenutzung untersucht. Dabei

handelt es sich um eine öffentliche Grün- und Parkfläche an der Ulzburger Straße sowie eine

Fläche auf dem Vattenfall-Betriebsgelände an der Bannwarthstraße, auf dem sich ein

privater Parkplatz und eine Grünfläche befinden. Es wurde untersucht, ob sich diese Flächen

aufgrund ihrer technischen und organisatorischen Randbedingungen für eine Mitbenutzung

eignen. Es handelt sich um zwei Flächen im Bereich der so genannten

Handlungsschwerpunkte im Pilotbezirk Wandsbek (vgl. TP 5, Kapitel 5).

Im Rahmen der Diplomarbeit wurde für einen Handlungsschwerpunkt versucht, einen Teil

des Abflusses bei Starkregen durch Mitbenutzung abzufangen. Dazu wurde eine

Überflutungsfläche im westlich der Ulzburger Straße gelegenen Park vorgeschlagen. Diese

nimmt bei Starkregen einen Teil des Abflusses auf. Das Wasser soll dadurch zurückgehalten

und zum größten Teil versickert werden. Ein wesentlicher Effekt auf den

Handlungsschwerpunkt kann mit dieser Maßnahme jedoch nicht erzielt werden. Dies liegt

insbesondere daran, dass das „im Starkregenfall abgekoppelte“ Einzugsgebiet vor der

Parkfläche im Vergleich zum gesamten Einzugsgebiet zu klein ist. Bei der zweiten

ausgewählten Fläche (Vattenfall-Betriebsgelände) waren die Randbedingungen so

ungünstig, dass eine Umsetzung nicht in Betracht gezogen wurde.

Außerdem sind diverse Fragestellungen, wie die rechtlichen Rahmenbedingungen oder die

Zuständigkeit für Reinigung und Betrieb solcher Flächen, nach wie vor ungeklärt.

Eine Schlussfolgerung aus der Diplomarbeit ist, dass keines der beiden Beispiele konkret

umsetzbar ist. Die Randbedingungen für die Mitbenutzung sind zu ungünstig. Zwar könnte

mit einer Teilabkopplung bzw. dem Rückhalt von Niederschlagswasser im Starkregenfall ein

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TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN

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Effekt für die Handlungsschwerpunkte erzielt werden, jedoch wäre dieser nicht so groß wie

erhofft.

Die Realisierung einer Mitbenutzung im Bestand wird grundsätzlich als schwierig

eingeschätzt. Ein Pilotprojekt zur Mitbenutzung sollte in Verbindung mit zukünftig geplanten

Neubau- oder Umbaumaßnahmen angeregt werden. Aufgrund der oben genannten

Unklarheiten und Schwierigkeiten bei der Suche nach potentiellen Pilotprojekten wurde ein

Workshop zur „Mitbenutzung von Flächen zur Regenwasserbewirtschaftung“ von

HAMBURG WASSER und der HCU im April 2009 organisiert. Die Ergebnisse des

Workshops sind in Kapitel 1.4.4 dokumentiert.

1.4.2 Mitbenutzung von Flächen zur Regenwasserrückhaltung in den USA

Für dieses Arbeitspaket wurden Behörden auf bundesstaatlicher, regionaler und kommunaler

Ebene, Experten in Forschung und Wissenschaft sowie einige Landschaftsplanungs-Büros

befragt. Es wurden 27 Fallbeispiele in sieben US Staaten identifiziert, die in Tabelle 1-1

zusammengefasst sind. Die Tabelle stellt keine vollständige Liste von Projekten der

Mitbenutzung in den USA dar.

Tabelle 1-1: Übersicht der Fallbeispiele zur Mitbenutzung in den USA

Staat Anzahl Städte

California (CA) 11 Los Angeles (4), San José (2), Palo Alto (2), Santa Clara (1), Redwood City (1), Sun Valley (1)

Connecticut (CT) 1 Enfield

Maryland (MD) 1 Fairland

Oklahoma (OK) 4 Tulsa (4)

Oregon (OR) 2 Portland (2)

Tennessee (TN) 6 Nashville (4), Murfreesboro (2)

Texas (TX) 2 Bastrop (1), Beaumont (1)

Zusammengefasst weisen die Beispiele folgende Charakteristika auf:

Von den 27 Anlagen sind 23 Grünflächen (städtische Grünanlagen, öffentliche und private

Sportfelder, überwiegend für Fußball und Baseball, oder Kombinationen von Sportfeldern

und Grünanlagen) und 4 Anlagen Parkplätze. Der Großteil der Anlagen wurde nachträglich

für eine Regenwasserrückhaltung umgerüstet; lediglich einige der Sportplätze wurden von

vornherein als Anlagen mit der Möglichkeit der Regenwasserrückhaltung geplant und

gebaut.

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TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN

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Die meisten der im Rahmen der Recherche identifizierten Anlagen

• haben Einrichtungen wie Wehranlagen mit steuerbaren Abflussvorrichtungen, um das

Regenwasser gezielt leiten zu können

• stehen im Durchschnitt ein- oder mehrmals pro Jahr unter Wasser, und zwar für

mehrere Stunden oder vereinzelt sogar Tage

• nehmen Regenabflusswasser von benachbarten Lokalitäten auf. Die Tiefe der

temporär entstehenden „Wasserkörper“ reicht von wenigen cm bis vereinzelt zu

120 cm

• weisen geringe Unterhaltskosten auf. Dies betrifft in erster Linie die Mahd (im Falle von

Grünflächen) und die Reinigung nach Überflutung – hauptsächlich das Aufsammeln

von größeren Abfallteilen

• sind im Falle der Flutung nicht für den primären Zweck nutzbar (mit Ausnahme einiger

Parks, die erhöhte Wege haben und einiger Parkplätze)

• haben wenige 10.000 US $ in der Errichtung gekostet. Sie beziffern sich (nominell)

zwischen 5.000 US $ und 40.000 US $ (Errichtung zwischen ca. 1998 und 2004). Die

Kostenangaben sind jedoch mit Vorsicht zu behandeln. In vielen Fällen waren die

Zusatzkosten für die Möglichkeit der Regenwasserrückhaltung nicht eindeutig

ermittelbar.

In den USA ist ein zentrales Motiv für die Errichtung solcher Anlagen der Gewässerschutz –

der Schutz vor Erosion der Gewässer durch schnell abfließende Regenwassermengen

(„hydraulischer Stress“) aus Siedlungsgebieten. Die Verhinderung von Schäden an

Immobilien durch Überflutung ist ebenfalls ein wichtiges Anliegen.

In den meisten Fällen war die öffentliche Hand Initiator für den Bau der Anlagen. Zum Teil

legt das kommunale Regelwerk fest, dass neu bebaute Flächen keine zusätzlichen

Regenwasserabflüsse verursachen dürfen.

Die Erfahrungen mit den erstellten Anlagen sind überwiegend positiv. Diese Aussage ist

allerdings lediglich auf qualitative Einschätzungen der Interviewpartner gegründet. Negative

Erfahrungen beschränken sich auf Beschwerden, dass Sportfelder nach Überflutung schwer

zu bespielen sind, weil sie noch zu „matschig“ seien.

Weitere Informationen zu den einzelnen Projekten liegen bei der HCU vor.

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TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN

13

1.4.3 Vorstellung des Regenwassermanagements im KompetenzNetzwerk

HAMBURG WASSER bei den Bezirksämtern in Hamburg

Anfang 2008 wurde das Projekt Regenwassermanagement im KompetenzNetzwerk

HAMBURG WASSER den Bezirksämtern vorgestellt. In diesem Rahmen fand eine

schriftliche Abfrage bei den Bezirksämtern nach bekannten Flächen, die bereits für das

Regenwassermanagement mitgenutzt werden bzw. möglichen Flächen, die dafür geeignet

erscheinen, statt. Die benannten, vorhandenen und möglichen Flächen zur Mitbenutzung in

den einzelnen Bezirken sind in die Tabelle 1-2 bis Tabelle 1-4 in Kapitel 1.4.5 eingeflossen.

Weiterhin wurden die rechtlichen Rahmenbedingungen sowie Probleme aus Sicht der

Bezirksämter diskutiert.

Die Einschätzungen und Meinungen zum Thema Mitbenutzung von Flächen im

Starkregenfall waren sehr unterschiedlich. Während auf der einen Seite eine Mitbenutzung

nur in ausgewiesenen Überschwemmungsgebieten für möglich erachtet wurde, wurden auf

der anderen Seite eine ganze Reihe von theoretisch möglichen Mitbenutzungsflächen wie

z.B. Stadtplätze, Park- und Grünanlagen, einfache Fußballplätze („Bolzplätze“) oder auch

baulich angepasste Spielplätze und wenig genutzte Parkplätze genannt. Bei allen Flächen

zur Mitbenutzung sind zunächst die erforderlichen Rahmenbedingungen zu betrachten und

zu beurteilen. Negative Auswirkungen (wie z.B. Vernässung, Gefahr durch Glatteis o.ä.) sind

soweit möglich zu vermeiden. Betont wurde von allen Seiten der finanzielle Aufwand, den die

baulichen und betrieblichen Anpassungen von Flächen zur Mitbenutzung mit sich bringen

würden.

Straßen als Flächen zur Mitbenutzung wurden allgemein als kritisch beurteilt. Durch die

möglicherweise entstehende Einschränkung der Hauptnutzung wird mit Beschwerden bzw.

einer geringen Akzeptanz bei den Anliegern gerechnet. Außerdem wurde auf die Problematik

möglicher Schäden des Wegekörpers durch die zeitweilige Überflutung und den Einstau auf

der Oberfläche hingewiesen. In jedem Fall ist eine Schädigung des Eigentums Dritter (z.B.

durch Kellerüberflutung u. ä.) zu verhindern.

In Bezug auf die rechtlichen Rahmenbedingungen ergaben sich aus Sicht der Bezirksämter

zusammengefasst die folgenden Punkte, die der Klärung bzw. Anpassung bedürfen:

• Klärung der Zuständigkeiten bezüglich der Verkehrssicherungspflicht und Reinigung /

Betrieb der potentiellen Überflutungsflächen

• Klärung der Finanzierung von Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen

• Stärkere Überprüfung der Einhaltung von wasserrechtlichen Auflagen (z.B.

Überschwemmungsgebietsverordnung, Gewässerschau, Einleitbegrenzung, Rückhalt)

� mehr Personal notwendig

• Anpassung der Gebührensatzung für Schmutz- und Regenwasser

• Anreize durch finanzielle Förderprogramme schaffen

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TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN

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• Stärkeres Aufgreifen des Themas durch die Stadt- und Landschaftsplanung,

frühzeitiges Einbinden in zukünftige Bebauungspläne, Stärkung des

Regenwassermanagements im Baugesetzbuch (BauGB)

• Forderung einheitlicher Berechnungsgrundlagen für den Rückhalt von

Oberflächenwasser in der Erschließungsfläche � Einführung und Fortschreibung einer

„Globalrichtlinie“ für Hamburg durch die BSU

1.4.4 Workshop „Mitbenutzung von Flächen zur Regenwasserbewirtschaftung –

Chancen und Grenzen für Hamburg im Bestand und in der Planung“

Um die Diskussion zum Thema „Mitbenutzung“ mit Behördenvertretern Hamburgs anzuregen

und zu erörtern, welche Chancen aber auch Grenzen für die Umsetzung der Mitbenutzung in

Hamburg existieren, wurde gemeinsam von der HCU und HAMBURG WASSER ein

ganztägiger Workshop am 28. April 2009 durchgeführt. Vertreter von Hamburger Behörden

(BSU, LSBG, Bezirke, Schul- und Finanzbehörde), sowie von Ingenieurbüros,

HAMBURG WASSER, der HafenCity, der IBA und der HCU wurden dazu eingeladen. Die

Einladung wurde breit gestreut, um möglichst alle Fachbereiche und Disziplinen, die im

späteren Planungsprozess einbezogen werden müssen, an der Diskussion zu beteiligen.

Ziel der Veranstaltung war es, anhand von Beispielen, die in den letzten Jahren

deutschlandweit umgesetzt wurden, nach Umsetzungsmöglichkeiten einer Mitbenutzung zur

Entschärfung von Handlungsschwerpunkten in Hamburg zu suchen und mögliche

Pilotflächen zu finden.

Die Veranstaltung stieß auf großes Interesse in den angesprochenen Einrichtungen.

Insgesamt nahmen über 60 Teilnehmer an dem Workshop teil. Im ersten Teil der

Veranstaltung wurden die Gründe für die Mitbenutzung, die zu klärenden Fragestellungen

und fünf Projektbeispiele aus Deutschland und Hamburg vorgestellt. Anschließend wurde in

drei Arbeitsgruppen zu den Flächentypen „Straßen/Parkplätze“, „Grünflächen“ sowie „Spiel-

und Sportflächen“ an gemeinsamen Fragestellungen zu Chancen und Risiken der

Mitbenutzung und möglichen Lösungsansätzen gearbeitet. Im Anhang 2 – Dokumentation

des Workshops – ist ein ausführliches Protokoll zu den Ergebnissen der einzelnen

Arbeitsgruppen aufgeführt.

Die vorgestellten Fallbeispiele; „Notwasserwege Lübeck“, „Bornstedter Feld - Potsdam“,

„Weiherfeld - Langenhagen“, „Max Bahr - Hamburg“ und „Meilskampsiedlung - Hamburg“

sind im Anhang 1 – Deutschlandweite Projektbeispiele zusammengefasst. Die

Beispieldokumentation steht, wie bereits erwähnt, zum Download auf der Homepage der

HCU zur Verfügung. Eine Kurzbeschreibung für vier der vorgestellten Fallbeispiele findet

sich auch in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Garten und Landschaft [4].

In allen drei Arbeitsgruppen wurde sehr konstruktiv an den Fragestellungen gearbeitet.

Festzustellen war die Bereitschaft, Chancen und Risiken gleichermaßen offen

anzusprechen, aber auch über Wege zur Überwindung der Schwierigkeiten nachzudenken.

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TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN

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Bestätigt hat sich die Einschätzung, dass die „Mitbenutzung“ sehr differenziert nach den

unterschiedlichen Flächentypen bzw. Nutzungsarten betrachtet und die Entscheidung und

konkrete Regelung immer im Einzelfall getroffen werden muss. Dies gilt sowohl für die

Häufigkeit, die Dauer und das Maß der Mitbenutzung als auch für den Unterschied zwischen

„Planung neuer Flächen“ und „Bestandssanierung“.

Folgende Chancen für die Mitbenutzung können zur Lösung der wasserwirtschaftlichen

Zukunftsaufgaben benannt werden, die zum Teil auch Chancen für andere Nutzungen

darstellen:

• Übergang von der vorhandenen unkontrollierten zu einer kontrollierten, planerisch-

konzeptionellen Mitbenutzung, dadurch Erhöhung des Überflutungsschutzes

• Abwehr von Schäden und Gefahren durch Überflutungen im Gewässersystem

(hydraulischer Stress)

• Synergien zur dauerhaften Sicherung und Finanzierung von Grünflächen durch die

wasserwirtschaftliche Mitbenutzung und der daraus resultierenden zusätzlichen

Begründung für den Erhalt der Grünflächen

• Flächeneinsparung durch Mitbenutzung

• Gestalterische Aufwertung von Flächen zur Regenwasserbewirtschaftung, Wasser als

„neues“ Erlebniselement auf den Flächen

Zusammenfassend lassen sich folgende Bedenken und Risiken der Mitbenutzung, aber auch

offene Fragen thematisieren:

• juristische Fragestellungen (Verkehrssicherungspflicht, Haftung, Trennung

„öffentliches“ und „privates“ Regenwasser in den aktuellen Gesetzestexten)

• fehlende Erfahrungen und Planungsleitlinien, z.B. im Hinblick auf Häufigkeit, Dauer und

Umfang der Mitbenutzung

• „zersplitterte“ Zuständigkeiten zwischen den Akteuren

• Finanzierung der Anlagen, Unterscheidung nach investiven und betrieblichen Kosten

sowie deren Verteilung auf die Akteure

• Qualität / stoffliche Belastung des Regenwassers

• Flächennutzungskonflikte / Akzeptanz durch die Nutzer

• Verkaufshemmnis mitbenutzter Flächen

• unklare Entwicklung: Von der seltenen Mitbenutzung zur häufigen Dauerlösung?

Auf dem Workshop wurden die bis dahin gesammelten Erkenntnisse zusammengefasst und

auf breiter Ebene diskutiert. Die wesentlichen Ergebnisse und die daraus resultierenden

Folgen sind in Kapitel 1.5 aufgeführt.

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TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN

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1.4.5 Übersicht von realisierten Maßnahmen und möglichen Pilotprojekten in

Hamburg

Die folgenden Tabellen geben eine Übersicht der realisierten Maßnahmen (Beispielprojekte)

und möglichen Pilotflächen in Hamburg auf Basis der im Rahmen der Befragung der

Bezirksämter (vgl. Kapitel 1.4.3) und während des Workshops (vgl. Kapitel 1.4.4) benannten

und vorgestellten Flächen. Sie sind nach den Flächentypen Straßen- und Wegeflächen,

Grünflächen sowie Spiel- und Sportflächen geordnet. Allerdings konnten bisher nicht zu allen

Flächentypen realisierte bzw. potentielle Pilotflächen in Hamburg ermittelt werden.

Tabelle 1-2: Beispielprojekte für die Mitbenutzung auf Straßen- und Wegeflächen

Projektname Bezirk / Standort Kurzbeschreibung

Gewerbegebiet Höltigbaum

Hamburg Wandsbek / Rahlstedt

Entwässerung über Gräben mit Rückstauvolumen an der Straße, Erschließung von der Finanzbehörde

Gewerbe Hamburg Wandsbek

Speicherung des RW auf Parkplatz (Retention), gedrosselte Einleitung ins Siel

Bei der Lutherbuche (Bestand)

Hamburg Eimsbüttel / Lokstedt

Frei über die Straße ablaufendes Oberflächenwasser auch von anliegenden Grundstücken bis zum R-Siel Grandweg

Straße Siebenschön (Bestand)

Hamburg Eimsbüttel RW-Ableitung über die Straße

Baumarkt Max-Bahr Hamburg Eimsbüttel / Stellingen

Speicherung des RW auf Parkplatz, gedrosselte Einleitung ins Siel

Stuckestraße Hamburg Bergedorf

Oberflächenentwässerung von privaten und öffentlichen Flächen zusammen in Gräben

Straßen allgemein (Bestand) Hamburg

Rückhalt auf der Oberfläche (Pfützen), ungeplante Mitbenutzung zur Ableitung (Überflutung)

Mögliche Pilotflächen für eine Mitbenutzung von Straßen wurden nicht genannt. Bei den

aufgeführten Beispielprojekten zur Mitbenutzung von Straßen- und Wegeflächen ist zu

berücksichtigen, dass es sich insbesondere bei den mit Bestand gekennzeichneten Gebieten

nicht um eine geplante Mitbenutzung handelt, sondern die Mitbenutzung als Folge einer

aufgrund der städtebaulichen Entwicklung (Nachverdichtung etc.) unzureichenden oder nicht

vorhandenen Entwässerung erfolgt.

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TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN

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Tabelle 1-3: Beispielprojekte für die Mitbenutzung auf Grünflächen

Projektname Bezirk / Standort Kurzbeschreibung

Eppendorfer Park (Teich)

Hamburg Nord Entwässerung des Universitäts-Klinikums Eppendorf in einen Teich. Dieser dient als Retentionsraum vor der Einleitung in das Gewässer. Teich im Dauerstau (Abdichtung bis best. Wasserstand) / Randbereich wird mitbenutzt - dort auch Versickerung

B-Plan Harburg 66 / Neuland 22, Gewerbeerschließung „Schlachthofstraße“

Hamburg Harburg Oberflächenentwässerung mit Retention in Gräben und RRB, zusätzlich temporäre Mitbenutzung der A&E-Maßnahmenflächen für Rückstau bei Starkregen

Falkenbergsweg Harburg Überflutungsfläche wird als Bolzplatz mitbenutzt

B-Plan Marienthal 23 Hamburg Wandsbek

Grabenentwässerung, Teile der Grünfläche werden zur Ableitung mitgenutzt

Grootmoor, Am Damm (B-Plan Bramfeld 62 & 63)

Hamburg Wandsbek

Oberflächliche Ableitung in Gewässer (See), Mitbenutzung der Grünfläche zur Oberflächenentwässerung, Mitbenutzung der Spiel- und Bolzfläche im Starkregenfall

Fläche in Höhe der Straße Bekwisch

Hamburg Nord Wiese (Hundeauslauf) in öffentlicher Parkanlage. Südlich der U-Bahntrasse gibt es schon eine Renaturierung/Aufweitung. Diese könnte in südlicher Richtung fortgeführt werden

Tabelle 1-4: Mögliche Pilotflächen für Mitbenutzung auf Grünflächen

Projektname Bezirk / Standort Kurzbeschreibung

Renaturierung Jenischpark

Hamburg Altona / Klein Flottbek

Umsetzung der WRRL (noch in der Planungsphase) Planungsbüro: Planula, Planungsbüro für Naturschutz und Landschaftsökologie Landschaftsarchitekt: Dittloff + Paschburg

Straße „Wiesenhöfen“

Hamburg Wandsbek Wasser aus überflutungsgefährdetem Straßenbereich könnte über einen herzustellenden Abflussweg auf die Grünfläche eines Parks geleitet und dort versickert werden

Es wurden weder Beispielprojekte noch mögliche Pilotflächen für die Mitbenutzung auf Spiel-

und Sportflächen in Hamburg genannt. Beispiele außerhalb Hamburgs finden sich im

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TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN

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Anhang 1 – Deutschlandweite Projektbeispiele, der zum Download auf der Homepage der

HCU bereit steht.

Folgende weitere potentielle Flächen im Bezirk Mitte, die bisher weder näher geprüft wurden

noch eingeordnet werden konnten, wurden benannt: an der Horner Rennbahn, am

Schleemer Bach zwischen der A 24 und dem Friedhof Öjendorf, am Havighorster Graben,

ein Rückhaltebecken an der A 1 unterhalb Steinfurths Diek, sowie am Mühlenteich /

Schleemer Bach.

Um für Hamburg ein Pilotprojekt zur gezielten und geplanten Mitbenutzung im Starkregenfall

initiieren zu können, kann möglicherweise eine der oben genannten Flächen geeignet sein.

Um zukünftig eine erste Abschätzung zur Eignung dieser Flächen durchzuführen, wurde ein

Fragenkatalog zur Vorprüfung zusammengestellt. Dieser findet sich in Kapitel 1.4.7.

1.4.6 Rechtliche Rahmenbedingungen

Einen wesentlichen Punkt zur Umsetzung der Mitbenutzung von Flächen stellen die

rechtlichen Rahmenbedingungen dar. Aus diesem Grund wurde vom Rechtsamt der BSU

zusammen mit dem LSBG ein Arbeitspapier verfasst, das auf die wesentlichen

Fragestellungen eingeht. Diese sind insbesondere:

• Unterhalts- und Folgepflicht,

• Verkehrssicherungspflicht und

• Bauplanungs- und Bauordnungsrecht.

Für eine bessere Bearbeitung und klare Gliederung der Problemstellungen wurden die

Flächen nach ihren verschiedenen Hauptnutzungen in folgende Fallgruppen eingeteilt:

• Trennung nach Eigentumsverhältnissen (private, öffentliche Fläche)

• Trennung nach Hauptnutzungen (Parkplatz- und Straßenflächen, Grünflächen, Spiel-

und Sportplatzflächen etc.)

Um die rechtlichen Rahmenbedingungen besser darstellen zu können, werden diese mit

Hilfe der Fallgruppen erläutert. Außerdem werden die technischen Voraussetzungen für eine

Mitbenutzung erläutert und ggf. Vorschläge zu technischen und organisatorischen Lösungen

gegeben. Die Ergebnisse zu den rechtlichen Rahmenbedingungen finden sich im Anhang 3

– Arbeitspapier Mitbenutzung von Flächen.

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TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN

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1.4.7 Fragenkatalog zur Vorprüfung potentieller Mitbenutzungsflächen

Wie eine erste Ausarbeitung zur Untersuchung von potentiellen Mitbenutzungsflächen

ergeben hat, müssen die Problemstellung und die potentielle Fläche zuvor weitestgehend

auf ihre Randbedingungen geprüft werden. Hierzu wurden die grundlegenden Fragen

zusammengestellt. Im Rahmen der Vorprüfung sind ausschließende und hindernde

Umstände zu untersuchen und zu beurteilen. Hinderungsgründe schließen Kriterien ein, die

einen negativen Einfluss auf die Umsetzung der Mitbenutzung haben, aber durch technische

/ gestalterische / organisatorische Maßnahmen gelöst werden können.

Es soll mit der Vorprüfung geklärt werden, ob der Aufwand zur Umsetzung einer

Mitbenutzung im Vergleich zu konventionellen Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen

angemessen ist. Dazu müssen bestimme Randbedingungen und ein Anreiz zur Umsetzung

der Mitbenutzung vorhanden sein.

Der wesentliche Anreiz im Bestand sind wiederkehrende Überflutungen. Beispiele für

bekannte Problempunke sind die im Teilprojekt 5 identifizierten Handlungsschwerpunkte. Die

Mitbenutzung kann hier eine (Teil-) Lösung der Überflutungsproblematik darstellen.

Ein Anreiz für private Eigentümer eine Mitbenutzung umzusetzen, kann eine

Einleitbegrenzung darstellen (Hamburgisches Abwassergesetz (HmbAbwG) § 7). Darf der

Eigentümer die auf seinem Grundstück anfallenden Niederschlagsmengen nicht vollständig

in das Kanalnetz einleiten, muss das Differenzvolumen zwischengespeichert, versickert und /

oder gedrosselt abgeleitet werden.

Werden durch eine Mitbenutzung von Flächen die selteneren Regenereignisse abgepuffert,

können die Anlagen zur Zwischenspeicherung u. U. kleiner gestaltet werden (Platzbedarf /

Kosten), siehe Beispiel Max Bahr Hamburg in Anhang 1 – Deutschlandweite Projektbeispiele

als Download auf der Homepage der HCU.

Die gesammelten und umgesetzten Beispiele haben die Mitbenutzung bereits in der

Planungsphase berücksichtigt. Die Erfahrungen zeigen, dass eine möglichst frühzeitige

Einbindung der Mitbenutzung bei der Festlegung des Entwässerungssystems sowie bei der

Aufstellung von Bebauungsplänen die Chancen einer erfolgreichen Umsetzung stark

erhöhen.

Bei bekannten Überflutungspunkten sollte eine Suche nach potentiellen Flächen in der

Umgebung, d.h. im hydraulisch angeschlossenen und wirksamen Bereich durchgeführt

werden. Diesbezüglich sollen durch die Mitbenutzung folgende Probleme bzw.

Problembereiche entschärft werden:

• zu hohe Wasserstände in Sielnetz und Entwässerungsgräben,

• ungeregelte Entwässerung / neues Entwässerungssystem notwendig,

• lokale Tiefpunkte mit hohem Zufluss an Oberflächenwasser bei Starkregen,

• Grundstücke, für die eine Einleitbegrenzung ausgesprochen wurde.

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TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN

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Die potentiell mitbenutzten Flächen können sowohl im öffentlichen als auch im privaten

Bereich liegen. Bei einer intensiven Hauptnutzung ist es sinnvoll, nur kleine Teilflächen für

die Mitbenutzung vorzusehen.

Eine oberflächige Ableitung des Niederschlagswassers begünstigt die Randbedingungen für

die Realisierung einer Mitbenutzung. Ohne den Einsatz zusätzlicher technischer

Einrichtungen (Pumpe, Hebevorrichtung, etc.) kann Niederschlagswasser aus dem

Kanalnetz jedoch nur bei Ein- bzw. Überstau einer Mitbenutzungsfläche zugeführt werden.

Dies ist bei den definierten Problempunkten (Handlungsschwerpunkte) gemäß Kapitel 5

oftmals der Fall, da es sich hier um Überflutungsprobleme handelt.

Zur hydraulischen Situation sollten folgende Punkte geklärt werden (ohne Reihenfolge):

• Wird das Problem bereits durch andere (bauliche) Maßnahmen gelöst (z.B. durch

hydraulische Kanalsanierung)?

• Lage des Problempunktes (hydraulische Verknüpfung / Geländeneigung / Bebauung).

Klärung, ob ein Fließweg (möglichst im Freigefälle) zur potentiell mitbenutzten Fläche

möglich ist.

• Aufwandsabschätzung zur Umgestaltung des betroffenen Einzugsgebiets.

• Stoffliche Belastung / Verschmutzungsgrad des aus Kanalüberstau / Kanalüberflutung

stammenden Wassers (ggf. ist eine Regenwasserbehandlung erforderlich).

• Abschätzung der Wassermengen / des Überstauvolumens nach Einzugsgebiet und

Vergleich mit realisierbarem Volumen in der Fläche zur Retention und / oder

anschließender Versickerung

• Ist ein Überlauf in „tieferes / freies“ Entwässerungssystem möglich? Sind Anlagen wie

Pumpen (Hebeanlagen) oder ähnliches notwendig?

Weiterhin sollten mindestens die folgenden Punkte im Rahmen einer Vorprüfung potentieller

Flächen für die Mitbenutzung geprüft werden (ohne Reihenfolge):

• Eigentumsverhältnisse (öffentlich / privat)

• Gebietsnutzung und -entwicklung in der Zukunft

• Zuständigkeiten für die Instandhaltung und Pflege der Fläche

• Lage in Schutzgebieten (Wasserschutz, Naturschutz, u.a.)

• Vorhandensein von Altlasten, Kampfmitteln

• Besondere Schutzwürdigkeit (Bepflanzung, Befestigung, sonstige Objekte)

• Topographie

• Beschaffenheit des Untergrundes (Bodenart, Versickerungsfähigkeit)

• Grundwasserflurabstand und Gefahr von Staunässe

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TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN

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Neben den genannten, zu prüfenden Randbedingungen unterliegt die Mitbenutzung immer

Nutzungskonflikten, welche einen Hinderungsgrund darstellen können. Durch geeignete

Maßnahmen oder Kompromisslösungen gilt es hier Nutzungskonflikte zu entschärfen.

Diesbezüglich sollten folgende Fragen geklärt werden (ohne Reihenfolge):

• Wie lang / intensiv ist die Einschränkung der Hauptnutzung (Nutzungsintensität /-

frequenz)? Können die Ausmaße der Einschränkungen den Erfordernissen der

jeweiligen Hauptnutzungsart angepasst werden?

• Ist in der Öffentlichkeit eine ablehnende Haltung zu erwarten (Akzeptanz)? Kann diese

geändert werden?

• Gibt es eine Gefährdung (Rückstau, Vernässung) benachbarter Flächen und Objekte?

Kann diese mit vertretbaren Mitteln verhindert werden?

• Ist ein (teilweiser) Flächenerwerb erforderlich?

• Besteht auch für private Eigentümer ein Anreiz zur Umsetzung einer Mitbenutzung bei

der Herstellung, Instandhaltung und Pflege (finanziell, vorhandene

Einleitmengenbegrenzung, u.a.)?

Weitere Hinweise zur allgemeinen Verwendung, Art und Herkunft von Grundlagendaten für

eine Ersteinschätzung möglicher Flächen für die Regenwasserbewirtschaftung und damit

übertragbar auch für die Mitbenutzung von Flächen gibt das DWA-Arbeitsblatt 138, Tabelle 4

[1]. Allgemeine Informationen zu Planungsabläufen finden sich im DWA-Merkblatt 176,

Anhang A [2].

Im Anschluss an die Voruntersuchung ist zwangsläufig die Verhältnismäßigkeit zwischen

dem Nutzen und dem erforderlichen Aufwand zu prüfen. Dadurch soll verhindert werden,

dass das gewählte Projekt aufgrund ungünstiger oder unwirtschaftlicher Randbedingungen

scheitert.

Nutzen und Aufwand können dabei wie folgt ausgedrückt werden:

• Nutzen = anhand der Abfrage geschätzter Effekt der Maßnahme z.B. in Bezug auf die

Größen Zwischenspeicher (Volumen) und Entwässerungssicherheit bei

Starkregenereignissen mit unterschiedlichen Jährlichkeiten (z.B. orientiert an den

Überflutungsnachweis gemäß DIN EN 752 [3])

• Aufwand = finanzieller Aufwand für die Planung, die Herstellung und den Betrieb sowie

organisatorischer Aufwand (Akzeptanzbildung, Zuständigkeitsregelung, Kostenteilung,

u.a.).

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TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN

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1.5 Zusammenfassung und Ausblick

Im Teilprojekt 1 wurde das Thema Mitbenutzung diskutiert und für Hamburg eine Definition

der Mitbenutzung vorgeschlagen. Zudem wurden Empfehlungen für das weitere Vorgehen

erarbeitet.

Bei der Recherche nach Beispielprojekten hat sich ergeben, dass es bundesweit einige

wenige gute Beispiele gibt, die systematisch die „Mitbenutzung“ in das Konzept der

Regenwasserbewirtschaftung eingebunden haben. Die zusammengestellten Fallbeispiele

zeigen auf, wie die bei der Umsetzung der Mitbenutzung auftretenden Probleme im Einzelfall

überwunden werden konnten. Die Hamburger Initiative zur systematischen Bearbeitung

dieser Thematik erscheint in dem Zuge einzigartig in Deutschland, wobei die Notwendigkeit

hierzu von Fachleuten bundesweit bestätigt wird.

Während der Projektbearbeitung hat sich die Einschätzung bestätigt, dass die

„Mitbenutzung“ sehr differenziert nach den unterschiedlichen Flächentypen bzw.

Nutzungsarten betrachtet und die Entscheidung und konkrete Regelung immer im Einzelfall

getroffen werden muss. Dies gilt sowohl für die Häufigkeit, die Dauer und das Maß der

Mitbenutzung, als auch für die Unterscheidung zwischen der „Planung neuer Flächen“ und

der „Bestandssanierung“.

Ein Kostenvergleich von konventionellen und dezentralen Regenwasserbewirtschaftungs-

maßnahmen (wie einer Mitbenutzung) wurde bislang nicht durchgeführt. Dies ist jedoch

notwendig, um beurteilen zu können, ob die Umsetzung von Mitbenutzungsmaßnahmen

wirtschaftlich sinnvoll ist.

Zudem ist die weitergehende Bearbeitung der auf dem Workshop (Kapitel 1.4.4) unter

„Bedenken und Risiken“ zusammengetragenen Aspekte erforderlich:

• Entwicklung von Finanzierungsmöglichkeiten für Mitbenutzungsprojekte (z.B.

gemeinsamer Fond)

• Entwicklung von Planungsleitlinien

• Klärung von Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten

• Informationskampagne zur Aufklärung der beteiligten Akteure über neue

wasserwirtschaftliche Herausforderungen

• Ggf. Änderungen gesetzlicher Regelungen (z.B. HH-Wegegesetz, HH-Wassergesetz)

Im Rahmen des durchgeführten Workshops wurde von den Teilnehmern vereinbart,

gemeinsam an dem Thema Mitbenutzung von Flächen in Hamburg weiterzuarbeiten. Wichtig

ist hierbei die zeitnahe gemeinsame Umsetzung eines Pilotprojektes mit Vorzeigecharakter

unter Einbindung aller beteiligten Institutionen.

