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Senatsverwaltung für Stadtentwicklung des Landes Berlin Ministerium für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung des Landes Brandenburg Gemeinsame Landesplanung Berlin-Brandenburg Regionalparks in Brandenburg und Berlin Strategien für eine nachhaltige Entwicklung des Metropolenraumes

Regionalparks in Brandenburg und Berlin · Vergnügungsparks, National- und Naturparks. Was aber ist ein Regionalpark? Ein Regionalpark ist eine Idee.Ein Regionalpark ist eine Strategie,

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Senatsverwaltung

für Stadtentwicklung

des Landes Berlin

Ministerium für Landwirtschaft,

Umweltschutz und Raumordnung

des Landes Brandenburg

Gemeinsame Landesplanung

Berlin-Brandenburg

Regionalparks in Brandenburg und BerlinStrategien für eine nachhaltige Entwicklung des Metropolenraumes

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3 Vorwort

4 Die Regionalpark-PhilosophieEine raumgreifende Idee

16 Regionalpark Krämer Forst

Frösche im Dornröschenschlaf

24 Naturpark Barnim

Goldstück in der Kette

32 Regionalpark Barnimer Feldmark

Liebe auf den zweiten Blick

42 Regionalpark Müggel-Spree

„Club“ der 18

50 Regionalpark Flutgrabenaue

Warten auf ...

56 Regionalpark Teltow Park

Ruhe und Gewühl

64 Regionalpark Potsdamer Havelseen

Schöne Aussichten

72 Regionalpark Döberitzer Heide

Offene Landschaft

80 Ausblick

82 Literaturverzeichnis, Bildnachweis

83 Impressum

Inhaltsverzeichnis

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Wohl nirgendwo sonst in Europa hört die Stadtso unvermittelt auf, fängt das Land so plötzlichan wie am Übergang zwischen Berlin undBrandenburg. Schon frühzeitig haben diebeiden Länder einen Ring aus Regionalparksrund um die deutsche Hauptstadt konzipiert,um diese gemeinsame Peripherie planvoll,behutsam und nachhaltig zu entwickeln. DieMenschen sollen den Regionalpark als ihrenLebens-Raum annehmen, sich mit ihm iden-tifizieren und so für eine positive Entwicklungsorgen. Die Schönheiten und Eigenarten derstadtnahen Kulturlandschaften in diesemRegionalpark-Ring sollen erhalten, Tourismusund Erholung gefördert und die Wirtschaftlandschaftsverträglich entwickelt werden.

Seit 1998 ist der Aufbau von Regionalparks einverbindliches gemeinsames Planungszielbeider Länder, das im Landesentwicklungspro-gramm (LEPro) und im Landesentwicklungs-plan für den engeren VerflechtungsraumBrandenburg-Berlin (LEP eV) festgelegt wurde.Mit dem Regionalparkkonzept hatten die bei-den Länder zunächst nur einen Rahmen vor-gegeben, der von den regionalen und lokalenAkteuren im Sinne einer lokalen Agenda 21ausgefüllt werden sollte. In fast allen Regionenist man inzwischen erfolgreich dabei, diesesKonzept umzusetzen. Vielfach haben sich be-reits fest etablierte Arbeitsstrukturen ergeben.

Durch die Koordinierung aller Aktivitäten inden Regionalparks und die Bündelung öffent-licher und privater Mittel lässt es sich effektiverplanen und gestalten. Die Entwicklungenwerden von den Bürgern mitgetragen, weil sie

nicht nur beteiligt sind, sondern selbst Akteuresein können. Die Regionalparks können damit eine Vorbildfunktion und Modellcharak-ter für andere Regionen übernehmen.

In Brandenburg und Berlin wird es zukünftigdarauf ankommen, die Strukturen zu festigen,die von den Beteiligten zum gemeinsamenArbeiten in den Regionalparks gebildet wur-den. Auch die Zusammenarbeit zwischen denRegionalparks untereinander muss gefördertwerden. Die private Wirtschaft, Vereine undVerbände wollen wir dafür gewinnen, sich aneiner abgestimmten regionalen Entwicklung zu beteiligen und sie mit zu tragen. SichtbareUmsetzungserfolge haben dabei die größteÜberzeugungskraft. Mit der Dokumentationder vielfältigen Aktivitäten und Erfolge in denRegionalparks will die vorliegende Broschüregenau dies tun: werben, überzeugen und die noch Unentschlossenen zum Mitmachenanregen.

Auch auf europäischer Ebene wird daran gear-beitet, wie die stadtnahen Landschaftengeschont und gleichzeitig zum Vorteil derMenschen genutzt werden können. Die LänderGroßbritannien, Niederlande, Frankreich,Belgien und Deutschland haben dazu ein„SOS-Projekt“ zur Regionalplanung entwickelt.„SOS“ steht für „Sustainable Open Space“, wasso viel wie „nachhaltige Freiraumentwicklung“bedeutet. In Brandenburg und Berlin findetdiese stadtnahe nachhaltige Freiraument-wicklung vor allem in den Regionalparks statt.Eine Entwicklung, die wir nach Kräften unter-stützen wollen.

Vorwort

Wolfgang BirthlerMinister für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung des Landes Brandenburg

Peter StriederSenator für Stadtentwicklung des Landes Berlin

Wolfgang Birthler Peter Strieder

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Berlin eine Situation, die wohl einmalig istunter den Metropolen der Welt: eine Stadkanteso scharf wie mit dem Lineal gezogen. Woandere Großstädte ins Umland hinein wuchern,Neusiedlungen und Einkaufszentren sich in die Umgebung fressen, gibt es um Berlin denübergangslosen Gegensatz von Stadt undLand. Hier die Hochhaussiedlungen der Metro-pole, dort Wälder, Äcker, Wiesen und Seen,Alleen und die märkischen Dörfer.Damit bestand nun die einzigartige Gelegen-heit, aus den Fehlentwicklungen andererGroßstadtregionen zu lernen, eine andere Ent-wicklung einzuschlagen, die dem uferlosen,„flächenfressenden“ Ausfransen der Metropoleentgegenwirkt.

Alles Park oder was?Jeder weiß, was ein Park ist. Eingang, Ausgang,Zaun oder Hecke drumrum und in der Mitteetwas Schönes: angelegte Rabatten und Beeteoder einfach eine schöne Landschaft. MitWegen zum Spazierengehen,‘ner Liegewiese,einem Ententeich und vielleicht einer Fontäne.Doch heute heißt auch „Park“, was gar kein Parkist: Da gibt es Gewerbeparks, Entsorgungsparks,Industrieparks, Wohnparks. Und dann nochVergnügungsparks, National- und Naturparks.Was aber ist ein Regionalpark?Ein Regionalpark ist eine Idee. Ein Regionalparkist eine Strategie, ein Entwicklungskonzept. Dasklingt sehr abstrakt und ziemlich unverständ-lich. Um zu erklären, was ein Regionalpark ist,oder besser: was er sein soll, müssen wirzunächst einen kurzen Blick zurück in die deut-sche Geschichte werfen.

Die StadtkanteVor gut zehn Jahren fielen Mauer und inner-deutsche Grenze. Fast drei Jahrzehnte trenntensie Ost- und Westdeutschland, schnitten dieHalbstadt West-Berlin von ihrem Umland ab.Als sie fiel, ergab sich für das wiedervereinigte

Eine raumgreifende IdeeRegionalparks in Brandenburg und Berlin

Nicht irgendein Park: DerSchlosspark von Sanssouciin Potsdam gehört seit1991 zum Weltkulturerbeder UNESCOFoto: Uhlenhut

Ein Wald von Baukränenhinter dem Krämer Forst:Gerade im Bereich derRegionalparks rund umBerlin herrscht allenthal-ben rege Bautätigkeit.Foto: Meißner

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Ungleiche PartnerIn Stadt und Land standen sich nun zwei höchstungleiche Partner gegenüber: auf der einenSeite die dreieinhalb Millionenbevölkerung mitder geballten Wirtschafts- und Kaufkraft dergrößten deutschen Stadt, auf der anderen Seitedie ländlich geprägte, dünnbesiedelte MarkBrandenburg mit einer Vielzahl kommunalerEigeninteressen.Berlin und Brandenburg mußten gerade hierihr Verhältnis zueinander völlig neu definieren.Ein Verhältnis, das insbesondere in 40 JahrenDDR-Geschichte mit ihrer Hauptstadtfixierungnicht frei von Spannung und Skepsis war:regionale Identität und das wachsende Selbst-bewußtsein der Kommunen vertragen sichschlecht mit einem großstädtischen Anspruchs-verhalten, welches das Umland lediglich alsgrünes Anhängsel der Metropole begreift.Denn so wichtig die Funktionen als Grün- undErholungsraum, Trinkwasserreservoir undFrischluftspender für Berlin sind, die Branden-burger Gemeinden haben vor allem ihreeigene Zukunft und besonders die wirtschaft-liche Entwicklung im Sinn. Und da konkurrierensie auch miteinander: Jede will möglichst fürsich das größte Stück vom „Steuerkuchen“.

Unverwechselbar bleibenLandschaftliche Schönheit, regionale Besonder-heiten, Traditionen und Sehenswürdigkeitensind wichtige Bestandteile der Identität einerjeden Region.Wenn aber Gewerbegebiete, Einkaufszentren,Wohnsiedlungen und Golfplätze überall wie Pilze aus dem Boden schießen, zerstörtdies nicht nur den Naturhaushalt und dieSchönheit der Landschaft. Werden durch man-gelnde Planung und Koordination Überan-gebote geschaffen, kommt dies die Kommunenteuer zu stehen und kann schlimmstenfalls zuInvestitionsruinen führen. Während zuvieleWohn- und Gewerbeflächen nur wirtschaft-liche Nachteile mit sich bringen, können re-gionale Identität und landschaftliche Qualitätzum entscheidenden Standortvorteil werden.Nur eine organisch wachsende Entwicklung,

die sich der Landschaft anpasst und dienaturräumlichen Gegebenheiten berücksich-tigt, ist ein Garant dafür, sich das Unver-wechselbare, die eigene Identität zu bewahren.Die „Ästhetik“ der auf Konsum ausgelegtenZweckbauten von Einkaufszentren und Abhol-märkten dagegen sieht überall gleich aus,hier hat regionale Identität sich einfach aufgelöst. Unverwechselbar dagegen sind dieweiten Wiesen und Äcker des Barnim, die bewaldeten Höhen entlang der Müggel-Spree,die Havelseen mit ihrem bedeutendenKulturerbe an den Ufern.

Der Charme der Branden-burger Landschaft: Wald,Wasser und Wiesen.Foto: AGM

Park-Raum eines Ein-kaufszentrums (Hönow,Märkisch-Oderland):Nichts als Stellplätze fürAutos.Foto: Wita

Nur eine organisch wachsende Entwicklung, die sich der Landschaft

anpasst und die naturräumlichen Gegebenheiten berücksichtigt,

ist ein Garant dafür, das Unverwechselbare einer Region zu bewahren.

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Planvolle Entwicklung statt planloses WuchernBrandenburg und Berlin haben die Notwendig-keit einer abgestimmten Planung früh erkannt.Per Staatsvertrag verpflichteten sich die beidenLänder 1995 zur dauerhaften gemeinsamenLandesplanung. Anfang des Jahres 1996 rich-teten sie die gemeinsame Landesplanungs-abteilung (GL) ein. So kooperieren die beidenLänder, obwohl ihre Fusion in der Volksabstim-mung von 1996 keine Mehrheit fand.Mit der gemeinsamen Planung sollte u.a. ver-hindert werden, dass an Berlins Stadtrand diewenig wünschenswerte Entwicklung andererGroßstädte mit ihrer Zersiedelung und „Ver-gewerblichung“ der Landschaft im Zeitraffer-tempo „nachgeholt“ wird. Die gemeinsameLandesplanungsabteilung Berlin-Brandenburghat die Aufgabe, eine nachhaltige, sozial- undumweltverträgliche, planvolle räumliche Ent-wicklung anzustreben.

Der drohenden Entwicklung eines wildwuchernden Speckgürtels wurde daher schonfrüh die Strategie der länderübergreifendenRegionalparks entgegengesetzt.

Weitsicht mit TraditionIdeen einer weitsichtigen Stadt-Land-Gestal-tung haben in der Region um Berlin und Pots-dam Tradition. Im Jahre 1833 entwarf der Land-schaftsarchitekt Peter Josef Lenné (1789–1866)im Auftrag von Friedrich Wilhelm III. den Ver-schönerungsplan für die Umgebung von Pots-dam, der sich nicht nur mit den königlichenGärten, sondern auch mit der „ökonomisch vor-teilhaften Ausschmückung der Feldmarken“,und damit der Landschaft, beschäftigte.Schon 1875 gab es politische Initiativen, dieeine geordnete städtebauliche Entwicklung fürden Großraum Berlin mit gemeindeübergrei-fender Kooperation forderten. Am ehesten seidies sogar durch „Fusion“ von Städten undLandkreisen zu erreichen, die bei der Aus-weisung von Bauland untereinander konkur-rierten, meinten schon damals manche poli-tisch Verantwortlichen.Die Initiativen mündeten 1911 in den „Zweck-verband Groß Berlin“, der sich fortan nicht nur um Verkehrswege- und Bauplanungenkümmerte, sondern sich vor allem auch mit derSicherung und Entwicklung der Freiräumebeschäftigte. Vorausschauend wurden großeFlächen ökologisch wertvoller und mit derBahn leicht zu erreichender Erholungsland-schaften erworben. 1914 gelang der Ankaufvon 10.000 ha Wald. Zugleich wurden land-wirtschaftliche Flächen zur Versorgung derStadtbevölkerung und zur Anlage von Riesel-feldern aufgekauft. Zur Nutzung und Ver-waltung dieser mehr als 27.000 ha umfassen-den Flächen wurden die Berliner Stadtgüter

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Wohnpark bei Bergfelde:Wohnen im Grünen istattraktiv, wenn dieQualitäten Ruhe, Naturund schöne Aussichtbewahrt werden und nichtdurch weitere Neubau-viertel verloren gehen.Foto: Münch

Auf Grundlage des 1995geschlossenen Staats-vertrages zwischen denBundesländern Branden-burg und Berlin wurdezum 1. Januar 1996 diegemeinsame Landes-planungsabteilung Berlin-Brandenburg (GL)mit Sitz in Potsdameingerichtet. Sie ist alsoberste Landesplanungs-behörde für die Raum-ordnung beider Länderverantwortlich.

Eine der sanftesten undattraktivsten Nutzungender Landschaft: Wandern,hier im Naturpark Barnim.Foto: NP Barnim

„Nichts gedeiht ohne Pflege und die vortrefflichsten Dinge

verlieren durch unzweckmäßige Behandlung ihren Wert.“

peter joseph lenné

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gegründet. Noch heute sind wertvolle Flächenim Land Brandenburg im Besitz der StadtBerlin.Mit der Gründung der Einheitsgemeinde GroßBerlin im Jahre 1920 wurde der Zweckverbandüberflüssig. Die deutsche Hauptstadt erstarktezu einem so wichtigen Wirtschaftsraum, dasssich die Gemeinden und Landkreise des neuen Umlandes 1929 zum Landesplanungs-verband Brandenburg Mitte zusammen-schlossen.Zu den positiven Beispielen gemeinsamer Frei-raumentwicklung aus dieser Zeit gehört bei-spielsweise, dass die Uferbereiche zahlreicherGewässer der Öffentlichkeit wieder zugänglichgemacht und „Schrumpfungspläne“ fürbestimmte Gemeinden erarbeitet wurden. Siebetrafen überdimensionierte Baugebiete undlegten besonderen Wert auf die Anpassung andie vorhandenen Naturräume und die Entwick-lung von Grünverbindungen.Vor allem aber war es die besondere SituationBerlins nach dem 2. Weltkrieg, die dazu führte,dass sich in der Hauptstadt und dem benach-barten Brandenburg derart attraktive, viel-gestaltige und großräumige Landschaftenbewahren konnten. Sie reichen bis in die kom-pakte städtische Bebauung hinein. Kein an-derer europäischer Ballungsraum verfügt übereine derartige landschaftliche Qualität.

Die Regionalpark-Idee entwickelt sichTrotz jahrzehntelanger Unterbrechung zur Zeit der deutschen Teilung konnte man an diePlanungstradition, an viele ihrer Inhalte undZiele beinahe nahtlos anknüpfen. Die Koope-ration der beiden Bundesländer Branden-burg und Berlin musste jedoch neu organisiert und neue Strategien mussten gefundenwerden.

Gleichzeitig hat sich die Planungskultur aberauch entscheidend gewandelt: Statt nur aufder Ebene von Planung und Politik Konzepte zuentwerfen, um sie den Menschen vor Ort „vonoben herab“ vorzusetzen („top down“-Prinzip),hat sich längst die Überzeugung durchgesetzt,dass zu einer guten Planung auch „Planung vonunten“ gehört („bottom up“-Prinzip): Siebezieht die Menschen vor Ort mit ein, beteiligtsie. Die beste Entwicklung ist diejenige, die vonden Menschen vor Ort selbst angestoßen undgetragen wird. Niemand sonst kennt Stärkenund Chancen der Region so gut wie ihreBewohner. Moderne Planung findet als demo-kratischer Prozess statt und erfolgt nicht überdie Köpfe der unmittelbar Betroffenen hinweg.Aus den Diskussionen um die zukünftige räum-liche Entwicklung und zur länderübergreifen-den Raum- und Landesplanung, die gleichnach der „Wende“ einsetzten, entwickelte sichdas Regionalpark-Konzept. Es sieht einen Ringaus Regionalparks mit über 2.000 qkm Flächerund um Berlin vor, die zugleich Berliner Rand-gebiete mit einbeziehen.Das Regionalpark-Konzept wurde als gemein-same Zielsetzung der Länder Berlin undBrandenburg 1998 im Landesentwicklungsplanfür den engeren Verflechtungsraum verankert.

Die StrategieDie Regionalparks sollen „von unten her wach-sen“. Nur wenn die Idee „zündet“, die betei-ligten Kommunen und Bezirke sie mit Lebenfüllen und in Eigenverantwortlichkeit aktiv um-setzen, kann die Regionalpark-Idee in eine er-

Wie überdimensionierteHagelkörner wirkt das inweiße Plastikplanenverpackte Mahdgut aufeiner Wiese bei Weesow.Foto: Münch

Die meisten Freiflächenin den Regionalparkswerden land- oder forst-wirtschaftlich genutzt,beispielsweise für exten-sive Rinderhaltung.Foto: AGM

PlanwerkeSeit dem 1. März 1998 istdas gemeinsame Landes-entwicklungsprogramm(LEPro) der Länder Berlinund Brandenburg perStaatsvertrag in Kraft.Auf seiner Grundlagewerden gemeinsame ver-bindliche Raumordnungs-pläne und fachüber-greifende Landesentwick-lungspläne erarbeitet.Das LEPro bildet denRahmen für Strukturkon-zepte, die Durchführungvon Raumordnungsver-fahren und die Anpassungder Bauleitplanung inbeiden Ländern.Die Kernaussagen desLEPro folgen dem Leitbildder so genannten dezen-tralen Konzentration. In § 13 des LEPro wird dieKette von Regionalparksgenannt, die Berlin umgeben und unter Ein-beziehung von Flächendes Berliner Stadtgebieteseinen Grüngürtel ent-wickeln und dauerhaftsichern sollen.

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folgreiche Regionalentwicklung münden.Fünf Grundprinzipien sind für das „Wachstumvon unten“ unverzichtbar:

• KOOPERATION

Alle Beteiligten müssen auf den verschiedenenEbenen zusammen arbeiten. Das betrifft dieLänder Berlin und Brandenburg, die Landkreise,Ämter, Gemeinden und die Berliner Bezirke.Daran sind die unterschiedlichsten Akteure be-teiligt: Gemeinden und Bürgermeister, Land-wirte und Naturschützer, Verbände und Vereine,Alteingesessene, Neubürger und Besucher, Ge-werbetreibende, Planungsbüros.Die Erfahrungen haben gezeigt, dass Kommu-nikation und Kooperation am leichtesten aufgleicher Ebene zu bewerkstelligen sind. HöhereEbenen mit einzubeziehen, ist immer dannerfolgreich, wenn diese sich als Partner verste-hen. Je intensiver aber „von unten“ miteinandergeredet und kooperiert wird, desto leichter istes, die „Hürde“ der nächsten Ebene zu nehmen.Die Länder Berlin und Brandenburg sind mit

ihrer gemeinsamen Landesplanungsabteilungbei diesem Prozess und beim Erfahrungsaus-tausch der einzelnen Regionalparks untereinan-der behilflich.

• INTEGRATION

Jede Region verfügt über ein vielfältiges Mosaikunterschiedlicher Landschaften. Sie stellen ein Erbe dar, das von natürlichen, kulturellen,ökologischen, sozialen und wirtschaftlichenBedingungen geprägt wurde. Dieses Erbe zuerhalten und unter Wahrung seiner Qualitätenweiter zu entwickeln, ist eine gesamtgesell-schaftliche Aufgabe.Mehr als 80% der Brandenburger Regional-parkflächen sind unbesiedelt und land- oderforstwirtschaftlich genutzt. Die Landwirtschaftist der größte Flächennutzer. Deswegen muss,wer über Landschaft redet, mit den Landwirtenreden. Bei der Frage zukünftiger Nutzungendarf die Landschaft nicht wie eine Beute unterden Nutzern aufgeteilt werden, deren größtenAnteil derjenige erhält, der seinen Ansprucham lautesten vertritt. Schutz, Pflege undNutzung der Landschaft müssen zum Anliegenaller Bürger werden: Schließlich geht es umihre Umwelt, ihr Wohnumfeld, ihren Arbeits-und Erholungsraum.In die Konzepte zur Regionalpark-Entwicklungwerden ökologische, wirtschaftliche und so-ziale Anforderungen integriert. Gemeinsamwerden Strategien und Lösungen gesucht underprobt, die ein Miteinander unterschiedlicherFreiraumnutzungen und -funktionen gewähr-leisten. Bei Siedlungserweiterungen sollen die Wechselwirkungen mit der Freiraument-wicklung berücksichtigt werden.

• QUALIFIZIERUNG DER LANDSCHAFT

Die Landschaft zu qualifizieren heißt, ihrePotenziale zu erkennen und zu entwickeln. DieSchönheit und Besonderheit der Regionensollen für die Bevölkerung erlebbar und nutz-bar gemacht werden. Entwicklungskonzep-tionen sind dann zukunftsfähig, wenn es ihnengelingt, die vorhandenen Belastungen abzu-bauen und bestehende Qualitäten zu bewah-ren. Wenn dieselben Menschen, die einstwegen der Ruhe, der schönen Aussicht und derNatur gekommen sind, nach ein paar Jahrenfeststellen müssen, dass nichts davon mehr

Dezentrale Konzentration:Die dezentrale Konzen-tration ist der Orien-tierungs- und politischeHandlungsrahmen für dieräumlich-strukturelleEntwicklung der LänderBerlin und Brandenburg.Sie stellt ein polyzen-trisches Raummodell dar,das auf der Grundlageeiner zielgerichtetenFörderung ausgewählterZentren und Entwick-lungsschwerpunkte ver-sucht, durch Stabilisierungindustrieller Kerne undBewahrung typischerGrün- und Freiräumeräumlich-strukturelle Un-gleichheiten abzubauen.Die dezentrale Konzen-tration ist im Landesent-wicklungsprogrammbeider Länder als gemein-same Entwicklungsgrund-lage festgeschriebenworden.

Ein Augenschmaus, beson-ders im Frühling und imHerbst, dazu auch beson-ders wertvoll: die hohenBuchenwälder, beispiels-weise am Liepnitzsee oderin der Barnimer Heide imNaturpark Barnim.Foto: NP Barnim

Im Winter sind die wasser-reichen Landschaftenkaum weniger reizvoll,als in den warmen Jahres-zeiten. Die Abbildungzeigt den zugefrorenenGroßen HavelländischenHauptkanal nördlich von Nauen.Foto: Meißner

Berlin und sein Brandenburger Umland mussten ihr

Verhältnis zueinander völlig neu definieren.

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übrig ist, weil diese Vorzüge durch weitereBebauung verlorengegangen sind, dann ist esfür eine Umorientierung bereits zu spät. Werdie Landschaft Brandenburgs als Potenzial be-greift und dieses Kapital Früchte tragen lassenwill, wird sorgsam mit ihr umgehen.

• REGIONALES HANDELN

Wenn verschiedene Aktivitäten vor Ort imRegionalpark zu einem gemeinsamen Ganzen

zusammengeführt werden, stärkt dies dasSelbstbewußtsein der Region und erhöht ihrenEinfluss. Gerade im Spannungsfeld zwischender Großstadt Berlin und den angrenzendenbrandenburgischen Gemeinden können soKonflikte entschärft und gemeinsame Perspek-tiven entwickelt werden.Regionales Handeln hilft, Arbeitsplätze zu er-halten und zu schaffen. Das betrifft keineswegsnur den Bereich des Tourismus. Allein im Jahr1998 wurden über die Aktivitäten der Vereinein den Regionalparks 250 Arbeitslose durchArbeitsbeschaffungsmaßnahmen, beispiels-weise im Bereich Tourismus und Landschafts-pflege, beschäftigt und über 4 Mio. Mark umgesetzt. 1999 waren es 176 Mitarbeiter inAB-Maßnahmen und rund 5 Mio. Mark anLohn- und Sachmittelkosten. Dies sind nurerste, aber wichtige Schritte: Ziel ist es, dauer-hafte Beschäftigungen und Arbeitsplätze zuschaffen.Zu den Akteuren, die durch regionales Handelndie Entwicklung in ihrem Regionalpark ganzbesonders fördern können, zählen beispiels-weise Vertreter von Behörden und Verwaltun-gen, Kommunalpolitiker, Geschäftsleute ausdem Bereich der Dienstleistung, Sportvereine,Künstler und Kulturgruppen, Verbände oderauch private Initiativen.

Immer größer wird dieBedeutung der Landwirt-schaft in der Land-schaftspflege wie hier imLandschaftsschutzgebiet„Schnelle Havel“: DieBeweidung durch Schafeist eine schonendeMethode des Mähens.Foto: Liebke

Der Gleisanschluss alsStandortvorteil: AlleRegionalparks sind mitder Bahn gut zu erreichen.Hier die Schienensträngeam Bahnhof Schönefeld.Foto: Wita

Wenn unverantwortlicheZeitgenossen ihren Mülleinfach in die Gegendkippen, ist das ein Ärger-nis für alle, die Natur und Landschaft erhalten und genießen wollen.Foto: Meißner

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• VERNETZUNG

Die Vernetzung soll in den Regionalparks imdoppelten Wortsinn erfolgen: Es geht sowohlum die Verknüpfung von Wegen und Trassen,Sehenswürdigkeiten und Ortschaften, Biotopenund Gewässern untereinander, als auch um das Knüpfen von Netzwerken aller Planendenund Handelnden, beispielsweise in Vereinen,Arbeitsgemeinschaften oder Zweckverbänden.Vernetzte Strukturen sollen die Regionalpark-Entwicklung tragen. Die Grundlage dafür istumso stabiler, je besser es gelingt, sämtlicheEntwicklungs- und Handlungsansätze einerRegion im staatlichen, kommunalen, gewerb-lichen und gesellschaftlichen Bereich zusam-men zu führen.

Das AngebotDie Konzeption, acht Regionalparks rund umBerlin einzurichten, ist vor allem als Angebotder Länder Brandenburg und Berlin an dieGemeinden, an die in den betreffenden Regio-nen lebenden und arbeitenden Menschen undschließlich auch an deren Besucher und Kun-den zu verstehen. Ein Angebot, die Qualitätihrer Region zu schützen und zu bewahren undihren „Begabungen“ gemäß zum Wohle ihrerBewohner und Besucher zu entwickeln.Dabei gibt es zwischen „Alteingesessenen“ undNeubürgern, zwischen Landnutzern und Be-suchern durchaus unterschiedliche und zumTeil widerstreitende Interessen und Vorstellun-gen darüber, wie denn die jeweilige Region zuentwickeln sei.Hier können Regionalpark-Foren zwischen denverschiedenen Interessen vermitteln und

ausgleichen, gemeinsame Zielsetzungen for-mulieren und über die Umsetzung konkreterProjekte verfolgen. Die gemeinsame Landes-planungsabteilung leistet dabei Hilfestellung,beispielsweise bei der Erarbeitung von Kon-zepten und bei der Suche nach Finanzierungs-möglichkeiten.

Ziele und WegeHauptzielsetzung ist die nachhaltige Entwick-lung im „engeren Verflechtungsraum“ vonBerlin und Brandenburg. Der Begriff der „Nach-haltigkeit“ wie er seit dem Umweltgipfel in Rio de Janeiro von 1992 und in der Agenda 21verwendet wird, bedeutet, für eine umwelt-und sozialverträgliche Gestaltung der Regionzu sorgen. Eine nachhaltige Entwicklung fasstdie drei Komponenten Ökologie, Ökonomieund soziale Belange dabei nicht als Gegensätzeauf, die gegen einander ausgespielt werdenkönnen, sondern als Einheit. Diese Einheit muss durch Integration auch unterschiedlicherInteressen immer wieder neu hergestelltwerden, wenn die natürlichen Ressourcen alsLebensgrundlage der Menschen auf Dauer ge-sichert werden sollen.In den acht Regionalparks gilt es, die wirtschaft-lichen Potentiale naturverträglich zu ent-wickeln, Arbeitsplätze und Erholungsmöglich-

Landschaften wie ausdem Bilderbuch: einblühendes Sonnen-blumenfeld (oben), einblauer Himmel mitweißen Wolken (links),Eindrücke, die jedenBesucher erfreuen.Fotos: K TVD (oben), Uhlen-hut (links)

Entscheidend für dieErlebbarkeit eines Regio-nalparks ist das Wege-netz, ob zu Fuß, mit demRad, zu Pferd oder aufdem Wasser.Fotos: Fotos: K TVD,Uhlenhut (unten)

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keiten zu schaffen, die naturräumlichen Ge-gebenheiten zu berücksichtigen und dielandschaftlichen Besonderheiten, sowie Tiereund Pflanzen zu schützen. Die Funktionen derjeweiligen Region als Lebensmittelpunkt fürAlteingesessene und Neubürger, als beliebteAusflugsziele und Grüne Lungen werden durchdie Regionalpark-Entwicklung gefördert.Träger dieser nachhaltigen Entwicklung sollendie beteiligten Brandenburger Kommunen undBerliner Bezirke selbst sein. Dabei werdendurch die Einrichtung von Regionalparks keineneuen Landschafts- oder Naturschutzgebieteausgewiesen. Der Nachhaltigkeitsgedanke beider Regionalpark-Entwicklung dient den Eigen-interessen der beteiligten Kommunen undBezirke: Nur wenn man schützt, was man ver-markten will, kann man auch morgen noch da-von profitieren. Deswegen bieten Interessen-ausgleich, Kooperation und Nachhaltigkeit denKommunen die beste Grundlage für eine ganz-heitliche, zukunftsfähige Entwicklung.Zu den wertvollen, vermarktungsfähigen„Produkten“ Brandenburgs in unmittelbarer Nachbarschaft Berlins gehören besonders• landschaftliche Schönheit• attraktive Wohnlagen im Grünen• qualitativ hochwertige landwirtschaftlicheProdukte.

Die landschaftlichen Potentiale sind eine idealeGrundlage für Tourismus und Freizeitgestal-tung. Sie stellen die Hauptattraktivität fürZuzügler dar, die Ruhe und ein ansprechendes,„grünes“ Wohnumfeld suchen. Wohnen imGrünen bleibt jedoch nur dann attraktiv, wennsich Siedlungserweiterungen maßstäblich derLandschaft und den vorhandenen Siedlungenanpassen.

Schritt für SchrittSobald die Regionalpark-Idee in einer Region„gezündet“ hat und die Bezirke und Kommu-nen sich daran machen, konkrete Projekte zuverwirklichen, gehören die folgenden Schrittezum unverzichtbaren Repertoire einer erfolg-reichen Regionalpark-Entwicklung:

• ERREICHBARKEIT UND ERSCHLIESSUNG

Die acht Regionalparks sind durch S- bzw.Regionalbahnanschluss schnell vom BerlinerStadtzentrum zu erreichen. Diese leistungs-fähige Verkehrsanbindung bietet eine umwelt-freundliche Alternative zum ständig steigen-den Freizeitverkehr mit dem Auto. Ein attrak-tives Wegenetz im Regionalpark, das die Bahn-haltepunkte mit Freizeiteinrichtungen (z.B.Reiterhöfen, Ausflugslokalen), Sehenswürdig-keiten und Siedlungsschwerpunkten verknüpft,

Sonne, Sand und Wasser –eines der schönstenVergnügen in Branden-burg und Berlin ist dieAbkühlung in einem derzahllosen Badeseen.Foto: Uhlenhut

Besucher erwarten, aufden Wanderwegenumfassend und verlässlichinformiert zu werden.Dazu gehören nebenInformationen über dieRoute auch Hinweise auf nahegelegene Sehens-würdigkeiten, lokaleAngebote, landschaft-liche und geschichtlicheBesonderheiten.Foto: ag.u

Der weitsichtigen Politik von Landesplanern seit Mitte des 19. bis in die

20er Jahre des 20. Jahrhunderts und der besonderen Situation Berlins

zur Zeit der deutschen Teilung ist es geschuldet, dass im unmittelbaren Umland der Hauptstadt

derart attraktive, vielgestaltige und großräumige Landschaften erhalten geblieben sind.

Qualifizierung der Land-schaft heißt, ihre Poten-tiale zu erkennen und zu entwickeln. Die Schön-heit und Besonderheit der Regionen sollen fürdie Bevölkerung erlebbarund nutzbar gemachtwerden. Entwicklungs-konzeptionen sind dannzukunftsfähig, wenn esihnen gelingt, vorhandeneBelastungen abzubauenund bestehende Qualitä-ten zu bewahren.

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bietet die Chance, diese umweltfreundlicheAlternative zu fördern und die Belastung durchden Autoverkehr zu verringern. Zur innerenErschließung eines Regionalparks sollte daherzunächst ein schlüssiges Grundnetz an Rad-,Reit-, Wander- und ggf. Wasserwanderwegenausgebaut werden, das danach allmählichimmer engmaschiger geknüpft werden kann.

• LANDSCHAFT ERLEBEN,ZIELE ANSTEUERN

Das Wegenetz muss dabei so angelegt werden,dass man mit ihm die wichtigen Zielorteerreicht. Es muss einen dorthin führen, wo eswas zu sehen und zu erleben gibt. Dazu bedarfes eines Informations- und Leitsystems, dasnicht nur eine leichte Orientierung ermöglicht,sondern auch Hinweise auf landschaftlicheBesonderheiten und Sehenswürdigkeiten, ge-schichtliche Hintergründe und andere wissens-werte Informationen enthält. Beschilderungen,Ausstellungen, Karten, Faltblätter und Bro-schüren sind dabei eine wichtige Hilfe für denBesucher, sich die Region nach und nach zuerschließen.

• TRADITIONEN PFLEGEN,NATUR- UND KULTURERBE ERHALTEN

Örtliche Bräuche, Märkte und Feste, traditionel-les Handwerk, Konzerte und andere kulturelleAktivitäten sowie Kultur- und Naturdenkmälerwirken ebenfalls positiv nach innen und außen:Die örtliche Bevölkerung identifiziert sich mit den Schätzen und Bräuchen der eigenenHeimat und kann sie den Besuchern stolz prä-

sentieren. Derlei touristische Attraktionenstoßen auf wachsendes Interesse der Besuchervon außerhalb.

• LANDSCHAFT VERSCHÖNERN

UND ANREICHERN

Zur Anreicherung und Verschönerung („Quali-fizierung“) der Landschaft gibt es viele Mög-lichkeiten. Hecken und Alleen können neuangepflanzt oder Lücken geschlossen, Gewäs-ser renaturiert, Wälder von Kiefernmonokul-turen zu naturnahen Laubmischwäldern umge-baut werden. Insbesondere der Landwirt-schaft kommt bei der Kulturlandschaftspflegeeine herausragende Rolle zu. Jede Landschafts-verschönerung steigert die Nachfrage nachihrer Erlebbarkeit.

