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Seite 8.36 Informationen rund um den Obus informations about trolleybuses Reiseberichte Besuch in Sarajewo vom 11.05. bis 13.05.2011 Nach einem Besuch von Daniel Möschke in Sarajewo im September 2010 (siehe Beitrag auf "Stadtverkehr Plauen" ) bestand bei einigen Mitgliedern des Obus-Museum Solingen das Interesse, die ehemaligen Solinger Trolleybusse nochmals zu erleben. Elf Teilnehmer meldeten sich zu dem dreitägigen Ausflug an. Florian Grantl organisierte in hervorragender Weise die Reise, die am Donnerstag, 11.05.2011 um 11:00 Uhr ab Flughafen Köln/Bonn startete. Nach knapp zwei Stunden Flug erreichten wir den kleinen Flughafen in Sarajewo. Taxis bestimmen das Bild vor der Ankunfts- und Abflughalle des Flughafens. Direkt vor dem Gebäude durften nur zugelassene Taxis einfahren, eine gesonderte Spur gab es für den übrigen Verkehr, Abholer und andere Taxen. Jan Cihak, ein Obus und Straßenbahnfan aus Usti nad Labem, empfing uns mit drei von ihm bestellen Taxis, die uns über eine Bergkette nordwestlich des Stadtzentrums nach Sarajewo brachten, aber ohne eine Trolleybuslinie zu kreuzen. Kurz vor dem Ziel fuhren wir an der Endhaltestelle der Linien 101 und 103 (Trg Austrije) vorbei, wo der ehemalige Obus 58 erblickt werden konnte. Unser Hotel lag oberhalb der Altstadt rund 300 m oberhalb der Haltestelle Vijecnica der Straßenbahnlinien 1, 2 und 3 sowie die Verstärkungslinie 5, die durch eine große Schleife um die Altstadt gegen den Uhrzeigersinn fahren. Die Straßenbahn in Sarajewo verbindet seit 1.5.1895 (zuvor Pferdebahn ab 1885) die Altstadt mit dem Bahnhof, dieses ist heute noch die Linie 1. Die Spurweite betrug ursprünglich 760 mm, 1960 wurde die Linie auf Normalspur (1435 mm) umgebaut und die Linie erweitert. Als neue Linie 3 verkehrte sie auf der gesamten Streckenlänge nach Ilidža, rund 2 km nördlich vom Flughafen, vom Depot in Höhe des Einkaufszentrums Otoka sind es noch rund 4 km westlich bis zur Endhaltestelle. Eine Linie 4 verkehrt vom Bahnhof hierhin. Somit fahren vor dem Bahnhof die Linien 1 und 4 ab, die Linie 1 alle 12 Minuten, die Linie 4 alle 12 -22 Minuten. Obwohl der Bahnhof mit acht Gleisen relativ groß ist verkehren laut Fahrplan nur je 15 Züge von und nach Sarajewo. Das Empfangsgebäude mit einer großen Eingangshalle lässt hier auf verkehrsreichere Zeiten schließen. Nachdem die Zimmer verteilt waren, startete ich um 14 Uhr zu einem ersten Besuch der Obusnetzes, nur Daniel Hörle schloss sich an. Wir gingen von der Trg Austrije bis zur Haltestelle Dhvenija, wo wir einige ehemalige Solinger erkannten, da sie größtenteils noch alte Lackierung und alte Werbung trugen. So Gelenkwagen 10, der noch für das Solinger Kundentelefon warb. Er war aber mit einer anderen Heckklappe versehen, diese war vom Obus 4, wie man noch an der vorhandenen Werbung erkennen konnte. Um 15:00 Uhr war für uns eine zweistündige Stadtführung organisiert, die uns zu allen interessanten Sehenswürdigkeiten in der Innenstadt führte. Um 18 Uhr genossen wir ein Abendessen in Brauerei in der Nähe der Trolleybus-Endhaltestelle Trg Austrije, eine nächtliche Fahrt mit der Trolleybuslinie 103 bis zur Endhaltestelle bot sich an, die wir zu acht antraten. Wir mussten hierfür Einzelfahrkarten kaufen, somit 16 Stück, direkt für die Rückfahrt mit. Der Begleiter im Bus stempelte dann unsere Karten ab, aber fälschlicherweise alle 16. Da der Fahrer aber an der Endhaltestelle Feierabend hatte, mussten wir einen anderen Obus zur Rückfahrt besteigen, und wir brauchten lange, um den Fahrer und einen diensthabenden Mitarbeiter zu überzeugen, damit wir die Rückfahrt nicht nochmals bezahlen mussten. Eine Erkundung des Obusnetzes erfolgte über alle Tage verteilt. Das Netz wurde 1984 im Zusammenhang mit den Olympischen Winterspielen im Februar 1984 errichtet, aber erst im November 1984 eröffnet. 101 Trolleybusse vom Typ Skoda 14Tr und Skoda/Sanos-Gelenkwagen gingen bis 1991 in Dienst. Als 1987 22 Gelenk- und 69 Solotrolleybusse vorhanden waren, benötigte man davon 16 und 48 im täglichen Einsatz. Neben den heute vorhandenen Linien 101, 102, 103, 104 und 107 gab es noch zwei Überlandlinien 105 und 106 bis in den 8 km entfernten Vorort Vogošća. Im Bürgerkrieg 1992 bis 1995 war die Stadt belagert, das Netz wurde zerstört, auch das erst 1988 errichtete Depot und die dort abgestellten Wagen. Einige Trolleybusse wurden in einem Tunnel abgestellt, welcher von 1984 bis 1988 als Depot diente. Es überlebten

