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Regierungsbezirk Oberbayern Landeshauptstadt München Baudenkmäler Ensemble Wohnanlagen am Loehleplatz. Das Ensemble der Wohnanlage am Loehleplatz, zwischen 1907 bis 1926 errichtet, stellt ein Beispiel des genossenschaftlichen Wohnungsbaus in München dar. Die Bebauung, vom Ersten Weltkrieg unterbrochen, erfolgte durch den „Verein für Verbesserung der Wohnungsverhältnisse in München“ unter der Führung von Johann Mund und unter Beteiligung von Richard Fuchs, Hans Wagner, Paul Liebergesell und Feodor Lehmann. Der 1899 gegründete Verein zählt zu den vielen, seit der Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland entstehenden Wohnungsbaugenossenschaften, die als Antwort auf die drängende Wohnungsfrage insbesondere für die Bevölkerungsgruppen mit kleinem Einkommen ein gesundes Wohnumfeld schaffen wollten. Die Ausführung der Anlage am Loehleplatz entspricht dem Grundgedanken der kurz zuvor in Kraft getretenen Staffelbauordnung des Stadterweiterungsbüros von Theodor Fischer, welche Neubauprojekte in ein übergeordnetes, gesamt-städtebauliches Konzept einzubinden suchte. Dementsprechend ist die äußere Bebauung an der Rosenheimer Straße als Ausfallstraße viergeschossig und die inneren Bauten am Loehleplatz, an der Abenthum- und Wollanistraße von drei- zu zweigeschossigen Mehrfamilienhäusern herabgestaffelt. An der Weißkopfstraße sind schließlich eingeschossige Reihenhauszeilen zu finden. Durch die Ausgestaltung der Eckbauten an der Mündung der Maria-Lehner-Straße wird städtebaulich ein Zugang zu den Straßen- und Platzräumen im Innern der Anlage geschaffen. Die Nord-Süd-Achsen sind auf die Ramersdorfer Kirche ausgerichtet. Die Baukörper sind, besonders aus dem Anfang der Bautätigkeit noch vor dem Ersten Weltkrieg, mittels abwechslungsreicher Dachformen, Gauben, Zwerchhäusern, Erkerbauten, Loggien und Putzdekor reich gegliedert und dabei sowohl symmetrisch wie asymmetrisch zusammengeordnet. Die um einen Hof geschlossene Blockbebauung wird ebenso aufgelockert wie die Folgen von Reihenhäusern. Der Stilwandel zur Nachkriegsarchitektur wird, besonders bei den jüngeren Bauten an der Rosenheimer Straße, spürbar, bleibt jedoch im vorgegebenen Rahmen. E-1-62-000-30 Ensemble Gartenstadt Harlaching. Das Ensemble Gartenstadt Harlaching umfasst den historischen Kern der Gartenstadt-Kolonie von Harlaching nach Plänen Gabriel von Seidl von 1909. Es befindet sich am rechten Isarhochufer, östlich des Tierparks Hellabrunn, und ist eines der seltenen, bis heute anschaulich erhaltenen Gartenstadtbereichen in den Vorstädten Münchens aus dem frühen 20. Jahrhundert. Am Ort des ehem. sogenannten Guts Harlaching überliefern die barocke Wallfahrtskirche St. Anna, die urkundlich erstmals 1186 genannt wird, und das historische Gasthaus „Harlachinger Einkehr“ aus dem Jahr 1858 den ursprünglich älteren Siedlungsbestand. Die Eingemeindung von Harlaching erfolgte 1854. Am Fuß des Steilhangs im Südwesten blieben darüber hinaus die Marienklause, eine private Votivkapelle von 1866, und der zugehörige Kreuzweg erhalten. Das Gebiet von Harlaching war bis ins frühe 20. Jahrhundert nur dünn besiedelt. Die E-1-62-000-90 Baudenkmäler - Stand 19.09.2020 © Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege Seite 1/907

Regierungsbezirk Oberbayern Landeshauptstadt …...Regierungsbezirk Oberbayern Landeshauptstadt München Baudenkmäler Ensemble Wohnanlagen am Loehleplatz. Das Ensemble der Wohnanlage

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  • Regierungsbezirk Oberbayern

    Landeshauptstadt München

    Baudenkmäler

    Ensemble Wohnanlagen am Loehleplatz. Das Ensemble der Wohnanlage amLoehleplatz, zwischen 1907 bis 1926 errichtet, stellt ein Beispiel desgenossenschaftlichen Wohnungsbaus in München dar. Die Bebauung, vom ErstenWeltkrieg unterbrochen, erfolgte durch den „Verein für Verbesserung derWohnungsverhältnisse in München“ unter der Führung von Johann Mund und unterBeteiligung von Richard Fuchs, Hans Wagner, Paul Liebergesell und Feodor Lehmann.Der 1899 gegründete Verein zählt zu den vielen, seit der Mitte des 19. Jahrhunderts inDeutschland entstehenden Wohnungsbaugenossenschaften, die als Antwort auf diedrängende Wohnungsfrage insbesondere für die Bevölkerungsgruppen mit kleinemEinkommen ein gesundes Wohnumfeld schaffen wollten.

    Die Ausführung der Anlage am Loehleplatz entspricht dem Grundgedanken der kurzzuvor in Kraft getretenen Staffelbauordnung des Stadterweiterungsbüros von TheodorFischer, welche Neubauprojekte in ein übergeordnetes, gesamt-städtebaulichesKonzept einzubinden suchte. Dementsprechend ist die äußere Bebauung an derRosenheimer Straße als Ausfallstraße viergeschossig und die inneren Bauten amLoehleplatz, an der Abenthum- und Wollanistraße von drei- zu zweigeschossigenMehrfamilienhäusern herabgestaffelt. An der Weißkopfstraße sind schließlicheingeschossige Reihenhauszeilen zu finden. Durch die Ausgestaltung der Eckbauten ander Mündung der Maria-Lehner-Straße wird städtebaulich ein Zugang zu den Straßen-und Platzräumen im Innern der Anlage geschaffen. Die Nord-Süd-Achsen sind auf dieRamersdorfer Kirche ausgerichtet.Die Baukörper sind, besonders aus dem Anfang der Bautätigkeit noch vor dem ErstenWeltkrieg, mittels abwechslungsreicher Dachformen, Gauben, Zwerchhäusern,Erkerbauten, Loggien und Putzdekor reich gegliedert und dabei sowohl symmetrischwie asymmetrisch zusammengeordnet. Die um einen Hof geschlossene Blockbebauungwird ebenso aufgelockert wie die Folgen von Reihenhäusern. Der Stilwandel zurNachkriegsarchitektur wird, besonders bei den jüngeren Bauten an der RosenheimerStraße, spürbar, bleibt jedoch im vorgegebenen Rahmen.

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    Ensemble Gartenstadt Harlaching. Das Ensemble Gartenstadt Harlaching umfasst denhistorischen Kern der Gartenstadt-Kolonie von Harlaching nach Plänen Gabriel von Seidlvon 1909. Es befindet sich am rechten Isarhochufer, östlich des Tierparks Hellabrunn,und ist eines der seltenen, bis heute anschaulich erhaltenen Gartenstadtbereichen inden Vorstädten Münchens aus dem frühen 20. Jahrhundert.Am Ort des ehem. sogenannten Guts Harlaching überliefern die barockeWallfahrtskirche St. Anna, die urkundlich erstmals 1186 genannt wird, und dashistorische Gasthaus „Harlachinger Einkehr“ aus dem Jahr 1858 den ursprünglichälteren Siedlungsbestand. Die Eingemeindung von Harlaching erfolgte 1854. Am Fußdes Steilhangs im Südwesten blieben darüber hinaus die Marienklause, eine privateVotivkapelle von 1866, und der zugehörige Kreuzweg erhalten.Das Gebiet von Harlaching war bis ins frühe 20. Jahrhundert nur dünn besiedelt. Die

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  • ältesten Funde stammen aus der Eisenzeit. Die erste schriftliche Nennung von„Hadaleichingen“ datiert um 1150. In der frühen Neuzeit, als Harlaching einWittelsbacher Adelssitz war, lebten hier rund ein Duzend Untertanen. Im Jahr 1700wurde der Landsitz an Freiherr Marx Christoph von Mayr überschrieben, der durchEnrico Zuccalli bei St. Anna ein kleines Schloss erbauen ließ. Das Gebäude brannte 1796restlos nieder und wurde nicht neu errichtet.Der Bau der Gartenstadt erfolgte ab 1911 durch die Immobilien- und BaugesellschaftMünchen, die den Großteil des Areals 1907/08 von dem Bauunternehmer JakobHeilmann erworben hatte. Gabriel von Seidl lieferte 1909 den Bebauungsplan.Kennzeichnend sind schmale, unregelmäßige Straßen und Wege; sie vermittelnzwischen den Hauptachsen, die sternförmig auf das ehem. Gut Harlaching ausgerichtetsind. Die Grundstücke sind ungleichmäßig zugeschnitten und mit freistehenden Villenbesetzt (Hochleite 8, 16; Lindenstr. 12, 15, 17, 23, 25; Über der Klause 2a, 4, 5, 6, 7;Ulmenstr. 1, 3, 8-15, 19). Die Grundfläche ist jeweils großzügig bemessen, derGartenstadtcharakter ist in dem großen Anteil an Grünfläche evident. Die Bebauungerfolgte sukzessive bis in die 1930er Jahre. Der Reformstil war prägend. Gleichwohlbestimmen die individuellen Vorgaben der Bauherren die Gestaltung der einzelnenHäuser.Der Kerngedanke der Planung von Seidls war es, die bewaldeten Uferhänge der Isar alsNaherholungsgebiet einzuschließen. Heilmann hatte das Areal – und damiteinhergehend die Verantwortung für die dringend notwendige Sicherung – bereits 1902an die Stadt München abgetreten. Im Winter 1910 begannen die Bauarbeiten an derSubstruktion. Ziel war es, einen dauerhaft begehbaren Anstieg zu schaffen, ohne dienatürliche Gestalt des Geländes zu verändern. Aus diesem Grund verkleidete man diemächtige Eisenbetonkonstruktion mit Nagelfluh, sodass die Übergänge zwischennatürlichem Gestein und künstlicher Anlage verschwimmen.In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden einige der historischen Villen durchMehrfamilienhäuser ersetzt und Grundstücke nachverdichtet. Die Störungen betreffeninsbesondere die nördlichen Abschnitte der Hochleite (Nrn. 1, 2, 3, 4, 5, 10, 11, 17, 19)und der Lindenstraße (Nrn. 2, 2a-d, 4, 4a-d, 4g, 10, 10a).

    Ensemble Olympiapark. Das Ensemble Olympiapark umfasst die in dem künstlichgestalteten Landschaftspark zur Ausrichtung der XX. Olympischen Spiele der Neuzeit1972 angelegten Sportstätten mit den sportlichen und funktionalenNebeneinrichtungen, dem Olympiaturm, den Verkehrsanlagen sowie dem OlympischenDorf.Der Olympiapark befindet sich auf der ausgedehnten Ebene des Oberwiesenfelds imNordwesten Münchens. Die Fläche war seit dem späten 18. JahrhundertExerziergelände und von 1929 bis zur Eröffnung des Flughafens Riem 1939 der ersteMünchner Verkehrsflughafen. Nach der Zerstörung Münchens im Zweiten Weltkriegwurde das Areal für den Räumungsschutt genutzt. Südlich des durch den Parkverlaufenden Nymphenburg-Biedersteiner Kanal entstand bis 1958, neben denEndkippen in Neuhofen und im Luitpoldpark, der dritte und umfangreichste Schuttberg.Das 1965 als Erholungszone ausgewiesene Gebiet war inzwischen nur mit vereinzelten,öffentlichen Gebäuden – mit der Eissporthalle und dem Fernmeldehochturm derBundespost – bebaut. In Planung waren zu diesem Zeitpunkt Teilflächen für eineHochschulsportanlage, für eine Studentenwohnanlage und für den noch fehlendennordwestlichen Abschnitt des im Entstehen begriffenen Mittleren Rings zu nutzen.

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  • Diese Pläne wurden, als München 1966 den Zuschlag als Austragungsort für die XX.Olympischen Spiele bekam, in das Gesamtkonzept integriert. Für die Gestaltung derolympischen Sportstätten schrieb man 1967 ein Architektenwettbewerb aus, den dasBüro Behnisch und Partner gewann.

    In der Gesamtgliederung des bis 1972 fertiggestellten Olympiaparks sind zweiGroßkomplexe deutlich voneinander zu unterschieden, die durch das breite, ost-westlich verlaufende, das Gelände halbierende Verkehrsband des Mittleren Ringsräumlich scharf getrennt werden. Im Süden bilden die Hauptsportstätten (Stadion,Sporthalle, Schwimmhalle) das Herzstück der Anlage und im Norden befindet sich dasOlympische Dorf. Diesen Großkomplexen sind Nebeneinrichtungen beigegeben, dieWerner-von-Linde Halle und das Radstadion in der südwestlichen Ecke des Geländesund die Hochschulsportanlage westlich des Olympischen Dorfs. Hinzu kommen nocheine Reihe ebenerdiger Anlagen, wie die verschiedenen Spiel-, Sport- undTrainingsplätze sowie der Parkplatz an der Westseite des Stadions.

