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ein Brutverdacht angesichts der Beobachtungen im Jahre 2010 – der in Hessen als ausgestorben geltende Vogel wurde viermalig Balz- rufe ausstoßend verhört – zu Recht verneint worden ist oder nicht (…); nach Auffassung des Beklagten hat es sich hierbei um eine bloße Durchzugsbeobachtung gehandelt. Denn der Kläger hat auch in der mündlichen Verhandlung nicht aufzeigen können, welche (weiter- gehenden) Konsequenzen die Annahme eines solchen Brutverdachts gehabt hätte. Immerhin gab es im Mai/Juni 2011 eine zusätzliche Kontrollbegehung, bei der kein Nachweis des Ortolans erbracht wer- den konnte (…). [147] b) Für 40 Europäische Vogelarten erfolgte in der Unterlage 12.4 (…) eine vertiefte artbezogene Betrachtung. Danach werden 22 Arten aufgrund der Ausführung des Vorhabens und der verfüg- ten Bauzeitenregelungen (…) ohne jede weitere landschaftspflegeri- sche Maßnahme vorhabenbedingt nicht von den Verbotstatbeständen des § 44 Abs. 1 BNatSchG betroffen, darunter Girlitz und Kolkrabe (Planfeststellungsbeschluss S. 412). Auch diese Einschätzung weist keine Fehler auf. [148] Soweit der Kläger für den Girlitz eine Verletzung des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG geltend macht, berücksichtigt er schon nicht den Unterschied zwischen Fortpflanzungs-/Ruhestätten und Brut- revier. Das Zugriffsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG schützt die konkret benutzte (oder wieder zu nutzende) Fortpflanzungs- stätte, nicht das Revier. Von einem Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG kann daher allenfalls dann ausgegangen werden, wenn bei reviertreuen Vogelarten, die zwar ihre Brutplätze, nicht aber ihre Brutreviere regelmäßig wechseln, in einem regelmäßig beleg- ten Brutrevier alle als Standort von Nestern geeigneten Brutplätze verloren gehen (Urt. v. 18. 3. 2009 – 9 A 39.07, BVerwGE 133, 239 Rdnr. 75; ebenso Leitfaden für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen, Stand Mai 2011, S. 17). Auf Fortpflanzungs- und Ruhestät- ten des Girlitz wird nicht unmittelbar zugegriffen. Zwar sind – aus- gehend von der Arbeitshilfe Vögel und Straßenverkehr – Störungen für zwei Reviere des schwach lärmempfindlichen Girlitz – Gruppe 4 nach der Arbeitshilfe – innerhalb des 100 m- bzw. 200 m-Wirk- bandes zu prognostizieren. Eine vertiefte Raumanalyse (vgl. hierzu Arbeitshilfe Vögel und Straßenverkehr, S. 47 ff.) hat aber gezeigt, dass diese Störungen aufgrund der hohen Vorbelastungen durch die B 7 sowie der Fähigkeit der Art, jedes Jahr neue Nester anzulegen und Reviere kleinräumig zu verlagern, nicht zu einer Verschlechte- rung des Erhaltungszustandes der lokalen Population führen werden (…). Ähnlich verhält es sich mit dem Kolkraben. Auch hier hat eine vertiefte Raumanalyse ergeben, dass erhebliche optische Störungen für diese nicht lärmempfindliche Art – Gruppe 5 nach der Arbeits- hilfe – durch die Einschnittslage der Trasse, die Hanglage und die ab- schirmende Wirkung der zwischen Trasse und Waldrand gelegenen Gehölze des Bahndammes zu verneinen sind (…). Die Gutachter, da- runter der Mitautor der genannten Arbeitshilfe, Dr. M., haben diese Bewertung in der mündlichen Verhandlung bestätigt. [149] Weitere achtzehn Vogelarten wurden vertieft betrachtet (…). Auch insoweit greift die hinsichtlich einiger Arten geäußerte Kritik des Klägers nicht durch. [150] Wie im Fall des Girlitz wird auch beim Gartenrotschwanz auf eine Fortpflanzungsstätte nicht unmittelbar zugegriffen. Vorha- benbedingt kommt es ausschließlich zu mittelbaren Wirkungen durch Lärm, die zwar als Störung, wegen der weiträumig – vergleichbar mit der Größe eines Landkreises – abzugrenzenden lokalen Population al- lerdings nicht als erhebliche Störung zu qualifizieren sind. Denn es stehen durch die Maßnahme A 24 (Ausbringen von zehn Nistkäs- ten) ausreichend neue Fortpflanzungsstätten zur Verfügung. Da die konkrete Fortpflanzungsstätte des Gartenrotschwanzes nicht zerstört wird, kommt es auf die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob die zehn Nistkästen räumlich funktional zur Fortpflanzungsstätte stehen, schon nicht entscheidungserheblich an; wegen der (räumlichen) Größe der Population ist dieser Zusammenhang allerdings zu bejahen (…). [151] Ebenso überzeugend ist die Behandlung des Gelbspötters. Zwar ist insoweit von einem Verlust von drei Revieren durch Über- bauung auszugehen. Die ökologische Funktion der vorhabenbedingt in Anspruch genommenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten der Art wird aber durch die vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen (A 2.3 – An- lage von Strauchhecken in Kombination mit Extensivwiesen, A 3.0 – Entwicklung einer Extensivwiese und Aufbau eines Waldrandes sowie eines Gehölzstreifens und A 3.5 – Anlage eines Gehölzstreifens) wei- terhin erfüllt. Daneben führen auch die planfestgestellten Kompensa- tionsmaßnahmen A 2.2, A 3.2 und A 3.6 (Anlage von Strauchhecken) zu einer weiteren dauerhaften Verbesserung der Habitate. Entgegen der Auffassung des Klägers können die geplanten CEF-Maßnahmen auch – wie von der Planung angenommen – innerhalb von zwei Jahren wirksam werden. Dies wird durch den Einsatz entsprechender Pflanz- qualitäten (bestimmte vom Gelbspötter bevorzugte Straucharten in ei- ner Mindesthöhe von 1 m bis 1,50 m) sichergestellt (…). [152] Ähnlich verhält es sich mit dem Grauspecht. Auch insoweit überzeugen die Annahmen des Beklagten; der Kläger bestreitet er- folglos die Wirksamkeit der vorgesehenen Maßnahmen. Zwar wer- den randliche Störungen von Revieren des Grauspechts nicht aus- geschlossen. Aufgrund des großen Aktionsraums dieser Art von bis zu 500 ha pro Revier bewirken diese jedoch keine Verschlechterung des Erhaltungszustands der lokalen Population. Auch bezüglich des anlagebedingten Wegfalls geeigneter Höhlenbäume im Bereich der Portale des Spitzenbergtunnels, ist ein Eintritt des Verbotstatbestan- des (§ 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG) zu verneinen, weil geeignete Ha- bitate im räumlichen Zusammenhang vorliegen. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die Ausführungen im Zusammenhang mit der Prüfung der charakteristischen Arten Grau- und Schwarzspecht im FFH-Gebiet „Werra- und Wehretal“ Bezug genommen werden. Dort wurde bereits auf die Maßnahme FFH 28 nördlich von Datterode (FFH-Gebietserweiterung zur Si- cherung des günstigen Erhaltungszustandes für den LRT 9110) hin- gewiesen, die zugleich eine vorgezogene Ausgleichsmaßnahme für den Schwarzspecht darstellt; hiervon profitiert auch der Grauspecht. Daneben kommt dem Grauspecht die zugunsten von Fledermäusen vorgesehene vorgezogene Ausgleichsmaßnahme A 23.2 am Edder- talsgraben (Sicherung eines 5,88 ha großen Altholzbestandes) zugute. Die mit dieser Maßnahme verbundene Entlassung aus der geregelten Bewirtschaftung ist sofort wirksam, so dass die Bedenken des Klägers hinsichtlich der Wirksamkeit der Maßnahme nicht durchgreifen (…). [153] Bezüglich des Raubwürgers durfte der Beklagte die arten- schutzrechtlichen Zugriffsverbote ebenfalls verneinen. Dem Planfest- stellungsbeschluss zufolge führen die anlage- und betriebsbedingten Beeinträchtigungen aufgrund der speziellen Vermeidungsmaßnahmen für den Raubwürger (Maßnahmen A 4.6, A 4.7, A 4.8, A 4.9, A 4.10 – Pflege und Ergänzung vorhandener sowie Anlage neuer Streuobst- wiesen, gelenkte Sukzession und Anlage von Extensivweiden), durch die ohne zeitliche Funktionslücke auf 10,6 ha ein Optimalhabitat für den Raubwürger in unmittelbarer Nähe zu seinem derzeitigen Re- viermittelpunkt sowie außerhalb der artspezifischen Effektdistanz von 300 m geschaffen werde, nicht zu einer erheblichen Störung. Eine wei- tere Aufwertung des Lebensraumes erfolge durch die nachgelagerten FCS-Maßnahmen A 4.4 und A 4.1 (Anlage von Extensivweide für Schlingnatter und Zauneidechse); da hierdurch die Habitate angren- zend zu den Vermeidungsmaßnahmen-Flächen verbessert würden, kä- men diese Maßnahmen auch dem Raubwürger zugute. Eine 100 %-ige Verschlechterung der Habitateignung sei entgegen der Unterlage 12.4 nicht anzunehmen, denn das Revierzentrum befinde sich knapp au- ßerhalb der artspezifischen Effektdistanz. Selbst wenn man dies anders bewerten wolle, wären jedoch die vorgesehenen Vermeidungsmaßnah- men ebenfalls geeignet, die ökologische Funktionalität im räumlichen Zusammenhang aufrechtzuerhalten (…). Weitergehende Maßnahmen seien entgegen der Auffassung des Klägers nicht erforderlich. Durch die Anlage/Optimierung und Entwicklung der Streuobstwiesen könne kurzfristig das Angebot an Sitzwarten erhöht werden. Für die Anlage des Nestes geeignete Gehölzstrukturen seien außerhalb der Effektdis- tanz von 300 m bereits vorhanden. Diese würden auch nicht beschädigt. Dem Einwand des Klägers, der Lebensraumverlust für den Raubwürger liege nach seiner Einschätzung bei etwa 27 ha, dem stünden aber nur CEF-Maßnahmen im Umfang von 10,6 ha gegenüber, sei entgegenzu- treten. Der Verlust von Habitatflächen innerhalb des ca. 100 ha großen Raubwürger-Reviers lasse sich nicht exakt bestimmen; man gehe in- soweit von ca. 7 ha Flächenverlust aus. Dabei habe man die betroffenen Habitatstrukturen aus der Biotoptypenkartierung berücksichtigt (…). DOI: 10.1007/s10357-013-2497-z Regionales Raumordnungsprogramm, Teilbereich Windenergie BauGB § 233 Abs. 2; ROG § 5 Abs. Abs. 7 und 10, § 10 Abs. 1, § 12 Abs. 5, § 28 Abs. 2, VwGO § 47 Abs. 2 1. Ein Unternehmen der Windenergie, welches Nut- zungsrechte an einem oder mehreren Grundstücken im Plangebiet erworben hat und von nachteiligen raum- ordnerischen Zielfestlegungen betroffen ist, ist auch dann antragsbefugt, wenn es seine Nutzungsvorstel- lungen noch nicht abschließend konkretisiert hat. Rechtsprechung 123 580 NuR (2013) 35: 580–584