Reiseberichte - obus269.bplaced.netobus269.bplaced.net/s836RbSj.pdf · Die Linie 103 fährt weiter nach Dobrinja, eine Siedlung unweit vom Flughafen gelegen. Von ... Wagen 4423, ehemals

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Informationen rund um den Obus informations about trolleybuses

Reiseberichte

Besuch in Sarajewo vom 11.05. bis 13.05.2011

Nach einem Besuch von Daniel Möschke in Sarajewo im September 2010 (siehe Beitrag auf "Stadtverkehr Plauen") bestand bei einigen Mitgliedern des Obus-Museum Solingen das Interesse, die ehemaligen Solinger Trolleybusse nochmals zu erleben. Elf Teilnehmer meldeten sich zu dem dreitägigen Ausflug an. Florian Grantl organisierte in hervorragender Weise die Reise, die am Donnerstag, 11.05.2011 um 11:00 Uhr ab Flughafen Köln/Bonn startete. Nach knapp zwei Stunden Flug erreichten wir den kleinen Flughafen in Sarajewo. Taxis bestimmen das Bild vor der Ankunfts- und Abflughalle des Flughafens. Direkt vor dem Gebäude durften nur zugelassene Taxis einfahren, eine gesonderte Spur gab es für den übrigen Verkehr, Abholer und andere Taxen. Jan Cihak, ein Obus und Straßenbahnfan aus Usti nad Labem, empfing uns mit drei von ihm bestellen Taxis, die uns über eine Bergkette nordwestlich des Stadtzentrums nach Sarajewo brachten, aber ohne eine Trolleybuslinie zu kreuzen. Kurz vor dem Ziel fuhren wir an der Endhaltestelle der Linien 101 und 103 (Trg Austrije) vorbei, wo der ehemalige Obus 58 erblickt werden konnte.

Unser Hotel lag oberhalb der Altstadt rund 300 m oberhalb der Haltestelle Vijecnica der Straßenbahnlinien 1, 2 und 3 sowie die Verstärkungslinie 5, die durch eine große Schleife um die Altstadt gegen den Uhrzeigersinn fahren. Die Straßenbahn in Sarajewo verbindet seit 1.5.1895 (zuvor Pferdebahn ab 1885) die Altstadt mit dem Bahnhof, dieses ist heute noch die Linie 1. Die Spurweite betrug ursprünglich 760 mm, 1960 wurde die Linie auf Normalspur (1435 mm) umgebaut und die Linie erweitert. Als neue Linie 3 verkehrte sie auf der gesamten Streckenlänge nach Ilidža, rund 2 km nördlich vom Flughafen, vom Depot in Höhe des Einkaufszentrums Otoka sind es noch rund 4 km westlich bis zur Endhaltestelle. Eine Linie 4 verkehrt vom Bahnhof hierhin. Somit fahren vor dem Bahnhof die Linien 1 und 4 ab, die Linie 1 alle 12 Minuten, die Linie 4 alle 12 -22 Minuten. Obwohl der Bahnhof mit acht Gleisen relativ groß ist verkehren laut Fahrplan nur je 15 Züge von und nach Sarajewo. Das Empfangsgebäude mit einer großen Eingangshalle lässt hier auf verkehrsreichere Zeiten schließen. Nachdem die Zimmer verteilt waren, startete ich um 14 Uhr zu einem ersten Besuch der Obusnetzes, nur Daniel Hörle schloss sich an. Wir gingen von der Trg Austrije bis zur Haltestelle Dhvenija, wo wir einige ehemalige Solinger erkannten, da sie größtenteils noch alte Lackierung und alte Werbung trugen. So Gelenkwagen 10, der noch für das Solinger Kundentelefon warb. Er war aber mit einer anderen Heckklappe versehen, diese war vom Obus 4, wie man noch an der vorhandenen Werbung erkennen konnte. Um 15:00 Uhr war für uns eine zweistündige Stadtführung organisiert, die uns zu allen interessanten Sehenswürdigkeiten in der Innenstadt führte. Um 18 Uhr genossen wir ein Abendessen in Brauerei in der Nähe der Trolleybus-Endhaltestelle Trg Austrije, eine nächtliche Fahrt mit der Trolleybuslinie 103 bis zur Endhaltestelle bot sich an, die wir zu acht antraten. Wir mussten hierfür Einzelfahrkarten kaufen, somit 16 Stück, direkt für die Rückfahrt mit. Der Begleiter im Bus stempelte dann unsere Karten ab, aber fälschlicherweise alle 16. Da der Fahrer aber an der Endhaltestelle Feierabend hatte, mussten wir einen anderen Obus zur Rückfahrt besteigen, und wir brauchten lange, um den Fahrer und einen diensthabenden Mitarbeiter zu überzeugen, damit wir die Rückfahrt nicht nochmals bezahlen mussten.