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TP1: MITBENUTZUNG VON FLÄCHEN

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1.6 Literatur

[1] DWA (Hrsg.): DWA-Arbeitsblatt 138 - Planung, Bau und Betrieb von Anlagen zur

Versickerung von Niederschlagswasser. Hennef, April 2005

[2] ATV-DVWK (Hrsg.): ATV-DVWK Merkblatt 176 - Hinweise und Beispiele zur

konstruktiven Gestaltung und Ausrüstung von Bauwerken der zentralen

Regenwasserbehandlung und –rückhaltung. Hennef, Februar 2001

[3] DIN EN 752: Entwässerungssysteme außerhalb von Gebäuden; Deutsche Fassung

EN 752:2008, Januar 2008

[4] Dickhaut, W., Kruse, E. und Waldhoff, A.: Mehr Platz für Regenwasser. Garten +

Landschaft, 12/2009

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TP1: ANHANG 1

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Anhang 1 – Deutschlandweite Projektbeispiele

Deutschlandweite Projektbeispiele

Beitrag zum Teilprojekt 1

„Mitbenutzung von Flächen in der Regenwasserbewirtschaftung“

im Gesamtprojekt Regenwassermanagement des

KompetenzNetzwerks HAMBURG WASSER

von der

HafenCity Universität Hamburg

Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Dickhaut

Dipl.-Ing. Elke Kruse

Download unter:

http://www.reap.hcu-hamburg.de/htdoc/forschung_publikation_de.html

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TP1: ANHANG 2

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Anhang 2 – Dokumentation des Workshops

Dokumentation des Workshops zum Thema:

„Mitbenutzung von Flächen zur Regenwasserbewirtscha ftung -

Chancen und Grenzen für Hamburg im Bestand und in der Planung“

durchgeführt am 28. April 2009

Beitrag zum Teilprojekt 1

„Mitbenutzung von Flächen in der Regenwasserbewirtschaftung“

im Gesamtprojekt Regenwassermanagement des

KompetenzNetzwerks HAMBURG WASSER

von der

HafenCity Universität Hamburg

und

HAMBURG WASSER

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TP1: ANHANG 2

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Impressum:

Dokumentation des Workshops zum Thema

„Mitbenutzung von Flächen in der Regenwasserbewirtschaftung“

Vorbereitung + Durchführung: HafenCity Universität Hamburg (HCU),

Forschungsgruppe REAP

Hebebrandstraße 1, 22297 Hamburg

und

HAMBURG WASSER

GE03 Projektgruppe Regenwassermanagement

Banksstraße 4-6, 20097 Hamburg

Datum des Workshops: 28. April 2008

Erscheinungsdatum: März 2010

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TP1: ANHANG 2

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A2.1 Arbeitsgruppe 1 – Straßen

Moderation: Wenke Schönfelder, HAMBURG WASSER

Referent: Jörn Garbers, Entsorgungsbetriebe Lübeck

Protokoll: Juliane Ziegler, HAMBURG WASSER

Allgemein

In der Arbeitsgruppe wurde sich zunächst auf folgende Eckpunkte zur Definition bzw. zum

gemeinsamen Verständnis von der „Mitbenutzung von Straßen“ geeinigt:

Bei der Mitbenutzung von Straßen ist primär die Straße als Transportweg (vgl.

Notwasserwege in Lübeck) zu verstehen. Die Mitbenutzung ist dabei nicht die Regel,

sondern der Extremfall. Gültige Bemessungskriterien für die Kanalisation und

Straßenentwässerungsanlagen werden durch eine Mitbenutzung der Straße nicht berührt.

Essentiell ist, dass jede Mitbenutzung im Einklang mit der Hauptnutzung stehen muss.

Wo werden von den Teilnehmern die Chancen der Mitbe nutzung gesehen?

Da es bereits heute bei Starkregenereignissen an einigen Punkten zu einer (unkontrollierten)

Mitbenutzung kommt, wird von der Gruppe die Chance darin gesehen, von einer

unkontrollierten zu einer kontrollierten Ableitung zu kommen, indem der Abfluss auf der

Oberfläche analysiert und der Straßenkörper gezielt für die Ableitung von Überstaumengen

ausgebildet wird.

Wie könnte eine Mitbenutzung von Straßen technisch aussehen?

Für die Möglichkeiten einer Mitbenutzung von Straßen müssen die verschiedenen

Straßentypen (Kategorien) unterschiedlich bewertet werden. Für die Mitbenutzung sollten

nicht ausschließlich die Fahrbahn, sondern insbesondere auch die Seitenräume

(einschließlich der Grünräume, Gräben), also der gesamte Raum zwischen den

Straßenbegrenzungslinien, betrachtet werden.

Im Einzelfall ist auch eine temporäre Speicherung (bzw. Einstau) auf der Straße denkbar;

dies allerdings eher als Zukunftsvision.

Erfahrungen aus Lübeck:

In Lübeck werden Notwasserwege für die Ableitung von Überstaumengen in Neuplanungen

berücksichtigt und in B-Plänen festgeschrieben (siehe Beispiel Hochschulstadtteil); im

Bestand wird punktuell durch Begehung vor Ort untersucht, wohin Überstaumengen fließen

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TP1: ANHANG 2

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und, wenn sinnvoll und möglich, Anpassungen der Fließwege vorgenommen, z.B. indem

Hochborde entfernt, Wege erniedrigt und natürliche Wasserwege gestaltet werden.

Warum wurde die Mitbenutzung von Straßen aus Sicht der Teilnehmer bisher kaum in

Hamburg umgesetzt? Welche Bedenken bzw. Risiken wer den dabei gesehen?

Folgende Gründe wurden innerhalb der Arbeitsgruppe genannt:

• Es bestehen Bedenken bezüglich

- der Verkehrssicherungspflicht,

- der Anliegerrechte (Drittschäden), sowie

- abgabenrechtlicher Konflikte.

• Die Konfliktbereitschaft für „neue Lösungen“ bei den Beteiligten ist begrenzt, da sie

hierbei möglicherweise rechtliche Prozesse und Schadensersatzforderungen riskieren.

• Flächen in B-Plänen und im Straßenraum sind begrenzt, daher kommt es vermehrt zu

Flächenkonflikten (Wasserwirtschaft für Rückhaltung versus andere Nutzungen).

• Das Thema der Entwässerung ist bei den zuständigen Planungsstellen (BSU, Bezirke,

Ingenieurbüros) nicht stark genug im Bewusstsein.

• Sinnvolle Lösungen einer Mitbenutzung von Straßen können öffentliche und private

Flächen mit einbeziehen sowie wasser- und abwasserwirtschaftliche Anlagen

umfassen. Hierbei ist ein wesentlicher Konfliktpunkt die Frage der Zuständigkeiten und

der Kostentragung (für investive sowie betriebliche Maßnahmen).

Was müsste aus Sicht der Teilnehmer getan werden, u m eine Umsetzung zu

erreichen?

Folgende Ideen für Möglichkeiten einer Unterstützung bzw. Förderung von Mitbenutzung

wurden diskutiert:

• Eine wesentliche Voraussetzung für eine Umsetzung ist die Bewusstseinsbildung und

die Festlegung der Wertigkeiten bestimmter Nutzungen (politische Leitbildentwicklung).

• Außerdem muss eine frühzeitige Einbringung der Mitbenutzung in die Planung

sichergestellt sein (in der B-Planaufstellung und in der Straßenplanung).

Möglicherweise müssen Planungsansätze angepasst werden.

• Jeder möglichen „Straßen-Mitbenutzung“ muss eine intensive Einzelfallprüfung

vorausgehen unter Berücksichtigung der Verkehrssicherung, der Anliegerrechte und

möglicher abgabenrechtlicher Konflikte.

• Der Verkehr bzw. die Anlieger sollten auf eine Mitbenutzung hingewiesen bzw.

vorbereitet werden (z.B. mit Beschilderung).

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• Derzeit wird das Hamburger Wegegesetz novelliert; wenn möglich sollte in diesem

Zuge die Bedeutung der Entwässerung der Straßen hervorgehoben werden (und ggf.

die Nutzung als Notwasserwege bzw. temporären Speicherraum).

• Es wird vorgeschlagen, einen Fond einzurichten, der von den Beteiligten (BSU, HW)

gespeist und von einem „Schiedsgericht“ verwaltet wird (BSU, HW, Dritter

Unabhängiger), um aus gesamtwasserwirtschaftlicher Sicht sinnvolle Projekte

umsetzen zu können, die derzeit an einer „Zuständigkeitszersplitterung“ und damit

einhergehend fehlenden finanziellen Mitteln scheitern.

A2.2 Arbeitsgruppe 2 – Park- und Grünflächen

Moderation: Gerrit Bischoff, HAMBURG WASSER

Referenten: Winfried Richard, bgmr Landschaftsarchitekten

Stefan Reese, Klütz & Collegen

Protokoll: Axel Waldhoff, HAMBURG WASSER

Allgemein

Von den Teilnehmern werden insgesamt die Chancen zur Umsetzung von Mitbenutzungen

bei Neuplanungen als groß angesehen, vor allem im Bereich von Ausgleichsmaßnahmen für

Neubebauungen. Für den Bestand werden vermutlich nur Ausnahmefälle in Frage kommen.

Unter der Annahme, dass es in Zukunft vermehrt zu Überflutungsproblemen bei den

vorhandenen Entwässerungssystemen kommt, könnte die Mitbenutzung langfristig

unumgänglich werden.

Wichtig bei jeder Mitbenutzung von Grünflächen ist es, einen Landschaftsarchitekten sowie

alle betroffenen Akteure frühzeitig mit in den Planungsprozess einzubinden und die Belange

des Natur- und Landschaftsschutzes mit zu berücksichtigen.

Wo werden von den Teilnehmern die Chancen der Mitbe nutzung gesehen?

Die Chancen der Mitbenutzung von Grünflächen werden von den Teilnehmern bei folgenden

Punkten gesehen:

Für die Neuplanung:

• Durch eine Mitbenutzung ist eine gestalterische Aufwertung von Flächen, die für das

Regenwassermanagement genutzt werden, möglich und damit eine Aufwertung des

Wohnumfeldes. Dies kann die Akzeptanz durch die Anwohner und Nutzer steigern.

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TP1: ANHANG 2

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• In neuen Wohngebieten kann in einzelnen Fällen beispielsweise durch eine gezielte

Mitbenutzung einer Grünfläche als kurzfristiger Zwischenspeicher der Bau eines

Regenrückhaltebeckens vermieden werden. Damit können beim Bau von

Entwässerungssystemen Kosten eingespart werden. Außerdem kann - angesichts des

Mangels an Flächen im städtischen Raum - die Mitbenutzung als untergeordnete

Nutzung in Kombination mit der Hauptnutzung u. U. eine Möglichkeit zur

Flächeneinsparung sein.

Im Bestand:

• Einzelne Handlungsschwerpunkte - dies sind Standorte in Hamburg, bei denen es

häufig zu Überflutungen von Straßen und Kellern kommt – können durch eine

geregelte schadlose Ableitung des Regenwassers auf Grünflächen entschärft werden.

Durch diese Art des Überflutungsschutzes können Gefahren (z.B. Verkehrssicherheit)

und Schäden (z.B. Überflutung von Kellern) vermieden werden.

• Wenn im Bestand keine leistungsfähige Vorflut bei Starkregenereignissen gegeben ist,

kann durch die Mitbenutzung von Grünflächen Rückhalteraum zum Schutz der Vorflut

(z.B. Gewässer) bereit gestellt und damit zum Gewässerschutz beigetragen werden.

Warum wurde die Mitbenutzung auf Grünflächen aus Si cht der Teilnehmer bisher

kaum in Hamburg umgesetzt? Welche Bedenken bzw. Ris iken werden dabei gesehen?

Folgende Gründe wurden innerhalb der Arbeitsgruppe genannt, die sich vor allem auf

bestehende Grünflächen beziehen:

• Sowohl als Hinderungsgrund als auch als Chance wird die Intensität der Nutzung von

Grünflächen gesehen:

Starke Nutzungsintensität = Risiko

Geringe Nutzungsintensität = Chance

• In Hamburg besteht ein hoher Nutzungsdruck auf Grünflächen, zum Teil liegt bereits

eine „Übernutzung“ vor. Viele Institutionen der Stadt haben ein Interesse, vorhandene

bzw. in Neuplanungen vorgesehene Grünflächen für ihre Zwecke zu nutzen. Daher

sind die potentiellen Grünflächen, die für eine Mitbenutzung in Frage kommen, sehr

begrenzt.

• Die Mitbenutzung von Grünflächen als wasserwirtschaftliche Flächen erschwert bzw.

verhindert eine spätere Veräußerung der Flächen. Dies kann positiv zum

Bestandsschutz dieser Grünanlagen beitragen; wenn eine Veräußerung gewünscht ist,

stellt die Mitbenutzung allerdings ein Hindernis dar.

• Wenn dem Bürger unklar ist, wozu die Mitbenutzung dient und wie sie funktioniert

(Häufigkeit und Dauer der Mitbenutzung) kann aufgrund mangelnder Akzeptanz in der

Bevölkerung eine Umsetzung von Projekten zur Mitbenutzung schwierig sein. Als

Beispiel für mangelnde Akzeptanz sind die Alsterwiesen genannt worden.

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• Es bestehen Bedenken bezüglich der Gestaltung / Ausbildung der Mitbenutzung in

Grünanlagen, vor allem im Bestand. Diese könnte ggf. negative Auswirkungen auf die

Attraktivität einer Grünanlage haben.

• Eine Gefahr wird darin gesehen, dass die Häufigkeit der Mitbenutzung infolge des

Klimawandels zunimmt. So könnte eine an sich seltene Mitbenutzung mit den Jahren

immer häufiger auftreten und so zur Dauerlösung werden.

• Bei Maßnahmen im Bestand kann die bauliche Umsetzung einer Mitbenutzung

aufgrund schwieriger Randbedingungen sehr kostenintensiv sein.

• Falls Pumpenanlagen für den Wassertransport notwendig sind, können auch die

Unterhaltungskosten für die mitbenutzten Grünflächen relativ hoch werden.

• Die für die Unterhaltung zusätzlich erforderlichen finanziellen Mitteln müssen den

zuständigen Bereichen (Grünflächenamt, Wasserwirtschaft, Bezirk,…) zur Verfügung

gestellt werden.

Was müsste aus Sicht der Teilnehmer getan werden, u m eine Umsetzung zu

erreichen?

Folgende Ideen für Möglichkeiten einer Unterstützung bzw. Förderung der Mitbenutzung

wurden diskutiert:

• Konzentration der Zuständigkeiten in der Wasserwirtschaft: Aus Sicht der an der

Wasserwirtschaft Beteiligten führt die Verteilung der Zuständigkeiten für die

verschiedenen Elemente des Entwässerungssystems zu Erschwernissen. Eine

Konzentration der Wasserwirtschaft auf weniger Institutionen wird diesbezüglich als

Erleichterung bei der Umsetzung angesehen, um den Austausch mit den weiteren

Zuständigkeiten in der FHH (wie in diesem Fall für Grünflächen) zu vereinfachen.

• Eine Klärung der Zuständigkeiten muss sowohl für Planung, Bau und Betrieb als auch

für die Finanzierung erfolgen, um so die Umsetzung der Mitbenutzung auf Grünflächen

zu erleichtern.

• Erstellung einer umfassenden Bedarfsanalyse, um zukünftig geeignete Flächen finden

zu können. Wo bestehen die Probleme und wo befinden sich dazu potentielle Flächen

zur Mitbenutzung? Dazu sollte eine Karte mit den Problempunkten erstellt und an die

entsprechenden Institutionen zur Prüfung weitergegeben werden.

• Es werden variable Jährlichkeiten für die Mitbenutzung in Abhängigkeit des

Flächentyps und der Nutzungsintensität der Fläche vorgeschlagen. Beispielsweise

unterliegen die Grünflächen im innerstädtischen Bereich einer höheren Sensibilität und

Nutzung als Grünflächen in Außen- oder Randbereichen.

• Informationskampagne zur Aufklärung der beteiligten Akteure in der politischen

Entscheidungsebene und in der Bevölkerung: Beispielsweise sollte das Potential zum

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TP1: ANHANG 2

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„Auffangen“ von Niederschlagswasser und so die Vermeidung von Gefahren und

Schäden dem Bürger deutlich gemacht werden.

• Es wird als sinnvoll erachtet, ein Pilotprojekt zur Mitbenutzung mit Vorzeigecharakter

umzusetzen. Durch ein solches Projekt können folgende Erfahrung gesammelt werden:

Planung, Betrieb, Umgang mit Nutzungskonflikten und Beurteilung der Kosteneffizienz

(auf Basis von Kostenvergleichsrechnungen).

A2.3 Arbeitsgruppe 3 – Spiel- und Sportflächen

Moderation: Elke Kruse, HafenCity Universität Hamburg

Referenten: Thomas Ostermeyer, Gruppe Freiraumplanung

Protokoll: Henning Schonlau, HAMBURG WASSER

Allgemein

Die Teilnehmer der Arbeitsgruppe waren sich einig, dass das Thema Regenwasser bzw.

Oberflächenentwässerung bereits auf der Ebene der Bauleitplanung betrachtet werden

muss, um es sinnvoll in die weitere Planung integrieren zu können. Dies geschieht bereits

oftmals in Hamburg. Es besteht jedoch eine Konkurrenz zwischen den Flächen für das

Regenwassermanagement und den Grünflächen bzw. Spiel- und Sportflächen, so dass die

Planung oft zu deren Lasten geht. Dabei behindern formale Hürden kreative Lösungen, um

diesem Konflikt zu entgehen.

Spiel- und Sportflächen werden bei der Erarbeitung eines Entwässerungskonzeptes in der

Regel nicht berücksichtigt, da keine Erfahrungswerte vorliegen. Von daher wäre aus Sicht

der Teilnehmer eine Pilotfläche sehr sinnvoll, um wichtige Erfahrungen sowohl für den

Planungsprozess, als auch für den Betrieb und die Pflege der Flächen sammeln zu können.

Wo werden von den Teilnehmern die Chancen der Mitbe nutzung gesehen?

Die Chancen der Mitbenutzung von Spiel- und Sportflächen werden von den Teilnehmern bei

folgenden Punkten gesehen:

• Aus ökonomischen Gesichtspunkten kann eine Mitbenutzung von Spiel- und

Sportflächen sinnvoll sein: Bei Neuplanungen kann so der Flächenverbrauch für das

Regenwassermanagement reduziert bzw. können Flächen für das

Regenwassermanagement mit einer weiteren Nutzung belegt werden, wie es bei dem

Projektbeispiel Weiherfeld aufgezeigt wurde. Hier werden die Flächen für das

Regenwassermanagement als informelle Spielflächen mitbenutzt. Im Bestand können

durch die Mitbenutzung von Spiel- und Sportflächen Problempunkte entschärft,

Schäden eingedämmt und damit Kosten reduziert werden.

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TP1: ANHANG 2

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• Es stehen nicht bei jedem Projektgebiet genügend Flächen für das dezentrale

Regenwassermanagement zur Verfügung, so dass Behörden und Planer an neuen

Möglichkeiten interessiert sind, wie in diesen Fällen damit umgegangen werden kann.

Die Mitbenutzung von Spiel- und Sportflächen könnte dabei ein wichtiger Baustein

sein.

• Durch die Mitbenutzung von Spiel- und Sportflächen können großzügige Anlagen

ermöglicht und dauerhaft gesichert werden. Es kann zur Finanzierung der Grünflächen

bzw. Spiel- und Sportflächen beitragen.

• Bei den Hamburger Schulen ist die Einleitbeschränkung des Regenwassers in das

öffentliche Kanalnetz oftmals ein Problem. Die Mitbenutzung von Spiel- und

Sportflächen auf dem Schulhof könnte hier ein Lösungsansatz sein, um auf große

unterirdische Rückhaltebecken verzichten zu können, die eine sehr teure Variante

darstellen.

• Wasser wird als Bereicherung des Spiels gesehen und sollte ein Alltagserlebnis für

Kinder sein, dass verstärkt bei der Planung insbesondere von Spielflächen einbezogen

werden sollte. Dann sind der Gefahrenschutz für die Kinder und die Akzeptanz durch

die Eltern größer.

Wie könnte eine Mitbenutzung von Spiel- und Sportfl ächen technisch aussehen?

Bei der Mitbenutzung von Spiel- und Sportflächen sollten folgende Voraussetzungen geklärt

sein bzw. beachtet werden:

• Festlegung von definierten Einstauhöhen als Planungsgrundlage, bis zu denen ein

Einstau von Spiel- und Sportflächen für Kinder unbedenklich ist.

• Es sollte nur ein kurzer Einstau eingeplant werden, um eine schnelle Bespielbarkeit der

Flächen nach Regenereignissen gewährleisten und die Nutzungseinschränkung auf ein

Minimum reduzieren zu können.

• Das plötzliche Einleiten von Regenwasser auf die mitbenutzte Fläche muss vermieden

werden.

• Im Vorfeld Festlegung vertraglicher Regelungen zum Umgang mit privatem und

öffentlichem Regenwasser und Definition von Übergabestellen (Wegerecht für

Wasser).

• Versickerung des Regenwassers sollte vor verzögerter Ableitung aus ökologischen

Gründen erfolgen.

• Die Technik und einwandfreie Umsetzung ist sehr wichtig für die Akzeptanz durch die

Nutzer und Anwohner.

• In der Planung muss das gestörte Bodengefüge im gesamten Projektgebiet während

des Bauablaufs berücksichtigt werden.

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TP1: ANHANG 2

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• Eine technische Nachrüstung sollte langfristig möglich sein, falls eine verstärkte

Zunahme von Starkregenereignissen erfolgen sollte.

Technische Umsetzung

• Sportflächen: flächendeckender Einstau von wenigen cm Höhe

• Spielflächen: höherer Einstau in kleinen und definierten Randbereichen, vgl. Projekt

Max Bahr (hier Parkplatzfläche). Spielflächen könnten durch Geländemodellierung so

gestaltet werden, dass erhöhte und einstaufreie Bereichen für die Spielgeräte zum

Schutz vor Beschädigungen und tiefer gelegte Bereiche zur Aufnahme des

Regenwassers ausgebildet werden. Diese könnten ggf. als Pflanzflächen gestaltet

werden.

• Einplanung einer Fließstrecke für das Regenwasser zur Säuberung bzw. zum

Absetzen von Schwebstoffen (Vermeidung von Schlammansammlung auf der

mitbenutzten Fläche)

• Einbau einer Drainage für Spielplätze wie bei Fußballplätzen

Warum wurde die Mitbenutzung von Spiel- und Sportfl ächen aus Sicht der Teilnehmer

bisher kaum in Hamburg umgesetzt? Welche Bedenken b zw. Risiken werden dabei

gesehen?

Es bestehen Bedenken in den folgenden Bereichen:

• juristische Fragestellungen (Verkehrssicherungspflicht, Haftung)

• fehlende Planungsgrundlagen, auf die sich bezogen werden kann (zulässige

Einstauhöhen etc.)

• Planung und Betrieb der Flächen: unklare Zuständigkeiten innerhalb der Bezirke /

Behörden

• Finanzierung wird haushaltstechnisch als problematisch eingeschätzt

• Stoffliche Belastung / Qualität des Regenwassers, das auf die Flächen geleitet werden

soll, ist oftmals unbekannt

Aufgrund fehlender Auflagen wurde die Mitbenutzung bisher kaum umgesetzt. Wenn die

Auflagen vorhanden wären, würden diese auch erfüllt werden. Zudem schrecken erschwerte

Randbedingungen in Bezug auf Zuständigkeiten, Finanzierung und Eigentumsverhältnisse

(im Bestand) vor einer Umsetzung ab.

Insgesamt haben die Teilnehmer die Mitbenutzung von Spiel- und Sportflächen positiv

beurteilt und können sich eine Umsetzung generell vorstellen. Spielplätze sind für Kinder ab

6 Jahren freigegeben und von daher wird die Gefährdung der Kinder hier nicht so kritisch

gesehen und das Regenwasser als Bereicherung des Spiels empfunden.

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TP1: ANHANG 2

37

Was müsste aus Sicht der Teilnehmer getan werden, u m eine Umsetzung zu

erreichen?

Folgende Punkte müssten im Vorfeld geklärt werden, um eine Umsetzung zu ermöglichen

bzw. zu erleichtern:

• Haftungsfragen und rechtliche Rahmenbedingungen

• Klärung von Zuständigkeiten und Kompetenzen

• Regelung der Kostenübernahme für die Planung, den Bau und den Betrieb

• ggf. Neuregelung zum Umgang mit privatem und öffentlichem Regenwasser; mögliche

Kostenbeteiligung durch Private, falls das Regenwasser von privaten Flächen stammt.

Organisation: Planung / Bau

Die Zuständigkeit sollte insgesamt bei der Behörde liegen, die für die Hauptnutzung

verantwortlich ist, in Kooperation mit dem Tiefbauamt bzw. dem Entwässerungsplaner.

• Spielflächen: federführend ist der Bereich Stadtgrün der Bezirksämter in Koordination

mit dem Tiefbau bzw. dem Entwässerungsplaner

• Sportflächen: federführend ist das Sportamt bzw. die Schule in Koordination mit dem

Tiefbau bzw. dem Entwässerungsplaner.

Organisation: Betrieb / Unterhaltung / Pflege

Verantwortlich wäre die zuständige Behörde für die Hauptnutzung (Stadtgrün bzw. Sportamt

/ Schulamt). Für die Unterhaltung sollten Gelder zum Beispiel von der Stadtentwässerung

bzw. dem Bereich Wasserwirtschaft bereitgestellt werden. Dies könnte über eine pauschale

Summe x pro Jahr und m² Fläche bzw. m³ Rückhalteraum erfolgen.

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38

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TP1: ANHANG 3

39

Anhang 3 – Arbeitspapier Mitbenutzung von Flächen

Arbeitspapier Mitbenutzung von Flächen

Darstellung von realistischen Möglichkeiten einschließlich einer

rechtlichen Betrachtung

Erstellt durch das Rechtsamt der BSU

Ansprechpartner: Frau Mahro, Herr Mainusch

Stand: 08.07.2009

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TP1: ANHANG 3

40

A3.1 Einleitung

Es ist aus wasserwirtschaftlicher Sicht sinnvoll, vorhandene Flächen als

Zwischenspeicherraum für extreme Niederschlagsereignisse mitzubenutzen. Im Rahmen

dieses Arbeitspapiers sollen die Möglichkeiten der Mitbenutzung von Flächen und deren

rechtliche Rahmenbedingungen aufgezeigt werden. Insbesondere sind Konfliktsituationen,

die bedingt durch die Mitbenutzung auftreten, zu identifizieren und rechtlich zu verorten. Zu

diesem Zweck werden im Folgenden verschiedene Fallgruppen der Mitbenutzung von

Flächen definiert und näher betrachtet. Das Konzept der einzelnen Fallgruppe wird jeweils

erläutert. Es werden die rechtlichen Rahmenbedingungen benannt und konkrete rechtliche

Fragestellungen abgeleitet.

Grundlegend für das Verständnis ist die Definition der Mitbenutzung. Das Teilprojekt 1,

Mitbenutzung des KompetenzNetzwerks HAMBURG WASSER hat diese Definition im

Kapitel 1.3 festgelegt.

A3.2 Hintergrund

Beschreibung des Konzepts:

Um in urbanen Bereichen der Stadt Hamburg Schäden durch Starkregen zu reduzieren, wird

eine Mitbenutzung von Flächen angedacht, um dort Regenwasser temporär zu speichern.

Eine Möglichkeit hierzu wäre das Auffangen des Regenwassers auf öffentlichen Flächen wie

z. B. Grün- und Parkanlagen. Deren Hauptnutzung wäre ggf. temporär beeinträchtigt, aber

mit einem hohen Grünflächenanteil weist Hamburg ein hohes Potential für

Regenwasserretention auf. Um das Regenwasser von einem überflutungsgefährdeten

Bereich zu einer mitzubenutzenden Fläche zu leiten, müssen ggf. auch Straßen- und

Wegeflächen mitbenutzt werden.

Durch die Mitbenutzung vorhandener oder zukünftiger Flächen könnte es möglich sein, eine

sinnvolle Ergänzung zu konventionellen Kanalbaumaßnahmen (Durchmesservergrößerung)

zu schaffen. Durch die Mitbenutzung von Flächen wird ein erhöhter Überflutungsschutz

sensibler Bereiche auch bei Starkregenereignissen, die nicht mehr vom

Entwässerungssystem aufgenommen werden können, erreicht.

Durch eine Kappung der Abflussspitze könnte darüber hinaus die hydraulische Belastung im

Gewässer reduziert werden. Somit kann gleichzeitig ein Beitrag zum Gewässerschutz

geleistet werden.

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TP1: ANHANG 3

41

A3.3 Fallgruppen

Flächen in öffentlicher Hand

• Öffentliche Grün- und Erholungsanlagen (inkl. Waldflächen, Sport- und Spielplätze)

• Öffentliche Wege (insbesondere Straßen und Parkplätze)

Private Flächen

• Private Parkplätze, Straßen und Wege

• Private Teiche

• Private Grünflächen, Spiel- und Sportflächen

A3.4 Rechtliche Rahmenbedingungen

Die rechtlichen Einschätzungen in dieser Ausarbeitung wurden von den im Rechtsamt der

BSU mit Wasser- und Abwasserrecht befassten Kolleg/inn/en abgegeben. Die davon

erfassten bzw. betroffenen Rechtsmaterien befinden sich zu einem nicht unerheblichen Teil

in der Zuständigkeit anderer Stellen innerhalb der BSU oder anderer Fachbehörden. Aus

diesem Grund kann eine abschließende Abstimmung nicht durchgeführt werden. Die

Ausführungen stehen deshalb unter entsprechendem Vorbehalt.

Unabhängig von Vorstehendem ist es unerlässlich, jeden Einzelfall sehr sorgfältig zu

betrachten und auch rechtlich zu würdigen. Die darauf zu treffenden

Einzelfallentscheidungen liegen zumeist in der Zuständigkeit des jeweiligen Bezirksamtes.

Dem soll und kann hier in keiner Weise vorgegriffen werden.

Während die rechtliche und technische Ermöglichung einer Mitbenutzung bei der

Neuplanung einer Nutzung vergleichsweise unproblematisch sein dürfte, ist im Bestand mit

Schwierigkeiten zu rechnen, weil hier die bestehende (und für die Umgebung und die

Nutzenden gewohnte) Situation entsprechend den neuen Bedarfen in der Regel angepasst

werden muss.

I. Allgemeine Vorbemerkungen

Bei der Niederschlagswasserentsorgung auch über Mitbenutzung handelt es sich um

Abwasserbeseitigung, vgl. § 18 a WHG i. V. mit § 2 Hamburgisches Abwassergesetz

(HmbAbwG). Auf dem Gebiet der FHH obliegt die Aufgabe der Abwasserbeseitigung der

Hamburger Stadtentwässerung.

Gemäß § 8 (1) HmbAbwG haben Grundstücke, die der Sielanschlusspflicht nach

§ 6 HmbAbwG unterliegen, das Recht auf einen Sielanschluss. Das ist immer der Fall, wenn

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TP1: ANHANG 3

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das zu entwässernde Grundstück an einen Weg grenzt bzw. zu diesem seine Belegenheit

hat, in dem ein zur Aufnahme von Abwasser bestimmtes und geeignetes Siel liegt.

In der DIN-Norm EN DIN 752 / DWA-A 118 sind die Versagenshäufigkeiten von Kanalnetzen

definiert (Entwässerungskomfort).

Das Abwasser- bzw. Baurecht unterscheidet zwischen privaten

Grundstücksentwässerungsanlagen in Gebäuden und auf den Grundstücken und den

öffentlichen Abwasseranlagen der Hamburger Stadtentwässerung (HSE), die in aller Regel

in öffentlichem Grund bzw. auf städtischen Grundstücken liegen.

Nach geltendem Recht gibt es folgende Möglichkeiten, der Überlastung von Sielen zu

begegnen:

• So kann die Einleitmenge von Niederschlagswasser gemäß § 7 (1) Satz 3 HmbAbwG

unter bestimmten Voraussetzungen begrenzt werden, wenn die zu entwässernde

bebaute bzw. befestigte Fläche größer als 650 m² ist.

• Gemäß § 9 (3) HmbAbwG kann die Einleitung von Niederschlagswasser in ein Regen-

oder Mischwassersiel untersagt werden zu Gunsten einer Einleitung in ein

oberirdisches Gewässer, einer Versickerung auf dem Grundstück oder im Untergrund

einer öffentlichen Grünfläche. Dies allerdings nur, wenn sich dadurch keine

Abwassermissstände ergeben und solange noch kein Sielbaubeitrag entrichtet worden

ist. Entsprechendes kann der Senat gemäß § 9 (4) HmbAbwG durch

Rechtsverordnung auch gebietsweise anordnen.

• Gemäß § 9a HmbAbwG entfallen Anschlusspflicht und Benutzungszwang für

Niederschlagswasser, wenn dieses unter Beachtung der wasserrechtlichen

Bestimmungen versickert bzw. in ein oberirdisches Gewässer eingeleitet wird.

• Gemäß § 15 (2) Satz 2 Sielabgabengesetz i. V. mit § 1 (2) Verordnung über die Höhe

der Sielbenutzungsgebühr gilt ein verminderter Gebührensatz für Grundstücke, die

nicht an einem mit einem Regen- oder Mischwassersiel besielten Weg liegen oder

nicht in ein solches Siel entwässern.

Weiterhin ist auch immer das Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung

(SOG) in die Betrachtung mit einzubeziehen.

Ferner gilt, dass der Grundrechtsschutz (insbes. der Bestandsschutz, Art. 14 GG) die

Maßnahmen auf privaten Grundstücken grundsätzlich auf Freiwilligkeit beschränkt.

Allerdings wäre ggf. zu prüfen, ob die Regelungen der §§ 70 und 71 des Hamburgischen

Wassergesetzes Anwendung finden können. Danach besteht unter engen Voraussetzungen

und gegen Entschädigung die Möglichkeit zur Duldungsverpflichtung von

Grundstückseigentümern, falls die Verlegung von "Anlagen zur Wasserversorgung,

Abwasserableitung, Bewässerung oder Entwässerung durch fremde Grundstücke“ oder eine

Mitbenutzung von Anlagen erforderlich ist.

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TP1: ANHANG 3

43

II. Besondere Rechtsfragen für alle Fallgruppen

Für die Mitbenutzung der Flächen in allen Fallgruppen sind außerdem folgende weitere

rechtliche Bedingungen zu beachten, die in jedem Einzelfall zu überprüfen und zu bewerten

sind:

• Unterhaltungs- und Folgepflicht:

Die mitbenutzten Flächen müssen laufend – möglicherweise auch mit spezifischen,

mitbenutzungsbezogenen Anforderungen - unterhalten werden. Darüber hinaus gibt es aber

auch im konkreten Mitbenutzungsfall Folgen, deren unverzügliche Beseitigung

sicherzustellen ist. Dies kann die bloße Verschmutzung (z.B. durch Treibsel, Sedimente u.

ä.) aber auch die Beschädigung von der Hauptnutzung dienenden Anlagen sein (z.B.

Spielgeräte, Beete u. ä.). Sowohl die spezifischen Unterhaltungs- als auch die Folge- bzw.

Folgebeseitigungspflichten für den Fall eines Mitbenutzungsereignisses sind verbindlich zu

regeln. Dies muss so geschehen, dass die Hauptnutzung so wenig wie möglich

beeinträchtigt wird und ihr auch sonst keine Nachteile entstehen. Je nach konkretem

Einzelfall sind diese Regelungen in öffentlich-rechtliche Zulassungen aufzunehmen oder als

öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Verträge abzuschließen.

Da die Flächen in ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung erhalten bleiben, ist hinsichtlich

eines Anteils einer Mitbenutzung sowohl Zuständigkeit wie Kostentragung im Einzelfall zu

klären und verbindlich zu regeln.

