REPORTS ———————————eprints.rclis.org/28737/1/vm_68_2015_3-4_report_bauer et al... · von Bruno Bauer, Andreas Ferus, Juan Gorraiz, Veronika Gründhammer,

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  • Mitteilungen der VB 68 (2015) Nr. 3/4566

    R E P O R T S

    FORSCHENDE UND IHRE DATEN: ERGEBNISSE EINER STER-REICHWEITEN BEFRAGUNG. REPORT 2015 EXECUTIVE SUM-MARY UND EMPFEHLUNGEN

    von Bruno Bauer, Andreas Ferus, Juan Gorraiz, Veronika Grndhammer, Christian Gumpenberger, Nikolaus Maly, Johannes Michael Mhlegger, Jos Luis Preza, Barbara Snchez-Sols, Nora Schmidt und Christian Steineder

    InhaltA) Executive Summary

    Einleitung Hintergrund Methodik Wichtigste Ergebnisse Datentypen und Formate Datenarchivierung, -sicherung und verlust Ethische und rechtliche Aspekte Zugnglichkeit und Nachnutzung Infrastruktur und Services Empfehlungen

    B) Empfehlungen1. Schaffung einer flchendeckenden technischen Infrastruktur in sterreich un-

    ter Bercksichtigung von disziplinren Bedrfnissen2. Verabschiedung von institutionellen Policies3. Bestellung von Datenfachleuten4. Einrichtung von untersttzenden Services fr die Forschenden5. Implementierung von geeigneten Anreizsystemen6. Frderung internationaler und interdisziplinrer ZusammenarbeitWeitere Empfehlungen

    Zusammenfassung: Der vorliegende Beitrag bringt Executive Summary und Empfeh-lungen aus Forschende und ihre Daten: Ergebnisse einer sterreichweiten Befragung. Report 2015. Dieser Report gibt einen berblick ber die sterreichweite Befra-gung zu Forschungsdaten, die im Rahmen des Projekts e-Infrastructures Austria 2015 durchgefhrt wurde. Diese richtete sich an das wissenschaftliche und knstlerisch-wissenschaftliche Personal aller 21 ffentlichen Universitten sowie an drei auer-universitre Forschungseinrichtungen in sterreich. Die Teilnehmenden wurden zu

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    folgenden Themenbereichen befragt: Datentypen und Formate; Datenarchivierung, -sicherung und -verlust; ethische und rechtliche Aspekte; Zugnglichkeit und Nach-nutzung; Infrastruktur und Services. Die in diesem Kontext erstmals auf nationaler Ebene durchgefhrte Befragung diente der Erhebung des praktischen Umgangs mit Forschungsdaten in sterreich und ist somit die Basis fr eine konsekutive Optimie-rung der zweckdienlichen Infrastruktur, fr eine Anpassung der Serviceangebote sowie fr eine Neuorientierung bei der Ermittlung von Ressourcen in diesem strategischen Bereich entsprechend der geuerten Bedrfnisse der im Forschungsprozess Ttigen.

    Schlsselwrter: sterreich; ffentlich-rechtliche Universitt; aueruniversitre Forschungseinrichtung; Forschende; Forschungsdaten; Forschungsdatenmanagement (FDM); e-Infrastructures Austria; Befragung; Report

    RESEARCHERS AND THEIR DATA. RESULTS OF AN AUSTRIAN SURVEY REPORT 2015. EXECUTIVE SUMMARY AND RECOM-MENDATIONS

    Abstract: This paper provides executive summary and recommendations of Re-searchers and their data. Results of an Austrian survey Report 2015. This report provides an overview of the nation-wide survey on research data, which was carried out within the project e-Infrastructures Austria in 2015. This was directed at the arts, humanities and sciences staff of all 21 public universities and three extramural research institutions in Austria. The participants were asked about the following to- pics: data types and formats; data archiving, backup and loss; ethical and legal aspects; accessibility and re-use; and infrastructure and services. The first survey conducted at the national level in this context was used for the practical handling of research data in Austria, and is therefore the basis for a consecutive optimization of relevant infrastruc-ture, an adaptation of the services provided, as well as a reorientation in identifying resources in this strategic area which correspond to the expressed needs of people in the research process.