• MARKENZEICHEN

Eine nachhaltige Wirtschaftsweise lässt sichgut vermarkten. Landwirtschaftliche Produkte,die aus einer Region stammen, in der dieErzeuger naturverträglich und landschaftsan-gepasst produzieren, haben einen guten Rufund erfreuen sich steigender Nachfrage. Sokann die Region selbst zum Qualitätsbegriffmit dem Regionalpark-Logo als Marken- undGütezeichen werden. Die Erzeugung hochwer-tiger regionaltypischer Produkte, wie beispiels-weise das „Holzfällerbrot“ im RegionalparkKrämer Forst oder der Kräuterschnaps „Feld-märker“ im Regionalpark Barnimer Feldmark,wirkt identitätsstiftend.Besonders die regionale Direktvermarktungbietet dabei nicht nur den Produzenten Vor-teile. Auch Gastronomie, Pensionen und Hotelsprofitieren davon. Ein origineller, ansprechen-der Bauernmarkt kann sich schnell zur touristi-schen Attraktion entwickeln.

• MARKETING UND IMAGEBILDUNG

Gutes tun und darüber reden: Die Aufbauarbeitin den Regionalparks muss von einer intensi-ven Öffentlichkeitsarbeit begleitet, ein positivesregionales Image aufgebaut und verbreitetwerden. Dies stärkt die Identifikation der Ein-heimischen mit ihrer Region und weckt dasInteresse der Besucher von außerhalb.Dabei profitieren von einem gemeinsamenMarketing, das die „Perlen“ einer Region, ihreProdukte und Leistungen zusammenfasst und

Traditionen zu pflegenund das Natur- undKulturerbe zu erhaltengehört zu den wichtigstenVoraussetzungen für ein positives Heimat-gefühl. Die Pflege undInstandhaltung der zahl-reichen Feldsteinbauten –hier eine Feldsteinmauerin Schönfeld (oben) – istauch für Besucher ebensoattraktiv, wie die liebe-voll restaurierte Fassadeeines Bauernhauses(kleines Bild, S. 13 ganzrechts).Foto: Münch, KTVD

Der „lange Hans“ in KönigsWusterhausen. Die Figurgeht auf eine ObsessionFriedrich Wilhelms, ge-nannt der „Soldatenkönig“,zurück. 1697 schenkteFriedrich III., König vonPreußen, seinem damalsneunjährigen Sohn dieHerrschaft Wusterhausenzu Weihnachten. FriedrichWilhelm hielt sich oft und gern in Wusterhausen auf. Aus den „Spielsol-daten”, die ihm sein Vaterals Wache und zu Exerzier-übungen zur Verfügungstellte, formte der Kronprinz seine Leibgarde,deren Angehörige aufGrund ihrer überdurch-schnittlichen Körpergrößeals „lange Kerls“ in dieGeschichte eingingen. Zeitseines Lebens war FriedrichWilhelm von Menschen mit überdurchschnittlicherKörpergöße fasziniert,wandte List und Tücke an,um sie zu rekrutieren undgab dafür Unsummen aus.1713 ließ er die alteWasserburg in Wuster-hausen in ein Jagdschlossim Renaissancestil um-bauen. Der Umbau dauertefünf Jahre. Für diese Zeitist erstmalig der Name„Königs Wusterhausen“statt bis dahin „WendischWusterhausen“ oder ein-fach nur „Wusterhausen“bezeugt.Foto: KTVD

Regionalparks sollen als Investition für die Zukunft verstanden werden,

und als Lösungsansatz für die Probleme, die sich aus der gemeinsamen Verantwortung

im Umgang mit dem Raum, der Natur und den Ressourcen ergeben.

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damit für die Region wirbt, alle Gemeinden.Bisher sind zahlreiche Perlen der branden-burgischen Landschaft über die Region hinausnoch gar nicht bekannt. Gerade solcheSchmuckstücke prägen aber den Charakter derGesamtregion, machen sie abwechslungs- underlebnisreicher.Jede Kommune kann hier ihren eigenen Bei-trag leisten, ihr individuelles Schmuckstück ein-bringen – ob es sich nun um das jährlicheTrachtenfest, einen historischen Ortskern, einealte Obstbaumallee, einen idyllischen Badesee,eine sehenswerte Feldsteinkirche oder einenattraktiven Rundwanderweg handelt.Durch Kombination und Ergänzung dieserGrundbausteine erhöht sich die Attraktivitäteiner Region entscheidend. VermehrtesInteresse bei Besuchern und potentiellen Neu-bürgern schafft Arbeitsplätze und Steuerein-nahmen und damit auch neue wirtschaftlichePerspektiven für die Alteingesessenen. Nur eine florierende örtliche Wirtschaft mit gutenPerspektiven kann Abwanderungstendenzenjunger Menschen entgegenwirken. So trägt die Stärkung der Identität und gesteigerteAttraktivität einer Region auch zu ihrer sozialenStabilität bei.

Der Regionalpark greift RaumSobald die Regionalparks als Idee, Strategieund Angebot angenommen sind, die örtlichenKommunen und Bezirke an der Identität ihrerRegion arbeiten, miteinander kommunizieren,koordinieren und kooperieren, entsteht derRegionalpark als Raum. Das heißt, die zunächstabstrakte Dimension – Idee, Strategie, Konzept– geht durch die Umsetzung konkreter Pro-jekte und durch die Beteiligung vieler Akteurein eine konkrete räumliche Dimension über.Dann wird eine Region zum Regionalpark –ohne Eingangstore und Zäune, aber als Land-schaftsraum, der durch die teilnehmendenKommunen und Bezirke und die landschaft-lichen Gegebenheiten klar definiert ist.Auf diesem Weg sind die einzelnen Regional-parks – wie die folgenden Kapitel zeigenwerden – unterschiedlich weit fortgeschritten.

Bei den meisten märki-schen Dörfern ist dieursprüngliche, für Bran-denburg typische Dorf-struktur noch heute gutzu erkennen, ob es sichnun um ein Straßen-, einAngerdorf oder einenRundling handelt. Einebesonders schöneVisitenkarte für den Ortist der Dorfanger inGlienicke.Foto: Münch

Kostengünstig in jedenRegionalpark: Ein großerVorteil für Besucher undPendler sind die stern-förmig aus Berlin in dieRegionalparks ragendenBahnradialen. Mit Regio-nal- und S-Bahnen imBerlin-BrandenburgerVerkehrsverbund kommtman schnell, bequem undpreiswert ans Ziel undschont die Umwelt.Foto: Hahn

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Gesamtübersicht RegionalparksBrandenburg und Berlin

Teltow ParkLandschaftsprägendes Element im Teltow Parksind die Tafeln der ehemaligen Rieselfelder imSüden Berlins. Die Region in unmittelbarerNähe der Hauptstadt stieß seit dem Mauerfallauf großes Ansiedlungsinteresse. Die Nähe zuden guten und teuren Wohnlagen des süd-westlichen Berlins, die gute Verkehrsanbindungund der Mix aus quirligem Betrieb, Weite und Ruhe sind ganz offensichtlich besondersattraktiv.

Potsdamer HavelseenDer Reiz dieser Region liegt nicht nur in derLandschaft, die von den Potsdamer Havelseenund den sie umgebenden Wäldern geprägt ist.Auch das reiche Kulturerbe, das berühmteBaumeister und Gartenarchitekten im AuftragPreußischer Majestäten geschaffen haben,macht die Einzigartigkeit der Region aus. EineKette von Belvederes – schönen Aussichten –macht dies an vielen Punkten eindrucksvollerlebbar. Vielfältige künstlerische Aktivitätenzeugen von der Lebendigkeit dieser beson-deren Kulturlandschaft.

Döberitzer HeideAusgerechnet die militärischen Aktivitäten, dieauf der Döberitzer Heide knapp 300 Jahre langwährten, hinterließen in Randlage zu Berlinund Potsdam ein großes unzerschnittenes,naturnahes und unbesiedeltes Gebiet wie esseinesgleichen sucht. Hier fanden Pflanzen undTiere ein Refugium, die andernorts verdrängtoder sogar ausgestorben sind. Die wegen dermilitärischen Geheimhaltung ehemals her-metisch abgeriegelte Döberitzer Heide wirdheute an verschiedenen Stellen behutsam wie-der der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Krämer ForstDer Krämer Forst, ein großes zusammenhän-gendes Waldgebiet aus Kiefern- und Laub-mischwäldern, wächst auf dem Plateau des„Ländchens Glien“ nordwestlich von Spandau.Ein Dörferkranz aus 14 mittelalterlichenStraßen- und Angerdörfern am Rande desHochplateaus umgibt den Krämer Forst, imnordöstlichen Teil des Plateaus erstrecken sichgroße Ackerflächen. Die Niederungen desHavelländischen Luchs und des Rhinluchsschließen sich im Nordwesten bzw. Norden an.

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Naturpark BarnimDer gemeinsame Berlin-Brandenburger Natur-park erstreckt sich im Norden über dasWandlitzer Wald- und Seengebiet bis nachLiebenwalde und Eberswalde. Der von derWeichseleiszeit gerformte Naturpark ist vonsaftigen Wiesen,naturnahen Bächen, Söllenund Seen, Kiefern- und Buchenwälderngeprägt und stellt, ökologisch gesehen, einebesondere Perle in der Kette der Regional-parks dar.

Barnimer FeldmarkUnmittelbar hinter den Großsiedlungen von

Marzahn und Hohenschönhausen beginntnoch in Berlin weit nach Brandenburg hinein-reichend, ein ländlicher Raum mit weitenFeldern und einzelnen Dörfern. Ein weitver-zweigtes Netz aus Landstraßen und Eisenbahn-radialen verbindet die Orte miteinander.Typische Landschaftselemente der Feldmarksind die Feldfluren, Alleen, Hecken, Rinnen undGräben und die oftmals um Pfuhle herumge-bauten Angerdörfer.

Müggel-SpreeDas sternförmige in Kiefernwälder eingebet-tete Gewässersystem zwischen Köpenick undFürstenwalde mit dem Dämeritzsee bei Erknerim Mittelpunkt ist ein bekanntes Ausflugs-gebiet. Dominante Landschaftselemente sindneben der in Ost-West-Richtung verlaufendenSpree die in Nord-Süd-Richtung verlaufendenSeenrinnen, bewaldete Höhenzüge und Dünen.

FlutgrabenaueDie Großziethener Feldflur ragt im SüdostenBerlins weit in das Stadtgebiet hinein. Südlichvon Großziethen geht die stadtnahe Agrarland-schaft in eine immer abwechslungsreichereKulturlandschaft über, die sich bis zum Wald-und Seengebiet der Dahme erstreckt. Ein diegesamte Region bestimmendes Projekt ist dergeplante Ausbau Schönefelds zum Groß-flughafen Berlin-Brandenburg International.

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Der Schwanenkrug inSchönwalde an der altenPoststraße Berlin-Ham-burg lädt wie in altenZeiten, als hier nochPostkutschen hielten undPferde gewechseltwurden, zu gepflegterGastlichkeit in seinrustikales Restaurant.Foto: Münch

Keramik-Geschirr aus denWerkstätten Hedwig Boll-hagens besticht durchseine schlichte Form-schönheit und sein dezen-tes Dekor. Gedacht alsGebrauchsgeschirr, ist esheute eher zum teurenSammlerobjekt avanciert.Foto: Bollhagen

Der GewässerreichtumBrandenburgs ist nichtnur für den Menschenattraktiv, sondern ermög-licht auch einer besondersartenreichen Flora undFauna ihr Auskommen.Die Abbildung zeigt eineLandschaft bei Vehlefanz.Foto: Münch

„Und an dieses Teppichs blühendem SaumAll die lachenden Dörfer, ich zähle sie kaum.“theodor fontane

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„He Wirt! Spann Er die Pferde aus, bring Erfrisches Heu und Wasser. Und dann für dieHerrschaften das Beste, was Er aus Weinkellerund Vorratskammer auftischen kann!“So oder ähnlich mag es geklungen haben,wenn am späten Abend die letzte Postkutscheden „Ziegenkrug“ mitten im Krämer Forsterreichte.Dieses große, zusammenhängende Waldgebietaus Kiefern- und Laubmischwäldern wächstauf dem Plateau des „Ländchens Glien“ nord-westlich von Spandau. Entstanden ist es ausder Grundmoräne der Weichseleiszeit. Es wird im Norden von den Feuchtgebieten desRhinluchs, im Süden vom Havelländischen Luchumschlossen. Bis 1832 führte die alte Post-

straße zwischen Berlin und Hamburg überSpandau, Schönwalde und Flatow mitten durchdieses Waldgebiet.Die Reisenden werden froh gewesen sein, indem dichten Wald noch vor Einbruch der Dun-kelheit im Ziegenkrug Quartier gefunden zuhaben. Den einen stand das beschwerliche undimmer etwas ungewisse Abenteuer der langenReise in die norddeutsche Hansestadt nochbevor, die anderen waren ihrem Ziel, Spandauoder Berlin, schon recht nahe.Solche Poststationen waren die wichtigstenNachrichtenumschlagplätze in Zeiten, in denenRundfunk, Fernsehen und Internet noch nichtexistierten. Hier vernahm man die unglaublich-sten Geschichten oder bewegende Berichte

Frösche im DornröschenschlafRegionalpark Krämer Forst

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menschlicher Schicksale, Stoff für Weltliteratur,wie Alexander Puschkins Erzählung „Der Post-meister“ beweist.Die Poststraße im Krämer Forst ging nicht indie Weltliteratur ein, sie ereilte ein anderesSchicksal. 1829 wurde mit dem Bau einer befe-stigten Chaussee über Nauen begonnen, dieheutige Bundesstraße B 5, und die sandige altePoststraße verlor zunehmend an Bedeutung.1846 wurde die Eisenbahnlinie zwischen den beiden Großstädten Berlin und Hamburgeröffnet, die das endgültige Aus für die Wald-Poststraße besiegelte. Wo einst der ZiegenkrugMensch und Tier Obdach bot, ist heute nurnoch eine schöne Lichtung vorhanden, die denWanderer jedoch nach wie vor zum Verweileneinlädt.Die zweite wichtige Pferdeausspannstation zuZeiten der alten Poststraße, der Schwanenkrugin Schönwalde, ist bis heute in alter Prachterhalten. Der eingeschossige Fachwerkbau mittraufseitiger Vorlaube aus dem 18. Jahrhundertlädt wie in alten Zeiten zu gepflegter Gastlich-keit in sein rustikal eingerichtetes Restaurant.

Vom Schlachtengetümmel zum Milch- und ButterlieferantenDie Region wurde bis zum 19 Jh. immer malwieder vom Mantel der Weltgeschichte berührt.Im 7. Jh. erfolgte die erste Besiedelung durchdie Slawen, im 12. und 13. Jh. wurden sie imZuge der „Osterweiterung“ von deutschen Bau-ern verdrängt. 1412 ereignete sich die Schlachtam Kremmer Damm. Die PommernherzögeOtto und Casimir kamen aus der Uckermarkund fielen in die Mittelmark ein. Bei Kremmenkam es zu einem Gefecht zwischen denpommerschen Feldherren und den märkischenTruppen unter Führung des Burggrafen Frie-drich IV. von Nürnberg aus dem Hause Hohen-

zollern. Noch heute erinnert ein großes 1845aufgestelltes Steinkreuz an den Tod des GrafenHohenloh aus dem Gefolge Friedrichs IV.Von den Wirren des 30jährigen Krieges kündetnicht nur die Chronik des Ortes Grünefeld, inder auch Wallenstein (1583–1634) seine Spu-ren hinterließ.Seit 1718 erfolgte auf Geheiß Friedrich Wil-helms I., des preußischen Soldatenkönigs, dieUrbarmachung der Feuchtgebiete um denGlien. Durch die Anlage eines 540 km umfas-senden Grabensystems wurde das Luchland inWeide und Wiesenflächen umgewandelt undso für die Milchviehhaltung nutzbar gemacht.Dadurch gewann die Region an Bedeutung als „Milch- und Butter-Lieferant“ für die nahe-gelegene Großstadt Berlin.1806 marschierte Napoleon in Wansdorf ein.Zahlreiche Erlebnisberichte in der WansdorferChronik zeugen von dem historischen Ereignis.Sechs Jahre später, unterwegs auf seinemRusslandfeldzug, bezog der „große Franzose“im Amtshaus zu Vehlefanz vorübergehend seinHauptquartier.Doch mit dem Bedeutungsverlust der altenPoststraße schienen auch die 14 Ortschaftenrund um den Krämer Forst mehr und mehr imDornröschenschlaf versunken zu sein. Der Sage nach verstummten sogar die Frösche inSchwante, die Ende des 19 Jahrhunderts zurGenesung des Herrn von Redern für hundertJahre zum Schweigen verdammt wurden.Angeblich sind diese 100 Jahre immer nochnicht um.Nach dem 2. Weltkrieg, im Zuge der deutschenTeilung und des späteren Mauerbaus um diewestliche Teilstadt Berlin erfolgte ein radikaler

Die ausgedehnten Ackerflächen im Nordosten des Plateaus bilden einen reizvollen Kontrast

sowohl zu den Wäldern als auch zu den Feuchtgebieten des Rhin und des Havelländischen Luchs.

Brandenburgs sandigeBöden sind für die Land-wirtschaft ganz über-wiegend „arme“ Böden.Wenn am Ende des Regen-bogens aber wirklich einSchatz vergraben liegt,kann man die Stelle ineiner solchen flachenLandschaft zumindest gutausfindig machen...Foto: Gering

Mit der Eröffnung derBerlin-Hamburger Eisen-bahn 1846 verlor die alte Poststraße durch denKrämer Forst an Bedeu-tung. Das beschwerlicheReisen per Postkutschewurde durch die wesent-lich komfortablere undschnellere Eisenbahnabgelöst.Der Schwanenkrug, einstAnspannstation auf derPoststraße, blieb bis heuteals Restaurant erhalten.Foto: Münch, Postmuseum(oben links)

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Einschnitt in alle Wirtschaftsbeziehungen zuBerlin. In der Region trat ein enormer Bevöl-kerungsverlust aufgrund von Abwanderungenein. Die Bauernhöfe wurden in Folge der Kol-lektivierung größtenteils von Landwirtschaft-lichen Produktionsgenossenschaften (LPG)bewirtschaftet. In den zahlreichen Herrenhäu-sern wurden z.T. öffentliche Einrichtungenuntergebracht, beispielsweise die Schule inSchwante, oder sie wurden zu Wohnhäusernumfunktioniert.Nach 1990 mussten sich die Nachfolgebetriebeder ehemaligen LPG wiederum auf völlig neueWettbewerbsbedingungen einstellen. Zugleichunternahmen die Gemeinden nun großeAnstrengungen, als Gewerbe- und Wohnstand-orte Interessenten zu finden. Seit 1997 schließ-lich wird die Region zwischen Spandau undFlatow, Kremmen und Brieselang, Börnicke und Hennigsdorf sowie Nauen und Oranien-burg gezielt als Regionalpark Krämer Forst ent-wickelt.

Noch wie in alten ZeitenDie landschaftliche Schönheit des Regional-parks Krämer Forst wird jedoch nicht nur durchdas namengebende große, weitgehend unzer-schnittene Waldgebiet bestimmt. An denHängen des im Herzen des Regionalparks lie-genden Grundmoränenplateaus und auf seinernordöstlichen „Ecke“ erstrecken sich großeAckerflächen, die einen reizvollen Kontrastsowohl zu den Wäldern als auch zu denFeuchtgebieten des Rhin und des Havellän-dischen Luchs bilden. Das Waldgebiet selbst istvon einem Kranz aus 14 mittelalterlichenStraßen- und Angerdörfern umgeben, die sicham Rande des Hochplateaus verteilen. Ähnlichwie die Grundmoränenplatte selbst hat dieserDörferkranz einen Durchmessser von ca. 15 km.Zwischen allen Dörfern existiert eine Verbin-dungsstraße, die einen interessanten Blick aufdie Acker- und Hochflächen des Glien eröffnet.Zum Großteil ist die historische Siedlungs-struktur aus Drei- oder Vierseithöfen und mär-kischen Mittelflurhäusern, die sich um einenAnger mit Dorfkirche gruppieren, bis heuteerhalten geblieben. Die alten, z.T. restaurierten,sehenswerten Dorfkerne lassen den Hauch ver-gangener Zeiten aufleben. Lediglich rund umdie Ortschaften Velten und Hennigsdorf, die

sich im Zuge der Industrialisierung Ende des19. Jh. aufgrund ihrer Berlin-Nähe zu Indstrie-standorten entwickelt hatten, vollzogen sichnennenswerte Veränderungen. In Marwitzwurde ab 1872 das reiche Tonvorkommen der Gemeinde abgebaut und vor Ort oder inVelten zu Kunst- und Baukeramik gebrannt.Berühmtheit erlangte dieses Handwerk inMarwitz erst 1934 durch die Keramikwerkstät-ten der Künstlerin Hedwig Bollhagen. AuchSchönwalde bildet eine Ausnahme: Der Ortsteil„Siedlung Schönwalde“ entwickelte sich imZuge der Verstädterung zu einem beliebtenBerliner Wohnvorort und weist mit seinen Ein-familienvillen und seinem hohen Baumbestandeine andere Prägung auf als die Ortschaftendes Dörferkranzes.Einige der mittelalterlichen bäuerlichen Sied-lungen waren rund um ländliche Feudalsitzedes Adels entstanden. So gehörten beispiels-weise die Dörfer Vehlefanz, Velten, GroßZiethen, Flatow und Börnicke sowie das SchlossGroß Ziethen zum Besitz des Adligen Koppkevon Bredow. Auch anderenorts, etwa in Staffel-de, Wansdorf, Sommerswalde und Schönwaldestößt man auf sehenswerte Guts- und Herren-häuser, von denen letztere häufig sogar als„Schlösser“ bezeichnet wurden, wie in Groß-ziethen und Schwante. In Sommerswalde ver-wirklichte sich der Kaufmann Richard Sommereinen Traum. Er galt als einer der reichsten

Krämer Forst

Hedwig Bollhagen wurde1907 in Hannover gebo-ren. Schon als Jugendlichewar sie von Keramikfasziniert und beschloss,Töpferin zu werden. Siearbeitete in einemhessischen Betrieb, ab-solvierte fünf Semester aneiner Fachschule undhörte Vorlesungen an derKasseler Kunstschule. InMarwitz, wo sie sich 1934mit einem kleinen Betriebselbstständig machte, lebtund arbeitet die großeDame der Keramik heutenoch.

Hedwig Bollhagen-Werkstätten für Keramik,Triftstraße 60 in 16727 MarwitzTel. (03304) 39800Werksverkauf Mittwoch9–17 h, Samstag 10–14 h

Kontraste – Das geschlos-sene Waldgebiet desKrämers ist umgeben vonweiträumigen Acker-flächen.Foto: Münch

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Männer Berlins und ließ gegen Ende des 19. Jh.nach Plänen des Architekten Paul Wallot ver-kleinerte Nachbilder des Reichstags und desRoten Rathauses in Berlin erbauen. 1891 wurdemit dem Bau der Reichstag-Replik als Haupt-gebäude des Ensembles „Schloss Sommers-walde“ begonnen, der Nachbau des Roten Rat-hauses diente als Pferdestall.In vielen anderen Ortschaften trifft man aufnicht minder sehenswerte Feld- oder Back-steinkirchen, die ein oder andere Windmühle.Darüber hinaus gibt es weitere landschaftlicheBesonderheiten zu bewundern und zu genie-ßen, wie z.B. die 13 „tausendjährigen Eichen“ inStaffelde oder den Nymphen- wie auch denKremmener See.Südlich von Kremmen wurden an der Periphe-rie viele, damals zum Teil gemeinschaftlichgenutzte Scheunen errichtet, die ein eindrucks-volles Ensemble bilden. Mit dem Bedeutungs-verlust der Landwirtschaft verloren sie ihreFunktion und verkamen, bis anläßlich der 700-Jahrfeier Kremmens im Jahr 1998 einigeScheunen wieder hergerichtet wurden undheute unter dem Namen „Museumsscheune“als gesellschaftliche und kulturelle Begeg-nungsstätte, Heimatmuseum und Veranstal-tungsort für die ganze Region dienen.

Grundsätze im halben Dutzend ...Die Initialzündung zur Regionalpark-Entwick-lung ging 1996 von den Gemeinden Schön-walde und Brieselang aus. Die gemeinsameLandesplanungsabteilung der Länder Branden-burg und Berlin unterstützte die Gemeindenund beauftragte die Planungsbüros ComPlanund Plangrün, die schwierige Anfangsphase zurEtablierung der Regionalpark-Idee vor Ort zumoderieren.Gemeinsam mit den Gemeinden wurde seit1997 damit begonnen, Leitvorstellungen zurEntwicklung eines Regionalpark-KonzeptesKrämer Forst zu entwickeln. Sie wurden aufzwei Regionalpark-Foren abgestimmt. Ende1997 konnten die folgenden sechs Grundsätzeverabschiedet werden:• „Entwicklung von unten“ – Kommunen undBürger nehmen aktiv an der Entwicklung teil• „Gemeinsamkeit und Zusammenarbeit“ –Denken über Amtsgrenzen hinweg• „Der Krämer“ – Erholungsraum vor der Tür• „Der Dörferkranz“ – Rundkurs um denKrämerwald• „Der Krämer“ – Erlebnisraum Kulturland-schaft• „Krämer und Luch“ – Vernetzung von Land-schaftsräumen1998 wurde der Förderverein RegionalparkKrämer Forst gegründet. Zu den Gründungs-mitgliedern gehörten die Gemeinden Schön-walde, Wansdorf und Pausin, die WaldschuleKrämer, die Agro Glien, ein landwirtschaftlicherGroßbetrieb mit Schaukäserei und alten Haus-tierrassen sowie das Märkische Ausstellungs-und Freizeitzentrum in Paaren.

Auf Geheiß des Soldaten-königs wurde das Luch-land um den Glien inWiesen und Weiden um-gewandelt. Ein 540 kmumfassendes Graben-system schuf die Grund-lage für den Aufstieg derRegion zum Milch- undButterlieferanten dernahegelegenen GroßstadtBerlin.Foto: Agrarmuseum

Seit 1999 fährt dieBerliner S-Bahn wieder bisHennigsdorf. Von hier aus bieten sich Radtourenund Wanderungen durchden Krämer Forst an.Foto: IGEB

Im Groß-Ziethener Schloss befindet sich heuteein Hotel. Sehenswert sind die herrschaftlicheTreppenanlage und die urigen Kellergewölbe.Foto: Hasselbach

Nach dem 2.Weltkrieg, im Zuge der deutschen Teilung und des späteren Mauerbaus

um die westliche Teilstadt Berlins, erfolgte ein radikaler Einschnitt in den Wirtschaftsbeziehungen

der Umlandgemeinden zu Berlin.

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... Aktivitäten zu HundertenDas im Regionalpark bereits vorhandene Wan-der- und Radwegenetz wird vom Förderver-ein stetig verbessert. Die Umsetzung eines neuerarbeiteten Wanderwege-Konzeptes wirdderzeit in Schönwalde begonnen. Dazu gehö-ren sowohl Ausbaumaßnahmen, als auch eineanspruchsvolle Ausschilderung.Studenten der Landschaftsplanung an derTechnischen Universität Berlin steuerten demRegionalpark zwei originelle Projekte bei: InPaaren wird ein Rundum-Angebot für Hochzei-ten geboten – vom Brautausstatter bis zumPfarrer und Standesbeamten stehen in dem imWettbewerb „Schönstes Dorf Brandenburgs“ausgezeichneten Ort alle für eine richtigeHochzeit zur Verfügung.Die Tour „Berufe-Radeln“ führt auf einem Rund-kurs über Orte, in denen ortstypische Hand-werke, Berufe und Tätigkeiten gezeigt werden,oder in denen zumindest noch bauliche Reliktedavon zeugen.

Unser täglich Brot ...Auf der Regionalpark-Konferenz im Juni 1999hatte sich die Regionalinitiative BRUCKER Landvorgestellt, die am Aufbau regionaler Wirt-schaftskreisläufe im Landkreis Fürstenfeldbruckbei München mit Regionalprodukten wie Brot,Saft, Honig, Fleisch und Milchprodukten be-teiligt ist.Im Regionalpark Krämer Forst wählte man alsProdukt aus der Region für die Region das„Holzfällerbrot“. Nach knapp zwei MonatenSuche hatte der Förderverein vom Korn zumBrot, vom Erzeuger des Getreides bis zum

Bäcker alle Beteiligten gefunden. Im Oktober1998 war es so weit: Pünktlich zur Eröffnungder Museumsscheune in Kremmen wurde das„Holzfällerbrot“ auf den Markt gebracht.Mehrere landwirtschaftliche Betriebe aus derGegend um Nauen bauen das Getreide an, dieHauptzutaten zum zünftigen „Holzfällerbrot“.Der Müllermeister Paul Wolter in Buchow-Karp-zow mahlt es aus, Bäckermeister Karl-DietmarPlentz aus Schwante schließlich backt das Brot nach traditionellem Rezept und bringt esofenfrisch auf seinen Ladentisch. „Der Erfolg ist so einschlagend, dass wir das „Holzfällerbrot“ins regelmäßige Sortiment aufgenommenhaben“, berichtet Martin Hasselbach, Mitarbei-ter des Fördervereins Regionalpark KrämerForst. Von diesem Erfolg beflügelt, haben inzwi-schen auch weitere Bäckereien ihr Interesse ander Entwicklung und Vermarktung regionalerSpezialitäten bekundet.Andere Unternehmen beteiligen sich ebenfallsaktiv an der Regionalpark-Entwicklung: nebenden Erzeugern des „Holzfällerbrotes“ konntenbeispielsweise ein Steuerberatungsbüro, eineKompostierungs- und Verwertungsgesellschaftund ein Großproduzent landwirtschaftlicherProdukte (insbesondere Obst) gewonnen werden. Hier bestätigt sich die Regionalpark-Philosophie, dass eine gemeinsame Zielsetzungund Vermarktung die regionale Wirtschaftstärkt. Neben Privatpersonen engagieren sichauch der anerkannte Naturschutz-VerbandSchutzgemeinschaft Deutscher Wald und dasJohannesstift Spandau für die Regionalpark-Idee.

Was verkraftet der Regionalpark?Die in den Siedlungsachsen Spandau-Falken-see-Nauen und Hennigsdorf-Velten-Oranien-burg liegenden Gemeinden sind meist stärker

Krämer Forst

Am Rande des Regional-parks, ca. 35 km nordwest-lich von Berlin zwischenden Orten Kremmen undFehrbellin liegt dasStorchendorf Linum. ImJahr 1999 brüteten hier13 Paare und zum Endeder Storchensaison gab esfast 50 Störche im Ort.Nähere Informationenbietet die Station desNABU „StorchenschmiedeLinum“. Nachdem zumEnde des 18 Jahrhundertsgroße Flächen abgetorftwurden, entstand eineriesige Teichlandschaft.Die Teiche werden heutenur noch zum Teil bewirt-schaftet. Ein großer Teilaber ist unzugänglich undwird von der Naturzurückerobert. Hier gibtes seltene Wasservögel zusehen, aber auch Biber,Fischotter und vieleandere Tiere. Zur Zugzeitmachen hier im Frühjahrund Herbst bis zu 80000Wildgänse und 20000Kraniche Station, da sie inden Teichen sichereSchlafplätze und auf denFeldern viel Futter finden.

Allee bei LinumFoto: Uhlenhut

Nauens Altstadt besitzteinen historisch gewach-senen mittelalterlichenStadtgrundriß, der bis heute weitgehenderhalten ist und als bau- und kulturhistorischwertvolles Ensembleunter Denkmalschutzsteht. Die Stadt gehört zuden Verwaltungszentrendes Landkreises Havel-land und hat ca. 11.000Einwohner.Von 1826 bis 1993 warNauen Kreisstadt. Nachden Entwürfen der Berli-ner Architekten Schulzund Hartung wurde das an die norddeutscheBacksteingotik erinnern-de Rathaus erbaut, das imJanuar 1891 eingeweihtwurde. 1911 stürzte dieTurmspitze bei starkemSturm ein und blieb imRathaussitzungssaalstecken. Anlässlich der700-Jahr-Feier Nauenswurde die Rathausfassade1992 fachgerechtrestauriert.Foto: Meißner

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auf den Zuwachs an zahlungskräftigen Neu-bürgern und Gewerbebetrieben interessiert –wobei die Attraktivität und der Freizeitwertdieser Gemeinden sehr vom Regionalpark pro-fitieren. Der Schwerpunkt in den ländlichenGebieten liegt dagegen stärker auf dertouristischen Entwicklung der Landschafts-potenziale.An unterschiedlichen Standorten im Regional-park werden auch unterschiedliche Schluss-folgerungen gezogen, welche Konsequenzendie Regionalpark-Idee denn mit sich bringe.Zum geplanten Bau eines Testringes desWaggonherstellers Adtranz in der Region gibtes gegensätzliche Standpunkte. Die Befürwor-ter des Projektes verweisen auf den wirtschaft-lichen Impuls und den erwarteten Zuwachs anArbeitsplätzen in der Region. Die Gegner desTestringes sehen sich vor allem durch den zuerwartenden Lärm beeinträchtigt. BodoOehme, Bürgermeister von Schönwalde undVorsitzender des Regionalpark-Fördervereins,sieht da allerdings kein schwerwiegendesProblem:„Der Förderverein hat sich grundsätz-lich mit Mehrheit für das Projekt ausgespro-chen, wenn von der Industrie entsprechendeAusgleichsmaßnahmen vorgenommen wer-den, die der Region zugute kommen.“Zunächst heißt es, erst einmal abzuwarten.Oehme:„Bisher steht noch gar nicht fest, woder Testring genau verlaufen wird und ob erüberhaupt kommt.“

Gemeinsam sind wir stark ...Derweil steigt die Mitgliederzahl des Regional-park-Fördervereins stetig, zur Zeit sind es über40 Mitglieder. Die Öffentlichkeitsarbeit durchden Verein wird intensiviert. Die Präsentationauf einer eigenen Internet-Seite ist im Aufbau.Auf der wichtigen, jährlich stattfindenden

Brandenburger Agrar- und Landwirtschaftsaus-stellung im Märkischen Ausstellung- und Frei-zeitzentrum in Paaren war man mit einemeigenen Stand vertreten. Ein weiteres Projekt,das vom Förderverein in Zusammenarbeit mit der Technischen Fachhochschule (TFH) inBerlin betreut und bearbeitet wird, ist dieErstellung von Wanderkarten auf der Basis vonLuftbildern. Bisher liegt eine Karte für dennordöstlichen Teil des Regionalparks vor, eineGesamtkarte soll noch folgen.Aufgrund des guten Erfolges des „Holzfäller-brots“ ist die Einführung weiterer Regionalpro-dukte beabsichtigt. Auf einem Frühjahrsfest imApril wurde ein Milchspeiseeis aus regionalerProduktion präsentiert – für einen erfrischen-den Start in die Sommersaison.

Daten und Fakten

Einwohnerzahl Stand 1999: ca. 25.000 Bewohner

Landkreis / Amt / Einwohner Bevölkerungs-Gemeinde zahl (1999) dichte EW./km2

L A N D K R E I S H AV E L L A N D...........................................................................................Amt Brieselang Brieselang 6.828 380...........................................................................................Amt Nauen-LandTietzow 295 17Börnicke 783 42Grünefeld 444 27...........................................................................................Amt SchönwaldPaaren im Glien 546 35Perwenitz 456 46Wansdorf 726 31Pausin 619 31Schönwalde 3.793 204

L A N D K R E I S O B E R H AV E L...........................................................................................Amt KremmenFlatow 639 24Staffelde 374 18Groß-Ziethen 241 19...........................................................................................Amt OberkrämerSchwante 1.610 99Oberkrämer (Vehlefanz,Eichstädt, Neu-Vehlefanz) 2.462 50Bärenklau 1.158 142Marwitz 1.229 77Bötzow 2.115 112

Blick auf den Krämer ForstFoto: Hasselbach

rechts: An der Muhrekommen Biber und Fisch-otter vor, an ihren Ufernauf den Teufelsbruch-wiesen blühen selteneOrchideen. Neben deralten Poststraße ist dieMuhre ein zweiteswichtiges verbindendesElement im Regionalpark.Sie fließt von der nörd-lichsten Mitgliedsge-meinde Leegebruch überSchönwalde RichtungBrieselang im Westen.Foto: Gering

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Erreichbarkeit aus der Berliner Innenstadt

Linie und TaktS nach HennigsdorfTakt: 20 Min.RB / RE nach KremmenTakt: 20 / 60 Min.RE nach NauenTakt: 30 Min.