• Verkehrssicherungspflicht:

Der Charme der Mitbenutzung liegt gerade darin, sonst völlig anderen Zwecken dienende

Flächen bei seltenen, extremen Starkregenereignissen kurzzeitig für die Wasserrückhaltung

zu nutzen, bevor das Wasser dann zeitverzögert abgeleitet wird. In diesem Fall wird die

Anlage aber buchstäblich ganz oder teilweise eine Andere. Da solche Ereignisse sich selten

lange vorher ankündigen und auch meist lokal nicht vorhergesagt werden können, ist der

konkrete Mitbenutzungsfall kaum „planbar“. Für die Benutzer gilt das naturgemäß in weit

größerem Ausmaß. Hinzu kann ein „Überraschungseffekt“ in der Form kommen, dass die

gewohnheitsmäßigen Nutzer nicht damit rechnen, dass etwa ein Spielplatz relativ schnell –

wenn auch nur wenige Zentimeter - mit Wasser überflutet werden kann. Hierdurch erhält die

ohnehin für zugängliche Flächen bestehende Verkehrssicherungspflicht ein ganz

besonderes Gewicht. Für Gartenteiche, Rückhaltebecken u. ä. bestehende Maßstäbe und

Erfahrungen sind hier kaum brauchbar, da es sich dort um ständige Einrichtungen handelt

und man sich deshalb auch auf die Gefahren einstellen kann.

Grundsätzlich gilt, dass jeder, der Gefahrenquellen schafft, die notwendigen bzw.

erforderlichen Vorkehrungen zu treffen hat, um absehbare Gefahren von Dritten

abzuwenden. Sind potentiell Kinder oder aber auch Menschen mit eingeschränkten

Fähigkeiten betroffen, sind gesteigerte Sicherheitsmaßstäbe anzulegen. Prinzipiell dürfen

auch in den – zumeist unvorhergesehen eintretenden Mitbenutzungsfällen – keine für die

Benutzer unbeherrschbare Gefahrensituationen entstehen. Die gebotenen Maßnahmen

hängen sehr von der Konstellation des Einzelfalles ab. Jedenfalls ist durch eine geeignete

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TP1: ANHANG 3

44

Beschilderung auf die eingeschränkte Hauptnutzung und eventuelle konkrete Gefahren (wie

z.B. Vereisung) hinzuweisen. Zusätzlich ist den Anforderungen an die

Verkehrssicherungspflicht bei den baulichen Maßnahmen zur Einrichtung der

Mitbenutzungsfunktion von Flächen Rechnung zu tragen. Daneben sind erforderlichenfalls

organisatorische Vorkehrungen vorzusehen, um Gefahren auszuschließen.

Auch Abgrenzung, Inhalt und Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht sind im Einzelfall

verbindlich zu regeln.

• Gewässerschutz

Soweit das Niederschlagswasser auf der mitbenutzten Fläche versickert, ist der

Gewässerschutz zu beachten: Versickerungen, d.h. die Einleitung von Niederschlagswasser

in das Grundwasser und Einleitungen von Niederschlagswasser in Gewässer bedürfen der

wasserrechtlichen Erlaubnis gemäß § 7 WHG. Dies ist nicht der Fall, wenn die Versickerung

der Verordnung über die erlaubnisfreie Versickerung von Niederschlagswasser auf

Wohngrundstücken unterfällt bzw. die Einleitung Gemeingebrauch gemäß § 9 WHG darstellt.

• Bauplanungs- und Bauordnungsrecht:

Soll eine in einem bestehenden Bebauungsplan für bestimmte Zwecke ausgewiesene Fläche

(z. B. öffentliche Grünfläche) der Mitbenutzung zugeführt werden, stellt sich unabhängig vom

einschlägigen Fachrecht die Frage nach der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit. Wegen

des gegenüber der Hauptnutzung nur sehr untergeordneten Umfangs der Mitbenutzung (nur

wenige Stunden seltener als alle fünf bzw. zehn Jahre, siehe auch Begriffsdefinition, Kapitel

1.3) dürfte diese keine eigene städtebauliche Relevanz in dem Sinne haben, dass es einer

Bebauungsplanänderung bedürfte.

Wird ein Bebauungsplan neu aufgestellt und ist die Mitbenutzung bereits konkret

beabsichtigt, bietet es sich aus Gründen der Rechtssicherheit an, die jeweilige Fläche

zusätzlich zur Festsetzung der Hauptnutzung mit einer mitbenutzungsbezogenen

„unverbindlichen Vormerkung“ zu kennzeichnen oder ggf. mit der zusätzlichen Festsetzung

„Fläche mit wasserrechtlichen Regelungen“ zu versehen.

Bedarf es für die Mitbenutzung bauordnungsrechtlich zu genehmigender Maßnahmen (z.B.

Abgrabungen), ist die erforderliche Baugenehmigung einzuholen.

• Fachrecht:

Die für die jeweilige Fachgruppe einschlägigen Fachgesetze enthalten über das Vorstehende

hinaus spezifische Regelungen zur Zweckbestimmung, der Zulassung von Abweichungen

und damit verbundenen Anforderungen. Darauf wird im Kontext der jeweiligen Fallgruppe

eingegangen.

III. Notabflusswege / Transportwege

Ein weiteres Element der Mitbenutzung stellen die so genannten Notabflusswege dar. In

diesen wird das „überschüssige“ Regenwasser über Straßen, Wege, Grünflächen oder sogar

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TP1: ANHANG 3

45

private Flächen geleitet und zu weiteren Mitbenutzungsflächen transportiert. Faktisch gibt es

dadurch auch noch zusätzlich einen gewissen Zwischenspeicherungseffekt. In der Regel

dürfte es sich bei den Notabflusswegen um Abwasseranlagen handeln. Wegen der

besonderen wasserrechtlichen Zulassungsbedürftigkeit (Plangenehmigung bzw.

Planfeststellung) muss im Einzelfall ausgeschlossen werden, dass es sich nicht um ein

Gewässer handelt, was zumindest theoretisch möglich wäre.

Hinsichtlich des Bauplanungsrechts gilt das oben zur Mitbenutzung Ausgeführte. Hier wäre

zusätzlich zu prüfen, ob im konkreten Fall die Festsetzung eines Leitungsrechtes

vorgesehen werden kann.

A3.5 Betrachtung der Fallgruppen

I. Öffentliche Flächen

1. Öffentliche Grün- und Erholungsanlagen (inkl. Wa ldflächen, Sport und Spielplätze)

a) Konzept der Mitbenutzung

Das „überschüssige“ Regenwasser wird über Notabflusswege (z. B. offene Gräben, Siele

oder Pflasterrinnen) kontrolliert auf Grün- und Erholungsanlagen geleitet und dort kurzzeitig

zwischengespeichert. Nach dem Starkregenereignis wird das Wasser verzögert in das Siel /

Gewässer eingeleitet oder vor Ort versickert.

b) Technische Voraussetzungen

Die Grün– und Erholungsanlage muss so umgestaltet werden, dass das Wasser dort

gefahrlos zwischengespeichert werden kann. Wichtige Wegeverbindungen und empfindliche

Spiel- bzw. Sportgeräte sollten aus Sicherheitsgründen entsprechend angepasst und bspw.

erhöht ausgebildet werden.

Notabflusswege, die das Oberflächenwasser zur Fläche hinleiten, müssen hergestellt

werden. Um das Wasser nach dem Starkregenereignis wieder ins Siel oder ins Gewässer zu

leiten, sind die dafür notwendigen Entwässerungsanlagen herzurichten. Abhängig vom

Verschmutzungsgrad des Oberflächenwassers, des anstehenden Bodens und den zu

erwartenden höchsten mittleren Grundwasserspiegel, ist auch eine Versickerung des

Regenwassers möglich.

c) Nutzungskonflikte

• Ertrinkungsgefahr für Kinder

• Eingeschränkte Hauptnutzung

• Verunreinigung und / oder Schädigung der Anpflanzungen und Spielgeräte

• Eindringen des verschmutzen Oberflächenwassers ins Grundwasser

• Einleiten des verschmutzen Oberflächenwassers in Oberflächengewässer

d) Vorschläge zur Konfliktbewältigung

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TP1: ANHANG 3

46

• Mit dem Einsetzen von Wasserkunst kann das Regenwasser für Wasserspiele genutzt

werden (Akzeptanz der Bevölkerung)

• Vorreinigung des Oberflächenwassers (Versickerung)

• Flächensicherung im B-Plan festlegen

• wenig genutzte Teilbereiche von Grünflächen bzw. Spiel- und Sportflächen mitnutzen

• Schädigung von Spiel- und Sportgeräten durch das Wasser so weit wie möglich

ausschließen

e) Rechtliche Betrachtung

• Grünanlagenrecht:

Das Gesetz über Grün- und Erholungsanlagen regelt zusammen mit der darauf

beruhenden Verordnung zum Schutz der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen die

zulässigen Nutzungen. Ergänzt bzw. konkretisiert wird dies durch konkrete

Anordnungen für die jeweilige Anlage (§ 3 Abs. 2 des Gesetzes). Dem

Grünanlagenrecht unterfallen nicht nur Grünanlagen in engerem Sinn, sondern auch

Sport- und Spielplätze. Dem Zweck der Anlagen, der Gesundheit und Erholung der

Bevölkerung zu dienen, entspricht die Mitbenutzung ersichtlich nicht. Umgekehrt ist

aber auch ein ausdrückliches gesetzliches Verbot einer Mitbenutzung nicht ersichtlich.

Die Zulassung der Mitbenutzung bedarf deshalb im Einzelfall einer Erlaubnis gemäß

§ 4 Absatz 2 des Gesetzes, in der dann die notwendigen Folgeregelungen (s. o.) zu

treffen sind. Eine Änderung der Rechtsvorschriften dürfte für die Zulassung der

Mitbenutzung im Einzelfall nicht notwendig sein.

• Waldrecht:

Für Waldflächen sind einschlägig das Landeswaldgesetz sowie das

Bundeswaldgesetz. Soweit ersichtlich, sind dort keine Ausnahme von der Schutz- und

Zweckbestimmung des Waldes vorgesehen. Ggf. muss im Einzelfall geklärt werden, ob

eine Mitbenutzung unter den konkreten tatsächlichen Umständen als „waldverträglich“

hingenommen werden kann.

• Naturschutzrecht:

Häufig unterliegen öffentliche Grünanlagen und Wälder zugleich

naturschutzrechtlichem Gebietsschutz (z.B. als Landschaftsschutz- oder

Naturschutzgebiete). Selbstverständlich sind in solchen Fällen die einschlägigen

naturschutzrechtlichen Bestimmungen zu beachten.

f) Beispiele

Beispiele können der separaten Ausarbeitung der HCU entnommen werden.

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TP1: ANHANG 3

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2. Öffentliche Straßen und Wege

a) Konzept der Mitbenutzung

Bei der Mitbenutzung von Straßen und Wegen wird die Straße bzw. der Weg primär als

Transportweg genutzt. Es ist auch möglich das Niederschlagswasser kurzfristig

oberflächennah auf dem Wegekörper zwischenzuspeichern.

Für die Mitbenutzung können auch die begleitenden Entwässerungsgräben mit betrachtet

werden. Außerdem wäre es auch möglich das Niederschlagswasser kurzfristig

oberflächennah zwischenzuspeichern.

b) Technische Voraussetzungen

Die Straßen und Wege müssen so ausgebildet werden, dass das Wasser auf der Oberfläche

abgeleitet bzw. zwischengespeichert werden kann. Dies kann durch spezielle Hochborde

und andere Abläufe, z. B. mit geringer Leistungsfähigkeit, ermöglicht werden. Für das

Ableiten nach dem Ereignis werden die vorh. Abläufe genutzt.

c) Nutzungskonflikte

• Eingeschränkte Hauptnutzung

• Anliegerrechte, es darf kein Wasser auf die privaten Grundstücke fließen

• Vereisungsgefahr bei niedrigen Temperaturen

• Beim Trennsystem darf kein Regenwasser, z. B: über die Schächte, in die

Schmutzwasserkanalisation eindringen

• Beschädigung von Elektro- und Telekommunikationsschächten im Straßen- oder

Wegekörper

• Rückstaugefahr für die anliegenden Grundstücke

d) Vorschläge zur Konfliktbewältigung

• Durch Beschilderung auf eine eingeschränkte Hauptnutzung hinweisen

• Schachtabdeckungen konstruktiv so ausbilden, das kein Regenwasser eindringen kann

• Zuständigkeit und Kostentragung der investiven sowie betrieblichen Maßnahmen

klären

• Schutz der angrenzenden Grundstücke

• Flächensicherung im B-Plan festlegen

e) Rechtliche Betrachtung

Bei der Mitbenutzung von Straßen sind die Bestimmungen des Hamburgischen

Wegegesetzes zu beachten. Dabei ist sicherlich zu berücksichtigen, dass Straße und Wege

per se eine gewisse Entwässerungsfunktion wahrnehmen. Geht die Nutzung für

Abwasserzwecke aber über das „übliche“ Maß hinaus, bedarf dies der besonderen

Zulassung.

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TP1: ANHANG 3

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Im Übrigen gelten die vorangestellten allgemeinen Ausführungen mit besonderem

Augenmerk auf der Verkehrssicherungspflicht.

f) Beispiele

Beispiele können der separaten Ausarbeitung der HCU entnommen werden.

II. Private Flächen

Eine Mitbenutzung von privaten Flächen bedarf der Einwilligung des jeweiligen Eigentümers.

Eine Durchbrechung des Bestandsschutzes ist angesichts der weiterhin bestehenden

„konservativen“ Lösungsmöglichkeiten kaum denkbar.

1. Private Stellplatzanlagen

a) Konzept der Mitbenutzung

Bei einer Überlastung des öffentlichen Regenwassersieles wird über Notabflusswege (z. B.

offene Gräben, Siele oder Pflasterrinnen) kontrolliert das private Oberflächenwasser auf

private Parkplätze geleitet und dort zwischengespeichert. Nach dem Starkregenereignis wird

das Wasser verzögert in das Siel / Gewässer eingeleitet.

b) Technische Voraussetzungen

Der Parkplatz muss so umgestaltet werden bzw. geplant werden, dass das

Oberflächenwasser dort zwischengespeichert werden kann. Die fußläufigen Wege sollten so

ausgebildet werden, dass diese auch während des Starkregenereignisses benutzt werden

können. Es sind Notabflusswege herzustellen, um das Wasser auf die Fläche bzw. zu den

entsprechenden Bereichen zu leiten. Für das zeitverzögerte Ableiten nach dem

Starkregenereignis sollten die Entwässerungsanlagen (Rinnen, Abläufe) des Parkplatzes

genutzt werden.

c) Nutzungskonflikte

• Eingeschränkte Hauptnutzung

• Vereisungsgefahr bei niedrigen Temperaturen

• Verunreinigung des Parkplatzes

d) Vorschläge zur Konfliktbewältigung

• Akzeptanz durch Öffentlichkeitsarbeit, bspw. seitens Hamburg Wasser oder der

Hamburger Behörden

• Durch finanzielle Anreize (für die Bereitstellung der Flächen zur Zwischenspeicherung)

e) Rechtliche Betrachtung

Für die Umsetzung bedarf es der Einhaltung der oben allgemein beschriebenen rechtlichen

Rahmenbedingungen (insbesondere des Abwasser- und Baurechts) und natürlich des

Einverständnisses der Eigentümer.

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TP1: ANHANG 3

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f) Beispiele können der separaten Ausarbeitung der HCU entnommen werden.

2. Private Teiche

a) Konzept der Mitbenutzung

Bei einer Überlastung des öffentlichen Regenwassersieles wird über Notabflussleitungen (z.

B. offene Gräben, Siele oder Pflasterrinnen) kontrolliert Oberflächenwasser in den Teich

geleitet. Die Ausdehnung des Teichs nimmt dabei zu und die angrenzenden Uferbereiche,

die normalerweise über dem Wasserspiegel liegen, werden dadurch vernässt und somit

mitbenutzt. Nach dem Starkregenereignis wird das Wasser verzögert in das öffentliche Siel

abgeben oder es verdunstet bzw. versickert.

b) Technische Voraussetzungen

Der Teich muss so umgestaltet werden, dass die Uferbereiche überschwemmt werden

können, so dass das Oberflächenwasser dort zwischengespeichert werden kann. Es sind

Notabflussleitungen herzustellen um das Wasser in den Teich zu leiten. Für das Ableiten des

Wassers nach dem Ereignis sind Entwässerungsanlagen herzustellen und an das öffentliche

Siel (Kanalnetz) anzuschließen. Der Teich sollte einen Überlauf besitzen, mit einem

Anschluss an das Sielnetz bzw. in ein Gewässer.

c) Nutzungskonflikte

• Durch zu stark verschmutztes Regenwasser kann es zu einer stofflichen

Überbelastung (Fischsterben) des Teiches kommen

• Keine Trennung der privaten und öffentlichen Oberflächenentwässerung

• Verunreinigung des Teiches

• Unterhaltung bzw. Reinigung des Teiches

d) Vorschläge zur Konfliktbewältigung

• Die Reinigungspflicht der Anlage nach einem Starkregenereignis in die Hand der

Eigentümer bzw. Anwohner legen und diese dafür entschädigen

• Finanzelle Anreize für die Bereitstellung des Retentionsvolumens schaffen

• Schriftliche Einverständniserklärung aufsetzen

e) Rechtliche Betrachtung

Für die Umsetzung bedarf es der Einhaltung der oben allgemein beschriebenen rechtlichen

Rahmenbedingungen (insbesondere des Abwasser- und Wasserrechts, ggf.

Ausbauzulassung) und natürlich ggf. des Einverständnisses der Eigentümer bei privaten

Teichen.

f) Beispiele können der separaten Ausarbeitung der HCU entnommen werden.

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TP1: ANHANG 3

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3. Private Sportplätze bzw. Sportflächen

a) Konzept der Mitbenutzung

Bei einer Überlastung des Regenwassersieles wird über Notabflusswege (z. B. offene

Gräben, Siele oder Pflasterrinnen) kontrolliert Oberflächenwasser auf die Sportplätze bzw.

Sportflächen geleitet und zwischengespeichert. Nach dem Starkregenereignis wird das

Wasser verzögert in das Siel / Gewässer eingeleitet oder es verdunstet bzw. versickert.

b) Technische Voraussetzungen

Der Sportplatz muss so umgestaltet werden, dass das Oberflächenwasser dort

zwischengespeichert werden kann. Notabflussleitungen für das Fluten des Sportplatzes

müssen hergestellt werden. Für das Ableiten nach dem Ereignis sollten im Idealfall die vorh.

Entwässerungselemente des Sportplatzes genutzt werden.

Je nach Beschaffenheit des Sportplatzes kann auch eine Versickerung des

Oberflächenwassers möglich sein.

c) Nutzungskonflikte

Eingeschränkte Nutzbarkeit des Sportplatzes und mögliche Verunreinigung des Sportplatzes

nach dem Ereignis.

d) Vorschläge zur Konfliktbewältigung

• Finanzielle Anreize für die Bereitstellung des Retentionsvolumens schaffen.

• Die Reinigungspflicht der Anlage nach einem Starkregenereignis in die Hand der

Eigentümer legen und diese dafür entschädigen.

e) Rechtliche Betrachtung

Für die Umsetzung bedarf es der Einhaltung der oben allgemein beschriebenen rechtlichen

Rahmenbedingungen (insbesondere des Abwasser- und Baurechts) und natürlich des

Einverständnisses der Eigentümer

f) Beispiele können der separaten Ausarbeitung der HCU entnommen werden.

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TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG

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2. Karten für die Regenwasserbewirtschaftung

2.1 Einleitung

Die dezentrale Versickerung von Regenwasser am Entstehungsort stellt eine wesentliche

und wirkungsvolle Komponente der Regenwasserbewirtschaftung dar, die verschiedenen

Einflussfaktoren und Randbedingungen unterliegt.

Für eine flächendeckende Potentialanalyse der Versickerung und zur Erstinformation für die

Planer von Versickerungsanlagen ist eine GIS-gestützte Analyse dieser Einflussfaktoren und

ihre Bereitstellung von großem Wert. Für verschiedene Städte wurden solche Analysen

bereits durchgeführt und z. T. als Karten veröffentlicht (z.B. Düsseldorf [13], Dortmund [14],

Basel [15], Aachen [16], Dresden [17], Emschergenossenschaft [18]).

Dieser Bericht basiert auf dem folgenden Bearbeitungsstand:

• Abbildungen und zugrunde liegende Datenbankabfrage: Juni 2008

• Aktualisierung der Datenbankanfrage: Juni 2009

2.2 Ziele und Arbeitspakete

Ziel dieses Teilprojektes ist die Entwicklung eines auf die Hamburger Verhältnisse

angepassten Konzeptes zur Erstellung von Karten für die Regenwasserbewirtschaftung

anhand eines Pilotgebietes in Hamburg, Wandsbek-Marienthal. Unter Berücksichtigung der

relevanten Einflussfaktoren sollen die GIS-gestützten Karten Hinweise über die

Möglichkeiten der Versickerung von Niederschlagswasser liefern. Die Arbeiten wurden mit

der Software ArcView 9.3 von ESRI durchgeführt.

Dazu müssen die jeweils für die Einflussfaktoren in Hamburg vorliegenden Daten und

Informationen evaluiert und im Hinblick auf die Versickerung von Niederschlagswasser

analysiert und aufbereitet werden.

Die Karten für die Regenwasserbewirtschaftung sollen vorrangig einer großräumlichen

Bewertung und der Erstinformation dienen. Die konkrete Auswahl und Dimensionierung einer

geeigneten Versickerungsart (z.B. Flächen-, Mulden-, Rigolen- oder Schachtversickerung)

kann für jeden Einzelfall nur unter Hinzuziehung weiterer standortspezifischer Informationen

(z.B. Flächenangebot und -nutzung) und anhand der Ergebnisse evtl. notwendiger in-situ

Untersuchungen erfolgen. Dabei ist ggf. eine Belastung des Niederschlagswassers z.B.

gemäß DWA-Regelwerk A 138 [6] zu berücksichtigen.

Die Vorgehensweise für das Pilotgebiet soll Erkenntnisse und eine Aufwandsabschätzung für

ein flächendeckendes Vorgehen in Hamburg liefern.

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TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG

52

2.3 Einflussfaktoren

Die Karten für die Regenwasserbewirtschaftung konzentrieren sich auf die hydro-

geologischen Einflussfaktoren Boden, Geologie und Grundwasserflurabstand. Soweit Daten

vorliegen, wird auch der mögliche Einfluss von Hang- und Stauwasser berücksichtigt. Neben

diesen grundsätzlich maßgeblichen Randbedingungen müssen bei der Versickerung von

Niederschlagswasser die Hangneigung (Topographie) sowie die Wasserschutzgebiete und

mögliche Altlasten berücksichtigt werden.

2.3.1 Boden

Der Boden übt über die Bodenart (Korngrößenzusammensetzung der mineralischen

Bodensubstanz), die Lagerungsdichte, die Gefügeausbildung und weitere Eigenschaften

maßgeblichen Einfluss auf die örtliche Infiltrationsfähigkeit aus. Diese Bodeneigenschaften

variieren mit der Bodentiefe, ihre Bedeutung kann summarisch über den Parameter

“gesättigte Wasserleitfähigkeit“ (auch Durchlässigkeitsbeiwert oder kf-Wert) quantifiziert

werden. Der kf-Wert wird durch Laboruntersuchungen an ungestörten Proben bestimmt oder

aus in-situ durchgeführten Infiltrationsversuchen abgeleitet. Eine Schätzung des

Durchlässigkeitsbeiwerts aus den oben genannten Bodenmerkmalen ist ebenfalls möglich

(AG Boden [1], siehe Abbildung 2-1). Allerdings sind die aus statistischen Auswertungen

abgeleiteten Schätzwerte mit erheblichen Streuungen versehen [9].

Nach DWA-A 138 wird der entwässerungstechnisch relevante Versickerungsbereich

entsprechend Abbildung 2-1 zwischen kf = 1*10-3 m*s-1 und kf = 1*10-6 m*s-1 festgelegt.

Abbildung 2-1: Durchlässigkeitsbeiwert (kf-Wert) von Lockergesteinen und entwässerungs-

technisch relevanter Versickerungsbereich

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TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG

53

Dies sind überwiegend Sande und Kiese mit geringem Schluff- bzw. Tonanteil. Liegt der

kf-Wert unter 1*10-6 m*s-1, ist die Versickerungsfähigkeit des Untergrundes deutlich

eingeschränkt. Dies trifft auf Schichten mit überwiegend hohem Schluff- und Tonanteil (z.B.

Geschiebelehm und Geschiebemergel) zu. Einen Übergangsbereich stellen die schluffigen

Sande bzw. sandigen Schluffe dar.

Im Vergleich der Schätzwerte der AG Boden gemäß Tabelle 2-1 mit den im DWA-A 138

genannten Anforderungen an die Durchlässigkeit des Bodens, ergibt sich ein ähnliches Bild

wie in Abbildung 2-1. Bei lockerer Lagerungsdichte sind nur die Tone aufgrund zu geringer

Wasserleitfähigkeit ungeeignet. Bei einer stärkeren Verdichtung, wie sie im städtischen

Bereich häufig der Fall ist, reduzieren sich die geeigneten Bodenarten auf die reinen Sande,

die schluffigen und lehmigen Sande sowie die sandigen Lehme.

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54

Tabelle 2-1: Schätzwerte der gesättigten Wasserleitfähigkeit in Abhängigkeit der Kornzusammensetzung und der Rohdichte, aus [1]

Der versickerungsrelevante Bereich nach DWA-A 138 ist grau unterlegt (10-6 m*s-1 < kf-Wert < 10-3 m*s-1).

Ton (< 2 µm, %) Schluff (2-63 µm, %) Sand (63-2000 µm, %) Gesättigte Wasserleitfähigkeit (m/s) Bodenart Minimum Maximum Minimum Maximum Minimum Maximum bei ρt < 1,4 bei 1,4 ≤ ρt < 1,6 bei ρt ≥ 1,6 Ss 0 5 0 10 85 100 4,3E-05 3,9E-05 2,7E-05 Sl2 5 8 10 25 67 85 1,9E-05 1,1E-05 6,0E-06 Sl3 8 12 10 40 48 82 1,1E-05 7,5E-06 3,4E-06 Sl4 12 17 10 40 43 78 1,2E-05 4,9E-06 2,4E-06 Slu 8 17 40 50 33 52 6,9E-06 3,2E-06 1,5E-06 St2 5 17 0 10 73 95 2,1E-05 1,4E-05 7,9E-06 St3 17 25 0 15 60 83 1,3E-05 4,9E-06 2,8E-06 Su2 0 5 10 25 70 90 2,0E-05 1,5E-05 7,6E-06 Su3 0 8 25 40 52 75 1,0E-05 6,8E-06 3,6E-06 Su4 0 8 40 50 42 60 6,7E-06 4,4E-06 2,0E-06 Ls2 17 25 40 50 25 43 6,1E-06 2,7E-06 1,2E-06 Ls3 17 25 30 40 35 53 8,6E-06 2,7E-06 1,3E-06 Ls4 17 25 15 30 45 68 7,9E-06 4,2E-06 1,3E-06 Lt2 25 35 30 50 15 45 3,8E-06 1,5E-06 6,9E-07 Lt3 35 45 30 50 5 35 2,3E-06 8,1E-07 3,5E-07 Lts 25 45 15 30 25 60 3,6E-06 1,2E-06 8,1E-07 Lu 17 30 50 65 5 33 5,2E-06 1,9E-06 6,9E-07 Uu 0 8 80 100 0 20 3,7E-06 1,5E-06 2,3E-07 Uls 8 17 50 65 18 42 5,7E-06 2,3E-06 8,1E-07 Us 0 8 50 80 12 50 4,3E-06 2,5E-06 5,8E-07 Ut2 8 12 65 92 0 27 3,7E-06 1,4E-06 2,3E-07 Ut3 12 17 65 88 0 23 4,7E-06 1,4E-06 3,5E-07 Ut4 17 25 65 83 0 18 5,2E-06 1,5E-06 3,5E-07 Tt 65 100 0 33 0 35 4,6E-07 3,5E-07 2,3E-07 Tl 45 65 15 30 5 40 9,3E-07 6,9E-07 2,3E-07 Tu2 45 65 30 55 0 25 9,3E-07 3,5E-07 2,3E-07 Tu3 30 45 50 65 0 20 2,1E-06 1,0E-06 3,5E-07 Tu4 25 35 65 75 0 10 3,8E-06 1,4E-06 3,5E-07 Ts2 45 65 0 15 20 55 9,3E-07 5,8E-07 3,5E-07 Ts3 35 45 0 15 40 65 1,7E-06 1,3E-06 9,3E-07 Ts4 25 35 0 15 50 75 5,9E-06 4,4E-06 9,3E-07 fS, fSms, fSgs 0 5 0 10 85 100 4,7E-05 3,5E-05 2,3E-05 mS, mSfs, mSgs 0 5 0 10 85 100 7,8E-05 5,7E-05 2,9E-05 gS 0 5 0 10 85 100 2,4E-04 9,7E-05 3,9E-05

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55

Durch die Einbeziehung der bodenkundlichen Schätzwerte in die vorhandenen Informationen

kann eine Karte erstellt werden, anhand derer für jeden Bohrpunkt ersichtlich ist, ob der

Boden – ohne Berücksichtigung ggf. vorhandener Grundwasserstände – für eine

Versickerung geeignet ist (vgl. Abbildung 2-2).

Abbildung 2-2: Punktkarte der Versickerungsfähigkeit der Böden des Beispielgebiets (grün: versickerungsfähig gem. DWA-A 138, rot: nicht versickerungsfähig; kl. Kreise: bis

80 cm Tiefe, mittlere Kreise bis 120 cm, große Kreise: bis 200 cm)

Die Informationen wurden getrennt für die Tiefenstufen 0 cm bis 80 cm, 0 cm bis 120 cm und

0 cm bis 200 cm ausgewertet, wobei in jede Gruppe nur die Profile eingingen, die auch bis

zur jeweiligen Tiefe gebohrt wurden. Die Abbildung 2-2 zeigt deutlich, dass im

überwiegenden Gebiet eine Versickerungsfähigkeit nach DWA-A 138 gegeben ist. Rund

80 % der Punkte weisen eine ausreichende Durchlässigkeit bis in 2 m Tiefe auf. Anhand des

Farbwechsels von grün auf rot bei einigen Positionen kann die Begrenzung der

Versickerungsfähigkeit mit der Tiefe erkannt werden. Die Verteilung der nicht-

versickerungsfähigen Punkte ist relativ gleichmäßig über das Projektgebiet, so dass trotz

örtlicher Konzentration immer wieder einzelne Punkte verminderter Versickerungsfähigkeit in

Teilflächen vorkommen, die ansonsten eine hinreichende Versickerungsfähigkeit aufweisen.

Anhand des Beispielgebietes kann gezeigt werden, dass die Bodeninformationen eine

wertvolle Planungshilfe darstellen, da diese zuverlässig wichtige Einflussfaktoren der

Versickerungsfähigkeit des Bodens wiedergeben und hinreichende Erfahrungen mit der

Umsetzung der Felddaten in Empfehlungen für die Planung bestehen. Da jedoch eine

flächendeckende Bodenkartierung für ganz Hamburg nicht vorliegt, lässt sich die für das

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TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG

56

Beispielgebiet vorhandene Aussagekraft nicht ohne weiteres auf andere Teile der Stadt

übertragen.

2.3.2 Geologie

Geologische Karte

Zur Beurteilung der Versickerungsfähigkeit des Untergrundes gibt die Geologische Karte im

Maßstab 1:5000 (oder als Übersichtskarte im Maßstab 1:50.000) einen ersten Hinweis auf

die generelle Untergrundstruktur.

Abbildung 2-3: Geologische Karte 7038 im Maßstab: 1:5000 (Bildschirmdruck des

ArcView-Projekts)

Die Geologische Karte liegt, zusammengesetzt aus mehreren Einzelkarten, für gesamt

Hamburg vor und basiert auf ca. 250.000 Bohrungen. Die Bohrungsdaten werden im Archiv

des Geologischen Landesamtes (GLA) digital vorgehalten.

Die Geologische Karte beschreibt die geologischen Verhältnisse in 2,0 m Tiefe, d.h. der

Oberbodenbereich wird hier nicht weiter betrachtet. So zeigt diese Flächenkarte, ob in 2,0 m

Tiefe ein versickerungsfähiger Untergrund (z.B. Schmelzwassersand) vorhanden oder ob die

Versickerungsfähigkeit des Untergrundes durch bindige Ablagerungen (z.B. Geschiebelehm

bzw. Geschiebemergel) behindert ist.

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57

Punktkarte des versickerungsfähigen Untergrundes

Eine wesentliche Voraussetzung für die Versickerung von Niederschlagswasser ist die

Durchlässigkeit des Untergrundes. Wie in Kapitel 2.3.1 bereits beschrieben, hängt die

Durchlässigkeit des Untergrunds überwiegend von der Korngröße, der Kornverteilung und

der Lagerungsdichte ab und wird durch den Durchlässigkeitsbeiwert (kf-Wert) ausgedrückt.

Für die weitere Bearbeitung wird über den entwässerungstechnisch relevanten

Versickerungsbereich (nach DWA-A 138 mit kf = 1*10-3 m*s-1 bis kf = 1*10-6 m*s-1) die

Versickerungsfähigkeit des Untergrundmaterials festgelegt. Daraus lässt sich wiederum eine

Punktekarte, basierend auf der Bohrungsdatenbank des GLA, ableiten. Jeder einzelne Punkt

der Fachkarte stellt eine archivierte Bohrung dar. Mit einer mehrstufigen Access-Abfrage

wird die Mächtigkeit der oberflächennahen Sande für jede einzelne Bohrung ermittelt. Die

Abfrage greift auf einzelne Datenfelder einer Oracle-Datenbank zu, die die gesamten

Bohrungsinformationen (Stamm- und Schichtdaten eines Schichtenverzeichnisses)

beinhaltet.

Bei der Access-Abfrage sind nachfolgende Schritte erforderlich:

• Eingrenzung des räumlichen Abfragebereiches (Stammdaten: DK5 oder Hoch- und

Rechtswert)

• Prüfung der Stammdaten (sind Hoch- und Rechtswert sowie Geländehöhe

vorhanden?)

• Abfrage der Schichtdaten der ausgewählten Bohrungen

• Definition der ersten stauenden Schicht als Begrenzung des versickerungsfähigen

Untergrundes. Die stauende Schicht wird über den Hauptmengenanteil (PETH: z.B.

Schluff und Ton) und die Genese (GEN: z.B. Geschiebelehm und Geschiebemergel)

definiert.

• Ausweisung der Bohrungen, die bis zur Endteufe der Bohrung einen durchgehenden

versickerungsfähigen Untergrund aufweisen. Die Aussage zur Versickerungsfähigkeit

wird hier durch die Endteufe der Bohrung limitiert.

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TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG

58

Abbildung 2-4: Abfrageergebnisse zur Mächtigkeit des versickerungsfähigen Untergrundes

(Bildschirmdruck des ArcView-Projekts)

Die Abfrageergebnisse zur Mächtigkeit des versickerungsfähigen Untergrundes können mit

Hilfe eines Geographischen Informationssystems (ArcView / ArcGIS) in frei gewählten

Mächtigkeits- bzw. Tiefenstufen dargestellt werden.

