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Bundesamt für Kommunikation Aktuelle Regulierungsprobleme in Telekom-Märkten Roberto Balmer BAKOM Universität St. Gallen, 17. Mai 2013 Die präsentierte Meinung ist diejenige des Autors und deckt sich nicht zwangsläufig mit derjenigen des BAKOM

Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

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Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

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Page 1: Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

Bundesamt für Kommunikation

Aktuelle Regulierungsprobleme in

Telekom-Märkten

Roberto Balmer

BAKOM

Universität St. Gallen, 17. Mai 2013

Die präsentierte Meinung ist diejenige des Autors und deckt sich nicht zwangsläufig mit derjenigen des BAKOM

Page 2: Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

2

Agenda

1) Einleitung

- Telekom Rahmenbedingungen

- Weshalb Wettbewerb fördern

- Übersicht Wirtschaftspolitik (Mikro)

- Regulierungsprozess

2) Wettbewerbsprobleme identifizieren (Marktmacht)

3) Wettbewerbsprobleme lösen (Regulierungsmittel)

4) Praxis

- Technologie

- Verfahrensabläufe

- Entbündelung des Teilnehmeranschlusses

- Mietleitungen

Einleitung Wettbewerbsproblem

identifizieren

Wettbewerbsproblem

lösen

Praxis

Entbündelung TAL Praxis

Mietleitungen

Page 3: Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

3

Telekom Rahmenbedingungen 1/2

Wichtigste Dienste: Festnetz- und Mobiltelefonie und Internet

1998 - Aufteilung des Bundesbetriebs PTT in Swisscom AG und Post

- Börsengang der Swisscom. 33% der Aktien werden verkauft.

- Der Bund kontrolliert die Swisscom weiterhin mit einer Beteiligung

von 66% welche er über die Jahre auf 56% (2013) abbaut.

- Die Kontrolle wird durch einen Bundesvertreter im Verwaltungsrat

und strategische (keine operativen) Ziele des Bundesrats ausgeübt

- Liberalisierung: Andere Anbieter dürfen Telekomdienste anbieten

2000 - Swisscom (35%) und andere Aktionäre verkaufen ihre Beteiligung an

der Cablecom.

- Erstes Swisscom ADSL Angebot

1998 Sicherstellung, dass andere Anbieter auch in den (Telefonie) Markt

eintreten können: Festlegung der Bedingungen (Regulierung) von

unverzichtbaren Zugangsprodukten des Ex-Monopolisten (z.B.

Interkonnektion, z.B. Carrier Selection)

Einleitung Wettbewerbsproblem

identifizieren

Wettbewerbsproblem

lösen

Praxis

Entbündelung TAL Praxis

Mietleitungen

Page 4: Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

4

Telekom Rahmenbedingungen 2/2

2007 Sicherstellung dass andere Anbieter auch in den (Breitband) Markt

eintreten können, durch Regulierung von unverzichtbaren

Zugangsprodukten des Ex-Monopolisten (z.B. Entbündelung des

Kupferanschlusses)

Einleitung Wettbewerbsproblem

identifizieren

Wettbewerbsproblem

lösen

Praxis

Entbündelung TAL Praxis

Mietleitungen

2007 Volksabstimmung Stadt Zürich, Entscheid der Gemeinde über das EWZ

ein Glasfasernetz zu bauen (Kredit 200 Mio. Fr.)

2011 “Round Table“ der ComCom

- Standardisierung der Glasfaseranschlüsse

- Koordination des Netzausbaus (Multifasermodell)

2012 Versteigerung der Mobilfunkfrequenzen Aufbau von 4G Netzen

2012/3 BAKOM Arbeitsgruppe für Hochbreitband (NGA)

Abdeckungsperspektive

1. Nachfrageanalyse

2. Breitbandatlas

3. Leitlinien für Gemeinden

Page 5: Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

5

Übersicht Wirtschaftspolitik (Mikro) Wettbewerbspolitik

Regulierungspolitik

rot in der Schweiz im Gegensatz zur EU nicht oder nur teilweise der Fall

Einleitung Wettbewerbsproblem

identifizieren

Wettbewerbsproblem

lösen

Praxis

Entbündelung TAL Praxis

Mietleitungen

Struktur Unabhängige Wettbewerbsbehörde (Weko) Unabhängige Regulierungsbehörde (z.B.