    Keywords: Austria; public university; extramural research institution; researcher; research data, research data management (rdm); e-Infrastructures Austria; survey; report

    Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative-Commons-Lizenz Namensnennung 4.0 International

    https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/

  • Mitteilungen der VB 68 (2015) Nr. 3/4568

    Executive Summary und Empfehlungen aus: Bauer, Bruno; Ferus, Andreas; Gorraiz, Juan; Grndhammer, Veronika; Gumpenberger, Christian; Maly, Niko-laus; Mhlegger, Johannes Michael; Preza, Jos Luis; Snchez Sols, Barbara; Schmidt, Nora; Steineder, Christian (2015): Forschende und ihre Daten. Ergeb-Ergeb-nisse einer sterreichweiten Befragung Report 2015.Version 1.2. DOI: 10.5281/zenodo.32043Online auch unter: http://phaidra.univie.ac.at/o:407513

    Englische Version: Bauer, Bruno; Ferus, Andreas; Gorraiz, Juan; Grndhammer, Veronika; Gumpenberger, Christian; Maly, Nikolaus; Mhlegger, Johannes Mi-chael; Preza, Jos Luis; Snchez Sols, Barbara; Schmidt, Nora; Steineder, Chri-stian (2015): Researchers and their data. Results of an Austria survey Report 2015.Version 1.2. DOI: 10.5281/zenodo.34005.Online also at: https://phaidra.univie.ac.at/o:409318

    A) Executive Summary

    Einleitung

    Dieser Report gibt einen berblick ber die sterreichweite Befragung zu Forschungsdaten, die im Rahmen des Projekts e-Infrastructures Austria1 zu Jahresbeginn 2015 durchgefhrt wurde. Diese richtete sich an das wissen-schaftliche und knstlerisch-wissenschaftliche Personal aller 21 ffentlich-rechtlicher Universitten sowie an drei aueruniversitre Forschungsein-richtungen in sterreich.

    Die Teilnehmenden wurden zu folgenden Themenbereichen befragt: Datentypen und Formate Datenarchivierung, -sicherung und -verlust Ethische und rechtliche Aspekte Zugnglichkeit und Nachnutzung Infrastruktur und Services

    Die in diesem Kontext erstmals auf nationaler Ebene durchgefhrte Befra-gung diente der Erhebung des praktischen Umgangs mit Forschungsdaten in sterreich und ist somit die Basis fr eine konsekutive Optimierung der zweckdienlichen Infrastruktur, fr eine Anpassung der Serviceangebote so-wie fr eine Neuorientierung bei der Ermittlung von Ressourcen in diesem

    https://zenodo.org/record/32043http://phaidra.univie.ac.at/o:407513https://zenodo.org/record/34005https://phaidra.univie.ac.at/o:409318

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    strategischen Bereich entsprechend der geuerten Bedrfnisse der im Forschungsprozess Ttigen.

    Hintergrund

    Ein solides Forschungsdatenmanagement ist die Grundlage fr eine ko-operative, offene Wissenschaft und somit fr ihre Nachvollzieh- und berprfbarkeit. Auch Sichtbarkeit und Reputation der sterreichischen Forschungslandschaft spielen eine wichtige Rolle. Die Thematik ist fr Forschende, Frdergeber und leitende Stellen wissenschaftlicher Einrich-tungen gleichermaen relevant und aktuell, was gegenwrtig durch den Pilot for Research Data der Europischen Kommission2 demonstriert wird.

    Methodik

    Die Befragung basiert auf bereits durchgefhrten, institutionellen oder dis-ziplinspezifischen Umfragen an Hochschulen und Forschungseinrichtungen in anderen Lndern. Ein besonderer Fokus wurde bei der Erstellung des ei-gens entwickelten Fragebogens auf die Bercksichtigung der unterschied-lichen Kulturen in Wissenschaft und Kunst gelegt. Er wurde in deutscher und englischer Sprache erstellt und mittels der Open Source-Software Li-meSurvey programmiert. Der Durchfhrungszeitraum war zwischen 19. Ja-nuar und 31. Mrz 2015. Die 3.026 vollstndig ausgefllten Fragebgen (entspricht einer durchschnittlichen Rcklaufquote von 9 %) wurden mittels dem Open Source-Statistikprogramm R sowie dem OpenSource-Tabellen-kalkulationsprogramm OpenOffice statistisch ausgewertet.

    Wichtigste Ergebnisse

    Die Ergebnisse der Studie besttigen die gngigen Erwartungen hinsicht-lich des Umgangs mit Forschungsdaten und sichern diese statistisch ab. Fr jeden Themenbereich wurden sowohl fcherbergreifende Gemein-samkeiten als auch disziplinspezifische Besonderheiten sofern relevant ermittelt.

    Datentypen und Formate Vom Groteil der Forschenden werden Forschungsdaten in Form

    unstrukturierter Textdateien, Grafiken und Tabellen generiert. Ein Viertel nutzt strukturierten Text, ein Viertel Videos, Datenbanken und Quellcode, ein Fnftel Audio und Software. Whrend in den

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    technischen Disziplinen wie erwartet hufig Quellcode- und Konfigurationsdaten generiert werden, fllt in den Geisteswissen-schaften und der Medizin besonders die vergleichsweise hufige Er-zeugung von Datenbanken auf.

