22
Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten von Vazrik Bazil Was ist Reputation Management? – Wie bilden sich Repu- tationen? – Wozu nutzen Reputationen? – Wie schafft man Reputationen? – Wie kann man sie messen? 1 Was ist «Reputation Management»? Unternehmen Bedeutung der Reputation wollen neue Kunden gewinnen, sie lang- fristig binden, die Loyalität ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stärken, gute Bewerber anziehen, den Anla- gewert für Aktionäre steigern und Krisenzeiten heil überstehen. Wie kann PR ihren Beitrag zur Verwirkli- chung dieser Ziele leisten? An Bedeutung gewinnt zunehmend eine Antwort: durch «Reputation Manage- ment». An sich ist «Reputation» oder «Ruf» ein Phäno- men, das seit jeher von großer Relevanz für Menschen gewesen ist: im Alltag, in der Gesellschaft, Politik, Lite- ratur und neuerdings auf besonderem Maße in der Kommunikation. Über Begriffliche und methodo- logische Klä- rung allgemeine Literatur zum Thema Reputation hinaus, gibt es in den USA mehrere Webseiten wie www.walterinfo.com oder www.reputations.org , Fach- zeitschriften wie Reputation Management oder Corpo- rate Reputation Review und das Reputation Institut, die sich seit geraumer Zeit diesem Problem verschrieben haben. Gleichwohl gibt es nach wie vor zwei grundle- gende Fragen, die noch nicht hinreichend beantwortet worden sind: die begriffliche und, noch dringender, die methodologische Klärung dieses Phänomens im PR- KM November 2001 1.02 1

Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten · Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten von Vazrik Bazil Was ist Reputation Management? – Wie bilden sich Repu

  • Upload
    others

  • View
    19

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten · Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten von Vazrik Bazil Was ist Reputation Management? – Wie bilden sich Repu

Reputation Management –Die Werte aufrechterhalten

von Vazrik Bazil

Was ist Reputation Management? – Wie bilden sich Repu-tationen? – Wozu nutzen Reputationen? – Wie schafftman Reputationen? – Wie kann man sie messen?

1 Was ist «ReputationManagement»?

Unternehmen Bedeutung derReputation

wollen neue Kunden gewinnen, sie lang-fristig binden, die Loyalität ihrer Mitarbeiterinnen undMitarbeiter stärken, gute Bewerber anziehen, den Anla-gewert für Aktionäre steigern und Krisenzeiten heilüberstehen. Wie kann PR ihren Beitrag zur Verwirkli-chung dieser Ziele leisten? An Bedeutung gewinntzunehmend eine Antwort: durch «Reputation Manage-ment». An sich ist «Reputation» oder «Ruf» ein Phäno-men, das seit jeher von großer Relevanz für Menschengewesen ist: im Alltag, in der Gesellschaft, Politik, Lite-ratur und neuerdings auf besonderem Maße in derKommunikation.

Über Begrifflicheund methodo-logische Klä-rung

allgemeine Literatur zum Thema Reputationhinaus, gibt es in den USA mehrere Webseiten wiewww.walterinfo.com oder www.reputations.org, Fach-zeitschriften wie Reputation Management oder Corpo-rate Reputation Review und das Reputation Institut, diesich seit geraumer Zeit diesem Problem verschriebenhaben. Gleichwohl gibt es nach wie vor zwei grundle-gende Fragen, die noch nicht hinreichend beantwortetworden sind: die begriffliche und, noch dringender, diemethodologische Klärung dieses Phänomens im PR-

KM November 2001

1.02

1

Page 2: Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten · Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten von Vazrik Bazil Was ist Reputation Management? – Wie bilden sich Repu

Kontext. Was bedeutet «Reputation», «Ruf» oder «Cor-porate Reputation»? Mehrere Versuche sind unternom-men worden, um diesen Begriff zu erklären. Charles J.Fombrun, führender Forscher auf diesem Gebiet undDirektor des Reputation Instituts in den USA, schlägtu. a. folgende Definition vor:

«ADefinition 1 corporate reputation embodies the general estimati-on in which a company is held by employees, customers,suppliers, distributors, competitors, and the public».(59)

Dieses Zitat macht zweierlei deutlich: Erstens ist Repu-tation eine «general estimation» und zweitens beziehtsie sich auf alle Zielgruppen bzw. Teilöffentlichkeiteneines Unternehmens. Diese beiden Aspekte werden inder Definition von James Norman von Shandwick Inter-national präzisiert:

«ReputationDefinition 2 is the collective expectations (emotional andrational) that various audiences, specifically stakeholers– customers, investors, employees, analysts and suppliers– have of a corporation’s products, services and activitiessurrounding its business, social and financial performan-ce» (Total Communication Measurement, 9. Oktober1999)

Reputation ist also eine kollektive, rationale und emotio-nale, Bewertung aller Teilöffentlichkeiten zur allgemei-nen Unternehmenstätigkeit. Erinnert uns aber dieseErklärung nicht an verwandte Begriffe wie «Image»«Identität» oder «Brand»? Sind diese nicht auch kollekti-ve Bewertungen, die Erwartungen einschließen? Han-delt es sich hier also lediglich um synonyme Begriffe, diebeliebig verwendet werden können? Die Verwirrungwächst noch mehr, wenn wir solche Definitionen lesen:

«CorporateDefinition 3 reputation . . . is the sum of identity, image,perceptions, beliefs, and experiences that stakeholdershave over time related to that company» (www.walkerin-fo.com vom 19. 4. 01)

KM November 2001

Reputation Management1.02

2

Page 3: Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten · Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten von Vazrik Bazil Was ist Reputation Management? – Wie bilden sich Repu

Was Reputation,Brand, Identi-tät und Image

unterscheidet nun «Reputation» von «Brand»,«Identität» und «Image»? Dass Begriffe bisweilen sehrleicht verallgemeinert und dadurch verwässert werden,ist nichts Neues – auch nicht im Management. SolcheBeispiele kennen wir zur Genüge: Einerseits werdenz. B. Ideen, Personen oder Institutionen ähnlich wieGebrauchsgegenstände als «Produkte» bezeichnet, diees zu «vermarkten» oder zu «verkaufen» gilt, anderer-seits werden Organisationen und Marken anthropomor-phisch gedeutet und mit «Persönlichkeiten», «Charakte-ren» oder «Identitäten» versehen. Denken wir diese Ver-allgemeinerungen zu Ende, so müssten wir eigentlichbei Menschen und Ideen genauso von «Produkt-PR»sprechen wie bei Produkten und Organisationen von«Personality-PR». So weit gehen wir aber nicht. Zurück-haltung ist auch beim Gebrauch solcher Begriffe wieImage, Reputation oder Identität geboten.

Diese MerkmalePhänomene weisen als «soziale Repräsentatio-nen» folgende Merkmale auf:

K Ganzheitliche WahrnehmungenDiese Wahrnehmungen enthalten kognitive, emotionaleund motivationale Elemente und werden durch Erwar-tungen, Wünsche und Wertungen der Wahrnehmendenangereichert. Auf diese Weise ergibt sich ein Ganzes, dasmehr ist als die bloße Summe aller Teileindrücke.

K Kollektiv bzw. intersubjektivSie entstehen aus sozialen Netzwerken, die in der PRgemeinhin «Teilöffentlichkeiten», «Zielgruppen», «Dia-loggruppen» oder «Anspruchgruppen» genannt werden.Bei der Verbreitung oder Verfestigung von Einstellungeninnerhalb einer Gruppe spielen auch deren Homogenitätund Dichte eine wesentlich Rolle, denn erst aufgrunddieser Angaben kann man feststellen, wie stark oder wieschwach der Drang zur Konformität gegeben ist.