    Das von Günther Behnisch für die Hauptsportstätten entwickelte, übergeordneteGestaltungskonzept geht von der künstlichen Landschaftsform des Schuttbergs aus,welcher das Gelände im Süden weitgehend gegen die Stadt abschirmt. Seine zufälligeHaldenform wird zum Leitbild für die Anlage. Der sog. Olympiaberg erfährt invariierender Wiederholung eine nach Norden abnehmende Staffelung. An dessennördlichen Abhang wurde der Kanal zu einem kurvenreichen, die Bergfußlinieaufnehmenden See aufgestaut. In dessen größten Halbkreisform Bauchung liegt einkleines Freilufttheater mit Seebühne. Jenseits des Sees ist eine weitere künstlicheAufschüttung geschaffen worden, an welche sich die großen Sportkampfstättenanlehnen. Stadion, Sport- und Schwimmhalle sind wiederum durch einzusammenhängendes Zeltdach miteinander verknüpft, dessen bewegte Gestalt an dienaturhaften Haufenformen der benachbarten Landschaft erinnert. Dascharakteristische Zeltdach geht auf den Entwurf Frei Ottos und auf den statischenBerechnungen von Fritz Leonhardt und Wolfhard Andrä zurück. Auf mächtigen Pylonengestützt, hält die vorgespannte Seilnetzkonstruktion eine Dachhaut aus durchsichtigenAcrylplatten. Das „Dach ohne Schatten“ beschirmt in regelmäßigen Schwüngen alle dreiSportstätten, überdeckt das gesamte Oval der Sporthalle, schafft eine Torsituationzwischen Sport- und Schwimmhalle und endet auf der Hans-Braun-Brücke in einemeinzelnen Pylon.Ein hoher Stellenwert innerhalb der Gesamtkomposition des Olympiaparks kommt dergärtnerischen Gestaltung zu, die in Händen von Günther Grzimek lag. Ähnlichdurchdacht, wie die künstlich geschaffenen Landschaftsformen des Olympiaparks sindseine Wegesysteme, seine Ruheplätze, seine Ausstattung mit Kleinarchitekturen undSitzbänken. Dem entspricht auch eine ebenso kunstvoll eingesetzte Vegetation, bei deretwa Leitbäume die einzelnen Bereiche prägen. So ist der Schuttberg mit Bergkiefernbesetzt worden, die Wege sind durch Linden markiert, entlang den Wasserläufenwachsen Silberweiden und dem Parkplatzbereich sind Spitzahornbäume zugeordnet.An herausgehobenen Stellen des Parks sind Plastiken aufgestellt.Neben den zentralen Sportbauten sind ebenso die Nebeneinrichtungen im Osten desOlympiaparks zu erwähnen. Sie nehmen gegenüber den Hauptstätten zwar einebewusst zurückhaltende Gestaltung ein, sind aber dennoch für sich gesehen wichtigeBestandteile des Ensembles und für den Ablauf der Spiele 1972 unverzichtbar. Das

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  • Eissportstadion entstand 1966/67 nach dem Entwurf von Rolf Schütze. Zu denOlympischen Spielen konnte es als Boxhalle genutzt werden, da Schütze an einemögliche Mehrzweckfunktion gedacht hatte. Neben dem Olympiastadion befindet sichdie sog. Werner-von-Linde-Halle, die ehemalige Aufwärmhalle für die Athleten. Sie istzu diesem Zweck unmittelbar mit dem Stadion durch einen unterirdischen Tunnelverbunden. Das Radsportstadion nach Entwurf Herbert Schürmann u. a. nimmt sichebenfalls zurück. Es ragt nicht in die Höhe, sondern ist in die Landschaft eingebettet. Inunmittelbarer Nähe, an der westlichen Stadiontribüne, befindet sich die sog. Parkharfe.Auch deren sichelförmiger Grundriss gehört zum bewussten Gestaltungskonzept desParks. Die einzelnen Parkbereiche sind mit Hecken und Spitzahornbäumen eingeteilt.Ebenso gestalterisch bedeutsam ist das Kreuzungsbauwerk der Landshuter Allee mitdem Georg-Brauchle-Ring. Der rechtwinklige Sprung des Mittleren Rings von einerStraße auf die andere wird hier mittels weit geschwungener Überführungenbewerkstelligt, die in ihrem Verlauf auf die Kurvung der westlichen Stadiontribüneantworten. Die Bedeutung des Kreuzungsbauwerks ist auch durch die Art seinerBeleuchtung hervorgehoben: mit Hilfe der Beleuchtungskörper, hoher Masten, die biszu ihrer Spitze mit Strahlern bestückt sind, kommt es zu einer Art Licht-"Inszenierung".Zur weiteren verkehrstechnischen Erschließung dienen drei durch radial geführteFußwege mit den Hauptsportstätten verbundene Haltepunkte des öffentlichenNahverkehrs: der U-Bahnhof der Olympialinie an der Lerchenauer Straße im Osten, deraus einem bereits bestehenden Industriegleis gewonnene S-Bahnhof im Westen undschließlich die Straßenbahnschleife an der Schwere-Reiter-Straße im Süden. Über allemthront hier in der Südhälfte des Olympiaparks der Fernsehturm. Ehemals von derDeutschen Bundespost zur besseren Sendeleistung des Fernmeldenetzes errichtet,entwickelte sich der Turm zum Wahrzeichen. Der von Sebastian Rosenthal zwischen1965-67 gebaute Turm ist von überall aus sichtbar und eröffnet von seiner Plattformaus einen freien Blick über den Park, somit auch über den Ring in die Nordhälfte.Den Norden erschließen, genauso wie den Süden, auf Dämme geführte Wege, wobeidrei Brücken über die trennende Schneise des Mittleren Rings hinwegführen. DieHauptlinien der Dammwege bündeln sich auf der breit angelegten Hanns-Braun-Brücke.Der in gerader Fortsetzung der Brücke nach Norden ausgerichtete Zweig diesesWegenetzes spaltet den nördlichen Teil des Olympia-Geländes in zwei Hälften, derenöstliche das Olympische Dorf von Werner Wirsing, Günther Eckert, Erwin Heinle undRobert Wischer einnimmt. Die Gestalt des Olympischen Dorfs beruht auf demZusammenwirken verschiedener Konzepte. Die Trabantenstadt mit eigenem Zentrumist hier antikonzentrisch in der Form eines Dreistrahls verwirklicht. Ihr Aufbau basiertauf der konsequenten vertikalen Trennung von Auto- und Fußgängerverkehr und istvom Gedanken der Terrassenanlage bestimmt. Ihre Struktur lebt von der Verbindunggroß dimensionierter Wohnblöcke mit kleineren Einheiten und kleinstenReihenhauszeilen und der Durchsetzung des Gebauten mit ausgedehnten Grünzonen.Das Zentrum des Olympischen Dorfs ist durch eine Reihe von Hochhauszeilen markiert,die parallel zur Lerchenauer Straße stehen. Diese Hochhäuser bilden die zentraleLadenstraße entlang des Helene-Mayer-Rings aus. Die Straßbergerstraße, Nadistraßeund Connollystraße erschließen von hier aus als Verkehrswege das Wohngebiet. Dieentlang dieser Straßen entwickelten Wohnarme strahlen in Form dreier hoher, in ihremVerlauf mehrfach gebrochener Gebäudeäste nach Westen aus. Die nach Südenausgerichteten Terrassenbauten umgreifen breite, muldenartige Höfe von parkartigemCharakter. Ihnen sind, ebenfalls terrassenförmig zu den Parkhöfen hin, kleinere Zeilen

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  • von Reihenhäusern vorgelagert. Der Anlage ist südlich das seinerzeitige OlympischeDorf der Frauen vorgelagert. Die niedrig gehaltene Kleinsthaussiedlung inReihenanordnung wird jetzt als Studentendorf genutzt. Die Gebäudegruppen desOlympischen Dorfs sind in ihrer Formgebung gänzlich von ihrer Bauweise in Beton-Fertigteilen abhängig. In bewusstem Kontrast zu diesem betonsichtigenBaukastenprinzip sind die Fußgängerwege mit mehrfarbigen Ziegelsteinen ausgelegt.Mitentscheidend für das charakteristische Erscheinungsbild des Dorfes ist zudem dieintensive Bepflanzung der Terrassen. Die damit ermöglichte Fassadenbegrünungergänzt die unmittelbar angrenzenden, parkartigen Höfe und den sich nach Westenanschließenden Landschaftspark mit Kleinarenen, künstlichen Wasserläufen undRundplätzen. Auf diese Weise wird die begrünte Architekturlandschaft mit derParklandschaft verzahnt. Wie der gesamte Olympiapark – mit Beschriftungen,Wegweisern, Logos und Piktogrammen in codierter Farbigkeit – unterliegt auch dasDorf einem durchdachten Orientierungssystem. Das Wegeleitsystem des Designers OtlAicher ist durch Farben und Symbole (Kreis, Quadrat, Dreieck) gekennzeichnet, wobeisich die Farbigkeit (gelb in der Straßberger-, grün in der Nadi- und blau in derConnollystraße) sowohl an den Decken und Seitenwänden des Fahrgeschosses als auchin den Fußgängerebenen und Wohnbereichen wiederfindet. Innerhalb der Straßenzügewirkt es durch aufgeständerte, farbige Rohrbahnen, die sog. „Media Linien“ von HansHollein, sogar raumbestimmend. Diese spielerisch-dekorativ eingesetzten Elementeschaffen eine eigene Kommunikationsebene und erleichtern generell die Orientierungim Olympischen Dorf.Gegenüber im Westen befindet sich die Zentrale Hochschulsportanlage. Sie wurde 1972als Volleyball- und Gymnastikhalle mit Rundfunk- und Fernsehzentrum genutzt. DerAnlage von Erwin Heinle und Robert Wischer liegt eine strenge Rasterstrukturzugrunde. Ihre dementsprechend kubisch wirkenden Bauten leben vom Kontrastzwischen den rostbraunen Teilen des Stahlgerüsts und den hellen Ausfachungen. Überdem zentralen Atriumhof schwebt an einem Stahlrahmen der sog. Lichtsatellit von OttoPiene, ein Glaskörper in Form eines geschliffenen Diamanten. Um die Gebäudegruppeliegen ausgedehnte Sportkampf- und Spielbahnen.

    Der Olympiapark hat nachträgliche Eingriffe erfahren. Das vormalige Olympische Dorfder Frauen ist mit Ausnahme von 12 Bungalows vollständig abgebrochen und durchNeubauten ersetzt. Weitgehend hat man zudem die Hochschulsportanlageabgebrochen. Mit der BMW-Welt, dem Sea Life Centre, der sog. Kleinen Olympiahalleund dem BFTS-Bau wurden – teils aufgrund ihrer Größe störende – Neubauten in dieGesamtanlage eingefügt. Ein Erinnerungsort für das Olympia-Attentat entstand südlichdes Frauendorfs. Doch trotz der erwähnten Eingriffe hat der Olympiapark nichts anseiner herausragenden Bedeutung als gebautes Zeugnis für die noch jungeBundesrepublik Deutschland vor 1972 verloren. Er war das wichtigste Großbauprojektder Bundesrepublik in der Zeit um 1970 und genießt in dieser Hinsicht und in derbeschriebenen besonderen Gestaltungsweise internationale Bedeutung undBeachtung.

    Ensemble Platzfolge Lehel. Die Thierschstraße mit dem Thierschplatz im Norden unddem Mariannenplatz im Süden sowie dem Forum der Maximilianstraße in der Mitte,auf dessen Ost-West-Achse sie in Höhe des Maxmonuments rechtwinklig bezogen ist,ist als besondere städtebauliche Leistung des späteren 19. Jahrhunderts ein Ensemble.