Fahrtdauerab Berlin-FriedrichstraßeKremmen: ca. 60 Min.Hennigsdorf: 33 Min.

Gesamtfläche: 32.349 ha

Flächenverteilung:Landwirtschaft 56%Sonstiges 2%Wasser 2%Verkehr 4%Siedlungen 5%

Wald 31%

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AnsprechpartnerFörderverein RegionalparkKrämer Forst:c/o Bürgermeister derGemeinde SchönwaldeHerrn Bodo OehmeSebastian-Bach-Str. 10–12,14621 SchönwaldeTel: (03322) 2484-0Fax: (03322) 2484 40Internet:www.kraemer-forst.dewww.glien-online.de

Tourismus– Umfangreiches Rad- undWanderwegenetz: Radrund-weg Dörferkranz, Rad- undWanderweg „Alte Ham-burger Poststraße“, diverseandere Radrundtouren undRundwanderwege.– Reiterhöfe– Sehenswürdigkeiten:Königseiche, Zwölfbrüder-buche, ehem. Ziegenkrug,Schleuse Schönwalde, Forst-haus Krämerpfuhl, Moos-pfuhl bei Schönwalde

MuseenBockwindmühle Vehlefanz MühlenmuseumBreite Straße16727 Vehlefanz

Ofen- und KeramikmuseumVeltenWilhelmstr. 32, 16727 VeltenTel: (03304) 317 60Öffnungszeiten: Mi–So

Waldschule Pausin Ansprechpartner: Hr. Wagner Tel: (033231) 606 63

Ortskern

Siedlungsgebiet

Wald

See

Verbindungsstraße

Bundesstraße

Autobahn

Bahnstrecke

S-Bahnhof

Regional-Bahnhof

R- + S-Bahnhof

0 2 4 6 8

Kilometer

Krämer Forst

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Wasser und Wald – typischeBestandteile des Barnim.Die Schönheit des natur-nahen Briesetals lädt zumgeruhsamen Spaziergangein.Foto: Liebke

Beliebt sind die Badeseendes Barnim. Besonders derWandlitz- und der Liep-nitzsee locken an heißenTagen Tausende ins kühleNass.Foto: Agrarmuseum

Naturpark Barnim

Die Platte des Barnim mitihren lehmigen Böden istfür Brandenburger Ver-hältnisse sehr fruchtbar.Auf rund einem Drittel derNaturparkfläche wirdLandwirtschaft betrieben.Foto: Agrarmuseum

Seine Naturausstattung mit vielen seltenen Pflanzen

und Tieren machen den Naturpark Barnim

zu einer Besonderheit unter den Regionalparks.

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Die PlatteDr. Peter Gärtner ist fasziniert von „seiner“Platte. So sehr, dass der Geologe sich auch inseiner Doktorarbeit mit ihr beschäftigte. „Ent-standen ist sie bereits vor 170.000 Jahren zur Zeit der Saaleeiszeit. Die „Feinziselierung“besorgten dann allerdings erst die Gletscherder Weichseleiszeit vor rund 15.000 Jahren“,erläutert Gärtner. Die Platte, das ist der Barnim,die Hochfläche nördlich von Berlin, die imNorden durch das Eberswalder und im Südendurch das Berliner Urstromtal, im Osten durchdas Odertal und im Westen von der Havelnie-derung begrenzt wird.Peter Gärtner ist Leiter im Naturpark Barnim,dem einzigen länderübergreifenden Naturpark

von Brandenburg und Berlin. Der Naturpark istBestandteil des Regionalpark-Rings. Er bedecktaber nur einen Teil der Barnimplatte, die sichbesonders im Südosten weit über die Grenzendes Naturparks hinaus erstreckt. Rund 750 qkmgroß ist der Naturpark, 5% der Fläche liegenauf Berliner Gebiet,„in den Stadtteilen Pankowund Reinickendorf, mit einem winzigen Stück-chen in Weißensee“, wie der Naturpark-Leitererklärt.

Wald und Wasser, Sand und LehmEin relativ „müder“ Gletscher der Weichseleis-zeit, der sich mehr den Hinterlassenschaftenaus der Saalekaltzeit anpasste, als mit eigenerKraft die Landschaft zu gestalten, hinterließ

Goldstück in der KetteNaturpark Barnim

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eine ganze Reihe verschiedener, den Barnimprägende Landschaftselemente. Zum Beispieldie Gewässer: Auffallend sind die überall in den Feldfluren der Platte verstreuten Acker-sölle, wassergefüllte Hohlformen, die vom sogenannten Toteis der letzten Gletscher vormehr als 10.000 Jahren übrig geblieben sind.Dazu kommen die vielen kleinen und größe-ren, für den Barnim charakteristischen Seen.Einzeln oder wie Perlen aufgereiht entlang derlanggestreckten Fließe sind sie eine der Haupt-attraktionen für Besucher. An heißen Sommer-tagen locken sie Tausende Badegäste an ihreUfer, ganz besonders der Liepnitz- und derWandlitzsee.Mehr als die Hälfte der Fläche des Naturparksist mit großen, zusammenhängenden Wäldernund Forsten bedeckt, in denen die Kiefer domi-niert. Besonders wertvoll sind jedoch die hohenBuchenwälder, beispielsweise am Liepnitzseeoder in der Barnimer Heide, und naturnahe Er-lenbruchwälder wie im Finow- und im Briesetal.

Unter Beschuss und unter BerieselungNur an wenigen Stellen schob der Gletscherhochaufragende Endmoränen zusammen. ImSüdosten des Naturparks markiert ein solcher,immerhin 80 m ansteigender Höhenzug zwi-schen Wandlitz, Ladeburg, Rüdnitz und Trampedie Wasserscheide des Barnim: Er trennt dieEinzugsgebiete von Oder (Ostsee) und Elbe(Nordsee) und legt überregional die Fließrich-tung der zahlreichen Fließgewässer fest, unterihnen die Briese, die Finow, das Pregnitzfließ,das Tegeler Fließ und die Panke.An anderen Stellen, so z.B. zwischen Biesenthalund Melchow sowie im Westbarnim beiSchönow, wurden nach dem Abschmelzen derEismassen ausgedehnte Dünengebiete zusam-mengeweht.Und noch ein wichtiges, charakteristisches Ele-ment des Barnim geht auf die Gletscherakti-vitäten vergangener Jahrtausende zurück: DieGrundmoränenflächen im Südosten des Natur-parks sind durch lehmige, für BrandenburgerVerhältnisse sehr fruchtbare Böden gekenn-zeichnet. Überwiegend in diesem Bereich undinsgesamt auf einem Drittel der Naturpark-fläche wird Landwirtschaft betrieben.Auf den ehemaligen Truppenübungsplätzenbei Trampe und in der Schönower Heide

hinterließen mahlende Panzerketten, detonie-rende Granaten, Waldbrände und Rodungender Militärs tiefe Spuren im märkischen Sand.Die so entstandenen, offenen und artenreichenHeideflächen sollen durch Schafhaltung be-weidet und auf munitionsberäumten Wander-wegen der Öffentlichkeit wieder zugänglichgemacht werden.Eine nahezu aquatische Landschaft, auf der früher bis zu vier Gemüseernten pro Jahreingefahren wurden, entstand um Blanken-felde und Hobrechtsfelde herum. Der BerlinerMagistrat hatte 1873 beschlossen, die BerlinerAbwässer auf Feldern vor der Stadt zu ver-rieseln. So auch hier. Knapp 100 Jahre spätermachte der Bau von Klärwerken diese Art derAbwasserbeseitigung überflüssig. Auf denehemaligen Rieselfeldern entsteht heute durch Aufforsten bzw. Freihaltung von Flächeneine stadtnahe Erholungslandschaft, die sichhervorragend zum Wandern in abwechslungs-reicher und mit vielen Tieren bevölkerterUmgebung eignet.Einige weitere landschaftliche Kleinode steuertdie Stadt Berlin zum Naturpark bei. Dazu ge-hören beispielsweise eines der ältesten BerlinerNaturschutzgebiete, das Kalktuffgelände amTegeler Fließ, sowie der Bucher Forst und dieKarower Teiche. Panke, Tegeler Fließ und dieNiederung des Lietzengrabens schaffen nichtnur einen natürlichen Biotopverbund zwischender Metropole und dem Brandenburger Land –„grüne Brücken“ für Pflanzen und Tiere –,sondern auch Frischluftschneisen für den sowichtigen Luftaustausch in der Stadt.

Weit über die deutschenGrenzen hinaus berühmtsind die vielen Branden-burger Alleen mit ihrem hohen, alten Baum-bestand.Foto: Fülle

Bei der Eröffnung desNaturparks Barnim im Mai1999 bezeichnete der da-malige brandenburgischeUmweltminister Dr. Eberhard Henne denNaturpark Barnim als„das Goldstück“ in derKette der Regionalparks.Foto: NP Barnim

Die wasserreiche Agrar-landschaft des Barnim, inder noch 40 Sölle prohundert Hektar zu findensind, ist idealer Lebens-raum für die vom Ausster-ben bedrohte Rotbauch-unke, das „Wappentier“des Naturparks Barnim.Auch beim Logo wird dieSonderrolle des Natur-parks Barnim deutlich, daes nicht zur einheitlichenGestaltung der Regional-park-Logos gehört,sondern zum System derLogos für alle vierzehnbrandenburgischen Groß-schutzgebiete, die auseinem grünen „G“ unddem dazugehörigenSymbol, meist einemWappentier, bestehen.Foto: Schrumpf

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Besonderheit NaturparkUnter den Regionalparks ist der NaturparkBarnim ein Sonderfall:„Ich habe keine Schwie-rigkeiten damit, dass wir außer Naturpark auchnoch Regionalpark sein sollen“, meint PeterGärtner.„Allerdings geht unser Ansatz über deneines Regionalparks hinaus.“ Den Grundgedan-ken – nachhaltige Regionalentwicklung, land-schafts- und naturverträgliche Erholungsnut-zung – teilen die beiden Parktypen zwar. Dochwährend der Regionalpark aus einem offenenZusammenschluss von Kommunen besteht,ist der Naturpark eine im Brandenburger undBerliner Naturschutzgesetz verankerte Katego-rie. Dort steht, dass mindestens die Hälfteseiner Fläche aus Schutzgebieten bestehenmuss. Natur- und Landschaftsschutz sind aus-drückliche und herausragende Ziele im Natur-park.„Als Landeseinrichtung besitzen wiraußerdem eine eigene Verwaltung und eigeneHaushaltsmittel“, ergänzt Peter Gärtner.„Das ist natürlich von Vorteil.“ Hinzu kommen nochdie Betreuung des Gebietes durch Naturwäch-ter, das Naturpark-Kuratorium als festes Gre-mium und ein Pflege- und Entwicklungsplan,der die wichtigsten Vorgaben zur Entwicklungdes Gebietes enthält. Alles Elemente, über diedie Regionalparks nicht verfügen.Nicht nur die dem Naturpark zur Verfügungstehenden Einrichtungen, Gremien und Instru-mente, sondern auch die Naturausstattungsamt seltener Pflanzen und Tiere machen denNaturpark Barnim wirklich zu einem Ausnah-mefall.

Früchte, die der Gärtner ernten kannDie Naturpark-Entwicklung ist wegen dergeschilderten unterschiedlichen Voraussetzun-gen nicht mit der der anderen Regionalparkszu vergleichen. Andererseits konnten hier ebenwegen dieser günstigeren VoraussetzungenMaßnahmen, Projekte und Einrichtungengeschaffen oder auf den Weg gebracht werden,die als modellhaft für die Regionalparks ange-sehen werden können. Dies spiegelt sich unteranderem in der Arbeit eines äußerst aktivenFördervereins, in der Vielzahl der Projekte undin der länderübergreifenden Kooperation mitBerlin wider.Zur Ausstattung des Naturparks trägt Berlinneben seinen landschaftlichen Kleinoden auch

ca. zwei Fünftel der Sachkosten und eine Per-sonalstelle bei. Es gibt einen länderübergreifen-den Pflege- und Entwicklungsplan und ge-meinsame Projekte.Und noch über eine Tatsache kann Peter Gärt-ner sich ganz besonders freuen: „Der Naturparkhat in der Region kaum Akzeptanz-Probleme.“Das liegt sicher auch daran, dass vom Förder-verein Naturpark Barnim, von der 1996 gegrün-deten Werkstatt Barnim, die sich als „RunderTisch“ der Region versteht, und vom ehemali-gen Naturpark-Aufbauleiter Dr. Mario Schrumpfgute Vorarbeit geleistet wurde. Früchte, dieGärtner jetzt ernten kann.

Verbindungen knüpfenAußergewöhnlich ist auch der Verbund vonGroßschutzgebieten, in dem sich der NaturparkBarnim befindet: Von hier aus bestehen Verbin-dungen zum Biosphärenreservat SchorfheideChorin und dem Naturpark UckermärkischeSeen bis zum Müritz Nationalpark in Mecklen-burg-Vorpommern. Nordöstlich schließt sichder Nachbar-Regionalpark Barnimer Feldmarkan, ein Stückchen weiter nördlich reicht derNaturpark fast bis an den Nationalpark UnteresOdertal heran. Verbindungen, die nicht nurnaturschutzfachlich interessant und wertvollsind. Hier existiert von Berlin bis nach Polen undüber Mecklenburg-Vorpommern bis zur Ostseeein Natur- und Landschaftspotential, das miteinem Rad- und Wanderwegenetz erschlossenwerden und für Erholung und Tourismus ge-nutzt werden kann. Zusammen mit dem Bade-spaß im Sommer sind Wandern, Reiten, Rad-und Kanufahren seit langem die beliebtestenAktivitäten im Barnim.„Die Besucher sollen möglichst mit dem öffent-lichen Personennahverkehr anreisen und denNaturpark dann zu Fuß, mit dem Rad oder demKanu erkunden“, wünscht sich Naturpark-LeiterPeter Gärtner.„Deswegen wird die Entwicklungzum ,ÖPNV-gerechten‘ Naturpark ein beson-derer Schwerpunkt unserer Arbeit sein.“

Rad und Schiene:Viele Wege führen ins LandGleich mehrere Projekte im Naturpark zielenauf Verbesserung und Ausbau von Wegenetzenund Bahnanschlüssen, Service und Informa-tionen für die Besucher. So hat die „Arbeitsge-

oben: Feldsölle, wie hier beiTrampe, sind wassergefüllteHohlformen, geschmolzenesToteis, das von den letztenGletschern vor mehr als10.000 Jahren übrig geblie-ben ist.Foto: Fülle

unten: Die berühmte Heide-krautbahn musste in ihrerEntwicklung mehrfach herbeRückschläge verkraften, vorallem auch die Zerstörungenim 2. Weltkrieg. Jetzt sollendie alten Verbindungenwieder hergestellt, Gleise,Bahnhöfe und Zugängeerneuert oder neu gebautwerden.Foto: NP Barnim

„Die Besucher sollen möglichst mit dem öffentlichen Personennahverkehr

anreisen und den Naturpark dann zu Fuß, mit dem Rad oder dem Kanu erkunden.“

peter gärtner, Naturpark-Leiter

Naturpark Barnim

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Neubau von Bahnsteigen und Zugängen be-gonnen werden.„Es geht aber nicht nur um dieHerrichtung der Infrastruktur, sondern vor allenDingen auch um die Anbindung an die Ge-meinden und das touristische Umfeld“, betontReinhold Dellmann, Vorsitzender des Förder-vereins Naturpark Barnim, ehemaliger Amts-direktor von Wandlitz und heutiger Landtags-abgeordneter. Dazu gehören Umsteigemög-lichkeiten, P+R-Parkplätze und sichere Abstell-möglichkeiten für Fahrräder. Dellmann istüberzeugt, dass „sich in den kommenden Jah-ren vieles zum Besseren verändern“ wird: DieKommunen als Mitaktionäre der Nieder-barnimer Eisenbahnaktiengesellschaft habenein vitales Interesse daran.Ein Verein zur Förderung des Projektes Natur-parkbahnhof Melchow, dem Gastwirte, die Ge-meinde, die Weiterbildungseinrichtung Buckowe.V. und die Naturparkverwaltung angehören,befindet sich in Gründung. In Melchow soll mannicht einfach nur ankommen. Sondern auchgleich umfassend informiert werden, Fahr-räder ausleihen, Touren starten können. DieNaturwacht wird am Bahnhof einen Info-Punktbetreiben.

Miteinander von Natur und LandwirtschaftDas Besucher-Informationszentrum für denNaturpark soll in Wandlitz, dem heutigen Sitzder Naturparkverwaltung, entstehen. Und zwar – auch das wohl eine Barnimer Besonder-heit – in Zusammenarbeit mit dem Agrarmu-seum Wandlitz. Zunächst wurde eine 10.000 qmgroße Wiese gekauft, auf der ein gemeinsamerNeubau für Museum und Infozentrum mit 3-4.000 qm Ausstellungsfläche entstehen soll.„Wir werden aber nicht nur nebeneinander ineinem Haus sitzen“, erklärt Peter Gärtner,„wir wollen auch die Ausstellung des Museumsgemeinsam überarbeiten und erweitern. Siewird dann auch die Wechselwirkung von Land-wirtschaft und Natur durch die Jahrhundertedarstellen und zeigen, warum wir heute besonders auf eine nachhaltigeWirtschaftsweise angewiesen sind.“ Anderswoist ein so vielversprechender, gemeinsamerAnsatz von Naturschutz und Landwirtschaftnoch keineswegs selbstverständlich.Dieser kooperative Gedanke liegt auch den Pro-jekten mit den Agrargenossenschaften Trampe

Mitarbeiter der Natur-wacht, Förster und Lehrerkönnen sachkundigeErläuterungen und Anre-gungen im Jugendprojekt„Abenteuer Barnim“ geben.Diesjähriges Thema: DenWaldrand erforschen. Daskann mit Hilfe von Zeich-nungen, Fotos, Gedichtenund Erlebnisberichtenerfolgen. Forschungsge-genstände können derWechsel der Jahreszeitenam Waldrand, die dortvorgefundenen Pflanzen und Tiere und ihre Anpas-sung an den Lebensraumsein. Mit dem Projekt werden den Jugendlichenauch die größeren Zusam-menhänge vermittelt:„Vom Aufbau und Stand-vermögen eines Waldran-des“, so heißt es im Projekt-Faltblatt,„hängt esmit ab, wie lange derdahinter liegende Waldleben kann.“Foto: NP Barnim

Typisches Landschaftsele-ment im Naturpark Bar-nim sind neben Wäldern,Alleen und Gewässern dieweiten Wiesen, unter-brochen oder eingerahmtvon altem Baumbestand.Wie tausendarmigeLeuchter stehen dieseblühenden Kastanien imLandschaftsschutzgebiet„Schnelle Havel“.Foto: Liebke

meinschaft Wegesystem“ der Werkstatt Barnimnicht nur ein Wegesystem erarbeitet, das fürWanderungen und Radtouren sieben Haupt-routen vorschlägt, die von Reinickendorf,Pankow, Weißensee und Hohenschönhausen weit bis in das Brandenburger Land hinein-reichen. Auch ein Radwege-Leitsystem miteiner länderübergreifend einheitlichen Beschil-derung wurde vorgeschlagen. Ein „Naturpark-Meridian“, ein Fernradweg von Berlin bis nachUsedom wurde symbolisch bereits 1997 miteinem Berlin-Barnimer Radwandertag eröffnet,der seit dem jährlich stattfindet. Jens Redlich von der „AG Wegesystem“ der Werkstatt Barnim ist mit den Fortschritten des Wegesystempro-jektes allerdings noch nicht zufrieden. Zustän-digkeitsprobleme und klamme Kassen hättendazu geführt, dass „hinsichtlich der praktischenUmsetzung zu wenig geschehen“ sei.

Alles wird gut, vieles wird besserDie alten Verbindungen der Heidekrautbahnüber Basdorf zum Märkischen Viertel (Berlin-Wilhelmsruh) und weiter ins Zentrum derMetropole dagegen müssen erst noch wiederhergestellt werden. Innerhalb der nächsten dreiJahre sollen u.a. 15 km Gleise erneuert undmindestens fünf gesicherte Bahnübergängegebaut werden. Ferner sollen mit dem Neubauder Brücke über den Oder-Havel-Kanal, derRenovierung des Bahnhofs Basdorf und dem

Für die Entwicklung der Regionalparks haben sich Kommunen und lokale Akteure zu

Arbeitsgemeinschaften oder Vereinen zusammengeschlossen. Ein Naturpark ist ein

im Brandenburger und Berliner Naturschutzgesetz verankertes Großschutzgebiet mit einer

eigenen Naturpark-Verwaltung und eigenen Haushaltsmitteln.

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und Liebenwalde zu Grunde.„Zusammen mitder Agrargenossenschaft Trampe arbeiten wiram Rotbauchunken-Projekt, mit den Lieben-waldern nehmen wir gemeinsam Heckenpflan-zungen vor“, berichtet Gärtner.Die Rotbauchunke, einst ein typischer Bewoh-ner der Barnimflächen mit ihren flachen Klein-gewässern und heute vom Aussterben bedroht,ist das „Wappentier“ des Naturparks Barnim:Es ziert sein Logo.

Öko-Joint VenturesEin „Joint Venture“ mit der Natur und mit sichselber – „Männlein-Weiblein“ und „Ossis“-„Wessis“ fifty-fifty – sind die Leute vom Melch-hof in Melchow eingegangen. Der Bioland-Betrieb produziert Raps und Getreide, Öllein,Lupinen und Kartoffeln. In der angeschlosse-nen, fünf Hektar großen Demeter-Gärtnereiwerden Mohrrüben, Sellerie, Porree, Pastinaken,Tomaten, rote Beete, Mangold und jede Menge

Kräuter gezogen und auf Berliner Wochenmärk-ten verkauft. Natürlich kann man die Produkteauch direkt ab Hof in Melchow erwerben (frei-tags 15 bis 19 Uhr).Auch die Berliner Stadtgüter, seit 1990 wiederim Besitz des Landes Berlin, fühlen sich einernachhaltigen Bewirtschaftung mit geschlosse-nen Stoffkreisläufen auf ihren Flächen ver-pflichtet. Im Naturpark Barnim bewirtschaftensie das Gut Schönerlinde mit Betriebsteilen in Schönerlinde und Lanke.„Wir sehen keinenKonflikt zwischen den Zielen des Naturparksund der Bewirtschaftung unserer Landwirt-schaftsflächen“, betont Torsten Hansen von denBerliner Stadtgütern.

Schönower Heide: Fledermäuse bunkernMit der Interessengemeinschaft Fledermaus-schutz, einem Zusammenschluss ehrenamt-licher Fledermausschützer aus Berlin undBrandenburg, schafft die NaturparkverwaltungQuartiere in alten Bunkeranlagen. Ein „Über-gangsprojekt“, bis durch den Umbau des Waldesvom kieferndominierten Forst zum Laubmisch-wald, in dem genügend Totholz stehen gelas-sen wird, die Fledermäuse genügend Quartierefinden.Außer den als Fledermausquartiere benötigtenBestandteilen werden die Bunkeranlagen nachund nach abgerissen. Zudem wurden bisher ca. 200 ha der Schönower Heide munitions-beräumt, auf weiteren 240 ha steht dies nochbevor. Um die ökologisch wertvolle Heide- undTrockenrasenlandschaft als Perle im Naturparkfür die Bevölkerung erlebbar zu machen,wird bereits jetzt, nach teilweiser Munitionsbe-räumung, ein Rundwanderweg von Schönowaus angelegt, in Kürze wird ein Aussichtsturm errichtet. Eine Herde von 500 Merino-Landscha-fen wird durch ihre Beweidung die Binnen-heide erhalten, während andere Freiflächenihrer natürlichen Entwicklung überlassenbleiben und sich damit nach und nach bewal-den werden.

Abenteuer Barnim mit jugendlichen ForschernEin Projekt im Naturpark liegt der Naturpark-verwaltung besonders am Herzen: Das„Abenteuer Barnim“, ein Schülerprojekt, das imJahr 2000 das „Leben am Waldrand“ zum

Naturpark Barnim

Zu den landschaftlichenKleinoden, die die StadtBerlin zum Naturparkbeisteuert, gehören bei-spielsweise eines derältesten Berliner Natur-schutzgebiete, dasKalktuffgelände am Tege-ler Fließ, sowie der BucherForst und die KarowerTeiche. Die Panke, dasTegeler Fließ und die Nie-derung des Lietzengra-bens wirken wie „grüneBrücken” zwischen Stadtund Land für Pflanzen,Tiere und Menschen. UmSpaziergängern auch empfindliche Feuchtge-biete zugänglich zumachen, bieten sich Wegeauf Holzstegen an. Derhier abgebildete Eichwer-der Steg am Tegeler Fließist als Naturlehrpfad mit Informationstafelnausgestattet und bieteteinzigartige Einblicke indas Feuchtgebiet. Seitüber 30 Jahren werdenBesucher auf diese Weisedurch das Tegeler Fließtalgelenkt, ohne Flora undFauna zu beeinträchtigen.Foto: Tschörner

Wunderschöne Uferwegeführen um die vielenSeen, bei denen der Waldbis ganz ans Ufer reicht.Das Foto zeigt den Ufer-wanderweg am Mühlen-becker See.Foto: NP Barnim

An vielen naturnahenFließgewässern desNaturparks Barnim sindFischotter, Elbebiber undWasserspitzmaus zuHause. Seltene Vertreterder Vogelwelt sindWasseramsel, Eisvogel,Gebirgsstelze, Fisch- und Seeadler, Kranich,Wachtelkönig, Weiß- undSchwarzstorch.Aus dem Wandlitz- unddem Liepnitzsee kannnoch die bei Fein-schmeckern beliebteKleine Maräne gefischtwerden.

Gaudi in historischenBadeanzügen zur Eröff-nung des StrandbadesWandlitz Ende Mai 1999.Foto: Agrarmuseum

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Thema hat. Es wird gemeinsam mit dem Natur-park-Förderverein, der Naturwacht, Branden-burger und Berliner Schulämtern, den Forstver-waltungen beider Länder, Naturschutz- undUmweltbildungseinrichtungen durchgeführtund soll die Begegnung der Kinder mit der hei-mischen Natur und Landschaft fördern.Die Forschungsergebnisse der Schülerinnenund Schüler werden ab August 2000 von derNaturparkverwaltung ausgewertet, die bestenErgebnisse auf dem Naturparkfest im Septem-ber mit wertvollen Preisen prämiert.

Wo Kunst und Natur sich ,Guten Tag‘ sagenSeit 1998 führen Berliner und BrandenburgerKünstler einmal im Jahr ein „Landschaftsplein-air“ im Barnim durch. 10 Tage bis zwei Wochenverbringen sie an jährlich wechselnden Orten„zum gemeinsamen Arbeiten in der Natur“, wieHildur-Mathias Bernitz, einer der Initiatoren desPleinairs formuliert.„Meist entstehen dabeiPastelle oder Aquarelle“, berichtet Bernitz, derMitglied des Fördervereins Naturpark Barnimund des Kunstvereins Treptow ist.

Im Anschluss an die Pleinairs werden die Werkeauf einer Wanderausstellung gezeigt. Bernitzerarbeitet zur Zeit eine Dokumentation des99er Pleinairs und hofft, zum Jahreswechsel2001 einen Kalender herausgeben zu können.Auch eine andere Gruppe von Künstlern plant,ihre „künstlerischen Interventionen“ vonAnfang an in den Entwicklungsprozess desNaturparks zu integrieren.„Kunst im Dialog mitder Natur“ nennt sich das Projekt, das seinenUrsprung in der „art in nature“-Bewegung inden USA hat. Die Initiatoren wollen den Natur-park Barnim zum ersten „art in nature“-Park in Deutschland machen und dabei aber keinentraditionellen Skulpturenpark erschaffen, son-dern durch die ständige künstlerische Beglei-tung der Naturparkentwicklung und in einem„internationalen Diskurs“ eine „ökologischeÄsthetik“ entwickeln.

Kunst im Naturpark. DieAbbildung zeigt das Werk„Am Voßkanal“ vonHildur-Mathias Bernitz(Pastell, 1999). Bernitz isteiner der Initiatoren desjährlich stattfindendenLandschaftspleinairs imNaturpark.Foto: Bernitz

Daten und Fakten

Einwohnerzahl Stand 1999: ca. 147.300 Bewohner

Landkreis / Amt / Einwohner Bevölkerungs-Gemeinde zahl (1999) dichte EW./km2

L A N D K R E I S B A R N I M ...........................................................................................amtsfreiStadt Eberswalde 45.876 790...........................................................................................Amt Barnim Nord Finowfurt 7.191 113...........................................................................................Amt Biesenthal - BarnimStadt Biesenthal 4.976 96Melchow 1.030 20Danewitz 238 28...........................................................................................Amt Britz-Chorin Hohenfinow 580 26...........................................................................................Amt Groß Schönbeck (Schorfheide)Zerpenschleuse 1.049 60Marienwerder 877 45Ruhlsdorf 490 26Sophienstädt 260 328

((Daten und Fakten))

Landkreis / Amt / Einwohner Bevölkerungs-Gemeinde zahl (1999) dichte EW./km2

L A N D K R E I S B A R N I M...........................................................................................Amt Panketal Lobetal 692 87Ladeburg 1.735 98Rüdnitz 1.750 127Schönow 4.635 537Zepernick 10.550 812...........................................................................................Amt WandlitzKlosterfelde 3.082 179Prenden 421 22Stolzenhagen 1.179 81Wandlitz 4.167 260Lanke 631 18Basdorf 4.207 315Schönwalde 1.792 80Schönerlinde 912 79

L A N D K R E I S M Ä R K I S C H - O D E R L A N D...........................................................................................Amt Falkenberg-Höhe Falkenberg/ Mark 1.642 67Kruge/ Gersdorf 516 31

((Daten und Fakten))

Landkreis / Amt / Einwohner Bevölkerungs-Gemeinde zahl (1999) dichte EW./km2

L A N D K R E I S O B E R H AV E L...........................................................................................amtsfrei Hohen Neuendorf 17.595 470Birkenwerder 6.140 339Glienicke/ Nordbahn 6.427 1.399...........................................................................................Amt Liebenwalde Hammer 648 32Stadt Liebenwalde 2.571 79Neuholland 720 28Kreuzbruch 193 4...........................................................................................Amt Oranienburg Land Freienhagen 296 42Malz 424 24Zehlendorf 977 59Schmachtenhagen 1.714 59Wensickendorf 932 42Lehnitz 2.451 210...........................................................................................Amt Schildow Zühlsdorf 1.326 82Mühlenbeck 2.580 136Schönfließ 1.831 172

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Fahrtdauerab Berlin-FriedrichstraßeBernau: ca. 40 Min.Oranienburg: ca. 45 Min.Wandlitz: 60 Min.

AnsprechpartnerNaturparkverwaltung BarnimKirchstr. 11, 16348 WandlitzHerr Dr. GärtnerTel: (033397) 697-0Fax: (033397) 697 13

TourismusTourismusverein NaturparkBarnim e.V., Amt WandlitzPrenzlauer Chaussee 15716348 WandlitzTel: (033397) 66-131

FremdenverkehrsamtOranienburg, Lehnitzstr. 12c16515 OranienburgTel: (03301) 70 48 33

Eberswalder Fremden-verkehrsinformationSteinstr.3, 16225 EberswaldeTel: (03334) 645 20

MuseenGedenkstätte und Museumdes ehem. KZ Sachsen-hausen (Oranienburg)Heinrich-Grüber-Platz 316515 OranienburgTel: (03301) 80 37 15

Kreismuseum OranienburgBreitestr.116515 OranienburgTel: (03301) 38 63Öffnungszeiten: Di–So

Agrarmuseum WandlitzBreitscheidstr. 2216348 WandlitzTel: (033397) 215 58

Ortskern

Siedlungsgebiet

Wald

See

Verbindungsstraße

Bundesstraße

Autobahn

Bahnstrecke

S-Bahnhof

Regional-Bahnhof

R- + S-Bahnhof

0 3 6 9 12

Kilometer

Gesamtfläche: 96.443 ha

Flächenverteilung:Landwirtschaft 36%Sonstiges 3%Wasser 3%Verkehr 4%Siedlungen 7%

Wald 47%

Naturpark Barnim

Erreichbarkeitaus der Berliner Innenstadt

Linie und TaktS nach BernauTakt 20 Min.S nach OranienburgTakt 20 Min.RB von Karow nach BasdorfTakt 30 Min.RE nach EberswaldeTakt 120 Min.

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„Wer in die Mark reisen will, der muß zunächst Liebe zu ‚Land und Leuten‘ mitbringen,

mindestens keine Voreingenommenheit. Er muß den guten Willen haben, das Gute

zu finden, anstatt es durch krittliche Vergleiche tot zu machen. Der Reisende durch die

Mark muß sich ferner mit einer feinen Art von Natur- und Landschaftssinn

ausgerüstet fühlen. Es gibt gröbliche Augen, die gleich einen Gletscher oder Meeressturm

verlangen, um befriedigt zu sein. Diese mögen zu Hause bleiben.”

fontane 1864, Wanderungen, Erster Band, Vorwort zur 2. Auflage

Der wohltuende weite Blicküber die Felder der Barni-mer Feldmark lässt dieHektik der nahen Metro-pole schnell vergessen. Mit

der Regionalbahn ist manin einer Dreiviertelstundevom Berliner Zentrummitten im Regionalpark.Foto: RP BFM

Einige Städte und Dörferder Feldmark habenromantische Gutsparke,die zu einem Spaziergangeinladen. In vielen dieserAnlagen sind jedoch nocherhebliche Wiederher-stellungsarbeiten erfor-derlich.Foto: RP BFM

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Liebe auf den zweiten BlickRegionalpark Barnimer Feldmark

Es gibt Landschaften, die ihren Reiz erst aufden zweiten Blick entfalten. Die Barnimer Feld-mark gehört dazu. Unmittelbar hinter dermassiven Stadtkante der Wohnsiedlungen vonMarzahn und Hohenschönhausen gelegen,wird sie täglich von Tausenden durchfahren:auf der B2 oder der B 158, dem Berliner Ringoder der Regionalbahnlinie RB 25. Als land-schaftlich reizvolle Ausflugsregion ist sie den-noch nur wenigen bekannt.Das könnte sich bald ändern. Viele Bürger derRegion engagieren sich seit Jahren für die Ent-wicklung ihrer Barnimer Feldmark. Sie wollenin diesem ländlichen Raum, der ihnen Heimatist, mehr Lebensqualität schaffen und „Land-schaftsentwicklung“ im besten Sinne des Wor-

tes betreiben. Wenn dadurch mehr Besucherdie Region erkunden und hier ihre Freizeitverbringen, ist dies mehr als nur ein willkom-mener Nebeneffekt.Es ist mittlerweile zur Tradition geworden, dasssich die maßgeblichen Akteure des Regional-parks einmal im Jahr zum Erfahrungsaustauschauf einem so genannten Landschaftstag treffenund ein Resümee ihrer Aktivitäten ziehen.