Eine Erkundung des Obusnetzes erfolgte über alle Tage verteilt. Das Netz wurde 1984 im Zusammenhang mit den Olympischen Winterspielen im Februar 1984 errichtet, aber erst im November 1984 eröffnet. 101 Trolleybusse vom Typ Skoda 14Tr und Skoda/Sanos-Gelenkwagen gingen bis 1991 in Dienst. Als 1987 22 Gelenk- und 69 Solotrolleybusse vorhanden waren, benötigte man davon 16 und 48 im täglichen Einsatz. Neben den heute vorhandenen Linien 101, 102, 103, 104 und 107 gab es noch zwei Überlandlinien 105 und 106 bis in den 8 km entfernten Vorort Vogošća. Im Bürgerkrieg 1992 bis 1995 war die Stadt belagert, das Netz wurde zerstört, auch das erst 1988 errichtete Depot und die dort abgestellten Wagen. Einige Trolleybusse wurden in einem Tunnel abgestellt, welcher von 1984 bis 1988 als Depot diente. Es überlebten

nur 22 Solo- und 10 Gelenkwagen. Mit acht gebrauchten Skoda 14Tr aus Pardubice und Marienbad wurde der Betreib wieder aufgenommen, jedoch nach Krieg wurden die beiden Überlandlinien nicht mehr aufgebaut. Auch zwei neue Skoda 21Tr gingen 1996 in Betrieb. Aber 1997 folgten weitere Gebrauchtkäufe: Sieben Dreiachser aus Solingen gingen nach Sarajewo, 1998 folgten zwei Arnheimer (0167 und 0171), 2002 der Mercedes-Benz - Solotrolleybus aus Esslingen. Ab 2003 folgten weitere MAN-Trolleybusse aus Solingen. Insgesamt gingen 31 Solo- und 20 Gelenkwagen nach Sarajewo, sie wurden in sechs Chargen abtransportiert, und zwar am 14.11.1997 per Bahn über die Verladerampe Opladen, am 14.11.2002 per LKW-Tieflader, am 28.01.2004, 23.06.2004, 09.12.2004 und 06.12.2005 über die Rampe Hilden per Bahn. Die ehemaligen Solinger 60 und 63 sind nun länger in Sarajewo als in Solingen im Einsatz!

In der Nähe der Altstadt auf der linken Uferseite des Flusses Miljacka starten die Trolleybuslinien Linie 101 und 103 ab Trg Austrije, sie bleiben auf der linken Seite des Flusses bis zum Abzweig an der Haltestelle Hrasno, dort biegt die Linie 101 rechts in die Wohnsiedlung Otoka ab, wo sie vor einem Einkaufszentrum endet. Die Linie 103 fährt weiter nach Dobrinja, eine Siedlung unweit vom Flughafen gelegen. Von Abzweig an der Haltestelle Kovacici fahren die Linien 102 (Otoka) und 107 (von Dobrinja) nach Jezero, die Endhaltestelle liegt am Fußballstadion und an zahlreichen Friedhofsanlagen nördlich der Innenstadt, der Fluss wird hierhin passiert und die Straßenbahnlinie gekreuzt. Die laut Fahrplan bediente Linie 104 wurde nicht gesichtet, sie soll die Linie 103 bis zu einer Wendeschleife Alipašino Polje verstärken, aber diese Wendeschleife ist zwar vorhanden und am Netz angebunden, wird aber zweitweise als Parkplatz genutzt. Im Einsatz befand sich jedoch die Linie 108, die die Endstation der Linien 103/107 mit Otoka (Linie 101/102) verbindet. Die dichteste Frequenz weist die Linie 103 auf, die tagsüber alle 7-8 Minuten, in Spitzenzeiten zeitweise alle 5 Minuten verkehrt. Der Fahrplan mit genauen Abfahrtszeiten an den Endhaltestellen ist nur im Internet (siehe Links unten) und an den Endhaltestellen ausgehangen, an der Haltestelle Kovacici hing ein Fahrplan mit der Angabe der Taktzeiten aus.