Punktkarte der versickerungsfähigen Tiefen unter Be rücksichtigung des

Grundwasserniveaus

In dieser Fachkarte für die Regenwasserbewirtschaftung wird die tatsächlich zur Verfügung

stehende versickerungsfähige Tiefe als Punktkarte dargestellt. Die versickerungsfähige Tiefe

hängt vom Auftreten der ersten stauenden Schicht und vom Grundwasserstand ab. Als

Grundlage für die weitere Betrachtung werden die Punktkarte des versickerungsfähigen

Untergrundes sowie der Grundwassergleichenplan für den ersten Hauptgrundwasserleiter

herangezogen. Es wird der Grundwassergleichenplan des Nassjahres 1995 [4] verwendet,

der die höchsten Grundwasserstände dieses hydrologischen Jahres berücksichtigt. Bei der

Verschneidung der einzelnen Datenebenen sind die nachfolgenden Schritte erforderlich:

• Durch die topographische Verbindung (ArcView) der Datenebenen wird der zuvor

erzeugten Datentabelle (versickerungsfähiger Untergrund) ein Datenfeld mit dem

nächstgelegenen Grundwasserstand (Grundwassergleichenplan 1995) angefügt.

• Die Datentabelle wird mit dem nächstgelegenen Geländehöhenwert aus dem digitalen

Höhenmodell (hier 10 m-Raster) des Landesbetriebes für Geoinformation und

Vermessung (LGV) ergänzt.

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TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG

59

• Prüfung der Daten auf negative Flurabstände und Abweichungen zwischen den

Geländehöhen (Erfassung rechnerischer Fehler: negative Flurabstände werden mit

einem Platzhalter-Wert versehen)

• Niveauabgleich zwischen der stauenden Schicht und dem entsprechenden

Grundwasserstand. Liegt die Stauschicht über dem Grundwasserstand, begrenzt die

Stauschicht die versickerungsfähige Tiefe. Liegt jedoch der Grundwasserstand über

der Stauschicht, begrenzt das Grundwasserniveau die versickerungsfähige Tiefe.

• Niveauabgleich zwischen Bohrungen, die einen durchgehend versickerungsfähigen

Boden bis zur Endteufe aufweisen und dem ermittelten Grundwasserstand. Liegt der

Grundwasserstand über der Endteufe der Bohrung, begrenzt das Grundwasser die

versickerungsfähige Tiefe. Liegt jedoch der Grundwasserstand unterhalb der Endteufe

der Bohrung, wird die versickerungsfähige Tiefe durch die Endteufe der Bohrung

limitiert.

Die Abfrageergebnisse zur Mächtigkeit der versickerungsfähigen Tiefe können auch hier mit

Hilfe eines Geographischen Informationssystems (ArcView / ArcGIS) in frei gewählten

Mächtigkeits- bzw. Tiefenstufen dargestellt werden.

Abbildung 2-5: Abfrageergebnisse zur Mächtigkeit der versickerungsfähigen Tiefe

(Bildschirmdruck des ArcView-Projekts)

Über das Info-Tool von ArcView ist es möglich, die Tabellendaten jeder einzelnen Bohrung

direkt abzufragen. Dies ermöglicht einen schnellen Zugriff auf die Detailinformationen jeder

Bohrung.

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TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG

60

2.3.3 Grundwasserflurabstand

Die Differenz aus der Geländeoberfläche und der Grundwasseroberfläche bzw. –druckfläche

ist der Flurabstand. Für die Berechnung der verschiedenen Flurabstände wurden jeweils die

Geländehöhendaten (hier 50 m-Raster) des LGV als oberes Bezugsniveau verwendet.

Flurabstand zur Grundwasseroberfläche

Bei der Berechnung des Flurabstandes zur Grundwasseroberfläche [5] ist zu unterscheiden,

ob es sich im ersten Hauptgrundwasserleiter um gespanntes oder freies Grundwasser

handelt. Dazu wurde der Grundwassergleichenplan des Nassjahres 1995 [4] verwendet, der

die höchsten Grundwasserstände zwischen 1980 und 1999 repräsentiert. Gespannte

Verhältnisse liegen vor, wenn der erste Hauptgrundwasserleiter im geologischen Profil durch

eine wasserundurchlässige Deckschicht begrenzt wird und gleichzeitig die

Grundwasserdruckfläche im Niveau dieser Deckschicht liegt. Bei der Bearbeitung wurden

außerdem mehr als 6.000 Bohrungen mit Hilfe von Profiltypenkarten auf diesen Sachverhalt

hin untersucht. Lagen gespannte Verhältnisse vor, wurde der dem Bohrpunkt zugeordnete

Grundwasserstand auf die Basishöhe der Deckschicht herabgesetzt. Bei ungespannten

Verhältnissen liegt der Grundwasserstand unterhalb der Deckschicht oder es ist keine

Deckschicht vorhanden, folglich muss der Wasserstand nicht angepasst werden.

Abbildung 2-6: Flurabstand zur Grundwasseroberfläche (Bildschirmdruck des ArcView-

Projekts)

Die so erzeugte Flurabstandskarte der Grundwasseroberfläche (vgl. Abbildung 2-6) weist

klassifizierte Flächen des Flurabstandes aus.

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TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG

61

Flurabstand zur Grundwasserdruckfläche

Bei der Berechnung des Flurabstandes zur Grundwasserdruckfläche findet keine

Unterscheidung zwischen gespanntem oder freiem Grundwasser statt. Die

Grundwasserdruckfläche wird durch den Grundwassergleichenplan des Nassjahres 1995 [4]

beschrieben.

Abbildung 2-7: Flurabstand zur Grundwasserdruckfläche (Bildschirmdruck des

ArcView-Projekts)

Die erzeugte Flurabstandskarte der Grundwasserdruckfläche [5] weist Isolinien des

Flurabstandes auf. Der Wertebereich für das Pilotgebiet Marienthal reicht von 0 m bis 11 m

(Äquidistanz = 1 m), wobei die Abstufungen 0,25 m und 0,5 m mitgeführt werden.

Talstrukturen treten deutlich mit geringen Flurabständen hervor. Besonders in diesen

Bereichen kann es zu negativen Flurabständen kommen, wenn einzelne kleine

Oberflächengewässer bei der Konstruktion des Grundwassergleichenplans nicht als

vorflutwirksam berücksichtigt wurden.

2.3.4 Stauwasser

Anhand von bodenkundlichen Untersuchungen wird ersichtlich, in welchem Maße der

örtliche Boden durch den Einfluss von Grund- oder Stauwasser geprägt wurde. Diese

Informationen sind wiederum für die Frage der Regenwasserversickerung von erheblicher

Bedeutung, da unabhängig von der Infiltrationsfähigkeit des Oberbodens wasserführende

Schichten in der Tiefe die Wasseraufnahmefähigkeit des Bodens stark begrenzen können.

Die Abbildung 2-8 zeigt die Intensität des Wassereinflusses. Im Pilotgebiet Marienthal gibt es

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nur wenige Bereiche, in denen bereits oberbodennah Wasser festgestellt wurde (blaue und

türkise Kreise, z. B. südlich Rodigallee, südwestlich Horner Kreisel).

Abbildung 2-8: Karte des Grund- oder Stauwassereinflusses

(weiß: kein Wassereinfluss; blau: Einfluss oberhalb 0,4 m; türkis: Einfluss

zw. 0,4 – 0,8 m; gelb: Einfluss zw. 0,8 – 1,2 m; orange: Einfluss zw. 1,2 – 1,6

m; rot: Einfluss unter 1,6 m)

Die Informationen zum Stau- bzw. Hangwassereinfluss werden ebenfalls aus den Daten der

Stadtbodenkartierung (vgl. Kapitel 2.3.1) gewonnen und finden als Punktinformationen

Berücksichtigung in der Versickerungspotentialkarte für das Pilotgebiet Marienthal.

2.3.5 Hangneigung

Mit zunehmender Hangneigung ergeben sich Probleme für die dezentrale

Regenwasserbewirtschaftung. Die Hangneigung beeinflusst die Dimensionierung und den

Bauaufwand und damit die Wirtschaftlichkeit von Regenwasserbewirtschaftungsanlagen.

Darüber hinaus muss bei Hanglagen die Gefahr von Hangwasser im Unterliegerbereich und

von Hangrutschungen durch die Speicherung und / oder Versickerung von

Niederschlagswasser beachtet werden. In Anlehnung an die Arbeitskarte aus Dortmund [14]

kommt zur Berücksichtigung des Einflussfaktors Hangneigung die in Tabelle 2-2 angeführte

Klassifikation zur Anwendung.

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TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG

63

Tabelle 2-2: Klassifikation der Hangneigung

Hangneigung Einfluss auf die Versickerungsmaßnahme

< 5 % keine Einschränkung

5 % – 7,5 % mittlerer Erstellungsaufwand, mögliche Gefahr von Quellwasser

7,5 % – 12 % hoher Erstellungsaufwand, Nutzbarkeit potentieller Bewirtschaftungsflächen reduziert, erhöhte Gefahr von Stau- und Hangwasser

> 12 % unwirtschaftlich, keine Standardlösung

Der Einfluss der Hangneigung ist im Einzelfall zu bewerten. Die klassifizierte und graphische

Darstellung in den Karten für die Regenwasserbewirtschaftung soll dazu einen ersten

Hinweis liefern. Die Grundlage für die Ermittlung dieses Einflussfaktors bildet ein digitales

Geländemodell (DGM), aus dem die Hangneigung berechnet und klassifiziert wird. Die

Datengrundlage für das DGM sind die digitalen Höhendaten des LGV Hamburg aus der

flugzeuggestützten Laserscanvermessung [10].

2.3.6 Wasserschutzgebiete

Als eine Schwerpunktaufgabe des vorbeugenden Grundwasserschutzes wurden seit 1990

durch den Senat fünf Wasserschutzgebiete (WSG) festgesetzt. Damit wurde die Vielzahl der

Hamburger Trinkwassergewinnungsgebiete unter besonderen Schutz gestellt, weil hier der

natürliche Schutz der genutzten Grundwasservorkommen durch die überlagernden Gestein-

Schichten nicht ausreicht.

Die Fläche der einzelnen Wasserschutzgebiete liegt zwischen 3 km² und 47 km². Insgesamt

wurden 88 km² (ca. 11 % der Hamburger Landesfläche) besonders geschützt. Für das

Wasserwerk Eidelstedt / Stellingen steht die Festsetzung des erforderlichen

Wasserschutzgebietes noch aus (vgl. Kapitel 3.3).

Tabelle 2-3: Wasserschutzgebiete in Hamburg

Wasserschutzgebiet seit Fläche in km²

Baursberg 1990 10

Süderelbmarsch / Harburger Berge 1994 47

Curslack / Altengamme 1998 24

Langenhorn / Glasshütte 2000 3

Billstedt 2001 4

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TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG

64

Die Schutzgebiete gliedern sich in der Regel in die Schutzzonen I, II und III. Mit Inkrafttreten

der Schutzgebietsverordnung gelten in den jeweiligen Wasserschutzgebieten besondere

Nutzungsbeschränkungen und Verbote.

Gemäß Niederschlagswasserversickerungsverordnung [7] entfällt bei der Versickerung von

Niederschlagswasser von Wohngrundstücken und befestigten Flächen in Hamburg die

bisher nach dem Wasserhaushaltsgesetz notwendige wasserrechtliche Erlaubnis, sofern

nicht mehr als 250 m² befestigte Fläche an die Versickerungsanlage angeschlossen sind.

Eine Versickerung ist nur außerhalb der Zonen I und II von Wasserschutzgebieten sowie

außerhalb von Altlast- und Altlastverdachtsflächen möglich. Für die Versickerung von

Niederschlagswasser, das auf größeren Wohngrundstücken (> 250 m²) und Nicht-

Wohngrundstücken, insbesondere also auch auf gewerblichen Flächen anfällt, sind

wasserrechtliche Erlaubnisse und Ausnahmegenehmigungen gemäß der jeweils geltenden

Wasserschutzgebietsverordnung einzuholen (vgl. Kapitel 3.2). Je nach Flächennutzung sind

insbesondere Anforderungen an die Vorreinigung des Niederschlagswassers und an die

Versickerungsanlage einzuhalten.

2.3.7 Altlasten

Auf Grund von Jahrhunderte langer gewerblich-industrieller Nutzung sowie

Kriegseinwirkungen besteht in Hamburg auch heute noch vielfach der Verdacht, dass Boden

und Grundwasser mit Schadstoffen belastet sein können. Untersuchungen der

entsprechenden Altlastverdachtsflächen (AVF) umfassen ggf. eine Risikoabschätzung, die

Klärung von Haftungsfragen sowie das Entwickeln, Durchführen und Anordnen von

Sanierungsmaßnahmen. Maßgebend ist insbesondere das 1998 in Kraft getretene Bundes-

Bodenschutzgesetz (BBodSchG).

Seit Beginn des Flächensanierungsprogramms im Jahr 1979 sind inzwischen ca. 1.900 AVF

und 470 Altlasten untersucht worden, wovon sich noch ca. 20 % in der Bearbeitung befinden.

Bis zum Jahr 2010 soll die Bearbeitung von öffentlichen Altlastverdachtsflächen

abgeschlossen sein.

In der Abteilung Bodenschutz / Altlasten (BSU – U 2) werden Informationen über alle AVF in

einem Altlasthinweiskataster registriert, für die Hinweise auf Verunreinigungen vorliegen.

Diese Angaben zur Lage und Größe der Fläche, Schadstoffinventar, Klassifikation der

Fläche und evtl. bereits eingetretene Schäden etc. können aus datenschutzrechtlichen

Gründen bislang nicht in den Karten für die Regenwasserbewirtschaftung veröffentlicht

werden. Im Rahmen der Erkundung von Versickerungsmöglichkeiten von

Niederschlagswasser auf Grundstücken ist diesbezüglich daher generell eine Einzelabfrage

erforderlich.

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65

2.4 Geoinformationssystem, GIS

In diesem Kapitel wird die Systematik der Verschneidung und Überlagerung der einzelnen

Einflussfaktoren zu einem Gesamtbild der für die Versickerung geeigneten Flächen

vorgestellt. Die Systematik orientiert sich im Wesentlichen an den methodischen Ansätzen

der in Kapitel 2.1 genannten Bewirtschaftungs- oder Versickerungskarten. Anders als

beispielsweise mit der Bewirtschaftungsartenkarte im Emscherraum soll mit der Hamburger

Karte keine detaillierte Auskunft über die mögliche Versickerungsart gegeben werden.

Vielmehr steht die generelle Frage nach der Möglichkeit der Versickerung im Mittelpunkt.

Aus diesem Grund wird der Begriff „Versickerungspotentialkarte“ für Hamburg eingeführt. Die

konkrete Form der letztendlich gewählten Versickerungsart ist von zahlreichen weiteren

Randbedingungen abhängig, die im Rahmen dieser Karte nicht umfassend berücksichtigt

werden können und sollen (z.B. Flächennutzung und –Verfügbarkeit, Versiegelungsgrad,

etc.). Die in der Punktkarte der versickerungsfähigen Tiefe (vgl. Kapitel 2.3.2) enthaltenen

nicht eindeutigen Bohrungsdaten werden entsprechend einer erarbeiteten Systematik

aufbereitet. Dieser Aufbereitung liegt die Annahme zugrunde, dass der

Grundwasserflurabstand ≥ 3,0 m kein beschränkendes Kriterium für die Versickerung von

Niederschlagswasser darstellt:

Tabelle 2-4: Bemessung von Anlagen zur Versickerung in Anlehnung an DWA-A 138 [3]

Versickerungsmaßnahme Bauliche Anforderungen

Summe der Schichten

GW-Flurabstand

Flurabstand gesamt

Flächenversickerung > 1,0 m > 1,0 m

Muldenversickerung

- Einstauhöhe < 0,3 m

- Oberboden > 0,1 m 0,5 m > 1,0 m > 1,5 m

Mulden-Rigolen-Element und Mulden-Rigolen-System

- Einstauhöhe < 0,3 m

- Oberboden > 0,1 m

- Sandschicht > 0,1 m

- Rigole ca. 0,5 m 1,0 m > 1,0 m > 2,0 m

frostsicher 1,5 m > 1,0 m > 2,5 m

Versickerungsschacht

- Sickerschacht > 1,0 m

- Filterschicht 0,5 m 1,5 m > 1,0 m > 2,5 m

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TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG

66

Aufbauend auf der überarbeiteten Punktekarte werden die vorhandenen Punktinformationen

mit ArcView in die Fläche übertragen.

Erstellung der Flächenwerte

ArcView bietet über das Tool „3D Analyst“ die Möglichkeit, aus Punktdaten Flächendaten zu

erstellen. Hierzu wird in einem Zwischenschritt ein TIN (triangulated irregular network) mit

den Werten des Feldes „VersTiefe“ berechnet, aus dem im nächsten Schritt ein Raster

gebildet wird. Da die „VersTiefe“ in einigen Fällen der Endteufe der Bohrung entspricht und

diese über 50 m betragen kann, wird die „VersTiefe“ auf 15 m begrenzt, um starke Sprünge

der Versickerungstiefe zwischen den einzelnen Bohrpunkten zu vermeiden. Die Wahl des

Grenzwertes von 15 m orientiert sich frei an der Häufigkeitsverteilung der Bohrtiefen.

Klassifizierung der Flächenwerte

Anhand der Tabelle 2-4 wird die folgende dreistufige Einteilung der Versickerungstiefe und

der daraus resultierenden Versickerungsmaßnahmen bzw. das daraus resultierende

Versickerungspotential abgeleitet:

Tabelle 2-5: Versickerungsmaßnahme in Abhängigkeit der Versickerungstiefe

Versickerungstiefe Versickerungsmaßnahme

<= 1,0 m keine Versickerung möglich

<= 2,0 m Flächen- oder Muldenversickerung

> 2,0 m keine Einschränkungen*

*gilt nicht für die Schachtversickerung

Da die endgültige Wahl des Versickerungssystems stark von weiteren Einflussfaktoren, wie

z.B. die Flächenverfügbarkeit auf dem betrachteten Grundstück, abhängig ist, beschränken

sich die in der Karte gegebenen Empfehlungen auf die unter Beachtung der

hydrogeologischen Randbedingungen möglichen Versickerungsarten bzw. Einschränkungen.

In Abbildung 2-9 werden die aus den Punktdaten interpolierten Polygonflächen, die

entsprechend der Tabelle 2-5 klassifiziert sind, dargestellt. Die Versickerungspotentialkarte

ist hier bereits um die Bereiche mit hohen Grundwasserständen (Flurabstand ≤ 1,0 m)

ergänzt (vgl. auch Folgekapitel).

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67

Abbildung 2-9: Auszug der Versickerungspotentialkarte für das Pilotgebiet Marienthal

(Bildschirmdruck des ArcView-Projekts)

2.4.1 Verschneidung und Überlagerung mit den weiteren Einflussfaktoren

Im Rahmen der vorliegenden Studie wird keine Verschneidung der hydrogeologischen

Randbedingungen mit den weiteren Einflussfaktoren wie Stauwasser oder Hangneigung

durchgeführt. Dies hat den wesentlichen Vorteil, dass die beschränkenden Faktoren direkt

identifiziert werden können und nicht in einer allgemeinen Tabelle verloren gehen.

Stauwasser

Die Grundlage der Informationen zum Stauwassereinfluss bilden 1.231 Bohrungen der

Stadtbodenkartierung, 45 Profildaten aus der Kartierung der Parkflächen und die Auswertung

von 37 Musterprofilen der Bodenschätzung, die in drei Datenbanken bei der BSU, Abteilung

Bodenschutz vorliegen. Insgesamt sind somit für das Projektgebiet 1.313 Punktinformationen

zum Stauwassereinfluss vorhanden.

Die Einbindung dieser Informationen erfolgt lediglich als Punktinformation, da die

Datendichte für eine Interpolation in die Fläche nicht ausreichend ist.

Hangneigung

Die Gelände- oder Hangneigung wird aus dem Digitalen Geländemodell des Projektgebiets

mit Hilfe des Spatial Analyst Tools „Slope“ in ArcView berechnet und entsprechend der

Tabelle 2 klassifiziert.

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TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG

68

Abbildung 2-10: Versickerungspotentialkarte mit Geländeneigung (Bildschirmdruck des

ArcView-Projekts)

Sowohl das digitale Geländemodell als auch die Hangneigung werden dem ArcView-Projekt

als Shape hinzugefügt und können bei Bedarf ein- und ausgeblendet werden. Die

Geländeneigung spielt hinsichtlich des Versickerungspotentials im Pilotgebiet keine große

Rolle. Große Geländeneigungen (> 10 %) treten hauptsächlich an Straßen- und

Bahndämmen sowie am Gewässerrand auf (vgl. Abbildung 2-10).

Wasserschutzgebiete (WSG)

Das Projektgebiet liegt im Süd-Osten innerhalb der Zone III des Wasserschutzgebietes

Billbrook / Billstedt (vgl. Abbildung 2-11), die keinen Einfluss auf das Versickerungspotential

hat. Die Versickerung ist lediglich in den Zonen I und II nicht gestattet, für die Zone III ist hier

unter bestimmten Randbedingungen eine wasserrechtliche Erlaubnis erforderlich

(vgl. Kapitel 2.3.6 und Kapitel 3.2).

Grundsätzlich ist sowohl die Verschneidung als auch die einfache Überlagerung der

Versickerungskarte mit den Wasserschutzgebieten, Zone I und II möglich. Bei der

Verschneidung wird zunächst der entsprechende Bereich für das Projektgebiet aus dem

WSG-Layer für ganz Hamburg ausgeschnitten (Reduzierung des Datenumfangs) und

anschließend mit dem Analysis Tool „Union“ mit dem „Versickerunsgpotentiallayer“ vereinigt.

Über ein eingefügtes Feld erfolgt die Abfrage, ob das Polygon in der WSG-Zone I oder II

liegt. Ist dies der Fall, so wird die Versickerungstiefe gleich Null gesetzt. Andernfalls bleibt sie

erhalten (entspricht WSG-Zone III).

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69

Altlasten

Eine flächenhafte Berücksichtigung möglicher Altlasten oder Altlastverdachtsflächen ist

bislang aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht möglich (vgl. Kapitel 2.3.7).

Bereiche mit hohen Grundwasserständen

Zusätzlich zu der bereits durchgeführten Verschneidung der Bohrungsdaten mit den

Grundwasserflurabständen (aus dem Grundwassergleichenplan) werden Gebiete mit hohen

Grundwasserständen separat über einen eigenen Shape (Basis: Flurabstand Druckfläche,

GLA) ausgewiesen (vgl. Abbildung 2-11). Hierfür wird die Karte des Flurabstands zur

Grundwasserdruckfläche auf die Bereiche reduziert, in denen der Flurabstand ≤ 1,0 m

beträgt.

Abbildung 2-11: Versickerungspotentialkarte mit hohen Grundwasserständen und dem

Wasserschutzgebiet Billbrook/Billstedt, Zone III (Bildschirmdruck des

ArcView-Projekts)

Durch die zusätzliche Ausweisung der Bereiche mit hohen Grundwasserständen wird für den

Fachplaner direkt ersichtlich, weshalb in dem betroffenen Bereich eine Bewirtschaftung

(Versickerung) nicht möglich ist.

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70

2.4.2 Anwendung der Karten

Die erstellte Versickerungspotentialkarte für das Pilotgebiet Marienthal im Bezirk Wandsbek

ermöglicht eine gute Einschätzung der natürlichen Versickerungsmöglichkeit in hoher

Auflösung. Durch die Anzeige der verwendeten Bohrpunkte kann die zugrunde liegende

Datendichte für jeden Bereich unmittelbar abgelesen und damit auch eine Einschätzung der

aus der Interpolation resultierenden Unsicherheiten vorgenommen werden.

Die Versickerungspotentialkarte stellt die Grundlage für die Erarbeitung von großräumigen

Konzepten zur dezentralen naturnahen Regenwasserbewirtschaftung in Hamburg dar. In

Einzelfällen, d.h. bei einer ausreichenden Bohrungsdichte können auch kleinräumige

Empfehlungen und Detailplanungen anhand der Karte vorgenommen werden. Die Karte

ersetzt jedoch nicht die für eine Dimensionierung von Versickerungsanlagen erforderlichen

in-situ Untersuchungen zur Beurteilung der Versickerungsfähigkeit des Bodens vor Ort. Die

in der Karte gegebenen Empfehlungen zur Wahl des Bewirtschaftungssystems basieren auf

der aus den Bohrungsdaten ermittelten und interpolierten versickerungsfähigen Tiefe des

Untergrunds. Die Flächenverfügbarkeit und das eventuell erforderliche Speichervolumen

sind Randbedingungen, die in der Karte nicht berücksichtigt werden. Entscheidend ist auch

der tatsächlich vorhandene kf-Wert des Untergrundes. Die Karte gibt hier einen Hinweis auf

die wahrscheinliche Bandbreite (1*10-3 m*s-1 ≤ kf ≤ 1*10-6 m*s-1)

Bei der Wahl des Versickerungssystems ist in jedem Fall neben den hydrogeologischen

Randbedingungen auch die Belastung des Niederschlagswassers z.B. gemäß

DWA-Regelwerk A 138 zu berücksichtigen.

2.5 Verifizierung

Zur Verifizierung der erstellten Versickerungspotentialkarte stehen verschiedene

Möglichkeiten zur Verfügung, die nachfolgend kurz erläutert werden.

2.5.1 Abgleich mit der Bewirtschaftungsartenkarte aus dem Projekt UWC

Die Bewirtschaftungsartenkarte der Ingenieurgesellschaft Prof. Dr. Sieker mbH (IPS) ist im

Rahmen des EU-Projektes Urban Water Cycle (UWC) unter anderem für das Pilotgebiet

Marienthal erstellt worden. Grundlage ist hier in erster Linie die Geologische Übersichtskarte

(Baugrundübersicht) im Maßstab 1:50.000, anhand derer die möglichen

Bewirtschaftungsarten bestimmt werden (vgl. Abbildung 2-12). Eine detaillierte

Vorgehensbeschreibung liegt nicht vor. Der Grundwassereinfluss wird lediglich durch die

Ausweisung einiger Gebiete mit hohen Grundwasserständen (Flurabstand < 1,0 m)

berücksichtigt. In der Karte sind diese Bereiche als blau schraffierte Flächen dargestellt

(vgl. Abbildung 2-12). Die von IPS verwendeten Flurabstände mit unbekannter Quelle

stimmen nicht mit den Daten des aktuellen Projektes überein.

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TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG

71

Abbildung 2-12: Bewirtschaftungsartenkarte im EZG Marienthal (links, Quelle: IPS, 2005) und

Karte der Baugrundübersicht (rechts, Quelle: GLA)

Die Bewirtschaftungsartenkarte der IPS weist nahezu für das gesamte Projektgebiet die

Bewirtschaftungsarten „Versickerungsmulden“ (dunkelgrüne Fläche) bzw. „Mulden-Rigolen-

Elemente“ (hellgrüne Flächen) auf. Lediglich im Bereich der Wandse wird die

Bewirtschaftung aufgrund der Bodenverhältnisse (Torf / Moor / Mudde) ausgeschlossen.

Die Verifizierung der neuen Versickerungspotentialkarte des KHW erfolgt hier anhand eines

optischen Vergleichs der beiden Kartenwerke (IPS – KHW). Zusätzlich wird die IPS-Karte

anhand einer Überlagerung mit den Bohrpunkten und den angezeigten

Versickerungsanlagen (vgl. Abbildung 2-13) verifiziert und bezüglich ihrer Aussagekraft

beurteilt.

Im Vergleich mit der IPS-Karte erlauben die Bohrungsdaten eine differenziertere und

detailliertere Beurteilung der geologischen Situation in Bezug auf die Versickerungsfähigkeit

(vgl. Abbildung 2-13). Da die IPS-Karte sich wie beschrieben lediglich an der Baugrundkarte

orientiert, erfolgt die Ausweisung der möglichen Bewirtschaftungsarten relativ

flächenunscharf. Eine Berücksichtigung möglicher Linsen oder Inhomogenitäten erfolgt nicht.

Durch die Einbeziehung der Flurabstände aus dem Grundwassergleichenplan im Rahmen

des TP 2 entsteht ein zusätzlicher Informationsgewinn im Vergleich zur IPS-Karte.

Abweichungen zwischen der IPS-Karte und den Bohrungen treten insbesondere im Bereich

der Wandse auf (vgl. Abbildung 2-13). Während die IPS-Karte hier keine

Bewirtschaftungsmöglichkeiten sieht, weisen die Bohrpunkte im westlichen Bereich zum Teil

versickerungsfähige Tiefen von über 2,0 m auf. In weiten Teilen des Projektgebietes

kommen beide Kartenwerke jedoch zu ähnlichen Aussagen, lediglich die räumliche

Auflösung ist bei Verwendung der Bohrungsdaten höher.

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Abbildung 2-13: Karte des Regenwasserbewirtschaftungspotenzials im EZG Marienthal

(Quelle: IPS, 2005) mit Bohrungsdaten (GLA) und angezeigten

Versickerungsanlagen (Bildschirmdruck des ArcView-Projekts)

Im so genannten „Wasserbuch“ der BSU werden die angezeigten Anlagen zur Versickerung

von Niederschlagswasser (vgl. Kapitel 2.3.6) geführt. Neben den Koordinaten- und

Adressangaben sind zum Teil auch Informationen zu der Art der Versickerungsanlage in der

Auflistung des Wasserbuchs enthalten. Im Projektgebiet der IPS-Karte liegen 21 der

angezeigten Versickerungsanlagen. Wie der Abbildung 2-13 zu entnehmen ist, stimmen die

angezeigten Versickerungsanlagen gut mit der Versickerungsaussage der IPS-Karte

überein, allerdings liegen 3 Anlagen in einem Bereich mit geringem Flurabstand. Da nur in

wenigen Fällen Informationen zur Art der genehmigten Versickerungsanlage (hier: 3 Mal

Sickerrohrstrang) vorhanden sind, ist ein Abgleich mit der in der IPS-Karte gegebenen

Empfehlung zur Bewirtschaftungsart nicht möglich.

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TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG

73

2.5.2 Abgleich mit den angezeigten und genehmigten Anlagen zur Versickerung

von Niederschlagwasser

In der Abbildung 2-13 sind die angezeigten Anlagen zur Versickerung (rote Kreise) aus dem

Wasserbuch der BSU für das Projektgebiet der erstellten Versickerungspotentialkarte

abgebildet. Grundsätzlich weisen die angezeigten Versickerungsanlagen (46 Stück) eine

gute Übereinstimmung mit der Versickerungspotentialkarte auf. Lediglich 4 Anlagen befinden

sich in einem Bereich, der in der Karte als nicht geeignet für die Versickerung ausgewiesen

wird (vgl. Abbildung 2-13). Ein Beispiel dieser Anlagen ist nachfolgend in der Abbildung 2-14

exemplarisch angeführt:

Abbildung 2-14: Beispiel für angezeigte Versickerungsanlage gem. Wasserbuch der BSU

Die angezeigte Versickerungsanlage liegt entsprechend der Versickerungspotentialkarte im

Grenzbereich zwischen versickerungsfähigen und als nicht versickerungsfähig eingestuftem

Untergrund. Die Bohrungsdaten unterhalb der angezeigten Anlage weisen eine sehr geringe

versickerungsfähige Tiefe des Bodens auf, während die Bohrung links direkt neben der

Anlage rund 0,4 m über dem gesetzten Grenzwert von min. 1,0 m liegt. Es wird deutlich,

dass die letztendliche Vor-Ort-Untersuchung nicht durch ein Kartenwerk ersetzt werden

kann.

Die überwiegende gute Übereinstimmung mit den angezeigten Anlagen macht aber auch

deutlich, dass mit der Versickerungspotentialkarte ein sehr guter erster Überblick über ein

bestimmtes Gebiet gegeben werden kann. Durch die Verschneidung und Verbindung einer

Vielzahl von Daten in einem Dokument können je nach Daten- und Bohrungsdichte im

bestimmten Gebiet zum Teil sehr differenzierte Aussagen zum Versickerungspotential

getroffen werden.

Eine weitere Verifizierungsmöglichkeit der erstellten Versickerungspotentialkarte mit den

Daten des Wasserbuchs besteht über den Abgleich der eingetragenen

Versickerungsanlagen mit den in der Karte gegebenen Empfehlungen zur Versickerungsart.

Für das Projektgebiet liegen jedoch nur 8 Einträge mit einem Hinweis auf die Art der

Versickerungsanlage (4 Sickerschächte, 4 Sickerrohrstränge) vor. Die 4 Sickerschächte

liegen alle in Gebieten, die in der Versickerungspotentialkarte die Einstufung „keine

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TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG

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Einschränkung“ aufweisen. Einer der 4 Sickerrohrstränge liegt in einem Bereich, der laut

Karte als nicht versickerungsfähig eingestuft wird.

In anderen Gebieten Hamburgs, für die eventuell detaillierte Angaben zu den angezeigten

Versickerungsanlagen vorliegen, kann dieser Abgleich deutlich an Aussagekraft gewinnen.

Bei der Kartenerstellung für ganz Hamburg (vgl. Kapitel 2.6) sollte dieses Vorgehen

berücksichtigt werden.

2.5.3 Abgleich mit dem verminderten Gebührensatz ohne Regenwasseranteil

Der Abgleich mit den Daten zur verminderten Gebühr (1.478 Datensätze) von

HAMBURG WASSER ist weniger aufschlussreich, da es sich hier vielfach um Grundstücke

handelt, die nicht an ein Regensiel, sondern einen Entwässerungsgraben angeschlossen

sind und dadurch die verminderte Gebühr zahlen. Die Daten können daher keine generellen

Hinweise auf das Vorhandensein von Anlagen zur Niederschlagsversickerung liefern.

Abbildung 2-15: Versickerungspotentialkarte mit angezeigten Versickerungsanlagen und

verminderter Gebühr (Bildschirmdruck des ArcView-Projekts)

Insgesamt liegen hier rund 240 Grundstücke im nicht versickerungsfähigen Bereich, wobei

dies keine Rückschlüsse auf die Qualität der Karte erlaubt. In einigen Fällen gibt es

Übereinstimmungen mit den angezeigten Versickerungsanlagen.

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TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG

75

2.5.4 Ausblick: Verifizierung im Bestand

Neben der durchgeführten Verifizierung mit vorhandenen Daten wird ein Praxistest vor Ort

für sinnvoll und erforderlich erachtet. Die angezeigten Anlagen zur

Niederschlagsversickerung aus dem Wasserbuch der BSU sollten begutachtet, mit der

Versickerungspotentialkarte verglichen und rückgekoppelt werden.

Dieses Vorgehen sollte für das Projektgebiet zunächst für die Bereiche durchgeführt werden,

in denen es zu Abweichungen zwischen den angezeigten Anlagen und der Karte kommt.

Die Rückkopplung zwischen Versickerungspotentialkarte und tatsächlicher Anlage ist zu

dokumentieren, um ein mögliches Verbesserungspotential ableiten zu können.

2.6 Erstellung der Karte für ganz Hamburg

Das hier entwickelte und vorgestellte Verfahren ist grundsätzlich für ganz Hamburg

anwendbar. Die Aussagekraft der Versickerungspotentialkarte für ganz Hamburg wird

aufgrund der unterschiedlichen Datendichte für einzelne Bereiche Hamburgs variieren.

Durch die direkte Anzeige der Bohrungsdaten als Punktinformation ist jedoch sofort

ersichtlich, wie hoch die Datendichte der wesentlichen Eingangsgröße ist. Unsicherheiten

der Karte sind schnell erkennbar und durch die Zoom-Möglichkeiten in ArcView / ArcGIS wird

vermieden, eine falsche Genauigkeit vorzugeben.