Regionales Raumordnungsprogramm, Teilbereich Windenergie

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Page 1: Regionales Raumordnungsprogramm, Teilbereich Windenergie

ein Brutverdacht angesichts der Beobachtungen im Jahre 2010 – der in Hessen als ausgestorben geltende Vogel wurde viermalig Balz-rufe ausstoßend verhört – zu Recht verneint worden ist oder nicht (…); nach Auffassung des Beklagten hat es sich hierbei um eine bloße Durchzugsbeobachtung gehandelt. Denn der Kläger hat auch in der mündlichen Verhandlung nicht aufzeigen können, welche (weiter-gehenden) Konsequenzen die Annahme eines solchen Brutverdachts gehabt hätte. Immerhin gab es im Mai/Juni 2011 eine zusätzliche Kontrollbegehung, bei der kein Nachweis des Ortolans erbracht wer-den konnte (…).

[147] b) Für 40 Europäische Vogelarten erfolgte in der Unterlage 12.4 (…) eine vertiefte artbezogene Betrachtung. Danach werden 22 Arten aufgrund der Ausführung des Vorhabens und der verfüg-ten Bauzeitenregelungen (…) ohne jede weitere landschaftspflegeri-sche Maßnahme vorhabenbedingt nicht von den Verbotstatbeständen des § 44 Abs. 1 BNatSchG betroffen, darunter Girlitz und Kolkrabe (Planfeststellungsbeschluss S.  412). Auch diese Einschätzung weist keine Fehler auf.

[148] Soweit der Kläger für den Girlitz eine Verletzung des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG geltend macht, berücksichtigt er schon nicht den Unterschied zwischen Fortpflanzungs-/Ruhestätten und Brut-revier. Das Zugriffsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG schützt die konkret benutzte (oder wieder zu nutzende) Fortpflanzungs-stätte, nicht das Revier. Von einem Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG kann daher allenfalls dann ausgegangen werden, wenn bei reviertreuen Vogelarten, die zwar ihre Brutplätze, nicht aber ihre Brutreviere regelmäßig wechseln, in einem regelmäßig beleg-ten Brutrevier alle als Standort von Nestern geeigneten Brutplätze verloren gehen (Urt. v. 18. 3. 2009 – 9 A 39.07, BVerw GE 133, 239 Rdnr. 75; ebenso Leitfaden für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen, Stand Mai 2011, S. 17). Auf Fortpflanzungs- und Ruhestät-ten des Girlitz wird nicht unmittelbar zugegriffen. Zwar sind – aus-gehend von der Arbeitshilfe Vögel und Straßenverkehr – Störungen für zwei Reviere des schwach lärmempfindlichen Girlitz – Gruppe 4 nach der Arbeitshilfe – innerhalb des 100 m- bzw. 200 m-Wirk-bandes zu prognostizieren. Eine vertiefte Raumanalyse (vgl. hierzu Arbeitshilfe Vögel und Straßenverkehr, S.  47 ff.) hat aber gezeigt, dass diese Störungen aufgrund der hohen Vorbelastungen durch die B 7 sowie der Fähigkeit der Art, jedes Jahr neue Nester anzulegen und Reviere kleinräumig zu verlagern, nicht zu einer Verschlechte-rung des Erhaltungszustandes der lokalen Population führen werden (…). Ähnlich verhält es sich mit dem Kolkraben. Auch hier hat eine vertiefte Raumanalyse ergeben, dass erhebliche optische Störungen für diese nicht lärmempfindliche Art – Gruppe 5 nach der Arbeits-hilfe – durch die Einschnittslage der Trasse, die Hanglage und die ab-schirmende Wirkung der zwischen Trasse und Waldrand gelegenen Gehölze des Bahndammes zu verneinen sind (…). Die Gutachter, da-runter der Mitautor der genannten Arbeitshilfe, Dr. M., haben diese Bewertung in der mündlichen Verhandlung bestätigt.

[149] Weitere achtzehn Vogelarten wurden vertieft betrachtet (…). Auch insoweit greift die hinsichtlich einiger Arten geäußerte Kritik des Klägers nicht durch.