    Der Groteil der Forschenden erzeugt mehr als drei Viertel seines Forschungsdatenvolumens in digitaler Form; analoge Daten werden nur von etwas mehr als jeder bzw. jedem Zwanzigsten (insbesondere in den Geisteswissenschaften) hufig genutzt.

    Datenarchivierung, -sicherung und -verlust Die Mehrzahl der Befragten nutzt mehrere Speichermglichkeiten,

    wobei eine klare Prferenz fr die Nutzung des eigenen dienstlichen oder privaten Rechners sowie externer Festplatten und USB-Lauf-werke ersichtlich ist.

    Zwei Drittel der Forschenden bentigen Speicherplatz in einer Gr-enordnung von bis zu 100 GB pro Jahr. Ein hherer Speicherbedarf lsst sich sowohl fr die medizinischen als auch die knstlerischen Universitten belegen.

    Mehr als zwei Drittel der Forschenden geben an, ihre Forschungs-daten individuell und uneinheitlich zu beschreiben, und mehr als neun von zehn, dass sie fr die Archivierung der Forschungsdaten selbst zustndig sind.

    Mehr als ein Drittel hat bereits Erfahrungen mit Datenverlust gemacht.

    Ethische und rechtliche Aspekte Whrend je ein Drittel der Forschenden angibt, nie oder selten mit

    rechtlichen Unklarheiten bei Fremddatennutzung konfrontiert zu sein, stellen sich fr ein Fnftel zumindest manchmal rechtliche Un-klarheiten.

    Bei einem Institutionswechsel verbleiben die Forschungsdaten ten-denziell an der betreffenden Einrichtung; von zirka der Hlfte der Forschenden werden diese aber auch mitgenommen.

    Sensible Daten fallen bei jeder bzw. jedem siebenten Forschenden an. Eine groe Rolle spielen diese in der Medizin, wo vier von zehn Forschenden angeben, solche Daten oft zu nutzen.

    Zugnglichkeit und Nachnutzung Die Nutzung von Fremddaten wird von vielen Forschenden als we-

    sentlicher Aspekt zur Durchfhrung ihrer Forschung angesehen, whrend ein Viertel berhaupt keine Fremddaten verwendet.

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    Zugriff auf selbst generierte Forschungsdaten fr Dritte ermglichen Forschende in der Regel nur eingeschrnkt. Whrend etwas mehr als die Hlfte der Befragten den Zugang nur auf Anfrage ermglicht, stellt nur jede bzw. jeder Zehnte seine Forschungsdaten als Open Data fr die ffentlichkeit zur Verfgung; ebenso viele verweigern den Zugriff ganz.

    Zugriff auf Forschungsdaten wird von der Mehrheit der Forschenden entweder ber physische Datentrger oder per E-Mail ermglicht. Mehr als zwei Drittel der Forschenden setzen hierfr Cloud- oder Website-Anwendungen ein; Datenarchive/Repositorien werden nur von jeder bzw. jedem siebenten Forschenden genutzt.

    Ungefhr ein Drittel der Befragten ermglicht die Nachnutzung ih-rer eigenen Forschungsdaten; tendenziell hufiger geschieht dies in der Geographie, Biologie und Chemie, verhltnismig seltener in der Medizin, den Sozialwissenschaften und Geisteswissenschaften. Nutzungsvereinbarungen werden von mehr als einem Drittel der For-schenden abgeschlossen.

    Von mehr als der Hlfte der Forschenden wurden erhhte Sichtbarkeit und Impact, neue Kooperationsmglichkeiten, Anerkennung in der Fachffentlichkeit sowie deren Bercksichtigung als wissenschaftlicher Output als attraktivste Anreize bezeichnet, um ihre Daten zu teilen.

    Vor allem der erhhte Zeit- und Kostenaufwand, ein mglicher Da-tenmissbrauch, rechtliche Unsicherheiten, eine potenzielle Daten-verflschung, unerwnschte Kommerzialisierung sowie Erhhung des Konkurrenzdrucks wurden als hauptschliche Hinderungsgrn-de genannt. Rechtliche Einschrnkungen stellen dabei insbesondere in der Medizin, den Sozial- und Verhaltenswissenschaften sowie den Ingenieurwissenschaften die grten Hindernisse dar.

    Infrastruktur und Services Bezglich des bevorzugten Datenarchivs zeigen die Forschenden

    keine eindeutige Prferenz. Relativ hufig wurden in diesem Zusam-menhang das internationale fachspezifische Datenarchiv, das insti-tutionelle Repositorium, das internationale multidisziplinre Daten-archiv und das landesweite fachspezifische Repositorium genannt.