2.6.1 Boden

Anhand des Beispielgebietes kann gezeigt werden, dass die Bodeninformationen eine

wertvolle Planungshilfe für die Frage der Versickerungsfähigkeit darstellen. Da jedoch eine

flächendeckende Bodenkartierung nicht vorliegt (diese wurde nur für einige ausgewählte

Flächen in Hamburg durchgeführt) lässt sich die für das Beispielgebiet vorhandene

Aussagekraft nicht auf andere Teile der Stadt übertragen.

2.6.2 Geologie

Für das Pilotgebiet lässt sich die geologische Situation anhand der Bohrungsdaten gut

wiedergeben. Jedoch sind je nach Region besondere hydrogeologische Randbedingungen

und Einschränkungen zu beachten. Dies gilt insbesondere für die Bereiche der

Aufhöhungsflächen in der Marsch und im Hafenbereich. Hier ist eine detaillierte Prüfung der

Bohrungsdaten erforderlich, da nicht alle Bohrungen direkt verwendet werden können.

Die Bohrungsdaten des GLA liegen in hoher Dichte für weite Teile Hamburgs vor (ca.

250.000 Bohrpunkte), so dass hier kein beschränkendes Kriterium für eine Ausweitung der

Karte für ganz Hamburg vorliegt.

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TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG

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2.6.3 Grundwasserflurabstand

Der Flurabstand zur Grundwasseroberfläche zeigt für Hamburg in den Bereichen der Geest

und der Marsch sehr unterschiedliche Prägungsmerkmale. So wird die Geest durch die

feststehenden Größen der Nichtleiter und der Fließgewässer strukturiert. Für den Bereich

der Harburger Berge mit freiem Grundwasser werden die Geländestrukturen zum prägenden

Element. Im Marschbereich mit gespanntem Grundwasser zeichnen sich neben den

unterschiedlich mächtigen Klei- und Torflagen deutlich die Aufhöhungsflächen in der

Flurabstandkarte ab.

Die Flurabstandskarte der Grundwasserdruckfläche [5] gibt die Oberflächenstrukturen wie

z.B. die Harburger Berge, Spülfelder und Deponien für ganz Hamburg wieder. Talstrukturen

treten deutlich mit geringen Flurabständen hervor. Besonders in diesen Bereichen kann es

zu negativen Flurabständen kommen, wenn einzelne kleine Oberflächengewässer aufgrund

fehlender Daten bei der Konstruktion des Grundwassergleichenplans nicht als vorflutwirksam

berücksichtigt werden können. Die erzeugte Flurabstandskarte für ganz Hamburg weist

Isolinien zwischen 0 m und 80 m auf.

Die Karten zum Grundwasserflurabstand des GLA liegen ebenfalls für ganz Hamburg vor, so

dass hier kein beschränkendes Kriterium für eine Ausweitung der Karte für ganz Hamburg

vorliegt.

2.6.4 Hang- und Stauwasser

Aussagen für ganz Hamburg zum Stau- und Hangwassereinfluss sind nicht möglich, da kein

flächendeckendes Stauwassermessnetz für Hamburg besteht. Es liegen lediglich vereinzelte

Messstellen vor, so dass die vorhandenen Informationen zum Stau- und Hangwassereinfluss

meist aus den bodenkundlichen Untersuchungen resultieren. Diese Daten liegen ebenfalls

nicht flächendeckend vor, sondern beschränken sich auf fünf relativ kleine Gebiete und

enthalten insgesamt 3.279 Bodenprofile.

2.6.5 Hangneigung

Für das Pilotgebiet spielt die Hangneigung in Bezug auf die Versickerungsfähigkeit nur eine

untergeordnete Rolle, so dass hier das DGM 25 ausreichend wäre. Für Teilgebiete

Hamburgs (z.B. Blankenese, Harburger Berge) trifft dies sicherlich nicht zu. Hier ist der

Einfluss der Hangneigung gesondert zu berücksichtigen und das DGM 10 zu verwenden,

welches im Rahmen der Bearbeitung des Pilotgebiets zur Verfügung gestellt wurde.

Das digitale Geländemodell liegt in der 10 m-Auflösung für ganz Hamburg vor und kann für

die Erstellung der Karten verwendet werden. Gegebenenfalls sind einzelne Gebiete mit

einem höher aufgelösten Modell abzubilden. Ein beschränkendes Kriterium für eine

Ausweitung der Karte für ganz Hamburg liegt hiermit nicht vor.

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2.6.6 Altlasten

Die flächenhafte Darstellung der Altlasten- bzw. Altlastverdachtsflächen für ganz Hamburg ist

aus datenschutzrechtlichen Gründen zurzeit nicht möglich. Im Rahmen der Erkundung von

Versickerungsmöglichkeiten von Niederschlagswasser auf Grundstücken ist diesbezüglich

generell eine Einzelabfrage erforderlich.

2.6.7 Pflege und Aktualisierung

Die Versickerungspotentialkarte ist als eigenständiges ArcView-Projekt zu betrachten, es

bestehen also keine ständigen Verbindungen zu den Daten- oder Geoservern bei der BSU.

Daten aus anderen Datenbanken wie z.B. aus der Bohrungsdatenbank werden als

Access-Abfrage-Tabelle eingefügt und sind somit losgelöst von vorhandenen Strukturen bei

der BSU oder bei HW zu betrachten.

Aufgrund der Realisierung der Versickerungspotentialkarte mit ArcView ist auf der anderen

Seite jedoch eine problemlose Einbindung in andere (bestehende) Projekte möglich. So ließe

sich die Versickerungspotentialkarte mit dem Liegenschaftsauskunftssystem bei HW

verknüpfen oder das Grundwassermessnetz der BSU in die Versickerungspotentialkarte

einblenden / einbinden.

Mit den Tools ArcPublisher und ArcReader (kostenlos) können die Karten auch derart

veröffentlicht werden, dass sie an Dritte weitergegeben werden können. Mit ArcPublisher

veröffentlichte Karten können nicht verändert werden, sie sind in etwa mit einem

pdf-Dokument zu vergleichen.

Die Aktualisierung der Versickerungspotentialkarte sollte wenn möglich in Anlehnung an die

Aktualisierung der zugrunde liegenden Kartenwerke (Grundwassergleichenplan,

Bohrungsdatenbank des GLA) erfolgen. Der verwendete Grundwassergleichenplan des

Nassjahres 1995 stellt den höchsten Grundwasserstand im Zeitraum 1980 bis 1999 dar. Ein

Abgleich mit den Grundwasserständen des Nassjahres 2008 wird zeigen, ob die

Aktualisierung des Grundwassergleichenplans erforderlich ist. Sie erfolgt also nur bei Bedarf.

Die Aktualisierung der zugrunde liegenden Bohrungsdatenbankabfrage sollte ebenfalls nach

Bedarf erfolgen. Folgende Fragestellungen sollten dabei berücksichtigt werden:

• Bereiche im Stadtbereich mit vielen neuen Bohrungen?

• Bereiche ohne neue Bohrungen?

Die grundsätzliche Organisation der Pflege und Aktualisierung sind nach der

Kartenerstellung für ganz Hamburg zu organisieren und dafür geeignete Strukturen sind zu

schaffen. Eine Einteilung der Karte z.B. nach Bezirken oder kleinteiliger erscheint sinnvoll,

um die zu bearbeitenden Datenmengen zu begrenzen und die Handhabbarkeit zu erhöhen.

Die genauen Strukturen sowie der Datenaufbau der Versickerungspotentialkarte für ganz

Hamburg sind noch zu klären.

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2.7 Fazit, Empfehlungen und Ausblick

2.7.1 Randbedingungen

Die für die Fragestellung erforderlichen geologischen Daten sind ein wesentliches Kernstück

der Versickerungspotentialkarte. Die Bohrungsdaten, die in hoher Dichte für ganz Hamburg

vorliegen (ca. 250.000 Bohrpunkte) erfordern eine sorgfältige Prüfung. Grundsätzlich ist eine

Plausibilitätskontrolle für die folgenden Punkte durchzuführen:

• Wasserbohrung?

• Rechts- und Hochwert vorhanden? Doppelte Bohrungen?

• Alter der Bohrung insbesondere im Hafenbereich beachten (vor / nach Aufhöhung)!

• Abgleich der Höhenlage der Bohrungsdaten mit der Geländehöhe des DGM 10 (für das

Pilotgebiet ist die max. Höhendifferenz auf 2,0 m gesetzt worden)

Im Rahmen einer erweiterten Access-Abfrage der Bohrungsdatenbank des GLA für ganz

Hamburg wurde festgestellt, dass bei Begrenzung der Abweichung zwischen dem

Geländehöhenwert des DGM und der Datentabelle auf ∆h = 2 m rund 4 % der Bohrungen

ausgeschlossen werden müssen. Es konnte keine Häufung in der Altersstruktur der

Bohrungen oder in der Fläche, z.B. Geest oder Marsch, festgestellt werden. Die Ergebnisse

für das Pilotgebiet Marienthal liegen in ähnlichen Größenordnungen, so dass hier eine gute

Repräsentativität des Projektgebiets für ganz Hamburg gegeben ist.

Mit der erweiterten Abfrage werden künftig zusätzliche Stammdaten aus der

Bohrungsdatenbank mitgeführt wie z.B. Angaben zu der Art der Koordinatenzuweisung, dem

Bohrungsdatum und dem (sofern ermittelten) Grundwasserstand. Hierdurch gewinnen die

Bohrungsdaten an Informationsgehalt und können weitere Hinweise bei Unplausibilitäten

liefern. Die Problematik der doppelten Bohrungen, d.h. mehrere Bohrungen liegen auf dem

gleichen Koordinatenpaar, wird mit der aktualisierten Datenbankabfrage ebenfalls gelöst,

indem diese über eine weitere Abfrage direkt herausgefiltert und nicht in die Tabelle

übernommen werden.

Die vorhandenen Informationen zum Stau- und Hangwassereinfluss aus den

bodenkundlichen Untersuchungen (Stadtbodenkartierung für 3 Bereiche) sollen in jedem Fall

als Punktinformationen in die Versickerungspotentialkarte für Hamburg eingebunden werden.

Eine gut umzusetzende Möglichkeit zur Verbesserung der Datenbasis zum

Stauwassereinfluss wird in der Einbindung von externen Bodengutachten in die vorliegenden

Datenbanken bei BSU U2 und der entsprechenden Auswertung gesehen. Die vorhandenen

Datenbanken bei U2 müssten entsprechend angepasst werden.

Im Rahmen der Optimierung des Grundwassermessnetzes der BSU, die seit 2003 erfolgt,

sind etliche Messstellen ermittelt worden, die zu einem Sondermessnetz „Stauwasser“

zusammengefasst werden könnten. Ein solches Messnetz bzw. die daraus resultierenden

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Informationen würden eine sinnvolle Ergänzung und Vervollständigung der

Versickerungspotentialkarte darstellen. Zudem sind diese Informationen insbesondere für die

Bauleitplanung von großem Interesse. Eine abschließende Entscheidung hierüber ist noch

nicht gefallen. Aufgrund des hohen Kosten- und Zeitbedarfs ist der Aufbau und der Betrieb

eines solchen Messnetzes für ganz Hamburg jedoch als schwierig zu beurteilen.

Chancen für die Verbesserung der Datengrundlage zum Stauwassereinfluss liegen auch in

der Kooperation zwischen der BSU und der Universität Hamburg im Rahmen von Studien-,

Master- und Forschungsarbeiten (z.B. KLIMZUG-Nord, CliSAP). Denkbar ist z.B. die

Entwicklung einer Methodik zur Ableitung des Stauwassereinfluss aus Profiltypenkarten in

Kombination mit Messungen für ausgewählte Pilotgebiete, um den Einfluss der

Stauwasserproblematik auf die Regenwasserbewirtschaftung in Hamburg quantifizieren zu

können. Dabei sollte angestrebt werden, die Erkenntnisse über die Bedeutung des

Stauwassereinflusses mit einem N-A-Modell zu verknüpfen. Es ist zu erwarten, dass zu

einem besseren Verständnis der Stauwasservorgänge noch mehrere aufeinander

aufbauende Untersuchungen notwendig sind. Um die unterschiedlichen Aktivitäten zu

koordinieren, sollte ein amtübergreifendes Koordinationsgremium eingesetzt werden.

Bei der Verschneidung interpolierter Grundwasserstände mit der Morphologie von

Gewässern können rechnerisch negative Flurabstände entstehen. Diese Fehler traten im

Pilotgebiet insbesondere im Bereich des Deepenhorngrabens auf. Zur Klärung negativer

Flurabstände im Bereich von Gewässern sollte die hydraulische Anbindung dieser

Gewässerabschnitte überprüft werden. Eine Möglichkeit stellt die Einbindung von

Niederschlags-Abfluss-Modellen (N-A-Modelle) und der vorhandenen Spiegellinienmodelle

zur Klärung der Vorflutfrage bei der Erstellung des Grundwassergleichenplans dar.

Die Hangneigung kann in Abhängigkeit von der Flächennutzung in Hamburg ganz

unterschiedlichen Einfluss auf die Versickerungsfähigkeit aufweisen. Aus diesem Grunde ist

die Eignung des relativ groben DGM 25 für einzelne Bereiche mit höherer Hangneigung zu

prüfen und ggf. ist hier der Einsatz höher aufgelöster Modelle erforderlich. Für die Erstellung

der Versickerungspotentialkarte für ganz Hamburg wird die Verwendung des DGM 10

empfohlen.

Um Altlasten- und Altlastverdachtsflächen bei der Planung von Versickerungsanlagen

frühzeitig zu berücksichtigen, wäre es wünschenswert, eine pauschalisierte Datenebene der

Ausschlussflächen in das Informationssystem einbinden zu können.

2.7.2 Verifizierung

Eine Möglichkeit zur verbesserten Verifizierung der Versickerungspotentialkarte besteht in

der detaillierten Erfassung der Versickerungsanlagen im Wasserbuch der BSU (Eintrag über

die Art der angezeigten / genehmigten Versickerungsanlage). Hierfür sollte eine

entsprechende Anpassung des Wasserbuchs bzw. eine genauere Eintragung erfolgen. Für

die Verifizierung der Versickerungspotentialkarten sollte das Wasserbuch mindestens die

folgenden Angaben enthalten:

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TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG

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• Adresse bzw. Koordinaten (Rechts- und Hochwert)

• Art der Versickerungsanlage (evtl. als Drop-Down-Menü mit definierter Auswahl:

Mulde, Mulde-Rigole, Schacht, usw.)

• Abmessungen der Versickerungsanlage

• Angeschlossene Fläche (optional)

• Datum der Inbetriebnahme

Die Eignung der HW-Informationen über die verminderte Gebühr zur Verifizierung sollte für

weitere Gebiete geprüft werden.

2.7.3 Anwendung

Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Karte als Arbeitswerkzeug für den Fachanwender in den

Hamburger Behörden, Bezirksämtern und behördennahen Einrichtungen gedacht und

geeignet. Sie ist ohne spezifisches Fachwissen zur Interpretation der Randbedingungen und

Einflussfaktoren nicht direkt lesbar und daher noch nicht für die Öffentlichkeit geeignet.

Die Bereitstellung der Versickerungspotentialkarte über das Internet für die breite

Öffentlichkeit bedürfte einer weiteren umfangreichen Bearbeitung und Pauschalisierung (vgl.

z.B. www.emscher-regen.de), die die Entwicklung einer geeigneten Benutzeroberfläche und

Benutzeranleitung sowie die Anpassung der Maßstäbe und Legende umfasst.

Ein wichtiger Aspekt bei der Erstellung der Versickerungspotentialkarte für ganz Hamburg ist

die Datenhaltung, -organisation, -pflege und -aktualisierung. Hierfür müssen die

entsprechenden Strukturen zum Teil noch geschaffen werden.

2.7.4 Ausblick

Die Versickerungspotentialkarte für ganz Hamburg ist aktuell im Rahmen des Projektes RISA

(RegenInfraStrukturAnpassung, ein Gemeinschaftsprojekt mit drei Jahren Laufzeit bis 2012

von BSU und HAMBURG WASSER) erstellt worden und steht seit Anfang Dezember 2009

bei der BSU zur Verfügung.

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TP2: KARTEN FÜR DIE REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG

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2.8 Literatur

[1] AG Boden (2005): Bodenkundliche Kartieranleitung. 5. Auflage, Hannover

[2] Becker, M., Wessels, K. (2007): Das Bewirtschaftungsinformationssystem Regenwasser. KA –

Abwasser, Abfall 2007 (54) Nr. 6

[3] Becker, M., Raasch, U., Spengler, B. (2002): Das neue Arbeitsblatt ATV-DVWK-A 138 und

seine qualitativen Anforderungen – Auswirkungen auf die Praxis. KA 2002 (XX) Nr. 6

[4] BSU (2008): Auswertung von Grundwasserstandsdaten und digitale Kartenerstellung von

Grundwassergleichenplänen für extreme Grundwasserstände im 1. Hauptgrundwasserleiter.

Gutachten für BSU – U1, erstellt durch M. Schmelling.

[5] BSU (2009): Digitale Erstellung von Flurabstandskarten für extreme Grundwasserstände im 1.

Hauptgrundwasserleiter. Gutachten für BSU – U1, erstellt durch BWS GmbH.

[6] DWA (2005): Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V.

Arbeitsblatt A 138 - Planung, Bau und Betrieb von Anlagen zur Versickerung von

Niederschlagswasser. Hennef, April 2005

[7] FHH (2003): Verordnung über die erlaubnisfreie Versickerung von Niederschlagswasser auf

Wohngrundstücken (Niederschlagswasserversickerungsverordnung) vom 23. Dez. 2003

(HmbGVBl. S. 347, 351)

[8] Kaiser, M. (1998): Die Dortmunder Arbeitskarte zum Regenwassermanagement. Ein

Instrument zur systematischen Nutzbarmachung vorliegender Daten und zur Integration der

naturnahen Regenwasserbewirtschaftung in den städtischen Planungsprozess. Zeitschrift für

Kulturtechnik und Landentwicklung 39, 255-260, 1998

[9] Krahmer, U. et al. (1995): Ermittlung bodenphysikalischer Kennwerte in Abhängigkeit von

Bodenart, Lagerungsdichte und Humusgehalt. Z. Pflanzenernähr. Bodenk. 158: S. 323 – 331.

[10] LGV (2001): 3D-Laserscandaten im 10 m-Raster

[11] Sieker, F. (1997): Möglichkeiten einer naturnahen Regenwasserbewirtschaftung in

Siedlungsgebieten, untersucht und demonstriert am Beispiel der Städte Dortmund und

Zwickau. Schriftenreihe für Stadtentwässerung und Gewässerschutz. Hannover, 1997

[12] Statistikamt Nord (2007): Monitor Wachsende Stadt. Bericht 2007

[13] Umweltamt Landeshauptstadt Düsseldorf: Niederschlagswasserbeseitigungskonzept der

Landeshauptstadt Düsseldorf. Stand Juni 2005

[14] Universität Dortmund, Fakultät Raumplanung, Fachgebiet Landschaftsökologie und

Landschaftsplanung (1999): Arbeitskarte zum dezentralen Regenwassermanagement in

Dortmund. Erläuterungsbericht.

[15] http://www.aue.bs.ch/fachbereiche/gewaesser/grundwasser/versickerung-von-

sauberwasser.htm

[16] http://www.nbconsulting.de/dokumente/article_uta2000.htm

[17] http://www.dresden.de/de/08/03/01/04/c_0395.php

[18] http://www.emscher-regen.de/

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TP3: RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN

83

3. Rechtliche Rahmenbedingungen

3.1 Ziele und Arbeitspakete

Ziel dieses Teilprojektes ist die Überprüfung des rechtlichen Rahmens in Hamburg

dahingehend, ob es Möglichkeiten der Verbesserung gibt, die Regenwasserbewirtschaftung

in Hamburg voranzubringen. Nach einer Überprüfung des rechtlichen Rahmens sollen

konkrete Ansätze zur Ausnutzung und Anpassung von Rahmenbedingungen veranlasst

werden.

Folgende Arbeitspakete hat die Arbeitsgruppe im Rahmen dieses Teilprojektes festgelegt

und bearbeitet:

• Untersuchung der Vorgaben zur Niederschlagsentwässerung in den Wasserschutz-

gebieten und ggf. deren Anpassung, um die Niederschlagswasserbewirtschaftung in

diesen Gebieten zu vereinfachen (vgl. Kapitel 3.3).

• Prüfung der Möglichkeit, durch Verordnung Gebiete festzulegen, in denen eine

Einleitung in das Sielnetz (Kanalnetz) untersagt und die Versickerung festgelegt wird

(vgl. Kapitel 3.4).

• Prüfung der Möglichkeit, in neuen Bebauungsgebieten einen Wasser- und

Bodenverband zu gründen, der die Aufgaben der Oberflächenentwässerung und der

Regenwasserbewirtschaftung wahrnimmt (vgl. Kapitel 3.5).

• Weitere Anpassungsvorschläge formulieren (vgl. Kapitel 3.6).

3.2 Rechtlicher Rahmen

Vor rund 20 Jahren hat der Hamburger Senat in seinem Umweltpolitischen Aktionsprogramm

von 1984 unter anderem Handlungsgrundsätze für den Umgang mit Regenwasser

verabschiedet. Demnach soll das anfallende Regenwasser primär an Ort und Stelle

versickert und wenn dies nicht möglich ist, über eine offene Oberflächenentwässerung

abgeleitet werden. Nur wenn diese beiden Möglichkeiten nicht oder nur teilweise umsetzbar

sind, sollen geschlossene Systeme (i.d.R. Regenwassersiele, Straßenentwässerungs-

leitungen) realisiert werden. Untermauert wird das Versickerungsgebot des Senats in

Hamburg durch die folgenden rechtlichen Rahmenbedingungen:

Das Abwasser angeschlossener Grundstücke ist über die nach § 7 Hamburgisches

Abwassergesetz (HmbAbwG, [1]) genehmigten Anschlüsse in die öffentlichen

Abwasseranlagen einzuleiten (Benutzungspflicht, § 9 Abs. 1 Satz 1 HmbAbwG). Wenn die

Einleitung in ein oberirdisches Gewässer, die Versickerung auf eigenem Grundstück oder

einer öffentlichen Grünanlage bzw. die Regenwassernutzung möglich ist, kann das Einleiten

von Niederschlagswasser in ein (Regen- oder Misch-) Siel untersagt werden, wenn sich

dadurch keine Abwassermissstände ergeben und für die Möglichkeit, das

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TP3: RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN

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Niederschlagswasser in die öffentlichen Abwasseranlagen einzuleiten, noch kein

Sielbaubeitrag entrichtet worden ist (§ 9 Abs. 3 HmbAbwG).

Der Hamburger Senat kann durch Rechtsverordnung Gebiete festsetzen, in denen das

Einleiten von Niederschlagswasser in das Regenwasser- oder Mischwassersiel allgemein

untersagt ist (§ 9 Abs. 4 Satz 1 HmbAbwG). Bisher ist von dieser Möglichkeit noch kein

Gebrauch gemacht worden.

Seit 2001 entfällt die Anschlusspflicht und der Benutzungszwang für Niederschlagswasser,

wenn dieses unter Beachtung der wasserrechtlichen Bestimmungen versickert oder in ein

oberirdisches Gewässer eingeleitet wird (§ 9a HmbAbwG). Nach § 32a Hamburgisches

Wassergesetz (HwaG, [2]) in Verbindung mit der Verordnung über die erlaubnisfreie

Versickerung von Niederschlagswasser auf Wohngrundstücken kann Niederschlagswasser

auf Wohngrundstücken ohne eine wasserrechtliche Erlaubnis versickert werden, wenn die an

die Entwässerungsanlage angeschlossenen oder anzuschließenden befestigten und

bebauten Flächen nicht größer als 250 m² sind. Es besteht jedoch nach § 32b HWaG eine

Anzeigepflicht und die technischen Anforderungen der Verordnung sind einzuhalten.

Für betriebliches Niederschlagswasser besteht die Möglichkeit einer Befreiung vom

Anschluss- und Benutzungszwang, wenn es in ein oberirdisches oder ein tideoffenes

Gewässer eingeleitet wird (§ 10 Abs. 1 HmbAbwG). Darüber hinaus muss betriebliches

Niederschlagswasser trotz gegebenem Anschluss- und Benutzungszwang nicht in das

öffentliche Siel eingeleitet werden, wenn es gesammelt und verwendet werden kann, ohne

Abwassermissstände zu verursachen (§ 10 Abs. 2 HmbAbwG).

Die Einleitung von Abwasser von Nicht-Wohngrundstücken und Wohngrundstücken mit einer

befestigen, angeschlossenen Fläche > 250 m2 in öffentliche Abwasseranlagen ist

genehmigungsbedürftig. In den Nebenbestimmungen zu der Genehmigung besteht die

Möglichkeit, Anforderungen über Art und Maß der Benutzung der öffentlichen

Abwasseranlagen festzulegen (§ 11a HmbAbwG). Die Einleitungsmenge von Niederschlags-

wasser kann begrenzt werden, wenn die angeschlossenen bebauten oder befestigten

Flächen eines Grundstücks 650 m² überschreiten und die Leistungsfähigkeit der Siele bzw.

der als Vorflut dienenden Gewässer begrenzt ist (vgl. § 7 Abs. 1 HmbAbwG).

3.3 Wasserschutzgebietsverordnungen

Als eine Schwerpunktaufgabe des vorbeugenden Grundwasserschutzes wurden seit 1990

durch den Senat fünf Wasserschutzgebiete (WSG) festgesetzt. Damit wurden sieben

Trinkwassergewinnungsgebiete der Hamburger Wasserwerke GmbH unter besonderen

Schutz gestellt, weil hier der natürliche Schutz der genutzten Grundwasservorkommen durch

die überlagernden Gesteinschichten nicht ausreicht. Die Fläche der einzelnen WSG liegt

zwischen 3 km² und 47 km². Insgesamt wurden 88 km² (ca. 11 % der Hamburger

Landesfläche) besonders geschützt. Für das Wasserwerk Stellingen steht die Festsetzung

des erforderlichen WSG noch aus.

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TP3: RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN

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3.3.1 Allgemeines

Die Schutzgebiete gliedern sich in der Regel in die Schutzzonen I, II und III. Mit Inkrafttreten

der Schutzgebietsverordnung gelten in den jeweiligen WSG besondere

Nutzungsbeschränkungen und Verbote. Zur Frage der Versickerung von

Niederschlagswasser von Wohngrundstücken und befestigten Flächen in Hamburg entfällt

gemäß Niederschlagswasserversickerungsverordnung die bisher nach dem WHG

notwendige wasserrechtliche Erlaubnis, sofern nicht mehr als 250 m² befestigte Fläche an

die Versickerungsanlage angeschlossen sind, die Versickerung außerhalb der Zonen I und II

von WSG sowie außerhalb von Altlast- und Altlastverdachtsflächen erfolgt und bestimmte

Anforderungen an die schadlose Versickerung eingehalten werden.

In drei von fünf Verordnungen der festgesetzten WSG Hamburgs gibt es derzeit noch

Restriktionen bezüglich der Versickerung von gesammeltem Niederschlagswasser von

Dachflächen auch für die Zone III. In den Verordnungen der WSG Baursberg,

Süderelbmarsch / Harburger Berge und Curslack / Altengamme gilt für die Zone III:

„…gesammeltes Niederschlagswasser von Dachflächen, das nicht vom Grundstück in das

Regen- oder Mischwassersiel eingeleitet werden kann, soll flächenhaft über die belebte

Bodenzone versickert oder in ein Oberflächengewässer eingeleitet werden….“

Zwar gilt dies

„…nicht für Wohngrundstücke, sofern das anfallende Niederschlagswasser gemäß § 32a

HWaG in der jeweils geltenden Fassung versickert oder die Versickerung oder Verrieselung

des Niederschlagswassers mit Hilfe von Anlagen erfolgt, für die vor dem 1. September 1993

eine wasserrechtliche Erlaubnis oder eine Baugenehmigung erteilt wurde oder wenn für die

Entwässerung des Niederschlagswassers vor diesem Datum gemäß § 10 Absatz 2 des

Hamburgischen Abwassergesetzes vom 21. Februar 1984 (HmbGVBl. S. 45), geändert am

22. Dezember 1992 (HmbGVBl. S. 305), eine Befreiung von der Anschlusspflicht erteilt

wurde oder wenn das Niederschlagswasser auf dem Grundstück versickert wird und sich

dadurch keine Missstände ergeben..“,

dennoch wird der Ableitung über ein Siel grundsätzlich der Vorzug gegeben.

In den Verordnungen der WSG Langenhorn / Glashütte und Billstedt werden bezüglich der

Ableitung von Niederschlagswasser keine Einschränkungen gemacht.

3.3.2 Fachlicher Vorschlag zur Gleichstellung der Verordnungen

Derzeit läuft die Festsetzung des sechsten und vorläufig letzten WSG Eidelstedt / Stellingen.

Nach der Festsetzung (voraussichtlich in 2010) werden alle anderen Verordnungen

aktualisiert. Dabei würde dann die Einschränkung in Zone III, dass das Dachflächenwasser

nur dann versickert oder in ein Oberflächengewässer eingeleitet werden darf, wenn es nicht

in das Regen- oder Mischwassersiel eingeleitet werden kann, entfallen.

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TP3: RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN

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3.4 Verordnungen nach § 9 Abs. 4 HmbAbwG

Wie in der Einleitung ausgeführt (vgl. Kapitel 3.2), gibt es nach dem Hamburger

Abwassergesetz die Möglichkeit, durch Verordnungen Gebiete festzulegen, in denen eine

Einleitung in das Siel untersagt und die Versickerung festgelegt wird (§ 9 Abs. 4 HmbAbwG).

Bislang wurde von dieser Möglichkeit kein Gebrauch gemacht. Im Rahmen der

Teilprojektbearbeitung wurde zunächst rechtlich geprüft, ob die Ausweisung möglich ist und

welche Folgen eine Ausweisung hätte. Die Frage, ob eine solche Gebietsausweisung nach

§ 9 Abs. 4 HmbAbwG überhaupt technisch bzw. politisch möglich und gewollt ist, wird erst

einmal zurückgestellt.

3.4.1 Möglichkeiten im Rahmen der existierenden rechtlichen

Rahmenbedingungen (wenn Sielbaubeitrag entrichtet wurde)

Nach der derzeit geltenden Regelung des § 9 Abs. 4 S. 1 i. V. m. § 9 Abs. 3 HmbAbwG sind

Untersagungen durch Verordnung in Gebieten, in denen die Betreffenden den Sielbaubeitrag

bereits entrichtet haben – also in bereits erschlossenen Gebieten – nicht möglich. Dies gilt

nach § 9 Abs. 3 HmbAbwG auch für Untersagungsanordnungen im Einzelfall.

Im Folgenden wird ein Vorschlag dargelegt, wie das HmbAbwG geändert werden müsste,

wenn eine Gebietsausweisung auch Auswirkungen in bereits erschlossenen Gebieten haben

sollte.

Vorschlag für Gesetzesänderung des HmbAbwG

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Hamburgischen Abwassergesetzes (HmbAbwG)

vom …….

§ 9 Absatz 3 erhält folgende Fassung:

(3) Das Einleiten von Niederschlagswasser in das Regenwassersiel oder in das

Mischwassersiel kann untersagt werden, wenn

1. eine Einleitung unmittelbar in ein oberirdisches Gewässer, das unter den Geltungsbereich

des Hamburgischen Wassergesetzes fällt, möglich ist oder

2. es auf dem anschlusspflichtigen Grundstück selbst in den Untergrund versickern kann

oder

3. es auf einer öffentlichen Grünfläche in den Untergrund versickern kann,

ohne dass sich dadurch Abwassermissstände ergeben oder gegen wasserrechtliche

Bestimmungen verstoßen wird.

§ 9 Absatz 4 Satz 3 erhält folgende Fassung:

In diesen Fällen kann von Amts wegen oder auf Antrag die Untersagung von Einleitungen in

die öffentlichen Abwasseranlagen nach Absatz 3 im Einzelfall aufgehoben werden, wenn

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TP3: RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN

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erkennbar ist, dass sonst Abwassermissstände oder ein Verstoß gegen wasserrechtliche

Bestimmungen zu befürchten sind.

Hinter § 9 Absatz 4 wird folgender neuer Absatz 5 eingefügt:

(5) Werden nach Absatz 3 oder aufgrund einer Rechtsverordnung nach Absatz 4 Satz 1

Einleitungen in die öffentlichen Abwasseranlagen gegenüber solchen Personen untersagt,

die bereits für die Möglichkeit, das Niederschlagswasser in die öffentliche Abwasseranlage

einzuleiten, einen Sielbaubeitrag entrichtet haben, so darf die Untersagung nicht vor dem

#### (Datum einfügen: Übergangsfrist 3 Jahre) erfolgen. Wird in diesen Fällen die

Genehmigung nach §§ 7, 11a Abs. 1 S. 3 widerrufen, so sind die Betroffenen auf Antrag für

den Vermögensnachteil zu entschädigen, den sie dadurch erleiden, dass sie auf den

Bestand der Genehmigung vertraut haben, soweit das Vertrauen schutzwürdig ist. Die

Antragsfrist beträgt ein Jahr und beginnt mit der Bekanntgabe des Widerrufs. Für

Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.

Der bisherige § 9 Absatz 5 wird Absatz 6.

Begründung

• Zu 1. (§ 9 Abs. 3 )

Der eingefügte Zusatz „oder gegen wasserrechtliche Bestimmungen verstoßen wird“ dient

lediglich der Klarstellung und betont die umwelt- und ressourcenschützende Ausrichtung von

§ 9 Abs. 3.

• Zu 2. (§ 9 Abs. 4 S. 3 )

Der neu gefasste Abs. 4 S. 3 ermöglicht nun in Einzelfällen auch dann

Einleitungsuntersagungen, wenn ein Sielbaubeitrag bereits entrichtet wurde. Er steht in

Zusammenhang mit dem neu eingefügten Abs. 5.

• Zu 3. (§ 9 Abs. 5 neu)

§ 9 Abs. 5 dient der planvollen Abkehr von der herkömmlichen sielgebundenen

Niederschlagswasserentwässerung zwecks Umsetzung eines neuen

Entwässerungskonzepts aus ökologischen und ökonomischen Gründen. Dies zielt auf eine

Veränderung der sielgebundenen Niederschlagsentsorgung aus Gründen des vorsorgenden

Schutzes der Grundwasserressourcen sowie der gemeinwohlverträglichen Finanzierung der

öffentlichen Abwasserentsorgung ab.

Die Regelung nimmt Bezug auf Absatz 3, der Einleitungsuntersagungen in Einzelfällen

ermöglicht, sowie auf Absatz 4, wonach die Einleitung von Niederschlagswasser für

bestimmte Gebiete aufgrund einer Rechtsverordnung des Senats untersagt werden kann.

Infolge des geänderten Absatzes 3 (Streichung des Erfordernisses noch nicht entrichteter

Sielbaubeiträge) sind nun sowohl nach Absatz 3 als auch nach Absatz 4 Untersagungen

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TP3: RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN

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auch in den Fällen möglich, in denen bereits ein Sielbaubeitrag im Sinne von § 1 Abs. 1

Sielabgabengesetz entrichtet worden ist.

Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Hamburg (OVG Hamburg, Urteil

vom 29.04.2004 – 2 Bf 359/00 –, zitiert nach JURIS <<Aufhebung eines öffentlichen Siels>>)

sind die mit der aus wirtschaftlichen Gründen erforderlichen Umstellung eines

Entwässerungssystems verbundenen Kosten – u. U. auch weitere Folgemaßnahmen auf den

Grundstücken – grundsätzlich von den Grundstücksinhaberinnen und Grundstücksinhabern

zu tragen. Dies ergibt sich z.B. aus § 4 Abs. 1 S. 4 HmbAbwG, der generell die Änderung

des Entwässerungssystems aus technischen und wirtschaftlichen Gründen zulässt, aus § 9

Abs. 1 S. 3 HmbAbwG, der behördliche Anordnungen zu Anschlussänderungen im Bereich

des Trennsielsystems ermöglicht, und aus § 16 Abs. 1 HmbAbwG, der die

Grundstücksinhaberinnen und Grundstücksinhaber auf entsprechende Anordnung

verpflichtet, in diesen Fällen den Grundstücksanschluss jeweils auf eigene Kosten

umzurüsten und an die Veränderung anzupassen. Die damit typischerweise verbundenen

Kosten sieht der Gesetzgeber als zumutbar an (OVG Hamburg, Urteil vom 29.04.2004 – 2 Bf

359/00 – Rn. 45, 54).

Das OVG Hamburg hebt in der Entscheidung die Bedeutung des Ziels der

„umweltunschädlichen Abwasserbeseitigung“ und die Etablierung einer „qualitativ besseren

Entwässerungsmöglichkeit“ für die Systemänderung hervor (OVG Hamburg, a. a. O., Rn.

52). Beide Zielsetzungen werden durch das neue Niederschlagswasserentwässerungs-

system verwirklicht. Die Kosten der Systemumstellung sind daher hier grundsätzlich von den

von der Umstellung Betroffenen zu tragen.

Dies schließt jedoch in Ausnahmefällen nicht aus, dass Einzelne von den mit der

Systemänderung verbundenen Umrüstungsmaßnahmen besonders schwer betroffen sind –

etwa dann, wenn sie erst vor kurzem den Sielbaubeitrag entrichtet haben. Aus Gründen der

Verhältnismäßigkeit wird daher in Bezug auf diejenigen, die bereits den Sielbaubeitrag

entrichtet haben, in Absatz 5 Satz 1 geregelt, dass ihnen gegenüber eine Untersagung

frühestens drei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes angeordnet werden darf. Insoweit wird

ihnen eine angemessene Übergangsfrist eingeräumt. Darüber hinaus regelt Satz 2 in

Anlehnung an § 49 Abs. 6 S. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG, [3]) einen innerhalb

Jahresfrist zu beantragenden Entschädigungsanspruch für einen u. U. eintretenden

Vertrauensschaden.

Die mit Abs. 5 verbundene Ungleichbehandlung zwischen denjenigen, die

Niederschlagswasser durch das Siel entsorgen dürfen bzw. müssen und denjenigen, denen

die Sielentwässerung untersagt ist, ist angesichts der planvollen Umsetzung des ökologisch

und ökonomisch gebotenen Regenwasserkonzepts sachlich gerechtfertigt und im Übrigen

verhältnismäßig.

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TP3: RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN

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3.4.2 Prüfung der Rückerstattung der Sielbaubeiträge sowie möglicher

Kompensationszahlungen

Nach der Rechtsprechung des OVG Hamburg (OVG Hamburg, Urteil vom 29.04.2004 – 2 Bf

359/00 – Rn. 45, 54) sind die mit einer Systemänderung der Abwasserentsorgung verbunden

Kosten – u. U. auch Folgekosten – von den Betroffenen grundsätzlich selbst zu tragen. Als

Systemänderung wurde bislang vor allem der Übergang vom Gefälle- zum Drucksystem

bzw. vom Misch- zum Trennsystem betrachtet (vgl. OVG Hamburg, a. a. O; OVG Hamburg,

Urt. v. 8.3.1994 – Bf VI 31/93 –). Die Rechtsprechung lässt sich aber auf das neue, vom Siel

abgekoppelte Niederschlagsentwässerungssystem nach Maßgabe des o. g. § 9 Abs. 3 bis

Abs. 5 HmbAbwG-Entwurf, übertragen.

Eine Rückerstattung dürfte allenfalls dann in Betracht kommen, wenn der mit dem Beitrag

erstrebte Vorteil noch nicht ausgeglichen ist – etwa dann, wenn der Sielbaubeitrag erst kurze

Zeit vor der Einleitungsuntersagung entrichtet wurde und nun Kosten für die Etablierung des

neuen Niederschlagsentwässerungssystems anfallen (Verbot der Doppelbelastung,

Äquivalenzprinzip i. V. m. Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG, [5])).

Im Übrigen könnte erwogen werden – unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des

Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG vom 08.02.2006, 8 BN 3/05, zitiert nach JURIS) –,

bei der künftigen Gestaltung der Abwassergebühren einen bereits geleisteten

Abgabenbeitrag entsprechend zu berücksichtigen (geringere Belastung durch

Benutzungsgebühren) – so dass infolgedessen „eine Rückzahlung (der Beitragsleistung)

nicht zwingend“ wäre (BVerwG, a. a. O, Rn. 22 unter Hinweis auf BVerwG v . 16.09.1981, 8

C 48.81, JURIS).

3.5 Wasser- und Bodenverbände

Die offene Oberflächenentwässerung über Gräben und Mulden o. ä. ist in vielen B-Plänen

Diskussionsthema. Grundsätzlich ist diese einer geschlossenen Entwässerung über

Regensiele vorzuziehen. Diskussionspunkt ist immer wieder die Frage, wer diese offene

Oberflächenentwässerung betreibt und bezahlt sowie das Thema der Flächenkonkurrenz.

Es soll in diesem Arbeitspaket untersucht werden, ob es möglich ist, einen Wasser- und

Bodenverband mit dem Zweck, die Oberflächenentwässerung zu übernehmen, zu gründen.

3.5.1 Allgemeines

Wasser- und Bodenverbände können auf Grundlage des Wasserverbandsgesetzes (WVG

[4], Bundesgesetz) gegründet werden. Vor dem Inkrafttreten des Wasserverbandsgesetzes

im Jahr 1991 galt die Wasserverbandsverordnung von 1937. Wasser- und Bodenverbände

sind öffentlich-rechtliche Selbstverwaltungskörperschaften, die hoheitlich und in

Selbstverwaltung per Satzung festgelegte Aufgaben (§ 2 WVG) wahrnehmen. Vorteil der

öffentlich-rechtlichen Struktur ist, dass der Verband bei unterlassenen

Unterhaltungsmaßnahmen gegenüber Grundstückseigentümern mit Mitteln des

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TP3: RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN

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Verwaltungszwangs vorgehen kann (vgl. § 37 HaWG). Ist ein Wasser- und Bodenverband

gegründet, kann der Staat nur noch die Rechtsaufsicht ausüben (Vorgaben nur zur

Einhaltung der Gesetze, nicht aber zu fachlich Gewünschtem). Spätestens wenn der

Erschließende (oder die FHH) keine Einfluss sichernde Mehrheit mehr hat, also wenn ein

Großteil der Flächen verkauft ist, entscheidet der Verband im Rahmen der Gesetze völlig

autonom, wie er seine Verbandsaufgabe "Entwässerung des Verbandsgebietes" erfüllt. Es

besteht dann die Neigung oder sogar die Pflicht, einfachere und damit kostengünstigere

Wege zu suchen; dem kann dann staatlicherseits kaum etwas entgegen gesetzt werden.

In Hamburg sind die meisten der knapp 30 Wasser- und Bodenverbände landwirtschaftlich

geprägt und übernehmen Aufgaben der Be- und Entwässerung und / oder der

Deichverteidigung. Die einzigen Wasser- und Bodenverbände, die in größerem Umfang auch

Siedlungen im Verbandsgebiet haben, sind Nettelnburg (Zwangsgründung 80iger Jahre),

Wilhelmsburger Osten und Boberg-Heidhorst.

3.5.2 Voraussetzungen für eine Gründung

Die Vorraussetzungen für die Gründung eines Wasser- und Bodenverbandes sind vielfältig

und werden nachfolgend aufgelistet. Die nachfolgend genannten Informationen basieren auf

einem Erfahrungsaustausch von HAMBURG WASSER mit dem Rechtsamt der BSU Ende

2007.

• Technisch-hydraulisch abgeschlossenes Gebiet (klare Zuordnung der Nutznießer und

ggf. Benachteiligten).

• Eine Gründung muss von den potentiellen Mitgliedern des mehrheitlich gewollten

Verbandes initiiert werden. Die Initiatoren müssen die Kosten der Antragstellung tragen

und damit auch das Kostenrisiko, sollte die Verbandsgründung scheitern (wie z.B.

2006 in Curslack).

• Eine erfolgreiche Gründung ist aussichtsreicher, wenn nur wenige Grundeigentümer

existieren, da eine Gründung dann relativ reibungsfrei verlaufen kann; für einen

wirtschaftlichen Betrieb ist aber ein (späteres) Potenzial im Verbandsgebiet von ca.

300 - 500 Mitgliedern (Grundeigentümern) notwendig.

• Realistische Kostenkalkulation für die wirtschaftliche Führung des Verbandes und

gerechte, angemessene Maßstäbe für Beitragssätze für unterschiedliche Fallgruppen

(Erfahrungs-Richtwert 20 - 40 € pro Einfamilienhaus und Jahr).

• Es muss deutlich herausgestellt werden, dass die Aufgaben besser durch einen

Verband zu erbringen sind, als durch die Behörden.

In Boberg-Heidhorst beispielsweise geht es um die Wahrnehmung ganz "gewöhnlicher"

Verbandsarbeit mit tradierten Entwässerungseinrichtungen, die überwiegend auf den

Privatgrundstücken belegen sind, und damit einer Vielzahl von Unterhaltungspflichtigen für

nur kleine Gewässerabschnitte (das macht die autonome Regelung vor Ort sinnvoll:

Eigenverantwortliche Überprüfung der Pflichterfüllung Einzelner zum Nutzen aller ohne

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TP3: RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN

91

Behörde). Geht es jedoch ganz oder zumindest überwiegend um Anlagen im "öffentlichem

Raum" zudem mit besonderen betrieblichen Anforderungen, die durch eine zentrale Stelle

betrieben werden können, ist zu fragen, warum dies nicht (klassischerweise) von der

Wasserwirtschaft umgesetzt werden sollte (wie auch sonst ggf. vorfinanziert über die private

Erschließung). "Kein Geld" ist dabei kein oder nur ein sehr schlechtes Argument. Ein

Wasser- und Bodenverband kann dann auch als Marketinginstrument für die Attraktivität

einer Siedlung genutzt werden (vgl. Boberg-Heidhorst).

Ein Verfahrensablaufschema für eine Verbandsgründung ist als Anlage beigefügt.

Technisch aufwändige Lösungen, die einen professionellen Betrieb erfordern, können in der

Regel nicht durch Anwohner in Eigenverantwortung betrieben werden, da die in Hamburg für

die beabsichtigten Aufgaben vorgesehenen und möglichen Verbandsgrößen (und damit das

potentielle Haushaltsvolumen) nur eine ehrenamtliche - kaum fachlich versierte -

Verbandsarbeit zulassen. Für solche Anlagen muss ein anderes Betriebsmodell als der

Wasser- und Bodenverband gefunden werden.

3.5.3 Gründungsinitiative/ Kosten der Gründung

Eine Zwangsgründung von Amts wegen (nach § 10 WVG) ist kaum möglich und auch nicht

gewünscht.

Eine Gründungsinitiative muss von Grundeigentümern als potentielle Mitglieder ausgehen.

Das Rechtsamt der BSU (Amt R) als Aufsichtsbehörde muss einer Gründung zustimmen; die

zuvor genannten Punkte sind als Voraussetzungen für eine Gründung bindend zu

berücksichtigen. Das Gründungsverfahren wird vom Rechtsamt betrieben.

3.5.4 Alternative Instrumente

An Stelle von Wasser- und Bodenverbänden sind auch die folgenden Instrumente denkbar,

um die Aufgaben der Oberflächenentwässerung sicherzustellen:

• städtebaulicher Vertrag / Erschließungsvertrag:

Herstellung und Übertragung an die üblichen nach Wasserrecht Pflichtigen, bei

gemeinschaftlichen Anlagen entsprechende zivilrechtliche Konstruktion (siehe folgende

3 Punkte mit entsprechender grundbuchrechtlicher Absicherung).

• Privatrechtlicher Vertrag zwischen Parteien (insbesondere sinnvoll, wenn keine

Gemeinschaftseinrichtungen).

• Verein, BGB-Gemeinschaft oder BGB-Gesellschaft (z.B. Poldergemeinschaften,

Meiendorfer "Entwässerungsverein"):

Insbesondere sinnvoll, wenn der Betrieb von Gemeinschaftseinrichtungen notwendig

ist. Anders als ein Wasser- und Bodenverband ohne jegliche hoheitliche Befugnis und

Zwangsmitgliedschaft. Die Wahrnehmung der Gemeinschaftsaufgabe sollte ggf.

finanziell durch entsprechende Grunddienstbarkeit o. ä. abgesichert werden.

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TP3: RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN

92

• z.B. gemeinsame Stellplätze: diese Gemeinschaften (vgl. vorherigen Punkt) sind für

überschaubare Anlagen sinnvoll (mit entsprechender grundbuchrechtlicher

Absicherung).

3.6 Weitere Vorschläge

3.6.1 Zwangsabkopplung von Fehlanschlüssen

Es ist davon auszugehen, dass es in Gebieten mit einer minimalen öffentlichen

Oberflächenentwässerung (u.a. gering dimensionierte Grabenverrohrungen oder

Sickerschächte) diverse Fehlanschlüsse, d.h. Niederschlagswassereinleitungen in das

Schmutzsielnetz gibt. HAMBURG WASSER ist nicht verpflichtet diese zu dulden, auch wenn

diese seit vielen Jahren bestehen oder die öffentliche Oberflächenentwässerung

unzureichend ist. In § 9 Abs. 1 Satz 2 HmbAbwG wird formuliert, dass im Trennsystem

Schmutzwasser in das Schmutzwassersiel (S-Siel) und Regenwasser in das

Regenwassersiel (RW-Siel) einzuleiten ist. Ist kein RW-Siel vorhanden, muss das

Regenwasser versickert, in ein Gewässer eingeleitet oder gesammelt und verwendet

werden. Zuständige Behörde für die Untersagung von Einleitungen ist aber nicht

HAMBURG WASSER, sondern die BSU.

Die negativen Folgen der Fehlanschlüsse liegen in erster Linie in einer potentiellen

hydraulischen Überlastung des Schmutzwassernetzes. In Bereichen von SW-Pumpwerken

mit Notentlastungen kann es dadurch zu erhöhten Überläufen in die umliegenden Gewässer

kommen. Durch eine gezielte Nebelung der SW-Siele in solchen Gebieten können die

Fehlanschlüsse zum überwiegenden Teil ermittelt werden.

3.6.2 Kontrollmöglichkeiten von Einleitbegrenzungen

Bei Anschlüssen an Misch- oder Regenwassersiele werden (in größerem Umfang seit ca.

5 - 8 Jahren) häufig Einleitmengenbegrenzungen von HAMBURG WASSER ausgesprochen.

Es gibt zurzeit jedoch keinerlei Mechanismen, um zu kontrollieren, ob diese Begrenzungen

eingehalten werden. Der Aufwand zur Ermittlung dieser Begrenzungen ist zurzeit ebenfalls

nur mit erheblichem Arbeitsaufwand zu gewährleisten. Wünschenswert wäre daher eine

entsprechende Information zu den ausgesprochenen Einleitbegrenzungen in einer

geeigneten Datenbank, z.B. im Sielkataster bei HAMBURG WASSER, damit bei ggf.

auftretenden Entwässerungsproblemen diese Anschlüsse im betroffenen Einzugsgebiet

gezielt überprüft werden können.

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TP3: RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN

93

3.7 Zusammenfassung und Ausblick

Sobald die Wasserschutzgebiets-Verordnung für Stellingen festgesetzt ist, sollen die

Verordnungen bzgl. der Niederschlagswasserbeseitigung vereinheitlicht werden. Hierzu wird

dieser Bericht an das Rechtsamt der BSU verteilt.

Es konnte gezeigt werden, dass es rechtlich möglich ist, Gebiete nach § 9 Abs. 4 HmbAbwG

auszuweisen unter der Voraussetzung, dass der rechtliche Rahmen entsprechend Kapitel

3.4 geändert wird. Es ist jedoch unklar, ob es in Hamburg überhaupt zusammenhängende

Gebiete gibt, in denen eine sichere Aussage darüber zu treffen ist, dass eine Versickerung

auf allen Grundstücken möglich ist. Hinzu kommt, dass es auch aus politischen Gründen

fraglich ist, ob angestrebt wird, ganze Gebiete „Zwangsabzukoppeln“. Erst mit Fertigstellung

der Versickerungspotentialkarte für ganz Hamburg ist eine entsprechende Prüfung der

Versickerung möglich. Im Anschluss wird ggf. das weitere Vorgehen abgewogen.

Nur in Ausnahmefällen wird es sinnvoll und möglich sein, einen Wasser- und Bodenverband

zu gründen, der Aufgaben der Oberflächenentwässerung übernimmt. In Gebieten, in denen

ein WuB-Verband für sinnvoll erachtet wird, sollten frühzeitig die notwendigen

Voraussetzungen für eine Gründung (vgl. Kapitel 3.5) überprüft werden. Zudem sollte vor

einer Gründung eine frühzeitige Abstimmung mit dem Rechtsamt der BSU vorgenommen

werden. Ein Verfahrensablaufschema für eine Verbandsgründung ist als Anlage beigefügt.

Die vorgeschlagenen Maßnahmen wie Zwangsabkopplung von Fehlanschlüssen und

Kontrollmöglichkeiten von Einleitbegrenzungen (vgl. Kapitel 3.6) sollen bei

HAMBURG WASSER geprüft und, wenn möglich, umgesetzt werden.

In dem neuen Projekt RISA - RegenInfraStrukturAnpassung werden die Themen

„institutionelle und rechtliche Rahmenbedingungen“ sowie „Umsetzung in der Verwaltung“

weiter untersucht.

3.8 Literatur

[1] Hamburgisches Abwassergesetz (HmbAbwG) in der Fassung vom 24. Juli 2001,

HmbGVBl. 2001, S. 258, zuletzt geändert durch Gesetz vom 12.09.2007, HmbGVBl.

2007, S. 284.

[2] Hamburgisches Wassergesetz (HWaG) in der Fassung vom 29. März 2005,

(HmbGVBl. S. 97).

[3] Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) vom 25. Mai 1976, BGBl. I S. 1253, zuletzt

geändert durch Art. 4a GG vom 17. Juli 2009, BGBl. I S. 2088, 2095.

[4] Wasserverbandsgesetzes (WVG) Vom 12. Februar 1991 (BGBl. I Seite 405, in der

Fassung der Bekanntmachung vom 23.5.2002.

[5] Grundgesetz (GG), in der Fassung von 23. Mai 1949, BGBl. I 1949, S. 1, zuletzt

geändert durch Art. 1 ÄndG vom 29. Juli 2009, BGBl. I S. 2248).

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TP3: ANHANG

94

Anhang – Ablaufverfahren zur Wasser- und Bodenverbandsgründung

Tabelle 3-1: Ablaufverfahren zur Wasser- und Bodenverbandsgründung

Rechtsgrundlage Verfahrensschritt Anmerkungen

§ 11 Abs. 1 WVG Antrag eines oder mehrerer der festzustellenden Beteiligten bei der Aufsichtsbehörde

§ 11 Abs. 2 WVG Dem Antrag sind die Errichtungsunterlagen (Unterlagen, welche die Aufgaben, das Gebiet, den Umfang und das Unternehmen des Verbandes umschreiben) beizufügen.

Achtung!!! Werden die Unterlagen innerhalb der von der Aufsichtsbehörde gesetzten Frist nicht oder nur unvollständig vorgelegt oder sind sie ganz oder teilweise ungeeignet, kann die Aufsichtsbehörde den Antrag zurückweisen oder die Unterlagen, soweit erforderlich, selbst beschaffen und die Satzung selbst entwerfen (§ 11 Absatz 4 WVG)

§ 11 Abs. 2 WVG Plan für das Unternehmen einschließlich Kostenansch lag

• Beschreibung der Aufgabe(n) des Verbandes sowie Begründung, warum der Verband gegründet werden soll

• Beschreibung des Unternehmens des Verbandes (= die der Erfüllung seiner Aufgabe dienenden baulichen und sonstigen Anlagen, Arbeiten an Grundstücken, Ermittlungen und sonstige Maßnahmen) mittels „Erläuterungsbericht“

• Beschreibung des Verbandsgebietes (Plan, in dem das Unternehmen des Verbandes eingezeichnet und alle Grundstücke gekennzeichnet sind, die von dem Unternehmen des Verbandes einen Vorteil haben, bei denen die Vorteile durch das Unternehmen des Verbandes die Nachteile überwiegen bzw. von denen nachteilige Einwirkungen auf das Unternehmen des Verbandes ausgehen oder zu erwarten sind oder die durch die Errichtung des Verbandes mittelbar betroffen sind sowie textliche Darstellung [auch Zeitablauf])

• Darstellung der durch die Errichtung des Verbandes, Anschaffung und Unterhaltung des Unternehmens entstehenden Kosten

mögliche Aufgaben vgl. § 2 WVG

vgl. § 5 WVG

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TP3: ANHANG

95

Rechtsgrundlage Verfahrensschritt Anmerkungen

§ 11 Abs. 2 WVG Darstellung der Zweckmäßigkeit und der Finanzierung des Unternehmens

• Nachweise / Gutachten, welche wasserwirtschaftlichen Auswirkungen die Errichtung des Verbandes hat

• Begründung, warum Errichtung des Verbandes zweckmäßig ist (ggf. Variantenvergleich) einschließlich Kosten-Nutzen-Relation

• Finanzierungskonzept (Beitragsmaßstab)

§ 11 Abs. 2 WVG

§ 11 Abs. 2 WVG

Satzungsentwurf

Verzeichnis derjenigen, die Beteiligte werden sollen (Namen, Anschriften) einschließlich Vorschlag für das Stimmenverhältnis (z.B. nach Flächenanteilen, Anzahl Wohnungen etc. [mit Begründung, warum das Stimmenverhältnis so ausfallen soll, und unter Darlegung der Tatsachen, die für die Verteilung des Stimmenverhältnisses maßgeblich waren [Katasterauszüge, Grundstücksgröße etc.])

• Personen, die aus der Durchführung der Verbandsaufgabe einen Vorteil haben oder zu erwarten haben

• Personen, von deren Anlagen oder Grundstücken nachteilige Einwirkungen auf das Verbandsunternehmen ausgehen oder zu erwarten sind

• Personen, die voraussichtlich Maßnahmen des Verbandes zu dulden haben

vgl. „Mustersatzung“, kann beim Rechtsamt angefordert werden

vgl. § 8 WVG

§ 11 Abs. 3 WVG Die Aufsichtsbehörde kann von dem Antragsteller die Beibringung weiterer Unterlagen fordern.

§ 12 WVG Vorarbeiten durch Beauftragte der Aufsichtsbehörde (Betreten von Grundstücken, Vermessungen, Boden- und Grundwasseruntersuchungen o.ä.)

ggf. mindestens zwei Wochen vorher bekannt geben, ggf. Entschädigung

§ 13 WVG Feststellung der Beteiligten sowie der auf jeden Beteiligten entfallenden Stimmenzahl (nach Vorteilen) durch die Aufsichtsbehörde

§§ 14, 15 WVG Öffentliche Bekanntmachung des Errichtungsvorhabens sowie Zeit und Ort der Auslegung der Errichtungsunterlagen

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TP3: ANHANG

96

Rechtsgrundlage Verfahrensschritt Anmerkungen

Auslegung der Errichtungsunterlagen für die Dauer von mindestens einem Monat

Verhandlungstermine

• Beschluss der Beteiligten über die Errichtung des Verbandes sowie über den Plan und die Satzung

• Fertigung einer Niederschrift durch die Aufsichtsbehörde

• Abstimmung der Niederschrift mit den Beteiligten

Ladungsfrist mindestens 2 Wochen

§ 7 WVG Genehmigung der Errichtung des Verbandes sowie der Satzung durch die Aufsichtsbehörde

§ 7 WVG Öffentliche Bekanntmachung der Genehmigung sowie der Satzung Der Verband entsteht mit der öffentlichen Bekanntmachung der Satzung, sofern diese nicht einen späteren Zeitpunkt vorsieht.

§ 9 WVG Ggf. zwangsweise Heranziehung nicht einverstandener oder anderer Beteiligter zur Mitgliedschaft

§ 18 WVG Entscheidung der Aufsichtsbehörde über Anträge und Einwendungen von Beteiligten, die von der Mehrheit im Verhandlungstermin abgelehnt worden sind, auf schriftlichen Antrag (binnen eines Monats nach der öffentlichen Bekanntmachung der Satzung)

ggf. Änderung der Errichtungsunterlagen sowie Beschlussfassung der Verbandsmitglieder (§ 19 WVG)

§ 20 WVG Erste Berufung der Verbandsorgane durch die Aufsichtsbehörde

Kontakt: BSU Rechtsamt R 225

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TP4: AUSWIRKUNGEN DES KLIMAWANDELS

97

4. Auswirkungen des Klimawandels

ANMERKUNG: Der vorliegende Bericht des Teilprojekts 4 „Mögliche hydraulische

Auswirkungen des Klimawandels auf das Hamburger Sielnetz und die Hamburger

Gewässer“ ist als ausführliche Version unter dem Titel: „Auswirkungen des Klimawandels auf

das Hamburger Kanalnetz“ zur Veröffentlichung bei der DWA KA – Korrespondenz

Abwasser eingereicht und wird voraussichtlich im II. Quartal 2010 erscheinen.

4.1 Einleitung

HAMBURG WASSER betreibt ein Kanalnetz mit einer Gesamtlänge von über 5.400 km.

Jährlich werden über 60 Mio. € in die Sanierung und Erneuerung des Hamburger

Entwässerungsnetzes investiert. Mit Blick auf die sich abzeichnenden Klimaänderungen stellt

sich zunehmend die Frage, welche potenziellen Auswirkungen der Klimawandel auf die

zukünftigen Niederschlagsereignisse hat und inwieweit eine Anpassung der

Bemessungsgrundlagen für die Regen- und Mischwasserkanäle erforderlich wird.

4.2 Ziele und Arbeitspakete

Mit dem Ziel einer langfristigen und nachhaltigen Entwässerungsplanung hat

HAMBURG WASSER daher in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für

Meteorologie Hamburg (MPI-M) und dem Institut für Wasserwirtschaft, Hydrologie und

landwirtschaftlichen Wasserbau der Leibniz Universität Hannover (LUH) die Auswirkungen

des Klimawandels auf das Hamburger Kanalsystem untersucht. Dabei wurden erstmalig für

eine Simulation des Abflussgeschehens im Hamburger Kanalnetz simulierte

Niederschlagsdaten des Klimamodells REMO verwendet.

Dazu fand in einem ersten Arbeitsschritt eine Validierung und Charakterisierung der

Niederschlagsdaten aus dem REMO-Validierungslaufs mit gemessenen Niederschlagsdaten

der Hamburger Stadtentwässerung statt. In einem zweiten Schritt wurde die Validierung

auch für die simulierten Niederschlagsdaten aus dem REMO-Kontrolllauf durchgeführt. Nach

der Disaggregation der simulierten Niederschlagsdaten des REMO-Klimarechenlaufs fand

abschließend die Trendermittlung auf der Niederschlags- und auf der Abflussseite statt.

4.3 Daten und Modelle

Die simulierten Niederschlagsdaten des MPI-M werden durch das dynamische, regionale

Klimamodell REMO erzeugt. REMO basiert auf dem numerischen Wettervorhersagemodell

des Deutschen Wetterdiensts DWD (Europa-Modell, EM) und verwendet als physikalische

Grundlage, Initialisierung und seitlichen Antrieb die Daten des gekoppelten Ozean-

Atmosphärenmodells ECHAM 5. REMO liefert die simulierten Klimadaten basierend auf drei

IPCC Szenarien (IPCC: Intergovernmental Panel on Climate Change) als Stundenwerte für

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TP4: AUSWIRKUNGEN DES KLIMAWANDELS

98

das Modellgebiet Deutschland und den Alpenraum in einer hohen räumlichen Auflösung von

10 x 10 km (0,008°) für den Zeitraum von 1950 bis 2 100 [1].

Die Validierung der REMO-Daten wurde sowohl mit dem Kontroll- als auch mit dem

Validierungslauf durchgeführt [2]. Der Validierungslauf des Klimamodells nutzt als Antrieb

gemessene Treibhausgaskonzentrationen und ermöglicht einen Abgleich mit unabhängigen

Messwerten. Der anschließende Kontrolllauf für den Zeitraum 1950 bis 2000 wird wie der

Klimarechenlauf mit den Anfangs- und Randwerten des Globalmodells angetrieben [1] und

kann mit Messwerten oder den Ergebnissen des Validierungslaufs abgeglichen werden.

Die hier untersuchten MPI-Niederschlagsdaten des REMO-Modells sind unter Verwendung

des Szenarios A1B erzeugt worden. Die Szenarien-Familie A1 des IPCC legt ein schnelles

wirtschaftliches Wachstum, eine bis Mitte des 21. Jahrhunderts steigende Weltbevölkerung,

die anschließend abnimmt, sowie eine zügige Einführung neuer und effizienterer

Technologien zugrunde. Das Szenario A1B geht speziell von einer ausgeglichenen Nutzung

aller Energieträger (fossiler und nicht-fossiler Energiequellen) aus [1].

Grundsätzlich ist zu berücksichtigen, dass das Klimamodell REMO lediglich

Klimaprojektionen auf Grundlage möglicher Entwicklungen der Klimaantriebe liefert. Das

Modell stellt damit keine Vorhersage der zukünftigen Klima- und Niederschlagsentwicklung

für bestimmte Zeitpunkte dar, sondern ermöglicht lediglich eine statistische Auswertung über

längere Zeiträume.

Neben den REMO-Daten wurden im Hamburger Stadtgebiet gemessene

Niederschlagsdaten von 1976 bis 2000 sowie die Zeitreihe „HH00“ der Hamburger

Stadtentwässerung in die Untersuchung einbezogen. Die Zeitreihe „HH00“ ist aus den

Zeitreihen von sechs langjährigen Stationen lückenlos generiert worden und wird für die

Langzeitseriensimulation und als Grundlage für die Hamburger Bemessungsregen

verwendet.

4.4 Validierung und Disaggregation der REMO-Daten

Um zu prüfen, ob das tatsächliche Niederschlagsverhalten für den Raum Hamburg vom

Klimamodell REMO realistisch wiedergeben werden kann, wurden die simulierten REMO-

Niederschlagsdaten für den Zeitraum 1976 bis 2000 den gemessenen Niederschlagsdaten

an sieben ausgewählten Regenschreiber-Standorten von HAMBURG WASSER

gegenübergestellt.

4.4.1 Validierung

Hierzu wurden die gemessenen 5 min-Werte zunächst zu 1 h-Werten geblockt. Beim

Vergleich der Daten ist zu berücksichtigen, dass alle Größen aus den Klimasimulationen das

räumliche Mittel einer Gitterbox darstellen. Für den Vergleich mit punktuell gemessenen

Niederschlagsdaten bedeutet dies, dass eine Beobachtungsstation mit einem Mittelwert von

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TP4: AUSWIRKUNGEN DES KLIMAWANDELS

99

mindestens vier REMO-Gitterboxen verglichen werden muss [1], da das Modell nicht

gitterpunktsgenau ist.

Abbildung 4-1: Lage der Regenschreiber und der REMO-Gitterboxen über Hamburg,

exemplarisch für R008 dargestellt

Die Validierung der REMO-Niederschlagsdaten erfolgte anhand einer vergleichenden

extremwertstatistischen Auswertung der partiellen Serien nach ATV-Arbeitsblatt 121 [3] und

anhand des Vergleichs von Jahres- und Monatssummen für das Gesamtjahr und das Winter-

bzw. Sommerhalbjahr, sowohl für jeden Regenschreiber als auch gemittelt über alle

Stationen.

0,0

20,0

40,0

60,0

80,0

100,0

JAN FEB MRZ APR MAI JUN JUL AUG SEP OKT NOV DEZ

Monat

Nie

ders

chla

gshö

he [m

m]

-20,0%

+0,0 %

+20,0 %

+40,0 %

+60,0 %

+80,0 %

+100,0 %

+120,0 %

+140,0 %

+160,0 %

+180,0 %

+200,0 %

+220,0 %

+240,0 %

+260,0 %

HSEREMOAbweichung [%]

Abbildung 4-2: monatliche Niederschlagssummen über 25 a für REMO und HSE, gemittelt

über alle Regenschreiber

Der Vergleich der jährlichen Niederschlagssummen in Abbildung 4-2 zeigt, dass die

simulierten REMO-Niederschlagsdaten generell höher als die gemessenen Werte ausfallen.

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TP4: AUSWIRKUNGEN DES KLIMAWANDELS

100

Die Abweichungen treten dabei im Wesentlichen in den Sommermonaten auf. Die

Wintermonate weisen hingegen eine relativ gute Übereinstimmung auf. Einige

modellbedingte Ursachen werden in [1] erläutert.

Die extremwertstatistische Auswertung zeigte eine relativ gute Übereinstimmung zwischen

den gemessenen und simulierten Werten für den u-Parameter der Verteilungs-

funktion ln(T)w(D)u(D)(D)hN ⋅+= . Die Abweichungen lagen hier für alle Dauerstufen unter

20 %, vgl. Abbildung 4-3.

0

5

10

15

20

25

30

35

40

10 100 1000 10000

Dauerstufe [min], logarithmisch

u R008-HSE

u R008-REMO

w R008-HSE

w R008-REMO

w-Parameter aus Verteilungsfunktion

u-Parameter aus Verteilungsfunktion

REMO

REMO

HSE

HSE

60 240 480120 1080

Abbildung 4-3: u- und w-Parameter für den R008, HSE und REMO

Beim w-Parameter kam es bei Betrachtung des Gesamtjahres (ausschlaggebend war hier

das Sommerhalbjahr) zu deutlich höheren Abweichungen. Für die bemessungsrelevanten

Dauerstufen D ≤ 240 min stiegen diese auf bis zu 60 %. Das bedeutet, dass REMO deutlich

längere Ereignisse mit größeren Niederschlagshöhen simuliert als im Vergleichszeitraum

gemessen wurden.

Das Modell REMO stellt bislang lediglich Niederschlagsdaten mit einer zeitlichen Auflösung

von 1 h zur Verfügung. Damit kann der Bereich der für das Kanalnetz bemessungs-

relevanten kürzeren Dauerstufen nicht hinreichend abgedeckt werden. Daher wurden die

simulierten Stundenwerte in Zusammenarbeit mit der LUH zu 5 min-Werten disaggregiert.

4.4.2 Disaggregation

Das Verfahren der Disaggregation der Stundenwerte zu 5 min-Werten basiert auf dem

Kaskadenmodell von Güntner et al [4]. Dabei findet eine wiederholte Teilung der Werte in

zwei zeitlich gleichlange Teile statt. Auf eine detaillierte Beschreibung der Disaggregation

wird hier verzichtet und auf die in Kürze erscheinende Veröffentlichung in der DWA KA –

Korrespondenz Abwasser verwiesen.

Eine Überprüfung der Anwendbarkeit ergab, dass das Verfahren grundsätzlich für die

Disaggregation von Stunden- zu 5-Minutenwerten geeignet ist. Dabei kommt es allerdings

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TP4: AUSWIRKUNGEN DES KLIMAWANDELS

101

zur regelmäßigen Unterschätzung der Extremwerte, die im Mittel zwischen 10 % und 25 %

liegt, bei der Dauerstufe D = 5 min deutlich darüber.