[150] Wie im Fall des Girlitz wird auch beim Gartenrotschwanz auf eine Fortpflanzungsstätte nicht unmittelbar zugegriffen. Vorha-benbedingt kommt es ausschließlich zu mittelbaren Wirkungen durch Lärm, die zwar als Störung, wegen der weiträumig – vergleichbar mit der Größe eines Landkreises – abzugrenzenden lokalen Population al-lerdings nicht als erhebliche Störung zu qualifizieren sind. Denn es stehen durch die Maßnahme A 24 (Ausbringen von zehn Nistkäs-ten) ausreichend neue Fortpflanzungsstätten zur Verfügung. Da die konkrete Fortpflanzungsstätte des Gartenrotschwanzes nicht zerstört wird, kommt es auf die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob die zehn Nistkästen räumlich funktional zur Fortpflanzungsstätte stehen, schon nicht entscheidungserheblich an; wegen der (räumlichen) Größe der Population ist dieser Zusammenhang allerdings zu bejahen (…).

[151] Ebenso überzeugend ist die Behandlung des Gelbspötters. Zwar ist insoweit von einem Verlust von drei Revieren durch Über-bauung auszugehen. Die ökologische Funktion der vorhabenbedingt in Anspruch genommenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten der Art wird aber durch die vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen (A 2.3 – An-lage von Strauchhecken in Kombination mit Extensivwiesen, A 3.0 – Entwicklung einer Extensivwiese und Aufbau eines Waldrandes sowie eines Gehölzstreifens und A 3.5 – Anlage eines Gehölzstreifens) wei-terhin erfüllt. Daneben führen auch die planfestgestellten Kompensa-tionsmaßnahmen A 2.2, A 3.2 und A 3.6 (Anlage von Strauchhecken) zu einer weiteren dauerhaften Verbesserung der Habitate. Entgegen der Auffassung des Klägers können die geplanten CEF-Maßnahmen auch – wie von der Planung angenommen – innerhalb von zwei Jahren wirksam werden. Dies wird durch den Einsatz entsprechender Pflanz-

qualitäten (bestimmte vom Gelbspötter bevorzugte Straucharten in ei-ner Mindesthöhe von 1 m bis 1,50 m) sichergestellt (…).

[152] Ähnlich verhält es sich mit dem Grauspecht. Auch insoweit überzeugen die Annahmen des Beklagten; der Kläger bestreitet er-folglos die Wirksamkeit der vorgesehenen Maßnahmen. Zwar wer-den randliche Störungen von Revieren des Grauspechts nicht aus-geschlossen. Aufgrund des großen Aktionsraums dieser Art von bis zu 500 ha pro Revier bewirken diese jedoch keine Verschlechterung des Erhaltungszustands der lokalen Population. Auch bezüglich des anlagebedingten Wegfalls geeigneter Höhlenbäume im Bereich der Portale des Spitzenbergtunnels, ist ein Eintritt des Verbotstatbestan-des (§ 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG) zu verneinen, weil geeignete Ha-bitate im räumlichen Zusammenhang vorliegen. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die Ausführungen im Zusammenhang mit der Prüfung der charakteristischen Arten Grau- und Schwarzspecht im FFH-Gebiet „Werra- und Wehretal“ Bezug genommen werden. Dort wurde bereits auf die Maßnahme FFH 28 nördlich von Datterode (FFH-Gebietserweiterung zur Si-cherung des günstigen Erhaltungszustandes für den LRT 9110) hin-gewiesen, die zugleich eine vorgezogene Ausgleichsmaßnahme für den Schwarzspecht darstellt; hiervon profitiert auch der Grauspecht. Daneben kommt dem Grauspecht die zugunsten von Fledermäusen vorgesehene vorgezogene Ausgleichsmaßnahme A 23.2 am Edder-talsgraben (Sicherung eines 5,88 ha großen Altholzbestandes) zugute. Die mit dieser Maßnahme verbundene Entlassung aus der geregelten Bewirtschaftung ist sofort wirksam, so dass die Bedenken des Klägers hinsichtlich der Wirksamkeit der Maßnahme nicht durchgreifen (…).

[153] Bezüglich des Raubwürgers durfte der Beklagte die arten-schutzrechtlichen Zugriffsverbote ebenfalls verneinen. Dem Planfest-stellungsbeschluss zufolge führen die anlage- und betriebsbedingten Beeinträchtigungen aufgrund der speziellen Vermeidungsmaßnahmen für den Raubwürger (Maßnahmen A 4.6, A 4.7, A 4.8, A 4.9, A 4.10 – Pflege und Ergänzung vorhandener sowie Anlage neuer Streuobst-wiesen, gelenkte Sukzession und Anlage von Extensivweiden), durch die ohne zeitliche Funktionslücke auf 10,6 ha ein Optimalhabitat für den Raubwürger in unmittelbarer Nähe zu seinem derzeitigen Re-viermittelpunkt sowie außerhalb der artspezifischen Effektdistanz von 300 m geschaffen werde, nicht zu einer erheblichen Störung. Eine wei-tere Aufwertung des Lebensraumes erfolge durch die nachgelagerten FCS-Maßnahmen A 4.4 und A 4.1 (Anlage von Extensivweide für Schlingnatter und Zauneidechse); da hierdurch die Habitate angren-zend zu den Vermeidungsmaßnahmen-Flächen verbessert würden, kä-men diese Maßnahmen auch dem Raubwürger zugute. Eine 100 %-ige Verschlechterung der Habitateignung sei entgegen der Unterlage 12.4 nicht anzunehmen, denn das Revierzentrum befinde sich knapp au-ßerhalb der artspezifischen Effektdistanz. Selbst wenn man dies anders bewerten wolle, wären jedoch die vorgesehenen Vermeidungsmaßnah-men ebenfalls geeignet, die ökologische Funktionalität im räumlichen Zusammenhang aufrechtzuerhalten (…). Weitergehende Maßnahmen seien entgegen der Auffassung des Klägers nicht erforderlich. Durch die Anlage/Optimierung und Entwicklung der Streuobstwiesen könne kurzfristig das Angebot an Sitzwarten erhöht werden. Für die Anlage des Nestes geeignete Gehölzstrukturen seien außerhalb der Effektdis-tanz von 300 m bereits vorhanden. Diese würden auch nicht beschädigt. Dem Einwand des Klägers, der Lebensraumverlust für den Raubwürger liege nach seiner Einschätzung bei etwa 27 ha, dem stünden aber nur CEF-Maßnahmen im Umfang von 10,6 ha gegenüber, sei entgegenzu-treten. Der Verlust von Habitatflächen innerhalb des ca. 100 ha großen Raubwürger-Reviers lasse sich nicht exakt bestimmen; man gehe in-soweit von ca. 7 ha Flächenverlust aus. Dabei habe man die betroffenen Habitatstrukturen aus der Biotoptypenkartierung berücksichtigt (…).

DOI: 10.1007/s10357-013-2497-z

Regionales Raumordnungsprogramm, Teilbereich Windenergie

BauGB § 233 Abs. 2; ROG § 5 Abs. Abs. 7 und 10, § 10 Abs. 1, § 12 Abs. 5, § 28 Abs. 2, VwGO § 47 Abs. 2

1. Ein Unternehmen der Windenergie, welches Nut-zungsrechte an einem oder mehreren Grundstücken im Plangebiet erworben hat und von nachteiligen raum-ordnerischen Zielfestlegungen betroffen ist, ist auch dann antragsbefugt, wenn es seine Nutzungsvorstel-lungen noch nicht abschließend konkretisiert hat.