Am zweiten Tag unternahmen wir einen Werkstattbesuch. Wir konnten die zahlreichen Ersatzteilspender sichten, teilweise waren sie schon seitlich gelagert. Die Dreiachser 47, 65 und 56 gingen nie in Betrieb diese drei Trolleybusse lagen seitlich. Die Fahrzeuge, die abgestellt ohne Kennzeichen und abgestellt mit neuem Kennzeichen (alle Trolleybusse erhielten in 2010 neue Kennzeichen), aber abgedrahtet abgestellt sind in nachfolgenrder Liste zu finden. 2010 erwarb die GRAS aus St. Gallen 17 NAW/Hess/ABB Baujahr 1991, leider macht an den Fahrzeugen die Elektrik Probleme, St. Gallen hatte keine Unterlagen, da die Bauteile stets zur Reparatur zur Herstellerfirma ABB gesandt wurden.

Blick auf den Bereich des Betriebshof, auf den sich die abgestellten Wagen befinden. Aufnahme: Daniel Hörle

In der Werkstatt fanden wir den ehemaligen Wagen 1 (nun 4141), er erhielt eine neue Reparatur an der

tragenden Konstruktion im Bodenbereich. Aufnahme: Daniel Hörle

Noch die in Solingen nie gebrauchte Zielbeschilderung „Schmalzgrube“ (nicht elektrifizierte Zwischenschleife der

Linien 685/6 nach Aufderhöhe) trägt MAN-Gelenkobus 17, der Nachläufer stammt vom ehemaligen Solinger

Gelenkobus 4, der ursprüngliche Nachläufer war als Rest noch auf dem Betriebshof zu finden. Aufnahme: Daniel

Hörle

Auch die St.Gallener Trolleybusse gingen in Orginallackierung bzw. wie hier bei Wagen 4145 mit der Ganzreklame

aus St. Gallen in Betrieb. Der ehemalige St. Gallener 165 passiert auf dem Weg nach Jezero die Friedhöfe, auf denen

überwiegend die Toten aus der Kriegszeit begraben sind. Im Hintergund ist die obere Kante der runden Tunnelöffnung

zu erkennen, die in den ersten Jahren als Depot für die Trolleybusse diente.

Der ehemalige Solinger Dreiachser Nr.30 noch mit Orginal-Reklame aus Solingen vor Wohngebäude, deren

Fassaden noch starke Kriegsschäden aufweisen auf dem Weg nach Dobrinja im Einsatz auf der Linie 108. Aufnahme:

Daniel Hörle

Wagen 4423, ehemals Solingen 41 auf dem Weg nach Jezero, Der Wagen fuhr zuletzt nach Neutralisieren einer

Sparkassen-Werbung ohne grüne Streifen im Radbereich. Die Heckklappe erhielt er von dem inzwischen

verschrotteten Obus 66, erkennbar an der Werbung für Glas Nagel, zwei Türflügel mit grünem Streifen erhielt er auch

von anderen Obussen, und der linke Flüger der Vordertür zeigt einen Teil der gelben Ganzreklame vom Solinger

Wagen 26. Dieser steht ausgeschlachtet auf dem Betriebshof, so landete der Türflügel nun in diesem Wagen. Während ein Großteil der Gruppe mit dem Taxi zum Flughafen fuhr, nutzten wir zu viert den Obus der Linie 103 bis kurz vor der Endhaltestelle Dobrinja und mit 500 m Fußweg erreichten wir als erste den Flughafen, wo unser Rückflug pünktlich nach Köln/Bonn erfolgte. Erfasste Wagen im Mai 2011 während unseres Besuchs: http://obus269.bplaced.net/SarajewoListeMai2011.pdf Wagenpark-Liste, die wir im Depot erhalten haben: http://obus269.bplaced.net/SarajewoListe2011.pdf

Fahrplan und weitere Infos auf der Homepage der GRAS: http://www.gras.ba:

Mehr über die Geschichte des Betriebs aus der Sammlung Klaus Otto: http://obus269.bplaced.net/SarajewoSlgOttoS1.pdf http://obus269.bplaced.net/SarajewoSlgOttoS2.pdf http://obus269.bplaced.net/SarajewoSlgOttoS3.pdf http://obus269.bplaced.net/SarajewoSlgOttoS4.pdf Blick auf den Betriebshof im Juni 2009: http://www.phototrans.eu/14,361517,0,Sanos_S200Tr_4114.html Ende 2010 wurden dann die letzten Skoda/Sanos-Gelenkwagen und Skoda 14Tr verschrottet. Weitere Fotos unter: http://transphoto.ru/list.php?t=2&cid=1074