    Die Mehrzahl der Forschenden wnscht sich technische Infrastruk-turen sowie projektspezifische Untersttzung fr das Forschungs-datenmanagement. Darber hinaus zeigt mehr als ein Drittel In-teresse an Rechtsberatung, einem allgemeinen Helpdesk sowie an Schulungsangeboten.

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    Mehr als die Hlfte der Forschenden erwartet die Bereitstellung von zustzlichem qualifiziertem Personal sowie die Verabschiedung von Policies zum Umgang mit Forschungsdaten. Ein Fnftel wnscht eine Aufnahme von Forschungsdatenmanagement als Lehrinhalt im Curriculum sowie eine Verankerung als Dienstpflicht.

    Empfehlungen

    Auf Basis der vorliegenden Umfrageergebnisse wird die Umsetzung fol-gender Manahmen fr den Umgang mit Forschungsdaten in sterreich dringend empfohlen:

    Schaffung einer flchendeckenden technischen Infrastruktur in s-terreich unter Bercksichtigung von disziplinren Bedrfnissen

    Verabschiedung von institutionellen Policies Bestellung von Datenfachleuten Einrichtung von untersttzenden Services fr die Forschenden Implementierung von geeigneten Anreizsystemen Frderung internationaler und interdisziplinrer Zusammenarbeit

    Diese Empfehlungen verfolgen das Ziel, leistungsstarke Infrastrukturen fr einen adquaten Umgang mit Forschungsdaten in der sterreichischen Wissenschaftslandschaft zu initiieren. Bei der konkreten Umsetzung wie auch bei der Weiterentwicklung dieser Infrastrukturen sind nicht nur die rasanten Vernderungen auf diesem Gebiet im internationalen Kontext zu bercksichtigen, sondern auch internationale Kooperationen anzustreben, um Synergien zu entwickeln. Folgewirkungen der Etablierung von Infra-strukturen fr Forschungsdaten sind eine Erhhung der Sichtbarkeit und Reputation der einzelnen beteiligten Forschungseinrichtungen sowie der sterreichischen Forschung als Ganzes.

    B) Empfehlungen

    Im internationalen Kontext ist feststellbar, dass Forschungsdaten zu-nehmend zu einem zentralen Thema der Forschungspolitik und der For-schungsfrderer geworden sind. Besonders hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf die Vorgaben der Europischen Kommission, die im Framework Programme for Research and Innovation Horizon 2020 (20142020) Open Access fr Publikationen und fr Forschungsdaten einfordert.3 Viele renommierte Universitten und Forschungseinrichtungen

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    haben bereits Open Access Policies verabschiedet4; von der League of Eu-ropean Research Universities wurden Empfehlungen fr den Umgang mit Forschungsdaten vorgelegt.5

    Diese Entwicklung hat auch Auswirkungen auf sterreich, nicht zuletzt, weil die Europische Kommission mit Horizon 2020, aber auch der FWF mit seinen Antragsrichtlinien6 Forschungsdaten zu einem wesentlichen Kriterium ihrer Frderpolitiken gemacht haben. Alle Forschungseinrich-tungen in sterreich werden zunehmend mit den Herausforderungen ef-fektiven Datenmanagements konfrontiert. Dementsprechend muss auch bei den sterreichischen Forschenden ein Bewusstseinswandel stattfinden, der einen neuen Umgang fr eine nachhaltige Archivierung und Nutzung von Forschungsdaten ermglichen wird. Die Chancen, die sich durch einen neuen Umgang mit Forschungsdaten ergeben, sollten auch fr die son-stige, insbesondere durch ffentliche Finanzierung ermglichte Forschung in sterreich genutzt werden.

    In Bezug auf die sterreichweite Umfrage zu Forschungsdaten sollten mglichst rasch folgende Manahmen initiiert und umgesetzt werden:

    Schaffung einer flchendeckenden technischen Infrastruktur in s-terreich unter Bercksichtigung von disziplinren Bedrfnissen

    Verabschiedung von institutionellen Policies Einrichtung von untersttzenden Services fr die Forschenden Bestellung von Datenfachleuten Implementierung von geeigneten Anreizsystemen Frderung internationaler und interdisziplinrer Zusammenarbeit

    1. Schaffung einer flchendeckenden technischen Infrastruktur in sterreich unter Bercksichtigung von disziplinren Bedrfnissen