Rechtsprechung

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580 NuR (2013) 35: 580–584

Page 2: Regionales Raumordnungsprogramm, Teilbereich Windenergie

2. Die Planerhaltung für ein nach altem Landesrecht abgeschlossenes, aber nach dem 30. 6. 2009 in Kraft ge-tretenes RROP richtet sich im Grundsatz nach § 12 Abs. 5 ROG. Ein Antragsteller kann sich nicht mit Er-folg auf die aus seiner Sicht günstigere Regelung für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften nach altem Landesrecht berufen.

3. Zur Abgrenzung von Mängeln im Abwägungsvor-gang und Abwägungsergebnis.OVG Lüneburg, Urteil vom 17. 6. 2013 – 12 KN 80/12 –

Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Normenkontrollantrag gegen den Teilbereich Windenergie des Regionalen Raumord-nungsprogramms 2011 des Antragsgegners (im Folgenden: RROP 2011). Dieser beinhaltet die Regelung, dass außerhalb der festgeleg-ten Vorrangstandorte für Windenergienutzung die Errichtung raum-bedeutsamer Windenergieanlagen nicht zulässig ist.

Aus den Gründen:Der Antrag ist zulässig (I.), aber unbegründet (II.).

…II. Der Antrag, die Satzung über die Feststellung des

RROP 2011 hinsichtlich des Teilbereichs Windenergie für unwirksam zu erklären, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

1. Formelle Fehler beim Zustandekommen der Satzung sind unbeachtlich und liegen im Übrigen nicht vor.

Die Antragstellerin rügt die unterlassene Durchführung eines wei-teren Beteiligungsverfahrens nach erneuter Änderung des zweiten Entwurfs des RROP. Ein solcher Verfahrensfehler ist jedenfalls un-beachtlich. Es kann dahinstehen, ob mit Blick auf die Verletzung von Verfahrensvorschriften eines hier nach (altem) Landesrecht ab-geschlossenen Verfahrens die Planerhaltungsvorschriften des § 10 Abs. 1 NROG a. F. oder des zum Zeitpunkt der Bekanntmachung des RROP 2011 in Kraft getretenen § 12 Abs. 5 ROG einschlägig sind. Der Antragsgegner hat mit der Bekanntmachung des RROP 2011 unter Bezugnahme auf die genannten Vorschriften jeweils auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften und auf die damit verbundenen Rechtsfolgen hinge-wiesen. Die Planerhaltungsvorschriften des § 10 Abs. 1 NROG a. F. und § 12 Abs. 5 ROG stimmen jedenfalls insoweit überein, als Ver-fahrensfehler innerhalb eines Jahres seit der Bekanntmachung des Raumordnungsplans schriftlich geltend zu machen sind. Diese Aus-schlussfrist hat die Antragstellerin nicht eingehalten. Unmittelbar bei dem Antragsgegner hat die Antragstellerin eine fehlerhafte Öffent-lichkeitsbeteiligung zu keinem Zeitpunkt gerügt. Auch der bei Ge-richt eingegangene und dem Antragsgegner innerhalb der Jahresfrist übersandte Normenkontrollantrag genügte den Anforderungen an eine schriftliche Rüge im Sinne der genannten Vorschriften nicht. Die Rüge soll den Planungsträger in die Lage versetzen, das Vorbrin-gen auf der Grundlage gezielter Informationen sachgerecht zu prü-fen und frühzeitig, also gegebenenfalls auch ohne Verwaltungsstreit-verfahren, den Verfahrensfehler beheben zu können (so bereits zum ROG 1998 Reitzig, in: Bielenberg u. a., Raumordnungs- und Lan-desplanungsrecht des Bundes und der Länder, Stand: Sept. 2008, § 10 Rdnr.  63; vgl. auch Spannowsky, in: Spannowsky/Runkel/Goppel, ROG, § 12 Rdnr.  78). Die Antragstellerin hat ihren Normenkon-trollantrag zunächst „fristwahrend“ erhoben und sich auf Ausfüh-rungen zur Zulässigkeit des Antrags beschränkt. Dass das Verfahren zur Aufstellung des RROP aus ihrer Sicht fehlerhaft gewesen sein könnte, hat die Antragstellerin in der Antragsschrift vom 22. 3. 2012 nicht einmal ansatzweise dargelegt. Der Schriftsatz vom 21. 1. 2013, in dem die Antragstellerin eine fehlerhafte Öffentlichkeitsbetei-ligung erstmals in der Sache rügt, ist dem Antragsgegner dagegen nicht innerhalb der Jahresfrist zugegangen.

Davon abgesehen liegen formelle Fehler auch nicht vor. Nach § 5 Abs.  10 NROG a. F. ist die Beteiligung (der Öffentlichkeit) erneut durchzuführen, wenn der Entwurf eines Raumordnungsplans, der Gegenstand der Beteiligung nach den Absätzen 4 bis 9 gewesen ist, in seinen Grundzügen geändert wird. Die Grundzüge der Planung bilden das dem Plan zugrunde liegende Leitbild ( BVerwG, Urt. v. 29. 1. 2009 – 4 C 16.07, BVerw GE 133, 98). Dieses wird in der Re-gel durch Festlegungen mit Zielqualität geprägt, ohne dass jede Fest-legung mit Zielqualität zu den Grundzügen der Planung zu rechnen wäre (so zu der inhaltlich übereinstimmenden Formulierung des § 10 Abs. 1 Satz 4 ROG Runkel, in: Spannowsky/Runkel/Goppel, a. a. O., § 10 Rdnr. 39 m. w. N.). Wann eine Planänderung die Grundzüge der

Planung berührt, lässt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern hängt von der jeweiligen Planungssituation ab ( BVerwG, Urt. v. 16. 12. 2010 – 4 C 8.10, BVerw GE 138, 301). Vorliegend hat der Antragsgegner nach der zweiten Öffentlichkeitsbeteiligung das Ziel 4.2.1 – 02, wo-nach die Bebauung des Vorranggebiets H 7 nur im Rahmen des „Re-powering“ als Ersatz für an anderer Stelle bereits errichtete Wind-energieanlagen zulässig sein soll, gestrichen. Das dem Plan zugrunde liegende Leitbild war von dieser Änderung nicht betroffen. Der An-tragsgegner hatte in dem zuvor ausgelegten Entwurf des RROP (Stand: Dez. 2010) von vornherein nur die Bebauung eines einzelnen Vorranggebiets an ein „Repowering“ geknüpft. Diese Koppelung be-ruhte zudem nicht auf grundsätzlichen Erwägungen des Antragsgeg-ners, sondern der Nähe dieser Fläche zu der Potenzialfläche H 3 (…). Darüber hinaus hat die Antragstellerin nicht dargelegt und es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass die Änderungen in anderen Kapiteln die Grundzüge der Planung berühren. Der Antragsgegner hat insoweit Festlegungen des zuvor ausgelegten Entwurfs des RROP klargestellt, vermeintliche Fehler korrigiert und im Einzelnen auch neu eingeord-net, ohne den materiellen Gehalt dieser Regelungen zu ändern.

