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Fakult¨ at f¨ ur Physik T1: Klassische Mechanik, SoSe 2016 Dozent: Jan von Delft ¨ Ubungen: Benedikt Bruognolo, Sebastian Huber, Katharina Stadler, Lukas Weidinger http://www.physik.uni-muenchen.de/lehre/vorlesungen/sose_16/T1_theor_mechanik/ Repetitorium C: Variationsrechnung, Noether-Theorem Mo-Fr, 26-30.09.2016; Tutor: Daniel Mayer (b)[2](E/M/A) bedeutet: Aufgabe (b) z¨ ahlt 2 Punkte und ist einfach/mittelschwer/anspruchsvoll Aufgabe 1: Noether-Theorem [6] Punkte: (a)[2](M); (b)[2](M); (c)[2](M). Wir betrachten N freie Teilchen in drei Dimensionen. Die Lagrange-Funktion ist gegeben durch L(r i , ˙ r i )= N X i=1 m i 2 ˙ r 2 i , wobei die Vektoren r i , (i =1 ...N ) die Positionen der Teilchen bezeichnen. (a) Zeigen Sie, dass die ¨ Anderung von L unter der Transformation r i r 0 i = r i + ε v t ur beliebigen Vektor v die Form einer totalen Zeitableitung d dt M (r 0 i , t, ε) hat. (b) Zeigen Sie mithilfe des Noether-Theorems, dass Q = - N X i=1 m i ˙ r i · v t + N X i=1 m i v · r i die zugeh¨ orige Erhaltungsgr¨ oße ist. (c) Dr¨ ucken Sie Q durch R = 1 M N X i=1 m i r i aus, wobei M = N X i=1 m i . Interpretieren Sie R und die Erhaltung von Q physikalisch. Hinweis: Da der Vektor v beliebig ist, kann aus der Erhaltung von Q die Erhaltung eines Vektors gefolgert werden. Aufgabe 2: Banditen im Sumpf [9] Punkte: (a)[2](M); (b)[3](M); (c)[4](A); (d)[2](M,, Bonus). 1

Repetitorium C: Variationsrechnung, Noether-Theorem...cv(x) p 1 c2v2(x) gilt. Hierbei ist ceine reelle Konstante. Hinweis: Falls Fim Funktional dxF(y(x);y0(x);x) explizit von xabh

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Fakultat fur Physik

T1: Klassische Mechanik, SoSe 2016

Dozent: Jan von Delft

Ubungen: Benedikt Bruognolo, Sebastian Huber,

Katharina Stadler, Lukas Weidinger

http://www.physik.uni-muenchen.de/lehre/vorlesungen/sose_16/T1_theor_mechanik/

Repetitorium C: Variationsrechnung, Noether-Theorem

Mo-Fr, 26-30.09.2016; Tutor: Daniel Mayer(b)[2](E/M/A) bedeutet: Aufgabe (b) zahlt 2 Punkte und ist einfach/mittelschwer/anspruchsvoll

Aufgabe 1: Noether-Theorem [6]Punkte: (a)[2](M); (b)[2](M); (c)[2](M).

Wir betrachten N freie Teilchen in drei Dimensionen. Die Lagrange-Funktion ist gegeben durch

L(ri, ri) =N∑i=1

mi

2r2i ,

wobei die Vektoren ri, (i = 1 . . . N) die Positionen der Teilchen bezeichnen.

(a) Zeigen Sie, dass die Anderung von L unter der Transformation

ri → r′i = ri + εv t

fur beliebigen Vektor v die Form einer totalen Zeitableitung ddtM(r′i, t, ε) hat.

(b) Zeigen Sie mithilfe des Noether-Theorems, dass

Q = −N∑i=1

mi ri · v t+N∑i=1

mi v · ri

die zugehorige Erhaltungsgroße ist.

(c) Drucken Sie Q durch R =1

M

N∑i=1

miri aus, wobei M =N∑i=1

mi.

Interpretieren Sie R und die Erhaltung von Q physikalisch.

Hinweis: Da der Vektor v beliebig ist, kann aus der Erhaltung von Q die Erhaltung einesVektors gefolgert werden.

Aufgabe 2: Banditen im Sumpf [9]Punkte: (a)[2](M); (b)[3](M); (c)[4](A); (d)[2](M,, Bonus).

1

Eine Bande von Banditen mochte so schnellwie moglich eine opportune Stelle an den Ei-senbahngleisen erreichen. Da die Umgebung, inder sie sich befinden, jedoch sumpfig ist, kom-men sie nur langsam voran.Nehmen Sie an, dass die Banditen bei (x0, 0)starten und die Gleise parallel zur y-Achsedurch (x1, 0) verlaufen. Der Betrag ihrer Ge-schwindigkeit v hange nur von x ab und dieBanditen und die Gleise befinden sich stets imBereich positiver x.

(a) Geben Sie ein Funktional fur die Zeit an, die die Banditen benotigen um die Gleise zu erreichen,wenn sie einer Kurve y(x) folgen.