Es werden immer mehrDie Aula der modernen Fritz-Reuter-Ober-schule ist gut gefüllt. Mehr als 200 Menschenhören dem Leiter des Grünflächenamtes Berlin-Hohenschönhausen aufmerksam zu. HeinzNabrowsky berichtet über die Schwierigkeiten,

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eine 1.200 Hektar große Feldlandschaft amStadtrand von Berlin zu einer Erholungsland-schaft zu entwickeln in einer Zeit, in der dasGeld kaum noch für die Pflege der vorhande-nen öffentlichen Grünanlagen reicht.Er spricht über die Parklandschaft Barnim, eineVision, die schon lange vor der Wende vonengagierten Bürgern aus den Berliner Groß-siedlungen und den angrenzenden Bran-denburger Gemeinden entwickelt wurde.Heute verstehen die Initiatoren die Parkland-schaft Barnim als Berliner Teil des Regional-parks Barnimer Feldmark.Von Jahr zu Jahr besuchen immer mehr Inter-essierte den Landschaftstag, um sich über den Stand der Entwicklung im RegionalparkBarnimer Feldmark zu informieren. Nach drei Treffen in Brandenburger Gemeinden fin-det dieser 4. Landschaftstag im Berliner BezirkHohenschönhausen statt.Inzwischen kennt man sich untereinander undnutzt auch diese Gelegenheit zum direktenGespräch zwischen ehrenamtlichen Land-schaftspflegern, Landwirten, örtlichen Gewerbe-treibenden, Kommunalpolitikern und Verwal-tungsvertretern. Zahlreiche Bürgermeister sind hier ebenso vertreten wie die Bundestags-abgeordnete Petra Bierwirth, die Landtags-abgeordneten Ralf Christoffers und ReinholdDellmann sowie Hartwig Berger als Mitglieddes Berliner Abgeordnetenhauses.Ohne Zweifel ist man hier in den letzten vierJahren schon weit voran gekommen: Eine län-derübergreifende Partnerschaft und Zusam-menarbeit findet statt. Dieser Erfolg war nicht

abzusehen, als sich das Landschaftsplanungs-büro ag.u Lange + Grigoleit im Jahr 1996 imAuftrag der gemeinsamen Landesplanungs-abteilung Berlin-Brandenburg erstmals mitdem Regionalpark-Konzept für die BarnimerFeldmark befasste.

Zwei, die sich ergänzenZu verdanken sind die Fortschritte in der Regio-nalentwicklung der Barnimer Feldmark inerster Linie den vielen Aktiven vor Ort. Schon1992 hatten sich auf Berliner Seite einige enga-gierte Bürger im „Förderverein LandschaftsparkNordost e. V.“ zusammengeschlossen, um fürihre mit Erholungslandschaften unterversorgtenWohnquartiere einen attraktiven Park zuschaffen. Der Verein zählt heute 65 Mitglieder,die auch schon mal am Wochenende mit Spatenund Sense ausrücken, um ihre Ideen in die Tatumzusetzen. Mitglieder sind mittlerweile auch15 Institutionen, darunter die Wohnungsbau-gesellschaft Hohenschönhausen mbH, örtlicheGewerbetreibende und 6 Kleingartenvereine.Auf Brandenburger Seite wurde erst 1996 derin Blumberg ansässige Verein „RegionalparkBarnimer Feldmark e.V.“ gegründet. Ihm gehö-ren inzwischen 12 Gemeinden und der Stadt-bezirk Berlin-Hohenschönhausen an. „DieKooperation mit unserem Berliner Pendant istsehr gut, wir ergänzen uns prima“, sagt derVereinsvorsitzende Torsten Jeran.„Wir habeneine bessere Ausstattung mit Maschinen,dafür bringt der Verein „Landschaftspark Nord-ost“ bei gemeinsamen Aktionen oft mehrLeute auf die Beine.“ Einige Jahre längerer Vorlauf des Berliner Vereins machen sich daoffenbar bemerkbar.

Die jährlich stattfinden-den Landschaftstagebieten den Akteuren derRegionalparks Gelegen-heit zum Kennenlernenund Informationsaus-tausch. Dabei reden Bran-denburger und Berlinernicht mehr nur über-,sondern längst konstruk-tiv miteinander.Foto: RP BFM

Der Regionalpark-Lauffand bisher zweimal statt.98 Läufer gingen 1999unter der Schirmherr-schaft des AhrensfelderAmtsdirektors BernhardWollermann inBlumberg an den Start.Die Strecke führt über elfKilometer durch dieBarnimer Feldmark.Auch 2000 soll die Tradi-tion des Regionalpark-laufs fortgesetzt werden.Foto: RP BFM

Die Vielzahl der in Angriff genommenen Projekte und das besondere

Engagement der örtlichen Akteure machen die Barnimer Feldmark

in punkto Regionalpark-Entwicklung zum Vorreiter aller Regionalparks.

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Die beiden Vereine veranstalten nicht nur denLandschaftstag gemeinsam. Zu einem „Renner“hat sich der jährlich veranstaltete „Regional-park-Lauf“ entwickelt. Stets gut besucht istauch der „Tag des offenen Denkmals“ im Blum-berger Lenné-Park. Solche Veranstaltungentragen nach Auffassung von Torsten Jeran zueinem neuen Heimatgefühl in der Region bei.„Regionalpark Barnimer Feldmark – hier lebenwir“ titelt daher auch selbstbewusst ein Falt-blatt des Vereins, mit dem auf die Schönheitender Feldmark aufmerksam gemacht wird. Inden vielfältigen Aktivitäten und der Wertschät-zung für die landschaftliche Qualität derRegion kommt zum Ausdruck, was in der Pla-nersprache „regionale Identität“ genannt wird:ein positives Heimatgefühl. Es ist die Vorausset-zung für ihre Erhaltung und Entwicklung.

Mustergültige KooperationEines der zahlreichen Projekte, die von den bei-den Trägervereinen wesentlich befördert wur-den, sticht wegen der Glanzleistung an Koor-dination und Kooperation besonders heraus:Die Dörfer Ahrensfelde, Falkenberg, Warten-berg, Lindenberg und Karow sollen mit einemdurch die Feldmark führenden Hauptweg ver-bunden werden. Die so genannte „BarnimerDörfertangente“ wird für Fußgänger und Rad-fahrer auf bestehenden, aber bisher schlechtnutzbaren Trassen auf 20 km Länge ausgebaut.Ein Teilstück von Lindenberg Mühle nach War-tenberg Siedlung ist bereits fertig gestellt.Bemerkenswert ist daran nicht nur, dass hierein Wegeprojekt länderübergreifend verwirk-licht wird, sondern auch seine Finanzierung. Diestammt aus einer Vielzahl verschiedenerQuellen: aus Haushaltsmitteln der Gemeinden,Mitteln der Bundesanstalt für Arbeit, Landes-mitteln und aus nichtöffentlichen Geldern, diezum Beispiel im Rahmen von Ausgleichsmaß-nahmen für Eingriffe in Natur und Landschaftfließen. Ein solches Vorhaben in die Tat um-zusetzen, verlangt ein hohes Maß an Planung,Abstimmung und Kooperation. Und es verlangteinen länder- und gemeindeübergreifendenKonsens über die Ziele der regionalen Entwick-lung. Dass dieser Konsens zu Stande gekom-men ist, zeigt, dass der Regionalpark BarnimerFeldmark offensichtlich ein solches gemein-sames Ziel darstellt.

Arbeit am NetzDie Barnimer Feldmark verfügt sowohl übereine gute Straßenanbindung, als auch eine guteFlächenbedienung durch die Regional- und S-Bahn. Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie für die Naherholung nochnicht ausreichend erschlossen ist.Auch in diesem Regionalpark ist deswegen derAufbau eines aus Fuß-, Rad- und Reitwegenbestehenden, ausgeschilderten Wegenetzes einvorrangiges Ziel. Die Erschließung der Feldmarkfür Radfahrer, die 1996 noch das Hauptpro-blem darstellte, konnte entscheidend verbes-sert werden: In den letzten drei Jahren wurden ca. 20 km Rad- und Fußwege auf alten Feldwe-gen erneuert oder neu angelegt.Insgesamt immerhin ein Drittel des ca. 30.000Hektar großen Regionalparks ist inzwischen mitgekennzeichneten Wegen erschlossen. Haupt-und lokale Wanderwege wurden markiert undmit Wegweisern und Infotafeln ausgestattet.An markanten Punkten und Wegekreuzungenladen Rastmöglichkeiten zum Verweilen ein.Auch für die Reiter wurde etwas getan: ImHohenschönhausener Teil des Regionalparks ist ein 6 km langes Reitwegenetz in der Falken-berger Feldmark ausgewiesen. Eine Erweite-rung auf 12 km und die Verbindung mit demReitwegenetz im Landkreis Barnim sindvorgesehen.Einen besonderen Spaß verspricht die Idee vonUlrich Jaenicke aus Tiefensee für alle diejeni-gen, die sich einmal anders als per pedes, perPedal oder per Pferd durch die Feldmark be-wegen wollen oder müssen: Sie können bald,

Hönow, Gasthaus „ZurAlten Dorfschmiede“ undDorfansicht.Fotos: ag.u

Peter Joseph Lenné erar-beitete 1840 den Entwurffür die Umgestaltung desbestehenden Schlossparksin Blumberg zu einemweitläufigen Landschafts-park.Heute lädt der wiederher-gestellte Rundweg zumFlanieren ein. Seit vielenJahren leitet JochenWünsche vom Landschafts-pflegeverband Barnim die Rekonstruktions-arbeiten. Stets gut besuchtist auch der „Tag desoffenen Denkmals“ in denkmalgeschütztenParks der Region.Alte Gutsparke sind auch in folgenden Orten derBarnimer Feldmark zufinden: Hirschfelde, Löhme,Falkenberg, Börnicke,Altlandsberg und Hönow.Foto: ag.u

Barnimer Feldmark

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Der Förderverein Landschaftspark Nordost e.V. wurde im November 1992 als Interessens-verband von Vereinen, Betrieben, Institutionenund Privatpersonen, die sich für die Parklandschaft Barnim engagieren, gegründet.Wir sprachen mit dem Vorsitzenden Bernd Lichtenstein. Foto: privat

Was sind die Ziele desFördervereins?

Wir wollen uns beiallen Planungen, diedie Parklandschaftbetreffen, einmischen

und als Partner einbezogen werden. Dabei geht es um den Interessensausgleich zwischenNaturschutz, Landwirtschaft, regionaler Wirt-schaftsentwicklung und Erholung. Der Vereinführt auch praktische Arbeiten durch, wiePflanz- und Pflegeaktionen mit Bürgern, Festefür Kinder und Familien, Infostände und Führun-gen. Auf regelmäßigen Rundgängen passtunsere ehrenamtliche Naturwacht darauf auf,dass kein Müll abgekippt wird und dass Hunde-besitzer ihre Vierbeiner nicht frei herumlaufenlassen, wo sie wildlebende Tiere und Weidetiereerschrecken.

Was ist die Parklandschaft Barnim?

Früher nannten wir uns Landschaftspark Nord-ost. Den Namen „Parklandschaft Barnim” gibt eserst seit 1994. Er bezeichnet besser, worum es geht: Nicht um einen klassischen Park, son-dern um eine immerhin 1.400 ha große Kultur-landschaft in den Bezirken Weißensee undHohenschönhausen, die durch landwirtschaft-liche Nutzung entstanden ist und nun zu einerattraktiven Erholungslandschaft gemachtwerden soll, ohne ihren typischen Charakter zuverlieren. Heute verstehen wir uns als BerlinerTeil des Regionalparks Barnimer Feldmark.

Fühlen Sie sich von der Regionalpark-Ideevereinnahmt?

Überhaupt nicht. Wir sehen das als Unterstüt-zung unserer Arbeit. Mit dem Regionalpark-Ge-danken ist endlich auch in den BrandenburgerGemeinden etwas in Gang gekommen. DieZusammenarbeit über die Ländergrenze hinweghat sich deutlich verbessert. Wir kooperierensehr gut mit dem Verein Regionalpark BarnimerFeldmark in Blumberg und unterstützen unsgegenseitig. Der ist ja so etwas wie unser„Schwesterverein” auf Brandenburger Seite.

Engagieren Sie sich nur für Landschaftspflegeund Naturschutz?

Nein. Uns geht es um die Erhaltung der Gesamt-region durch eine nachhaltige Nutzung. Seit1998 arbeiten wir zum Beispiel daran, das alteGutsarbeiterhaus in Falkenberg zu restaurieren.Das verfallene, denkmalgeschützte Haus mussmühsam Stück für Stück repariert werden. DieIngenieurinnen des Vereins BAUFACHFRAUBerlin haben uns dabei nach Kräften unterstützt.Wenn das Haus fertig ist, soll es einmal Infor-mations- und Begegnungsstätte für unseren Verein und den Regionalpark sein. Mit diesemProjekt haben wir ein kulturgeschichtlich einzig-artiges Gebäude vor dem Verfall gerettet. Dochohne Fördermittel des Arbeitsamtes, der Deut-schen Stiftung Denkmalschutz und des Landes-denkmalamtes wäre das Vorhaben undenkbar.

Das klingt alles nach sehr viel Arbeit.Haben Sie im Vereinsleben auch ein bisschenSpaß?

Der gehört zur ehrenamtlichen Arbeit schondazu. Das Storchenfest der NaturschutzstationMalchow beispielsweise hat im letzten Jahrimmerhin 1000 Besucher angelockt.

Wie sehr davon alle Beteiligten profitieren kön-nen, erweist sich immer wieder in der alltägli-chen Praxis. Auf besonders reges Interesse stießder vor dem Lindencenter in Hohenschön-hausen aufgebaute Bauernmarkt. Eine Woche lang konnten sich die Konsumenten aus erster Hand über die landschaftlichen Schönheiten,die regionalen Erzeugnisse und das touristischeAngebot informieren und sich direkt von derQualität der Produkte überzeugen. Das Bezirks-amt hatte den Bauernmarkt vor demstädtischen Einkaufszentrum im Rahmen derBarnimer Landtage 1998 organisiert. Danachbekundeten viele Landwirte ihr Interesse, ausdem Bauernmarkt eine wöchentliche Einrich-

wenn alles klappt, mit dem E-Mobil über dieLandwege der Barnimer Feldmark schnurren.Prototypen der an Luxus-Golfcars erinnerndenFahrzeuge werden bereits getestet. Bei max.25 km/h Höchstgeschwindigkeit reicht eineAkku-Füllung rund 100 km weit.

Vorreiter der RegionalentwicklungDie Vielzahl der in Angriff genommenen Pro-jekte, das besondere Engagement der örtlichenAkteure, das auf die beiden Trägervereine, ört-liche Initiativen oder besonders engagierte Ein-zelpersonen zurück geht, machen die BarnimerFeldmark in punkto Regionalpark-Entwicklungzum Vorreiter aller Regionalparks.

Interview

Mit Spaß dabei

Die behutsame Restauration des Lennéparks in Blumberg, die Rekonstruktion

des Landarbeiterhauses in Falkenberg und die Instandsetzung der alten

Natursteinmauer des Lindenberger Friedhofs stehen als Beispiele für viele

Bau- und Gartendenkmäler, die vor dem Verfall bewahrt wurden.

Ohne die Unterstützungdurch ABM-Kräfte hättenviele Wegebau- undPflanzmaßnahmen nichtrealisiert werden können.Foto: RP BFM

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Etwa ein Drittel des 300 km2 großen Regional-parks sind durch ausge-schilderte Wander- undRadwege erschlossen.Die Feldmark ist auch perE-Mobil zu erkunden,auszuleihen in der Euro-päischen Heimvolkshoch-schule in Helenenau, imFlairhotel „Am Lenné-Park“ in Blumberg, beimCountry-Camping inTiefensee.Foto unten: ag.uFoto rechts: RP BFM

rechts: Landwirte derFeldmark vermarkten ihreProdukte direkt aufBauernmärkten wie hierin Hohenschönhausen.

Wegebau und Land-schaftspflege zwischenSeefeld und Blumberg im Rahmen eines ABM-Projekts.Fotos: RP BFM

erhalten. Die behutsame Restauration desLenné-Parks in Blumberg, die Rekonstruktiondes Landarbeiterhauses in Falkenberg und dieInstandsetzung der alten Natursteinmauer des Lindenberger Friedhofs stehen als Beispielefür viele Bau- und Gartendenkmäler, die vordem weiteren Verfall bewahrt wurden.

Visionen zum AnfassenUnabdingbar für erfolgreiche Regionalentwick-lung ist die Öffentlichkeitsarbeit. Beide Vereinekümmern sich intensiv darum. Neben zahl-reichen Faltblättern und Broschüren erschien1998 ein umfassendes Buch mit dem Titel„Visionen zum Anfassen – Der RegionalparkBarnimer Feldmark“. Petra Rietzschel als Auto-rin und Herausgeberin hat hier viele infor-mative, spannende und unterhaltsame Detailsüber die Region, ihre Menschen und ihre Ortezusammengetragen. Selbst gebürtige Barnimerdürften beim Lesen viel Neues über die facet-tenreiche Geschichte und kleinen Geschichtenihrer Heimat erfahren. Wie z.B. dieses:„Als König Friedrich I. eines Tages die 1671erbaute Kirche von Altlandsberg besuchte, fielihm eine abseits von den übrigen Bänkenstehende Sitzbank auf. Auf seine Nachfrageerklärte man ihm, dass dies die ,Arme-Sünder-Bank‘ sei, auf der während des Gottesdienstesdiejenigen sitzen mussten, die durch ihreLebensweise Anstoß erregten. Daraufhin ließ sich der König auf der Bank nieder mit denWorten: ,Ach, arme Sünder sind wir alle!‘Am darauffolgenden Sonntag war die ,Arme-Sünder-Bank‘ verschwunden. Ein Platz, auf demder Preußenkönig gesessen hatte, konnteunmöglich als Strafbank dienen.“

tung zu machen. Mit dem Bekanntheitsgradder Barnimer Feldmark als Erzeugerregionsteigt die Chance, ihren regionalen Produktenauch im Supermarkt einen Konkurrenzvorteilzu verschaffen.Der Wiedererkennung und besseren Vermark-tung regionaler Produkte dient das Marken-zeichen „Der Feldmärker“, das sich der VereinRegionalpark Barnimer Feldmark patentierenließ. Bisher wird mit diesem Label zwar nur für den Kräuterlikör eines bekannten Spirituo-senherstellers aus dem Hellersdorfer OrtsteilKaulsdorf geworben. Künftig sollen jedochmöglichst viele Waren und Dienstleistungenaus dem Regionalpark unter dem Markenzei-chen firmieren.„Der Name ‚Barnimer Feldmark‘soll sich einprägen”, so Torsten Jeran,„vielleichtwird er dann irgendwann einmal so bekannt,wie der Spreewald.“Eines der zahlreichen ABM-Projekte im Regio-nalpark Barnimer Feldmark geht auf dieInitiative der Bundestagsabgeordneten PetraBierwirth und des Arbeitsamtes zurück. ImProjekt „Landwirtschaft im Umbruch – Regionim Aufwind“ fanden 100 Personen, vor allemArbeitslose aus der Landwirtschaft, erst einmalwieder Beschäftigung. In diesem und inählichen ABM-Projekten wurden Landschafts-pflege- und Wegebauarbeiten durchgeführt,die ohne die ABM-Kräfte meist nicht umgesetztworden wären.So wurden an unzähligen Stellen im Regional-park Alleebäume und Feldhecken gepflanzt,Feldsölle und Gräben renaturiert und alteWegetrassen freigelegt. Zu den Zielen der imRegionalpark tätigen Initiativen gehört nebender Landschaftspflege auch, Kulturgüter zu

Barnimer Feldmark

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Auch die Umweltbildung wird großgeschrie-ben im Regionalpark. Die NaturschutzstationMalchow widmet sich besonders den Kindernund Jugendlichen und bietet ihnen einen spielerischen Zugang zur Natur. Das Pflanzenvon Obstbäumen, Beobachten von Tieren infreier Wildbahn, die Pflege von Nutztieren unddie Mitarbeit beispielsweise beim Amphibien-schutz ermöglichen gerade Großstädternintensive Naturerfahrungen.Die Stationen halten aber auch für ErwachseneWeiterbildungsmöglichkeiten bereit. DamitUmweltbildung auch Spaß macht, werden re-gelmäßig Feste gefeiert: Unter anderem garan-

tieren Storchenfest, Wiesenfest und Hüttenfestfür den „Fun-Faktor“ bei der Umweltpädagogik.

Die Mittel zum ZweckDer Umgang mit der Barnimer Landschaft ist inBerlin zwangsläufig ein anderer, als in denBrandenburger Gemeinden. Die harte Stadt-kante, die durch das direkte Aufeinandertreffenvon offenem Landschaftsraum und hochver-dichteten Großsiedlungen am Rand vonHohenschönhausen, Hellersdorf und Marzahngebildet wird, ist ein besonderes Charakteristi-kum der Region. Die Bewohner der Großsied-lungen wollen sich vor allem in der vor der

Torsten Jeran ist Vorsitzender des VereinsRegionalpark Barnimer Feldmark e.V.Sie sind seit Jahren in der Region aktiv. DenVerein Regionalpark Barnimer Feldmark gibtes aber erst seit 1996. Was haben Sie vorhergemacht?

Ich war Regionalreferent des FörderwerksLand- und Forstwirtschaft, einem Träger fürArbeitsbeschaffungsmaßnahmen im BereichLandschaftspflege / Naturschutz. Wir verfolg-ten damals ähnliche Ziele wie der Regional-parkverein heute, allerdings ohne eine über-greifende Gesamtkonzeption, wie sie der Regionalpark darstellt. Das Interesse der Ge-meinden an unserer Arbeit hat durch den Re-gionalpark zugenommen. Wir kooperieren jetztauch stärker mit unseren Partnern in Berlin.

Wie würden Sie die Ziele des Vereins definieren?

Gemeinsam mit der Land- und Forstwirtschaftwollen wir die Kulturlandschaft erhalten. Wirwollen dazu beitragen, dass sich in der Barni-mer Feldmark eine tragfähige Wirtschaftsstruk-tur entwickelt, die nicht in erster Linie aufFlächenverbrauch und neue Gewerbegebietegegründet ist, sondern auf einen nachhaltigenUmgang mit Landschaft. Die Feldmark soll bes-

ser für die Naherholung erschlossen werden.Wertvolle Landschaftsteile sollen geschütztund gepflegt, Feldfluren wieder vielfältigergestaltet werden. Schließlich arbeiten wirdaran, die regionale Identität zu stärken. Nurwenn uns das gelingt, werden wir auf langeSicht erfolgreich sein.

Was wurde in den vier Jahren, die der Regio-nalparkverein besteht, erreicht?

Die Zusammenarbeit zwischen den Gemeindenwurde erheblich verbessert. Der Regionalparkals gemeinsames, verbindendes Ziel hat esleichter gemacht, die Gemeinden an einenTisch zu bekommen. In unserem Verein sindmittlerweile 12 Kommunen Mitglied.Was die konkreten Projekte angeht, sind wirzunächst das drängendste Problem angegan-gen und haben die Instandsetzung vonWander- und Fahradwegen weiter vorange-trieben. Es gibt in der Feldmark ein dichtesNetz von Feldwegen. Die sind aber teilweisezugewachsen, manchmal sogar untergepflügt.Die Wegedecken sind zum Teil in katastropha-lem Zustand; keine Freude für Radfahrer. MitHilfe von ABM-Kräften haben wir schätzungs-weise 20 km Wege neu hergerichtet. Ein Dritteldes ca. 30.000 Hektar großen Regionalparks ist

Interview

Gespräch mit Torsten Jeraninzwischen mit ge-kennzeichnetenWegen erschlossen.Im Rahmen einesWegeleitsystemswurden Haupt- undlokale Wanderwege

markiert und mit Wegweisern und Infotafelnausgestattet. An markanten Punkten undWegekreuzungen haben wir Rundbänke aufge-stellt und Rastmöglichkeiten geschaffen.

Auf dem 4. Landschaftstag in Hohenschön-hausen waren ungefähr 200 Teilnehmer.Haben Sie eine so große Resonanz erwartet?

Die Landschaftstage haben erfreulicherweisejedes Jahr mehr Teilnehmer. Für mich ist abernicht nur die Zahl ausschlaggebend. Viel wich-tiger finde ich, wer da zusammenkommt. Dassind nämlich nicht nur die Ehrenamtlichen ausNaturschutz und Landschaftspflege, sondernviele Leute aus den Verwaltungen, viele Kom-munalpolitiker wie Bürgermeister, Abgeordnetedes Kreis- oder Landtages, Tourismusfachleute,örtliche Gewerbetreibende und Landwirte.Dass der Regionalpark-Gedanke eine so breiteBasis gefunden hat, macht mich für die Zukunftoptimistisch. Foto: privat

Die Feldsteinkirchen mär-kischer Dörfer gehören zumreichen Kulturerbe Bran-denburgs. Viele sind inzwi-schen liebevoll restauriert,manche vereinigen Baustileaus mehreren Jahrhun-derten in ihren Gemäuern.Die Abbildung zeigt dieKirche in Hönow, Märkisch-Oderland.Foto: Wita

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Haustür liegenden Feldmark aktiv erholen, sodass hier andere Konzepte gefragt sind, als imrelativ dünn besiedelten Brandenburg.Das Land Berlin hat sich mit dem Flächennut-zungsplan und dem Landschaftsprogramm dasZiel gesetzt, im mit Erholungsflächen unter-versorgten Nordosten der Stadt den 4. großenNaherholungsraum zu schaffen, der die gleicheFunktion erfüllen soll wie Tegeler und Span-dauer Forst im Nordwesten, der Grunewald imSüdwesten oder das Köpenicker Wald- undSeengebiet im Südosten der Stadt. Der land-schaftliche Charakter der Feldmark soll dabeierhalten bleiben, seine Qualität als Erholungs-landschaft aber deutlich verbessert werden.Insbesondere das Grünflächenamt des BezirksHohenschönhausen engagiert sich durcheigene Beiträge für die Entwicklung der Park-landschaft Barnim. Wegen der knappen Kassenstehen im Berliner Landeshaushalt jedochkeine Investitionsmittel für den vierten Naher-holungsraum zur Verfügung. Die Bezirke sinddabei, sich andere Finanzierungsquellen zuerschließen. Immer wichtiger wird es, sich umFördermittel der EU zu bemühen – und diesnicht nur im Berliner Teil des Barnim.

Zum Ausgleich was NeuesWer Natur und Landschaft zerstört, muss Aus-gleich oder Ersatz leisten. So steht es im Natur-schutzgesetz. Als ein derartiger Ausgleichwurde beispielsweise die Parkanlage „NeueWiesen“ angelegt. Die moderne Landschafts-

architektur mitten in der Barnimer Feldland-schaft bei Karow-Nord ist das Ergebnis eineslandschaftsplanerischen Wettbewerbs. Auch für den Gutspark Falkenberg liegt ein Wettbe-werbsergebnis vor; ein Wettbewerb für dieWartenberger Feldmark ist in Vorbereitung.Kunstobjekte wie die Landmarke in der War-tenberger Feldmark und moderne Landschafts-architektur, die gestalterische Akzente in derFeldmark setzt, verdeutlichen: Die MalchowerAue mit dem Malchower See, die Falkenbergerund Wartenberger Feldmark sind auf bestemWege, zum Typus einer neuen stadtnahenmärkischen Kulturlandschaft zu werden. DasProjekt der „Parklandschaft Barnim“ nimmtGestalt an und erhält einen eigenen Charakter.

Landschaftsideal FeldmarkMöglicherweise sind solche punktuellen künst-lerischen „Interventionen“ auch im stadtfer-neren Bereich der Barnimer Feldmark notwen-dig. Sie könnten in der oft bis zum Horizontreichenden Feldflur markante Akzente setzen,dem in der Weite der großen Schläge umher-schweifenden Auge einen Halt bieten.Die meisten Menschen haben eine andereIdealvorstellung von einer landwirtschaftlichgeprägten Kulturlandschaft: überschaubare,von freiwachsenden Hecken gegliederte Felder,ein paar Bäume und Feldgehölze, dazu Alleenund Gräben. Ab und zu schlängelt sich ein Bach durch die Landschaft, hie und da liegt ein kleiner Pfuhl. Dörfer erkennt man schonvon weitem an ihren charakteristischen Kirch-türmen. Obstgärten am Dorfrand bilden einen harmonischen Übergang zur Feldflur.

Weithin sichtbar markie-ren die Stelen der Land-marke in der Warten-berger Feldmark einenbeliebten Treffpunkt. Hierverbringen Jugendlicheim Sommer gern auch maleine Nacht am Lagerfeuer.Foto: FLNO

Barnimer Feldmark

Altes bewahren undNeues schaffen: MärkischeDörfer wie Birkholzmachen den Reiz derRegion aus.Der Park „Neue Wiesen“setzt mit moderner Land-schaftsarchitektur Akzen-te in der Feldmark. (Fotounten)Fotos: ag.u

„Die Pflege alter Kulturgüter gehört dazu, wenn man den typischen Charakter

der Parklandschaft Barnim bewahren will.“

bernd lichtenstein, Vorsitzender des Fördervereins Landschaftspark Nordost

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Dieses Bild bäuerlicher Kulturlandschaft hatjedoch wenig gemein mit den großen maschi-nengerechten Schlägen der Barnimer Feld-mark. Hier liegt die Schwierigkeit: Die Feldmarkmuss den Übergang von der ausgeräumtenAgrarlandschaft zur attraktiven Erholungsland-schaft mit vielfältig gegliedertem Landschafts-bild bewältigen. Das kann nur in der Zusam-menarbeit der Aktiven vor Ort mit Landwirten,Naturschützern und Landschaftspflegern ge-lingen.

Dabei wird die Landwirtschaft auch in Zukunftdie größte Rolle bei der Erhaltung der BarnimerKulturlandschaft spielen. Die Akzente werdensich jedoch von der intensiven Produktion zurLandschaftspflege hin verschieben. In derBörnicker Feldflur bei Bernau, im WesendahlerObstbaugebiet oder in den Feldfluren umHirschfelde und Buchholz ist schon heute er-kenn- und erlebbar, wie das Ergebnis solcherZusammenarbeit aussehen kann.Hier ist die Feldmark durch kleinere Wald-stücke, Baumreihen und Alleen sowie die ver-bliebenen Obstgärten gegliedert. Mehrere der zahlreichen Feldsölle wurden renaturiertund bepflanzt und werden in absehbarer Zeitwieder stärker das Landschaftsbild prägen. DasWesendahler Obstbaugebiet am Ostrand des Regionalparks und die dem Waldmanteldes Strausberger Wald- und Seengebietsvorgelagerten Feldfluren um Hirschfelde undBuchholz weisen eine aufgelockerte Strukturauf, die durch ein Zusammenspiel von Acker-flur, Dorflage, Gärten am Dorfrand, Waldrand,Alleen und Obstplantagen entsteht.

Eine Landschaft, die entdeckt werden willUm den landschaftlichen Reiz der BarnimerFeldmark voll zur Geltung kommen zu lassen,muss im Regionalpark noch in vielen Bereichen„Landschaftsaufbau“ betrieben werden. Dererste, beim schnellen Durchqueren der Regionauf der Autobahn oder einer der großenDurchgangsstraßen gewonnene Eindruck istallerdings nur ein oberflächlicher, meist unter-wegs entstanden auf dem Weg zum Oderbruchoder zur Märkischen Schweiz, den land-schaftlichen Highlights des östlichen Branden-burg. Man muss sich schon die Mühe machen,anzuhalten und genauer hinzuschauen, um dieSchönheit der Region zu entdecken.

Daten und Fakten

Einwohnerzahl Stand 1999: ca. 71.000 Bewohner

Landkreis / Amt / Einwohner Bevölkerungs-Gemeinde zahl (1999) dichte EW./km2

L A N D K R E I S B A R N I M ...........................................................................................Amt WerneuchenWerneuchen 3.401 171Weesow 220 20Willmersdorf 287 22Seefeld 1.665 95Krummensee 307 32Hirschfelde 296 17Schönfeld 396 22Tiefensee 259 26...........................................................................................amtsfreiBernau 24.254 440...........................................................................................Amt PanketalBörnicke 419 32Schwanebeck 3.974 310...........................................................................................Amt Ahrensfelde/BlumbergAhrensfelde 3.142 445Blumberg 2.159 83Eiche 1.690 366Mehrow 492 52Lindenberg 1.486 141

Landkreis / Amt / Einwohner Bevölkerungs-Gemeinde zahl (1999) dichte EW./km2

L A N D K R E I S M Ä R K I S C H - O D E R L A N D...........................................................................................Amt AltlandsbergAltlandsberg 4.470 84Wesendahl 366 31Buchholz 174 23Bruchmühle 1.396 563...........................................................................................amtsfreiNeuenhagen bei Berlin 13.993 715...........................................................................................Amt HoppegartenHönow 4.895 366...........................................................................................Amt Falkenberg-HöheBeiersdorf 372 24Brunow 196 20Freudenberg 280 30Heckelberg 669 26

In der eher wasserarmenRegion bilden die wenigen größeren Seenwie der Haussee beiHönow beliebte Anzie-hungspunkte.Die „Neuen Wiesen“ stel-len eine Attraktion ande-rer Art dar: Wie ein vorAnker liegendes Schiffliegt diese „gestylte“ Parkanlage mitten in derFeldmark bei Karow (Berlin-Weißensee).Fotos: ag.u

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Erreichbarkeitaus Berliner Innenstadt

Linie und TaktU nach Hönow, Takt 10 Min.S nach Bernau, Takt 20 Min.S nach Strausberg, Takt 20 Min.S nach Ahrensfelde, Takt 10 Min.S nach Wartenberg, Takt 20 minRE nach Bernau, Takt 120 Min.RB nach Tiefensee, Takt 60 Min.RB nach Strausberg, Takt 60 Min.

Fahrtdauerab Berlin-FriedrichstraßeHönow: ca. 40 Min.Bernau: ca. 40 Min.Blumberg: ca. 45 Min.Wartenberg: ca. 35 Min.