4.5 Trendanalyse Niederschlag

Klimamodelle stellen keine Vorhersage der zukünftigen Klima- und

Niederschlagsentwicklung dar. Sie ermöglichen aber eine statistische Auswertung über

längere Zeiträume. Somit können aus den Modelldaten Trends für die zukünftige

Entwicklung des Klimas abgeleitet werden. Für die Trendanalyse wurde der Mittelwert aus

den vier zentral über Hamburg liegenden REMO-Gitterboxen verwendet. Die so gemittelten

REMO-Stundenwerte wurden anschließend zu 5-min-Werten disaggregiert. In

unterschiedlichen Ansätzen wurden partielle Serien der 150 Jahre umfassenden REMO-

Zeitreihe gemäß [3] für die Dauerstufen D = 5 min bis 240 min statistisch analysiert. Dabei

wurden die Parameter u und w der Verteilungsfunktion auf Vorliegen eines Trends

untersucht. Auf eine genaue Beschreibung zum Vorgehen der einzelnen Ansätze wird hier

verzichtet und auf die geplante Veröffentlichung in der DWA KA – Korrespondenz Abwasser

verwiesen.

Im Rahmen der Untersuchung konnte schließlich für den u-Parameter ein Trend bestätigt

werden, für den w-Parameter hingegen nicht.

Die Abschätzung der Bemessungsregen für das Jahr 2100 erfolgte, indem die prozentualen

Zunahmen der u-Parameter auf die u-Parameter der Hamburger Bemessungsregen für das

Jahr 2000 aufgeschlagen wurden, während der w-Parameter unverändert blieb. Dies

bedeutet, dass die statistischen Regenhöhen einer Dauerstufe für alle Wiederkehrzeiten den

gleichen absoluten Zuwachs aufweisen, während der relative Zuwachs mit zunehmender

Wiederkehrzeit abnimmt. Die Bemessungsregen 2100 wurden anhand der oberen und

unteren Grenzen des KOSTRA-DWD 2000 [6] bewertet (Abbildung 4-4).

Der Bereich zwischen oberer und unterer Grenze der KOSTRA-Werte kann als statistischer

Unschärfebereich aufgefasst werden. Die Auswertungen ergaben eine deutliche Zunahme

des Bemessungsregens T = 1 a und eine geringfügige Zunahme des Bemessungsregens

T = 2 a über die KOSTRA-Obergrenze hinaus. Die Bemessungsregen T = 5 a und T = 10 a

lagen bereits innerhalb der KOSTRA-Grenzen. Während für die jährlichen

Niederschlagsereignisse bis zum Ende dieses Jahrhunderts eine Zunahme von rund 20 %

erwartet werden kann, ist die Zunahme von seltenen Starkniederschlägen als nicht

signifikant anzusehen.

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TP4: AUSWIRKUNGEN DES KLIMAWANDELS

102

T = 1

0

5

10

15

20

25

30

0 30 60 90 120 150 180 210 240

Dauerstufe [min]

Nie

ders

chla

gsh

öhe

[mm

]

Kostra untere Grenze

Kostra obere Grenze

Bem.regen 2100

Bem.regen 2000

Zum VergleichBem.regen 2000; T=2

T = 2

0

5

10

15

20

25

30

35

40

0 30 60 90 120 150 180 210 240

Dauerstufe [min]

Nie

ders

chla

gsh

öhe

[mm

]

Kostra untere Grenze

Kostra obere Grenze

Bem.regen 2100

Bem.regen 2000

Zum VergleichBem.regen 2000; T=5

T = 5

0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

0 30 60 90 120 150 180 210 240

Dauerstufe [min]

Nie

der

schl

agsh

öhe

[mm

]

Kostra untere Grenze

Kostra obere Grenze

Bem.regen 2100

Bem.regen 2000

Zum VergleichBem.regen 2000; T=10

T = 10

0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

50

0 30 60 90 120 150 180 210 240

Dauerstufe [min]

Nie

ders

chla

gsh

öhe

[mm

]

Kostra untere Grenze

Kostra obere Grenze

Bem.regen 2100

Bem.regen 2000

Abbildung 4-4: Bemessungsregen 2000 (Hamburg), 2100 (REMO) und KOSTRA-

DWD 2000

Die Niederschlagshöhen der Dauerstufen D < 1 h wurden mittels Disaggregation synthetisch

erzeugt und sind deshalb kritisch zu betrachten. Für Dauerstufen D ≤ 30 min zeigte sich eine

Zunahme der Niederschlagshöhen über die KOSTRA-Obergrenzen hinaus. Aufgrund der

Unsicherheiten der Disaggregation soll dies nicht weiter bewertet sondern bei Vorliegen

neuer Klimamodellrechnungen mit höherer zeitlicher Auflösung erneut überprüft werden.

4.6 Trendanalyse Abfluss

Die Auswirkungen des Klimawandels auf das Abflussgeschehen des innerstädtischen

Mischkanalsystems (Länge ca. 840 km) wurden anhand der Niederschlag-Abfluss-Simulation

mit dem hydrodynamischen Kanalnetzmodell Hystem-Extran bestimmt. Dabei wurden die

Indikatoren „Überstau“ (Schachtüberstaumengen, Ereignisse) sowie „Entlastung“

(Mischwasserüberlaufmengen, Ereignisse) auf Vorliegen eines Trends untersucht. Zur

Validierung der REMO-Ergebnisse der Langzeitseriensimulation (LZS) wurde vorab eine

vergleichende LZS von 1971 bis 2000 mit der Zeitreihe „HH00“ durchgeführt.

Die Auswahl der für die LZS relevanten Niederschlagsereignisse beider Zeitreihen (REMO

und „HH00“) basierte auf den u- und w-Parametern bestimmter Dauerstufen der heutigen

Bemessungsregen für Hamburg. Insgesamt wurden aus der REMO-Zeitreihe von 1971 bis

2100 auf diese Weise 710 relevante Ereignisse selektiert. Für die statistische Bewertung der

jährlichen Entlastungsvolumina des gesamten REMO-Simulationslaufs wurden die

Ergebnisse der „HH00“ und der REMO-Simulation bis 2000 zunächst dem t-Test und

zusätzlich dem F-Test (Homogenitätsprüfung der Varianzen) unterzogen [5].

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TP4: AUSWIRKUNGEN DES KLIMAWANDELS

103

4.6.1 Trendanalyse Entlastung

Rund 50 % der betrachteten Entlastungsbauwerke zeigten dabei eine statistische

Vergleichbarkeit der Simulationsergebnisse bezüglich jährlicher Überlaufmengen und

Überlaufereignisse. Zur Bewertung des Überlaufverhaltens des Hamburger Kanalnetzes

wurden jährliche Überlaufmengen und Überlaufereignisse dieser repräsentativen Überläufe

den drei Hamburger Hauptgewässern Alster, Bille und Elbe zugeordnet und für die Periode

1971 – 2100 auf ihre statistische Signifikanz eines positiven Trends untersucht. Verwendet

wurde hierfür das Testverfahren nach MANN-KENDALL für einen einseitigen Test [5]. Für

alle drei Gewässer konnten sowohl für die Überlaufereignisse als auch für die

Überlaufmengen hochsignifikante Trends zum Signifikanzniveau p > 99 % nachgewiesen

werden. Anschließend wurden die jährlichen Überlaufereignisse und Überlaufmengen für

jedes der drei Hauptgewässer von 1971 bis 2100 kumuliert. Der Trend für die

Überlaufmengen und Überlaufereignisse der einzelnen Gewässer wurde analog zur

Trendanalyse Niederschlag aus dem prozentualen Verhältnis der mittleren Steigungen für

die Zeitabschnitte 2000 bis 2032 und 2068 bis 2100 ermittelt. Für die Hamburger Gewässer

werden demnach Steigerungen der derzeitigen Überlaufmengen zwischen 40 % und 50 %

bis 2100 erwartet. Der Anstieg der Überlaufmengen korrelierte mit dem Anstieg der

Überlaufereignisse.

4.6.2 Trendanalyse Überstau

Für den Indikator „Überstau“ konnte keine statistische Vergleichbarkeit zwischen den

Ergebnissen der beiden LZS festgestellt werden, d.h. die Simulationsergebnisse der REMO-

LZS waren aufgrund der Disaggregation nicht repräsentativ und konnten daher nicht für eine

weitere Trendanalyse herangezogen werden. Allerdings konnten aus der Trendanalyse

Niederschlag Rückschlüsse auf das zukünftige Überstauverhalten geschlossen werden, da

ein nennenswerter Überstau im innerstädtischen Hamburger Mischkanalnetz erst bei

Starkregen mit Häufigkeiten T ≥ 5 a nachzuweisen ist. Aufgrund der Ergebnisse der

Trendanalyse Niederschlag wird somit keine signifikante klimabedingte Veränderung des

derzeitigen Überstauverhaltens erwartet.

4.7 Anstieg des Meeresspiegels

Durch den Anstieg des Meeresspiegels steigt nach Untersuchungen des

Forschungszentrums Geesthacht (GKSS) auch das mittlere Elbhochwasser um bis zu 80 cm

[7]. HAMBURG WASSER betreibt im tidebeeinflussten Bereich der Elbe bedeutende

Regenauslässe. Bei netzkritischen Niederschlagsereignissen und gleichzeitig eintretendem

Hochwasser kann das innerstädtische Mischkanalsystem dort nur über Pumpwerke entlastet

werden. HAMBURG WASSER wird diese aufgrund des ansteigenden Meeresspiegels und

damit zunehmenden Elbhochwasserständen zukünftig häufiger einsetzen müssen. Zudem

müssen die Hochwasserpumpen schrittweise an die zunehmenden Förderhöhen angepasst

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TP4: AUSWIRKUNGEN DES KLIMAWANDELS

104

werden. Diesbezügliche, belastbare Quantifizierungen stehen noch aus und werden derzeit

in Zusammenarbeit mit dem GKSS untersucht.

4.8 Zusammenfassung und Ausblick

Die vorliegenden Untersuchungen erlauben eine erste Abschätzung der möglichen

hydraulischen Auswirkungen des Klimawandels auf das Hamburger Kanalnetz. Demnach

kann für die kommenden Jahrzehnte von einer signifikanten klimainduzierten Veränderung

des Abflussgeschehens ausgegangen werden, welche durch eine zunehmende

Versiegelung abflusswirksamer Flächen in der Metropole weiter verstärkt werden wird.

Aufgrund der dargestellten Unsicherheiten hinsichtlich der verwendeten Klimadaten sowie

der angewandten Disaggregation der Daten erscheint es dennoch vorerst nicht sinnvoll, den

möglichen Auswirkungen des Klimawandels mit pauschalen Bemessungszuschlägen zu

begegnen (siehe auch [8]). Hier sind weitergehende Untersuchungen auf Basis eines

verfeinerten Klimamodells mit höherer zeitlicher und räumlicher Auflösung erforderlich.

Dennoch erscheint es bereits heute sinnvoll, bei zukünftigen Erweiterungen bzw.

maßgeblichen Veränderungen des Kanalnetzes fallbezogen die potenziellen Auswirkungen

veränderter Niederschlagsintensitäten im Rahmen von Sensitivitätsuntersuchungen unter

Abwägung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses zu berücksichtigen. Grundsätzlich wird den

klimabedingten Veränderungen des Abflussgeschehens jedoch nicht primär mit einer

Erweiterung der Kanalkapazitäten zu begegnen sein, da diese mit erheblichen Kosten

verbunden sind und in innerstädtischen Gebieten bautechnisch oftmals schwer umzusetzen

sind.

Als Strategie zum Umgang mit dem Klimawandel wie auch der stetig zunehmenden

Flächenversiegelung in der Metropole müssen sich daher alle Anstrengungen auf eine

optimierte Bewirtschaftung der bestehenden Ableitungs- und Speicherkapazitäten sowie eine

langfristig ausgerichtete dezentrale Regenwasserbewirtschaftung und erforderlichenfalls

lokale Maßnahmen des Überflutungsschutzes konzentrieren.

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TP4: AUSWIRKUNGEN DES KLIMAWANDELS

105

4.9 Literatur

[1] Umweltbundesamt (Hrsg.): Klimaauswirkungen und Anpassung in Deutschland – Phase 1: Erstellung regionaler Klimaszenarien für Deutschland. Climate Change 11/08, http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/3513.pdf

[2] G. Bischoff: Charakterisierung und Validierung von simulierten Niederschlagsdaten des Klimamodells REMO unter Hinzuziehung von Niederschlagsaufzeichnungen der Hamburger Stadtentwässerung, Diplomarbeit an der HCU, unveröffentlicht, 2007

[3] Arbeitsblatt ATV-A 121: Niederschlag – Starkregenauswertung nach Wiederkehrzeit und Dauer, Niederschlagsmessungen, Auswertung, Hennef, 1985

[4] Güntner, J. Olsson, A. Calver and B. Gannon: Cascade-based disaggregation of continuous rainfall time serie: the influence of climate. Hydrology & Earth System Sciences, 5(2), 145-164, 2001

[5] J. Hartung et al.: Statistik – Lehr- und Handbuch der angewandten Statistik. 14., un-wesentlich veränderte Auflage. R. Oldenbourg Verlag, München, 2005

[6] DWD (Hrsg.): KOSTRA-DWD-2000 Starkniederschlagshöhen für Deutschland (1951-2000), Offenbach am Main, 2002

[7] I. Grossmann, K. Worth, H. v. Storch: Localization of global climate change: Storm surge scenarios for Hamburg in 2030 and 2085, Die Küste, Heft 71, 2006

[8] DWA (Hrsg.): Prüfung der Überflutungssicherheit von Entwässerungssystemen, Arbeitsbericht der DWA-Arbeitsgruppe ES-2.5 „Anforderungen und Grundsätze der Entwässerungssicherheit“, KA 9/2008, S. 972-976

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TP5: HANDLUNGSSCHWERPUNKTE

107

5. Handlungsschwerpunkte

5.1 Ziele und Arbeitspakete

In Hamburg kommt es infolge starker Regenereignisse zu lokalen Problemen durch Kanal-

oder Gewässerüberflutungen. Bereiche, in denen wiederkehrend Überflutungen auftreten

und daher ein Handlungsbedarf besteht, werden in diesem Zusammenhang als

Handlungsschwerpunkte bezeichnet. Die Überflutungsprobleme unterliegen je nach

Betroffenheit und Ursache in Hamburg verschiedenen Zuständigkeiten (Bezirk, LSBG oder

HAMBURG WASSER). In diesem Teilprojekt soll am Beispiel des Pilotbezirkes Wandsbek

eine übergreifende Systematik zur Identifikation solcher Handlungsschwerpunkte entwickelt

werden. Darauf aufbauend sollen Möglichkeiten zur Ursachenidentifikation erprobt und

Handlungsempfehlungen für die Lösung der Überflutungsprobleme in den betrachteten

Handlungsschwerpunkten des Pilotgebietes erarbeitet werden.

5.2 Identifikation von Handlungsschwerpunkten

Die Identifizierung von Handlungsschwerpunkten erfolgt über verschiedene Informations-

und Datenquellen der beteiligten Partner. In Abbildung 5-1 ist die Vorgehensweise

schematisch dargestellt.

Abbildung 5-1: Schematische Vorgehensweise zur Ermittlung von Handlungs-

schwerpunkten

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TP5: HANDLUNGSSCHWERPUNKTE

108

Eine wesentliche Grundlage zur Identifikation von Handlungsschwerpunkten sind die

wasserbedingten Einsatzdaten der Hamburger Feuerwehr der Jahre 1999 bis 2006, die zum

Großteil nach Straßen- und Kellerüberflutungen differenziert werden. Diese Feuerwehrdaten

werden mit den Regendaten von HAMBURG WASSER abgeglichen. Einsätze an Tagen

ohne Regen werden ausselektiert.

Ebenso werden Einsätze bei Regenereignissen, deren Jährlichkeit über 10 Jahren

(Tn > 10 a) liegt, nicht in die Auswertung mit einbezogen, aber weiterhin zur Information mit

angezeigt. Die Wahl der Jährlichkeit erfolgt hier ergebnisorientiert anhand der Anforderungen

an die Entwässerungssicherheit aus Sicht des Netzbetreibers. Extremereignisse mit

größeren Jährlichkeiten werden bislang als nicht bemessungsrelevant eingestuft und

verursachen aus Sicht des Netzbetreibers keinen umgehenden Handlungsbedarf. Sie

werden daher nur als zusätzliche Information bei der Identifikation berücksichtigt. Somit

können auch Punkte identifiziert werden, die bei einer Abflusserhöhung durch z.B. weitere

angeschlossene Flächen oder eine mögliche Zunahme der Niederschlagsmenge als Folge

des Klimawandels zukünftig zu Handlungsschwerpunkten werden könnten. Des Weiteren

besteht so die Möglichkeit, die geschaffene Datenbasis in folgenden Untersuchungen für die

Risikobewertung und den Überflutungsnachweis nach DIN EN 752 [2] zu verwenden und

darüber hinaus auch potentielle Flächen für die Mitbenutzung bei größeren Jährlichkeiten im

Bereich der Handlungsschwerpunkte im Rahmen des Teilprojektes 1 vorprüfen zu können

(vgl. Kapitel 1).

Folgende Daten werden zusätzlich als Auswahlkriterien hinzugezogen:

• Rufbereitschaftseinsätze der Sielbezirke bei Netzüberlastung durch Starkregen aus

den Daten des Betriebsführungssystems (BFS)

• Bürgerbeschwerden, die bei Schadensersatzforderungen durch das Justitiariat von

HAMBURG WASSER registriert werden

• Hydraulische Schwachpunkte wie Schachtüberstau, ermittelt aus der hydraulischen

Analyse des Kanalnetzes, z.B. durch Niederschlag-Abfluss-Simulation

• Erfahrungswerte von Mitarbeiter/innen von HAMBURG WASSER, in dem

entsprechenden Bezirk und dem LSBG

Die Angaben aus den Feuerwehreinsätzen, der Rufbereitschaft der Sielbezirke und den

Bürgerbeschwerden werden hinsichtlich ihres zeitlichen und räumlichen Auftretens

miteinander verglichen und geprüft. Meldungen, die ortsbezogen nicht weiter als 50 m

voneinander entfernt liegen, werden zu einem Bereich zusammengefasst. Sind in diesen

Bereichen mehr als fünf zeitlich und Regenereignisbezogen unabhängige Meldungen

vorhanden, bilden diese einen vorläufigen Handlungsschwerpunkt, der anschließend in eine

GIS-basierte Karte eingetragen wird.

Wie bereits angeführt werden die Erfahrungen und Kenntnisse von Mitarbeiter/innen bei

HAMBURG WASSER ebenfalls berücksichtigt. Die erstellte digitale Karte der

Handlungsschwerpunkte wird dazu verschiedenen Abteilungen vorgelegt, die aufgrund ihrer

Erfahrungen und Ortskenntnisse Problempunkte bestätigen, neue hinzufügen (z.B.

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TP5: HANDLUNGSSCHWERPUNKTE

109

hydraulische Schwachpunkte im Kanalnetz aus der Niederschlag-Abfluss-Simulation) und

zum Teil bereits Ursachen oder auch Lösungen benennen können.

Anschließend wird die Karte der Handlungsschwerpunkte mit Daten des LSBG und des

entsprechenden Bezirks ergänzt. Der LSBG hat, seinerzeit noch als Amt für

Wasserwirtschaft der Behörde für Bau und Verkehr, nach den Hochwasserereignissen des

Jahres 2002 eine umfangreiche Aufnahme der Schadenspunkte an den Hamburger

Gewässern durchgeführt. Diese basiert auf Meldungen der Bezirke, der Feuerwehr, von

Bürgern und auf eigenen Recherchen. Neben Hochwasserschäden durch

Binnenhochwasser, die durch die besondere Schwere der Ereignisse 2002 hervorgerufen

wurden, fanden sich in der Aufnahme auch Schadenspunkte wieder, die bereits im Vorfeld

durch häufigere Schäden bekannt waren. Diese sind in das Teilprojekt 5 als weitere

Handlungsschwerpunkte eingeflossen.

Darüber hinaus sammelt der LSBG kontinuierlich Meldungen von Schäden bei

Hochwasserereignissen. Hierzu wird nach jedem größeren Hochwasserereignis eine Abfrage

an die Bezirke nach aufgetretenen Überschwemmungen und möglichen Schäden

durchgeführt. Weiterhin werden Einzelmeldungen, z.B. von Bürgern, gesammelt. Diese

Sammlung liegt digital vor, ist jedoch nicht in einer Datenbank aufgearbeitet. Die Hamburger

Feuerwehr stellt dem LSBG ebenfalls Auflistungen über wasserbedingte Einsätze zur

Verfügung. Ähnlich dem Vorgehen bei HAMBURG WASSER werden durch Filterung dieser

Daten beim LSBG die durch Hochwasser hervorgerufenen Einsätze ermittelt. Durch die

Niederschlag-Abfluss-Simulation, insbesondere von hochwassergefährdeten Gewässern,

werden zudem hydraulische Schwachpunkte der betreffenden Gewässer identifiziert. Diese

Daten (Schadensmeldungen und wasserbedingte Feuerwehreinsätze beim LSBG) wurden

mit den Daten der Handlungsschwerpunkte von HAMBURG WASSER abgeglichen.

Speziell im Pilotbezirk Wandsbek wird in erster Linie auf die eingehenden Meldungen durch

die Bürger und die Feuerwehr reagiert. Hier steht das operative Handeln im Vordergrund,

vergleichbar mit den Rufbereitschaftseinsätzen in den Sielbezirken von

HAMBURG WASSER (s. o.). Weiterhin werden hydraulische Schwachpunkte im

Gewässersystem durch Erfahrungen aus der täglichen Praxis identifiziert. Die eingehenden

Meldungen werden, soweit schriftlich geäußert, in Akten über einen entsprechenden

Schriftverkehr gesammelt. Weiterhin besteht im Rahmen der Gewässerunterhaltung eine

Liste über die zu reinigenden Rechen, die zum Teil auch Handlungsschwerpunkten

zuzuordnen sind. Die genannten Daten werden bei der Verifizierung von

Handlungsschwerpunkten berücksichtigt.

Das Ergebnis aus der Zusammenführung aller in diesem Teilprojekt gesammelten

Informationen von LSBG, Bezirk und HAMBURG WASSER sind abgestimmte

Handlungsschwerpunkte, die in einer GIS-basierten Karte für den Bezirk Wandsbek

zusammengefasst wurden. Bei der Bearbeitung wurden die oben beschriebenen Methoden

entwickelt und optimiert.

Bezüglich der abgestimmten Handlungsschwerpunkte ist zu bemerken, dass in der

Gewässerplanung generell von anderen Jährlichkeiten (und Niederschlagsdauerstufen) als

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TP5: HANDLUNGSSCHWERPUNKTE

110

bei der Bemessung und der Nachweisführung für das Kanalnetz ausgegangen wird.

Extremereignisse mit Jährlichkeiten Tn > 10 a, die bei der Identifikation durch

HAMBURG WASSER im Bereich des Kanalnetzes herausgefiltert werden (s. o.), finden an

den Gewässern Berücksichtigung. Dadurch entstehen i.d.R. zwei übergeordnete Typen von

Handlungsschwerpunkten, jeweils mit Relevanz für die Kanalnetzplanung oder die

Gewässerplanung.

5.3 Dokumentation und Bestandsaufnahme

Für die abgestimmten Handlungsschwerpunkte wird je ein Datenblatt zur Dokumentation der

Identifikation und der anschließenden Bestandsaufnahme zusammengestellt (vgl. Anhang –

Datenblatt Handlungsschwerpunkt ). Das Datenblatt enthält die folgenden Punkte:

• Daten der Feuerwehreinsätze mit Informationen zur örtlichen Lage

• Gebietsbeschreibung

• Bestandsaufnahme mit Gebietsanalyse

• Problembeschreibung

Die Fortschreibung des Datenblattes mit dem Stand der Bearbeitung und den jeweiligen

Ergebnissen ergibt eine umfassende Dokumentation jedes Handlungsschwerpunktes und

ermöglicht eine langfristige Kontrolle über den Erfolg eingeleiteter Maßnahmen.

Die Gebietsbeschreibung umfasst mindestens die folgenden Informationen:

• Luftbild

• Digitale Stadtgrundkarte (DSGK) mit Kanalnetz (HW und Fremdleitungen /

Verrohrungen)

• Digitales Geländemodell mit einem Überblick über die vorhandenen

Entwässerungssysteme, deren Alter sowie die Feuerwehreinsätze

Gegebenenfalls kommen weitere Pläne oder Karten, wie z.B. eine Karte mit der angezeigten

verminderten Abwassergebühr von HAMBURG WASSER hinzu.

Feuerwehreinsätze infolge eines Regenereignisses mit einer Jährlichkeit T > 10 a werden

der Vollständigkeit halber mit in das Datenblatt aufgenommen (vgl. Kapitel 5.2). Hinzu

kommen Hinweise und Bemerkungen aus der vorangegangenen Abstimmung der

Handlungsschwerpunkte.

Die weitere Bestandsaufnahme und die Suche nach der Problemursache stellen einen

iterativen Prozess, bestehend aus der Sichtung vorliegender Akten, Gespräche und

Ortsbesichtigungen, dar.

Die Bestandsaufnahme umfasst eine detaillierte Gebietsanalyse und dient als Grundlage für

die Ableitung von Handlungsempfehlungen. Besondere Bedeutung besitzt hierin die

Recherche nach bereits umgesetzten oder sich in Planung befindenden Baumaßnahmen,

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TP5: HANDLUNGSSCHWERPUNKTE

111

die das Problem möglicherweise lösen oder bereits gelöst haben. Die Gebietsanalyse

umfasst die folgenden Punkte:

• Struktur des Gebietes (Bebauung, Siedlungsstruktur, Topografie)

• Erfassung vorhandener Entwässerungssysteme

• Historische Entwicklung (Systementwicklung)

• Aktuelle Baumaßnahmen und Planungen

• Funktion und Zusammenspiel der Entwässerungssysteme

• Zustand und Besonderheiten der Entwässerungssysteme Systeme

Die möglichen Informationsquellen für die Bestandsaufnahme sind nachfolgend aufgeführt.

Sobald mehrere Entwässerungssysteme betroffen sind, ist die Recherche entsprechend

auszuweiten (BSU, LSBG, Bezirke, HW), was eine gemeinsame Bearbeitung erforderlich

macht.

Informationsquellen bei HAMBURG WASSER:

• Straßenakten aus der Registratur, Bauzeichnungen

• Aktuelle Baumaßnahmen / Entwicklungen

• Hydraulische Stellungnahmen und Konzepte (z.B. Erschließungsmaßnahmen,

Optimierungsmaßnahmen, Instandsetzungen, Sanierungen, Erneuerungen, u. a.)

• Stand und Entwicklung der Sanierungsplanung

• Sachbearbeiterkenntnisse in Bezug auf detaillierte hydraulische Gegebenheiten

Informationsquellen beim LSBG:

• problembezogene Recherchen auf Basis geographischer Informationssysteme

• Liste der hochwassergefährdeten Gewässerabschnitte

• Stand und Entwicklung der Gewässerplanung

• Sachbearbeiterkenntnisse in Bezug auf detaillierte hydraulische Gegebenheiten

Informationsquellen beim Bezirk (hier Wandsbek):

• Straßen- und Gewässerakten aus der Registratur

• Flurkarten (im Maßstab 1 : 1000)

• Karte von Überschwemmungsgebieten (hier Alster und Wandse)

• Flurkarten und Luftbilder aus Geoinfo.online

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TP5: HANDLUNGSSCHWERPUNKTE

112

• Unterlagen aus aktuellen Bauakten

• Bestandspläne (in geringem Umfang)

• Sachbearbeiterkenntnisse in Bezug auf detaillierte hydraulische Gegebenheiten

Die gesammelten Informationen über die Handlungsschwerpunkte dienen als Grundlage zur

gemeinsamen Ursachenidentifikation und zur Lösungsfindung. Die möglichen Ursachen

werden in der Problembeschreibung zusammengefasst. Mögliche Ursachen sind i.d.R. (oft in

Kombination):

• schadhafte Leitungen

• verstopfte Leitungen / Abflussbehinderung (z.B. Verwurzelung)

• keine geregelte Oberflächenentwässerung

• hohe Wasserstände als Resultat mehrerer Einflüsse

• lokale Tiefpunkte

• verstopfte Ein-, Durch-, oder Auslässe (durch Laub, Äste, Unrat, u. a.)

• Versagen von Pumpen, Absperreinrichtungen o. ä. (z.B. funktionsunfähige oder keine

Rückstausicherung)

• Unterdimensionierung des Entwässerungssystems (Nachweis durch Niederschlags-

Abfluss-Simulation)

Die Niederschlags-Abfluss-Simulationen des Kanal- und Gewässernetzes kann sowohl zur

Ursachenforschung als auch für die nachfolgende Untersuchung von Lösungsvarianten (vgl.

nachfolgendes Kapitel 5.4) genutzt werden.

Wenn das betreffende Entwässerungssystem bereits modelltechnisch aufbereitet ist wird die

Aktualität des Modells zu überprüft und ggf. angepasst (insbesondere die abflusswirksamen

Flächen). Liegt das Entwässerungssystem als Modell noch nicht vor, wird eine

Gebietsaufnahme erforderlich. Dabei wird besonders auf das Zusammenspiel der

verschiedenen Entwässerungssysteme (Kanal, Graben, Gewässer) geachtet.

Für die spätere Prüfung von Lösungsansätzen ist die hydraulische Berechnung in Szenarien

von Maßnahmenkombinationen unumgänglich. Dadurch wird festgestellt, welche Maßnahme

oder Maßnahmenkombination das Überflutungsproblem lösen kann.

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TP5: HANDLUNGSSCHWERPUNKTE

113

5.4 Lösungskonzept für Handlungsschwerpunkte

Nach der Identifikation (Kapitel 5.2) und der Bestandsaufnahme (Kapitel 5.3) werden die

Lösungsansätze zur Vermeidung von Überflutungen an den Handlungsschwerpunkten

entwickelt. Das Lösungskonzept kann dabei ein oder mehrere Vorschläge umfassen, die

entweder als Alternativen oder in Kombination eine Lösung für den Handlungsschwerpunkt

darstellen. Hierbei werden grundsätzlich die folgenden übergeordneten Maßnahmengruppen

für die Lösung unterschieden:

• Kanalbau, Kanalbetrieb, Gewässerbau und Gewässerunterhaltung

• Dezentrale Regenwasserbewirtschaftung

• Schadlose Ableitung des Wassers an der Oberfläche (vgl. Kapitel 1) und Objektschutz

Diese Maßnahmengruppen bilden für die im letzten Abschnitt des Kapitels 5.3 genannten

Problemursachen folgende exemplarisch aufgeführte Lösungsansätze:

Bei schadhaften Leitungen (z.B. Verwurzelung), die einen akuten Handlungsbedarf

erfordern, müssen in der Regel Sofortmaßnahmen des Kanalbetriebes vorgenommen

werden. Andere Maßnahmen sind in diesen Fällen nur schwer umsetzbar, da sie eine

höhere Realisierungsdauer benötigen.

Bei geringeren Kanalschäden ohne sofortigen Handlungsbedarf kann das Lösungskonzept

hingegen aus der folgenden Maßnahmenkombination bestehen: Maßnahmen der

dezentralen Regenwasserbewirtschaftung (z. B. Abkopplung, Rückhalt) können zu einer

Reduzierung des (Spitzen-) Abflusses führen. Dadurch können bei einer anschließenden

baulichen / hydraulischen Kanalsanierung evtl. verminderte Kanalquerschnitte umgesetzt

werden. Die erforderlichen Flächen zur dezentralen RWB (Abkopplung, Versickerung, etc.)

sowie die entstehenden Kosten bzw. möglichen Kosteneinsparungen bei günstigen

Sanierungsverfahren sind für den Einzelfall zu ermitteln.

Informationen zu den „Auswirkungen von Abkopplungsmaßnahmen auf die

Kanalnetzhydraulik“ können dem Arbeitsbericht der DWA-Arbeitsgruppe ES-2.6 [1]

entnommen werden. Die Suche nach möglichen Flächen für die Retention, Abkopplung oder

in Ausnahmefällen auch die Mitbenutzung (vgl. Kapitel 1: Mitbenutzung von Flächen) erfolgt

mit Hilfe des Kartenmaterials und des Luftbilds aus dem Datenblatt erfolgen. Geeignet sind

Grün-, Park- oder Freiflächen und Teiche. Denkbar sind auch wenig genutzte

Verkehrsflächen oder Parkplätze. Hinzu kommen Freiflächen von größeren Einrichtungen

wie Schulen und ähnliche öffentliche Einrichtungen, zusammenhängenden Wohnanlagen

(Genossenschaften) oder auch Gewerbebetrieben.

Abflussbehinderungen durch verstopfte Ein-, Durch- und Auslässe sowie Rechen und

ähnliche Bauwerke, sind meist temporäre Probleme. Diese können durch eine

unzureichende Reinigung und Wartung, eine Ansammlung von Unrat oder auch

jahreszeitlich bedingte hohe Mengen an Laub und Ästen zustande kommen. Ein möglicher

Lösungsansatz besteht hier in der Optimierung von Wartung und Pflege. Ist dies mit

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TP5: HANDLUNGSSCHWERPUNKTE

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unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden, ist eine Verbesserung des Abflusses zu

ermöglichen (z.B. größere Einläufe, einfache Rechenanlagen, u. a.). Dadurch wird die

Wartung und Pflege nicht ersetzt, das Wartungsintervall kann jedoch u. U. verlängert

werden. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Bürger insbesondere im Herbst

hinsichtlich der möglichen Gefährdung durch mit Laub verstopfte Trummen zu sensibilisieren

und zur Eigeninitiative hinsichtlich der Reinigung und Entfernung von Laub zu motivieren.

Das Versagen von Pumpen, Absperreinrichtungen oder ähnlichem (z.B. auch bei

Baumaßnahmen) kann ebenfalls zu Überflutungen führen. Auch schadhafte oder nicht

vorhandene Rückstausicherungen können Feuerwehreinsätze oder Bürgerbeschwerden

verursachen. Diese technischen Einrichtungen sollten schnellstmöglich in Stand gesetzt

werden. Diese Problempunkte fallen jedoch nicht in die Kategorie der

Handlungsschwerpunkte.

Eine aktuelle Unterdimensionierung des Entwässerungssystems (Kanalnetz oder Gewässer)

kann zu Überflutungen führen. Einer der Hauptgründe hierfür ist die Nachverdichtung im

Bestand und die damit einhergehende Erhöhung der Abflüsse. Werden die gültigen

Bemessungskriterien nicht eingehalten, müssen kurz- bis mittelfristig Maßnahmen ergriffen

werden, die dem Missstand entgegen wirken. Dies sind überwiegend konventionelle

Maßnahmen wie Kanal- oder Gewässerbau, möglich sind jedoch auch Maßnahmen des

Objektschutzes.

Bei tolerierbaren Überflutungen ist eine langfristigere Planung möglich. Dies eröffnet auch für

Maßnahmen der dezentralen RWB (z.B. große Abkopplungsgebiete, Mitbenutzung von

Flächen) Möglichkeiten der Umsetzung. Bei anstehenden Baumaßnahmen im Umfeld des

Überflutungsbereichs (z.B. Straßenerneuerung, Kanalbau, Umgestaltung von Grundstücken,

etc.) sollte das aus der Handlungsschwerpunktbearbeitung hervorgegangene

Lösungskonzept umgesetzt werden. Dies setzt eine entsprechende Information aller

erforderlichen Stellen voraus.