ComCom (Telekom), Elcom (Elektrizität),

SKE (Schiene))

Anwendungs

-bereich

- Kartelle (Art. 5 KG)

- Zusammenschlüsse (Art. 9 KG)

- Missbrauch von Marktmacht

(Verweigerung Geschäftsbeziehungen,

Diskriminierung, unangem§essene

Preise, etc.) (Art. 7 KG)

- öffentliche Beihilfen

- Interventionen in Bereich wo nach der

Liberalisierung noch Marktbeherrschung

weiterbesteht (Art. 11 FMG)

- Endkunden und Vorleistungsmärkte

Regulierungs

-mittel

- Bussen (max. 10% des Umsatzes)

- Untersagung von Zusammenschlüssen

(oder Zulassung mit Auflagen)

- Bei Kartellen strafrechtliche Verfolgung

beteiligter Manager

Wahl und Erzwingung der der

Regulierungsmittel:

- Zugang

- Transparenz

- Nicht-diskriminierenden Bedingungen

- Kostenorientierten Preisen (z.B. LRIC)

Konsultation - Konsultation der Regulierungsbehörde - Konsultation der Wettbewerbsbehörde

Timing - ex-post - ex-ante

Frequenz - Gelegentliche Interventionen - Kontinuierliche Interventionen

Ziel Sicherstellung von Wettbewerb Sicherstellung von Wettbewerb, allenfalls

weitere Ziele

Page 6: Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

6

Markt-

definition

Markt-

beherrschung

(MB)

Wahl

Regulierungs-

instrumente

(Remedies)

Implemen-

tierung

Regulierungs-

instrumente

«Spielfeld

abgrenzen»

Besteht ein

Wettbewerbs-

problem?

Lösung des

Problems Implementierung

Regulierungsprozess Arbeitsteilung Wettbewerbsbehörde - Regulierungsbehörde

In der Schweiz gibt es keine gesetzliche Regelung*. In den Nachbarstaaten muss die Regulierungsbehörde mit dem «Drei

Kriterien Test» für die regulierten Märkte zeigen

1) Dass eine Intervention der Wettbewerbsbehörde nicht ausreicht

I.d.R. wo häufige, rasche und aufwändige Marktinterventionen notwendig sind - also wo antikompetitives Verhalten

weit verbeitet ist - und wo die Setzung einer Busse das Wettbewerbsproblem nicht löst.

Missbrauch von Marktmacht (z.B. unangemessene Preise) ist insbesondere oft schwer zu beweisen. Wo eine rasche

Intervention notwendig ist, ist die Regulierung effektiver, da kein Missbrauch nachgewiesen werden muss.

2) Dass hohe Markteintrittshürden bestehen (z.B. versunkene Kosten)

In solchen Fällen macht es Sinn den Markteintritt von alternativen Anbietern urch regulierte Zugangsprodukte

sicherzustellen

Und 3) Dass Keine langfristigen Tendenzen zu Wettbewerb erkennbar sind (z.B. Potentieller Wettbewerb)

Ablauf Regulierung

Einleitung Wettbewerbsproblem

identifizieren

Wettbewerbsproblem

lösen

Praxis

Entbündelung TAL Praxis

Mietleitungen

Quelle: ERG Report on Guidance on the application of the three criteria test

* Aber u.a. BVGer Urteil Mobilterminierung B-2050/2007 vom 24. Februar 2010

Page 7: Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

7

Wettbewerb sicherstellen – Weshalb? • Monopolist, ein Gut:

• Bei p≠MC Wohlfahrtsverlust - «deadweight loss»

• Keine Wettbewerbspreise? Mögliche Gründe: Ausübung von Marktmacht über

Preise («conduct») oder z.B. Steuern

• Volkswirtschaftslicher Nutzen wird bei Wettbewerbspreisen maximiert. Dieser

Preis kann Resultat des freien Wettbewerb sein oder auch durch einen

Regulator festgesetzt werden.