AnsprechpartnerRegionalpark BarnimerFeldmark e.V.,Herr Torsten JeranMittelstr.3, 16356 BlumbergTel: (033394) 536 10Fax: (033394) 536 15e-mail: [email protected]

Förderverein Landschafts-park e.V.Herr Bernd LichtensteinDorfstr. 4 B, Haus ATel/Fax: (030) 924 40 03

Ortskern

Siedlungsgebiet

Wald

See

Verbindungsstraße

Bundesstraße

Autobahn

Bahnstrecke

U-Bahn

S-Bahnhof

Regional-Bahnhof

R- + S-Bahnhof

0 2 4 6 8

Kilometer

Tourismus– Lennépark in Blumberg– Europäische Heimvolks-hochschule mit Waldpark,benachbartem Reiterhof undÜbernachtungsmöglichkeitenHelenenauer Weg 3,16321 Börnicke OT HelenauTel: (03338) 391 70– Der Gamengrund (sehens-werte eiszeitliche Rinne)– Feldsteinkirchen– Ein im Ausbau befindlichesRad- und Wanderwegenetz:Barnimer Feldmark Wan-derweg, Europäischer Fern-wanderweg, Theodor-Fontane-Radwanderweg,66-Seen-Wanderweg durchdie Regionalparks– Touren mit dem Elektro-mobil (2–4 Sitzer; 25km/h)durch den RegionalparkREPABA Betreibergesell-schaft mbH,Tel: (030) 54 37 61 25oder (033398) 73 42(siehe auch S. 37)

Gesamtfläche: 42.373 ha

Flächenverteilung:Landwirtschaft 63%Sonstiges 2%Wasser 1%Verkehr 5%Siedlungen 8%

Wald 21%

Barnimer Feldmark

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398 km trennen die Spreevon den Quellen in derOberlausitz bis zur Mün-dung in Berlin-Spandau.Über 50 km Flusslaufliegen im RegionalparkMüggel-Spree.Große Tränke / Müggel-spree.Foto: Arnhardt

Spreeufer bei Hangelsberg.Foto: AGM

Hof in Hartmannsdorf.Foto: AGM

„Nur wenn wir das Solidarprinzip zwischen den beteiligten Kommunen

in den Vordergrund stellen, kann eine Entwicklung zum Nutzen aller Beteiligten

im Regionalpark möglich werden.“

joachim schulze, Bürgermeister von Erkner

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Ein breites Bett, selbst gebautDie Stille der weiten Spreeaue bei Freienbrinkwird an diesem Morgen vom Heulen derMotorsägen empfindlich gestört. Kreischendfressen sich die Kettenblätter in die schlankenStämme der kanadischen Hybridpappeln. Dannbeginnen die Kronen zu zittern, das Knatternder Säge verstummt, für einen winzigenMoment schwankt der Baum zwischen Behar-ren und Fallen, doch letztlich siegt die Schwer-kraft. Krachend stürzt die fast 20 m hohePappel zu Boden.Naturschutz durch Abholzen – das klingt ersteinmal widersinnig.„Die Spreeauen als Kern-bereich des Müggel-Spree-Regionalparks wer-den damit deutlich aufgewertet“, versichert

Thomas Höhne von der Freien PlanungsgruppeBerlin, der für das Projekt verantwortlich ist,und nennt gute Gründe für die Fällungen:Da es sich nicht um einheimische Gehölze han-delt, bieten sie Tieren nur ungünstige Lebens-bedingungen, zeichnen ein monotones Land-schaftsbild und haben zudem ihre Altersgrenzeerreicht. Damit wären sie bald morsch und beimnächsten Sturm eine Gefährdung für Menschund Tier.Die rechtzeitig gefällten Bäume finden eineandere Verwendung. Im Rahmen eines interna-tionalen Jugendcamps gestalteten 15 Jugend-liche aus acht Ländern Holzskulpturen aus den Stämmen. Derart geadelt, kehren die Pap-pelstämme in die Nähe ihrer ursprünglichen

„Club“ der 18Regionalpark Müggel-Spree

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Standorte zurück: Die Kunstwerke werden als„Wegbegleiter“ des Müggel-Spree-Rundwegesdienen.Die Fällaktion ist eine von vielen Rekultivie-rungsmaßnahmen in der Müggel-Spree-Niede-rung. Zwischen der Autobahn A 10 und derStraße von Spreeau nach Hartmannsdorf sollauf einer Fläche von 870 ha in einem Zeitraumvon zehn Jahren wieder eine „Verzahnung desFlusses mit der Niederungslandschaft erreichtwerden“, so Thomas Höhne. Damit sollen dieSünden der Vergangenheit wie das Abtrennenvon Flußschleifen oder die durchgängige Ent-wässerung der Feuchtwiesen, die so genannteMelioration, wieder gut gemacht werden.„Wirwollen sowohl bei Anwohnern als auch beiBesuchern wieder den Respekt vor den Über-schwemmungsbereichen entwickeln“, unter-streicht Thomas Höhne. Acht Millionen Markaus Ausgleichsmitteln des Handelslogistik-zentrums Freienbrink stellt die Landesentwick-lungsgesellschaft Brandenburg für das Gesamt-projekt zur Verfügung. Dieses Geld wird auf-gewendet, weil beim Bau des Gewerbegebieteseine zusätzliche Fläche von 50 ha versiegeltund damit der Landschaftswasserhaushaltwesentlich beeinträchtigt wurde. Und dass dasBrandenburger Umweltministerium sich für die Spreeniederung als Kompensationsraumentschied, kommt jetzt unmittelbar dem neuenRegionalpark zugute. Schließlich ist die Müggel-Spree ja der Namengeber für dieses Projekt.Vier Altarme, deren Durchstich Anfang der 60erJahren erfolgte, werden wieder in den Lauf derSpree einbezogen, der Fluß wird sich in diesemAbschnitt durch Erosion und Sedimentationüber einen längeren Zeitraum sein Gewässer-bett selbst bauen.„Die Spree kann künftig ihreKraft wieder in die Breite des Bettes wirkenlassen und nicht mehr in die Tiefe“, erläutertThomas Höhne.Bevor die praktischen Arbeiten für die Redyna-misierung der Spree in Angriff genommenwerden können, ist bis März 2001 ein Wasser-wirtschaftlich-Ökologisches Rahmenkonzeptfür die gesamte Müggelspree zwischen demWehr Große Tränke und dem Dämritzsee zuerstellen. Es ist angesichts der bisher schonguten Ergebnisse umfassender angelegt als dieKompensationsmaßnahmen auf dem 32 kmlangen Spreeabschnitt.

Zu den ersten Ergebnissen der Kompensations-maßnahmen in der Müggelspreeniederunggehören neben den Fällarbeiten am Flussuferdas Herstellen des Biotopverbundes zwischenSpree und angeschlossenen Entwässerungs-gräben, das Pflanzen von Gehölzgruppen, Wie-dervernässungsmaßnahmen im Bereich desTriebschseemoors, ein Streuobstwiesenprojektsowie die Anlage einer Naturwaldparzelle.Doch Naturverträglichkeit kann bei einem sol-chen Projekt nicht der alleinige Maßstab sein,sind doch von der Renaturierung auch Flächenvon drei Landwirtschaftsbetrieben betroffen,die sich an die Stoffkreisläufe einer naturnahenFlussauenlandschaft anpassen müssen. Dabeisind Konflikte unvermeidlich, und deshalb setztThomas Höhne auf das Konsensprinzip zwi-schen Ämtern, Planern, Anliegern und Landwir-ten. Dieses Prinzip erfordert zwar einen hohenZeitaufwand, langen Atem und die Fähigkeitzum Kompromiss, bringt aber auch für alleBeteiligten akzeptable und sozialverträgliche

Wegzeichen der besonde-ren Art: Am Müggel-Spree-Weg kehren Pappel-stämme künstlerischbearbeitet in die Näheihres Wuchsortes zurück.Foto: AGM

Im Spreeverlauf wie hierbei Hangelsberg werdenviele der nicht einheimi-schen Hybridpappeln auslandschaftspflegerischenGründen gefällt.Fotos: AGM

„Die Region kann nur dann leben, wenn die einzelnen Gemeinden lebens- und handlungsfähig sind,

eine gesunde Wirtschaftsstruktur und genügend Einnahmen besitzen und die Infrastruktur

in Gang kommt. Das ist auch unsere Erwartung an die Planungsidee des Regionalparks Müggel-Spree ...“

heinrich jüttner, Bürgermeister Schöneiche, 1997

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Lösungen. Der Landschaftsplaner erläutert dasam Beispiel eines Milchviehbetriebes, derdurch Düngung der Flächen beim Maisanbauden Stoffhaushalt der Niederung ungünstigbeeinflusste. Nach vielen Debatten einigte mansich auf eine neue, extensive und umwelt-verträglichere Wirtschaftsweise, die Mutterkuh-haltung.Auch der seit 1990 bestehende Familienbetriebvon Dr. Joachim Lehmann hat sich auf dieextensive Mutterkuhhaltung spezialisiert undbewirtschaftet 825 ha Fläche, davon 600 haNasswiesen. Lehmann setzt daneben auf denReit- und Wassertourismus.„Diese Geschäfts-felder tragen dazu bei, dass ich den hohen Auf-wand für die Feuchtwiesen finanzieren kann“,erläutert der promovierte Landwirt und erklärt:„Ohne die Landwirtschaft, ohne Offenhaltender Wiesen, kann der Naturreichtum in derSpreeniederung nicht bewahrt werden.“

Überraschend gegensätzlichDer Effekt ist immer wieder überraschend: Voreiner guten halben Stunde musste man sichnoch durchs Menschengewimmel auf demAlexanderplatz den Weg zum Bahnhof erkämp-fen. Nun, beim Aussteigen aus dem Regional-express RE1 am Halteplatz Hangelsberg (dasWort Bahnhof wäre maßlos übertrieben), sindLärm und Hektik der Metropole Berlin tiefsteVergangenheit, ja fast unwirklich. Mit nurwenigen Schritten ist man im Tal der Löcknitz,kann Wald und Wasser pur genießen, ent-spannt sich nach und nach in der zunächstungewohnten Stille des Forstes.

In der trockenen Sprache der Landschaftspla-ner schwingt nichts davon mit, wenn innüchternen Worten festgestellt wird, dass „dienaturräumlich sehr hochwertige Ausstattungder Berliner Stadtrandlagen für einen Ballungs-raum in Europa einzigartig ist“. Grünheide, dieLöcknitz sind Teil einer solchen Stadtrandlagedes Regionalparks Müggel-Spree.

Parkentwicklung als Initiative von untenRegionalpark Müggel-Spree – unter diesemDach hatten sich zunächst 17 Gemeinden ausdem Landkreis Oder-Spree, eine aus Märkisch-Oderland und der Berliner Bezirk Köpenick als„Initiative von unten“ zusammengefunden,um „gemeinsam den Siedlungsraum zwischenFürstenwalde und Köpenick nachhaltig zu entwickeln“. So steht es in der Gründungsur-kunde des Parks von 1998.Auch dieses Regionalparkprojekt erhielt vonder gemeinsamen Landesplanungsabteilungeine Unterstützung: Sie beauftragte das Planungsbüro RAUMKONZEPT 5, eine Entwick-lungskonzeption zu erarbeiten und mit denBeteiligten abzustimmen.Die ca. 55.000 ha große Fläche des Regional-parks erstreckt sich in ost-westlicher Ausdeh-nung von Fürstenwalde über Erkner bis Berlin-Köpenick, weist als Besonderheit die Groß-räumigkeit und Unzerschnittenheit der Land-schaft auf. Charakteristisch für den Müggel-Spree-Park sind der Wald- und Seenreichtumund die starke Prägung der Oberfläche durchdie letzte Eiszeit. Weite Ebenen, flache, welligeHöhenzüge, Täler und Seen, markante End-moränen wie die Rauener Berge oder dieKranichsberge bei Woltersdorf bieten ein ab-wechslungsreiches Landschaftsbild. Der sehrhohe Waldanteil, auf Brandenburger Seite fast60%, auf Berliner Seite immer noch 50%,besteht vorrangig aus Kiefernforsten. Es gibtaber auch zunehmend Laub- und Laubmisch-wälder mit dem für sie charakteristischen,größeren Artenreichtum.Gewissermaßen die Lebensadern für diesesAreal bilden eine Vielzahl von Gewässern, vonSöllen und Rinnen, Bachläufen und Fließen bis hin zu Flüssen und Seen. Unterbrochen wirddieses Bild von weiten Feldfluren mit einge-streut dörflichen Siedlungen sowie Heiden,Trockenrasen, Mooren und der offenen Wiesen-

Unzählige Seen, Kanäleund Gräben bieten her-vorragende Möglichkeitenfür Erholung auf demWasser.Foto: AGM

Im Alten Rathaus der Stadt Fürstenwalde/Spreefiel 1997 mit der Auftakt-veranstaltung der Start-schuss zum RegionalparkMüggel-Spree. Jetzt hatsich Fürstenwalde unterdem Motto „Alte Stadt an neuen Ufern” um dieAusrichtung der Landes-gartenscha 2004/2006beworben.Foto: Arnhardt

Die naturräumlich sehrhochwertige Ausstattungder Berliner Stadtrand-lagen ist für einenBallungsraum in Europaeinzigartig.Charakteristisch für denRegionalpark Müggel-Spree sind die Großräu-migkeit und Unzerschnit-tenheit der Landschaft,ihr Wald- und Seen-reichtum und die starkePrägung der Oberflächedurch die letzte Eiszeit.

Müggel-Spree

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und Auenlandschaft in der Spreeniederungzwischen Dämeritzsee und Fürstenwalde,die letztlich dem Regionalpark den Namengab.Auch kulturgeschichtliche Spuren wie die vonden Zisterzienser Mönchen, die 1249 ein Feld-kloster in Kagel errichteten, oder von Friedrichdem Großen, der im 18. Jahrhundert seineKolonisation mit der Neugründung von Dörfern,Vorwerken und Einzelsiedlungen wie Gosen(1753), Braunsdorf, Friedrichshagen undMüggelheim (1774) fortsetzte, können vonBesuchern durchaus entdeckt werden.

Traditionelles Ausflugsgebiet für BerlinEine „Kolonisation“ anderer Art setzte Ende des19. Jh. ein, als die Berliner am Wochenende ins

Grüne zogen, vor allem nach Schöneiche,Rüdersdorf und Woltersdorf sowie zur Grünhei-der Seenkette. Eine Trumpfkarte, auf die heuteder Geschäftsführer des Fremdenverkehrs-vereins Grünheider Wald- und Seengebiet e.V.,Helmut Ortlepp, wieder setzt.„Das Gebiet umErkner ist für Berlin traditionelles Ausflugsge-biet und jeder vierte Ausflügler aus der Haupt-stadt – so eine jüngste Untersuchung – kommtzu uns“, hebt Ortlepp hervor. Seine Zuversicht,die Besucherzahlen künftig weiter erhöhen zu können, begründet er neben der guten An-bindung an den Öffentlichen Personennah-verkehr mit S-Bahn, Regionalzügen, Bus- undStraßenbahnverkehr auch mit dem neuenRegionalpark, da mit dieser Form „bestehendeKonzepte und Strukturen optimiert werdenkönnen“.Auf Berliner Seite sieht man das ähnlich. Bei-spiel Wassertourismus: Köpenick hat für seineGäste 135 km Wasserweg ausgewiesen, dochmit dem Gebiet bis zur Oder erhöht sich diesesWegenetz auf dem Wasser auf 2.000 km. So ein Angebot ist dann auch für einen Urlaubinteressant.Zu den Voraussetzungen für mehr Besucher inder Region zwischen Fürstenwalde und Köpe-nick gehören, dass der Tourist sich möglichstbequem die vielen landschaftlichen und bau-lichen Attraktionen erschließen kann, gute undaufeinander abgestimmte Angebote an Be-wegung, Erholung und Entspannung vorfindet.Dafür bedarf es jedoch Investitionen in die

Vom Werlsee bei Grünheide wird folgendeGeschichte erzählt:Einst stand ein Schloss am Ufer des Werlsees, indem eine schöne Prinzessin wohnte. Als sie insheiratsfähige Alter kam, begann die Tragödie:So viele Freier sie auch umwarben, sie lehnteJeden ab.Doch dann kam ein fremder Fürst, der – mitdem Teufel im Bunde – von Erfolg verwöhntwar. Als auch er abgewiesen wurde, traf ihn dastief und er ärgerte sich so sehr, dass er dem

Teufel seine Seele versprach, wenn dieser diePrinzessin für die Demütigung strafen würdeund sie mit samt dem Schloss im See versinkenließe.Das ließ sich der Teufel nicht zweimal sagen;doch ehe er handeln konnte, verwandelte einegute Fee, die den Pakt mit dem Fürsten be-lauscht hatte, die Prinzessin in eine Nixe.Seitdem liegt das Schloss auf dem Grunde desSees. Die Prinzessin darf nur alle 100 Jahre aufder Lindwallinsel erscheinen und auf ihre

Legende

Die Nixe im WerlseeErlösung hoffen. Sie schenkt dann dem, der ihrbegegnet, einen Ring.Jedesmal bittet sie inständig, dass der Be-schenkte doch ein Jahr lang über diese Begeg-nung schweigen möge, nur so könne sie erlöstwerden. Doch so verschwiegen die Märkerauch sein wollen, diese Geschichte konntenoch keiner ein Jahr lang für sich behalten.

Quelle: Dr. Peter Leisering; Im Müggel-Spree-Park unterwegs, Dezember 1998.

Landschaftliche Schönheit,Wald- und Wasserreichtumhaben das Gebiet desRegionalparks Müggel-Spree schon früh zu einem traditionellenAusflugsgebiet gemacht.Foto: Uhlenhut

Noch vor einer guten halben Stunde im Menschengewimmel am Alexanderplatz –

und plötzlich ist man im Tal der Löcknitz, kann Wald und Wasser pur genießen.

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Infrastruktur, müssen das gastronomischeAngebot, Beherbergung, Verkehrssicherungs-pflicht und Marketing verbessert werden.

Zum Nutzen allerWie aber soll das in Zeiten knapper Kassen vorsich gehen? Die Potenzen Einzelner, ob nunVerein, Kommune oder Unternehmen, sind aus-gereizt. Ohne Bündelung von Kräften geht esweder im Tourismus, noch in der Wirtschafts-förderung, der Siedlungs- und Verkehrsent-wicklung und dem Wohnungsbau voran, wer-den kaum neue Arbeitsplätze geschaffen.„Es istwichtig, dass wir das Solidarprinzip zwischenden beteiligten Kommunen in den Vorder-grund stellen. Nur so kann eine Entwicklungzum Nutzen aller Beteiligten möglich werden“,bestätigt der Bürgermeister von Erkner,Joachim Schulze. Als Beispiel dafür, dass soetwas funktionieren kann, nennt Schulze dieArbeit des Abwasserverbandes Erkner/Straus-berg, dem 26 Gemeinden angehören unddessen Vorsitzender er ist.„Indem wir gemein-sam geplant und investiert haben, konnten wir stabile und verträgliche Wasserpreise fürunsere Bürger erzielen.“In dieser Situation fiel das Angebot der LänderBerlin und Brandenburg, mit der Entwicklungvon Regionalparks die vorhandenen Kräfte undMittel zu bündeln, bei den kommunalen Ent-scheidungsträgern und Ämtern auf fruchtbarenBoden. Die Kommunen begannen damit, sichzusammen zu schließen und dadurch ihrGewicht gegenüber dem Land, dem Bund undder EU in Brüssel bei der Vergabe von Förder-mitteln zu stärken.Die Regionalpark-Aktivitäten der gemeinsamenLandesplanungsabteilung halfen nach Meinungvon Bürgermeister Schulze, dessen Stadt beiden Berlinern ebenso wie Schöneiche auf star-kes Ansiedlungsinteresse stößt, einer flächen-haften Zersiedelung der Landschaft rechtzeitigentgegen zu wirken.

Weg der besonderen OrteDeshalb übernahmen auch die Gemeinden beider weiteren Entwicklung des Parks die Initia-tive. Insbesondere Schöneiches BürgermeisterHeinrich Jüttner, sein Kollege in Erkner und derGrünheider Amtsdirektor Heinz Friedrichdrängten darauf, sich schnell ein arbeitsfähiges

Gremium zu schaffen. Daraus entstand diekommunale Arbeitsgemeinschaft mit ihrenneunzehn Mitgliedsgemeinden. Sie beschloss,als erstes Projekt den Müggel-Spree-Weg,einen 142 km langen Rundweg für Wandererund Radfahrer, mit Hilfe einer AB-Maßnahmezu verwirklichen.Das Konzept für den Müggel-Spree-Weg ent-wickelte das Planungsbüro „RAUMKONZEPT 5“im Rahmen seiner Entwicklungskonzeption.Dieser Rundweg reiht die besonderen Orte derRegion wie an einer Perlenschnur auf. An 30 Standorten kann sich der Tourist über lokaleAngebote, Besonderheiten und Attraktioneninformieren. Ferner wird noch auf sechs weitere,nicht direkt an der Route liegende Gemeindenaufmerksam gemacht. Der Müggel-Spree-Wegist damit das Rückgrat des Wegenetzes imRegionalpark, vom dem wie feine Nervensträn-ge Querverbindungen in andere Areale desMüggel-Spree-Parks abzweigen. Ein Vorhaben,von dem eine Initialzündung für die Gesamt-entwicklung des Parks erwartet wird.

Arbeit auf dem WegZum Träger der vom Arbeitsamt Fürstenwaldegenehmigten AB-Maßnahme, mit welcher der Wanderweg eingerichtet werden soll, be-auftragte die kommunale Arbeitsgruppe denAuen- und Gewässerschutzverein Müggelspreee.V. in Freienbrink. Der Verein war 1997 alsAnsprechpartner für Beteiligte und Betroffenedes Kompensationsvorhabens „Renaturierungder Müggelspree“ vor Ort gegründet worden.Inzwischen hat er sich u. a. mit einem „Grün

Müggel-Spree

Der gut ausgeschilderteMüggel-Spree-Weg ist das Rückgrat des Wege-netzes im Regionalpark.Foto: AGM

Will man dem Müggel-Spree-Rundweg folgen,bietet sich als StartpunktKöpenick mit seinemBarockschloss, dem Rat-haus und seinem berühm-ten Hauptmann an. DerWeg führt von dort ausweiter über Friedrichsha-gen, Schöneiche mit demkleinen Spreewald nachRüdersdorf, wo der„Museumspark Baustoff-industrie“ zu geologischenExkursionen einlädt.Weitere Stationen sindWoltersdorf, Erkner, Grün-heide, Kagel, Kienbaum,Mönchwinkel, Hangels-berg und Fürstenwalde,der östlichste Punkt des Weges. Danach folgtein Abstecher in dieRauener Berge mit Blicküber die Spreeniederung.Der Weg folgt weitestge-hend dem Lauf der Spree,berührt Braunsdorf,Markgrafpieske, Spreen-hagen, Hartmannsdorf,Neu Zittau und Gosen bis in Müggelheim wiederBerliner Territoriumerreicht wird.

Eine der schönsten SeitenBerlins: Die Stadtansichtvon Köpenick.Foto: Uhlenhut

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macht Schule“-Projekt, mit der Initiative für dieHolzskulpturen im Rahmen eines internationa-len Jugendcamps und zahlreichen gut besuch-ten Vorträgen und Informationsveranstaltun-gen in der Region einen Namen gemacht.Ab Mitte Dezember 1998 arbeiteten zunächst100 ABM-Kräfte in sechs Gruppen für die Dauereines halben Jahres, 42 Personen wurdenlänger beschäftigt. Im Jahr 2000 soll das Projektmit 10 Personen zu einem ersten Abschlussgebracht werden.Zu den Aufgaben zählen, Wegweiser für dasLeitsystem – roter Balken auf weißem Viereck– anzufertigen und aufzustellen, Schutzhütten,Bänke, Geländer und Brücken zu bauen, an derTrasse liegende Biotope zu pflegen und Aus-lichtungen am Radweg nach Fürstenwalde vor-zunehmen.

Dimension von JahrzehntenDie Fortschritte beim Müggel-Spree-Weg bele-gen die Richtigkeit einer der Grundideen desRegionalparks in der Praxis: dass Einzelperso-nen und Gruppen die Nützlichkeit des Parks fürihre eigenen Ziele erkennen müssen. Das giltinsbesondere auch für die Wirtschaft.„DerRegionalpark hat nur dann eine Zukunft, wennes uns gelingt, die Wirtschaftsunternehmen zurMitarbeit zu gewinnen“, bringt es SchöneichesBürgermeister Jüttner auf den Punkt. Nochimmer sind Skepsis und Zurückhaltung seitensder Wirtschaft und ihrer Verbände gegenüberder Regionalpark-Entwicklung nicht völliggewichen.Um dies zu überwinden, wurde ein Förderver-ein für den Regionalpark gegründet.„Der Ver-ein möchte das Bindeglied zwischen Wirtschaftund Kommunen werden“, versichert ErknersBürgermeister Joachim Schulze. Über den För-derverein könnten wirtschaftliche Leistungs-träger wie Kleinunternehmen, Landwirte, Gast-

stätten und Pensionen direkter an der Parkent-wicklung teilhaben. Amtsdirektor Heinz Frie-drich sieht als weiteren Vorzug, dass „damit auchdas Fehlen eines Mittelstand- oder Gewerbever-eins in der Region zu kompensieren wäre“.Zur Finanzierung weiterer Projekte setzt derSchöneicher Bürgermeister Heinrich Jüttner verstärkt auf Wirtschaftsförderung. SeinerMeinung nach besteht besonders auf diesemGebiet noch ein großer Nachholbedarf.Schließlich erfordert die Regionalpark-Entwick-lung ein Denken in längerfristigen Dimensionen.Darüber sind sich alle Beteiligten einig. „Zehnbis fünfzehn Jahre sind für die Entwicklungeines Parks gar nichts“, meint Helmut Ortleppvom Fremdenverkehrsverein Grünheider Wald-und Seengebiet. Tröstlich zu wissen, dass auchein so langer Weg zum Regionalpark Müggel-Spree mit den ersten Schritten beginnt. Und diekönnen sich durchaus sehen lassen.

MuseenHeimatmuseum Schöneichebei Berlin, Dorfaue 815566 Schöneiche bei BerlinTel: (030) 649 59 01

Museumspark Baustoff-industrie RüdersdorfHeinitzstr. 11,15562 Rüdersdorf,Tel: (033638) 606 33

Aussichtsturm Woltersdorf;Heimatstube Woltersdorf/Schleuse, Gerald RammRüdersdorfer Str. 10515569 WoltersdorfTel: (03362) 54 79

Gerhart-Hauptmann-MuseumGerhart-Hauptmann-Str.1-215537 Erkner,Tel: (03262) 36 63

AusstellungszentrumFürstenwalde Im Alten Rathaus, Rathausstraße15517 FürstenwaldeTel: (03361) 23 94

Museum FürstenwaldeDomstr.1, 15517 Fürsten-walde, Tel: (03361) 21 30

Heimatmuseum Mönch-winkel, Spreeauer Str. 3215528 MönchwinkelTel: (033632) 56 30

Heimatmuseum ErknerHeinrich-Heine-Str. 1615537 Erkner,Tel: (03362) 224 52

Heimatmuseum Köpenick z.Zt. Lindenstraße 5Tel: 6501 62 20

Historisches Sudhaus, ÄltesteBrauerei Berlins, Müggelsee-damm, 12587 Berlin-KöpenickTel: 249 19 31

Museum im WasserwerkGeschichte der Berliner Wasserversorgung mit über100 Jahre alten betriebsfähi-gen Maschinen, Müggelsee-damm 307, Tel: 86 44 76 95

Wäschereimuseum Omas Waschküche mit Rari-täten aus mehreren Jahr-hunderten – jeden 1. Freitagim Monat, 15–18 UhrLuisenstr. 23, 12557 Berlin-Köpenick, Tel: 651 64 24

Wassersportmuseum Regattastraße 141Tel: 674 40 02

Heimatstube und MuseumChausseestraße 5,15518 Rauen

Daten und Fakten

Einwohnerzahl Stand 1999: ca. 89.000 Bewohner

Landkreis / Amt / Einwohner Bevölkerungs-Gemeinde zahl (1999) dichte EW./km2

L A N D K R E I S O D E R - S P R E E...........................................................................................amtsfreiFürstenwalde 34.019 482Erkner 12.160 733...........................................................................................amtsfreiSchöneiche 10.921 657Woltersdorf 6.365 698...........................................................................................Amt GrünheideGrünheide (Mark) 3.430 130Kagel 763 34Hangelsberg 1.639 40Mönchwinkel 276 40Spreeau 480 35Kienbaum 312 37...........................................................................................Amt SpreenhagenSpreenhagen 1.699 49Braunsdorf 220 8Gosen 1.159 512Hartmannsdorf 602 17Markgrafpieske 820 21Neu Zittau 1.340 105Rauen 1.812 85

L A N D K R E I S M Ä R K I S C H - O D E R L A N D...........................................................................................Amt RüdersdorfRüdersdorf 10.771 1.593

Der Müggel-Spree-Weg ist nahezu komplett aus-geschildert: 22 von 28Infotafeln stehen. Ausser-dem ist eine Wanderkartedes Regionalparks bei der mewa Menzel GmbHerschienen (Tel: (0331) 97 26 91).Foto: AGM

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AnsprechpartnerRegionalparkverein Müggel-Spree c/o Gemeinde Schön-eiche bei Berlin, BürgermeisterHerr Heinrich Jüttner,Brandenburgische Straße 40,15566 SchöneicheTel: (030) 643 304-104Fax: (030) 643 304-111

Auen- und Gewässerschutz-verein Müggelspree e.V.,HLZ/GP Freienbrink,Eichenstr. 10 / A3,15528 Spreeau,Tel./Fax: (03362) 50 17 [email protected]

TourismusKöpenick: Altstadt und Schlossmit Kunstgewerbemuseum,Rathaus.

Schöneiche: Straßenangerdorfmit Schlosskirche und Bauernhäusern; Schlossparkmit Altbaumbestand.Waldstraßenbahn zwischenFriedrichshagen und Rüders-

dorf, kleiner Spreewaldpark,Kunst und Kulturgießerei

Woltersdorf:Schleuse von1557 als älteste technischeAnlage des Berliner Wasser-straßennetzes, früher histori-sche Filmstadt von 1921 bis1939, 50 Filme: Das indischeGrabmahl, Der Tiger vonEschnapur; alte Straßenbahn-verbindung zwischen Rahnsdorf und Woltersdorf.

Rauen: spätgotische Feldstein-kirche, Steigerhaus „Glück auf“

Grünheide: Kirche, altesKöhlerhaus, Parkanlage mitSchlösschen

Gosen:1752 angelegter Kreuz-anger mit Kirche, Kolonisten-häuser

Fürstenwalde:Stadtmauer-reste, Bullenturm, Dom,Denkmalkomplex „AltesBischofschloss“, Stadtpark

Ortskern

Siedlungsgebiet

Wald

See

Verbindungsstraße

Bundesstraße

Autobahn

Bahnstrecke

Strassenbahn

S-Bahnhof

Regional-Bahnhof

R- + S-Bahnhof

0 2 4 6 8

Kilometer

Gesamtfläche: 44.914 ha

Flächenverteilung:Landwirtschaft 22%Sonstiges 4%Wasser 3%Verkehr 4%Siedlungen 8%

Wald 59%

Müggel-Spree

Erreichbarkeitaus der Berliner Innenstadt

Linie und TaktS nach Erkner, Takt 20 Min.RE nach Erkner / Fürsten-walde, Takt 30 Min.

Fahrtdauerab Berlin-FriedrichstraßeErkner: ca. 25–45 Min.Fürstenwalde: ca. 45 Min.

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Weiß leuchten die Hoch-häuser der Gropiusstadt inder Sonne. Unmittelbarvor ihrer Haustür beginntdie offene Landschaft. Dieharte Stadtkante isttypisch für den Regional-park.Foto: Wita

Kirche in GroßziethenFoto: Wita

Fluch oder Segen? DerAusbau des FlughafensSchönefeld birgt Chancen und Risiken.Foto: KTVD

Die Entwicklung der Landschaft und die Förderung der regionalen

Wirtschaft könnte den in der Nähe des Flughafens beheimateten

Gemeinden den entscheidenden Impuls geben, im Zusammenschluß

eine neue Standortqualität zu erlangen.

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Südöstlich von Berlin, zwischen den Siedlungs-achsen, die sich entlang der BahnstreckenBerlin-Königs Wusterhausen-Cottbus sowieBerlin-Rangsdorf-Dresden erstrecken, liegt derEntwicklungsraum für den Regionalpark „Flutgrabenaue“. Er erstreckt sich von Buckowund Rudow über Großziethen und Schönefeldüber den Berliner Ring hinweg bis nach KönigsWusterhausen im Süden und zu den Waldge-meinden Eichwalde, Schulzendorf und Wildauim Osten.Die Stadtkante ist hier besonders deutlich zuerkennen. Von Berlin kommend leuchten erst noch überall die weißen Wohnblocks derGropiusstadt in der Sonne. Dann endet dasGroßstadtgetümmel unvermittelt, nimmt der

Verkehr merklich ab, fährt man durch flaches,spärlich besiedeltes Land.Unweit der Straße können Spaziergänger soetwas wie Weite,„Wildnis“ und Einsamkeitempfinden. Nichts deutet hier auf die Nähe desFlughafens hin. Nur zu Zeiten der jährlich aufdem Flughafen Schönefeld stattfindendenInternationalen Luftfahrtausstellung (ILA) kannman hier abseits des normalen Flugbetriebeshin und wieder Piloten bei ihren waghalsigenTrainingsflügen für die Flugvorführungenbeobachten.Die Region befindet sich im Wartestand. Wegender erwarteten Fughafenentwicklung, des Aus-baus Schönefelds zum Großflughafen Berlin-Brandenburg International, und der bekannten,

Warten auf ...Regionalpark Flutgrabenaue

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damit verbundenen Probleme, ist in Bezug aufden geplanten Regionalpark vorerst Abwartenangesagt. Wie gebannt „starrt“ das „Kaninchen“Regionalpark auf die „Schlange“ Flughafen:Solange sie sich nicht rührt, bewegt sich auchdas Kaninchen nicht.Die Region verfügt aber unabhängig davon,wann der Großflughafen kommt, über entwick-lungsfähige Potenziale und landschaftlicheSchönheit. An kaum einer anderen Stelle lässtsich der abrupte Übergang dichtbebauterstädtischer Quartiere in eine offene Feldflur sodeutlich ausmachen wie zwischen der Groß-siedlung Gropiusstadt in Berlin und dem be-nachbarten Amt Großziethen in Brandenburg.

Durch Gräben vernetztDie übergangslose Stadtkante zwischen weit-läufiger Feldflur und dicht bebauter Stadt-grenze ist besonders für den westlichen Teildes Entwicklungsraumes Regionalpark Flutgra-benaue charakteristisch. Im Ortsteil Bohnsdorfdes Bezirks Treptow zieht sich die Feldland-schaft bis ins Stadtgebiet hinein. Ihr kommtdamit für die angrenzenden dichtbesiedeltenStadtquartiere eine bedeutende klimatischeAusgleichsfunktion zu.Im Südwesten erlauben die Höhen der „Kienit-zer Berge“ einen weiten Blick über das Landund stellen einen reizvollen Kontrast zu denflachen Feldfluren im Westen dar.Die Feldflur selbst wird von der Wiesenniede-rung des Rudower Fließes, das über Groß-ziethen nach Süden verläuft, und von der Flut-grabenaue unterbrochen. Im Osten des Regio-

nalparks beginnen Wälder, an die sich dasSeengebiet der Dahme anschließt.Der Flutgraben, namengebendes Landschafts-element des Regionalparks, entspringt beiWaßmannsdorf und fließt mit seinem weitläu-figen System von Fließen und Gräben durchdie Gemeinden Kiekebusch und Schulzendorf.Bei Zeuthen mündet er in den Zeuthener See.Die Flutgrabenaue ist landschaftlich besonderswertvoll, weil das unverbaute Grabensystemviele unterschiedliche Biotopformen miteinan-der vernetzt. Erlenbrüche, Feuchtwiesen, Brach-land, Mischwälder und extensiv bewirtschaf-tetes Weideland werden durch das Fließge-wässersystem des Flutgrabens untereinanderverbunden. Zugleich ist die FlutgrabenaueLebensraum für seltene und bedrohte Pflanzenund Tierarten wie beispielsweise die Wasser-feder, Kamm- und Fadenmolche. Die Uferzonenbestehen größtenteils aus „unausgetauschten“Böden. Das heißt, an ihnen wurden keinemenschlichen Eingriffe zur Bewirtschaftungoder Torfgewinnung vorgenommen – eineSeltenheit in den von Menschenhand gestalte-ten Kulturlandschaften in Großstadtnähe.In Schulzendorf verläuft der Flutgraben knappeinen halben Kilometer durch das 1998 fest-gesetzte, 290 ha große Naturschutzgebiet „Wal-tersdorfer Flutgrabenaue“ und über 3 km durchein ökologisch besonders wertvolles Gebiet.

Feldsteinkirchen, alte Eichen, Flieger undLokomotivenWeitläufigkeit und geringe Steigungen machendie Region für Radler und Wanderer sowie zumReiten und Drachen-steigen-lassen besondersattraktiv. Zwischen den einzelnen Gemeindenbestehen schon jetzt gute Wander- und Rad-wegeverbindungen.

Die Gemeinde Eichwaldeentstand erst vor unge-fähr 120 Jahren als „GutRadeland im Eichenwald“und entwickelte sichspäter vor allem zu einemWohnvorort der Metro-pole Berlin. Sehenswertsind die 300-jährigeFriedenseiche, der 1912erbaute Wasserturm unddie St. Antoniuskirche von1913. In Wildau stellt dieunter Denkmalschutzstehende Arbeitersied-lung der ehemaligenLokomotivenfabrikSchwarzkopff eine beson-dere Attraktion dar.Die Gemeinde Zeuthengeht auf einen slawischenUrsprung im 7./8. Jh. zu-rück und wurde im 19. Jh.mit der Kolonie Rauch-fangswerder in größeremMaßstab besiedelt.Sehenswert sind die Feld-steinkirche aus dem13./14. Jh, die Villa Herzogvon 1910 sowie dasursprünglich als Schuleerrichtete Rathaus von1901. Der Zeuthener Seelädt zu einer Bootsfahrt,zum Baden oder zumVerweilen an seinenkühlen Ufern ein.In Königs Wusterhausensind unter anderem dasKindheitsschloss desspäteren SoldatenkönigsWilhelm I. sowie ein Funk-technik-Museum zubewundern, um nur eineAuswahl der touristischenAngebote zu nennen.