Treten Überflutungen auf, die seitens des Kanalnetzes modelltechnisch bei Ausschluss

anderer Ursachen nicht nachgewiesen werden können, sind die tatsächlich und im Modell

berücksichtigten angeschlossenen Flächen zu überprüfen. Eine hydraulische Simulation mit

korrigierten Flächen zeigt dann unter Umständen die Ursache der Überflutungen. Sollte

beispielsweise die Vermutung bestehen, dass laut angezeigter verminderter

Abwassergebühr nicht angeschlossene Flächen dennoch angeschlossen sind, kann eine

Überprüfung der Anschlüsse durch Nebelung Aufschluss bringen. Die Lösung besteht dann

ggf. darin, unrechtmäßige Anschlüsse vom Kanalnetz zu trennen.

In Abbildung 5-2 sind die möglichen Überflutungsursachen und die mögliche Lösungen

schematisch gegenübergestellt. Die einzelnen Maßnahmen des Lösungskonzepts werden in

der Abbildung anhand der Farbgebung rot, gelb, grün den oben genannten übergeordneten

Maßnahmengruppen zugeordnet. Je nach Problemursache steht ein bestimmtes

Lösungsspektrum zur Verfügung. Dieses mögliche Lösungsspektrum kann der Abbildung

direkt entnommen werden und Eingang in die Handlungsempfehlung finden (vgl. Kapitel 5.5).

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TP5: HANDLUNGSSCHWERPUNKTE

115

Kanalbau, Kanalbetrieb, Gewässerbau, Gewässerunterhaltung

dezentrale Regenwasserbewirtschaftung

schadlose oberflächige Ableitung und Objektschutz

Lösungsmöglichkeiten

Bestandsaufnahme

Erhebliche Schäden

Unterdimensionierunghohe

Wasserstände Einleitung in dasSystem behindert

lokaler Tiefpunkt

Technische Einrichtungen fehlen / defekt

Änderung des Entwässerungssystems

Sanierung

Umgestaltung der Oberflächenentwässerung

Regenwasserrückhalt & Abkopplung

Mitbenutzung umsetzen

Reinigung / Wartung verbessern

Hindernis Beseitigung

oberflächige Ableitung

Identifikation von Handlungsschwerpunkten

Auswertung & Handlungsempfehlung

Verwurzelung / Hindernisse

Überflutung durch: Probleme / Ursachen

Erneuerung

lokaler Tiefpunkt

Instandsetzung / Wartung verbessern Objekt

-schutz

Abbildung 5-2: systematisches Vorgehen zur Lösung von Handlungsschwerpunkten

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TP5: HANDLUNGSSCHWERPUNKTE

116

Weitere Hinweise zur Erstellung von Lösungsansätzen :

Je nach Herkunft des Wassers sind unterschiedliche Lösungsansätze zu entwickeln.

Mischwasser kann beispielsweise (ohne vorangegangene Behandlung) nicht versickert

werden. Für Mischwassereinzugsgebiete ist daher, sofern möglich, die Abkopplung eines

möglichst großen Anteils an Regenwasser sinnvoll.

In einigen Fällen können die Änderung des Fließweges oder neue (kurze) Verbindungen im

Kanalnetz einen Beitrag zur Lösung des Problems darstellen. Diese können z.B. als Überlauf

bei hohen Wasserständen ausgeführt werden, um den normalen Abflussweg nicht zu

verändern. Dann kann bei Starkregen der Abfluss in ein paralleles System entlastet werden.

Dies führt allerdings nur in seltenen Fällen zu einer kompletten Lösung des Problems, stellt

aber zumindest eine Teillösung dar.

Für die Entwässerung von Parkanlagen oder ähnlichem, die am (Mischwasser-) Kanalnetz

angeschlossen sind, ist ein Umdenken notwendig. Gerade für diese Bereiche bietet sich eine

naturnahe Regenwasserbewirtschaftung an.

Der Einbau von tagwasserdichten Kanalschachtabdeckungen stellt nur punktuell für

ausgeprägte Geländetiefpunkte eine Lösung dar. Sie lösen das Problem oftmals nicht,

sondern verschieben es auf die nächst gelegenen offene Entwässerungsöffnung

(Schachtdeckel, Trummen, etc…).

Die Retention im Gewässerbereich wird bei sämtlichen Gewässerneubaumaßnahmen

vorgesehen, ebenso werden Kombinationen aus dezentraler Rückhaltung und Versickerung

angestrebt. Dabei wird das Versickerungspotential grundsätzlich geprüft, ist aber oftmals

aufgrund der Bodenverhältnisse als alleinige Lösung nicht ausreichend.

Der Gewässerausbau kommt in der Regel nur selten in Betracht, da häufig die erforderliche

Fläche für Vertiefungen oder Verbreiterungen der Gewässer nicht vorhanden ist.

Die Steuerung von Rückhaltebecken findet zum großen Teil über feste Drosselöffnungen

statt. Eine Überprüfung, ob z.B. eine Absenkung oder Erhöhung des Wasserspiegels zur

Verbesserung des Rückhaltevermögens möglich ist, muss in jedem Einzelfall geprüft

werden.

Ein weiterer Lösungsansatz bei kanalbedingten Handlungsschwerpunkten ist ggf. die

(dynamische) Speicherraumbewirtschaftung bzw. eine Optimierung der vorhandenen

Bewirtschaftung. Dieser Ansatz setzt allerdings eine umfassende konzeptionelle

Untersuchung des betreffenden Einzugsgebietes voraus und muss, wie auch die

Drosseländerung bei Rückhaltebecken, immer als Einzelfall geprüft werden.

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TP5: HANDLUNGSSCHWERPUNKTE

117

5.5 Handlungsempfehlung

5.5.1 Allgemeine Hinweise

Nachdem durch die Identifikation und die Bestandsaufnahme die möglichen Lösungswege

aufgezeigt wurden, erfolgt eine Prüfung und Beurteilung der Lösungsansätze. Je nach

Umsetzungsaufwand wird festgelegt, ob es sich um kurz-, mittel-, oder langfristige

Maßnahmen handelt. Die Aufstellung eines groben Maßnahmen- und Kostenplans für die

Umsetzung der Maßnahmen ist sinnvoll. Abschließend wird eine Bewertung der

Lösungsvorschläge vorgenommen und das weitere Vorgehen festgelegt. Zur Kontrolle ist die

Angabe von Terminen zur Umsetzung zweckmäßig.

Besteht kein dringender Handlungsbedarf, wird das Datenblatt an die entsprechenden

Stellen gemäß nachfolgendem weitergeleitet, die dann bei Bedarf auf das Lösungskonzept

zurückgreifen.

Damit die Handlungsempfehlungen umgesetzt werden oder bei anstehenden Planungen

Berücksichtigung finden, müssen je nach Lösung / Entwässerungssystem verschiedene

Stellen informiert und die Handlungsempfehlungen bereit gestellt werden. Das für Wandsbek

erprobte Verfahren sollte auf ganz Hamburg ausgeweitet werden. Das heißt, dass die in den

weiteren Bezirken Hamburgs durch HAMBURG WASSER identifizierten vorläufigen

Handlungsschwerpunkte als Information weitergegeben werden sollten. Bei zukünftigen

Baumaßnahmen im Umfeld eines Handlungsschwerpunktes kann dann frühzeitig reagiert

und zur Lösung beigetragen werden. Die Informationen über die Handlungsschwerpunkte

sollten dabei möglichst allen Behörden und Verwaltungen in Hamburg, die grundlegend an

der wasserwirtschaftlichen Planung beteiligt sind, zur Verfügung stehen. Eine geeignete

Informationsverteilung innerhalb der Institutionen muss noch entsprechend organisiert und

aufgebaut werden.

5.5.2 Ergebnisse aus dem Pilotbezirk Wandsbek

In dem Pilotbezirk Wandsbek wurden mit der entwickelten Systematik 36

Handlungsscherpunkte identifiziert, abgestimmt und Empfehlungen für die Lösung dieser

Punkte ausgesprochen. Drei Handlungsschwerpunkte befinden sich aktuell noch in

Bearbeitung. In Abbildung 5-3 wird die sich ergebende Verteilung der übergeordneten

Maßnahmengruppen „Kanalbau, Kanalbetrieb, Gewässerbau, Gewässerunterhaltung“,

„dezentrale Regenwasserbewirtschaftung“ und „oberflächige Ableitung, Objektschutz“ für die

Lösung der 33 bearbeiteten Handlungsschwerpunkte dargestellt.

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TP5: HANDLUNGSSCHWERPUNKTE

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18

16

3

6

0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

20

Kanalbau, Kanalbetrieb,Gewässerbau,

Gewässerunterhaltung

dezentraleRegenwasser-

bewirtschaftung

schadlose oberflächigeAbleitung, Objektschutz

kombinierteLösungsansätze

Anz

ahl [

-]

36 Handlungsschwerpunkte3 in Bearbeitung

Abbildung 5-3: Häufigkeitsverhältnis möglicher Maßnahmen zur Aufhebung / Lösung von

Handlungsschwerpunkten (Handlungsempfehlung)

Ungefähr die Hälfte aller Lösungsansätze oder Lösungskombinationen Maßnahmen der

dezentralen Regenwasserbewirtschaftung. Hierbei handelt es sich vorwiegend um die

Abkopplung / Entsiegelung von Flächen sowie die Retention von Niederschlagsabflüssen im

oberhalb liegenden Einzugsgebiet. Zusammenhängende Wohnanlagen (speziell

Wohnungsbaugenossenschaften), Schulen und größere Gewerbebetriebe sind für diese

Maßnahmen besonders geeignet. Die nahezu gleiche Anzahl konventioneller (Kanalbau,

Gewässerbau,…) und dezentraler Lösungsansätze verdeutlicht das hohe Potential der

dezentralen Regenwasserbewirtschaftung für die Lösung von Überflutungspunkten.

Restriktiv wirken sich für dezentrale Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen oftmals

begrenzte Platzverhältnisse bei einigen Problempunkten aus. Weiterhin liegen einige der

untersuchten Punkte im Einzugsbereich großräumiger Kanalsanierungskonzepte, die in den

nächsten Jahren umgesetzt werden und damit die bestehenden Engpässe bereits auf

konventionelle Weise behoben werden.

Der Kanal- oder Gewässerbau umfasst nicht nur den Umbau und die Erweiterung, sondern

auch die Sanierung des Entwässerungssystems. Außerdem werden kleinere Maßnahmen,

wie die Änderung von Straßenentwässerungseinläufen oder ähnliche Bauwerke, ebenfalls

dieser Maßnahmengruppe zugeordnet Damit ergibt sich für viele Handlungsschwerpunkte

eine Lösung durch „konventionelle“ Baumaßnahmen.

Der Objektschutz bzw. die schadlose oberflächige Ableitung des Wassers kommt im Bezirk

Wandsbek eher selten als Lösung in Betracht. Der individuelle Objektschutz bietet sich

besonders bei Grundstücken mit Einfahrten zu Tiefgaragen oder mit gefährdeten

Kellerräumen an. Hier lässt sich mit kleineren Maßnahmen wie dem Einbau von Schwellen

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TP5: HANDLUNGSSCHWERPUNKTE

119

auf der Zufahrt oder Absperrelementen vor Fenstern und Türen der erforderliche

Überflutungsschutz herstellen.

Für sechs Handlungsschwerpunkte werden kombinierte Lösungen aus den drei

Maßnahmengruppen empfohlen.

5.6 Optimierungspotential der entwickelten Systematik

Für die Identifikation der Handlungsschwerpunkte ist es hilfreich, wenn bei der

Dokumentation der Feuerwehreinsätze die Ursache und der genaue Ort (Straße, Keller,

Geschoss) der Überflutung angegeben werden. Diese Angaben würden eine schnelle

Beurteilung des Einsatzes hinsichtlich seiner Relevanz für den Handlungsschwerpunkt

ermöglichen. Allerdings bestehen diesbezüglich datenschutzrechtliche Bedenken, die bisher

nicht geklärt werden konnten.

Aufgrund der Verwendung unterschiedlicher Jährlichkeiten bei der Bemessung oder der

Nachweisrechnung für die unterschiedlichen Entwässerungssysteme werden

Handlungsschwerpunkte in Bezug auf das Kanalnetz oder das Gewässernetz voneinander

unterschieden. Dazu wird für die graphische Darstellung empfohlen,

Handlungsschwer-„Punkte“ wie bisher zu verwenden und zusätzlich die Daten aus der Karte

„Hochwassergefährdete Gewässerabschnitte“ des LSBG als „Linien- oder Polygonobjekte“

darzustellen.

Geometrie- und Sachdaten können dann in den jeweiligen Fachbereichen bei zukünftigen

Planungen einbezogen und die entsprechende(n) Stelle(n) informiert werden. Beispielsweise

kann bei Straßenplanungen (Umbau, Instandsetzung) eine entsprechende

entwässerungstechnische Lösung besser berücksichtigt werden. Oder es können bei der

Stadtplanung geeignete Flächen zum Rückhalt oder zum Transport von

Niederschlagswasser eingeplant werden. Ggf. liegt für den betroffenen

Handlungsschwerpunkt bereits eine Handlungsempfehlung vor und kann umgesetzt werden.

Nach Umsetzung der Maßnahmen muss eine Rückmeldung erfolgen, damit der jeweilige

Handlungsschwerpunkt als abgeschlossen dokumentiert werden kann.

Die bislang gewählte Jährlichkeit für die Identifizierung von Handlungsschwerpunkten

(Tn < 10 a) ist zukünftig mit den Anforderungen der DIN EN 752 [2] zum

Überflutungsnachweis abzugleichen. Darüber hinaus wird es erforderlich

Handlungsschwerpunkte nicht nur nach der auftretenden Jährlichkeit, sondern für die

Nachweisführung auch nach entsprechenden Regendauerstufen zu kategorisieren.

5.7 Zusammenfassung und Ausblick

Für den Pilotbezirk Wandsbek wurden mit der im Teilprojekt 5 entwickelten Systematik 36

Handlungsscherpunkte identifiziert, abgestimmt und bislang Empfehlungen für die Lösung

von 33 dieser Punkte ausgesprochen. Dabei weisen Maßnahmen der dezentralen

Regenwasserbewirtschaftung ein großes Potential für die Entwicklung von Lösungswegen

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TP5: HANDLUNGSSCHWERPUNKTE

120

auf. Für den Bezirk Wandsbek wurden die Kontakte zwischen den Institutionen der

unterschiedlichen Entwässerungssysteme hergestellt. Nur die intensive Zusammenarbeit

ermöglicht die Bereitstellung der erforderlichen Datenbasis, die zur Ursachenidentifikation

und Lösung der Problempunkte nötig ist. Handlungsschwerpunkte, die mehrere

Entwässerungssysteme betreffen, können aufgrund der unterschiedlichen Zuständigkeiten

nur durch gemeinsames Vorgehen gelöst werden.

Ein monetärer Vergleich der Maßnahmenvarianten hat bislang noch nicht stattgefunden.

Kostenvergleichsrechnungen werden jedoch im weiteren Verfahren angestrebt. Dazu werden

aktuell Einheitspreise und Kostenrichtwerte (v. a. für Maßnahmen der dezentralen RWB)

erarbeitet, um zukünftig eine Kostenbewertung verschiedenster Varianten(-kombinationen)

vornehmen zu können.

Die entwickelte Vorgehensweise zur Identifikation, Bestandsaufnahme und Lösung von

Handlungsschwerpunkten ist auf die weiteren Bezirke Hamburgs übertragbar und ermöglicht

auch dort eine strukturierte Bearbeitung und Lösungsfindung. Gegenwärtig sind für die

weiteren Bezirke ca. 100 relevante Handlungsschwerpunkte aus den Daten der Feuerwehr,

den bei HAMBURG WASSER vorliegenden Meldungen aus dem Betriebsführungssystem

(BFS) und Beschwerden vorläufig identifiziert worden. Für die weitere Abstimmung haben

alle Bezirke Ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit erklärt und Ansprechpartner benannt.

Bevor eine weitere Abstimmung bei HAMBURG WASSER und mit den Bezirken sowie dem

LSBG stattfindet, sollten die aktuellen Feuerwehrdaten (2007 bis 2009) mit in die

Identifikation der Handlungsschwerpunkte einbezogen und die vorläufigen Karten

entsprechend aktualisiert werden. Ergänzend wird eine Liste mit den weiteren Daten und

einer Kurzbeschreibung zu den Handlungsschwerpunkten erstellt.

Eine Umsetzung von Maßnahmen zur Lösung von Handlungsschwerpunkten war im

Rahmen des Teilprojektes nicht vorgesehen. Dies ist langfristig anzustreben. Kleinere

Maßnahmen wie die Anordnung oder der Umbau von Trummen sowie die Verbesserung von

Wartung und Pflege sollten zeitnah umgesetzt werden. Dazu ist die Weitergabe der

Informationen über die Handlungsschwerpunkte mit deren Status (offen, in Bearbeitung,

gelöst) an die zuständigen Stellen erforderlich.

Die weitere Bearbeitung der Handlungsschwerpunkte sollte möglichst in das „Tagesgeschäft“

der zuständigen Institutionen (BSU, Bezirke, LSBG, HW) übernommen werden.

5.8 Literatur

[1] Böttcher, G., Fuchs, L., Haller, B., Huhn, V., Koehler, G, Königer, W., Neumann, W., Sartor, J.,

Sieker, F., Winter, J. (2002): Auswirkungen von Abkopplungsmaßnahmen auf die

Kanalnetzhydraulik. Arbeitsbericht der DWA-Arbeitsgruppe ES-2.6 „Hydrologie der

Stadtentwässerung“. KA 2002 (49) Nr. 4

[2] DIN EN 752: Entwässerungssysteme außerhalb von Gebäuden. Deutsche Fassung EN

752:2008, Januar 2008

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TP5: ANHANG

121

Anhang – Datenblatt Handlungsschwerpunkt

A1.1 Deckblatt zum Datenblatt

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TP5: ANHANG

122

A1.2 Gliederung des Datenblatts

1 Gebietsbeschreibung

2 Problembeschreibung

3 Bestandsaufnahme

3.1 Allgemeines

3.2 Hydraulische Situation

3.3 Ortsbegehung

3.4 Netzsimulation

3.5 Sonstiges

4 Lösungskonzept

4.1 Lösungsvorschläge

4.1.1 Konventioneller Sielbau, Renovierung, Sanierung

4.1.2 Dezentrale Regenwasserbewirtschaftung

4.1.3 Schadlose oberflächige Ableitung / Objektschutz

5 Fazit und Ausblick

6 Anlagen

Anlage 1: Luftbild

Anlage 2: DSGK und Sielkataster

Anlage 3: Digitales Geländemodell

Anlage 4: Sonstiges

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TP6: ÖFFENTLICHKEITSARBEIT

123

6. Öffentlichkeitsarbeit

6.1 Einleitung

Neben der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU), dem Landesbetrieb Straßen,

Brücken und Gewässer (LSBG), den Bezirksämtern und HAMBURG WASSER spielen auch

die Bürger, Grundstückseigentümer und Bauherren sowie die Planer und Architekten bei der

Umsetzung der Regenwasserbewirtschaftung eine wesentliche Rolle.

Die Informationslage bezüglich der Wichtigkeit des Themas und der Besonderheiten in

Hamburg ist bei den genannten Zielgruppen unterschiedlich, so dass die Notwendigkeit einer

begleitenden Öffentlichkeitsarbeit im KHW erkannt wurde.

6.2 Ziele und Arbeitspakete

Um die Bürger der Stadt Hamburg zu sensibilisieren und über ihre Möglichkeiten eines

Beitrages zur Regenwasserbewirtschaftung zu informieren, wurden im Rahmen dieses

Teilprojektes umfangreiche Informationsmaterialien zusammengestellt und aufbereitet.

Folgende Arbeitspakete hat die Teilprojektgruppe definiert und bearbeitet:

• Erstellung von drei Broschüren:

- "Naturnahe dezentrale Regenwasserbewirtschaftung",

- “Wie schütze ich mein Haus vor Starkregenfolgen?"

- “Hochwasserschutz für die Hamburger Binnengewässer“, noch in Bearbeitung

• Zusammenstellung von Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen in Hamburg

• Wanderausstellung zur Regenwasserbewirtschaftung

• Vorträge zum Thema Regenwassermanagement in Hamburg

6.3 Erstellung der Broschüren

Es wurden die Broschüren "Naturnahe dezentrale Regenwasserbewirtschaftung" und "Wie

schütze ich mein Haus vor Starkregenfolgen?" erarbeitet und herausgegeben. Die Broschüre

zur Entstehung von Binnenhochwasser und zum vorsorgenden Hochwasserschutz ist

inhaltlich vorbereitet und wird voraussichtlich 2010 veröffentlicht.

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TP6: ÖFFENTLICHKEITSARBEIT

124

6.4 Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen in Hamburg

Durch Interviews und Literaturrecherche sowie der Auswertung von Berichten und weiteren

Dokumenten wurden in Hamburg insgesamt 43 größere Maßnahmen zur dezentralen

Regenwasserbewirtschaftung identifiziert und kategorisiert. Diese sind im Anhang (vgl.

Anhang Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen in Hamburg) zusammenfassend

dargestellt. Diese Zusammenstellung soll einen ersten Überblick über umgesetzte

Maßnahmen in Hamburg geben und einen Anhaltspunkt dafür bieten, Projekte zur

Regenwasserbewirtschaftung in Hamburg zu finden.

6.5 Wanderausstellung „Regenwasser zurück in die Natur“

Die Ausstellung „Regenwasser zurück in die Natur“, die im Rahmen des EU-Projektes

„Urban Water Cycle“ erstellt wurde, ist in fünf weiteren Bezirksämtern ausgestellt worden:

• Gesundheitsamt Harburg 28.04. bis 16.05.2008

• BZA Eimsbüttel 21.07. bis 01.08.2008

• Rathaus Altona 04.08. bis 29.08.2008

• BZA Bergedorf 01.09. bis 12.09.2008

• BZA Nord 20.10. bis 07.11.2008

In Wandsbek ist die Ausstellung bereits vom 05.09.2006 bis zum 06.10.2006 im Rahmen des

UWC-Projektes ausgestellt gewesen. Im April 2008 wurde die Ausstellung auch im Rahmen

der „Langen Nacht der Museen“ gezeigt.

Weiterhin war die Ausstellung am 24.-25.04.2009 auf der NABU-Veranstaltung „Lebendige

Alster“ zu sehen.

Zudem wurden bei allen Ausstellungen die beiden veröffentlichten Broschüren ausgelegt,

was insgesamt auf ein positives Feedback und reges Interesse stieß.

6.6 Vorträge zum Thema Regenwassermanagement

Es wurde mit einigen Ämtern der BSU sowie weiteren Institutionen in Hamburg Kontakt

aufgenommen und über das Regenwassermanagement und die Arbeiten im

KompetenzNetzwerk HAMBURG WASSER berichtet und diskutiert (z.B. Amt für Bauordnung

und Hochbau, Amt für Landesplanung, Behörde für Schule und Berufsbildung,

GWG-Gewerbe – Gesellschaft für Kommunal- und Gewerbeimmobilien mbH).

Mitarbeitern der Wasser- und Abwasserwerke St. Petersburg (Russland) am 28.05.2009, der

Tianjin Sewerage Management (China) am 19.09.2009 und von Waternet Amsterdam

(Niederlande) am 29./30.06.2009 wurden die Arbeiten und Ansätze des

Regenwassermanagements in Hamburg präsentiert und erläutert. Dieses Programm wurde

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TP6: ÖFFENTLICHKEITSARBEIT

125

ebenfalls für ausländische Studentengruppen aus Melbourne (Australien) am 22.04.2009

und der TU Delft (Niederlande) am 07.05.2009 durchgeführt.

Außerdem wurden auf zahlreichen Veranstaltungen Vorträge zum Thema

Regenwassermanagement in Hamburg und zu den Arbeiten des KompetenzNetzwerks

HAMBURG WASSER präsentiert. Im Folgenden sind einige dieser Veranstaltungen

aufgezählt:

• „DWA-Regenwassertage“ in Schleswig, 03.06.2008

• „Australian-German Workshop on Sustainable Urban Water Management” in

Melbourne (Australien), 01.-04.04.2008

• Seminar „Hochwasserschutz- und dezentrale Regenwasserrückhaltung an kleinen

Fließgewässern in der Stadt“ der TU Dresden und der TU Hamburg Harburg in

Hamburg, 18./19.04.2008

• Seminar an der HafenCity Universität Hamburg: GIS im Regenwassermanagement bei

HAMBURG WASSER, 30.04.2008

• „Abwasserkolloquium der TU Hamburg Harburg“ in Hamburg, 18.09.2008

• Seminar zum Thema „Regenwasserbewirtschaftung in Hamburg“ für deutsch-polnische

Exkursion von Architektur- und Stadtplanungsstudenten an der HafenCity Universität in

Hamburg, 26.03.2009

• „Norddeutsche Tagung für Abwasserwirtschaft und Gewässerentwicklung (NTAG)“ in

Lübeck, 22./23.04.2009

• Workshop „Mitbenutzung von Flächen in der Regenwasserbewirtschaftung - Chancen

und Grenzen für Hamburg im Bestand und in der Planung“ von HAMBURG WASSER

und der HafenCity Universität in Hamburg, 28.04.2009

• CoR-Schülerprojektwoche zum Thema „Nachhaltigkeit“ in Hamburg, 04.-08.05.2009

• fbr-Fachtagung „Regenwasserbewirtschaftung – Versickerung, Nutzung, Rückhaltung“

in Frankfurt a.M., 07.05.2009

• Workshop „Kommunale Gemeinschaftsaufgabe Überflutungsschutz – KOMGUS“ in

Frankfurt a. M., 14.05.2009

• Seminar und Ausstellerforum zur Straßenabwasserreinigung der Behörde für

Stadtentwicklung und Umwelt in Hamburg, 18.06.2009

• International Urban Planning Congress “MORGEN / TOMORROW” in Amsterdam,

1./2.10.2009

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TP6: ÖFFENTLICHKEITSARBEIT

126

6.7 Ausblick

Im Rahmen der Projekte KLIMZUG-Nord und SAWA werden von der HCU ausgewählte

Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen in Hamburg aufbereitet (vgl. Kapitel 6.4).

Im Rahmen des Projektes RISA sollen die Arbeiten der Öffentlichkeitsarbeit fortgeführt und

ausgeweitet werden. Es ist u. a. auch geplant, in diesem Zusammenhang eine Internetseite

zum Thema „Regenwasser“ aufzubauen.

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TP6: ANHANG

127

Anhang Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen in Hamburg

Dezentrale Regenwasserbewirtschaftung

in der Freien und Hansestadt Hamburg

Recherche und Dokumentation realisierter Projekte

Beitrag zum Teilprojekt 6

„Öffentlichkeitsarbeit“

im Gesamtprojekt Regenwassermanagement des

KompetenzNetzwerks HAMBURG WASSER

von der

HafenCity Universität Hamburg

Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Dickhaut

Dipl.-Ing. Elke Kruse

Diplom Geoökologe Tobias Ernst

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TP6: ANHANG

128

Impressum:

Dezentrale Regenwasserbewirtschaftung

in der Freien und Hansestadt Hamburg

Recherche und Dokumentation realisierter Projekte

Leitung und Bearbeitung: Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Dickhaut

HafenCity Universität Hamburg (HCU)

Forschungsgruppe REAP

Hebebrandstraße 1, 22297 Hamburg

Bearbeitung: Dipl.-Ing. Elke Kruse, HCU Diplom Geoökologe Tobias Ernst, HCU Recherche Yves Stammel und Sascha Neitzel, HCU

In Abstimmung mit: Dipl.-Ing. Wenke Schönfelder, HAMBURG WASSER

Projektgruppe Regenwassermanagement

Abfragezeitraum: September 2007 – Februar 2008

Erscheinungsdatum: März 2010

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TP6: ANHANG

129

A1.1 Einleitung

Ziel der Bestandsaufnahme ist es, bisher umgesetzte Projekte zum dezentralen

Regenwassermanagement in Hamburg zu identifizieren, anhand der zur Anwendung

gekommenen Maßnahmen zu kategorisieren und so einen Grundstein für die weitere

Aufarbeitung im Rahmen von Forschungsprojekten wie SAWA (Strategical Alliance for

integrated Water Management Actions) und KLIMZUG-NORD (Entwicklung strategischer

Anpassungsansätze zum Klimawandel für die Metropolregion Hamburg) zu schaffen.

A1.2 Vorgehensweise

Von September 2007 bis Februar 2008 wurde durch Interviews mit Vertretern der BSU, von

HAMBURG WASSER, der Bezirksämter und ausgewählter Ingenieurbüros sowie durch

einen Abgleich mit dem Wasserbuch der BSU Projekte zur dezentralen

Regenwasserbewirtschaftung in Hamburg identifiziert. Für diesen Bericht wurden insgesamt

43 Projekte der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung in Hamburg ausgewählt.

Die Projekte wurden dahingehend analysiert, welche Maßnahmen zur dezentralen Regen-

wasserbewirtschaftung zum Einsatz gebracht wurden. Diese Maßnahmen wurden nach ihrer

Wirkungsweise in Bezug auf die Prozesse der Wasserbilanz kategorisiert. Den Prozessen

wurden Farben zugeordnet, die es erlauben, die primäre Wirkungsweise der Projekte schnell

visuell zu erfassen. Diese Farben kommen in der Kartenübersicht und den Tabellen zur

Anwendung.

A1.3 Wirkungsweisen und Maßnahmen

• Infiltration / Nutzung des Bodenwasserspeichers [ I ]

Maßnahmen: Minimierung der Versiegelung, Flächenversickerung, Versickerungsmulde,

Mulden-Rigolen-Element, Mulden-Rigolen-System, Rohr- / Rohr-Rigolenversickerung,

Versickerungsbecken, Versickerungsschacht

• Retention [ R ]

Maßnahmen: offene Wasserfläche (bspw. Teich), unterirdische Speicherkörper (bspw.

Zisterne)

• Verdunstung [ V ]

Maßnahme: Dachbegrünung

• Kontrollierter Oberflächenabfluss [ A ]

Maßnahme: Notabflusswege

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TP6: ANHANG

130

Die Abbildung 6-1 zeigt die Lage der Projekte im Stadtgebiet. Die Nummern korrespondieren

mit den Angaben in den Tabellen 1 und 2 auf den folgenden Seiten.

Abbildung 6-1: Übersichtskarte Hamburg – Standorte der recherchierten Projekte

Die folgenden Informationen werden zu den Projekten gemäß Tabelle 6-1 gegeben:

• Name des Projekts

• Bezirk in dem das Projekt realisiert wurde

• Lage des Projekts (Adresse / umgebende Straßen)

• Name des Bebauungsplans / Baustufenplans, in dem das Projekt liegt

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TP6: ANHANG

131

• bauliche Nutzung (Wohngebiet, Kerngebiet, Gewerbegebiet, Sondergebiet)

• eingesetzte Maßnahmen der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung

Die Sortierung der Tabelle 6-1 orientiert sich an den zur Anwendung gekommenen

Maßnahmen der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung.

Die Tabelle 6-2 gibt genauere Informationen darüber, ob es für die jeweiligen Projekte

wasserwirtschaftliche Festsetzungen in den Bebauungsplänen gibt. Wenn dies der Fall ist,

ist die Art der Festsetzungen in der Tabelle 6-2 näher beschrieben. Die Sortierung der

Tabelle 6-2 folgt der gleichen Logik wie in Tabelle 6-1.

Nach Abschluss der Recherche wurde für jedes Projekt ein Datenblatt erstellt, das

weitergehende Angaben enthält zu:

• Standort

• Datum der Fertigstellung

• Art der baulichen Nutzung

• abflusswirksame Fläche (falls bekannt)

• Lageplan

• Projektbeschreibung und - falls verfügbar - Informationen zu den Maßnahmen der

Regenwasserbewirtschaftung

• Pläne / Bilder

• Bauherr / Bauträger

• genehmigende Behörde

• Planung

• Bauleitung

• weiterführende Quellen.

Zudem wurde bei der Recherche abgefragt, ob nach der Umsetzung der Maßnahmen eine

Evaluation bezüglich siedlungswasserwirtschaftlich relevanter Kenngrößen beabsichtigt war

oder stattgefunden hat. Dies war für keines der hier vorgestellten Projekte der Fall.

Um den Umfang dieses Berichts überschaubar zu halten, wurden die Datenblätter nicht

beigefügt. Sie liegen jedoch in digitaler Form (pdf-Dateien) vor und können bei Interesse von

der HCU zur Verfügung gestellt werden.

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TP6: ANHANG

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Tabelle 6-1: Projekte der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung in Hamburg (W = Wohngebiet, MK = Kerngebiet, SO = Sondergebiet, GE =

Gewerbegebiet)

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TP6: ANHANG

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Tabelle 6-1: Projekte der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung in Hamburg (W = Wohngebiet, MK = Kerngebiet, SO = Sondergebiet, GE =

Gewerbegebiet), Fortsetzung

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TP6: ANHANG

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Tabelle 6-1: Projekte der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung in Hamburg (W = Wohngebiet, MK = Kerngebiet, SO = Sondergebiet, GE =

Gewerbegebiet), Fortsetzung

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TP6: ANHANG

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Tabelle 6-2: B-Plan-Festsetzungen mit wasserwirtschaftlichem Bezug bei den Projekten der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung in Hamburg

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TP6: ANHANG

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Tabelle 6-2: B-Plan-Festsetzungen mit wasserwirtschaftlichem Bezug bei den Projekten der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung in

Hamburg, Fortsetzung

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TP6: ANHANG

137

Tabelle 6-2: B-Plan-Festsetzungen mit wasserwirtschaftlichem Bezug bei den Projekten der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung in

Hamburg, Fortsetzung

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TP6: ANHANG

138

A1.4 An der Abfrage beteiligte Personen und Institutionen

Hier werden die Kontaktdaten der wichtigsten in die Erhebung einbezogenen Institutionen

und Personen aufgeführt:

• HafenCity Universität Hamburg, Prof. Heike Langenbach, Jochen Eckert (Department

Stadtplanung, SWITCH-Projekt)

• HAMBURG WASSER, Dipl.-Ing. Wenke Schönfelder

• Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) , Abteilung Gewässerschutz, Frau

Bulla, Dr. Mechthild Recke, Frau Scherlübbe-Hilbers

• Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG), Käthe Fromm, Mirela Danoiu

• Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung

• Bezirksamt Hamburg-Nord

• Bezirksamt Hamburg-Mitte

• Bezirksamt Bergedorf

• Bezirksamt Altona

• Bezirksamt Wandsbek

• Bezirksamt Eimsbüttel

• Ingenieurgemeinschaft Klütz und Collegen GmbH, Dipl.-Ing. Buckhart Grube

• Landschaftsarchitekt BDLA, Dipl.-Ing. Dirk Matzen

• Melchior und Wittpohl, Dipl.Ing. Claudia Joite

• Masuch und Olbrisch, Dipl.-Ing. Michael Hohmann

• Ingenieurgesellschaft Prof. Dr. Sieker mbH , Dr.-Ing. Harald Sommer

Page 151: Regenwassermanagement für Hamburg KompetenzNetzwerk … · 2016. 3. 31. · Niederschlaggeschehens prognostiziert, in dessen Folge mit einer Änderung der ... als bedeutendes Thema

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Redaktion:

HAMBURG WASSER und die Partner des KompetenzNetzwerks HAMBURG WASSER

Erschienen im März 2010

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