(b) Zeigen Sie, dass fur den Weg, der die Zeit minimiert,

y′ = ± cv(x)√1− c2v2(x)

gilt. Hierbei ist c eine reelle Konstante.

Hinweis: Falls F im Funktional´dxF (y(x), y′(x), x) explizit von x abhangt, so ist y′∂y′F−F

im Allgemeinen nicht x-unabhangig.

Im Folgenden sei v(x) = αx, wobei α eine ortsunabhangige Konstante ist.

(c) Bestimmen Sie die Trajektorie y(x), die die Zeit minimiert, wenn die Banditen mit einerSteigung y′ = 1√

3starten. Eliminieren Sie dabei alle Parameter mit Ausnahme von von x0

und nehmen Sie an, dass |x| ≤ 2|x0|.Ergebniskontrolle: Fur x0 = 1

2und x1 = 4

5erreichen die Banditen die Gleise an der Stelle

(45,−3

5+ 1

2

√3).

(d) Bonus: Wie viel Zeit benotigen die Banditen, um von x0 = 1√3

nach x1 = 2√3

zu gelangen,

wenn sie mit einer Steigung y′ = 1√3

starten? Wie lange braucht die konkurrierende Bande,die den geometrisch kurzesten Weg zur gleichen Gleisstelle wahlt?

Hinweis:´dx 1

x√1−c2x2 = log x− log

(1 +√1− c2x2

)Aufgabe 3: Brachistochrone im Schwerefeld der Erde [8]Punkte: (a)[2](M); (b)[2](M); (c)[2](A); (d)[2](M).

Im uniformen Schwerefeld der Erde [mit Potential V (y) = gy]gleite ein Massenpunkt (Masse m) reibungsfrei entlang einerKurve γ von Anfangspunkt A = (0, 0) zum Endpunkt B =(xb, yb < 0), mit Anfangsgeschwindigkeit gleich Null. Die Kur-venform γ : x 7→ y(x), die die Transitzeit T minimiert, wird’Brachistochrone’ genannt.

)B, yBx(

B

A

0),(0

x

y

γ

2

(a) Zeigen Sie, dass die Transitzeit durch folgendes Funktional gegeben ist:

T [γ] =

ˆ xb

0

dxF (y(x), y′(x)), mit F (y, y′) =

√1 + y′2

2gy, y′ =

dy

dx.

(b) Zeigen Sie, dass die Brachistochrone folgende Gleichung erfullt:

(y′)2 =y∗ − yy

mit 0 > y∗ = konst. (1)

Hinweis: nutzen Sie die Tatsache, dass F nicht explizit von x abhangt, um zunachst einex-unabhange “Erhaltungsgroße” zu konstruieren. (Analogie: wenn im Lagrange-Formalismusdie Lagrange-Funktion nicht explizit von der Zeit abhangt, ist die Hamilton-Funktion eineErhaltungsgroße.)

(c) Finden Sie eine θ-Parametrisierung der Brachistochrone, γ : θ 7→ (x(θ), y(θ)), indem SieGleichung (1) mittels Separation der Variablen und der Substitution y(θ) = y∗ sin2(θ/2)losen. Erlautern Sie, wie y∗ und die Integrationskonstante durch xB und yB festgelegt werden.

(d) Alternativ zu (b) kann y als unabhangige Variable verwendet und die Transitzeit durch einIntegral der Form T [γ] =

´ yB0

dy G(x′, y) (mit x′ = dx/dy) ausgedruckt werden. ZeigenSie, dass die entsprechende Euler-Lagrange-Gleichung fur die Brachistochrone aquivalent zuGleichung (1) ist. Hinweis: Nutzen Sie die Tatsache, dass G nicht von y abhangt (’zyklischeVariable’), um zunachst eine y-unabhangige ’Erhaltungsgroße zu konstruieren.

Aufgabe 4: Geodaten auf einer Kugel [8]Punkte: (a)[3](M); (b)[2](M); (c)[2](M); (d)[1](M).

Eine ’Geodate’ ist die kurzeste Verbindung zwischen zwei vorgegebenen Punkten auf einer Kugel.

(a) Eine Kurve γ auf einer Kugel mit Radius 1 sei parametrisiert durch γ : s 7→ r(s), mit r =(cosφ sin θ, sinφ sin θ, cos θ)T und Kurvengeschwindigkeit r′ = dr/ds. Die Lange der Kurvelasst sich als ein Funktional der Form L[γ] =

´dsF (φ′; θ, θ′) schreiben, mit φ′ = dφ/ds,

θ′ = dθ/ds. Wie lautet die Funktion F?

(b) Die Parametrisierung r(s) sei nun so gewahlt, dass ||r′|| = 1 (naturliche Parametrisierung).Zeigen Sie, dass die Euler-Lagrange-Gleichungen fur eine Geodate auf der Kugel dann folgendeForm haben:

θ′′ = sin θ cos θ (φ′)2, dds(φ′ sin2 θ) = 0.

(c) Sind Langengrade Geodaten? Und Breitengrade? Charakterisieren Sie Geodaten zwischen zweibeliebigen Punkten qualitativ, unter Ausnutzung der Kugelsymmetrie.