    Das Vorhandensein geeigneter Datenarchive und Repositorien ist die Grundvoraussetzung fr ein funktionierendes Forschungsdatenmanage-ment. Fehlende Datenarchive und Repositorien sind zu implementieren, bestehende in die zu schaffende Infrastruktur einzubinden. Institutionelle Repositorien sind aus dem Blickwinkel von Forschungsmanagern sinnvoll, da der gesamte institutionelle Forschungsoutput hier erfasst und nach au-en dargestellt werden kann. Sie sind auch fr Disziplinen mit sensiblen Daten wie der Medizin und den Sozialwissenschaften sehr gefragte L-sungen. Dennoch konnte aus der Umfrage die relativ hchste Prferenz fr internationale fachspezifische Datenarchive und Repositorien abgeleitet werden, der Rechnung zu tragen ist. Bei der Schaffung der angestrebten flchendeckenden Infrastruktur ist deshalb unbedingt die Einbindung von

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    bereits etablierten Kanlen zu bercksichtigen. Aus diesem Grund ist die Entwicklung eines sterreichweiten interdisziplinren und zentralisierten Systems nicht sinnvoll und auch nicht empfehlenswert. Vielmehr gilt es die Herausforderung zu meistern, die verschiedenen bereits bestehenden oder noch zu implementierenden Systeme unter Bercksichtigung etablierter Standards mglichst interoperabel und persistent zu gestalten.

    Um die Akzeptanz der geschaffenen Forschungsdaten-Infrastruktur-lsungen zu erhhen und dem Wunsch nach Bercksichtigung von For-schungsdaten in der Wissensbilanz und in Evaluationen nachzukommen, sollte eine Integration mit bestehenden Publikationsservern und For-schungsinformationssystemen (CRIS) sowie eine zentrale Durchsuchbar-keit des gesamten Angebots angestrebt werden.

    Selbst wenn Usability in der Befragung nicht direkt angesprochen wur-de, ist natrlich auch auf diese besonderes Augenmerk bei der Schaffung von Infrastrukturen zu legen. Die implementierten Lsungen sollten fr die Forschenden mglichst intuitiv und zeitsparend zu bedienen sein. Diese sollten ihre Daten keinesfalls mehrmals in verschiedene Systeme eingeben mssen, sondern vielmehr nur ein einziges Mal in den von ihnen prfe-rierten Kanal, von wo die Daten unter Verwendung etablierter Schnittstel-len problemlos von anderen Systemen geharvestet werden knnen.

    Sensible Daten in institutionellen oder in Kooperationslsungen erfor-dern zudem hchste Sicherheitsstandards. Internationale Fachreposito-rien sind zudem oftmals in einem anderen Rechtsraum angesiedelt.

    2. Verabschiedung von institutionellen Policies

    Forschungsdatenmanagement kann nur als wesentlicher Bestandteil der wissenschaftlichen Arbeit verankert werden, wenn es diesbezglich klare Vorgaben der zugehrigen Institutionen gibt. Diese Vorgaben knnen ent-weder in Form von Leitlinien oder verpflichtenden Mandaten publiziert werden. Sie haben den Zweck, die notwendigen Rahmenbedingungen fr alle Beteiligten zu schaffen sowie eine strategische Konzeptentwicklung und Ressourcenplanung zu ermglichen.

    In diesen Vorgaben sollten in Bezug auf das Forschungsdatenmanage-ment mindestens die folgenden Punkte behandelt werden:

    Klare Definition von Rollen, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten aller Stakeholder (Forschende, Forschungsmanager, Forschungsfr-derer, Bibliotheken und IT-Dienstleister als Anbieter von Infrastruk-turen und Services sowie juristisches Personal) im Forschungsdaten-management;

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    Prinzipielle Auswahl der zu archivierenden Forschungsdaten fr Kurz-, Mittel- oder Langzeitarchivierung (Was soll alles aufbewahrt werden? Ist wirklich alles archivierungswrdig? Wie lange? Auch Da-ten die keiner Publikation zugrunde liegen? Auch Daten von nega-tiven und nicht aussagekrftigen Ergebnissen?);

    Gewnschter Speicherort, um eine mglichst vollstndige und nach-haltige Archivierung des institutionellen Forschungsdatenoutputs zu gewhrleisten und um einem institutionellen Datenverlust bei einem Institutionswechsel der Forschenden entgegenzuwirken;

    Beschreibung der Daten nach vorgegebenen und international be-whrten Standards, um die Nachvollziehbarkeit der Daten und die Interoperabilitt der Datenarchive zu gewhrleisten und somit die Attraktivitt fr Datennachnutzung zu steigern;

    Empfehlung zur Nachnutzung der Forschungsdaten inklusive An-gebot von verschiedenen Lizenzmodellen, um den Forschenden das Teilen von Forschungsdaten zu erleichtern;

    Selbstverpflichtung zum Anbieten diverser Vorlagen fr Datenma-nagementplne, um das Forschungsdatenmanagement effizienter zu gestalten (unterschiedliche Anforderungen je nach Institution oder Frdergeber);

    Anreizsysteme, um Forschende zu professionellem Forschungs-datenmanagement zu ermuntern.