Quelle: Tirole, Industrial Organization, Kap. 1

Einleitung Wettbewerbsproblem

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Wettbewerbsproblem

lösen

Praxis

Entbündelung TAL Praxis

Mietleitungen

Page 8: Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

8

Marktdefinition 1) Sachlich relevanter Markt (Art. 11 Abs. 3a VKU)

„Der sachliche Markt umfasst alle Waren oder Leistungen, die von der Marktgegenseite hinsichtlich ihrer Eigenschaften und ihres vorgesehenen Verwendungszwecks als substituierbar angesehen werden.“

2) Räumlich relevanter Markt (Art. 11 Abs. 3b VKU)

„Der räumliche Markt umfasst das Gebiet, in welchem die Marktgegenseite die den sachlichen Markt umfassenden Waren oder Leistungen nachfragt oder anbietet.“

Praxis:

Von kleinstmöglicher Marktdefinition ausgehen.

- Markt erweitern wenn Nachfrager bei Preiserhöhung signifikant auf Gut ausweichen

- Markt allenfalls auch erweitern wenn Anbieter bei Preissenkung problemlos auch das andere Gut anbieten können (z.B. Migros/Globus)

- Allenfalls Märkte noch unterteilen wenn unterschiedliche Wettbewerbsverhältnisse vorliegen (z.B. Netzteile oder regional).

Einleitung Wettbewerbsproblem

identifizieren

Wettbewerbsproblem

lösen

Praxis

Entbündelung TAL Praxis

Mietleitungen

Page 9: Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

9

MB: Structure-Conduct-Performance

Quelle: Davis, Quantitive Techniques for Competition and Antitrust Analysis, Kap. 6

• Vor dem Aufkommen der Spieltheorie (Nash) beherrschte das simple SCP Paradigma die

Industrieökonomik (1950er Jahre)

• Kausalität zwischen der Marktstruktur, (Wettbewerb) und Marktergebnis (z.B. Preis, Profit)

• Bain (1950): Regressionen von Profiten auf die Marktstruktur (HHI) - jeweils positive

Koeffizienten; direkte Kausalität.

• SCP ist eher veraltet (Marktstruktur nicht exogen, Profit schwer zu messen).

Strukturparameter (Anzahl Anbieter, Marktanteile, HHI) werden in Marktanalysen jedoch als

wichtige Indikatoren weiterhin beigezogen.

Einleitung Wettbewerbsproblem

identifizieren

Wettbewerbsproblem

lösen

Praxis

Entbündelung TAL Praxis

Mietleitungen

Page 10: Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

10

MB: New Empirical Industrial Organization

• SCP ist «old IO», «NEIO» ist kohärent mit Spieltheorie; Beispiel

• Strukturelle Nachfrage/Angebotsmodelle können mit entsprechenden Preis-,

Volumendaten etc. die direkte «Messung» der Wettbewerbsintensität erlauben.

• Nachfrage

• Inverse Nachfragefunktion (1)

• Marginalkostenfunktion

• Angebot; F.O.C. des Profitmaximierungsproblems welches dank Lamda ist in der

Lage sowohl PC, Cournot oder Kartell räpräsentieren:

F.O.C.

• Lamda=«conduct»

• Daraus folgt Angebotsrelation (2)

Quelle: Bresnahan 1982. “The oligopoly solution concept is identified”

Einleitung Wettbewerbsproblem

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Wettbewerbsproblem

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Praxis

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Mietleitungen

Page 11: Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

11

• Simultane ökonometrische Schätzung von (1) und (2)

(1)

(2)

• Identifikation wie üblich: Eine Gleichung ist identifiziert, wenn mindestens eine Variable

von der Gleichung ausgeschlossen ist. Wenn es also ein Variable gibt, die ausschliesslich

die Nachfrage verschiebt (z.B. Haushaltseinkommen), ist die Angebotsfunktion identifiziert

und umgekehrt (Kostenschieber können z.B. Inputpreise sein).