Lage im Berlin-Branden-burger „Grenzgebiet“:Der Zeuthener See gehörtan seinem Ostufer zuBerlin, das Westufer liegtin Brandenburg.Foto: KTVD

An kaum einer anderen Stelle lässt sich der abrupte Übergang dichtbebauter

städtischer Quartiere in eine offene Feldflur so deutlich ausmachen wie

zwischen der Großsiedlung Gropiusstadt in Berlin und dem benachbarten

Amt Großziethen in Brandenburg.

Schloss Königs Wuster-hausen entstand Ende des 17. Jahrhunderts nach dem Umbau einer altenRitterburg. Es zählte zu den Lieblingsorten despreußischen Soldaten-königs Friedrich Wilhelm I.Schon sein Sohn, Friedrich der Große, ließ das Gebäu-de ab 1740 verfallen. DasSchloss soll ein Museumwerden.Foto: KTVD

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Bei Schmöckwitz beginnend verläuft ein Teildes Fontane-Wanderwegs im Entwicklungs-raum des Regionalparks Flutgrabenaue.Für Flugbegeisterte hat das offene Feld und die Nähe zum Flughafen Schönefeld ebenfallsseinen besonderen Reiz, da es von hier ausmöglich ist, in offener Natur das Fluggesche-hen zu beobachten.Die Gemeinden im Osten des Entwicklungsrau-mes verfügen über einen ganz anderen Cha-rakter. Sie sind stärker von Wald und Wassergeprägt.Zum Großteil sind die Zentren der alten märki-schen Straßen- und Angerdörfer mit ihremländlichen Charme erhalten geblieben, so z.B.in Alt-Schulzendorf mit seinem denkmalge-schützten Ortskern.

Aufstrebende Region?In den Gemeinden im Norden und Westen, diefür die Naherholung landschaftlich wenigerattraktiv sind, spielt die Gewerbeentwicklungeine große Rolle. Sie orientieren sich wirt-schaftlich eher nach Berlin, zum stark gewerb-lich geprägten Teltow Park oder dem wirt-schaftlichen Entwicklungsraum des künftigenGroßflughafens hin. Die Potenziale der wald-und seenreichen Gemeinden im Osten desgeplanten Regionalparks dagegen liegen vorallem in den Qualitäten als Wohnstandort und

Naherholungsgebiet. Diese Gemeinden orien-tieren sich eher nach Osten zum anschließen-den Dahme-Seengebiet und nach Berlin-Köpe-nick. Prägend ist für die Region neben demFlughafen Schönefeld auch das überregionaleEinkaufszentrum Waltersdorf.Die Haltung zum geplanten Großflughafen istin den Gemeinden keineswegs einheitlich.Viele Gemeinden in unmittelbarer Umgebungdes zukünftigen Großflughafens erhoffen sichvon ihrer Standortnähe wirtschaftliches Wachs-tum und rechnen auch mit erheblichen Geldernfür Ausgleichsmaßnahmen zur Verbesserungder Naherholung und des Naturschutzes. VomFlughafen weiter entfernte Gemeinden dage-gen befürchten durch die Flughafenansiedlungüberwiegend Nachteile für ihre Gemeinde-entwicklung. Wegen ihres ferneren Standortserwarten sie nicht, von der Wirtschaftskraft desFlughafens zu profitieren, befürchten aber,durch die zu erwartenden Lärm- und Luftver-schmutzungen stark an Attraktivität alsNaherholungsgebiet und als Wohngemeindeeinzubüßen.So haben sich 15 Kommunen zu einer Schutz-gemeinschaft „Umlandgemeinden FlughafenSchönefeld“ zusammengeschlossen. Ihr Ziel istes, den Flughafenstandort Schönefeld zu ver-hindern, stattdessen die landschaftlichen Qua-

Flutgrabenaue

Im Schulzendorfer Schloss-saal finden Konzerte,Lesungen, Vorträge undTheateraufführungenstatt.Foto: KTVD

Vom 6.–12. Juni 2000findet die fünfte Interna-tionale Luft-und Raum-fahrtausstellung in Berlin-Schönefeld statt. Die ILAist eine der größten Luft-fahrtmessen der Welt.Seit 1992 hat sich die Aus-stellungsfläche mehr alsverdoppelt. Die Schau ist ein wahrer Publikums-magnet.Foto: KTVD

Parkplatzflächen beiWaltersdorf.Foto: Wita

In Selchow steht eine vonvielen schönen märki-schen Feldsteinkirchen.Foto: Wita

Kennenlernroute:Um einen Eindruck desgesamten für die Regio-nalpark-Entwicklungvorgesehenen Gebietes zubekommen, empfiehltsich folgende Strecke:Ausgehend vom U-Bhf.Rudow geht es nach Waß-mannsdorf, über Selchowan den GroßziethenerBergen vorbei nachTollkrung, Rotberg bisnach Kiekebusch. Vonhieraus gibt es zwei alter-native Routen: Entwederman fährt links nachNorden entlang der Flut-grabenaue, folgt diesernach Schulzendorf undbiegt schließlich linksnach Eichwalde ab, umzum S-Bhf. Eichwalde zugelangen.Oder man folgt der Straßevon Kiekebusch weitergeradeaus unter derAutobahn hindurch nachFalkenhorst. Kurz hinterFalkenhorst in Miersdorfbiegt man rechts nachWildau, Hoherlehme abund gelangt dann zumBahnanschluß in KönigsWusterhausen.

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litäten der Region zu bewahren und die wirt-schaftliche Entwicklung zum Naherholungsge-biet zu stärken.Ein Zusammenschluss wie eine Keimzelle füreinen künftigen Regionalpark, jedenfalls abereine Basis für Kooperation zwischen den be-teiligten Kommunen – auch wenn sie zunächsteinmal ein anderes Ziel verfolgen.

Belastungen und AusgleichUnbestritten wird der Ausbau des FlughafensSchönefeld gravierende Eingriffe in die Land-schaft und den Naturhaushalt nach sich ziehen.Gleichzeitig sind mit dem Ausbau aber auchGelder für Kompensationsmaßnahmen inbeträchtlicher Höhe verbunden, die gezielt fürgebündelte Ausgleichsmaßnahmen und dieEntwicklung eines Regionalparks eingesetztwerden könnten.Die für Kompensationsmaßnahmen bereit zustellenden Gelder will auch der im benachbar-ten Regionalpark Teltow agierende Land-schaftspflegeverein Teltow-Fläming nutzen.Die Gemeinde Rangsdorf im Regionalpark Tel-tow soll zum Radwegekreuz werden, das einegute Verbindung zur Flutgrabenaue ermögli-chen würde.Für Schutz und Pflege der Natur im Regional-park Flutgrabenaue sowie deren Erschließungzu Erholungszwecken setzen sich auch derNaturschutzbund (NABU) in Eichwalde und der Kultur- und Tourismusverband Dahmeland e.V. ein.

Die Entwicklung der Landschaft und die För-derung der regionalen Wirtschaft könnte denin der Nähe des Flughafens beheimatetenGemeinden den entscheidenden Impuls ge-ben, im Zusammenschluß eine neue Standort-qualität zu erlangen.

Feste feiern, Lokalkolorit erlebbar machenUngeachtet der geschilderten Problemewurden erste Maßnahmen zur Aufwertung desNaturerlebens geplant und umgesetzt. DieGemeinde Eichwalde will seit langem in Zu-sammenarbeit mit der NachbargemeindeSchulzendorf den Triftgraben bis zum Flutgra-ben durch Wegebau erlebbar machen.In Schulzendorf wird einmal jährlich ein Um-welttag veranstaltet. Für das Jahr 2000 ist eineAusstellung über die in der Flutgrabenaue be-heimateten Tiere und Pflanzen geplant.Die Gemeinde Zeuthen gibt einen ausführ-lichen Kultur- und Freizeitkalender heraus, dervon Konzerten in der Dorfkirche bis zumtraditionellen Fischerfest vielerlei Angebote fürBewohner und Besucher bereit hält.An solche und ähnliche Aktivitäten könnte an-geknüpft werden, um ein gemeinsames Kon-zept für Freizeit und Tourismus für die Regionzu entwickeln. So zeigt sich beispielsweise der Tourismusverband Dahmeland e.V. zuneh-mend an der Regionalpark-Idee interessiert.

Aufgrund der früherenRieselfeldnutzung durch-ziehen viele Gräben denRegionalpark. Sie gliedernund beleben die Land-schaft.Foto: Uhlenhut

Angeln ist überall einbeliebtes Hobby. DerLandesanglerverband hatden Umwelt- und Natur-schutz als Zweck in seineVereinssatzung aufge-nommen. Verantwor-tungsbewußte Anglerlassen das Auto möglichststehen und kommen zu Fuß, hinterlassen kei-nen Müll, verzichten aufs „wilde” Campen undFeuermachen.Foto: KTVD

Blick über die Baustelledes Klärwerks in Waß-mannsdorf in RichtungBerlin (Foto ganz oben).Foto: Wita

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Ortskern

Siedlungsgebiet

Wald

See

Verbindungsstraße

Bundesstraße

Autobahn

Bahnstrecke

S-Bahnhof

Regional-Bahnhof

R- + S-Bahnhof

Erreichbarkeitaus der Berliner Innenstadt

Linie und TaktS / RE nach Königs Wuster-hausen: Takt 20 / 120 Min.S / RE nach BlankenfeldeTakt 20 / 60 Min.RE nach Zossen:Takt 60 Min.

Fahrtdauer ab Berlin-FriedrichstraßeKönigs Wusterhausen:ca. 50 min/35 Min.Blankenfelde: ca. 35 Min.Zossen: ca. 45 Min.

TourismusBuckow: altes Straßendorfslawischen Ursprungs, Feld-steinkirche aus dem 13. Jh.

Eichwalde: ursprünglich „GutRadeland“ mitten im Eichen-wald, seit 1893 eine Land-gemeinde, an der Stelle desehem. Gutshofes steht heutedie St. Antoniuskirche von1913; Wasserturm von 1912

Schulzendorf: denkmalge-schützter mittelalterlicherDorfkern

Wildau: Arbeitersiedlung derehemaligen Lokomotiven-fabrik Schwartzkopf, Natur-schutzgebiet „Höllengrund“

Zeuthen: altes slawischesDorf, rechteckige Feldstein-kirche in Miersdorf 13./ 14.Jh., Herzog Villa (1910)

Königs Wusterhausen:Heimatmuseum, Sender-und Funktechnikmuseum,Schleuse in Neue Mühle,Jagdschloss Friedrich Wilhelm I.

MuseenHeimat Museum Königs WusterhausenÖffnungszeiten:November– März:Mo–Fr 10–16 UhrApril–Oktober:Di–Sa 10–16 Uhr

Sender- und Funktechnik-museumÖffnungszeiten:Di / Do 9–15.30 UhrSa / So 13–17 Uhr

0 2 4 6 8

Kilometer

Flutgrabenaue

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S-Bahn-Brücke über denTeltow-KanalFotos: Wita

Aus der Vogelperspektivewerden die tafelförmigenBecken der Rieselfeld-landschaft erkennbar Foto: Knauer

Wanderer, Radfahrer und Reiter können im Teltow Park noch stundenlang

die weite, kaum hügelige Landschaft durchstreifen, ohne dass ihr Weg von Werkshallen

abgeschnitten wird oder sie sich gegenseitig behindern.

Das Industriezeitalter hatdie Landschaft des TeltowParks stark geprägt.Heute drängen Gewerbe-und Dienstleistungs-betriebe in die Region.Fotos: Wita

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Markt der MöglichkeitenEs ist ein nasskalter Sonnabendvormittag inHeinersdorf, einer kleinen Gemeinde am süd-lichen Stadtrand Berlins unweit der B 101. DieVerkäufer hinter den Ständen mit Brot, Butter,Käse, Honig, Obst, Korb- und Tonwaren, Texti-lien und CDs haben sich in Wattejacken ein-gemummelt. Zu Hause wäre es jetzt bestimmtgemütlicher. Doch der Markt in Heinersdorf istTradition und findet sommers wie winters statt,egal wie das Wetter ist. Die Käufer schlendernmit ihren Regenschirmen an den Marktständenentlang. Ob sie schon mal etwas vom BegriffRegionalpark gehört haben? Ob sie wissen,dass Heinersdorf zum Teltow Park gehört?wollen wir wissen.„Teltow Park“? Davon hab’

ich noch nichts gehört“, war die überwiegendeAntwort und es schwingt so etwas mit wie„schon wieder so eine neumodische Idee?“ und„was hab ich damit zu tun?“.Es ist noch viel zu tun, nicht nur, um gute Kon-zepte für den Regionalpark zu entwickeln und umzusetzen. Sondern auch, um die Ideeeines Regionalparks mit seinen vielfältigenEntwicklungsmöglichkeiten hier erst einmal indie Köpfe und Herzen der Menschen zu brin-gen. Zu erreichen, dass sie sich darunter über-haupt etwas vorstellen können – und dannnoch ihre Zustimmung zu bekommen.Noch lockt den Unkundigen nirgendwo einHinweisschild zu dem bunten Treiben auf demMarkt in Heinersdorf. Als Einheimischer weiß

Ruhe und GewühlRegionalpark Teltow Park

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man einfach Bescheid. Es muss sich offenbarlohnen, bei Wind und Wetter hierher zu kom-men und die großen Supermärkte im nahege-legenen Teltow oder im Süden von Tempelhof,Steglitz und Zehlendorf links liegen zu lassen.Wie mag es hier erst aussehen an einem schö-nen Frühlingstag, wenn die grauen, gespen-stisch wirkenden ehemaligen Grenzerkasernengegenüber abgerissen sein werden, wenn eshier einen Spielplatz und einen befestigtenRadweg gibt, der auch mal einen Regengussaushält, wenn eine Hinweistafel auf Rad- oderWanderwege aufmerksam macht, die durchden Teltow Park entlang kulturhistorischer Se-henswürdigkeiten führen? Bisher ist das nochZukunftsmusik.

Früchtecocktails auf FernreiseDabei liegen jede Menge Pläne für den TeltowPark nicht nur in der Schublade; Befürworterder Idee entwickelten bereits vielfältige Aktivi-täten. Wie Jürgen Muschinsky. Er hat 1993,damals war er Bürgermeister in Rangsdorf, den„Verein für Landschaftspflege und Umwelt-schutz Teltow-Fläming“ mitbegründet undspäter innerhalb des Landschaftspflegevereinsden Fachbeirat Teltow Park ins Leben gerufen.Darin sind alle jene vertreten, die an der

Zukunft des Teltow Parks ein Interesse haben:Vertreter der Förster, Landschaftsplaner, derBerliner Stadtgüter, Gaststätten- und Hotel-besitzer, Landwirte, engagierte Bürger.„Wirmüssen das Reizvolle unserer Landschaft sicht-bar machen“, sagt Jürgen Muschinsky „und inkleinen überschaubaren Landschaftsräumenleben, arbeiten und Erholung finden. Warum istes für einen Früchtecocktail-Hersteller aus demNachbarort günstiger, seine Konserven inHamburg zu vermarkten, als hier vor Ort?Warum fahren die Berliner mit dem Auto hun-derte von Kilometern in den Urlaub und über-sehen die Schönheit der Landschaft vor derHaustür?“ Fragen, von denen Muschinsky hofft,dass sie in Zukunft eine neue Antwort finden.

Der Mix macht’sNach dem Fall der Mauer stieß das Gebiet imSüden Berlins um Kleinmachnow und Teltowauf das höchste Ansiedlungsinteresse in Bran-denburg überhaupt. Häuslebauer drängtengenauso hierher, wie Industriebetriebe undGewerbe. Die gute Verkehrsanbindung, dieNähe zur Metropole Berlin, der unmittelbareAnschluss an die guten und teuren Wohnlagenim Südwesten der Stadt, der Mix aus alten,dörflichen Gemeinden, neuen Wohnparks, In-dustrie, Gewerbe und Landwirtschaft, mitbrachliegenden Rieselfeldern, kulturhistori-schen Sehenswürdigkeiten, Reiterhöfen underhaltenswerten Alleen sind ganz offensichtlichattraktiv.Den modernen Ruf der Region prägen ebensoein Instandsetzungswerk für Flugzeug-triebwerke wie auch ein Triebwerkhersteller in Dahlewitz. Auf dem 30.000 Quadratmeter-Gelände des „Green-Park“ haben sich 70 mittel-ständische Unternehmen angesiedelt und1.300 Arbeitsplätze geschaffen. Erst ein Drittelder Fläche ist bebaut, neue Investoren findennoch genügend Platz.Wanderer, Radfahrer und Reiter können imTeltow Park noch stundenlang die weite, kaumhügelige Landschaft durchstreifen, ohne dassihre Wege von Werkshallen abgeschnittenwerden, oder dass sie sich selbst gegenseitigbehindern müssten.Wegen des hohen Ansiedlungsinteresses be-steht die Notwendigkeit, diesen Charakter desGebietes zu schützen: Vor unkontrolliertem,

Die Regionalbahn hältstündlich in Teltow-Stadtam nagelneuen Bahn-steig. 2003, spätestens2004 wird die S-Bahn bishierher fahren. Nach Blan-kenfelde fährt sie heuteschon wieder. Vom Bahn-hof Zoo bis Rangsdorfbraucht die Regionalbahneine gute halbe Stunde.Übrigens ist zur Berufsver-kehrszeit auf dieserStrecke kaum ein Sitzplatzzu bekommen. Offenbarsind schon viele Autofah-rer auf die Bahn umge-stiegen. Im Frühjahr 1999ging auch der S-BahnhofLichterfelde-Süd wieder inBetrieb, der als Ausgangs-punkt für ausgiebigeRadtouren im Teltow Parkdienen kann. Der 185erBus fährt direkt vom Wit-tenbergplatz ebenfalls bisan den Stadtrand.Foto: Wita

„Wir wollen das Reizvolleunserer Landschaft sichtbar machen und inkleinen überschaubarenLandschaftsräumen leben,arbeiten und Erholungfinden.“Jürgen Muschinsky, Verein für Landschaftspflege und Umweltschutz Teltow-FlämingFoto: LPV-TF

Neue Siedlungsflächenerschließen, ohne daslandschaftliche „Kapital“zu verspielen – ein Zielder RegionalparksFoto: Wita

Auch der Teltow Park ist kein starres Gebilde

mit einem Zaun drumherum oder unverrückbar festgelegten

Grenzen. Wer mitmachen will, ist gern gesehen.

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nicht bedarfsgerechtem Wohnungs- und Indu-strieneubau auf der grünen Wiese zum Beispiel,der immer auch Straßenneubau und Verkehrs-zuwachs nach sich zieht.

Mitmachen ist gern gesehenDer Entwicklung des Teltow Parks stehen un-zählige Möglichkeiten offen – jedenfalls,wenn es gelingt, den Regionalpark von untengemeinsam mit den betreffenden Kommunenentstehen und wachsen zu lassen.Rund 20 Gemeinden wollen beim Teltow-Parkmitreden. Verständlicherweise hat jedeGemeinde ihre eigenen Vorstellungen, setzt dieeigenen Prioritäten und weiß meist zuerst,wogegen sie ist („Nordumfahrung Nein“,„Groß-flughafen – Nein Danke!“). Viel schwieriger istoft das „Wofür“ zu definieren. Und noch vielschwieriger, sich mit Nachbargemeinden abzu-stimmen, einen Konsens für gemeinsame Zieleund Projekte zu erreichen.Wie alle Regionalparks ist auch der Teltow Parkkein starres Gebilde mit einem Zaun drumhe-rum oder unverrückbar festgelegten Grenzen.Wer mitmachen will, ist gern gesehen. Wer an-dere Probleme hat und sich zurückzieht, stößtvielleicht später wieder dazu. Das Engagementfür den Regionalpark ist keine Pflichtveranstal-tung und kein planerisches Gängelband, son-dern kann nur das Ergebnis aktiver, lebendigerund freiwilliger Mitarbeit der hier lebendenMenschen sein.

Im Zentrum der EntwicklungRangsdorf liegt zwar streng genommen nichtinnerhalb des Regionalpark-Gebietes, doch hierhat der Verein für Landschaftspflege und Um-weltschutz Teltow-Fläming, eine der tragendenSäulen des Regionalpark-Gedankens in derRegion, seinen Sitz.Der Rangsdorfer Bürgermeister Peter Gleichsieht in der Regionalpark-Entwicklung eineerfolgversprechende Perspektive. Das Interessean einem Zusammenwirken und gemeinsamenHandeln sei vor allem bei den Gemeinden rund um das Naturschutzgebiet RangsdorferSee groß. Man setzt auf den Tourismus, vorallem Wandern, Rad fahren und Reiten. Dazusoll ein überregionales Rad- und Wanderwege-konzept entwickelt und umgesetzt werden –z.B. einmal rund um den Rangsdorfer See. „Wir

müssen gemeinsam planen, die schönstenPunkte untereinander verbinden, Sichtachsenin die verschiedenen Himmelsrichtungen und Aussichtspunkte auf den See schaffen, bei-spielsweise vom Glienicker Weinberg. Gemein-sam mit dem Tourismusverband Teltow-Flä-ming und -Potsdam werden wir unser touristi-sches Angebot vermarkten.“Peter Gleich ist es dabei ziemlich gleich, obRangsdorf und die anderen interessierten Ge-meinden einmal zum Teltow Park oder zumRegionalpark Flutgrabenaue gehören – oderals Verbindungsstück zwischen den beiden Re-gionalparks fungieren.„Rangsdorf ist ein Stern-punkt in alle Richtungen“, sagt er und verweistauf den Regionalbahnhof und das Rad- undWanderwegekreuz.„Die Nordanbindung nachDahlewitz und Blankenfelde ist bereits fertig“,berichtet Gleich,„der Zustand der Anbindungnach Süden, Richtung Zossen, muss verbessert

Teltow Park

Der Nymphensee beiRangsdorf ist in kaum einer Karte verzeichnet.Die ehemaligeTongrubeverbreitet eine märchen-hafte Stimmung.Foto: LPV-TF

Nudower KiesteicheFoto: Wita

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werden.“ Richtung Osten ist der NachbarkreisDahme-Spree mit der Stadt Mittenwaldeerreicht, im Westen geht es bis Jühnsdorf.„Vondort müssen wir noch die Lücke nach Ludwigs-felde schließen.“ Zusammen mit dem Frem-denverkehrsverband Teltow-Fläming wurdendie Radrouten ausgeschildert, so dass jederRadfahrer sein Ziel problemlos erreichen dürf-te, meint der Bürgermeister.

Wie bei MutternDie Konzeption des Rad- und Wanderwegenet-zes im Teltow Park als Kernstück der Regional-park-Entwicklung und der Naherholung wurdevon der Deutschen Bundesstiftung Umweltgefördert – als eines von fünf Modellprojektenfür regionale, umweltfreundliche Wirtschafts-kreisläufe in den neuen Bundesländern. 283Wege und Straßen nahmen die Mitarbeiter desBüros Natur&Text Brandenburg dafür unter dieLupe. Unzählige Gespräche mit Behörden,Fachleuten, Naturschützern kamen hinzu, umökologische Tabu-Zonen, attraktive denkmal-geschützte Gebäude und unspektakuläre, abersehenswerte Besonderheiten und versteckteParkanlagen ausfindig zu machen.Der Teltow Park verfügt zwar bereits über eindichtes Wegenetz. Viele Wege sind jedochunbefestigt oder mit Feldsteinen gepflastert,also nicht als Radweg geeignet. Im Frühjahr1997 lag das Radwege-Konzept vor, dasvorhandene Wege einbezieht und den fahrrad-tauglichen Aus- oder Neubau vorsieht. DieHauptrouten beginnen und enden ausnahms-los an Bushaltestellen, S-Bahn- oder Regional-bahnhöfen und tragen schon einen Namen:Sputendorfer Rieselfelderweg, DiedersdorferHeideweg, Stadt-Land-Weg und Teltow-Nuthe-Weg. Sie führen durch eine abwechslungsrei-che Landschaft vorbei an Industriedenkmälern,zum Beispiel aus der Zeit der Rieselfeld-Nut-zung, vorbei an historischen Zeugnissen, zumBeispiel von der siegreichen Schlacht gegenNapoleon 1813 bei Großbeeren, oder vorbei amehemaligen Gutshaus Schloss Diedersdorf. Aufdem Weg liegen zahlreiche Gaststätten, wo„gekocht wird wie bei Muttern“. Zwischen denauch für motorisierte Ausflügler erschlossenentouristischen Ausflugszentren führen die Fahr-radrouten durch manches Gebiet, wo Fuchsund Hase sich Gute Nacht sagen.

Der Charme der RegionRuhe und Gewühl liegen im Regionalpark dichtbeieinander – das ist der Charme des TeltowParks. Er wird sich mit jedem neuen fertiggestellten Kilometer des insgesamt 100 bis 150 Kilometer langen geplanten Radwegenetzmehr und mehr entfalten können. Bisher sindzwar erst wenige Kilometer zwischen Groß-beeren und Genshagen sowie zwischenDiedersdorf und Blankenfelde fertig. Doch gutDing will Weile haben: Um die Interessen allerBeteiligten unter einen Hut zu bringen, brauchtman einen langen Atem. Bürgerinitiativen,Naturschützer, Grundstückseigentümer, Ge-meinde- und Landräte, alle wollen ihre jeweili-gen Interessen berücksichtigt sehen, sich ingemeinsamen Projekten wiederfinden. Und derLandschaftspflegeverein hat weder das Geld,noch das Personal, noch die Kompetenzen,den Plan auf eigene Faust umzusetzen. JürgenMuschinsky ficht das nicht an. Getreu demMotto „was gut ist, setzt sich durch“ hält erunbeirrt an seiner Vision vom Teltow Park fest.

Sieht in der Regionalpark-Entwicklung eine erfolg-versprechende Perspek-tive: der RangsdorferBürgermeister Peter GleichFoto: LPV-TF

Die Kombination vonStrandbad und Biergartenam Rangsdorfer See isteine Besonderheit, auf die die Rangsdorfer stolzsind.Foto: LPV-TF

Sperrwerk am Nuthe-GrabenFoto: Wita

Das Engagement für den Regionalpark kann

nur das Ergebnis aktiver, lebendiger und freiwilliger

Auseinandersetzung von Land und Leuten sein.

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Wasser marsch zu ehemaligen Rieselfeldern ...Das kleine „Revier“ von Markus Mohn liegt zwi-schen Großbeeren und der Bahnlinie nachLudwigsfelde. Es ist Teil der ehemaligen Riesel-felder, die in den 80er Jahren des 19. Jahrhun-derts die Fäkalienabfuhr in Berlin abgelöst hat-ten. Seit Mitte der 90er Jahre, als Markus MohnZivildienstleistender beim Verein für Land-schaftspflege und Umweltschutz Teltow-Flä-ming war, interessiert sich der Student derLandschaftsplanung besonders für dieses Ge-biet. Fragt man ihn danach, was aus den Riesel-feldern werden könnte, sprudeln die Ideen nurso aus ihm heraus.Von den bis 1930 angelegten Rieselfeldernwerden heute nur noch wenige Hektar für dieVerrieselung von mechanisch-biologisch ge-reinigtem Klärwasser genutzt. Im Teltow Parkliegen die Rieselfelder brach, sind jedoch einLandschaft prägendes Element geblieben:rechteckige, aneinanderliegende so genannteTafeln – von Gräben und Wällen abgegrenzte,beckenartige Flächen –, in denen die Natursich jetzt selbst überlassen ist.Bei Großbeeren stehen inzwischen solcheTafeln unter Denkmalschutz. Das dazugehörigeStandrohr, früher eine Art Überdruckventil,ragt weithin sichtbar aus der Landschaft her-aus. Unmittelbar daneben steht ein von Windund Wetter gezeichneter Bauwagen. Genau andieser Stelle beginnt einer der beiden schonfertig gestellten kurzen Radwege. Bis zurStraße, die von Großbeeren nach Neubeerenführt, sind es nur wenige hundert Meter aus-gefahrener Sandweg. Hier sollen einmal dieAusflügler von der Hauptroute abbiegen undsich zu diesem Industriedenkmal „verirren“.Die Radfahrer können eine zu Schauzweckenmit Wasser gefüllte Tafel besichtigen und

erleben, wie die Rieselfelder gut einhundertJahre lang funktionierten. Das Wasser müsstevom Klärwerk in Wassmannsdorf hierher ge-leitet werden, sagt Markus Mohn.

... oder Wasserski über Kunststofffolien?Die Gemeindeväter von Großbeeren, berichteter erfreut, sind diesem Vorhaben durchauszugeneigt. Während dies noch geprüft wird,verfolgt der Verein für Landschaftspflege und Umweltschutz schon wieder weiterge-hende Pläne: In ein paar Jahren, wenn dasinnerstädtische Klärwerk in Berlin-Falkenberggeschlossen wird und Wassmannsdorf dessenFunktion mit übernimmt, würde die Ab-wassermenge ausreichen, um weite Flächenehemaliger Rieselfelder im Teltow Park zureaktivieren.Sie könnten durch Berieselung dauerhaftfeucht gehalten werden. Regionale Wasser-kreisläufe könnten dadurch wieder hergestelltwerden, Rastplätze für Wasser- und Watvögelwürden entstehen. Markus Mohn weiß aberauch, dass solche Gedankenspiele in Kon-kurrenz zu ganz anderen Überlegungen undVorhaben stehen. So verfolgt die WasserskiGroßbeeren GmbH die kühne Idee, ganz in derNähe für drei Millionen Mark ein Wasserski-und Badeparadies aus dem Boden zu stamp-fen. Dazu soll ein vier Hektar großer künstlicherSee ausgehoben werden, dessen Grund miteiner Kunststofffolie ausgekleidet wird. Bis zuzwanzig Wasserski-Fahrer sollen sich auf einem1.000 Meter langen Umlaufkurs ausprobierenkönnen. Ein anderer Investor will ein Stück derRieselfelder auf der anderen Seite der Bahnliniefür eine Neun-Loch-Golfanlage nutzen. Aller-dings hat es im Land Brandenburg vielesolcher oder ähnlicher Vorhaben gegeben, dienie realisiert wurden.

Teltow Park

Das weit sichtbareStandrohr der Rieselfelderbei Sputendorf wurdezum technischen Denkmalerklärt.Foto: Schöbel

rechtes Bild: Vorstands-sitzung des Landschafts-pflegevereins Teltow-FlämingFoto: LPV-TF

linkes Bild: Schleuse KleinmachnowFoto: Wita

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Direktvermarktung im SchlossSchon Mitte der 90er Jahre verfolgte der Vereinfür Landschaftspflege und UmweltschutzTeltow-Fläming das Konzept eines fest etab-lierten Bauernmarktes, wie er auch in anderenRegionen typischer Bestandteil des Regional-park-Konzeptes ist.Doch ganz so einfach war das nicht. Der ersteVersuch, den Bauernmarkt regelmäßig in

Diedersdorf einzurichten, war nicht so erfolg-reich.„Vielen Bauern waren die Wege zu lang,oder sie hatten sich schon ihre eigenenVermarktungswege, die bis nach Berlin reichen,aufgebaut. Die anderen machten nicht denerhofften Umsatz“, resümiert Jürgen Musch-insky. Man verabschiedete sich von der Ideeeines zentralen Bauernmarktes: Viele kleinereerwiesen sich als das erfolgreichere Rezept.Heute existieren solche kleineren Standorte fürDirektvermarktung in Diedersdorf im Schloss,in Dahlewitz, Rangsdorf, Blankenfelde undGroßbeeren.

Liebe zur Natur weckenFür den Landschaftspflegeverein spielt die Zu-sammenarbeit mit Kindertagesstätten undSchulen eine herausragende Rolle. Vorzeige-projekt ist das vom Vereinsvorsitzenden, demRevierförster Stephan Parsiegla, ins Lebengerufene „Waldhaus Blankenfelde“. Kein Haus,sondern eine „Rucksackwaldschule“. Zwarbemüht man sich darum, das Gebäude desehemaligen Munitionsdepots in Blankenfeldevom Bundesvermögensamt zu erwerben, bis-her liegt aber noch kein Kaufangebot vor. Manist flexibel und trifft sich draußen mit Lehrernund Schülern: Die Waldschule findet immergerade dort statt, wo es etwas Interessantes zuentdecken und zu vermitteln gibt. JedesHalbjahr legt das „Waldhaus“ ein neues Veran-staltungsprogramm mit Försterwanderungen,Waldrallyes, Müllpicknicks, ornithologischenExkursionen und diversen Projekttagen fürKinder und Erzieher gleichermaßen vor. Nichtohne Stolz bilanziert Stephan Parsiegla imAbschlussbericht für das Jahr 1999 des „Wald-hauses“ 194 Veranstaltungen mit 4.532 Be-suchern. Die Zahlen sind in den letzten Jahrenstetig gestiegen. Als der sieben Kilometer langeNaturlehrpfad „Blankenfelder See“ eröffnetwurde, würdigte die örtliche Prominenz vomDahlewitzer Bürgermeister bis zum Oberförsterdie Arbeit des „Waldhauses“ und dankten denehrenamtlichen Helfern. Ohne deren Engage-ment würde das „Waldhaus Blankenfelde“ nichtfort bestehen.Viele Ideen wurden im Teltow Park zur Aufwer-tung der Kulturlandschaft bereits entwickelt.Solange es aber zu wenig Akteure gibt, umdiese Ideen umzusetzen, bleiben es nur Ideen.

Daten und Fakten

Einwohnerzahl Stand 1999: ca. 91.000 Bewohner

Landkreis / Amt / Einwohner Bevölkerungs-Gemeinde zahl (1999) dichte EW./km2

L A N D K R E I S P OT S D A M...........................................................................................AmtsfreiKleinmachnow 14.162 1.189Stadt Teltow 16.823 781...........................................................................................Amt RehbrückePhilippsthal 180 89Nudow 334 40Saarmund 1.472 115Fahlhorst 119 26...........................................................................................Amt StahnsdorfStahnsdorf 8.468 609Güterfelde 1.569 85Schenkenhorst 449 62Sputendorf 563 59

Landkreis / Amt / Einwohner Bevölkerungs-Gemeinde zahl (1999) dichte EW./km2

L A N D K R E I S T E LTO W - F L Ä M I G...........................................................................................AmtsfreiLudwigsfelde 22.857 255...........................................................................................Amt Blankenfelde/MahlowMahlow 7.799 524Blankenfelde 9.606 783Diedersdorf 710 65Jühnsdorf 270 24...........................................................................................Amt Ludwigsfelde-LandGroßbeeren 4.939 121Ahrensdorf 666 87

Umweltbildung wirdgroßgeschrieben:Bei der Wanderung mitRevierförster StephanParsiegla kann Natur undTechnik bestaunt werden.Foto: LPV-TF

rechts: Die Bäkemühle inKleinmachnowFoto: Wita

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Erreichbarkeitaus der Berliner Innenstadt

Linie und TaktS / RE nach BlankenfeldeTakt 20 / 60 Min.RE LudwigsfeldeTakt 60 Min.

Fahrtdauerab Berlin-FriedrichstraßeBlankenfelde: ca. 35 Min.Ludwigsfelde: ca. 40 Min.