    Das Verabschieden von Policies allein ist selbstverstndlich wenig zielfh-rend, wenn diese nicht auch tatschlich umgesetzt werden. Die internati-onale Erfahrung zeigt deutlich, dass verpflichtende Policies erfolgreicher sind als solche mit rein empfehlendem Charakter.

    3. Implementierung von untersttzenden Services fr die Forschenden

    Forschungsdatenmanagement ist mit einem betrchtlichen Zeitaufwand verbunden. Die inhaltliche Pflege der Daten bis zur Publikation und da-rber hinaus ist von den Forschenden als wichtiger Bestandteil im For-schungsprozess anzusehen. Neben der Bereitstellung der erforderlichen In-frastruktur kann Forschungsdatenmanagement aber durch die Implemen-tierung geeigneter untersttzender Services wie folgt effizienter gestaltet werden:

    Einrichtung eines bergeordneten nationalen Helpdesks fr For-schungsdatenmanagement als first level support, von wo gezielt an die jeweiligen Expertinnen und Experten verwiesen werden kann.

  • Mitteilungen der VB 68 (2015) Nr. 3/4576

    Einrichtung von untersttzenden Organisationseinheiten an jeder In-stitution, die von den Forschenden eindeutig als kompetente Anlauf-stellen fr Forschungsdatenmanagement identifiziert werden knnen und idealerweise mit IT-Dienstleistern, mit Bibliothekspersonal und mit juristisch Ausgebildeten besetzt sind, um das ganze Spektrum an technischen, nicht-technischen und speziell juristischen Fragestel-lungen beantworten zu knnen7. Besonders hervorzuheben ist bei den untersttzenden Services jede projektspezifische Beratung und Hilfe-stellung bei der Entwicklung und Umsetzung von Datenmanagement-plnen, Untersttzung bei Frderantrgen sowie Ansprechpersonen fr Metadatenstandards in den einzelnen Disziplinen.

    Implementierung eines sterreichweiten Schulungsprogrammes fr Forschende, das unter Bercksichtigung der unterschiedlichen dis-ziplinren Anforderungen ein attraktives Angebot zu Forschungs-datenmanagement darstellt.

    4. Bestellung von Datenfachleuten

    Sowohl die implementierten Infrastrukturen als auch die zugehrigen unter-sttzenden Services knnen nur dann funktional sein und die Forschenden optimal entlasten, wenn sie auch von Personal betrieben werden, das in aus-reichender Qualitt und Quantitt zur Verfgung steht. Leider ist es sehr oft die bliche Praxis, dass nach Beendigung von Infrastrukturprojekten, wie e-Infrastructures Austria, wider besseren Wissens aus budgetren Grnden nicht die erforderlichen Personalressourcen verfgbar gemacht werden.

    Da Forschungsdatenmanagement eine hoch komplexe Materie dar-stellt, die eine Palette an unterschiedlichsten Qualifikationen erfordert, kann hier nur die dringende Empfehlung an alle wissenschaftspolitischen Entscheidungstrger ausgesprochen werden, die erforderliche Anzahl an Expertinnen und Experten einzusetzen.

    Entsprechende Posten sind zu schaffen und mit Fachleuten aus den Bereichen der IT, der Bibliotheken (Data Librarians) und der Rechtswis-senschaften zu besetzen. Nachdem es sich beim Forschungsdatenmanage-ment um ein relativ neues und wachsendes Feld handelt, ist einschlgig ge-schultes Personal erst in geringer Anzahl vorhanden. Deshalb ist es wichtig, in sterreich gleichzeitig auch die notwendigen Aus- und Weiterbildungs-angebote zu entwickeln und zu implementieren.

    Das Entwickeln einer gewissen Kernkompetenz fr Forschungsdaten-management bei den Forschenden selbst setzt das Anstoen eines Dialogs zwischen allen Stakeholdern voraus.

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    5. Implementierung von geeigneten Anreizsystemen

    Policies sind wie bereits erwhnt eine Notwendigkeit, aber auch ein durch-dachtes Anreizsystem kann erheblich zum Erfolg der institutionellen Vor-gaben beitragen. Da den sterreichischen Forschenden offensichtlich Sichtbarkeit, Anerkennung, Impact und Vernetzung in diesem Zusammen-hang am attraktivsten erscheinen, ist bei der Implementierung der Infra-strukturen besonderes Augenmerk auf diese Anreize zu richten.