• In diesem Fall können die meisten Parameter geschätzt werden (inkl. Nachfrage-

elastizitäten etc.). Gamma erlaubt jedoch keine Rückschlüsse auf Lamda (Marktmacht).

Lösung

1) Wenn man Beta1 (daher die Kostenfunktion) kennt, erlaubt Gamma die Berechnung von

Lamda. Also z.B. wenn man weiss/annimmt dass MC konstant sind (Beta1=0).

2) Wenn neben Kosten und Nachfrageschiebern auch nachfragerotierende Variablen (Z) zur

Verfügung stehen (d.h. Variablen, die neben dem Niveau auch Steigung der Nachfragefunktion

verändern) ist ebenfalls eine Schätzung möglich.

Neue Nachfrage

Neue Angebotsrelation mit Interaktionsterm

(2’)

- Schliesslich kann man z.B. ökonometrisch testen ob Lamda=0 oder nicht. Tests sagen uns

welche Wettbewerbsmodalität die beobachteten Daten am besten erklärt.

- Regressionen in der Schweiz noch eher rar, international auf dem Vormarsch.

MB: New Empirical Industrial Organization

Einleitung Wettbewerbsproblem

identifizieren

Wettbewerbsproblem

lösen

Praxis

Entbündelung TAL Praxis

Mietleitungen

Page 12: Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

12

Regulierungsinstrumente Schweiz

• Regulierungs-

instrumente

(Art. 11 FMG)

• Preisregulierung

(Art. 54 FDV)

Einleitung Wettbewerbsproblem

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Wettbewerbsproblem

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Praxis

Entbündelung TAL Praxis

Mietleitungen

Page 13: Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

13

Praxis

• 1998-2007: Nur Regulierung der Interkonnektion

• Ab 2007: u.a. Entbündelung der letzten Meile

Nur Kupfer

Nur Kupfer

Kupfer und Glas

Einleitung Wettbewerbsproblem

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Wettbewerbsproblem

lösen

Praxis

Entbündelung TAL Praxis

Mietleitungen

Page 14: Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

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Technologie

Manhole

Kupfer max. 750m

Kupfer max. 200m

Glas

Kupfer

Street

Cabinet

Fiber to the

Curb (FTTC)

VDSL Fiber to the

Street (FTTS)

Fiber to the

Building (FTTB)

Fiber to the Home

(FTTH)

ADSL Anschluss- zentrale

Swisscom

„Letzte Meile“, «Teilnehmeranschluss»

BEP

Einleitung Wettbewerbsproblem

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Wettbewerbsproblem

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Praxis

Entbündelung TAL Praxis

Mietleitungen

Page 15: Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

15

Ausschl.eigene Infrastruktur

(unabhängiger Zugang

zum Endkunden)

Das Telekom-Business für OLOs

Entbündelung

Anschlusszentrale

Purer Weiterverkauf von

Produkten an Endkunden

BBCS/Bitstream - DSLAM (Schweiz, EU) - parent Node (EU) - distant Node (EU)

Entbündelung

Street-Cabinet

Entbündelung

Manhole

Entbündelung

Gebäude

Nötige Zugangsprodukte (Kupfer & Fiber)

für alternative Anbieter ab Zugangspunkt

Einkauf Mietleitung (inkl. Ethernet)

Einkauf Dark Fiber

Einkauf Kabelkanalisation

Eigene Infrastruktur

+

Unterstützende Wholesaleprodukte (um den

Zugangspunkt überhaupt zu erreichen)

Physisches

Netz OLO Zugangspunkt

X

Beispiel: Fernnetz

Anschluss-

zentrale

Street-

cabinet

Man-

hole

I

G

An

teil

eig

en

e In

fra

str

uktu

r

Glasfaser alternativer Anbieter (siehe auch rechte Seite)