2. Das RROP 2011 ist nicht materiell rechtswidrig.a) Die von der Antragstellerin geltend gemachten Mängel

im Abwägungsvorgang sind jedenfalls unbeachtlich.Die Planerhaltung richtet sich hier nach § 12 Abs. 5 Satz 1

Nr.  1 ROG. Die Raumordnung ist nach der Änderung des Grundgesetzes im Zuge der Föderalismusreform (Ge-setz zur Änderung des GG v. 28. 8. 2006, BGBl. I S. 2034) Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung (Art.  74 Abs. 1 Nr. 31 GG). Der Bund hat mit dem Gesetz zur Neu-fassung des Raumordnungsgesetzes und zur Änderung an-derer Vorschriften vom 22. 12. 2008 von dieser Kompetenz, die Raumordnung in den Ländern auch unmittelbar selbst zu regeln, Gebrauch gemacht. Die Verfahrensregelungen und materiellen Bestimmungen des ROG gehen daher den seinerzeit geltenden landesrechtlichen Regelungen vor, so-weit die Überleitungsvorschriften im Raumordnungsgesetz das Landesrecht nicht ausdrücklich für anwendbar erklären. Das ist hier aber nicht der Fall. Die Überleitungsvorschrift des § 28 Abs. 1 ROG erfasst allein Verfahrensvorschriften (Spannowsky, in: Spannowsky/Runkel/Goppel, a. a. O., § 28 Rdnr. 3). Die Abgrenzung der Planerhaltungsvorschriften des Bundes und der Länder erfolgt nach § 28 Abs. 2 ROG durch eine Stichtagsregelung. Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 Hs. 1 ROG sind die Planerhaltungsvorschriften des § 12 Abs. 1 bis 4 ROG rückwirkend auf Raumordnungspläne der Län-der entsprechend anzuwenden, die vor dem 30. 6. 2009 auf der Grundlage der Raumordnungsgesetze der Länder in Kraft getreten sind. Ergänzend sind die der Planerhal-tung dienenden Vorschriften in den Raumordnungsgeset-zen der Länder über die form- und fristgerechte Geltend-machung und über die Rechtsfolgen einer nicht form- und fristgerechten Geltendmachung der Verletzung von Ver-fahrens- und Formvorschriften, von Mängeln der Abwä-gung und von sonstigen Vorschriften weiterhin anzuwen-den (§ 28 Abs.  2 Satz  1 Hs.  2 ROG). Nicht erfasst wird von dieser Vorschrift (früheres) Landesrecht, welches er-weiterte Möglichkeiten, Mängel geltend zu machen, vor-sah. Im Interesse der Planerhaltung sollen nach dem Willen des Gesetzgebers nur die über das Bundesrecht hinausge-henden landesrechtlichen Planerhaltungsvorschriften nicht ausgeschlossen werden (Spannowsky, in: Spannowsky/Run-kel/Goppel, a. a. O., § 28 Rdnr.  14). Dieser Zielrichtung folgend hat der Bundesgesetzgeber in § 28 Abs.  2 Satz  2 ROG klargestellt, dass bereits nach Landesrecht unbeacht-lich gewordene Fehler bei der Aufstellung von Raumord-nungsplänen, Verfahrens- und Formfehler sowie Fehler im Abwägungsvorgang, unbeachtlich bleiben. Die Vorschrift des § 28 Abs.  2 ROG dient nach ihrem Regelungsgehalt und dem Willen des Gesetzgebers (vgl. Begründung d. Gesetzentwurfs, BT-Drs. 16/10292, S. 30) der Erhöhung der Bestandskraft von Raumordnungsplänen. Einen aus-drücklichen Anwendungsbefehl von landesrechtlichen Pla-nerhaltungsvorschriften, die – wie hier – überhaupt keine Fristen für die Geltendmachung der Verletzung von Ab-

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wägungsmängeln vorsahen, für ein nach altem Recht ab-geschlossenes und nach dem 30. 6. 2009 in Kraft getretenes Raumordnungsprogramm enthält das Raumordnungsge-setz des Bundes demnach nicht. Nach alldem bleibt es bei dem Grundsatz, dass das weitergehende Bundesrecht – hier § 12 Abs. 5 ROG – die frühere landesrechtliche Regelung des NROG verdrängt hat.

Dem kann die Antragstellerin nicht mit Erfolg entge-genhalten, dass § 28 ROG der Überleitungsvorschrift des § 233 BauGB nachempfunden sei und nach § 233 Abs. 2 Satz 3 BauGB für die Geltendmachung von Fehlern bei Flächennutzungsplänen und Satzungen, die vor Inkraft-treten einer Gesetzesänderung in Kraft getreten oder – wie hier – nach altem Recht eingeleitet und fortgeführt worden seien, das frühere Recht einschließlich der Fristen fortgelte (so zu § 233 Abs. 2 Satz 3 BauGB Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl., § 233 Rdnr. 4; Sei-fert, in: Spannowsky/Uechtritz, BauGB, § 233 Rdnr. 3; dif-ferenzierter Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand: Sept. 2012, § 215 Rdnr. 65, wonach die früheren Rügefristen auf Bebauungspläne, die gemäß § 244 Abs. 2 Satz 1 BauGB nach früherem Recht abgeschlossen wor-den sind, Anwendung finden). Ob dieser Auslegung des § 233 Abs. 2 Satz 3 BauGB in der Sache einschränkungslos zu folgen ist, bedarf in diesem Verfahren keiner Entschei-dung. Sie ist schon deshalb nicht auf Verfahren der Raum-ordnung übertragbar, weil die Überleitungsvorschriften des ROG zwar an die des BauGB angelehnt sind (Begrün-dung d. Gesetzentwurfs, BT-Drs.  16/10292, S.  30), ihr Wortlaut und Regelungsgehalt aber nicht identisch sind. Sowohl § 28 Abs. 2 Satz 1 Hs. 1 ROG als auch § 233 Abs. 2 Satz 1 BauGB ordnen eine rückwirkende Anwendung der neu geregelten bzw. geänderten Planerhaltungsvorschrif-ten an. „Abweichend“ von § 233 Abs. 2 Satz 1 BauGB re-gelt § 233 Abs. 2 Satz 3 BauGB, dass unter den genann-ten zeitlichen Voraussetzungen die früheren Vorschriften über die Geltendmachung der Verletzung von Vorschrif-ten und von Mängeln der Abwägung „einschließlich ih-rer Fristen“ weiterhin anzuwenden sind. Danach besteht im Einzelfall auch eine erweiterte Möglichkeit zur Gel-tendmachung von Fehlern fort (Löhr, in: Battis/Krautz-berger/Löhr, a. a. O., § 233 Rdnr.  4a; Lemmel, in: Berli-ner Kommentar z. BauGB, 3.  Aufl., Stand: April 2013, § 233 Rdnr. 6; Seifert, in: Spannowsky/Uechtritz, a. a. O., § 233 Rdnr.  3). Davon unterscheidet sich die Vorschrift des § 28 Abs. 2 Satz 1 Hs. 2 ROG in ihrem Wortlaut und ihrer Zielrichtung. Sie erklärt früheres Landesrecht ledig-lich „ergänzend“ für weiterhin anwendbar. Erfasst werden im Interesse der Planerhaltung daher – wie gesehen – nur die weitergehenden landesrechtlichen Planerhaltungsvor-schriften. Die Antragstellerin beruft sich dagegen auf eine aus ihrer Sicht günstigere Rechtslage, weil die landes-rechtlichen Vorschriften des NROG a. F. überhaupt keine Fristen für die Geltendmachung von Abwägungsmängeln vorsahen.

Die Planerhaltungsvorschriften des ROG unterscheiden zwischen Mängeln im Abwägungsvorgang und Mängeln im Abwägungsergebnis. Mängel im Abwägungsvorgang sind nach § 12 Abs. 3 Satz 2 ROG nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Ein-fluss gewesen sind. Ein hiernach beachtlicher Mangel des Abwägungsvorgangs muss innerhalb eines Jahres seit Be-kanntmachung des Raumordnungsplans schriftlich ge-genüber der zuständigen Stelle unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend gemacht worden sein; anderenfalls wird er, wenn bei Inkraftset-zung des Raumordnungsplans auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften sowie auf die Rechtsfolgen hingewiesen worden ist, un-beachtlich (§ 12 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 ROG). Ein Mangel im Abwägungsergebnis ist demgegenüber stets beachtlich; er führt unabhängig vom Vorliegen weiterer Mängel der Ab-

wägung zur Unwirksamkeit des Plans (so zu der inhaltlich übereinstimmenden Vorschrift des § 215 Abs.  1 BauGB BVerwG, Urt. v. 22. 9. 2010 – 4 CN 2.10, BVerw GE 138, 12). Zum Abwägungsvorgang gehören die Zusam-menstellung des Abwägungsmaterials sowie die Gewich-tung und Einstellung dieser Belange in die Abwägung. Das Abwägungsergebnis ist dagegen der durch die Abwä-gung gewonnenen Norminhalt des Plans (vgl. Spannowsky, in: Spannowsky/Runkel/Goppel, a. a. O., § 12 Rdnr. 61; Hoppe, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Bau-recht, 3. Aufl., Rdnr. 133 ff.; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a. a. O., § 1 Rdnr. 187).