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    Baudenkmäler - Stand 19.09.2020© Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege Seite 5/907

  • Mit der Platzfolge von Thierschplatz, Forum und Mariannenplatz läßt sich das im Lehelseit der Mitte des 19. Jahrhunderts wirksame städtebauliche Erschließungssystem incharakteristischer Weise fassen. Entwicklungsgeschichtlich ist für den ehemaligenVorstadtbereich, der ursprünglich nur durch Bachläufe und Kanäle der Isar und einunregelmäßiges Wegenetz strukturiert war, als erste städtebauliche Planung dieFührung der schnurgeraden Hildegard- und rechtwinklig dazu der Adelgundenstraße inden 40er Jahren des 19. Jahrhunderts fixierbar. Wie eine breite Bresche legt sich ab1853 quer über den ganzen Lehelbereich der monumentale Zug der Maximilianstraße,das vorhandene Erschließungssystem konsequent überlagernd. Nach der baulichenVollendung des Forums wird ab ca. 1875 der Verlauf der Thierschstraße festgelegt unddamit eine neue Nord-Süd-Verbindung im Lehel hergestellt, wobei das Maxmonumentden Schnittpunkt für das Achsensystem bildet. Der neue Straßenzug bleibt nicht nurVerkehrsverbindung, sondern erhält eine städtebauliche Bedeutung durch die beidenPlatzbildungen, die gleichzeitig mit der einheitlichen Überbauung der Thierschstraßegegen Ende des 19. Jahrhunderts entstehen. Thierschplatz und Mariannenplatz sindeinmal auf das Maxmonument bezogen, zusätzlich besteht ein optisches Bezugssystemzwischen den Plätzen selbst. Der Thierschplatz ist bereits in Grundrißplänen des frühen19. Jahrhunderts als dreieckige Grundform vorgegeben. Er verbindet im Norden denälteren Straßenraum der Triftstraße mit dem jüngeren der Tattenbachstraße undmündet im Süden in die neu angelegte Thierschstraße. Der unregelmäßig dreieckigePlatz, dessen Mitte ein von Bäumen umstandener Brunnen einnimmt, weist einehomogene und geschlossene Randbebauung mit Mietshäusern auf, die zwischen 1885und 1900 im Stil der Neurenaissance errichtet wurden. Mit den spitzwinklig zueinanderstehenden Baufluchten, den einheitlichen Traufhöhen und den betont horizontalgegliederten, flachplastischen Fassaden erhält der Platz einen stark räumlichenCharakter. In der Blickachse öffnet er sich nach Süden, wo sich mit dem Verlauf derThierschstraße der Blickbezug zum Maxmonument und weiter auf Chor und Kuppel derSt.-Lukas-Kirche am Mariannenplatz herstellt.Beim Mariannenplatz handelt es sich um einen vergleichsweise weitläufigen Platz inRechteckform, der an drei Seiten durch vornehme Mietshäuser der Gründerzeitgeschlossen bebaut ist, zum Isarkai hin offen bleibt und beherrscht wird durch die inseiner Mitte freistehende Kirche St. Lukas. Der Platz verdankt seine städtebaulicheBedeutung vor allem seiner exponierten Lage am Isarkai, die durch den monumentalenZentralbau der Kirche mit ihrer Oktogonalkuppel und den hohen Portaltürmen zur Isarhin hervorragend genutzt ist. Auffallend repräsentativ ist die westliche Platzseitegestaltet. Hier, in leicht zurückgenommener Bauflucht, entstand 1899 eine stattliche,dreiteilige Baugruppe, bestehend aus einem risalitartig überhöhtem Mittelbau mitbetont prächtiger Hausteinfassade und reichem plastischem Dekor sowie zweispiegelbildlich angeordneten Eckbauten mit Eckkuppeln. Der Mariannenplatz wirkt inseinem überbauten Bereich infolge der immer leicht schräg einmündenden Straßendurchweg geschlossen. In leichten Abknickungen führt auch die Thierschstraßetangential an ihm vorbei, um dann aber schnurgerade und in wandartigerGeschlossenheit die Verbindung zu Forum und Thierschplatz herzustellen. IhreKreuzungspunkte mit dem Forum sind durch risalitartig betonte Kopfbauten markiert.Das Maxmonument innerhalb seiner Rondellanlage ist Gelenkstelle für diestadtbaugeschichtlich älteren Blickbezüge nach Osten zum Maximilianeum hin undnach Westen über das weit ausgreifende Forum mit seinen Parkanlagen undDenkmälern.

    Baudenkmäler - Stand 19.09.2020© Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege Seite 6/907

  • Ensemble Villenkolonie Schlosspark Laim. Bei der Villenkolonie Schlosspark Laimhandelt es sich um eine Einfamilienreihenhaussiedlung, die im Zuge derSiedlungsbewegungen des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundertsentstand. Die in der Zeit gegründeten Terraingesellschaften kauften meistzentrumsentlegene und kostengünstige Areale auf und wandelten diese in gut situierteSiedlungen um, indem sie nach der Erstellung von Baulinienplänen und derParzellierung der Grundstücke deren Bebauung beauftragten, die nötige Infrastrukturinitiierten und die einzelnen Bestandteile wieder verkauften.

    Die von der Terraingesellschaft Neuwestend AG 1911 geplante VillenkolonieSchlosspark Laim befindet sich westlich des alten Laimer Dorfkerns in unmittelbarerNähe der ehemaligen Parkanlage des sogenannten Laimer Schlösschens, ein zumAdelssitz erhobenes Gutshaus einer Schwaige und späteres Wohnhaus TheodorFischers. Das Gebiet wird im Süden durch die Agnes-Bernauer-Straße begrenzt, überwelche ab 1908 die neue Straßenbahntrasse verlief und die die Anbindung dergeplanten Siedlung mit der Stadt garantierte. Den nördlichen Abschluss bildet diePerhamerstraße. Die Ströberlstraße im Westen und die Von-der-Pfordten-Straße imOsten waren ebenfalls bereits terrassiert. Die mittig durch die Kolonie in nordsüdlicherRichtung, über eine platzartige Erweiterung versetzt verlaufende Vohburger Straßewurde mit Baubeginn angelegt.

    Bezugsfertig war die nach den Plänen der Architekten Hans Brühl und Karl Brücklerserrichtete Wohnanlage 1912. Die Bebauung besteht vorrangig aus zweigeschossigenReihenhausgruppen mit Mansarddächern, die die Siedlung zu ihren Seiten abschließen.Die im Westen längste geschlossene Häuserreihe bildet geradezu eine Außenfront, diean eine kleinstädtische Befestigung erinnert und sich nur mit einer Tordurchfahrtöffnet. Das Tor erschließt den Platz der Vohburger Straße, wo ehemals kleineLadengeschäfte angesiedelt waren. Die städtebauliche Gestaltung ist weiterhin durcheine gewisse Schrägstellung und Krümmung der Reihenhäuser und ein Vor- undZurückspringen der Fluchtlinien geprägt. Der Wechsel von dreieckig oder geschweiftübergiebelt groß stehenden Dachgauben oder Atelierfenstern akzentuiert denDachraum. Die Fassaden sind durch rechteckige oder polygonale Boden- oder Eckerkerund durch rechteckige, rund-, oval- oder segmentbogige Öffnungen rhythmisiert.Zudem erfolgt teilweise eine Stockwerksgliederung mittels profilierter Gurtgesimse undgerader, vorkragender Traufgesimse.

    Die Villenkolonie Schlosspark Laim ist besonders der Deutschen Gartenstadtbewegungverpflichtet. Der kleinstädtische Charakter der Anlage zeigt deutlich ihren Einfluss,wenn auch deren Formen des genossenschaftlichen Zusammenlebens nichtübernommen wurde. Neben der Abschirmung zum Straßenraum, der Straßenführung,der Begrünung mit Vorgärten und Gartenhöfen und der niedrigen Bauweise betont dieNamensgebung als Bezug zum ehemaligen Schlosspark die Verbundenheit zumGartenstadt-Gedanken.

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    Ensemble Wohnsiedlung Neuharlaching. Aufgrund eines 1927 durchgeführtenWettbewerbes plante die Gemeinnützige Wohnungsfürsorge AG München 1928 unter

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    Baudenkmäler - Stand 19.09.2020© Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege Seite 7/907

  • der künstlerischen Oberleitung von Lechner, Norkauer, Eugen Dreisch und WilhelmScherer eine gartenstadtähnliche Großsiedlung auf der Höhe östlich von Harlaching.Der Siedlungsbereich konnte als ideale Lage gelten: Den Perlacher Forst im Rücken ister, in Blickverbindung, der Stadt zugewandt; für die verkehrstechnische Anbindung andie Stadt konnte eine Straßenbahnlinie eingerichtet werden. Als dieWeltwirtschaftskrise 1930 die Bautätigkeit zum Erliegen brachte, war jedoch nurweniger als die Hälfte der vorgesehenen Bauten errichtet; insbesondere fehlten - undfehlen noch - die als notwendig vorgesehenen Gemeinschaftseinrichtungen. Doch auchals Fragment ist die Großsiedlung ein sprechendes Zeugnis für die besonderen,künstlerisch-gesellschaftlichen Intentionen ihrer Schöpfer. Hier sollte offenbarverschiedenen Bedürfnissen und Ständen in Gemeinschaft Wohngelegenheit gebotenwerden: Bescheidenen Ansprüchen in kompakten, doch um große Höfe geschlossenenoder als lange Zeilen gestreckten Anlagen, die Zeilen gegen den tangentialen Verkehrabschirmend; gehobenen Ansprüchen in gleichartigen Einfamilienhäusern inbevorzugter Lage über dem Hang; dazwischen eingeschlossen Mehrfamilienhäuser. DieGliederung der Blöcke und Zeilen ist so angelegt, daß sich auch städtebaulich Merk-und Richtpunkte ergeben. Das reichliche Grün ist grundsätzlich ein allgemeines, nur dieGrundstücke der Einfamilienhäuser sind durch Zäune ausgeschieden. Die bescheideneKunst am Bau ist Teil der Planung; das gilt auch für den integrierten Hochvogelplatz,dessen Brunnen als Identifikationsmerkmal dienen sollte. Im ganzen unterscheidet sichdie Siedlung durch ihre offene Komposition, durch die Mehrzahl ihrer Bautypen vonden straff zusammengefaßten Anlagen rein sozialen Wohnungsbaues ebenso wie vonden lockeren Gruppierungen gehobener, gartenstädtischer Villenviertel. An der Stellevon Isolation einerseits und Verdichtung andererseits sucht sie ein Miteinander, auchim gesellschaftlichen Sinne, zu verwirklichen. Dieser Anspruch wird auch mit demzeitgenössisch programmatischen Schlagwort "Flachsiedlung" dokumentiert.Bedauerlicherweise haben Abbrüche und Neubauten in der Reihe derEinfamilienhäuser zu Störung und Reduktion des Ensembles in diesem Bereich geführt.

    Ensemble Villenkolonie Neuwittelsbach. Der bebaute Bereich südlich desNymphenburger Kanals zwischen Renata- und Hubertusstraße und zwischen Prinzen-und Nibelungenstraße, einschließend Lachner-, Aiblinger- und Flüggenstraße undAbschnitte der Roman-, Monten- und Prinzenstraße mit dem Rondell Neuwittelsbachals Mittelpunkt, ist ein Ensemble. Es handelt sich um ein einheitlich gestaltetes,vornehmes Villenquartier des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts von starkparkähnlichem Charakter.Mittelpunkt der Anlage ist das Rondell Neuwittelsbach, ein Kreisplatz, um den eineVillenreihe sternförmig angelegt ist und in dem sich fünf Radialstraßen schneiden. DieVerwendung von offener Bauweise und geometrischem Grundrisskonzept, diequartiersähnliche Ausdehnung der Anlage um einen freien, parkartig gehaltenenRundplatz, verweist auf eine Spätform der geometrischenStadterweiterungskonzeption. Entwicklungsgeschichtlich und typologisch läßt sich dasNeuwittelsbacher Villenquartier einmal mit der zur gleichen Zeit - in den frühen 80erJahren des 19. Jahrhunderts - geplanten und begonnenen Villenanlage um dieTheresienwiese (vgl. Ensemble Wiesenviertel) vergleichen, die ebenfalls dieKombination von geometrischem Grundrißschema und offener Bauweise aufweist. Dortzeigen sich allerdings andere Proportionen in der Grundstücksbebauung: Sie ist durchErrichtung großvolumiger Mietsvillen im Doppelpavillonsystem wesentlich

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    Baudenkmäler - Stand 19.09.2020© Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege Seite 8/907

  • dichter und lässt der Grünbepflanzung eher ergänzende Wirkung. Im VillenquartierNeuwittelsbach dominiert hingegen der garten- und parkartige Charakter gegenüberder Bebauung durch freistehende Einzelvillen. Formal ist eher eine Verwandtschaft zumKarolinenplatz des frühen 19. Jahrhunderts festzustellen; die dort erstmals in Münchenanklingende Idee der Gartenstadt wird hier nach fast siebzigjähriger Unterbrechungwieder aufgenommen und in flächenmäßig größerer Ausdehnung realisiert.Dabei ist das existierende Villenquartier lediglich der realisierte Teilabschnitt einer weitumfangreicher gedachten Planung: Die Krümmung der Lachnerstraße istsegmentförmiges Reststück eines geplanten Halbkreisbogens mit geplantem Zentruman der Stelle des späteren Winthirplatzes. Das Segmentstück ist Zitat der Alignements-Planung in München, eines einfachen geometrischen Straßenschemas aus der Zeitzwischen 1870 und 1890, mit dem weite Stadterweiterungsgebiete überzogen wordenwaren. Erst mit dem Eingreifen Theodor Fischers 1895 wurde dieses schematischeKonzept verändert und uminterpretiert. Bei dem Villenquartier Neuwittelsbach handeltes sich - nach Maxvorstadt mit Karolinenplatz, Gärtnerplatzviertel, Ostbahnhofviertelund Wiesenviertel - um den letzten Stadterweiterungsbereich nach geometrischemGrundrissschema in München.Bau- und Nutzungsvorschriften sicherten dem Villenviertel, das in denVerwaltungsberichten der Stadt als "gesundes Quartier" für "Bemittelte" bezeichnetwird, seinen einheitlichen und eigenständigen Charakter. Die Bebauung mitfreistehenden, zweigeschossigen Villen begann in den 80er Jahren um denRondellbereich und in der Romanstraße und erfolgte sukzessive bis in die 20er Jahredes 20. Jahrhunderts. Besonders charakteristisch für die Großzügigkeit der Villenanlageund deren Konzeption ist die Lachnerstraße mit ihrer zweireihigen dichtenBaumbepflanzung, den Grundstücksbegrenzungen durch schmiedeeiserne Gitter undden stattlichen Villen in Formen eines modernen Barock oder barockisierendenJugendstils.