Glasfaser marktbeherrschende Anbieter

Kupfer marktbeherrschender Anbieter

Einleitung Wettbewerbsproblem

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Wettbewerbsproblem

lösen

Praxis

Entbündelung TAL Praxis

Mietleitungen

Page 16: Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

16

Praxis: Ablauf der ex-post

Regulierung in der Schweiz generell • Basisangebote der marktbeherrschenden Anbieterin

• Verhandlung der Marktteilnehmer (Verhandlungsprimat)

• Bei Dissens: Gesuch zuhanden der ComCom –

Zweiparteienverfahren

• Anhörung der beiden Parteien

• Falls notwendig Abklärung der Marktbeherrschung

• Kostennachweis der marktbeherrschenden Anbieterin

• Beurteilung des Kostennachweises/Überprüfung der

Rechtsanwendung

• BAKOM stellt Verfügungsantrag & ComCom erlässt

Verfügung (anfechtbar nur vor BVGer)

Einleitung Wettbewerbsproblem

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Wettbewerbsproblem

lösen

Praxis

Entbündelung TAL Praxis

Mietleitungen

Page 17: Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

17

Fallbeispiel TAL

• Was ist eine TAL?

• Eröffnung des Verfahrens

• Frage der Marktbeherrschung

• Kostennachweis

Einleitung Wettbewerbsproblem

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Wettbewerbsproblem

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Praxis

Entbündelung TAL Praxis

Mietleitungen

Page 18: Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

18

Abriss Prozessgeschichte

• August 2007: diverse Gesuche zu den Bedingungen und Preisen des TAL-Angebots von

Swisscom

• August 2007: Marktbeherrschung bei TAL Leitungen von Swisscom nicht bestritten, d.h.

wird in diesem Markt keine Marktdefinition und Marktanalyse durchgeführt.

- Aber: In der Regel hohe Fixkosten, tiefe Marginalkosten, subadditivität,

Bereitstellung durch nur ein Unternehmen kostengünstiger: natürliches

Monopol*.

- FTTH?

• Dezember 2007: Übergabe des Kostenmodells COSMOS, Prüfung der eingereichten

Beweismittel und der Kostenallokation (Kostennachweis) bis Mai 2008

• Mai 2008: Konsultation des Preisüberwachers

• Juli-August 2008: Schlussstellungnahme der Parteien

• September 2008: Ausarbeiten des Verfügungsantrags

• Oktober 2008: Eröffnung der Verfügung durch die ComCom

14 Monate, andere Verfahren z.T. noch länger. Problematik von «ex-post».

*Quelle: Z.B. Amt für Kommunikation Liechtenstein: «Marktanalyse physischer Netzzugang (M4)», 2009

Einleitung Wettbewerbsproblem

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Wettbewerbsproblem

lösen

Praxis

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Mietleitungen

Page 19: Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

19

Preisberechnung TAL 1/3

• LRIC=Long run incremental costs

• Produkt Kupfer-Teilnehmeranschluss, verlegt in Kabelkanalisationen im Anschlussnetz

• Der regulierte Zugangspreis orientiert sich ausschliesslich an den Kosten für die

Bereitsstellung dieses Zugangsprodukts!

• Frage: Welche Kosten würde ein effizienter Anbieter haben um die bestehenden

Haushalte in der Schweiz mit einer Kupferleitung vom Haus bis in die lokale

Anschlusszentrale zu erschiessen.

• Antwort: Vor allem «Neuerstellung» Kabelkanalisationen (Bauarbeiten), «Einzug» Kabel,

Verwaltungskosten.

• Kostenberechnung basierend auf Kostennachweis von Swisscom für einen effizienten

Anbieter; ComCom korrigiert wo nötig.

• Ähnlich wie «Vollkosten» (Vorlesung 4-4), jedoch mit Anpassungen. Vollkosten nutzen

tatsächliche/historische Kosten der Unternehmung und eliminieren Anreize zur

Kostenreduktion.