Die Ausarbeitung eines Planungskonzeptes für die Dar-stellung von Konzentrationszonen ist danach auf der Ebene des Abwägungsvorgangs angesiedelt ( BVerwG, Beschl. v. 15. 9. 2009 – 4 BN 25.09, BauR 2010, 82). Dazu gehört ins-besondere auch die Unterscheidung zwischen den rechtlich und tatsächlich zwingenden („harten“) Ausschlusskriterien und den einer Abwägung zugänglichen („weichen“) Krite-rien bei der Ermittlung der Potenzialflächen (so auch aus-drücklich BVerwG, Urt. v. 13. 12. 2013 – 4 CN 1.11, 2.11, a. a. O.). Ebenso betreffen die von der Antragstellerin be-hauptete „ungeprüfte“ Übernahme von in den kommuna-len Flächennutzungsplänen dargestellten Vorrangflächen, die mangelnde Differenzierung zwischen Wohnnutzun-gen im Außen- und Innenbereich sowie die aus Sicht der Antragstellerin fehlerhaften Vorsorgeabstände zu Einzel-wohnhäusern im Außenbereich und zu Verkehrsflächen die Ermittlung und Gewichtung von Belangen im Abwä-gungsvorgang. Die auf dieser Grundlage ermittelten Po-tenzialflächen hat der Antragsgegner erst in einem weiteren Schritt einzelfallbezogen überprüft und auf dieser Grund-lage entschieden, welche Potenzialflächen oder Teile davon – als Abwägungsergebnis – im RROP 2011 als Vorrang-stand ort ausgewiesen werden sollen. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist schließlich auch der von ihr behaup-tete Abwägungsausfall dem Abwägungsvorgang zuzuord-nen und wird daher ebenfalls von den Planerhaltungs-vorschriften des § 12 ROG erfasst (vgl. BVerwG, Urt. v. 22. 9. 2010 – 4 CN 2.10, a. a. O.). Soweit der Senat in seinem Urteil vom 31. 3. 2011 (– 12 KN 187/08, BauR 2011, 1300) zu § 10 Abs. 2 NROG a. F. noch eine andere Auffassung vertreten hat, hält er daran nicht mehr fest.

Die Antragstellerin hat die genannten Mängel im Ab-wägungsvorgang nicht gemäß § 12 Abs. 5 Satz 1 ROG in-nerhalb eines Jahres gerügt. Das Gesetz verlangt eine sub-stantiierte und konkretisierte Rüge. Die Regelung soll sicherstellen, dass der Planungsträger aufgrund gezielter Information in die Lage versetzt wird zu prüfen, ob und wie sich der geltend gemachte Mangel beheben lässt. Das schließt eine pauschale Rüge aus (so zu den inhaltlich über-einstimmenden Vorschriften des § 215 Abs. 1 BauGB bzw. § 244 Abs. 2 BauGB a. F. BVerwG, Beschl. v. 11. 11. 1998 – 4 BN 50.98, NVwZ-RR 1999, 424; Beschl. v. 2. 1. 2001 – 4 BN 13.00, Buchholz 406.11 § 215 BauGB Nr. 17; Beschl. v. 19. 1. 2012 – 4 BN 35.11, BauR 2013, 55; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a. a. O., § 215 Rdnr. 34). Diesen An-forderungen wird die innerhalb der Jahresfrist bei dem An-tragsgegner eingegangene Antragsschrift vom 22. 3. 2012 nicht gerecht. Die Antragstellerin beschränkt sich in die-sem Schreiben auf Ausführungen zu ihrer Antragsbefug-nis. Mit der Aussage, sie sei von der Planung mittelbar be-troffen, legt sie keinen Mangel oder auch nur Sachverhalt dar, den der Antragsgegner hätte überprüfen können. Die Schriftsätze vom 21. Januar, 29. 4. 2013 und 14. 6. 2013 sind dagegen nicht innerhalb der Ausschlussfrist von einem Jahr bei dem Antragsgegner eingegangen.

Ohne dass es in der Sache darauf ankommt, weist der Senat klarstellend darauf hin, dass ein – hier unbeacht-licher  – Mangel im Abwägungsvorgang nur vorliegen dürfte, soweit der Antragsgegner im Abwägungspro-zess nicht zwischen harten und weichen Tabuzonen un-

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terschieden hat. Im Übrigen ist der Abwägungsvorgang nicht zu beanstanden.

Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach sich eine Gemeinde in der Bauleitplanung – auf der ersten Stufe des Planungsprozesses – den Unterschied zwi-schen harten und weichen Tabuzonen bewusst machen und ihn dokumentieren muss ( BVerwG, Urt. v. 13. 12. 2012 – 4 CN 1.11, 2.11, a. a. O.; im Ergebnis nunmehr auch Be-schl. d. Sen. v. 16. 5. 2013 – 12 LA 49/12, juris), gilt auch für die Raumplanung (vgl. BVerwG, Urt. v. 11. 4. 2013 – 4 CN 2.12, juris). Der Antragsgegner hat im Planungspro-zess aber nicht ausdrücklich zwischen harten und weichen Tabuzonen differenziert. Die Begründung des RROP 2011 sowie der Verfahrensablauf lassen auch nicht hinreichend erkennen, dass sich der Antragsgegner gleichwohl dieser Unterscheidung bewusst war. Soweit der Antragsgegner im Verfahren etwa den Schutzabstand zur Wohnbebauung von 550 m auf 800 m erhöht hat, rechtfertigt dieses Vorge-hen für sich genommen nicht den Schluss, er habe einen Abstand von 550 m als rechtlich zwingend angesehen und im Übrigen die ihm bekannten Spielräume ausgenutzt. Es begegnet schon Zweifeln, ob ein Abstand von 550 m im Außenbereich überhaupt rechtlich zwingend ist. Jedenfalls legt die Begründung des der Planung zugrunde liegenden Abstands von 800 m zu Wohnbauflächen im RROP 2011 unter Hinweis auf die Immissionsrichtwerte der TA Lärm nahe, dass der Antragsgegner bzw. die zur Entscheidung berufenen Mitglieder des Kreistags auch insoweit davon ausgegangen sind, dass es sich zumindest mit Blick auf reine und allgemeine Wohngebiete um ein hartes Ausschlusskri-terium handele. Ferner hat der Antragsgegner im Verfah-ren nicht jedes einzelne Ausschlusskriterium geändert, so dass ein Rückschluss darauf, ob sich der Antragsgegner der genannten Differenzierung tatsächlich bewusst war, von vornherein nicht Betracht kommt. Es besteht nach Auffas-sung des Senats auch die konkrete Möglichkeit, dass dieser Fehler auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sein kann (§ 12 Abs.  3 Satz  2 ROG). Hätte sich das Be-schlussgremium den Unterschied zwischen den rechtlich zwingenden und den einer Abwägung zugänglichen Kri-terien bewusst gemacht, mithin auch die Reichweite des planerischen Spielraumes zutreffend erkannt, hätte es im Ergebnis möglicherweise andere oder auch mehr Flächen ausweisen können.