    Ensemble Wohnanlage Zielstattstraße/Nelkenweg. Bei der Wohnanlage amNelkenweg in Obersendling handelt es sich um ein Beispiel einer gemeinnützigenArbeitersiedlung der 1920er Jahre in Zeilenbauweise.Der 1899 gegründete „Verein für Verbesserung der Wohnungsverhältnisse in München“ veranlasste deren Errichtung 1918 durch den Architekten und Stadtplaner TheodorFischer. Der Verein zählte zu den vielen, seit der Mitte des 19. Jahrhunderts inDeutschland entstehenden Wohnungsbaugenossenschaften, die insbesondere für dieBevölkerungsgruppen mit kleinem Einkommen ein gesundes Wohnumfeld schaffenwollten. Die ersten Erfolge des gemeinnützigen Wohnungsbaus wurden durch denErsten Weltkrieg unterbrochen. Mit dem Ende des Weltkrieges verstärkte sich dieWohnungsnot der Vorkriegszeit.

    Als Beitrag zur Linderung des Problems entwarf Theodor Fischer eineKleinwohnungsanlage im Münchner Süden zwischen der Steinmetz-, Zielstatt- undAidenbachstraße. Ursprünglich größer, bis zur Boschetsrieder Straße reichend geplant,wurde unter der Oberaufsicht von Johann Mund zwischen 1918 und 1927 der nördlicheAbschnitt bis zum Nelkenweg realisiert. Die dabei angewendete Zeilenbauweise bot imUnterschied zur sonst üblichen Randbebauung eine bestmögliche Belichtung undBelüftung, wobei die Struktur differenzierter war als die der annähernd zeitgleich vonFischer verwirklichte Wohnsiedlung Alte Heide. Fünfteilige, in Nord-Süd-Richtung

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    Baudenkmäler - Stand 19.09.2020© Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege Seite 9/907

  • länger gestreckte Blöcke begrenzen nach Osten und Westen den Bauplatz. Zwischendiese sind auf der Nordseite zweiteilige, kürzere Blöcke parallel gestellt. Diedreigeschossigen Mehrfamilienhäuser mit Walmdach und giebelseitigenZwerchhäusern schirmen die in Ihrer Mitte, nach Süden ausgerichtete Kette vonschmalen Reihenhäusern zum Straßenraum ab, ohne diese einzuengen. Diezweigeschossigen Einfamilienhäuser mit jeweils eigenem Garten sind unter derMitarbeit von Paul Wenz errichtet.

    Mit der Siedlung in Obersendling kombiniert Theodor Fischer kompaktes Blockwohnenmit, wenn auch bescheidenem, Wohnen im Reihenhaus. Die Anlage gilt zudem alsdeutliches Beispiel der praktischen Umsetzung der Münchner Staffelbauordnung.

    Ensemble Feldmüllersiedlung. Der Bereich der sogenannten Feldmüllersiedlung inGiesing, einer in den Jahren zwischen 1840 und 1845 planmäßig begonnenenKleinhaussiedlung, ist ein Ensemble von städtebaulicher und sozialgeschichtlicherBedeutung. Hier hat sich im Umfang eines Kleinstquartiers als siedlungsgeschichtlicheBesonderheit etwas erhalten, was nicht nur Zeugnis ablegt über die bauliche Realitätder Bevölkerungsschicht eines typischen Münchener Vororts, sondern auchstädtebauliches Dokument einer planerischen Fürsorge ist, die sich, noch zurRegierungszeit Ludwig I., nicht mehr nur auf die spektakuläre Stadterweiterung"Maxvorstadt" und deren mittelständisch-bürgerlichen Wohnstandard beschränkte und- nicht zuletzt - gleichzeitig den Gedanken einer frühen Sanierung in dencharakteristischen Arme-Leute-Gebieten zum Ausdruck bringt und damit einendokumentarischen Wert hat, der nicht nur für München selbst eine spezielleBesonderheit darstellt, sondern für ganz Bayern und vermutlich noch darüber hinaus.So handelt es sich bei der Feldmüllersiedlung um eine ungewöhnlich früheArbeitersiedlung im Vorstadtbereich, ehemals "modern" und "fortschrittlich" im Sinneeines sozialen Aufstiegs von Taglöhnern zumeist, die sich aus der denkbarbescheidensten Vorort-Behausungsform - der Zimmerunterkunft in Herbergen - insKleineigentum heraufgearbeitet hatten, d. h. ins kleine eigene Reihenhaus mit kleinereigener Gartenparzelle dahinter. In kleinem Maßstab ist hier also ein Siedlungstypvorweggenommen, der in großem Umfang und unter ganz anderen Bedingungen erstnach dem Ersten Weltkrieg entwickelt wurde.Die Vorstadthäuser auf ehemaliger Dorfflur umfassen das Gebiet zwischen Ichostraßeim Süden, Gietlstraße im Norden, Tegernseer Landstraße im Osten und reichen imWesten bis an die Platzanlage um die Kath. Pfarrkirche Hl. Kreuz. Bevor sie entstanden,war Obergiesing das an der Isarhangkante entlang sich erstreckende Dorf mit seinerKirche, dem Friedhof und den sich dieser Hangkante entlangziehenden Höfen undherbergartigen Wohnunterkünften. 1827/28 erlangte es seine kirchlicheSelbständigkeit, nachdem es vorher zur Filiale der Pfarrei Bogenhausen gehört hatte.1831 wurde eine zweite Isarbrücke, die Reichenbachbrücke, errichtet und damit rückteGiesing näher an die Stadt.Seit Bayern 1806 einen gewaltigen Zuwachs an Land und Menschen erfahren hatte,erhöhte sich die Bedeutung der neuen Residenzstadt München. Dies ließ dieBevölkerungszahl Münchens und seiner Vororte durch Zuzug von auswärts immerrascher steigen; am stärksten waren die Vororte Haidhausen und Au, schließlich auchGiesing betroffen. 1817 wurde ein neuer Friedhof für die Au an der TegernseerLandstraße angelegt, der spätere Ostfriedhof, nachdem der bislang gemeinsame

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    Baudenkmäler - Stand 19.09.2020© Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege Seite 10/907

  • Friedhof in Obergiesing zu klein zu werden begann.Auf damals offener Dorfflur, den Äckern zwischen Kirche und Tegernseer Landstraße,entstand seit Ende der dreißiger Jahre des vorigen Jahrhunderts die neueFeldmüllersiedlung. Ihren Namen bezog die Siedlung von der vormaligen Eigentümerindes Geländes, die zur genannten Zeit ihre Äcker überplanen und parzellieren ließ unddie einzelnen Bauparzellen an Tagelöhner, insbesondere Arbeiter des Baugewerbeszum Bau von "Eigenheimen" veräußerte. Vorgegeben war bei dieser Parzellierungbereits die Pfarrhofgasse, jetzt Ichostraße. Angelegt wurden als Verbindung zwischenGottesacker (jetzt Grünanlage mit Pfarrhaus und Benefiziatenhaus) und TegernseerLandstraße der Gottesackerweg (jetzt Gietlstraße) und als Verbindung zwischenPfarrhofgasse und Gottesacker die Friedhofgasse (jetzt Aignerstraße). Östlich parallelzur Friedhofgasse geführt wurde die Untere Grasstraße. In das restliche trapezförmigeGeländestück wurde im rechten Winkel zur Tegernseer Landstraße die Kiesstraßegelegt und wiederum rechtwinklig zur Kiesstraße die Obere Grasstraße. In demtrapezförmigen Reststück entstanden so teilweise unregelmäßigeGrundstücksparzellen, im Gegensatz zu den sonst meist regelmäßigen. Bebaut wurdendie Grundstücke mit erdgeschossigen Satteldachhäusern, in biedermeierlicherTraufenstellung an die vorderste Baulinie gerückt und zusammengefaßt zu Zwei- undDreispännern, mit kleinen Gartenparzellen hinter dem Haus, auf denen frühzeitig Rück-und Nebengebäude entstanden. Dieser ursprüngliche Charakter des Quartiers wird ammeisten noch in den Häusern Nr. 24/26 und 30/32 sowie Nr. 21 und 34 der UnterenGrasstraße anschaulich. Erdgeschossig geblieben sind auch die Anwesen ObereGrasstraße 1, 7 und 10, Gietlstraße 4, 6 und 16 sowie Kiesstraße 2. In der Phase dergründerzeitlichen Stadterweiterungen, als das Baugewerbe in München einenallgemeinen Aufschwung erlebte, war ein Teil der in diesem Sektor tätigenKleinhausbesitzer in der Lage, seine Häuser aufzustocken, so daß dieFeldmüllersiedlung in weiten Teilen durch das zweigeschossige Vorstadthaus geprägtist, aus der Zeit, nachdem ihre Eingemeindung (1854) bereits erfolgt war. Die Gebäudesind von äußerster Einfachheit und Schlichtheit, höchstens versehen mit einemKastengesims oder mit Putzfaschen um die Fenster. Die Satteldächer sind meistausgebaut und zeigen stehende Gauben, seltener ist das Mansarddach. Einenstattlicheren Haustyp stellt das Gebäude Obere Grasstraße 7 dar, ein erdgeschossigesKleinhaus mit Mansarddach, Halbwalm und Putzbändern als Gliederungselementen. AlsStraßenbelag ist teilweise Kopfsteinpflaster noch erhalten. Das kleine Quartier ist - trotzeiniger Störungen - immer noch anschauliches Zeugnis der Bauformen, die sicheinfachere Leute am Rande der wachsenden Haupt- und Residenzstadt München in derersten Hälfte des 19. Jahrhunderts geschaffen hatten. Neben den Tagelöhnern desBaugewerbes finden sich bei den Eigentümern u. a. auch folgende Tätigkeiten:Milchmann, Holzhändler, Zinngießer, Fuhrwerksbesitzer, Eierschmalzhändler, Maler,Rothgerber und Bierwirt.

    Ensemble Leopoldstraße (Forum) mit Schackstraße. Der Beginn der Leopoldstraßehinter dem Siegestor bildet ein verbreitertes Forum, dessen Westseite von derAkademie der bildenden Künste eingenommen und dessen Ostseite mit einereinheitlich konzipierten Gruppe palastartiger Gebäude - ehemals herrschaftlichenMietshäusern - begrenzt wird, die in den Jahren um 1900 von namhaften Architekten(Friedrich Thiersch, Martin Dülfer, Leonhard Romeis) entworfen wurden. Die beidensüdlichen Häuser der Gruppe flankieren die völlig einheitlich von Romeis gestaltete

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    Baudenkmäler - Stand 19.09.2020© Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege Seite 11/907

  • kurze Schackstraße. Typisch für den Bereich ist die freistehende Bauweise samtVorgärten. Mit der Akademie und dem umgebenden Garten sowie der davorverlaufenden breiten Akademiestraße bildet das Siegestor zusammen mit dem Forumeine städtebaulich bedeutende Gelenkstelle zwischen Ludwigstraße und Leopoldstraße.

    Ensemble Kriegersiedlung. Die Kriegersiedlung in Mittersendling ist alssozialgeschichtliches und städtebauliches Dokument einer Baumaßnahme, dieausdrücklich auf die Belange von Kriegsbeschädigten nach dem Ersten Weltkriegausgerichtet worden ist, ein Ensemble. Die Kleinsiedlung, deren niedrige vorstädtischeBebauung eingebettet ist zwischen einen breiteren Streifen Nutzgärten und einenschmalen Streifen Vorgärten, entstand in den 1920er Jahren entlang einer Privatstraße,die die Albert-Roßhaupter-Straße mit der Johann-Clanze-Straße verbindet: Diesestädtebauliche Sondersituation ist bis in die Gegenwart anschaulich. Als Träger derGesamtanlage fungierte die Bau- und Kleinsiedlungsgenossenschaft desKriegsbeschädigtenvereins München; mit der Planung wurde 1919/20 begonnen. Insymmetrischer Bebauung des geraden Straßenzugs entstand bis 1927 für etwa 100Haushaltungen Einfamilienhäuser in Reihen- bzw. Gruppenbauweise sowie zweiWohnblocks als Kopfbauten an der Albert-Roßhaupter-Straße. Drei unterschiedlicheHaustypen sind ablesbar. Im nördlichen ersten Bauabschnitt sind Vierspänner zu achtzweigeschossigen Blöcken, schlichten Walmdachbauten zu je acht Achsen,zusammengefasst (der Architekt Peter Schneider konzipierte ursprünglicherdgeschossige Walmdachbauten mit mittigem Zwerchhaus, diese wurden 1934 durchLudwig Sattich aufgestockt). Die ebenfalls acht Vierspänner des mittleren Bauabschnittswerden stilistisch eher als Doppelhäuser wirksam: Die erdgeschossigen Bauten sind miteinem mittleren traufständigen Teil zwischen hohe Mansardgiebeldächer gespannt.Diese durch Max Grässel entworfenen Bauten orientieren sich an Prinzipien desHeimatstils wie des durch Theodor Fischer besonders auch im Kleinhausbau vor demErsten Weltkrieg entwickelten Reformstils. Im dritten Bauabschnitt sind je vierHauseinheiten zu zwei Blocks zusammengezogen, der Architekt G. Leindecker, der auchdie Kopfbauten entwarf, griff zur Dekoration lediglich auf eine einfachePutzbandgliederung zurück. Die Wohnungsgrößen variieren zwischen 55 und 72Quadratmeter. Die Reihenhäuser verfügen über einen hinter dem Haus liegendenNutzgarten von 200 Quadratmeter Fläche.Die Möglichkeit zum Nebenerwerb durch Gartenbau nahm auf die besonderenBedingungen der Siedlungsbewohner Rücksicht. Die notwendigsten Voraussetzungenzu einer Art Gemeinschaftsbildung wurden durch drei Läden und eine Gaststättegeschaffen, die in den dreigeschossigen Walmdachbauten an der Albert-Roßhaupter-Straße untergebracht wurden.Die Konstruktion der Häuser entspricht in ihrer Einfachheit und ihrer Ausnutzungkostensparender Vorteile den zeitgenössischen Vorstellungen eines preiswertenKleihausbaus. Nebengebäude und Baudetails sind leider bereits einem größerenVeränderungsdruck gewichen.