• Daher werden die Kosten eines effizienten Anbieters simuliert. Die Anreize für die reale

Unternehmung effizienter zu werden bestehen daher auch bei Regulierung weiter. Die

Kosten werden je nachdem nutzungsbasiert oder preisbasiert zugeschlagen

(«preisbasiert» wird z.B. wird neben direkten Kosten ein Zuschlag für

«Verwaltungskosten» von 6% auf regulierte Dienste angewandt).

Einleitung Wettbewerbsproblem

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Wettbewerbsproblem

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Praxis

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Mietleitungen

Page 20: Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

20

Preisberechnung TAL 2/3 • Der Zugangspreis orientiert sich in der Schweiz also ausschliesslich an den Kosten des

Zugangsprodukts!

a) Also keine ECPR in der Schweiz. Bei ECPR würde der Ex-Monopolist zusätzlich zu

den Kosten für das Verlieren von Profiten auf dem Endkundenmarkt entschädigt

(Opportunitätskosten).

Grund: Ex-Monopolist kann diese Kunden auch halten wenn er effizienter ist bzw. sich

im Endkundenmarkt durchsetzt. Er muss nicht dafür kompensiert werden in

Wettbewerb einzutreten.

Risiko dass Wettbewerb (Ziel!) auf dem Endkundenmarkt negative Einflüsse auf die

Qualität hat existiert; es wird u.a. durch die Grundversorgung minimiert.

b) Also ebenfalls keine Ramsey Preise - welche den volkswirtschftlichen Nutzen

maximieren unter der Bedingung, dass das Unternehmen seine Kosten decken kann

(inkl. Fixkosten). Diese hängen von der Nachfrage (bzw. -Elastizitäten ab), ähnlich

wie die Monopolpreise.

Sie werden in der Praxis nicht benutzt, da Nachfrageelastizitäten geschätzt

werden müssen und die Methoden dafür noch zu wenig verbeitet und

verlässlich sind

*Quelle: Österreichische Gesellschaft für Telekommunikationsregulierung: «Ansatz der FL LRAIC», 1999

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Praxis

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Mietleitungen

Page 21: Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

21

Preisberechnung TAL 3/3

• Der Preis für die TAL wurde beim Entscheid 2008 von

ursprünglich 31.00 CHF auf 18.18 CHF pro Monat gesenkt

• Innerhalb von zwei Jahren wurden 56‘843 TAL entbündelt

• Inzwischen jedoch rückläufig bei ca. 10% der Anschlüsse

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Wettbewerbsproblem

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Praxis

Entbündelung TAL Praxis

Mietleitungen

Page 22: Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

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Bonus - Fallbeispiel Mietleitungen (MLF)

• Einzelmarktbeherrschung

• Datenübertragungskapazität zwischen beliebigen zwei Punkten in der Schweiz, z.B.

1Gpbs/1Gpbs

Verfahrensgegenstand

Angebotspflicht: Swisscom anerkennt Marktbeherrschung lediglich bei traditionellen

Mietleitungen im Anschlussnetz/terminierenden Netz bis 2 Mbits ausserhalb der 6

Agglomerationen.

Festsetzung kostenorientierter Preise, einzelne Vertragsbestimmungen (Reziprozität,

Zins);

Rechtliches:

- BVGer bestätigt: Keine Beschränkung nach Art. 11 FMG auf bestehendes Kupfernetz,

da nicht explizit erwähnt.

- ComCom ist nicht an Gutachten der Weko gebunden, auch ihr ist bei

Wettbewerbsfragen in Telekommunikationssachen Expertenstatus zu attestieren.