Ohne Erfolg beanstandet die Antragstellerin dagegen die „ungeprüfte“ Übernahme von in den Flächennutzungsplä-nen dargestellten Vorrangflächen. Es entspricht der stän-digen Rechtsprechung des Senats, dass der Planungsträger der Kraft des Faktischen dadurch Rechnung tragen kann, dass er bereits errichtete Anlagen in sein Konzentrationszo-nenkonzept mit einbezieht und sich bei der Gebietsabgren-zung an dem vorhandenen Bestand ausrichtet (zuletzt Urt. d. Sen. v. 12. 12. 2012 – 12 KN 311/10, a. a. O.). Ein Abwä-gungsfehler läge in diesem Zusammenhang nur vor, wenn die auf der Ebene der Flächennutzungs- oder der Bebau-ungspläne in den Verbandskommunen zum Ausdruck ge-kommenen Planvorstellungen tatsächlich ungeprüft über-nommen worden wären (Urt. d. Sen. v. 28. 1. 2010 – 12 KN 65/07, BauR 2010, 1043; Urt. v. 31. 3. 2011 – 12 KN 187/08, a. a. O.). Das ist hier aber nicht der Fall. Der Antragsgegner hat die in den Flächennutzungsplänen der Gemeinden dar-gestellten Vorranggebiete – mit einer Ausnahme – zunächst nur in die Potenzialflächenanalyse übernommen. Er hat sodann jeden dieser Standorte einer Einzelfallbetrachtung unterzogen. Er hat dabei sowohl die Vorbelastung als auch die – im Einzelfall gegebene – Unterschreitung der zuvor festgelegten Schutzabstände in die Bewertung eingestellt (vgl. S. 181 ff. der Begründung zum RROP 2011). Als Er-gebnis dieser Einzelfallbetrachtung hat der Antragsgegner ein in einem Flächennutzungsplan dargestelltes Sonderge-biet „Windenergie“ (Potenzialfläche H 3) für die Raumpla-nung wieder ausgeschlossen.

Die von dem Antragsgegner gewählten Vorsorgeab-stände zu Einzelwohnhäusern von 800 m und zu Verkehrs-wegen von 40 m (klassifizierte Straßen) bzw. 180 m (Ei-senbahnstrecke) sind nicht zu beanstanden. Es ist zulässig, Pufferzonen und pauschale Abstände zu geschützten Nut-zungen festzusetzen und auf eine konkrete Prüfung der Verträglichkeit einer Windenergienutzung an jedem ein-zelnen Standort zu verzichten. Mindestabstände können dabei bereits im Vorfeld der Abwehr schädlicher Umwelt-einwirkungen festgelegt werden, sofern sie städtebaulich bzw. raumordnungsrechtlich begründbar sind ( BVerwG, Urt. v. 17. 12. 2002, – 4  C 15.01, BVerw GE 117, 287; vgl. auch Urt. d. Sen. v. 24. 1. 2008 – 12 LB 44/07, juris; v. 9. 10. 2008 – 12 KN 35/07, a. a. O., u. v. 28. 1. 2010  – 12 KN 65/07, a. a. O.). So liegt der Fall hier. Die genann-ten Abstände bewegen sich jeweils im Rahmen des An-erkannten und Vertretbaren. Es begegnet auch keinen durchgreifenden Bedenken, dass die von dem Antragsgeg-ner festgelegten Schutzabstände nicht zwischen den in der TA Lärm bzw. der BauNVO aufgeführten Baugebietsty-pen unterscheiden. Die Begründung des Antragsgegners, aufgrund der besonderen Siedlungsstruktur im Landkreis, vor allem mit Blick auf die baurechtlich im Außenbereich gelegenen sog. L.-Siedlungen, seien alle Siedlungsflächen gleich zu behandeln, ist jedenfalls vertretbar. In der Sa-che hat der Antragsgegner den von ihm gewährten hohen Schutz des Wohnens im Außenbereich zudem kompen-siert, indem er Abstriche beim Schutz allgemeiner und rei-ner Wohngebiete vorgenommen hat. Der Schutzabstand von 800 m bleibt hinter dem im Falle einer Differenzie-rung im Regelfall zulässigen Schutzabstand zur Wohnbe-bauung im Innenbereich von 1000 m (so etwa Urt. d. Sen. v. 28. 1. 2010 – 12 KN 65/07, a. a. O.; vgl. schon Emp-fehlungen zur Festlegung von Vorrang- oder Eignungs-gebieten für die Windenergienutzung v. 26.01.04 – 303-32346/8.1) zurück.

Ein Abwägungsausfall fällt dem Antragsgegner nicht zur Last. Der Antragsgegner hat die in den Flächennutzungs-plänen dargestellten Vorranggebiete – wie gesehen – nicht ungeprüft übernommen, sondern einer Einzelfallbetrach-tung unterzogen. Er hat sich ferner in der dem Kreistag vorliegenden Abwägungssynopse mit den Einwendungen der Träger öffentlicher Belange und der Öffentlichkeit im Einzelnen auseinandergesetzt und die jeweils getroffene Abwägungsentscheidung erläutert.

b) Die behaupteten Mängel im Abwägungsvorgang schla-gen auch nicht auf das Abwägungsergebnis durch.

Das Abwägungsergebnis ist nicht schon dann fehlerhaft, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass die Planung nach der erforderlichen Abwägung anders ausgefallen wäre und der Abwägungsausfall damit im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 2 ROG auf das Abwägungsergebnis „von Einfluss“ ge-wesen ist. Es ist vielmehr erst dann zu beanstanden, wenn eine fehlerfreie Nachholung der erforderlichen Abwägung schlechterdings nicht zum selben Ergebnis führen könnte, weil anderenfalls der Ausgleich zwischen den von der Pla-nung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vor-genommen würde, der zur objektiven Gewichtigkeit ein-zelner Belange außer Verhältnis steht. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit müssen überschritten sein ( BVerwG, Urt. v. 11. 4. 2013 – 4 CN 2.12, a. a. O.; zu § 215 Abs. 1 BauGB BVerwG, Urt. v. 22. 9. 2010 – 4 CN 2.10, a. a. O.; vgl. auch Hoppe, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, a. a. O., Rdnr. 121 ff.).

Gemessen daran ist nicht zu beanstanden, dass der An-tragsgegner die von der Antragstellerin für eine Bebauung in Aussicht genommenen Flächen im RROP 2011 nicht als Vorranggebiet dargestellt hat. Dass diese Flächen auch im Falle einer aus Sicht der Antragstellerin fehlerfreien Ab-wägung schlechterdings nicht wegwägbar wären, trägt sie selbst nicht vor und ist auch sonst nicht ersichtlich. Dies gilt vorliegend umso mehr, weil schon die der Planung zu-

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grunde liegenden Schutzabstände von 800 m zu Wohn-bauflächen, die hier zum Flächenausschluss geführt haben, auf keine rechtlichen Bedenken stoßen. Der Antragsgeg-ner konnte als Träger der Regionalplanung – wie gese-hen – einen solchen Pauschalabstand zu Wohnbauflächen festsetzen und auf eine konkrete Prüfung der Verträglich-keit einer Windenergienutzung an jedem einzelnen Stand-ort verzichten.