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    Ensemble Siedlung Neuhausen. Den Gesamtplan für die 1928-1930 für den Mittelstandvon der Gemeinnützigen Wohnungsfürsorge AG München errichtete Großsiedlungentwarf Hans Döllgast. Durch lange Zeilen nach außen abgeschirmt, mit einemstädtebaulich repräsentativen Kopfblock gegen Westen wurden leiterartig nord-süd-gerichtete Blöcke gereiht. Die spröde Askese der Gesamtplanung wurde bewußt

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    Baudenkmäler - Stand 19.09.2020© Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege Seite 12/907

  • ausgewogen durch die künstlerische Vielfalt im Entwurf der einzelnen Häuser und derDurchführung im einzelnen. Die Blöcke wurden von verschiedenen Architekten, auchunterschiedlichster Provenienz, wie u. a. Otho Orlando Kurz, Gustav Gsaenger, UliSeeck, Martin Mendler, im gegebenen Rahmen individuell entworfen und mitentsprechend differenzierter Bauzier sowohl plastischer wie malerischer Artgeschmückt (die Wandmalereien von Sepp Frank verloren); eine belebendeBrunnenausstattung trat hinzu. Bescheidenheit in persönlichen Ansprüchen,Einordnung in ein straffes Gesamtsystem sollte durch ein verhältnismäßig reichesAngebot an öffentlicher Kunst und vor allem öffentlichem Kunstgewerbe entgoltenwerden: Zum Verständnis der künstlerischen und gesellschaftlichen Zielsetzungen derZeit wird damit ein deutlich sprechendes Zeugnis abgelegt.

    Ensemble Altstadt München. Die Altstadt München, auf dem Grundriss der hoch- undspätmittelalterlichen Herzogstadt zur barocken Residenzstadt umgestaltet, im 19.Jahrhundert als Haupt- und Großstadtkern überformt, bildet ein Ensemble, weil derWiederaufbau nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges mit Erfolg ihre Identitätgesichert hat. Zur Umgrenzung dieses Ensembles geben, soweit noch erkennbar, dieHauptlinien der ehem. Stadtbefestigung Anhalte, gelegentlich auf denspätmittelalterlichen Verlauf reduziert, gelegentlich den barocken Linien folgend, oft,dem Grade der Verwischung entsprechend, dazwischen oder knapp davor.Das älteste München liegt auf einer Niederterrasse, die sich zwischen beiden Hochufernder Isar bei allmählicher Eintiefung des Flussbettes und Verlagerung seinesWasserlaufes nach Osten durch Anschwemmung herausgebildet hatte. Ihr östlicherRand zeichnet sich im "Petersbergl" deutlich ab. Die Bezeichnungen "der Anger" und"das Tal" erinnern an die entsprechend niedere Lage späterer östlicher und südöstlicherStadtquartiere. Auf der rechten Seite der Isar ermöglicht eine Senkung des Hochuferszwischen der Au und Haidhausen unter Ausnutzung einer Insel den Übergang über denFluss. Sobald die Salzstraße, die vorher bei Oberföhring die Isar kreuzte, diesenÜbergang wahrnahm und damit durch Markt und Münzstätte die Ware Salz auf derhochwassersicheren Terrasse besitz- und handelsrechtlich verfügbar machte, konnteder Ort München in das Licht seiner individuellen Geschichte treten. Der Ursprung derneuen Brücken- und Marktzollstätte ist an die Gewalttat Heinrichs des Löwengebunden, mit der er die bischöflich-freisingische Brücke zerstörte und die an Föhringhaftenden Markt-, Zoll- und Münzrechte der bereits bestehenden Siedlung "Zu denMönchen" übertrug. 1158 erhielt die Handlung die Genehmigung des Kaisers FriedrichBarbarossa.Über die neue Brücke zog jetzt der gesamte Salzhandel von Reichenhall und Halleinnach Schwaben, Südwestdeutschland und in die Schweiz. Im Fuhrverkehr bildete derOrt die erste Tagesrast nach dem Innübergang von Wasserburg; über die nächsteHaltestelle, das zwei Jahre später (ebenfalls durch Heinrich den Löwen) gegründeteLandsberg, erreichten die Transporte das welfische Schwaben. Dem Nord-Süd-Verkehrdienten die von Innsbruck über Mittenwald und Weilheim kommende "Rottstraße"sowie die Fuhrstraßen von Tegernsee und Tölz.Die Neugründung der sich zur Stadt entwickelnden bürgerlichen Marktsiedlung ist imengsten Bereich nahe der Pfarrkirche St. Peter auf der vorspringenden Nase derAltstadtstufe zu suchen. Sie entstand auf kirchlichem Boden, auf Grund des KlostersTegernsee oder Schäftlarn, die Stadt hat später den Mönch im Wappen. Die Geschichteder Siedlung "Zu den Mönchen" ist vor 1158 ungeklärt. Die Annahme einer dörflichen

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    Baudenkmäler - Stand 19.09.2020© Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege Seite 13/907

  • Altsiedlung südwestlich der ersten Stadtmauer, die später in die Stadt einbezogenwurde und dann Altheim hieß, ist hypothetisch.Das neue München wurde sehr schnell mit Mauer und Graben umgeben, wobei Bäche,die links aus der Isar abzweigten, als Wassergräben den Siedlungsrand schützten. Schonetwa 1175 erscheint ein Aufseher über die Mauer. Die auf der Niederterrasse in einemvon Vorsicht gebotenem Abstand zum Fluss angelegte Stadt bildet ein Oval, das, imOsten stark abgeflacht, die natürliche Hangtopographie zu Sicherungszweckenausnutzt. Sparkassenstraße, Hofgraben, Schäfflerstraße, Augustinerstraße,Färbergraben, Rosental und Viktualienmarkt bezeichnen heute noch die äußerenGrenzen dieser ersten Stadtumwallung. Innerhalb der Mauern dehnt sich die breiteOst-West-Achse der Salzstraße in ihrem östlichen Teil nach Norden zum geräumigenLängsrechteck des Marktplatzes. Der Marktplatz lag also nicht im Mittelpunkt, sondernstark nach Osten gerückt. Mit seinem kleineren Ansatz, dem ehem. Kräutlmarkt, schober sich dicht an das östliche Stadttor, das Talburgtor, heran. Der offenbaruntergeordnete Nord-Süd-Verkehr berührte nur die Schmalseiten des Marktplatzes. DieSchrägführung Sendlinger Straße-Rosental ist eventuell geländebedingt. Die Kurvungdes Rindermarktes und dessen Fortführung in die Dienerstraße könnte auf einem alten,Sendling und Schwabing verbindenden Landweg beruhen. Neu geplant dagegenscheinen die Parallelen der Wein-, Diener- und Burgstraße, der Landschaft- undGruftstraße. Dem Außenrand der Siedlung ist der Zug vom Rindermarkt über dieFürstenfelder Straße zum Frauenplatz angepasst.Ein neuer Zeitabschnitt beginnt, als 1180 das Herzogtum Bayern an die Wittelsbacherkommt. Nach der Landesteilung von 1255 wird München die VerwaltungszentraleOberbayerns, auch Sitz einer landesfürstlichen Hofhaltung. Die Entwicklung vonFürstentum und Landesstaatlichkeit fördert den Aufstieg der Stadt, der auch im Neubauder Marienkirche seit der Mitte des 13. Jahrhunderts (1271 zur zweiten Pfarrkircheerhoben) seinen Ausdruck findet. Für die erste Pfarrkirche, St. Peter, entsteht ebenfallsein vergrößernder Neubau. Die erste Stadtresidenz der Wittelsbacher, der Alte Hof,wird der äußeren Nordostecke der Stadt angegliedert, eher abgesetzt, an denAußenseiten von Natur geschützt durch den Geländeabfall und den Pfisterbach,stadteinwärts aber mit dem Marktplatz und dem Osttor durch die Burgstraßeverbunden. Abgliederung und zugleich Verbindung sind bis heute für das Verhältnis desAlten Hofs zur Altstadt charakteristisch geblieben.Früh traten Bettelorden auf, als geistliche Gründungen entstanden sie außerhalb derMauern: Das Franziskanerkloster, das zunächst am Unteren Anger lag, 1284 aber vordie alte nördliche Stadtmauer verlegt wurde; das Klarissinnenkloster, das dann seineStelle einnahm; das Augustinerkloster (gegründet 1294). Als Spital ebenfalls incharakteristischer Weise außerhalb der Stadt und zudem an einem Wasserlauf, demStadtbach vor dem Talburgtor im Osten, war bereits seit 1208 das Heilig-Geist-Spitalentstanden, eine bürgerliche Spitalgründung. Eine Stadterweiterung ist zur Zeit derTeilung der Pfarreien wohl schon im Gang gewesen und um 1285 begann dieStadtgemeinde mit einer Neubefestigung.In dem Wachstum lassen sich planerische Züge erkennen. Die ostwestliche Hauptstraßewird Grenze der beiden Pfarreien. Dieser Achse parallel stehen die beiden Pfarrkirchen,vom Verkehr abgerückt. Dagegen liegen die Kirchen des Heilig-Geist-Spitals und derAugustiner der Hauptstraße unmittelbar ostwärts und westwärts an. Die Frauenkircheist in einer Achsenbeziehung dem Alten Hof zugeordnet. Im Stadtplan markieren diegeosteten Kirchen Achsenkreuz und Diagonale.

    Baudenkmäler - Stand 19.09.2020© Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege Seite 14/907

  • Bei der ersten Stadterweiterung nach Mitte des 13. Jahrhunderts wurde das Heilig-Geist-Spital in die Umwehrung miteinbezogen, die neue Tal-Vorstadt demHandelsverkehr zugunsten sehr breit gehalten. Die neue Befestigung verlief im Südenentlang der Westenriederstraße und bog dann im Zug des Radlstegs und derHochbrückenstraße nach Norden ab. Bis etwa 1330 folgten Erweiterungen auch nachden anderen Richtungen; unter Ludwig dem Bayer wuchs der Umfang der Stadt auf vierKilometer, ihr Flächeninhalt auf etwa das Sechsfache der Gründungsstadt.Im Südwesten, Westen und Norden schob man den neuen Bering in einer annäherndhalbkreisförmigen Linienführung um rund 400 Meter vor den alten hinaus. Südöstlichdes Sendlinger Tors setzte sich diese kreisförmige Umgrenzung der Erweiterung nochrund 300 Meter in die Isarniederung fort. Vom Angertor dagegen führte man dieStadtmauer in nahezu gerader Linie zum Ortsrand des Petersbergl. Die dort ansetzendeErweiterung gegen Osten beschränkt sich auf die beidseitige Bebauung des "Tals", diemit dem neuen Isartor dann doch so weit über das Tor am Kaltenbach hinausreicht,dass die Entfernung von diesem neuen Osttor zur Kreuzung der Hauptachsen amMarienplatz wieder die gleiche ist wie die von dort zum Neuhauser Tor im Westen. Dieöstliche Mauerfront im Nordteil der zweiten Stadterweiterung ist nicht mehr eindeutigfeststellbar, da sie 1385 beim Bau der Neuen Veste verändert wurde.Der neue Mauerring erhielt vier Haupttore und drei Nebentore. Haupttore waren imOsten das Isartor, im Norden das Schwabinger Tor, im Westen das Neuhauser Tor undim Südwesten das Sendlinger Tor. Davon sind das Sendlinger und Neuhauser Tor nur alsKulissen erhalten, allein das Isartor lässt noch den vollen Bestand seiner Baukörpereinigermaßen erscheinen. In der Gesamtanlage der Stadterweiterung sind Grundzügegeometrischen Planens erkennbar: Der Abstand des Neuhauser Tors zum Mittelpunktder Kernstadt im Achsenkreuz westlich des Marktplatzes ist gleich dem Abstand desSendlinger Tors und Isartors zu diesem Mittelpunkt, wobei sich der Abstand desNeuhauser Tors aus der Straßenverdoppelung nach Westen um den Durchmesser derKernstadt ergab.Im Grundriss der Stadterweiterung setzen sich die Hauptstraßen bis zu den neuenToren fort, erhalten jedoch eigene Namen. Die Einteilung der inneren Stadt in vierViertel wurde auch im Bereich der Stadterweiterung übernommen. Das Tal blieb alszusätzliches fünftes Viertel zunächst selbständig. Spätestens nach Mitte des 15.Jahrhunderts hat man den nördlichen Teil der Graggenau, den südlichen demAngerviertel zugeschlagen. Im Tal erfolgte die Erweiterung vom Kaltenbach bis zumIsartor beiderseits nur in Blocktiefe. Sonst wählte man bei der Einteilung der neuenQuartiere annähernd rechteckige Blöcke, jedoch nicht nach einem starren Schema. Anden Rändern zwang die Mauerführung zu dreieckigen oder trapezförmigen Baublöcken.Mit geringen Ausnahmen sind die Baublöcke größer als die der Innenstadt, die bereitsGrundstückstiefen zwischen 20 bis 50 Metern aufwiesen. Die Grundstücke hatten einedurchschnittliche Breite von acht bis zehn Metern. Zur Erschließung der extrem tiefenGrundstücke dienten verschiedentlich sog. Durchgänge zwischen zwei parallelenStraßen.Die Gliederung der einzelnen Stadtviertel erfolgte in unterschiedlicher Weise. Imnördlichen Teil der Graggenau entstand das Platzl, dessen schmälere Fortsetzung zumKosttor führte. Der höhergelegene Teil der Graggenau wird in nordsüdlicher Richtungdurch die Vordere Schwabinger Gasse (jetzt Residenzstraße) unterteilt. Einen großenTeil des östlich davon gelegenen Blocks nahmen das Franziskaner-, das Ridler-Frauenkloster und das Püttrichkloster ein. Alle diese Klöster wurden anfangs des 19.