Einleitung Wettbewerbsproblem

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Wettbewerbsproblem

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Praxis

Entbündelung TAL Praxis

Mietleitungen

*Quelle: ComCom Teilverfügung Mietleitungen 10.3.2010 und BVGer Entscheid 2969/2010 vom 28.2.2012

Page 23: Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

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Telekomnetze in der Schweiz

Trunkorte /

Trunknetz

Keine Trunkorte /

Terminierendes Segment des

Netzes

Basel

Zürich

St. Gallen

Lausanne

Bern

Genf

Luzern

Biel

Kriens

Chur

Davos

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Wettbewerbsproblem

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Praxis

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Mietleitungen

Page 24: Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

24

Marktanalyse - Überblick

• sachlich relevanter Markt: sämtliche mietleitungs-fähigen Übertragungstechnologien (insbes. Kupfer, Glas, alle Bandbreiten)

• räumlich relevanter Markt: national einheitlicher Markt

• Trunksegment: Netz in dem Verbindungen von mind. 3 verschiedenen Anbieterinnen mit eigener Infrastruktur besteht

keine Marktbeherrschung;

• Terminierendes Segment: Netz in dem Verbindungen von weniger als 3 verschiedenen Anbieterinnen mit eigener Infrastruktur besteht

Marktbeherrschung

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Wettbewerbsproblem

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Praxis

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Mietleitungen

Page 25: Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

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Sachlich relevanter Markt (BVGer) • Koax Mietleitungen sind keine Substitute. Ringförmige

Ausbaustruktur bei CATV Netzen führt zu grossen

Bandbreitenschwankungen. „Pseudowire“ heute irrelevant (aber in

Zukunft sorgfältig zu prüfen).

• Richtfunk Mietleitungen sind keine Substitute (Sichtkontakt

notwendig, Interferenzen).

• Fazit: Mietleitungen auf Basis von Kupfer und Glas relevant

• TAL/Kabelkanalisationen: Nachfrageseitig keine Substitute für

alternative Anbieter, da „grosse Investitionen“ notwendig um

Mietleitungen herzustellen (also andere Wertschöpfungsstufe).

• Marktunterteilung bei 2 Mbits? Nachfrageseitig fehle eine

Substitutionslücke, da es keine grossen Bandbreitensprünge gebe.

Die Marktanteile seien genügend homogen in den verschiedenen

Klassen (>50%), deshalb seien weitere empirische Analysen (SSNIP)

auch nicht notwendig.

• Schliesslich: Ein einziger gemeinsamer Wholesale + Endkunden-

markt (weitgehend identische Produkte)

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Wettbewerbsproblem

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Page 26: Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

26

Räumlich relevanter Markt

• Swisscom: fordert räumliche Abgrenzung von 6 Agglomerationen wo Wettbewerb bei terminierenden Segmenten herrscht

• ComCom: nicht notwendig, da Wettbewerbsverhältnisse landesweit (noch) genug homogen (Marktanteile >50%)

• BVGer bestätigt: Das Gebiet kann dann national definiert werden, wenn die Wettbewerbsverhältnisse eine gewisse Homogenität aufweisen. Es sei nicht in Zweifel zu ziehen, dass der Swisscom Marktanteil bei den Mietleitungen im terminierenden Netz in der hier relevanten Zeitspanne in den sechs Agglomerationen und der übrigen Schweiz relativ einheitlich war.

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Page 27: Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

27

Trunknetzdefinition 1/2

ComCom: Trunknetz ist das Netz welches Orte verbindet wo 3+ Anbieter mit

eigener Infrastruktur präsent sind.

Weko: hält an Fernnetz mit 18 PoI fest. Dies sei eine „pragmatische Lösung“.

Swisscom: Einverstanden mit dem ComCom Grob-Konzept, jedoch sei das

Trunknetz zwischen Swisscom Zentralen zu definieren in welchen

Kollokationen mit mindestens 2 weiteren Anbietern bestehe; Anbindung mit

eigener Infrastruktur sei nicht notwendig.

BVGer: “Die Vorinstanz legt überzeugend dar, dass die Netzhierarchie im

Mietleitungsmarkt aus technischer Sicht keine Relevanz hat und sich

die Wettbewerbsbedingungen im Backbone wegen des Ausbaus der eigenen

Infrastrukturen durch die alternativen Anbieterinnen markant verändert

haben.»

Die WEKO erläutere nicht, wie ein Fernnetz unabhängig von den

technischen Vorgaben der Beschwerdeführerin zu definieren wäre.