Museumsstube imGedenkturm, Dorfstr. 12,14979 GroßbeerenTel: (033701) 305

Museum der StadtLudwigsfelde, Rathausstr. 58,14974 LudwigsfeldeTel: (03378) 80 49 99Öffnungszeiten: Di, Do–So

Bauernmuseum Dorfstr.4, 14959 BlankenseeTel: (033731) 800 11Öffnungszeiten: Mi–So

Ortskern

Siedlungsgebiet

Wald

See

Verbindungsstraße

Bundesstraße

Autobahn

Bahnstrecke

S-Bahnhof

Regional-Bahnhof

R- + S-Bahnhof

0 2 4 6 8

Kilometer

Gesamtfläche: 29.759 ha

Flächenverteilung:Landwirtschaft 54%Sonstiges 2%Wasser 2%Verkehr 7%Siedlungen 13%

Wald 22%

Teltow Park

AnsprechpartnerFachbeirat des Landschafts-pflegevereins Teltow-FlämingHerr MuschinskyErlenweg 1, 15834 RangsdorfTel: (033708) 208 21 Fax: (033708) 225 29

Tourismus– Geplantes oder bereits vor-handenes Radwegenetz:Sputendorfer Rieselfelderweg,Diedersdorfer Heideweg,Stadt-Land-Weg und Teltow-Nuthe-Weg– Zahlreiche als Denkmalgeschützte Industrieanlagen

MuseenHeimatstube (Kleinmachnow)Zehlendorfer Damm 10014532 KleinmachnowTel: (033203) 220 68

Heimatmuseum Stadt Teltow K.-Niederkirchner-Str. 5D14513 TeltowTel: (03328) 474 120Öffnungszeiten: Sonntag

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Auch eine schöne Aussicht:Die Glienicker Brücke vomFlugzeug aus gesehen.Sie verbindet Potsdam undBerlin in unmittelbarerNähe von Schloss undJagdschloss Glienicke undin Sichtweise des SchlossesBabelsberg. Nördlich derBrücke verbreitert sich die Havel zum Jungfernsee.Foto: Uhlenhut

Belvedere (schöne Aus-sicht): Deutlich zu erken-nen die Sichtachse vombzw. zum Flatowturm imPark BabelsbergFoto: Münch

„Mit dem Brückenschlagüber die Wublitz ist es unsin relativ kurzer Zeitgelungen, die Gemeindendes Havelforums engermiteinander zu verknüp-fen.” Werner Große, Bürger-meister und Amtsdirektorvon WerderFoto: Solmsdorf

„Wenn wir die Kulturlandschaft an den Havelseen in den Grundstrukturen

wieder errichten wollen, dann geht das nur gemeinsam.“

werner große, Bürgermeister und Amtsdirektor von Werder

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Ein Netz von Belvederes in historischerLandschaftWas der großartige Landschaftsgestalter PeterJoseph Lenné an Gärten und Parkanlagen imenglischen Landschaftsstil in und um Potsdamangelegt hat, gehört größtenteils zum heu-tigen Weltkulturerbe der UNESCO. Dies ist abernur das Sahnehäubchen im Vergleich zu dem,was ein anderer Landschaftsgestalter anmarkanten Spuren in dieser Region hinterließ.Die letzte Eiszeit bewegte Milliarden Kubik-meter an Erde und Kies, transportierte tonnen-schwere Findlinge über Tausende von Kilo-metern, modellierte Platten und Niederungen,grub Senken für Flüsse und Seen, hob Inselnempor, formte an den Ufern spitze Hörner und

geschwungene Buchten, schuf sanfte Hügelund steil ansteigende Kuppen. Die so entstan-dene Landschaft wurde geschätzt und dankbarangenommen, von den ersten Ansiedlungen invorchristlicher Zeit bis heute.Das von diesen gewaltigen Kräften Geschaffenewar stetigen Veränderungen durch den Men-schen unterzogen. Vor allem seit Mitte des 17. Jahrhunderts ließ der preußische Adel hierResidenzen, Jagd- und Lustschlösser errichten.Berühmte Baumeister wie Schinkel und Stülerschufen im Auftrag der preußischen KönigeSchlösser, Herrenhäuser und Kirchen. PeterJoseph Lenné stand ihnen mit seinem 1833entworfenen „Verschönerungsplan der Umge-bung von Potsdam“ mit dem südlichsten Ort

Schöne AussichtenRegionalpark Potsdamer Havelseen

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Petzow auf der Landzunge zwischen Schwie-lowsee und dem Glindower See nicht nach. Erwählte bei seinen Planungen zwischen derPfaueninsel und Ferch die Havel mit den vielenSeen als Zentrum, da vom Wasser aus Uferpar-tien und Höhenrücken eindrucksvoller wahr-genommen werden können.

Rasante VeränderungenDie in den letzten 300 Jahren entstandene ein-zigartige Park- und Schlosslandschaft der preu-ßischen Adelsherren und Könige in Potsdam,

Caputh, Marquardt, Petzow und Paretz, dieheute als Potsdamer Kulturlandschaft bezeich-net wird, sah sich nach der Wende einemrasanten Strukturwandel ausgesetzt. Ursachendafür waren der Wegfall von Arbeitsplätzen inLandwirtschaft und Industrie und eine erste,oft überzogene Baueuphorie der Kommunen,die Einkaufszentren, Gewerbeparks, Golfplätzeund Spaßbäder – möglichst auf der „grünen“Wiese – errichten wollten. Auch der verstärkteZuzug – vorwiegend aus Berlin – in die RegionHavelseen und der durch den Einigungsver-

Die größte Attraktion des kleinen Havelstädt-chens Werder ist die Obstblüte, die alljährlichStadt und Umgebung in einen weiß und rosa blühenden Garten verwandelt. Auf Veran-lassung des Obstzüchters Wilhelm Wils wurde1879 durch den ein Jahr zuvor gegründeten„Obstbauverein zu Werder“ der Beschlussgefasst, die vierzehntägige Baumblüte und dielandschaftlich schöne Lage Werders mit seinerwasserreichen Umgebung werbewirksam zunutzen. Der Höhepunkte der Baumblüte wurdein fast allen Berliner Zeitungen bekannt gege-ben. So viele Großstädter machten sich auf denWeg, dass die Eisenbahn sich veranlasst sah,am 10., 11. und 12. Mai 1879 je einen Sonder-zug ab Berlin nach Werder verkehren zu lassen.Hauptanziehungspunkt war der Wachtelberg,auf dem auch das Werdersche Bier und eineWürstchenbude den Bedarf der Berliner Besu-cher befriedigten.Diese erste historisch belegbare Blütenfahrtfand in Berlin und Werder so viel Anklang, daßnun alljährlich Tausende per Schiff, mit derBahn, mit Kremsern, Fahrrädern und auch zuFuß zu den Blütenfesten nach Werder ström-ten, wo sie bei den Schankwirten mit Obstweinbedient wurden. Über 100.000 Berliner warenes in den besten Jahren, die die Inselstadt derMark mit ihren 8.000 Einwohnern an einemWochenende aufsuchten.

Paul Fechter beschreibt die Blütenfahrt nachWerder:„Morgens in aller Herrgottsfrühe geht es los;denn die Dampfer nach Werder fahren früh ...man fährt nicht nur um der Blüten dieses Jah-res willen, sonder ebenso wegen ihrer Ender-gebnisse vom vorigen Jahr, wegen des neuenWeines. Man wandert sandige und feste Wege,begeisterte Spaziergänger von irgendeinerDampferstation, eilig Zielstrebige von Bahnhofaus in die Stadt und durch aus mancherleiGründen im Urzustand belassenen weichenSand hinauf zur Bismarck-, zur Friedrichshöhe,oder zum Rauenstein, man ißt oder ißt auchnichts, wenn einem an schneller Wirkung desTrunkes gelegen ist ...Die Männer behandeln den Wein von Werderähnlich wie das Bier von Schultheiß; sie haltensich an die Quantität, und das hat Wirkungen,die zwar rasch in das Reich des Rausches, ausseinen göttlichen Bezirken aber sehr schnellwieder hinausführen. Die Frauen sind klüger:sie genießen die langsamere Steigerung ... Siezeigen aber auch hier, daß bei den weiblichenWesen die preußische Form noch tiefer in dieSeele gedrungen ist als bei den männlichen.Die überlassen sich nur zu leicht dem Grenzen-losen und enden dann da, wie eine weiseEisenbahnverwaltung das Ende für solcheOpfer der Abgründe vorgesehen hat – am

Ende des Bahnsteigs, an dem die Vorortzügenach Berlin zurückfahren. Dort wurde früher ...eine breite Strohschütte angelegt, vor allem anden Sonntagen der Baumblütenzeit ...Für die Werderer waren die Blütenfeste einegute Einnahmequelle: der Berliner amüsiertsich, der Werdersche kassiert.“

(Aus:„Kinder, so im Freien is man doch erstrichtig Mensch!“ – Ausflugslokale entlang derHavel, REISEN STATTBUCH VERLAG) Foto: AGM

Frühlingsgefühle

„Wenn die Kirschen blühen, steigt das Zauberwort Werder auf“

Ein typisches Merkmal derMark: Obstbaumalleen.Die Obstbaumpflanzungenwurden entlang alterLandstraßen oder Feld-wege vorgenommen.Foto: Münch

Das „A und O“ für eine weitere erfolgreiche Verwirklichung der vielen noch anstehenden Projekte

in der Region Havelseen ist eine abgestimmten Politik der Anliegergemeinden.

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trag bedingte, oft langwierige und zähe Eigen-tumswechsel von Immobilien gehörte dazu.All das bedrohte das – manchmal nur noch in Fragmenten vorhandene – Erbe der Kultur-landschaft. Vor allem die Parks und Schlösseraußerhalb Potsdams waren davon betroffen,während die der Landeshauptstadt seit 1991 auf der Liste der UNESCO für das „unver-gängliche Kultur- und Naturerbe unserer Welt“ stehen, für die besonders sensible undanspruchsvolle Gestaltungsanforderungen gelten.

Eine öffentliche AngelegenheitIn dieser Situation forderte 1994 der BundDeutscher Landschaftsarchitekten (BDLA) aufInitiative von Hartmut Solmsdorf die Entwick-lung eines Leitbildes und schlug für dessenErarbeitung ein Forum „Potsdamer Kulturland-schaft“ vor. Unterstützt wurde dies vom BundDeutscher Architekten (BDA), der DeutschenGesellschaft für Gartenkunst und Landschafts-pflege (DGGL), der Pückler Gesellschaft und der Vereinigung für Stadt-Regional- und Landesplanung (SRL). Von Anfang an solltendie Anliegergemeinden der Havelseen in diesesVorhaben mit einbezogen werden, denn diePlanung und Entwicklung der Region sollten„von unten“wachsen. So wurde das Kulturforumzur Wiege für das im Juni 1995 gegründete Gemeindeforum Havelseen, dem die Gemein-den Caputh, Ferch, Geltow, Glindow, Golm,Kemnitz, Phöben, Töplitz sowie die Städte Pots-dam und Werder mit den Ortsteilen Petzowund Bliesendorf angehören.„Wir haben in dieser Region entlang der Havelunsere einheitliche Traditionen und Wurzeln,und wenn wir die Kulturlandschaft in denGrundstrukturen wieder errichten wollen, danngeht das nur gemeinsam“, begründet derBürgermeister und Amtsdirektor von Werder,Werner Große, sein Engagement in der neuenArbeitsgemeinschaft.Das Brandenburger Ministerium für Stadtent-wicklung, Wohnen und Verkehr (MSWV) fördertdas Gemeindeforum als Modellprojekt inter-kommunaler Zusammenarbeit. Ziel ist es u.a.,die örtlichen Initiativen, Vereine und Verbändeals Mitstreiter zu gewinnen,„damit die Pflegeund Entwicklung der Potsdamer Kulturland-schaft nicht allein als eine Verwaltungsaufgabe,

sondern als öffentliche Angelegenheit betrach-tet wird“, so Prof. Dr. Renate Fritz-Haendelervom MSWV.

Brückenschlag über die WublitzDieser Aufgabe widmete sich vor allem dasBerliner Planungsbüro „ForschungsgruppeStadt + Dorf“, das mit der Einrichtung einerGeschäftsstelle beauftragt wurde, die gewisser-maßen den Dreh- und Angelpunkt für dieOrganisation und Koordination des Gemeinde-forums bildet.Als wichtigste Vorhaben und Ziele hat der Ratder Bürgermeister – das zentrale Entschei-dungsgremium – die Entwicklung gemeinsa-mer gemeindeübergreifender Handlungskon-zepte und die Formulierung von förderfähigenProjekten und deren Durchführung beschlos-sen. Es geht dabei um Städtebau und Dorf-wicklung unter besonderer Berücksichtigunghistorischer Aspekte, die Verkehrsinfrastrukturmit dem Öffentlichen Personennahverkehreinschließlich des Rad- und Fußgängerver-kehrs, die Entwicklung einer tourismusrelevan-ten Infrastruktur und die Präsentation desGemeindeforums auf der BundesgartenschauBUGA 2001 in Potsdam. Auf diese Weise solltesich die Kulturlandschaft auch zu einemWirtschaftsfaktor und Standortvorteil für dieRegion entwickeln.Seitdem ist nicht nur viel Wasser die Havel her-untergeflossen, es wurden auch wichtigeProjekte angeschoben und fertiggestellt, diedazu beitragen, die Ansehnlichkeit zu Wasserund zu Land deutlich zu verbessern.

Das heute zu Werdergehörende Dorf Petzow,früher der Sitz der Familievon Kähne, besitzt einenvon Lenné (1789–1866)angelegten Park, der dieLandschaft zwischenGlindower See undSchwielowsee ausgestal-tet. Karl Friedrich Schinkel(1781–1841) entwarf die Kirche und das neu-gotische Herrenhaus.Foto: Münch

Potsdamer Havelseen

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Zweifellos zählt zu den neuen „Ansehnlichkei-ten“ die 1998 fertiggestellte Holzbrücke überdie Wublitz. Mit der vom Münchener Architek-ten Richard J. Dietrich entworfenen Verbindungzwischen Töplitz und Einhaus, südlich vonNattwerder, wurde eine traditionelle Verbin-dung wiederbelebt, die seit dem Brand derletzten Einhausbrücke im Jahre 1900 unterbro-chen war. Zum großen Verdruss von Wanderernund Radfahrern führte nun kein direkter Wegmehr von Nattwerder auf die Insel Töplitz.Dieses historische Wegenetz wollte dasGemeindeforum nun mit dem Projekt wiederbeleben. Dabei war der Bau der Wublitzbrückeaber mehr als das Wiederherstellen einer tra-ditionellen Verbindung. Es war auch einBrückenschlag zwischen den Kommunen imübertragenen Sinne. Dass diese Erwartung sichinzwischen erfüllt hat, bekräftigt Werders Bür-germeister Werner Große:„Mit diesem Brücken-schlag ist es uns in relativ kurzer Zeit gelungen,die Gemeinden unseres Forums enger mit-einander zu verknüpfen.“

Die Augen öffnenDieses „gegenseitige Verbinden“ oder „Vernet-zen“ der Kommunen erweist sich für viele Pro-jekte des Gemeindeforums als Erfolgsrezept.Das zeigt auch die geplante Anlage einesNetzes von Belvederes und Panoramawegenzur Belebung des Tourismus.Belvederes – die schöne Sicht – waren ausge-wählte Plätze, die den Besuchern die Augen fürSchönheit und Weite der Landschaft öffnen,

ihnen Einblicke in Besonderheiten von Naturund Architektur gewähren und auch die histo-rische Kulisse einer Landschaft offenbarensollen. Diese „Belvedere-Idee“ wurde in derHavelseeregion vor allem im 19. Jahrhundertlandschaftlich umgesetzt. Kuppen und Höhenwurden als Zeichen königlicher Herrschaftbebaut, wobei für das Lennésche Wirken auffäl-lig gegliederte und gestaltete Sichtachsencharakteristisch sind. Diese Tradition übernahmzu Beginn des 20. Jahrhunderts das selbst-bewusste Bürgertum und errichtete Höhenaus-flugsgaststätten – wie die Friedrichs- undBismarckhöhe in Werder. Verbunden warendiese besonderen Aussichtspunkte durch Pano-ramawege, die meist als Ufer- oder Höhen-wege angelegt und an den Straßenrändern mitAlleebäumen bepflanzt waren.Um diese früheren Wege und Belvederes alsimmanenten Teil der Kulturlandschaft wiederzu erschließen, sie zu einem Markenzeichen fürdie Region Havelseen werden zu lassen, vergabdas Gemeindeforum ein Gutachten zum Netzvon Belvederes an den Landschaftsplaner Prof.Horst Schumacher.

Parklandschaften, wohinman sich auch wendet:„Belagerte“ Wiese imPark Babelsberg, rus-sisch-orthodoxe Kirche inPotsdam (rechts), Detaileiner schönen Ansicht imSchlosspark Sanssouci.(unten)Fotos: Münch, Uhlenhut(ganz unten)

Ähnlich wie der Natur-park Barnim ist derRegionalpark PotsdamerHavelseen ein Sonderfall,der durch sein reichesKulturerbe und dielängerfristige Unterstüt-zung bei der Kooperationbegünstigt ist.

Belvederes – schöne Aussichten – sind ausgewählte Plätze, die den Besuchern die Augen

für Schönheit und Weite der Landschaft öffnen, ihnen Einblicke in Besonderheiten von Natur und

Architektur gewähren und auch die historische Kulisse einer Landschaft offenbaren sollen.

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Hinweise auf den LandschaftsgenussDabei konnte bei jedem zweiten der fast 100von Schumacher ausgewählten Aussichtspunk-ten ein historisch-kultureller Bezug nachge-wiesen werden. Inzwischen wurde die prakti-sche „Instandsetzung“ der ersten Belvederesauf dem Caputher Krähenberg, in den Glindo-wer Alpen und auf dem Wietkikenberg beiFerch in Angriff genommen. Die Arbeitenerwiesen sich als sehr aufwändig, weil durchAuslichten bzw. Fällungen historisch belegteSichtfelder wieder herzustellen sind und das Umfeld der Aussichtpunkte mit Rast- undRuhemöglichkeiten so zu gestalten ist, dass der Betrachter die Landschaft, das Wasser odereine markante Silhouette richtig genießenkann. Einheitlich gestaltete Hinweisschilder für Sehenswürdigkeiten, gastronomische Ein-richtungen und Übernachtungsmöglichkeitenerleichtern die Orientierung.Die Aussichtspunkte bilden zugleich die Knoten-punkte für die Panoramawege, die beginnendan den Eingangstoren zu der Region Havelseenentweder am Ufer entlang den Windungen des Flusses folgen oder den Kamm der Bergeerklimmen, an Gaststätten, Freibädern, Brückenund Fähranlegern vorbei führen, und auf dieseWeise den Tourist von Gemeinde zu Gemeinde,von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit leiten.

Lebendige Kultur-LandschaftZu dem neuen, unverwechselbaren Bild derRegion Havelseen gehören die vielfältigenkulturellen Aktivitäten, die bildende unddarstellende Künste, Wissenschaft, Philosophie,Religion, Politik, Architektur und Literatur aufoft ungewohnte Art und Weise zusammen-führen. Ob nun Vorstellungen der Fercher Obst-kistenbühne, die Caputher Musiken oder eineVernissage in der Töplitzer Galerie – all daszeigt die wiedergewonnene Lebendigkeit die-ser Kulturlandschaft. Jüngstes Beispiel: Alle Einwohner der Gemeinden am Schwielowseewurden im Rahmen eines Kunstprojekts vonHerrn Gottemeier mit Peilstäben fotografiert,die mit unterschiedlichen Farben jeweils einenOrt symbolisieren. Die großformatigen Bildersind in der Kirche des Nachbarortes zu sehen.Jan Bornholdt, Landschaftsplaner der BornholdtIngenieure GmbH, sowie die Planungsgruppe

Stadt + Dorf, die das Gemeindeforum betreuen,schätzen solche unspektakulären Projekte.„Mit einem geringen Aufwand wird eine starkeidentitätsstiftende Wirkung zwischen denMenschen in den Gemeinden erreicht.“

Gemeindeforum oder Regionalpark?Es ist natürlich kein Zufall, dass das Territoriumder Kommunen des Gemeindeforums zu demim Landesentwicklungsplan für den engerenVerflechtungsraum vorgesehen Raum desRegionalparks „Potsdamer Havelseen“ gehört.Es zeigt nur, dass zwei mehr oder wenigerunabhängig voneinander in Gang gesetzteProzesse gar nicht anders können, als die land-schaftlichen, kultur- und naturräumlichenGegebenheiten als ein organisches Ganzes zubegreifen. Die Frage, ob man sich nun alsRegionalpark oder Gemeindeforum bezeichnet,scheint somit eher theoretischer Art zu sein.Entscheidender ist die Frage, ob die Kommu-nen ihr Gemeindeforum auch nach demAuslaufen der Förderungen durch das Ministe-rium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehrweiter tragen werden. Mit Blick auf Förder-gelder und Sponsoren könnte es sinnvoll sein,zweigleisig zu fahren: als Gemeindeforum und als räumlich weiter gefasster Regionalpark.Mit dem Gemeindeforum wurde seit 1995ein Prozess für das Gebiet angeschoben, der im Sinne der Regionalpark-Idee der land-schaftlichen Anreicherung und Verschönerung dient, den Raum als Erholungslandschaftsichert, den Wirtschaftsfaktor Fremdenverkehrstärkt und für „Grüne Lungen“ sorgt – Entwick-

Potsdamer Havelseen

Die Windmühle inFahrlandFoto: Münch

Karl Hagemeister ent-deckte im Jahre 1877 dasDorf Ferch für seine Malerei und begründetedamit die „HavelländischeMalerkolonie“. Seit derJahrhundertwende lebtenund arbeiteten etwa 300 Künstlerinnen undKünstler in dieser Kolonie.Seit 1994 existiert hierder auf Initiative desLandschaftsarchitektenHartmut Solmsdorfgegründete Verein HAVEL-LAND-ART e.V. Er veran-staltet die „Sommeraka-demie Insel Töplitz“,bei der Künstlerinnen undKünstler mit interessier-ten Studierenden der beiden Berliner Kunst-hochschulen bei der An-fertigung von Kunstobjek-ten zusammenarbeiten.Der Verein organisiertKünstlersymposien undAusstellungen in derLandschaft der InselTöplitz und im Havelland,Führungen, Vorträge,künstlerische Aktionenund Konzerte.

Am 24. September hat esdurch die Arbeit desGemeindeforums Havel-seen erstmals in Branden-burg einen Gemeinde-und Kreisgrenzen über-schreitenden autofreienFahrradsonntag gegeben.Unter dem Motto„Autofrei am Schwielow-see“ radelten gut 10.000Menschen durch einenschönen Herbsttag.Viele Veranstaltungenund gastronomischeAngebote luden zumVerweilen ein. DerFahrradsonntag soll zu einer Tradition in derRegion werden, mit dem die regionale Iden-tität gestärkt, derBekanntheitsgrad derRegion erhöht und dieLandschaft umwelt-freundlich erlebt werdenkann.Foto: Olaf Möldner

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lungsziele wie sie für die Regionalparks formu-liert wurden.Da das Gemeindeforum allerdings organisato-risch und finanziell vom MSWV unterstütztwird, ist es im Vergleich zu den anderen Regio-nalparks ähnlich wie der Naturpark Barnim ein Sonderfall, begünstigt durch sein reichesKulturerbe und die intensive Förderung.Verständlich, dass bei den Bürgermeistern die Institution „Gemeindeforum“ im Zentrumsteht und die inhaltliche Identifikation mit derRegionalpark-Idee noch nicht stattgefundenhat. Die beteiligten Verwaltungen und derLandkreis sehen jedoch keine unüberwindli-chen Barrieren zwischen Gemeindeforum undRegionalpark.Feststehen dürfte aber eines. Das „A und O“ für eine weitere erfolgreiche Verwirklichungder vielen noch anstehenden Projekte in der Region Havelseen kann nur in einer abge-stimmten Politik der Anliegergemeindenliegen. Werders Bürgermeister sieht da auchschon neue Möglichkeiten:„Künftig sollten wirvielleicht einen Schritt weiter gehen und Projekte des Gemeindeforums auch aus einemgemeinsamen Investitionstopf finanzieren“.Und sollten doch mal schwere Zeiten kommen,dann könnte der Rat von Prof. Dr. Michael Seilervon der Stiftung Preußischer Schlösser undGärten helfen, dass ein Konzept „auch manch-mal mit ,List und Tücke‘ umgesetzt werdenmuss“.

Daten und Fakten

Einwohnerzahl Stand 1999: ca. 160.000 Bewohner

Landkreis / Amt / Einwohner Bevölkerungs-Gemeinde zahl (1999) dichte EW./km2

L A N D K R E I S P OT S D A M S TA D T...........................................................................................AmtsfreiStadt Potsdam 129.510 1.185

L A N D K R E I S P OT S D A M M I T T E L M A R K...........................................................................................Amt WerderTöplitz 1.617 89Golm 1.885 165Glindow 3.792 293Phöben 587 60Kemnitz 326 61...........................................................................................amtsfreiStadt Werder (Havel) 13.747 337...........................................................................................Amt SchwielowseeGeltow 3.016 324Caputh 3.997 311Ferch 1.318 37

Orangerieschloss (Potsdam)Postfach 53514471 PotsdamTel: (0331) 97 32 11

Park und Schloss Babelsberg(Potsdam)14482 BabelsbergTel: (0331) 780 37

Potsdam-Museum (Potsdam)Postfach 23914467 PotsdamTel: (0331) 218 65Öffnungszeiten: Di –So

Stiftung PreussischeSchlösser und Gärten Berlin-BrandenburgAllee nach Sanssouci Nr.514471 PotsdamTel: (0331) 97 02 81

Pumpenhaus PotsdamPostfach 35314471 PotsdamTel: (0331) 97 02 81

Römische BäderPostfach 35314471 PotsdamTel: (0331) 97 02 11

Schloss SanssouciPostfach 35314471 PotsdamTel: (0331) 239 31

Museen in Potsdam

Bildergalerie (Potsdam)Postfach 35314471 PotsdamTel: (0331) 226 55

Brandenburgisches Landes-museum für Urgeschichte Schloss Babelsberg14482 PotsdamTel: (0331) 780 73

Charlottenhof (Potsdam)Postfach 35314471 PotsdamTel: (0331) 97 27 74

Damenflügel (Potsdam)Postfach 35314471 Potsdam

Filmmuseum PotsdamMarstall14467 PotsdamTel: (0331) 29 36 75Öffnungszeiten: Di.–So.

Jagdschloss SternPostfach 35314471 PotsdamTel: (0331) 97 02 81

Neue KammernPostfach 53514471 PotsdamTel: (0331) 239 31

Neuer Garten PotsdamPostfach 53514471 PotsdamTel: (0331) 97 02 81

Neues Palais (Potsdam)Postfach 53514471 PotsdamTel: (0331) 97 31 43

Beliebt sind die Ausflugs-lokale am Wasser, indenen an schönen Tagenoft kaum noch ein Platzzu ergattern ist.Foto: Hahn

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AnsprechpartnerGeschäftsstelle des Gemeindeforums Havelseen Forschungsgruppe Stadt +Dorf, Herr Prof. SchäferLützowstr. 102–104,10785 Berlin,Tel: (030) 264 92 30Fax: (030) 262 89 [email protected]

Bornholdt Ingenieure GmbHDieselstr. 18, 14482 PotsdamTel: (0331) 740 91 42Fax: (0331) 740 91 [email protected]

Museen außerhalb von PotsdamForstmuseum Klosterfelde Lehniner Institut für Weiterbildung e.V.Am Klostersee, 14797 Lehnin

ZweiradmuseumMielestraße 2, 14542 WerderTel: (03327) 409 74

Inselmühle + Obstbaum-museumKirchstr. 6/7, 14542 Werder Tel: (03327) 431 10Öffnungszeiten: Mi und So

Aktives Museum + Hand-webereiAm Wasser 19, 14542 GeltowTel: (03327) 552 72

Albert Einstein Gedenkhaus Sommerhaus Einstein14548 Caputh

Märkisches ZiegeleimuseumGlindow, Alpenstr. 4714542 GlindowTel: (03327) 6649-0März-Oktober, Mi-So,10-16 Uhr

Heimatmuseum Schloss ParetzRathausstr.32, 14669 KetzinTel: (033233) 805 43Öffnungszeiten: Di und Sa

Ortskern

Siedlungsgebiet

Wald

See

Verbindungsstraße

Bundesstraße

Autobahn

Bahnstrecke

S-Bahnhof

Regional-Bahnhof

R- + S-Bahnhof

0 2 4 6 8

Kilometer

Gesamtfläche: 26.606 ha

Flächenverteilung:Landwirtschaft 30%Sonstiges 1%Wasser 15%

Verkehr 6%

Siedlungen 16%

Wald 32%

Potsdamer Havelseen

Erreichbarkeit aus der Berliner Innenstadt

Linie und Takt:S nach Potsdam Hbf,Takt 10 Min.RE nach Werder, Takt 60 Min.RE / RB nach CaputhTakt 60 Min.

Fahrtdauerab Berlin-FriedrichstraßePotsdam Hbf: 25–45 Min.Werder: ca. 40 Min.Caputh: ca. 40 Min.

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Abendstimmung auf derDöberitzer HeideFoto: Sciborski

Wie ein Mahnmal ragen dieReste eines zerstörten Bun-kers in der Landschaft auf.Foto: Sciborski

Eine Aufgabe im Regionalpark besteht darin, Nutzungs-

interessen mit den bestehenden Schutzkategorien des

Natur- und Landschaftsschutzes in Einklang zu bringen

und für eine nachhaltige Entwicklung und Nutzung

der Region im Interesse aller zu sorgen.

Großer Andrang herrschtezur Eröffnung des Wander-weges zwischen den Ge-meinden Dallgow-Döbe-ritz, Elstal und Priort am 1. Mai 1999. Nach fast300jähriger militärischerNutzung wurde dieDöberitzer Heide auf demmunitionsberäumten Wan-derweg damit erstmalswieder in Abschnitten derÖffentlichkeit zugänglichgemacht. Entsprechendgroß war das Interesse.Foto: Sciborski

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Kanonen statt PflugscharenSie ist eine verwundete Landschaft, die Döbe-ritzer Heide. Panzer feuerten volles Rohr aufihren Schießbahnen, frästen mit ihren Kettentiefe Schneisen in Waldgebiete und durch-pflügten den märkischen Sand, Granaten ex-plodierten, Soldaten rodeten Waldgebiete oderder Bewuchs ging in Flammen auf – gewalt-sam prägten die Militärs das Erscheinungsbilddieser Landschaft. Und das schon seit fast 300 Jahren, seit der „Soldatenkönig“ FriedrichWilhelm I. 1713 mit einem Dragonerregimentzum ersten Mal auf dem Areal des GutesDöberitz exerzierte. Das Gelände gefiel denMilitärs. Sie blieben dort, erweiterten dasÜbungsgebiet immer wieder, bis die russischen

Truppen 1991/92 abzogen. Die Bundeswehrbenutzt heute noch eine ca. 800 ha großeFläche in südöstlicher Randlage der DöberitzerHeide als Standortübungsplatz.1903 weihte Kaiser Wilhelm II. einen elf Meterhohen Obelisken dem Andenken an ein 150 Jahre zurückliegendes Manöver Friedrichsdes Großen. Der „alte Fritz” hatte im Septem-ber 1753 mit 44.000 Mann ein zwölftägigesGroßmanöver abgehalten, um neue Strategienfür künftige Feldzüge auszuprobieren. DerObelisk auf dem Hasenheidenberg ist bis heuteerhalten geblieben.Den Truppenübungsplatz und das GardelagerDöberitz hatte der Kaiser bereits 1894 offizielleingeweiht. 1895 wurden die Bewohner des

Offene LandschaftRegionalpark Döberitzer Heide

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Dorfes Döberitz umgesiedelt, 1936 musstenauch die Bewohner der Ortschaft Ferbitz einerneuerlichen Erweiterung des Truppenübungs-platzes weichen.Von 1903 bis 1911 wurde die Heerstraße alsZubringer für Truppentransporte gebaut. Vonda an war es möglich, vom Stadtschloss inBerlin-Mitte bis zum Truppenübungsplatz „im-mer geradeaus“ durchzumarschieren.Der Name Döberitz ist auch mit dem Beginnder deutschen Militärfliegerei (ab 1910) undden Olympischen Spielen von 1936 verbunden.Von 1934–36 wurde auf einem 5.500 ha gro-ßen Areal nördlich der Berlin-HamburgerChaussee das Olympische Dorf errichtet. Nachden Spielen baute das Militär die Sportler-quartiere um und nutzte sie selbst. Den sowjet-ischen Truppen diente das Ensemble nach dem zweiten Weltkrieg als Kaserne. Viele Häu-ser des ehemaligen Olympischen Dorfeswurden abgerissen und durch Plattenbautenersetzt, viele befinden sich in einem beklagens-werten Zustand. Erhaltenswert sind vor allemdas „Speisehaus der Nationen“ und das Hin-denburghaus. Heute wird nach einer sinnvollenNachnutzung für das unter Denkmalschutzstehende Olympische Dorf gesucht, das zueiner besonderen Besucherattraktion des ge-planten Regionalparks werden könnte.

Prädikat: besonders wertvollDie jahrhundertelange militärische Nutzunghinterließ einen der größten Freiräume Bran-denburgs: Die Döberitzer Heide, das sind

über 5.000 ha Fläche, ein weder durch Verkehrs-noch durch Leitungstrassen zerschnittenes,siedlungsfreies Gebiet. Das Vorhandenseineines so großen, unzersiedelten naturnahenGeländes in großstädtischer Randlage – nur ca. 5 km von der westlichen Stadtgrenze derBundeshauptstadt entfernt und ca. 10 kmnördlich der Landeshauptstadt Potsdamgelegen – ist in Deutschland und im Umfeldeuropäischer Hauptstädte einmalig.So paradox es klingt: Gerade die offenenHeide- und Trockenrasenflächen, die durch diepermanenten Bodenverwundungen der Mili-tärs entstanden sind, gelten heute als beson-ders wertvolle Landschaftsbestandteile. Hierzugehören aber auch die großflächigen geschlos-senen Waldgebiete, in denen über 40 Baum-arten vertreten sind.Aufgrund der militärischen Geheimhaltung wardas Gelände seit 1892 eingezäunt und für dieÖffentlichkeit hermetisch abgeriegelt. So wardie Landschaft über 100 Jahre auch weit-gehend frei von Einflüssen der Landwirtschaft,insbesondere frei von intensiver Bewirtschaf-tung, wie sie seit den 60er Jahren zunehmendpraktiziert wurde. Hier konnten Pflanzen und Tiere überdauern, die anderenorts längstverdrängt oder ausgestorben sind.Die artenreichste Tiergruppe bilden die Insek-ten mit für Mitteleuropa seltenen und selten-sten Vorkommen. 583 Arten sind es allein beiden Großschmetterlingen. Hier leben Tiere, dieauf der Roten Liste des Landes Brandenburg als „vom Aussterben bedroht“ klassifiziert sind. Dazu gehören Fischotter, Glattnatter undRotbauchunke, Brachpieper und Baumfalke.Kein Wunder, dass der Regionalpark DöberitzerHeide gleich mehrfach unter Schutz steht: Diegesamte Fläche ist Landschaftsschutzgebiet(LSG „Königswald mit Havelseen und SeeburgerAgrarlandschaft“), hinzu kommen die Natur-schutzgebiete „Ferbitzer Bruch“ (ca. 1.155 ha)und „Döberitzer Heide“ (ca. 3.415 ha). Außer-dem ist das Areal ein europäisches Vogel-schutzgebiet und fällt somit unter die beson-deren Schutzbestimmungen der EuropäischenKommission.

Alle NeuneDie Döberitzer Heide selbst ist prägendesLandschaftselement und Namengeberin für

Schön und selten:männliche Zauneidechseauf einem Feldsteinlese-haufen und ein Lungen-enzianFotos: Sciborski

Auf dem Hasenheiden-berg, von dem aus maneinen guten Rundblick indie Döberitzer Heidegenießen kann, steht der11 Meter hohe Obelisk ausschwedischem Granit, denWilhelm II 1903 zur Erin-nerung an die Manöverdes „Alten Fritz” auf Döbe-ritzer Territorium im Jahre1753 hatte aufstellen las-sen. Nach rund einemKilometer erreicht manden Hasenheidenberg,wenn man vom Einkaufs-zentrum Havelpark demausgeschilderten Wander-weg folgt.Foto: Sciborski

Fontane hat in seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ dem

Havelland einen ganzen Band gewidmet. Den Ortschaften Marquardt

und Uetz, Groß Glienicke, Fahrland, Neu Fahrland (damals Hainholz) und

Sacrow setzte er darin ein literarisches Denkmal.