    Baudenkmäler - Stand 19.09.2020© Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege Seite 15/907

  • Jahrhunderts aufgehoben und abgebrochen. Im neuen Teil des Kreuzviertels hat mandie Straßen annähernd rechtwinklig zueinander angeordnet. Ein durchlaufenderStraßenzug findet sich nur in Ost-West-Richtung: Fingergäßchen (jetzt Maffeistraße)-Promenadeplatz-Pfandhausgasse (jetzt Pacellistraße). Auf ihrem breiteren Teilerrichtete die Stadt 1407 Salzstädel; nach ihrem Abbruch im Jahr 1780 wurde der Platzmit Bäumen bepflanzt und künstlerisch gestaltet. Den ganzen Block zwischenNeuhauser-, Ettstraße, Löwengrube und Augustinerstraße nahm das Augustinerklosterein. 1480 legte man im Norden im Nahbereich der Stadtmauer einen neuen Friedhoffür die Frauenpfarrei mit der Salvatorkirche als Gottesackerkirche an.Die geringste Gliederung und damit die tiefsten Baublöcke weist das Hackenviertel auf.In Nord-Süd-Richtung wird das Viertel durch den Zug Eisenmannstraße-Damenstiftstraße-Kreuzstraße annähernd geradlinig durchschnitten, in Ost-West-Richtung durch die Züge Altheimer Eck-Herzogspitalstraße und Hackenstraße-Brunnstraße-Josephspitalstraße. Auffällig sind die Unregelmäßigkeiten dieserStraßenzüge in ihren östlichen Teilbereichen, vielleicht Hinweis auf eine ältere SiedlungAltheim. Die Allerheiligenkirche am Kreuz wurde bei der Anlage des neuen Friedhofs fürdie Peterspfarrei 1478 erbaut. Ganz unregelmäßig ist die Erweiterung desAngerviertels. Die beiden nordsüdlichen Straßenzüge, der Obere und Untere Anger,waren, wie schon ihr Name sagt, verhältnismäßig breit angelegt; ihr Verlauf wurdedurch zwei offene Stadtbäche bedingt. Beide Straßenzüge hatten keine Verbindung zurInnenstadt; sie endeten schon an der Dultstraße bzw. am St.-Jakobs-Platz. Dieser großePlatz wird südlich von dem Angerkloster begrenzt; an seine Nordostecke schließt sichder kleinere Sebastiansplatz an.Die Erweiterung der Stadt unter Ludwig dem Bayern konnte viereinhalb Jahrhundertelang der Stadtentwicklung Raum geben und die bis 1800 auf etwa das Vierfachewachsende Einwohnerzahl aufnehmen.Ihre bleibenden Symbole setzte sich in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts dieBürgerstadt durch die zwei bedeutendsten Bauwerke jener Zeit, durch die Frauenkircheals sakralen und das Rathaus als politischen Mittelpunkt der Stadt. 1505 wird Münchenalleinige Hauptstadt Bayerns. Die Führung des Gesamtlebens geht in die Hände derFürsten, seit 1623 Kurfürsten über. Renaissance, Barock und Rokoko verändern dasGesicht der Stadt, nicht aber ihren Grundriß. Durch die gesteigerte Bautätigkeit desHofes begann eine Art Auszehrung der bürgerlichen Bausubstanz. Die ersten deutschenMuseen entstehen mit der Kunstkammer und dem Antiquarium. Dem Bau desJesuitenkollegiums und der Michaelskirche 1583-1597 durch Herzog Wilhelm V.mußten an die 50 Häuser weichen, nicht viel weniger der 1596 vollendetenWilhelminischen Neufeste, der Maxburg. Auch die neuen Residenzbauten der HerzögeAlbrecht V., Wilhelm V. und Maximilian I. verdrängten zahlreiche Bürgerhäuser. Dergroße Kurfürst des Dreißigjährigen Krieges und der Gegenreformation errichtete dieMariensäule und seine Residenz. An dieser Residenz hat bis ins 19. Jahrhundert fastjede Stilepoche gebaut. 1613 wird der Hofgarten angelegt. Ein neuzeitlicherBefestigungsgürtel entsteht zwischen 1619 und 1645. Drei Hofspitäler werden imZeitraum von wenigen Jahrzehnten errichtet: das Herzogspital (1576), das Rochusspital(1602) und das Josephspital (1626).Die in der Barockzeit aufbrechende Frömmigkeit brachte eine Kette neuerKlostergründungen durch den Hof. Die Englischen Fräulein wurden 1627 an derWeinstraße angesiedelt, die Karmeliten an der heutigen Pacellistraße, dieSalesianerinnen 1675 an der heutigen Damenstiftstraße, die Servitinnen 1727 an der

    Baudenkmäler - Stand 19.09.2020© Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege Seite 16/907

  • Herzogspitalstraße, die Theatiner 1663 am Schwabinger Tor.Vom späten 17. Jahrhundert an ging eine große Zahl von Bürgerhäusern in adeligenBesitz über, vor allem im Kreuzviertel nördlich des Promenadeplatzes, an der Theatiner-und Residenzstraße.1806 wird München Haupt- und Residenzstadt des neugeschaffenen KönigreichesBayern. Es beginnt die Umgestaltung der barocken Residenzstadt zur Hauptstadt einesmodernen Territorialstaates, zum Kern einer Metropole. Das bis dahin statisch in sichruhende Gebilde, eingeschlossen und zusammengehalten von dem doppelten Ring dermittelalterlichen Stadtbefestigung und von dem Kranz der barocken Wallanlagen,öffnet sich in das Umland.Die Festungseigenschaft wir bereits 1791 aufgehoben, es beginnen die Arbeiten amNeuhauser Tor, jetzt Karlstor benannt. Das neue München wächst außerhalb derKernstadt. Die Altstadt selbst, in ihrem Kernbereich von den neuen Entwicklungenvorerst wenig berührt, öffnet sich nach Westen. An die Stelle der abgetragenenBefestigung treten hier neue, breite Straßenzüge und Alleen mit aufgelockerter,großzügig-schlichter Bebauung. Im Süden und Osten der Stadt unterblieb dieFortsetzung des breiten Straßengürtels, einmal, weil die städtebauliche Situation imOsten von vornherein weniger geschlossen war, z. B. durch die gewerblicheNutzungsstruktur in den Isarauen, zum anderen, weil eine langjährige verfehlteGrundstückspolitik der Kurfürsten den Staat jetzt in die schwierige Lage versetzte,ehemals verschenkte Grundstücke in diesem Bereich um teures Geld zurückzukaufen.Dem neuen Königreich gelingt eine anspruchsvolle Selbstdarstellung in der endgültigenGestaltgebung des in Jahrhunderten gewachsenen Komplexes der Residenz, in derPlatzschöpfung des Max-Joseph-Platzes und vor allem mit der spektakulären Öffnungnach Norden in die Achse Odeonsplatz-Ludwigstraße. Mit der auf die Isar hinausgerichteten Achse der Maximilianstraße erhält dieser Bereich später eine urban-repräsentative Fortschreibung.Zu einer Demonstration des im mittleren 19. Jahrhundert zu politischer Geltung undwirtschaftlicher Kraft gekommenen Bürgertums wurde dann das Neue Rathaus, in dreiBauabschnitten von 1857-1908 auf dem Grund von 24 Häusern nach Plänen Georg vonHauberrissers mit seinem mächtigen, 80 Meter hohen Turm ins Zentrum der Stadtgestellt.Abgesehen von diesem Rathausneubau geht der Historismus mit dem vorhandenenAltstadtgefüge relativ sorgsam um. Im Interesse einer Verkehrsdurchlässigkeit wird dieAltstadt an vielen Stellen "durchlüftet". Sämtliche innerstädtisch noch vorhandenenTore werden abgebrochen, die Baufluchten an diesen Engpaßstellen gedehnt, so daßneue Achsen entstehen: die Kaufinger Straße geht über in die Neuhauser Straße, dieRosenstraße in die Sendlinger Straße, die Diener- in die Residenzstraße. ZahlreicheStraßen werden aufgeweitet, z. B. Rosental und Rosenstraße, Oberanger, Dultstraße,Schmiedstraße, Maffeistraße, Weinstraße, Landschaftsstraße, Hackenstraße.Baulinienveränderungen erfolgen auch beim Augustinerstock, in der Löwengrube, inder Kaufinger und Neuhauser Straße. Straßendurchbrüche entstehen z. B. zwischenOberanger und Rosenstraße mit der Pettenbeckstraße. Völlig neu entsteht dieSparkassenstraße über dem Pfisterbach.Abgelehnt werden im Stadtrat wiederholt Abbruchanträge für die äußeren Stadttore,ebenso für den Turm der Heilig-Geist-Kirche und den Wilhelmsbogen über derMaxburgstraße.Zentrale Funktionen, die der Verwaltungs- und Handelsstadt im Zuge ihrer Citybildung

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  • in verstärktem Maße obliegen, werden in München in besonderer Weisearchitektonisch und städtebaulich ausgebildet, nämlich in einer Art heimisch-traditioneller Formensprache, die unter Verwendung von Stilelementen der deutschenRenaissance eine für die Stadt typische Ausdrucksform des Heimatstilgedankensgefunden hat. Dazu gehören z. B. die Platzfolge Kosttor-Platzl-Orlandostraße, derDreifaltigkeitsplatz, der Viktualienmarkt, der Ruffiniblock, der Augustinerblock, dasKünstlerhaus, das Kaufhaus Oberpollinger, das Polizeipräsidium, die Hauptfeuerwache,die Stadtsparkasse und das Stadtbauamt. Geordnet wurde das Verhältnis vonkernbildender Altstadt zur Großstadtlandschaft sowohl im Hinblick auf den Grundrißwie vor allem im Hinblick auf das Relief durch die Staffelbauordnung Theodor Fischersvon 1904.Die Tatsache, daß die hier beschriebene Altstadt Münchens in der Gegenwartwesentlich bestimmende Elemente ihrer geschichtlichen Identität erfahrbar werdenläßt, hängt nach ihrer Zerstörung im Zweiten Weltkrieg entscheidend mit der Art undWeise zusammen, in der sie wieder aufgebaut worden ist.Die Silhouette der Altstadt München ist beharrlich die einer vorindustriellen Stadt. Ihrearchitektonischen Wahrzeichen verweisen auf ein städtisches Gemeinwesenbürgerlicher Prägung mit Überformung der Renaissance und des Barock. Trotz allerVeränderungen, Störungen und Zerstörungen ist die Altstadt in ihren Grundzügen zuerfassen als bürgerliches Gemeinwesen mit höfischer Vergangenheit. Die planmäßigeAnlage des Spätmittelalters hat bis in die Gegenwart überdauert mit denQuartiersgliederungen, den Straßenverläufen, den Platzräumen und altenGrundstücksaufteilungen. Die Struktur der Münchner Altstadt wird immer nochbestimmt von den Volumen der großen herzöglichen Bauten und der königlichenResidenz aus der Zeit, in der sie sich als Metropole eines neugeschaffenenFlächenstaates darstellte, sowie von der Überformung des Historismus durch quasi"heimattümelnde Zellen" in einer für München charakteristischen Stilmischung ausElementen der deutschen Renaissance und einer heimisch-traditionellenFormensprache aus der Zeit um die Jahrhundertwende.Der Münchner Wiederaufbau greift bewusst die städtebauliche Tradition und Strukturdes alten Münchens und seiner baulichen Eigenheiten auf. Zwischen denTraditionsinseln wurden die Baulücken architektonisch "neutral" gefüllt, d. h., durchWahrung überkommener Dimensionen und Proportionen, durch Verwendungtraditioneller Baumaterialien und Putztechnik und traditioneller Aufteilung vonWandfläche zu Öffnungen ist eine Art Identitätserhaltung gelungen, bei der sichstilistisch kunstgewerbliche Bescheidenheit bis hin zu einer Art "Nichtarchitektur"zurücknimmt.Dieser Münchner Wiederaufbau vollzog sich unter zwei Voraussetzungen: einmal derunmittelbar nach Kriegsende durch den Stadtrat gefaßte Beschluß, die Altstadt gleichdem bisherigen Stadtbild wieder entstehen zu lassen, zum anderen die Tatsache, daß inBayern (im Gegensatz zu anderen deutschen Ländern) ein Wiederaufbaugesetz nichterlassen wurde. Für München bedeutete dies zudem, daß man am StaffelbauplanTheodor Fischers von 1904 auch weiterhin festhielt. Das Bekenntnis zum alten Stadtbildund damit zu einem konservativen Wiederaufbau war in der unmittelbarenNachkriegszeit durchaus nicht selbstverständlich. Damals stand sich die Haltung derModernisten, die an die Ideen des Neuen Bauens der zwanziger Jahre anknüpfenwollten (zum Teil mit dem weltanschaulichen Anspruch, über eine Neuordnung undNeugestaltung der zerstörten Städte nach modernen Gesichtspunkten die Hypothek