Ebenso wenig trägt ihre Marktabgrenzung den Entwicklungen der

Wettbewerbsbedingungen im Backbone in einer Weise Rechnung, wie

dies das detaillierte und dynamische Konzept der Vorinstanz tut.“

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Page 28: Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

28

Trunknetzdefinition 2/2 (41 Orte)

BVGer bestätigt weiter:

• Das Swisscom Kriterium 2 Kollokationen schliesse nicht aus, dass zwischen

Trunkorten weniger als 3 parallele Verbindungen bestünden.

• Die Anzahl Anbieter sei aber nur ein Indiz für Wettbewerb um eine sinnvolle

Marktabgrenzung vorzunehmen. Bei der Analyse der Marktstellung im Trunknetz müsse

überprüft werden ob tatsächlich Wettbewerb herrscht.

Anmerkung: International werden neben der Anzahl Anbieter z.T. auch weitere Kriterien

wie z.B. Marktanteile, Preisunterschiede herbeigezogen*.

• PoP im Trunknetz müssen über eigene oder langfristig gemietete Infrastruktur

angebunden sein. Dies ist für die Wettbewerbsfähigkeit alternativer Anbieterinnen

unerlässlich.

*Quelle: ERG Common Position On Geographic Aspects of Market Analysis (definition and remedies)

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Page 29: Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

29

Marktstellung terminierendes Netz

• >50% Marktanteil von Swisscom

Eigenleistungen der Anbieter müssen von der ComCom nicht

berücksichtigt werden, da der Einbezug von Eigenleistungen bei der

Berechnung der Marktanteile auf dem kombinieren Vorleistungs- und

Endkundemarkt zu Doppelzählungen führen würde.

• Einzige schweizweite Anschlussinfrastruktur

• Verbund- und Grössenvorteile

• Finanzkraft

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Page 30: Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

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Marktstellung im Trunknetz

Das BVGer korrigiert: • Keine Marktanteile:

„Die Vorinstanz nimmt in ihren Stellungnahmen im Beschwerdeverfahren für sich in

Anspruch, sie habe bei der Prüfung der Marktstellung die Wettbewerbsverhältnisse

im Trunknetz detailliert und konkret analysiert. Eine derartige Untersuchung geht

aus der Verfügung allerdings nicht hervor. Die Vorinstanz scheint den Wettbewerb

zu bejahen [..] ohne weiter abzuklären, ob der durch die Anzahl der Verbindungen

indizierte Wettbewerb tatsächlich besteht.“

• Die Frage sei zwischen den Parteien jedoch nicht streitig, da sich BF, BG, Vorinstanz

und Weko einig seien, dass auf dem Trunknetz Wettbewerb herrsche. Deshalb und auch

da die ComCom Einschätzung „plausibel“ erscheine sehe das BVGer keinen Anlass für

weitere Abklärungen.

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Page 31: Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

31

Potentieller Wettbewerb

BVGer bestätigt:

• Markteintritte der EWs könnten innert einer Frist von ca. zwei

Jahren nicht in ausreichendem Mass erfolgen, um den

Mietleitungsmarkt bereits heute zu disziplinieren.“

• Wie die WEKO in ihrem Gutachten festgestellt habe, sei die

Wettbewerbsintensität auf städtischem Gebiet zudem sehr

heterogen. Dies werde auch in der für den potenziellen Wettbewerb

relevanten Zeitspanne von zwei bis drei Jahren so bleiben.

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Page 32: Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

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Fragen?

Roberto Balmer

Bundesamt für Kommunikation

Zukunftstr. 44

2501 Biel

Tel. +41 32 327 56 43

[email protected]

Page 33: Regulation and Competition law in Swiss Telecoms Markets

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BACKUP- MLF - Regulierungskonzept

Basel

Baden

Luzern Ebikon

Kriens

Neuenho

f

Wettinge

n

Birmensdorf

Bettinge

n

Riehen

Binninge

n

Allschwil

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