    Wissenschaftspolitisch wird es wichtig sein, bestehende Evaluationskri-terien dahingehend zu erweitern, dass Forschungsdaten auch als wichtiger Forschungsoutput in Wissensbilanzen, Evaluationen, Bewerbungsverfahren sowie Projektantrgen bercksichtigt werden. Dieser Output muss dann auch konsequenterweise in Datenarchiven, Repositorien und Forschungs-informationssystemen abgebildet, verfgbar und nachnutzbar werden.

    6. Frderung internationaler und interdisziplinrer Zusammenarbeit

    Bei der konkreten Umsetzung, wie auch bei der Weiterentwicklung dieser In-frastrukturen, sind die rasanten Vernderungen auf diesem Gebiet im inter-nationalen Kontext zu bercksichtigen. Deshalb ist eine mglichst breite Be-teiligung sterreichischer Forschungsinstitutionen an internationalen und in-terdisziplinren Organisationen und Netzwerken, wie re3data.org, DataCite, COAR, OpenAIRE, LIBER etc. anzustreben. Internationale Kooperationen knnten etwa dazu beitragen, strittige Fragen im Kontext von Forschungs-daten, wie das Thema Open Access, in grerem Kontext zu bearbeiten und gegebenenfalls entsprechende Erfahrungen auch in sterreich zu nutzen.

    Weitere Empfehlungen

    Neben diesen sechs Hauptempfehlungen ist noch darauf hinzuweisen, dass fr die vorliegende gesamtsterreichische Umfrage eine mglichst breite Beteiligung unter Einbeziehung aller Disziplinen angestrebt wurde.

    Selbstverstndlich war es nicht mglich, jede Disziplin detailliert zu er-fassen. In manchen Disziplinen knnte es deshalb sinnvoll sein, weitere Er-hebungen oder Interviews durchzufhren, um auf spezifische Bedrfnisse besser eingehen zu knnen.

    Wenngleich der Groteil an Forschungsdaten in sterreich mittlerweile digi-tal erzeugt wird, gibt es doch noch eine Minderheit von Forschenden, die analo-ge Daten produziert. Hier wre es sinnvoll, Digitalisierungsschulungen anzubie-ten und gegebenenfalls eine Kooperation mit Institutionsarchiven anzustreben.

  • Mitteilungen der VB 68 (2015) Nr. 3/4578

    Mag. Bruno BauerMedizinische Universitt Wien

    E-Mail: [email protected]

    Mag. Andreas Ferus, MScAkademie der bildenden Knste Wien

    E-Mail: [email protected]

    Dr. Juan GorraizUniversitt Wien

    E-Mail: [email protected]

    Dr. Christian GumpenbergerUniversitt Wien

    E-Mail: [email protected]

    Dipl. Ing. Nikolaus MalyFH Campus Wien

    E-Mail: [email protected]

    Mag. Johannes Michael MhleggerUniversitt Salzburg

    E-Mail: [email protected]

    Jos Luis PrezaUniversitt Wien

    E-Mail: [email protected]

    Mag.a Barbara Snchez SolsUniversitt Wien

    E-Mail: [email protected]

    Mag.a Nora Schmidt, MAUniversitt Wien (aktuell: Universitt Lund)

    E-Mail: [email protected]

    Dr. Christian SteinederTechnische Universitt Wien

    E-Mail: [email protected]

    mailto:[email protected]:[email protected]:[email protected]:[email protected]:[email protected]:[email protected]:[email protected]:[email protected]:[email protected]:[email protected]

  • Mitteilungen der VB 68 (2015) Nr. 3/4 579

    1 Projekt e-Infrastructures Austria, Website. Online unter: http://e-infra-structures.at/startseite (Zugriff: 30.09.2015).

    2 European Commission: HORIZON 2020, Open Science (Open Ac-European Commission: HORIZON 2020, Open Science (Open Ac-cess). Online unter: http://ec.europa.eu/programmes/horizon2020/en/h2020-section/open-science-open-access (Zugriff: 30.09.2015).

    3 Guidelines on Open Access to Scientific Publications and Research Data in Horizon 2020. Online unter: http://ec.europa.eu/research/participants/data/ref/h2020/grants_manual/hi/oa_pilot/h2020-hi-oa-pilot-guide_en.pdf (Zugriff: 30.09.2015).