Der Antragsgegner hat die Konzentrationszonen auch so bemessen, dass der Windenergie im Plangebiet ins-gesamt substanziell Raum verschafft wird. Eine norma-tive Gewichtungsvorgabe, derzufolge ein Planungsträger der Windenergienutzung im Sinne einer speziellen För-derungspflicht bestmöglich Rechnung zu tragen habe, ist der gesetzlichen Regelung in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht zu entnehmen. Eine gezielte (rein negative) Verhin-derungsplanung bzw. eine bloße Feigenblattplanung, die auf eine verkappte Verhinderungsplanung hinausläuft, ist dem Plangeber jedoch verwehrt. Er muss die in § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB enthaltene Entscheidung des Gesetzgebers, Windkraftanlagen im Außenbereich zu privilegieren, be-achten und für die Windenergienutzung im Plangebiet in substanzieller Weise Raum schaffen. In der Recht-sprechung des Bundesverwaltungsgerichts (etwa Urt. v. 13. 3. 2003 – 4 C 4.02, a. a. O.; Urt. v. 13. 12. 2012 – 4 CN 1.11, 2.11, a. a. O.) und des Senats (Urt. v. 21. 4. 2010 – 12 LC 9/07, BauR 2010, 1556; Urt. v. 22. 11. 2012 – 12 LB 64/11, juris) ist geklärt, dass sich nicht abstrakt, z. B. durch Ermittlung des prozentualen Anteils der Vorrang- oder Konzentrationsflächen für Windenergie an der Gesamtflä-che des Planungsraums, bestimmen lässt, wo die Grenze zur unzulässigen „Negativplanung“ verläuft. Maßgeblich sind vielmehr die tatsächlichen Verhältnisse im jeweili-gen Planungsraum, so dass Größenangaben – isoliert be-trachtet – als Kriterium ungeeignet erscheinen. Das Ver-hältnis der ausgewiesenen Fläche zur Gesamtfläche bzw. zu den zuvor ermittelten Potenzialflächen kann aber als Indiz für eine Verhinderungsplanung gewertet werden ( BVerwG, Urt. v. 13. 12. 2013 – 4 CN 1.11, 2.11, a. a. O.; VG Hannover, Urt. v. 24. 11. 2011 – 4 A 4927/09, juris). Danach begegnet das Abwägungsergebnis des Antrags-gegners keinen rechtlichen Bedenken. Das Verhältnis der ausgewiesenen Vorrangflächen (499,7 ha) an der Gesamt-fläche des Antragsgegners (65 073 ha) von 0,77 % bewegt sich noch im Rahmen dessen, was der Senat in vorange-gangenen Entscheidungen als (noch) substanziell angese-hen hat (Urt. v. 9. 10. 2008 – 12 KN 35/07, a. a. O.: 0,51 %; Urt. v. 28. 1. 2010 – 12 KN 65/07, a. a. O.: 0,61 %). Die von dem Antragsgegner im RROP 2011 dargestellten Vor-rangflächen ergeben zudem ein Leistungspotenzial von bis zu 166,5 MW und damit ein Mehrfaches der im Landes-raumordnungsprogramm Niedersachsen (in der Fassung v. 8. 5. 2008) für den Antragsgegner auch derzeit mindes-tens vorgesehenen Leistung von 50 MW. Davon abgese-hen lassen auch die der Abwägungsentscheidung zugrunde gelegten Parameter und das Vorgehen des Antragsgeg-ners im Planungsprozess Tendenzen einer von Fehlvor-stellungen geleiteten Verhinderungsplanung nicht erken-nen. Die zur Ermittlung der Potenzialflächen gewählten Schutzabstände liegen ausnahmslos im Bereich des Aner-kannten und Vertretbaren. Auf die zunächst vorgesehene und im Grundsatz zulässige Festlegung eines Pauschalab-stands zwischen Windparks von nach den Empfehlungen der Landesregierung 5000 m (Empfehlungen zur Festle-gung von Vorrang- oder Eignungsgebieten für die Wind-energienutzung v. 26.01.04 – 303-32346/8.1  –) hat der Antragsgegner gänzlich verzichtet. Auch die Einzelfallbe-trachtung der auf dieser Grundlage ermittelten Potenzial-flächen lässt ein restriktives Vorgehen des Antragsgegners nicht erkennen. Im Ergebnis hat der Antragsgegner von elf Potenzialflächen neun Flächen insgesamt sowie eine Teil-fläche als Vorranggebiete dargestellt. Er hat insoweit weit

mehr als die Hälfte der Gesamtfläche der elf Potenzialflä-chen (885,3 ha) ausgewiesen.

Tierschutz, hier: Einzäunung einer Pferdeweide

TierSchG § 2, § 16a

1. Die alleinige Einzäunung einer Pferdeweide mit Stacheldraht ist tierschutzwidrig.

2. Den Amtstierärzten ist bei der Frage, ob die An-forderungen des § 2 TierSchG erfüllt werden, vom Ge-setzgeber eine vorrangige Beurteilungskompetenz ein-geräumt worden.OVG Lüneburg, Urteil vom 18. 6. 2013 – 11 LC 206/12 –

Die Beteiligten streiten um die tierschutzrechtliche Zulässigkeit der Stacheldrahtumzäunung auf den Pferdeweiden der Klägerin.

Die Klägerin hält auf dem Hof „B.“ bei C. ca. 20 Pferde, da-neben werden dort überwiegend Rinder und Schafe gehalten. Am 31. 3. 2011 kontrollierte die Amtstierärztin D. des Beklagten eine ge-genüber der Hofstelle gelegene Weide an der E. Straße. Dabei stellte sie fest, dass sich auf der Weide mehrere Pferde (Stuten, Fohlen) be-fanden und die Weide mit einem Knotengitterzaun und drei darüber gespannten Reihen Stacheldraht eingezäunt war. Sie teilte dem an-wesenden Ehemann der Klägerin mit, dass die Einzäunung einer Pferdeweide mit Stacheldraht ohne Absicherung nach innen nicht zulässig sei, da von dem Zaun eine erhebliche Verletzungsgefahr für die Tiere ausgehe. Mit Schreiben vom 7. 4. 2011 hörte der Beklagte die Klägerin zu beabsichtigten tierschutzrechtlichen Maßnahmen an. Die Klägerin erklärte daraufhin, dass sie eine Verletzungsgefahr nicht nachvollziehen könne, da sich bisher kein Pferd am Stachel-draht verletzt habe. Sie sei daher nicht bereit, die Einzäunung zu verändern.

Aus den Gründen:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begrün-det. …

Rechtsgrundlage für den Bescheid des Beklagten vom 4. 5. 2011 ist § 16 a TierSchG. Danach trifft die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen (Satz 1) und kann insbesondere im Einzelfall die zur Erfül-lung der Anforderungen des § 2 TierSchG erforderlichen Maßnahmen treffen (Satz 2 Nr. 1).

Nach § 2 Nr.  1 TierSchG muss, wer ein Tier hält, be-treut oder zu betreuen hat, dieses seiner Art und seinen Be-dürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen. Er darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schä-den zugefügt werden (§ 2 Nr. 2 TierSchG). Diesen Anfor-derungen genügt die streitige Umzäunung der Pferdewei-den der Klägerin mit Stacheldraht nicht.

Die Amtstierärztin des Beklagten hat wiederholt Pferde-weiden der Klägerin in Augenschein genommen und die dort vorhandene Einzäunung mit Knotengitter und drei darüber liegenden Reihen Stacheldraht als tierschutzwidrig gewertet. In ihren Vermerken vom 31. 3. 2011, 16. 6. 2011, 12. 7. 2011 und 30. 8. 2011 sowie in der Zeugenvernehmung vor dem Verwaltungsgericht hat sie nachvollziehbar darge-legt, dass Stacheldraht- und Knotengitterzäune als alleinige Begrenzung von Pferdeweiden äußerst verletzungsträch-tig und daher tierschutzrechtlich nicht hinnehmbar seien. Dabei hat sie auch die besondere Gestaltung der Zäune der Klägerin berücksichtigt und in ihrem Vermerk vom 30. 8. 2011 dargelegt, dass gerade die Ausführung des Zauns mit Knotengitter und Stacheldraht gegen § 2 TierSchG ver-stoße und daher Anlass zu der streitigen Anordnung gege-ben habe. Die angeordnete Maßnahme gelte aber ebenfalls für von der Klägerin genutzte Pferdeweiden, die aus-

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