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den Regionalpark, der aber weitaus größer ist als die Fläche des ehemaligen militärischenÜbungsgeländes. Er umfasst verschiedenelandschaftliche Einheiten. Neben dem Kernge-biet der Döberitzer Heide gehören zum Regio-nalpark die an Berlin und Potsdam anschlie-ßenden Siedlungsgebiete, die Agrarlandschaf-ten vor allem westlich des ehemaligen Trup-penübungsplatzes, der Havellauf und dieNiederungen des Großen Grabens mit demFerbitzer Bruch und die daran angrenzendenWälder dazu. Das Regionalparkgebiet reicht an die Ortsgrenzen von Dallgow-Döberitz,Elstal, Priort, Uetz-Paaren, Marquardt, Satzkornund Fahrland, dehnt sich im Süden bis zumJungfern- und zum Sacrower See aus und ver-läuft im Osten an den Ortsgrenzen von GroßGlienicke und Seeburg. Ein Regionalpark-Zweckverband der genannten neun Gemeindenbefindet sich in Gründung.

Konversion und EntwicklungBrandenburg ist das am meisten von Konver-sion militärischer Flächen betroffene Bun-desland. Weil es nicht zu finanzieren ist, dieehemaligen militärischen Liegenschaften voll-ständig von ihren Munitionsbelastungen zubefreien, die davon ausgehende Gefährdungweiter besteht und die Gebiete gleichzeitigwegen ihrer Unzerschnittenheit und demFehlen anderer Nutzungen einen außerge-wöhnlichen naturschutzfachlichen Wert besit-zen, sind diese Flächen für den Natur- undLandschaftsschutz prädestiniert.So auch die Döberitzer Heide. Wegen der Muni-tionsbelastung und aufgrund von Natur- undLandschaftsschutzbestimmungen ist der ehe-malige Truppenübungsplatz nur auf beräumtenKorridoren zu betreten. Andere Bereiche wer-den aus den bereits erwähnten Kostengründen

nicht beräumt, ihr Betreten bleibt verboten.Auf beräumten Korridoren können Wanderwe-ge angelegt werden. Im Norden sind einigebereits fertig. Weitere im Westen bei Fahrlandsind in Vorbereitung. Der Wegebau wird mitMitteln der EU für ehemals militärisch genutzteFlächen in Brandenburg (KONVER II) gefördert.Über einen Nutzungsüberlassungsvertrag istder Naturschutz-Förderverein Döberitzer Heidee.V. von der Brandenburgischen Boden Gesell-schaft zum Träger des Projekts „Konversion undNaturschutz auf dem ehemaligen Truppen-übungsplatz“ eingesetzt worden. Dem Förder-verein obliegt damit sowohl die Verkehrssiche-rungspflicht für das Gelände, als auch dieAufsicht über die Einhaltung der Naturschutz-bestimmungen.Keine leichte Aufgabe.„Die wilden Nutzungenim Gebiet durch Reiter, Motorradfahrer undandere, die sich nicht an die Wegegebote und Naturschutzauflagen halten, haben in derletzten Zeit deutlich zugenommen“, klagtWerner Schulze vom Vorstand des Förderver-eins. So stark, dass der Verein sich nicht mehr in der Lage sieht, die Verkehrssicherungspflicht,welche die Haftung bei Unfällen einschließt,zu gewährleisten.Wegen der Munitionsbelastung und derSchutzbestimmungen lässt sich mancher Planauf dem Gelände der Döberitzer Heide nichtumsetzen. Manchem gilt der Naturschutz-Förderverein deswegen als Verhinderer.„Wasaus Naturschutzgründen untersagt ist, regeltaber das Brandenburgische Naturschutzgesetzund nicht der Verein“, betont Werner Schulzevom Naturschutz-Förderverein,„deswegen wird es z.B. bestimmte Durchwegungen desGebietes nicht geben können, so sehr einigeLeute sich dies auch wünschen.“Hier kann der Regionalpark als Forum vermit-telnd wirken. Entgegen oft geäußerter Befürch-tungen sieht ein Regionalpark keine neuenSchutzkategorien im Gebiet vor. Bereits beste-hende Schutzgebiete aber sind überall zurespektieren, natürlich auch im Regionalpark.Die Aufgabe im Regionalpark besteht vielmehrdarin, Nutzungsinteressen mit den bestehen-den Schutzkategorien in Einklang zu bringenund für eine landschafts- und naturverträg-liche Entwicklung und Nutzung der Region zusorgen. Dazu sind Ideen, Konzepte und der

Döberitzer Heide

Die Dorfkirche von Priort(Foto oben rechts), einrechteckiger Fachwerkbaumit Stichbogenfensternstammt aus dem Jahr1745 und steht unterDenkmalschutz.Foto: Debusmann

1908 wurde die Dorfkir-che in Satzkorn, die ihreUrsprünge im 13. Jh. hat,letztmalig restauriert(oben).Foto: Debusmann

Neben dem Wasserturmvon Dallgow-Döberitz, dereinst das Wahrzeichen deskaiserlichen Gardelagerswar, ist auch der Wasser-turm beim Rangierbahn-hof Wustermark (Foto) einmarkantes Bauwerk.Foto: Debusmann

Munitionsbergung in derDöberitzer Heide. Vor-sichtig wird dieser Fund,eine intakte Munitions-kiste, geöffnet. Wegen derMunitionsbelastung undden von ihr ausgehendenGefahren wird dieDöberitzer Heide auch inZukunft nicht uneinge-schränkt zugänglich sein.Brandenburg ist das vonUmnutzung ehemaligermilitärischer Flächen amstärksten betroffeneBundesland. Die kom-plette Beräumung muni-tionsbelasteter Flächen istnicht finanzierbar. Des-wegen wird lediglich aufKorridoren mit einemSicherheitsstreifen linksund rechts der Wander-wege „Gefahrenfreiheit”hergestellt.Foto: Sciborski

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Der Mann sieht kernig aus. Dunkle Cord-Hose,Holzfällerhemd, schwarze Weste, grauer Hutund Stiefel. Die Haut sonnengebräunt und wet-tergegerbt, lebhafte, vor Tatendrang blitzendeAugen. An die zwanzig Leute haben sich umihn geschart, hören zu, stellen Fragen.Ein Sommertag, nicht zu heiß – leichter Windstreicht über die offene Landschaft. Von dernahen Hauptstadt ist nichts zu bemerken, keinGeräusch stört die gelassene Ruhe. Selbst dieMotorengeräusche des Fliegers, der einige Kilo-meter weiter südlich dem Tegeler Flughafenzustrebt, sind nicht zu hören; seine Existenzüber dieser Landschaft ist der einzige Hinweisauf die nahe Millionenstadt mit ihrer Hektikund ihrem Verkehrslärm.Der Schäfer erzählt von seiner Herde, von sei-nem Vertrag mit dem Naturschutz-Förderver-ein. Sein Geld erhält er überwiegend für dieLandschaftspflege, die seine Schafe besorgen:Die Beweidung der Offenlandflächen sorgtdafür, dass die Heide nicht zuwächst. Die Ver-marktung von Wolle ist wirtschaftlich uninter-essant, der Verkauf des wohlschmeckendenFleisches seiner Heidschnucken macht nureinen Nebenverdienst aus.“Da könnte natürlichnoch einiges geschehen. Man könnte an der B5ein Restaurant eröffnen, wo das Fleisch alsregionale Spezialität dann direkt verarbeitetwürde”, meint der Schäfer. Aber so weit ist manzur Zeit noch nicht. Warum er keine Ziegen beiseiner Herde habe, wird er gefragt. Die Fragewerde ihm immer wieder gestellt, antwortetder Schäfer leicht gereizt, und immer wiedermüsse er dasselbe erklären: Für Ziegenhaltunggibts von der EU kein Geld, wohl aber fürSchafhaltung, die so genannte Mutterschafprä-mie. Ziegen würden darüber hinaus die Pflan-zen so gründlich verbeißen, dass danach nichtsmehr wachse.“Ich bringe mich doch nichtselbst um meine Existenzgrundlage”, sagt er.Und dann, das ist seinen Worten eher “zwi-schen den Zeilen” zu entnehmen, ist er schließ-lich kein Ziegenhirt, sondern Schäfer.Warum den Mann die Frage nach den Ziegenso nervt, wird kurze Zeit später deutlich. Eineraus der Gruppe, der sich vorher etwas abseits

mit Kollegen unterhalten hatte, stellt sie gleichnoch einmal – und erntet erstaunt ein Achsel-zucken und allgemeines Gelächter.Die Herde zieht weiter, begleitet von einemschwarzen Hund und einem Schäferkollegen,der noch zünftiger aussieht: breitkrempigerHut, Lederjacke, Knickerbocker, eine Hirtenta-sche und eine Decke umgeschnallt, in der Handden langen Hütestab. Darauf lehnt sich derSchäfer entspannt, während seine Tiere weidenund dabei ganz gemächlich vorwärts streben.Die Besucher, die sich auf Einladung des Natur-schutz-Fördervereins auf dem Gelände derDöberitzer Heide befinden, wissen, auf wel-chem Grund und Boden sie sich bewegen. Dawird schon etwas genauer hingesehen, woman hin tritt. Schließlich musste jeder einPapier unterschreiben, das das Land im Falleeines Unfalls von der Gewährleistungspflichtentbindet: Betreten auf eigene Gefahr.Wie geht der Schäfer damit um? Auch er mus-ste unterschreiben, dass er sich auf eigenesRisiko auf der Fläche bewegt. Angst vor dentückischen Hinterlassenschaften der Militärs,die im Konversionsgebiet noch reichlich zu fin-den sind, hat er nicht. Die nördlichen Flächenauf denen der Schäfer mit seinen Schafen her-

umzieht, sind oberflächlich beräumt. Das Betre-ten der Sperrflächen, wo noch scharfe Muni-tion herumliegt, ist nach wie vor verboten,daran halten sich auch die Schäfer.Noch weitere Fragen? Der Oberschäfer siehterwartungsvoll in die Runde. Wir verkneifenuns den Scherz, die Ziegenfrage mit gespielterArglosigkeit noch einmal zu stellen. Nein, keineweiteren Fragen.Bevor die Gruppe zu den Fahrzeugen zurück-kehrt, um die im Ferbitzer Bruch zur Land-schaftspflege weidende Galloway-Rinderherdeaufzusuchen, sehen sich alle noch einmal aus-giebig um, genießen die Ruhe. Die Botanikerentdecken seltene Pflanzen, die Laien erfreuensich an den Blüten zahlreicher Wildrosen-Arten, auch die Ornithologen fachsimpeln nochein bisschen über die gehörten Vogelstimmen.Die Heidschnuckenherde hat sich fast un-merklich doch schon ein gutes Stück entfernt,geschäftig läuft der schwarze Hütehund hinund her, der Schäfer lehnt, Zufriedenheit undRuhe ausstrahlend, auf seinem langen Stab. Einmalerisches, überaus friedliches Bild in dieserjahrhundertelang von kriegerischen Übungengeprägten Landschaft.

Report

Kein Platz für Ziegen

Auch das ist Nachhaltigkeit: Vom nachwachsenden Rohstoff Wolle wird immer nur so viel „geerntet“, wie nachwachsen kann.Foto: Sciborski

Die Heidschnuckenherde auf der Döberitzer Heide.Foto: Sciborski

Die Döberitzer Heide ist prägendes Landschaftselement und Namensgeberin

für den Regionalpark, der aber weitaus größer ist, als die Fläche des ehemaligen

militärischen Übungsgeländes.

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gute Wille aller Beteiligten vonnöten, die Ge-gebenheiten zu respektieren und im Sinne derNachhaltigkeit zum Vorteil aller zu entwickeln.

Der Wille zum WegSolche Ideen zu sammeln und daraus Vorschlä-ge für Handlungskonzepte abzuleiten, war imRegionalpark Döberitzer Heide Aufgabe desPlanungsbüros Ernst Basler und Partner.Die Planer kommen zu dem Ergebnis, dassneben dem Natur- und Landschaftsschutz dieNaherholung und das Freizeitangebot einebenso wichtiges Thema zur Entwicklung desRegionalparks Döberitzer Heide sind. Bei derStadtnähe und der ungewöhnlichen Größe undnaturnahen Ausprägung des Gebietes liegtdies auf der Hand.Im Sommer 1999 einigten sich die Bürgermei-ster der oben genannten neun Zweckverband-Gemeinden auf diejenigen Handlungsfelder,von deren Bearbeitung eine Initialwirkung fürdie weitere Entwicklung des Regionalparkserwartet wird.Als besonders dringlich sehen sie den Lücken-schluss im Wegenetz mit entsprechendemAusschilderungssystem für Wanderer, Radfahrerund Reiter an. Darüber hinaus soll möglichstbald der dazugehörige Service in der Um-gebung angeboten werden, beispielsweise der Verleih von Fahrrädern, Booten und Pfer-den.Als erstes Etappenziel wurde 1999 aus KON-VER-Mitteln ein 10 km langer Wanderweg vonDallgow-Döberitz nach Elstal und weiter bisPriort fertig gestellt. Am Havelpark bei Dall-gow-Döberitz kann man auf den Parkplätzendes Einkaufszentrums parken und die Wande-rung beginnen. Reizvoller ist jedoch die Anreisemit der Regionalbahn. Vom Bahnhof Dallgow-Döberitz kann man entlang des renaturiertenSchwanengrabens zur Döberitzer Heidewandern. Über eine neue Fußgängerbrücke istein Abstecher zum 1895 errichteten Wasser-turm des einstigen kaiserlichen Gardelagersmöglich. Jenseits der B 5 wird es in absehbarerZeit bei Sperlingshof einen direkten Zugangzur Döberitzer Heide geben. Bis dahin müssenBesucher den Umweg über den etwas weiteröstlich gelegenen Havelpark nehmen.Etwa 1 km ist es vom Einkaufszentrum Havel-park aus zum Hasenheidenberg. Der von Kaiser

Wilhelm II dem „alten Fritz” gewidmete Obelisksteht auf der Erhebung mitten in der Heide-landschaft. Von hier aus bietet sich ein lohnen-der Rundumblick. Richtung Elstal, vorbei amArtilleriepark, der ehemaligen Militärbade-anstalt und Sperlingshof taucht der Wander-weg weit in die Heidelandschaft ein, führt anTrocken- und Moorgebieten vorbei und bietetden Genuß der freien Natur. Noch vor Elstalgelangt man zum Naturschutzzentrum Döbe-ritzer Heide. Die ehemalige Werkzeughalle derrussischen Truppen wurde vom Naturschutz-förderverein zu einem sehenswerten Infor-mationszentrum umgebaut. Hier kann man angeführten Wanderungen des Naturschutz-fördervereins teilnehmen. Das Naturschutzzen-trum zeigt außerdem ständige Ausstellungenzur Döberitzer Heide.Schließlich kann man den Wanderweg in Elstaloder Priort verlassen. Geplant ist, die Besuchermit Hilfe des ÖPNV zum Ausgangsort zurück zubringen und die bestehende Route durchabzweigende Rundwanderwege zu ergänzen.Erst geheim, dann Geheimtipp; jetzt eine Land-schaft, die nach fast dreihundert Jahren be-hutsam wieder für die Öffentlichkeit erschlos-sen wird.

Es gibt viel zu tun ...Die Bürgermeister der Zweckverbandsgemein-den messen auch der Öffentlichkeitsarbeit eine hohe Priorität bei. Dazu gehört z.B., dassInformationsbroschüren und Karten verfügbarsein müssen: ein Handlungsfeld, das derZweckverband in Zusammenarbeit mit exter-nen Partnern, beispielsweise den Fremdenver-

Döberitzer Heide

Geführte Wanderungengehören zum Angebot desNaturschutzfördervereins.Sie starten meist vomNaturschutzzentrum inder Nähe von Elstal.Foto: Kühn

Gemeinsames Ziel derGemeinden im Zweckver-band i.G. ist die Entwick-lung des RegionalparksDöberitzer Heide, dieErschließung für die Nah-erholung und eine Auf-wertung der im Umlandbefindlichen Wohn- undArbeitsorte. Der Zweck-verband will bei der Ver-wirklichung dieser Zieledas Naturerbe DöberitzerHeide bewahren und ein nachhaltiges Natur-erleben sowie Erziehung,Bildung und Forschung imNatur- und Umweltschutzentwickeln.

Foto oben: Schutzhütteam Wanderweg bei Priort.Foto: Sciborski

Foto unten:„Wilde Nut-zungen“, hier Reiter imKerngebiet der DöberitzerHeide, machen demNaturschutzfördervereinwegen seiner Verkehrs-sicherungspflicht inletzter Zeit zunehmendProbleme.Foto: Sciborski

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kehrsvereinen, kurzfristig angehen kann.Entscheidend für die erfolgreiche Vermarktungder Erlebnismöglichkeiten in der DöberitzerHeide und ihrer Umgebung ist und bleibt dasAngebot an Aktivitäten. Drei Themenschwer-punkte bieten sich an:Natur, Wasser, Kultur und Geschichte. Hierkönnten Angebotspakete geschnürt werden,welche die verschiedenen Elemente kombi-nieren, beispielsweise:• Naturführung, Radtour, Besichtigung, ein-kehren,• Boot fahren, angeln, Besichtigung, Picknick,• Kremserfahrt, Besichtigung, Konzert, ein-kehren.Geschichtliches und Kulturelles findet sich inder Region nahezu auf Schritt und Tritt: Nebendem Militärgeschichtlichen und den Reliktender Olympischen Spiele von 1936 besitzt fastjede Ortschaft ihre kleineren oder größerenSehenswürdigkeiten. So hat Elstal nicht nur dasOlympische Dorf, sondern auch eine historischeEisenbahnersiedlung und einen Rangierbahn-hof zu bieten. Groß Glienicke und Marquardtverfügen jeweils über ein Schloss mit Park, NeuFahrland über die Villa Siemens mit Grünan-lage, Priort über das ehemalige Gut mit demdazugehörigen Park. In Seeburg ist eine Dorf-kirche aus dem 14. Jh. zu sehen, in Fahrland dieBlockwindmühle, bei Sakrow die Römer-schanze, um nur einige Beispiele zu nennen.Das Erleben der Natur, z. B. auf geführtenWanderungen, der Landschaft durch Freizeit-aktivitäten und Sport, regionaler Feste undVeranstaltungen und der Besuch der Sehens-würdigkeiten – das sind die großen Potentiale,die es durch den Zweckverband und die privaten Anbieter in der Region zu entwickelnbzw. bekannt zu machen und zu vermarktengilt.Bisher existieren dazu erst „zarte Ansätze“,meint der Bürgermeister von Dallgow-Döbe-ritz, Hans-Günter Heppe. Interessenten könnenz.B. bei Baldur Krumrich vom ElstalerGeschichtsverein „Historia“ Führungen durchdas Olympische Dorf buchen. Das Hotel Sper-lingshof organisiert Touren, welche die speziel-len Wünsche der Gäste berücksichtigen. ZurZeit wirtschafte jeder aber noch zu sehr fürsich, glaubt Heppe. So sei das Veranstaltungs-programm des Naturschutzfördervereins noch

zu wenig bekannt;„mal findet hier ein Kirchen-konzert statt, mal dort ein Dorffest“. Öffentlich-keitsarbeit, Koordination und Vermarktung –alles Hauptaufgaben für den künftigen Zweck-verband. Die Papiere für dessen Gründungliegen unterschriftsreif bei BürgermeisterHeppe auf dem Tisch.„Ich weiß, dass ich da inder Pflicht bin“, bekennt er,„der Zweckverbandkönnte sofort formell abgesegnet werden.“ Ob nun mit einer großen Pressekonferenz oderauf einer Tippel-Tappel-Tour durch die Gemein-den, die nur noch unterzeichnen müssten –„ich muss es nur machen“, gesteht der Bürger-meister. Na dann – packen Sie’s an.

Daten und Fakten

Einwohnerzahl Stand 1999: ca. 17.000 Bewohner

Landkreis / Amt / Einwohner Bevölkerungs-Gemeinde zahl (1999) dichte EW./km2

L A N D K R E I S H AV E L L A N D...........................................................................................amtsfreiDallgow-Döberitz 4.776 84...........................................................................................Amt WustermarkElstal 1.864 265Priort 671 141

L A N D K R E I S P OT S D A M M I T T E L M A R K...........................................................................................Amt FahrlandSeeburg 1.043 111Uetz-Paaren 427 32Groß Glienicke 3.041 297Satzkorn 568 86Fahrland 2.543 92Marquardt 935 178

Fachkundige Erläuterun-gen auf einer Botanik-Exkursion machen auchdie kleinsten Details imLeben der Pflanzen fürden Laien spannend undverständlich.Foto: NFV-DH

rechts: Ginster-Blüte imNaturschutzgebietFerbitzer Bruch. Hierwerden Galloway-Herdenzur Landschaftspflegeeingesetzt.Foto: Sciborski (rechts oben)Foto: NFV-DH (rechts unten)

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Erreichbarkeit aus der Berliner Innenstadt

Linie und TaktRB nach Priort über Pots-dam-Hbf oder SpandauTakt: 60 Min.

Fahrtdauerab Berlin-FriedrichstraßePriort: ca. 60 minDallgow-Döberitz: ca. 30 Min.

AnsprechpartnerGeschäftsstelle des Zweck-verbandes RegionalparkDöberitzer Heide i.Gr.Herr Heppe – BürgermeisterDallgow-DöberitzWilmsstr. 4114624 Dallgow-DöberitzTel: (03322) 298 40Fax: (03322) 36 82

Naturschutzzentrum Naturschutz-Förderverein„Döberitzer Heide“ e.V.Herr Hörisch/ Herr Sciborski Naturschutzzentrum 114627 ElstalTel: (033234) 7080Fax: (033234) 708 30

Tourismus– Hasenheidenberg Denk-mal (Obelisk)– Wanderwege DöberitzerHeide– Führungen mit demNaturschutz-Förderverein„Döberitzer Heide“

MuseenHeimatmuseum FalkenseeFalkenhagener Str. 7714612 FalkenseeTel: (03322) 222 88Öffnungszeiten: Do,So 14–18 Uhr; Di 10–12,14–18 Uhr

Museum der Stadt NauenRathausplatz 214641 NauenTel: (03321) 330 10Öffnungszeiten: Mi–So

Ortskern

Siedlungsgebiet

Wald

See

Verbindungsstraße

Bundesstraße

Autobahn

Bahnstrecke

S-Bahnhof

Regional-Bahnhof

R- + S-Bahnhof

0 2 4 6 8

Kilometer

Döberitzer Heide

Gesamtfläche: 14.425 ha

Flächenverteilung:Landwirtschaft 38%

Sonstiges 31%

Wasser 5%Verkehr 5%Siedlungen 7%

Wald 14%

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Blühende Landschaften? Na LogoSymbol für das organische, lebendige Wachs-tum der Regionalparks in Brandenburg undBerlin ist das von der Berliner Agentur Dorlandgestaltete Logo. Die Blume mit dem Branden-burger Tor in der Mitte symbolisiert nicht nurmit jedem Blütenblatt einen Regionalpark undseine geografische Lage. Sie steht mit ihrenacht schwungvollen, gelb-roten Pinselstrichenauch für die Dynamik dieser Regionen und dieblühenden Landschaften, die hier, am Über-gang vom Land zur Stadt, von Brandenburg zuBerlin, und umgekehrt, entstehen. Die Regio-nalparks sind auf dem Weg dorthin. Und zwarnicht mehr nur jeder Park für sich, sonderninzwischen auch gemeinsam.Damit hat die zweite Phase der Regionalpark-Entwicklung begonnen. Im April 2000 gründe-ten auf einer Tagung in Kremmen die anwesen-den Vertreter die „InteressengemeinschaftRegionalparks in Brandenburg und Berlin“ alsZusammenschluss aller Regionalparks. DieInteressengemeinschaft soll nicht nur die Kom-munikation zwischen den einzelnen Mitglie-dern fördern, sondern vor allem die Kräftebündeln, um die Interessen der Mitglieder ge-genüber Politik, Verwaltung, Fördermittel-gebern und der Öffentlichkeit mit größeremRückhalt und mehr Nachdruck zu vertreten

und fortan „mit einer Zunge zu sprechen“.Als eine der Hauptaufgaben der Interessen-gemeinschaft wurde die „institutionelle Koor-dination gemeinsamer Belange“ festgelegt.Weiterhin soll politische Überzeugungsarbeitunter den einzelnen Regionalparks wie auchauf der Ebene der beiden Länder geleistetwerden.

Entwickle die MöglichkeitenMindestens ebenso entscheidend wie dieseStärkung nach außen ist die Wirkung nachinnen: Über die Interessengemeinschaft sollder Informationsfluss zwischen den Mitglie-dern sicher gestellt und regelmäßige Treffenunter wechselndem Vorsitz abgehalten wer-den. So können die beteiligten Regionen ihreganz spezifischen Erfahrungen und Ideen zumNutzen aller Regionalparks in die Interessenge-meinschaft einbringen, muss das „Rad“ nichtmehr in jedem Regionalpark noch einmal „neuerfunden“ werden.Die treibenden Kräfte bei diesem Zusammen-schluss sind vor allem die drei Regionalparks,die mit ihrer Entwicklung am weitesten sind:Barnimer Feldmark, Krämer Forst und Müggel-Spree. In Zukunft wird es in den bisher nocham Anfang ihrer Entwicklung stehendenRegionalparks vermehrt darauf ankommen,beide Phasen gleichzeitig anzugehen: dielokale Kommunikation und Kooperation in derjeweiligen Region zu befördern und in derInteressengemeinschaft den eigenen Regional-park zu repräsentieren und von den anderen zuprofitieren.Über die kontinuierliche Weiterentwicklung derRegionalparks, gerade auch über den vielver-sprechenden Zusammenschluss in der Interes-sengemeinschaft, besteht die einzigartigeChance, den nachhaltigen, zukunftsfähigenUmgang mit den vorhandenen Wirtschafts-,Lebens- und Freiräumen in einem geschlosse-nen Ring um die deutsche Hauptstadt modell-haft umzusetzen. Damit werden in diesemRegionalpark-Ring zahlreiche lokale Agenda-Prozesse in Gang gesetzt, findet ein umfassen-der Interessenausgleich zwischen den zahllo-sen Akteuren verschiedenster Couleur statt,können die in den Landschaften steckendenMöglichkeiten demokratisch und zukunftsfähigentwickelt werden.

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Ausblick

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66 Seen sehenÜber die Regionalparks lesen ist das eine, dasandere ist, Land und Leute selber zu erleben.Vor mehr als einem Jahrhundert beschrieb derDichter Theodor Fontane seine Erfahrungen aufden „Wanderungen durch die Mark Branden-burg“. Auch heute gibt es für Menschen, die auf„Erwanderungen“ eigene Erfahrungen sam-meln wollen, nichts besseres, als sich selbst aufden Weg zu begeben, die vielfältigen Land-schaften und ihre Bewohner unmittelbar zuerleben.Manfred Reschke ist so ein passionierter Wan-derer. Er hatte sich in den Kopf gesetzt, eineinteressante Wanderroute einmal rund umBerlin ausfindig zu machen und diese in einemWanderführer zu beschreiben. In zweijährigerArbeit erkundete er die Region um Berlin, liefzahlreiche Wege ab und fügte aus vielenAbschnitten eine attraktive Route zusammen:den 66-Seen-Weg. Den Untertitel „Regional-park-Route“ trägt dieser Weg zu Recht, dennman lernt auf diese Weise nicht nur 66 Seen inder berlinnahen Region kennen, sonderndurchwandert auch alle Regionalparks. Esbedarf allerdings etlicher Tagesmärsche, um

Berlin auf diesem 374 km langen Weg zuumrunden. Alle Etappen sind vom Autor soausgearbeitet, dass die An- und Abreise mit derS- bzw. Regionalbahn möglich ist.Manfred Reschke kam es nicht nur darauf an,den Seenreichtum auf der Route erlebbarzumachen, sondern die Vielfalt der Landschaf-ten Brandenburgs insgesamt zu zeigen. Der 66-Seen-Weg präsentiert einen Querschnittlandschaftlicher Kostbarkeiten aus den Regio-nalparks: trockene Kiefernwälder, feuchteAuenwälder, Heidelandschaften, Feuchtwiesen,Gräben, Kanäle, kleine Dörfer und größereLandstädte.Es gibt so viel zu entdecken zwischen Berlinund Brandenburg. Erfrischend, dass man unter-wegs immer mal wieder baden gehen kann.

Lebenslust und jugend-licher Übermut: Da gehtman schon mal absichtlichmit seinen Erfahrungenbaden.Foto: Uhlenhut

Manfred Reschke, Die 66-Seenwanderung durch dieRegionalparks um Berlin.Trescher-Verlag, Berlin: Juni2000, 24,80 DM

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Abbildungen

Agrarmuseum Wandlitz (Agrarmuseum)ag.u Lange + Grigoleit (ag.u)Hartmut SolmsdorfFotoatelier ArnhardtAuen- und Gewässerschutzverein Müggelspree e.V. (AGM)Hedwig BollhagenBerliner Fahrgastverband IGEBHildur-Mathias BernitzChristel DebusmannDieter FülleFörderverein Landschaftspark Nordost e.V. (FLNO)Christian GeringKarin HahnMartin HasselbachHarald KnauerKultur und Tourismusverband Dahmeland e.V. (KTVD)Landschaftspflegeverein Teltow-Fläming (LPV-TF)Frank LiebkeJustus MeißnerOlaf MöldnerReinhard MünchNaturpark Barnim (NP Barnim)Naturschutzförderverein Döberitzer Heide (NFV-DH)Regionalpark Barnimer Feldmark e.V. (RP BFM)Sören Schöbel-RutschmannHans SciborskiMario SchrumpfOskar TschörnerManfred UhlenhutKonrad Wita

Literaturangaben

Ermer, Klaus 1998: Ländergrenzen überschreiten In: Garten+ Landschaft, Jg. 108, Heft 10/98, S. 17–19

Forschungsgruppe Stadt + Dorf: Dokumentation über das1. Symposium des Gemeindeforums Havelseen 1996

Forschungsgruppe Stadt + Dorf 1998: Dokumentation zum2. Symposium Gemeindeforum Havelseen. „Umwelt undErholung an den Havelseen“. 17. Oktober 1997 in Potsdam.Berlin.

Gemeinsame Landesplanungsabteilung GL11 1999:Flächenpools zum Landschaftsaufbau. Potsdam

Gemeinsame Landesplanungsabteilung GL11 1998:Regionalparks in Berlin und Brandenburg. 1. Aufl.,Potsdam, Berlin.

Gemeinsame Landesplanungsabteilung GL11 1998:Regionalpark Müggel-Spree. Dokumentation des Works-hops am 15. August 1997 im Alten Rathaus Fürstenwalde.Potsdam, Berlin.

Gemeinsame Landesplanungsabteilung, GL11 1999:Regionalpark Krämer Forst. Wege und Ziele. Potsdam, Ber-lin. (Faltblatt)

Gemeinsame Landesplanungsabteilung, GL11 1999:Regionalpark Müggel-Spree, Ideen und Konzepte, –Kurzbroschüre

Förderverein Landschaftspark Nordost e.V. 1998: Einegrüne Lunge für Berlin (Broschüre)

Projektbericht: „Regionalpark Krämer Forst” SS 1998/WS1998/99, Hauptstudiumsprojekt. Studiengang Land-schaftsplanung. Fachbereich 07, Umwelt und Gesellschaftan der Technischen Universität Berlin.

Sinning, Heidi 1999: Eine Kette von Regionalparks imUmland von Berlin. Vorabauszug aus Band 3 des For-schungsprojekts: Freiraum – Siedlung – Kooperation. Ver-änderung der Arbeits- und Organisationsformen in derFreiraum- und Siedlungsentwicklung. Selle, Klaus (Hrsg.)1999, Hannover. Band 3: Beispiele der Freiraumentwick-lung aus Stadt und Region., S. 15–36

Nachhaltige Entwicklung des Metropolenraumes Berlin-Brandenburg, Schlüsselprojekt Regionalpark BarnimerFeldmark Kulturland Brandenburg (Faltblatt)

Visionen zum Anfassen Der Regionalpark Barnimer Feld-mark Decent-Verlag (DM 19, 80)

Mit dem Feldmärker unterwegs im Regionalpark –Jahresüberblick- Video (DM 30,–) zu beziehen über denVerein Regionalpark Barnimer Feldmark e. V.

Entwicklungsraum Berlin-Barnim Kulturbuch-Verlag GmbH(DM 8,–)

Eine Landschaft mit Aussicht. VeranstaltungskalenderWerkstatt Barnim Tel: (030) 92 79 98 31

Wohin geht´s am Wochenende? Natur, Kultur und Tourenam südlichen Stadtrand von Berlin (in Vorbereitung, DM24,80 incl. Karte) zu beziehen über: Natur & Text

Regionalpark Krämer Forst: Eine Region stellt sich vorBroschüre (Schutzgebühr: 2,– DM) zu beziehen über:Förderverein Regionalpark Krämer Forst e.V.

Gutachten

ag.u Lange + Grigoleit 1996: Regionalpark BarnimerFeldmark. Entwicklungskonzeption und Maßnahmenpro-gramm. Berlin.

Basler + Partner 1999: Regionalpark Döberitzer Heide,Grundlagen zur Weiterentwicklung

complan/PLANGRÜN 1998: Regionalpark Krämer Forst.Landesplanerische Entwicklungskonzeption und Maß-nahmenprogramm. Berlin.

RAUMKONZEPT 5 1998: Regionalpark Müggel-Spree.Entwicklungskonzeption & Maßnahmenprogramm. Berlin,Potsdam.

Römer, Ricarda 1999: Regionalparks um Berlin, Anwendungder neuen Planungskultur zur Freiraumsicherung undQualifizierung der Landschaft – Ein Querschnittsvergleich– Diplomarbeit im Fach Stadt- und Regionalplanung amFachbereich 07 Umwelt und Gesellschaft der TechnischenUniversität Berlin

Schöbel-Rutschmann, Sören 1997: Regionalpark Teltow.Parkmanagement & Projektentwicklung. Berlin, Potsdam.

Schrumpf, Mario, LAGS Barnim (Hrsg.) 1996: Naturpark-projekt Barnim, Rahmenkonzept für Schutz, Pflege undEntwicklung. Zepernick.

Schumacher, H., Solmsdorf, H. u. Hallmann, H.W. : DiePotsdamer Kulturlandschaft – eine Untersuchung des historisch-kulturellen Landschaftspotentials. Arb. H. 2d.Brandenburg. Landesamtes f. Denkmalpflege. Potsdam1993 (2. Aufl. 1997)

Solmsdorf, H.: Resolution zur Erhaltung und Entwicklung derPotsdamer Kulturlandschaft. Hg. Bund Deutscher Land-schaftsarchitekten/Ges. f. Öffentlichkeitsarbeit, Bonn 1994.

Adressen

Gemeinsame Landesplanungsabteilung Berlin-Brandenburg GL11Lindenstraße 34a, 14467 PotsdamTel: (0331) 866 76 72, Fax: (0331) 866 76 28

Natur & TextFriedensallee 21, 15834 RangsdorfTel: (033708) 204 31, Fax: (033708) 204 33e-mail: NUT-Brandenburg@ t-online.de

Kulturbuch Verlag GmbHSprosserweg 3, 12351 Berlin,Tel: (030) 661 84 84, Fax: (030) 661 78 28

Decent-VerlagPetra Rietzschel, Schloßstr. 7, 16356 BlumbergTel:/Fax: (033394) 709 07

Literaturverzeichnis, Abbildungsnachweis

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Impressum

AuflagePotsdam, Januar 20016.000 Exemplare2. Auflage deutsch

HerausgeberMinisterium für Landwirt-schaft, Umweltschutz undRaumordnung des LandesBrandenburgReferat Presse- und Öffent-lichkeitsarbeitHeinrich-Mann-Allee 10314473 PotsdamTel: (0331) 866 72 37

Senatsverwaltung für Stadtentwicklungdes Landes BerlinReferat ÖffentlichkeitsarbeitWürttembergische Str. 610707 BerlinTel: (030) 9012-0

ProjektleitungGemeinsameLandesplanungsabteilung der Länder Berlin undBrandenburg GL 11Lindenstr. 34a14467 PotsdamTel: (0331) 866 76 72Fax: (0331) 866 76 28

Projektkoordinationag.u Lange + GrigoleitLandschaftsarchitektur +Umweltplanung

RedaktionJörg Götting-FrosinskiBert Grigoleit

Redaktionelle MitarbeitAngela BaufeldDr. Peter ViertelRicarda Römer

KartografieDominik Link

Gestaltungde'blik berlin

LithoKiflu, elch Grafics

DruckSaladruck

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