(d) Geben Sie ein Beispiel fur eine Kurve zwischen zwei festen Punkten, die zwar ein Extremumvon L, jedoch kein Minimum ist.

Aufgabe 5: Tunnel durch die Erde [6]Punkte: (a)[3](M); (b)[2](M); (c)[1](E); (d)[2](M, Bonus).

3

Betrachten Sie einen Tunnel durch die Erde, der zwei Punk-te auf der Erdoberflache verbindet (siehe Skizze). Der Tun-nelverlauf sei so gewahlt, dass er die Zeit T minimiert, in dereine am Tunneleingang mit Anfangsgeschwindigkeit Nulllosrollende Punktmasse m den Tunnel unter Einfluss derGravitation durchrollt. Ziel dieser Aufgabe ist es, mittelsder Variationsmethode eine Gleichung zu finden, die denVerlauf r = r(φ) dieses Tunnels bestimmt, wobei r denAbstand zum Erdmittelpunkt bezeichnet. Das Gravitations-potential im Inneren eines homogenen massiven Korpers istdabei durch V (r) = αr gegeben. (Reibung und Coriolis-krafte sind zu vernachlassigen).

x

y

φr

x = r sinφ, y = r cosφ

(a) Zeigen Sie, dass man das zu minimerende Funktional als

T = T [r(φ)] =

ˆdφ

√r2 + r′2

v(r), mit r′ =

dr

dφ, (2)

schreiben kann, wobei v(r) die Geschwindigkeit der Punktmasse bezeichnet. [Hinweis: DruckenSie zunachst das Wegelement ds durch r, dr und dφ aus.] Drucken Sie v(r) durch dieGesamtenergie E des Teilchens aus.

(b) Da der Integrand (F ) in Gl. (2) nicht explizit von der Integrationsvariable φ abhangt, existierteine φ-unabhangige “Erhaltungsgroße”, F− ∂F

∂r′r′ = konstant. Nutzen Sie dies um die folgende

Differentialgleichung fur den Tunnel herzuleiten:

r4 = c2(E − αr)(r2 + r′2) mit c = konst.

(c) Bestimmen Sie durch Integration der Differentialgleichung aus (b) einen Integralausdruck furdie Bahnkurve φ = φ(r).

(d) (Bonus) Wir betrachten nun das gleiche Problem fur eine große Hangebrucke zwischen zweihohen Turmen auf der Erdoberflache. Was andert sich in Ihren Gleichungen? Vollziehen sieden Grenzubergang zu “gewohnlichen” Brachistochrone im konstanten Schwerefeld.

Aufgabe 6: Minimale Gleitzeit im Coulomb-Potential [7]Punkte: (a)[3](M); (b)[1](M); (c)[3](A).

Ein geladene Punktmasse m mit Ladung +q bewege sich reibungs-frei in einer gekrummten, in der x-y-Ebene verlaufenden Rohre. DerenForm sei in Polarkoordinaten durch die “Rohrenfunktion” ρ(φ) be-schrieben, mit Anfangspunkt bei ρ0 = ρ(φ = 0) und Endpunkt beiρ1 = ρ(φ = π/2) (mit ρ1 < ρ0). 0ρ

φq−

q,m+

Am Ursprung sei eine Punktladung −q fixiert, sodass die potentielle Coulomb-Energie des Punkt-teilchens in der Rohre durch V (ρ) = −q2/ρ gegeben ist . (Das Gravitationspotential spielt indieser Aufgabe keine Rolle.) Welche Form der Rohrenfunktion ρ(φ) minimiert die Gleitzeit τ , diedie Punktmasse braucht, um entlang der Rohre vom Anfangs- zum Endpunkt zu gleiten, nachdemsie ruhend am Anfangspunkt losgelassen wurde?Leiten Sie mittels Variationsrechnung eine Differentialordnung erster Ordnung her, welche die Formder gesuchten Rohrenfunktion bestimmt. Gehen Sie dazu wie folgt vor:

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(a) Schreiben Sie das zu minimierende Funktional fur die Gleitzeit, τ [ρ(φ)], als ein Winkelintegraluber eine Funktion I(ρ(φ), ρ′(φ)), mit ρ′(φ) = dρ/dφ. Zeigen Sie, dass I folgende Form hat:

I(ρ, ρ′) =

√ρ2 + ρ′2

v(ρ), (3)

wobei v(ρ) der Betrag der Geschwindigkeit des Punktteilchens ist.

Hinweis: Drucken Sie zunachst das infinitesimale Bogenelement ds in Polarkoordinaten aus.

(b) Finden Sie mittels Energie-Erhaltung die explizite Form der Funktion v(ρ).

(c) Finden Sie nun eine Differentialgleichung erster Ordnung fur die gesuchte Rohrenfunktionρ(φ). (Sie brauchen diese Gleichung nicht zu losen.)

Hinweis: Nutzen Sie dazu die Tatsache, dass I(ρ, ρ′) nicht explizit von φ abhangt!

[Gesamtpunktzahl Aufgaben: 44]

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