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  • des Dritten Reiches überwinden zu können) der Haltung der Traditionalisten utopischund hart gegenüber.Der Umstand, daß ein Wiederaufbaugesetz fehlte, sollte sich im Wiederaufbau dengeringfügigsten städtebaulichen Eingriffen als kaum überwindbarer Hemmfaktorerweisen. Baulinienveränderungen und Baulandumlegungen führten in der Praxis zukomplizierten und langwierigen Verhandlungen zwischen Stadt und Eigentümern.Hierdurch ist der Konzeption und der Verwirklichung des Wiederaufbaues der Rahmengegeben: Bereits in der zweiten Sitzung des Stadtrats nach dem Zweiten Weltkrieg, am9. August 1945, gibt Stadtbaurat Karl Meitinger eine allgemeine Übersicht über Zieleund Prinzipien der Stadtplanung, die in der Schrift "Das neue München. Vorschläge zumWiederaufbau" niedergelegt.Dieser erste und einzige grundsätzliche Entwurf zu Fragen des Wiederaufbaues inMünchen seitens der Stadtplanung wird im wesentlichen nur durch Stellungnahmender Denkmalpflege gestützt und ergänzt, die sich frühzeitig in den Wiederaufbauprozeßeinschaltet, wobei die selbstverständliche Verwendung des Begriffes "Wiederaufbau"bereits die Tendenz der Zielsetzungen andeutet. Generell lautet die Konsequenz: dieWiederherstellung des alten Stadtbildes verlangt die Wiederherstellung ihrerMonumentalbauten.Meitinger entwickelt seine Gedanken zur Neugestaltung des gesamten Stadtgebietesunter aufeinander abgestimmten wirtschaftlichen, sozialen und architektonischenGesichtspunkten. Die Idee geht unter anderem dahin, den übermäßigen Verkehr vonder Altstadt abzuleiten und durch Verlegung der großen Unternehmen und Ämter aneinen Park- und Verkehrsring um die Altstadt den Durchgangsverkehr in diesermöglichst zu verringern. Damit wird also eine Dezentralisierung städtischer Funktionenangestrebt.Dem Konzept von Karl Meitinger sind folgende Prinzipien zu entnehmen:Erstens aus dem Bekenntnis zum historischen Erscheinungsbild der Altstadt dieEntscheidung zum Wiederaufbau oder zur Rekonstruktion ihrer historischenWahrzeichen; zweitens die Wahrung des historischen Stadtgrundrisses in seinenStraßen- und Platzräumen; drittens die "Dehnung" der Straßen mittels Zurückversetzenvon Baufluchten aus Verkehrserfordernissen heraus anstatt der Einrichtung neuerStraßenzüge und Achsen; wo erhaltenswerte Gebäude die alten Baulinien markieren,werden Arkaden eingebaut; viertens die "Dehnung" von kleineren Straßen nur in ihremBinnenraum unter Beibehaltung der Engen an ihrem Anfang und Ende, so daßBlickbezüge in der ursprünglichen Enge des Ausschnitts erhalten bleiben; die Steigerungalter Blickbezüge durch Schaffung neuer Platzbildungen vor wichtigen Baudenkmalen,d. h. eine Art Inszenierung dieser Baudenkmale; fünftens die Beibehaltung derBauhöhen, wie sie durch die Staffelbauordnung festgelegt wurden; und schließlichsechstens die Einrichtung von Arkaden und Passagen zur Entmischung von Fußgänger-und Fahrverkehr.Auffällig und kennzeichnend an diesen Vorschlägen ist, daß sie sich grundsätzlich an dasbereits im Historismus in München praktizierte Verfahren anschließen, den historischenStadtgrundriß zu schonen und lediglich durch "Dehnung" von Straßen- und Platzräumenund durch Zurückverlegen von Baufluchten eine größere Verkehrsdurchlässigkeit zuerzielen. Realisiert werden im Münchner Wiederaufbau von Meitingers Vorschlägen imwesentlichen: die Neugestaltung des Marienplatzes durch Rückversetzung dersüdlichen Baulinie und Zurücknahme der Baulinien an der Nordostecke sowie durchEinbau von Arkaden an dieser Ecke und an der westlichen

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  • Platzwand; an der Südseite wird auf Arkaden verzichtet. Die durch die Altstadtführenden Nord-Süd- und Ost-West-Achsen werden geweitet: die südlichen Bauliniender Kaufinger- und Neuhauser Straße werden zurückgesetzt, in älteren BaubestandArkaden eingefügt; Arkaden entstehen auch beim Karlstor; entscheidendzurückgenommen wird die Baulinie des Sparkassenneubaus im Tal gegenüber derHeilig-Geist-Kirche. Die Theatinerstraße erfährt an ihrer Ostseite insgesamt eineVerbreiterung, an der Westseite unmittelbar vor der Theatinerkirche. Zurückgesetztwird die östliche Baulinie der Rosenstraße; die Einmündung des Rindermarktes in denMarienplatz wird verbreitert.Zu entscheidenden städtebaulichen Veränderungen kommt es im Angerviertel: um einedirekte Verbindung zum Sendlinger-Tor-Platz zu erzielen, wird die Blumenstraßewestlich der Blumenschule durchgebrochen und mit dem über die ehem. Raspstraßeumgelegten und insgesamt verbreiterten Oberanger verbunden, der auch densüdlichen Teil der Pettenbeckstraße ersetzt. An Stelle des ehem. Oberangers liegt jetztder Roßmarkt, ohne Verkehrsdurchgang zum Oberanger. Die ehem. Bebauungzwischen Klosterhofstraße und Ignaz-Günther-Haus am St.-Jakobs-Platz wirdabgebrochen; mit der Neubebauung entstehen neue Strukturen.Um die Verbindung zwischen Promenadeplatz und Perusastraße zu verbessern, wirddie südliche Baulinie der Maffeistraße zurückgenommen und in das Eckhaus zurWindenmacherstraße werden Arkaden eingebaut; verbreitert wird auch dieWindenmacherstraße und das sich westlich anschließende Stück der Löwengrube.Binnenräumlich erweitert werden die kurze Sporer- und Filserbräustraße östlich desDoms.Die historischen Grundstücksstrukturen sind weitgehend gewahrt, abgesehen vonNeubauprojekten wie der Neuen Maxburg oder dem Stadtsteueramt an der Joseph-Spital-/Herzog-Wilhelm-Straße. Um die oft sehr tiefen Bebauungsblöcke für denFußgängerverkehr durchlässig zu machen, wurden zahlreiche Passagen eingerichtet, sovor allem im Bereich zwischen Residenz- und Theatinerstraße, zwischen Theatiner- undKardinal-Faulhaber-Straße, zwischen Tal und Ledererstraße und zwischen Rindermarktund Rosental.In der Praxis wurde der Wiederaufbau bestimmt durch einen selbstverständlichenTraditionalismus, der bei den sakralen und profanen Monumentalbauten (nach einerPhase der Instandsetzungsarbeiten) rekonstruierende Tendenzen förderte, starkgetragen und gestützt durch Initiativen aus der Bürgerschaft. Als erste der zerstörtenMünchner Kirchen wird die Bürgersaal-Kirche bereits 1945/46 wiederhergestellt;gleichzeitig der Wiederaufbau des Doms, von St. Peter, Hl. Geist, der Theatiner- undMichaelskirche in Angriff genommen. Von den zwölf stark oder weniger starkbeschädigten Kirchen der Altstadt wird nur eine ganz abgebrochen, dieJosephspitalkirche, an deren Stelle 1953/54 das Stadtsteueramt als Neubau entsteht;eine weitere wird zwar abgebrochen, aber als Neubau wieder errichtet: St. Jakob amAnger 1955/56; in den Neubau der Herzogspitalkirche von 1954 wird der alte Turmintegriert.Der eigentliche Wiederaufbau, nicht mehr geprägt durch Material- undArbeitskräftemangel aus der unmittelbaren Nachkriegszeit, vollzog sich in demangesichts der umfangreichen Kriegszerstörungen erstaunlich kurzen Zeitraumzwischen etwa 1950 und 1958, wobei das Jahr des 800jährigen Stadtjubiläums alswesentlicher Antriebsfaktor anzusehen ist.Die Häuser, die in dieser Zeit genehmigt werden, sollen nach den Vorstellungen des

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  • Stadtbauamts nicht durch Stahlbeton und Glas geprägt sein, sondern ein"gutbürgerliches Aussehen" erhalten. Eine Bemalung der Vorderfronten wirdangestrebt. Das Ergebnis dieser konservativen Grundhaltung zeigt sich am deutlichstenan der Südwestseite der Weinstraße, an der Westseite der Theatinerstraße, in derResidenzstraße und Burgstraße (ehem. Städtisches Wohnungsamt). Hier ist den glattenPutzbauten eine architektonische Gliederung aufgemalt oder in Kratzputzornamentikoder Keramikplattenverkleidung eine Gestaltung in einfachen grafischen Formengegeben. Der sog. Münchner Stil ist durch kunstgewerbliche Bescheidenheit undNeutralität charakterisiert.Was strukturelle Veränderungen im historischen Stadtkörper anbetrifft, so sind zunennen (neben der bereits beschriebenen veränderten Verkehrsgestaltung imAngerviertel und der dort vorgenommenen Neubebauung unter Verzicht auf diehistorische Grundriß- und Aufrißsituation) einmal die Schaffung eines neuen Platzes amRindermarkt, zum anderen die Verlegung der Schrammerstraße nach Norden, um sie indie Achse Maffeistraße-Hofgraben einzufädeln, und schließlich der Verzicht auf eineWiederbebauung des Areals nördlich des Neuen Rathauses, also die Auflösung derBebauung an der ehem. Landschaftsstraße und Gruftstraße.Die Altstadt Münchens erfuhr nach dem Abschluss der ersten Wiederaufbauphase um1960 erhebliche Eingriffe in das Stadtbild. Es entstanden Ergänzungen an Stellen, diezuvor nicht bebaut waren, vor allem aber wurden Bereiche und Bauten ein zweites Malüberarbeitet oder neu errichtet und dadurch oftmals gravierend verändert. ZumOlympiajahr 1972 sperrte man zentrale Straßenzüge für den Verkehr und schufdauerhaft die Fußgängerzone. Schon zuvor war das Roman-Mayr-Haus am Marienplatzabgebrochen worden und bis 1972 wurde hier in modernen Formen ein Kaufhausbauneu errichtet. Zu gleicher Zeit entstanden mit dem Rathausturm am Alten Rathaus unddem Theatinerhof an der Theatinerstraße rekonstruierende Neubauten in der Altstadtals Teile der Stadtreparatur der 1970er Jahre.Zu weiteren Eingriffen kam es in den folgenden Jahren im Quartier zwischenTheatinerstraße und Kardinal-Faulhaber-Straße mit der Anlage der Fünf Höfe und durchdie Entkernung der ehem. Staatsbank an der Kardinal-Faulhaber-Straße. An derFalckenbergstraße entstand das neue Probengebäude der Kammerspiele, amMarstallplatz die Erweiterung des Nationaltheaters. Der Bereich Marstallplatz/Alfons-Goppl-Straße wurde insgesamt städtebaulich neu geordnet. Auch am St.-Jakobs-Platzund Oberanger kam es zu einer städtebaulichen Neuordnung insbesondere durch dieErrichtung des Jüdischen Zentrums. An der Blumenstraße wurde die Schrannenhalle mitihrer historischen Eisenkonstruktion wieder errichtet. Zahlreiche schlichteNachkriegsgebäude wurden dabei durch Neubauten ersetzt, so auch bei der Bebauungdes Alten Hofes oder beim Neubau des Schäfflerblocks.

    Ensemble Ehem. Ortskern Langwied. Der im 3. Viertel des 13. Jahrhunderts erstmalsgenannte Ort Langwied, damals „Lanquat“, wurde 1818 zusammen mit den OrtschaftenGröbenzell und Lochhausen zu einer Gemeinde zusammengefasst. Der Ort verlor seineSelbständigkeit mit der Eingemeindung in die Stadt München 1942.

    Die locker angeordneten Höfe waren durch mehrere kleine, sich verzweigende Wegeerschlossen. Den jetzigen Waidachanger gab es im 19. Jahrhundert noch nicht, da derLangwieder Bach eine breitere Fläche beanspruchte. Der Bachlauf wurde im frühen 20.Jahrhundert begradigt. Noch in der Mitte des 19. Jahrhunderts führten mindestens

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    Baudenkmäler - Stand 19.09.2020© Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege Seite 21/907

  • zwei Furten durch den Langwieder Bach, zudem eine schmale Brücke darüber hinweg.