    4 Beispielhaft ist in diesem Zusammenhang die Entwicklung in Grobri-Beispielhaft ist in diesem Zusammenhang die Entwicklung in Grobri-tannien zu nennen, wo bereits mehr als 30 Universitten ber Institutio-nal Data Policies verfgen. Horton, Laurence and DCC (2014): Over-Horton, Laurence and DCC (2014): Over-view of UK Insti tution RDM Policies, Digital Curation Centre. Online unter: http://www.dcc.ac.uk/resources/policy-and-legal/institutional-data-policies Mehr unter: http://www.dcc.ac.uk/resources/policy-and-legal/institutional-data-policies#sthash.1BTPU6oj.dpuf. Auch an einigen deutschen Universitten gibt es bereits richtungsweisende Poli cies fr den Umgang mit Forschungsdaten, etwa an der Hum-boldt-Universitt zu Berlin (Grundstze zum Umgang mit Forschungs-daten an der Humboldt-Universitt zu Berlin. Online unter: https://www.cms.hu-berlin.de/de/ueberblick/projekte/dataman/policy) der Universitt Bielefeld (Principles and Guidelines on handling research data at Bielefeld University. Online unter: https://data.uni-bielefeld.de/policy), der Universitt Gttingen (For schungsdaten-Leitlinie der Universitt Gttingen. Online unter: http://www.uni-goettingen.de/de/01-juli-2014-forschungsdaten-leitlinie-der-universitaet-goettingen-einschl-umg/488918.html) und der Universitt Heidelberg (Richtlinien fr das Management von Forschungsdaten. Online unter: http://www.uni-heidelberg.de/universi taet/profil/researchdata/). Gemeinsam ist diesen Richtlinien die Empfehlung, Forschungsdaten frhestmglich ffentlich zugnglich zu machen. (alle Zugriff: 30.09.2015).

    5 LERU Roadmap for Research Data. Online unter: http://www.leru.org/files/publications/AP14_LERU_Roadmap_for_Research_data_final.pdf (Zugriff: 30.09.2015).

    6 Open Access Policy fr vom FWF gefrderte Projekte. Online unter: htt-ps://www.fwf.ac.at/de/forschungsfoerder ung/open-access-policy (Zu-griff: 30.09.2015).

    7 Dies ist auch besonders wichtig, da die Hard Sciences (oftmals Big Da-ta-Produzenten) sich erfahrungsgem eher an die IT-Services, die Soft Sciences sich aber eher an die Bibliotheken wenden.

    http://e-infrastructures.at/startseitehttp://e-infrastructures.at/startseitehttp://ec.europa.eu/programmes/horizon2020/en/h2020-section/open-science-open-accesshttp://ec.europa.eu/programmes/horizon2020/en/h2020-section/open-science-open-accesshttp://ec.europa.eu/research/participants/data/ref/h2020/grants_manual/hi/oa_pilot/h2020-hi-oa-pilot-guide_en.pdfhttp://ec.europa.eu/research/participants/data/ref/h2020/grants_manual/hi/oa_pilot/h2020-hi-oa-pilot-guide_en.pdfhttp://ec.europa.eu/research/participants/data/ref/h2020/grants_manual/hi/oa_pilot/h2020-hi-oa-pilot-guide_en.pdfhttp://www.dcc.ac.uk/resources/policy-and-legal/institutional-data-policieshttp://www.dcc.ac.uk/resources/policy-and-legal/institutional-data-policieshttp://www.dcc.ac.uk/resources/policy-and-legal/institutional-data-policies#sthash.1BTPU6oj.dpufhttp://www.dcc.ac.uk/resources/policy-and-legal/institutional-data-policies#sthash.1BTPU6oj.dpufhttps://www.cms.hu-berlin.de/de/ueberblick/projekte/dataman/policyhttps://www.cms.hu-berlin.de/de/ueberblick/projekte/dataman/policyhttps://data.uni-bielefeld.de/policyhttps://data.uni-bielefeld.de/policyhttp://www.uni-goettingen.de/de/01-juli-2014-forschungsdaten-leitlinie-der-universitaet-goettingen-einschl-umg/488918.htmlhttp://www.uni-goettingen.de/de/01-juli-2014-forschungsdaten-leitlinie-der-universitaet-goettingen-einschl-umg/488918.htmlhttp://www.uni-goettingen.de/de/01-juli-2014-forschungsdaten-leitlinie-der-universitaet-goettingen-einschl-umg/488918.htmlhttp://www.uni-heidelberg.de/universitaet/profil/researchdata/http://www.uni-heidelberg.de/universitaet/profil/researchdata/http://www.leru.org/files/publications/AP14_LERU_Roadmap_for_Research_data_final.pdfhttp://www.leru.org/files/publications/AP14_LERU_Roadmap_for_Research_data_final.pdfhttp://www.leru.org/files/publications/AP14_LERU_Roadmap_for_Research_data_final.pdfhttps://www.fwf.ac.at/de/forschungsfoerderung/open-access-policyhttps://www.fwf.ac.at/de/forschungsfoerderung/open-access-policy