    Im 17. und zu Beginn des 18. Jahrhunderts ist das Dorf zweimal weitgehend zerstörtworden. Lediglich die ehem. Mühle lässt noch eine Bausubstanz aus dem 18.Jahrhundert vermuten. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts entstanden die meisten Höfeneu, teils auch auf zuvor nicht bebauten Grundstücken. Die ehemals weiten Flächenzwischen den Höfen sind im Verlauf der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts starknachverdichtet worden.

    Ensemble Villenkolonie Neu-Pasing II. Die Villenkolonie Neu-Pasing II stellt einstädtebaulich und architektonisch charakteristisches Beispiel des mittelständischenEinfamilienhausbaus der Jahrhundertwende dar. Das Ensemble umfasst ein Gebietwestlich des Pasinger Bahnhofes. Entlang der Bahnlinie München-Augsburg sind fünfkurze, parallel zueinander liegende und von Westen nach Osten verlaufendeStraßenzüge zwischen der Marschenerstraße und der Alten Allee eingespannt. ImNorden wird die Kolonie durch die Rubensstraße begrenzt und im Osten weist dievereinzelte Bebauung entlang der Alten Allee auf die ehemals weitaus umfangreicherePlanung hin.

    Die Planung von August Exter für die Villenkolonie II entstand 1897 fast parallel mit derExter`schen Villenkolonie Neu-Pasing I, denn fünf Jahre nach der ersten Gründung ließdas dortig parzellierte Bauland keine Erweiterungen mehr zu (vgl. EnsembleVillenkolonie Neu-Pasing I). Die große Nachfrage rechtfertigte daher zeitnah einezweite Villenkolonie zu gründen, die ursprünglich ein fünfmal so großes Gebiet mitetwa 650 Häusern für etwa 4000 Einwohner beinhalteten sollte. 1899 gab Exter dieVerantwortung ab und die Terraingesellschaft Westend übernahm den Ausbau, der bis1914 mit ungefähr 150 Bauten vorangeschritten war. Nach der zeitlichen Zäsur desErsten Weltkrieges wurde, vor allem im äußersten Nordwesten, die Bebauung derVillenkolonie bis in die Mitte der 1930er Jahre weiter aufgefüllt.

    Die Struktur und Bebauung der Villenkolonie II sind den gleichen Entstehungsfaktorenund dem gleichen Konzept verpflichtet, wie sie für die erste Villenkolonieausschlaggebend waren: der Eisenbahn als konstitutivem Moment, dem MittelstandMünchens als Zielgruppe und dem Gedanken, den Interessenkonflikt zwischenArbeitsplatz in der Stadt und Bedürfnis nach Leben auf dem Lande mittels des schnellerreichbaren Einfamilienhauses im Grünen auszugleichen. Auch hier bestimmt dergroße Anteil an Grünflächen und das frei im Garten mit Obstbäumen stehendeEinfamilienhaus den Charakter des Quartiers. Mit Bäumen bepflanzt sind grundsätzlichalle Straßen, die kurzen und relativ schmalen Querstraßen sind dabei meist mitObstbäumen gesäumt, wodurch der dörfliche Eindruck im Vergleich zur Villenkolonie Inoch gesteigert ist. Als städtebaulicher Auftakt im Südosten wurde dem Quartier dieneubarocke Himmelfahrtskirche von Karl Hocheder vorgelagert. Die Bebauung zeigtmeist zweigeschossige Einfamilienhäuser in einer Mischung von Landhaus und Villa ineiner typologisch größeren Vielfalt als in der Villenkolonie Pasing I. Für die neue Koloniewaren von Anfang an Wasserleitung, Schwemmkanalisation und elektrischeBeleuchtung vorgesehen.

    Innerhalb des Ensembles Villenkolonie Neu-Pasing II entstanden nach dem Zweiten

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  • Weltkrieg Neubauten, die auf Grund ihrer Größe und Kubatur oder in der Lage inzweiter Reihe eine erhebliche Beeinträchtigung für das Ensemble darstellen.

    Ensemble Kleinwohnungsanlage Alte Heide. Die als Arbeitersiedlung 1919 bis 1927nach Plänen von Theodor Fischer errichtete Kleinwohnungsanlage Alte Heide ist einEnsemble. Als erstes Beispiel von Zeilenbauten in Deutschland wie auch als erstesgroßes Wohnungsbauprojekt für Arbeiter in München nach dem Ersten Weltkriegnimmt die Alte Heide eine wichtige Stelle in der Entwicklung der gemeinnützigenSiedlungsbauten ein.

    Die von sechs Industriebetrieben und dem "Verein zur Verbesserung derWohnungsverhältnisse in München e. V.“ 1918 gegründete "GemeinnützigeBaugesellschaft Alte Heide" hatte die Schaffung von kleinen Wohnungen für Arbeiterder Großindustrieanlagen im Norden der Stadt zum Ziel. Trotz der Inflationszeit und deswachsenden Mangels an Baustoffen unmittelbar nach Kriegsende konnte ein großerTeil des Projekts 1919-23 durchgeführt werden. Etwa 600 Wohnungen, ein Konsum-Gebäude mit Laden und Haushaltungsschule und ein Bade- und Verwaltungsgebäudeentstanden bis 1923. Mit dem Bau von etwa 100 weiteren Wohnungen an derFröttmaninger Straße, nach wie vor nach dem ursprünglichen Plan von Theodor Fischer,wurde die Anlage 1926/27 fertiggestellt. Die Siedlung umfasste zudem einenKleinkinderhort und einige in den Wohnblöcken integrierte Läden undGastwirtschaften.Die Anlage besteht aus 19 Wohnzeilen, die – bis auf drei Wohnblöcke an derDietersheimer Straße – in Nord-Süd-Richtung aufgereiht und quer zu den Straßenliegen. Zwischen den Zeilen liegen Wohnwege und Nutzgärten; Eingänge befinden sichabwechselnd auf beiden Längsseiten jeder Zeile. Die strenge Zeilenbauweise ist durchdie Anordnung der Konsum- und Verwaltungsgebäude aufgelockert. DasKonsumgebäude schließt den Blick von der Echinger Straße nach Westen und das imSiedlungszentrum liegende Verwaltungsgebäude teilt die Hauptachse Alte Heide in zweiparallel verlaufende Straßenzüge. Zwischen diesen liegt ein großer eingezäunterSpielhof. Außerhalb der Siedlung, jedoch die Wohnanlage beherrschend, erbaute HansGrässel 1926/27 die städtische Volksschule.Die dreigeschossigen Häuserzeilen sind schlicht gestaltet; historisierende Elemente sindauf die monumentalen Ecklisenen und die spitzbogigen Öffnungen neben denEingängen beschränkt. Dazu wirken das dreigeschossige Konsumgebäude mitWalmdach, Zwerchhaus und reichem historisierendem Kratzputzdekor und daszweigeschossige Verwaltungsgebäude mit Eingangstürmchen und Volutengiebeln alsKontrast.Entsprechend der Notwendigkeit, wirtschaftliche Wohnungen für die Bevölkerung mitkleinem Einkommen bereitzustellen, erhielt die überwiegende Zahl der Wohnungeneine Wohnfläche von 60 qm mit zwei Zimmern, die in München übliche Wohnküche,WC und Vorplatz sowie eine Loggia. Die gemeinschaftliche Badeanlage imVerwaltungsgebäude bot Wannen- und Brausebäder an. Ab 1926 plante Fischer ohneäußere Veränderungen die noch zu bauende Wohnungen mit neuen Grundrissen: mit jevier Zimmern, Küche, Speisekammer und Bad, um dem Bedürfnis nach größerenWohnungen nachzukommen. Aufgrund der Wohnungsnot der zweiten Nachkriegszeitwurden 1949 zwei Dachwohnungen in jeder Zeile eingebaut.

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  • Im Gegensatz zur verdichteten Mietshausbebauung mit den engenHinterhofsituationen boten die Nord-Süd-orientierten Zeilen der Alten Heide Vorteilefür Besonnung, Belüftung und Lärmschutz und die mögliche Zuordnung von Gärten zuden einzelnen Wohnungen. Die Zeilenbauweise fand im modernen Siedlungsbau der1920er Jahre in Deutschland bald weitgehend Anwendung. In München jedoch bliebdie Alte Heide die einzige derartige Wohnanlage; erst 1928-30 bevorzugte auch hier dieStadt diese Bauweise bei ihrem Großsiedlungs-Programm.

    Ensemble Ehem. Ortskern Aubing. Das 1010 als „Ubingen“ erstmals genannte DorfAubing, eines der ältesten und größten im Münchner Umfeld, bildet in seinerGesamtausdehnung etwa aus der Mitte des 19. Jahrhunderts ein Ensemble. Diegeschlossene Ortsform hat zwei Haupterschließungswege und nachgeordneteVerbindungs- und Seitenstraßen.Der wohl spätestens seit dem 5. Jahrhundert besiedelte Ort setzte sich gemäß derAnzahl der Bestattungen in Reihengräbern aus mehreren Höfen zusammen. 1330übertrug Kaiser Ludwig IV. dem Kloster Ettal den Ort, das die Herrschaft bis zurSäkularisation innehatte. Seit 1818 war Aubing selbständig und wurde 1942 nachMünchen eingemeindet.Der Ortskern teilt sich in zwei Bereiche mit jeweils einer Nord-Süd-gerichtetenHaupterschließungsachse: im Westen verläuft die auf einem Lehmrücken fast gradlinigegeführte Ubostraße und im Osten die tiefer gelegene Altostraße, die entlang demLangwieder Bach (seit 1924 verrohrt) leicht gekurvt geführt ist und platzartigeAufweitungen hat. Der ältere Teil mit ehemals größeren Hofstellen befindet sich imwestlichen, höheren Bereich. Auf den regelmäßig geteilten Parzellen waren bzw. sinddie landwirtschaftlich geprägten Einfirsthöfe giebelständig und mit Wohnteil zur Straßeausgerichtet. Die zugehörigen Scheunen blieben vielfach erhalten. Im östlichen Bereichdagegen finden sich vermehrt kleinere Hofstellen und Sölden, die Parzellen sind kleinerund regelloser als im westlichen Bereich. Die Gebäude sind nicht einheitlich orientiertund dichter gesetzt. Hier setzte zunächst der Wandel vom Dorf zur Vorstadtgemeindeein. An der Hangkante haben sich nur wenige der historischen Garten- und Grünflächenum die Hofstellen herum erhalten.Die im Süden des Orts befindliche Kirche St. Quirin war eine Urpfarrei und gehörte zumBistum Freising. Der ehemals stattliche Pfarrhof lag der Kirche unmittelbar südlichgegenüber. Mit Schulen und Wirtshaus waren auch die weiteren Zentralfunktioneneines Dorfs im Süden vereint.Nach etwa 1870 wurden die Hofstellen im gesamten Ortskern teils geteilt undzusätzliche Bauten auf den unterteilten Flächen errichtet. Dieser Anwuchs derSiedlungstätigkeit ist sicher dem Eisenbahnanschluss mit dem 1873 eröffneten Bahnhofgeschuldet gewesen. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts hatte sich die Zahl derBauten fast verdoppelt. Auch in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg wurden weitereBauten errichtet, doch sind vereinzelt in rückwärtigen Bereichen noch Garten- undFreiflächen erhalten.Trotz einiger Nachverdichtungen und der teilweise schwer ablesbaren ursprünglichenOrtsgrenze lässt sich in Wegeführung und durch die räumliche Anordnung der Bautendie Grundform des historischen Dorfes Aubing in wesentlichen Teilen ablesen.

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    Ensemble Tucherpark. Der Tucherpark bildet als einheitlich geplante Bürosiedlung einEnsemble. Dieser entstand an dem Standort der Tivoli-Kunstmühle auf dem Areal

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    Baudenkmäler - Stand 19.09.2020© Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege Seite 24/907

  • östlich des Englischen Gartens und westlich der Ifflandstraße. Ab 1965 plante dieBayerische Vereinsbank (heute Hypo-Vereinsbank) auf Grund von Kapazitätsmangel inder Innenstadt dieses neue Quartier. Der damalige Vorstandssprecher Hans ChristophFreiherr von Tucher (1904-68) war Initiator und nach ihm wurde die Siedlung benannt.

    Die Gesamtanlage geht auf eine Planung von Sep Ruf (1908-1982) zurück. 1967 stellteer einen städtebaulichen Grundplan auf, der bis zu den zuletzt entstandenen Bautender Mitte 1980er Jahre verbindlich war. Entlang dem mit einem Bogen geführtenEisbach sind die Bürogebäude aufgereiht. Die Haupterschließung erfolgt von derIfflandstraße her. Die Straße Am Tucherpark ist in ihrem südwestlichen Verlauf dreimalabgenickt und mündet am Rand des Englischen Gartens in die Hirschauer Straße. DieStraßen Sederanger und Am Eisbach sind als Sackgassen und damit als Nebenstraßenausgebildet und erschließen die Gebäude im Westen und Norden des Tucherparks.Zwei Brücken, einmal im südlichen Teil des Areals zwischen dem Technischen Zentrumund dem Hilton-Hotel und einmal im mittleren Teil auf Höhe der Einmündung von derIfflandstraße führen über