K RelativDa sich diese Öffentlichkeiten in ihren kollektivenWahrnehmungen und Erwartungen voneinander unter-

KM November 2001

Reputation Management 1.02

3

Page 4: Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten · Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten von Vazrik Bazil Was ist Reputation Management? – Wie bilden sich Repu

scheiden, treten jeweils verschiedene soziale Repräsen-tationen hervor. Deshalb sollte man eigentlich vonReputationen, in der Mehrzahl, und nicht von Reputa-tion, in der Einzahl, sprechen. Ob sich aber diese Repu-tationen zu einer einzigen Reputation verdichten las-sen, hängt wiederum davon ab, ob wir geneigt sind, eine«Weltöffentlichkeit» anzunehmen.

DieWas heißt«soziale Reprä-

sentation»?

Bezeichnung «soziale Repräsentation» könnte aller-dings missverständlich sein, weil «Repräsentationen»meistens Vorstellungen kognitiver Art sind, indessendie oben genannten Wahrnehmungen auch affektiveund motivationale Elemente, wie Gefühle, Vorlieben,Abneigungen, Absichten, Wünsche oder Wertungeneinschließen. Daher scheint es angemessen zu sein, dieBezeichnung «Repräsentation» mit «Einstellung» und«soziale Repräsentation» mit «sozialer Einstellung» zuersetzen.

NunSpezifischeUnterschiede

worin bestehen die spezifischen Unterschiede zwi-schen «Identität», «Image», «Brand» und «Reputation»?Zweier Kriterien können wir uns hier bedienen: Bezugund Inhalt. Anhand des ersten Kriteriums vermögenwir, «Brand» von «Identität» und mit der Hilfe des zwei-ten Kriteriums «Image» von «Reputation» zu unter-scheiden.

Der Begriff «Brand»«Brand» unterscheidet sich von allen ande-ren sozialen Einstellungen durch seinen eindeutigenBezug zu einer einzigen Zielgruppe, nämlich Kunden.Unangesehen dessen, ob Produkte oder Dienstleistun-gen oder gar das Unternehmen selbst als «Brand» ver-standen wird, sind es immer die Kunden, denen die Auf-merksamkeit gilt. (Bromley, 199; www.reputations.orgvom 24. 3. 01). «Identität»«Identität» hingegen bezieht sich auf dasSelbstverständnis des Unternehmens selbst, d. h. wieManagement und Mitarbeiter ihr Unternehmen defi-nieren und welche kognitive und emotionale Elementesie ihm zuschreiben (Fombrun, S. 36 und 277; Dowling ,S. 68; www.walkerinfo.com vom 19. 04. 01). Während

KM November 2001

Reputation Management1.02

4

Page 5: Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten · Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten von Vazrik Bazil Was ist Reputation Management? – Wie bilden sich Repu

also «Identität» die Binnenperspektive darstellt, drückt«Image» die Außenperspektive aus und zeigt, wie dieIdentität der Organisation wahrgenommen wird.Inhaltlicher Art ist allerdings der Unterschied zwischen«Image» und «Reputation». ReputationDeshalb können wir image-bezogene Attribute von reputationalen Attributen aus-einanderhalten. Sind Bewertungen wie «Organisation Xist innovativ» «Fahrer der Marke X sind Raser» oder«Sie sind glaubwürdig» reputational oder imagebezo-gen? In welchen dieser Sätze werden imagerelevanteund reputationrelevente Aussagen getroffen? Charles J.Fombrun, hebt diesen inhaltlichen Aspekt hervor undarbeitet 4 Attribute heraus, welche Reputationen aus-zeichnen (Fombrun, S. 72):

E Glaubwürdigkeit 4 Attribute derReputationE Zuverlässigkeit

E VertrauenswürdigkeitE Verantwortungsbewusstsein

Abb. 1

Demnach sind von den oben genannten Sätzen die ers-ten beiden imagebezogen und nur die letzte reputatio-nal. Reputation scheint also im Gegensatz zu Imagesnur diese Werte auszudrücken. In diesem Sinne defi-niert Dowling die Corporate Reputation:

«Corporate Definition 4Reputation: the attributed values . . . evokedfrom the person’s corporate image». (68)

KM November 2001

Reputation Management 1.02

5

Page 6: Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten · Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten von Vazrik Bazil Was ist Reputation Management? – Wie bilden sich Repu

«Gute», «hohe» oder «schlechte» Reputationen gebenalso Aufschluss darüber, inwiefern es einer Organisati-on gelungen ist, ihre Öffentlichkeiten zu überzeugen,dass sie zuverlässig, glaubwürdig, verantwortungsbe-wusst und vertrauenswürdig ist. Allerdings könnten jenachdem, welche Zielgruppen relevant sind, sogar«schlechte Reputationen» guten Ruf bedeuten, insbe-sondere bei kriminellen Organisationen, die innerhalbihrer Klientel genau diese Bedingungen erfüllen.

DieHierarchischeStruktur

vorstehenden Überlegungen weisen somit auf einehierarchische Struktur zwischen «Identität», «Image»und «Reputation» hin. Um dieses Gefüge zu erläuternbedienen sich Argenti, Dowling und Fombrun mit gering-fügigen Abweichungen dieses Modells (Fombrun, S. 37),wobei die Selbstdarstellung des Unternehmens durchNamen, Symbole usw. dessen Identität widerspiegelt.

Abb. 2

Aus dieser Struktur ist ersichtlich, dass erstens, Reputa-tionen niemals unmittelbar erreicht werden können,sondern nur mittelbar, über das Image (Dowling, S. 69)und zweitens, dass Reputationen, wie Images, dyna-

KM November 2001

Reputation Management1.02

6

Page 7: Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten · Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten von Vazrik Bazil Was ist Reputation Management? – Wie bilden sich Repu

misch sind. Reputation alsProdukt undProzess

Sie bilden sich über längere Zeiten und ver-dichten sich infolge ihrer intersubjektiven Ausprägungzu einem resistenten Ganzen, das offen und unvollen-det bleibt. Die Möglichkeit jedoch, sie zu beeinflussen,ist nur zum Teil möglich, weil Öffentlichkeiten selbstän-dig agieren und sich ihre eigenen «Bilder» schaffen. Bro-mely spricht in diesem Zusammenhang von der Reputa-tion als Produkt, mit dem sich Organisationen auseinan-derzusetzen haben, und als Prozess, den sie gemäß ihrerPositionierung durch Reputation Management steuernsollten (29).

2 Wie bilden sich Reputationen?

Reputationen entstehen auf formaler Ebene genausowie alle anderen sozialen Einstellungen. Unterschiedebestehen jedoch auf inhaltlicher Ebene.

2.1 Form

Aus Sicht der Form bilden sich Reputationen auf dreiWegen. Primär, sekundär und zyklisch.

K Primäre ReputationDie «primäre Reputation» (Bromely , S. 39) beruht aufdirekten Kontakten, die wir mit Personen oder Organi-sationen von Angesicht zu Angesicht pflegen. Die Wahr-nehmungen sind unvermittelt und persönlich. Dazugehören Kontakte zu Mitarbeiterinnen und Mitarbei-tern des Kundendienstes, zum Pförtner oder auch dasfernmündliche Gespräch mit der Sekretärin. Sozialpsy-chologen sprechen in diesem Zusammenhang vom Phä-nomen des Ersteindruckes. Phänomen des

ErsteindruckesDieses besagt, dass wir auch

bei unseren ersten Wahrnehmungen von «impliziten»Annahmen geleitet werden, sodass wir bereits beim ers-ten Kontakt bestimmte vorgeprägte Attributionen mitunseren unmittelbaren Wahrnehmungen verbindenund unsere anfängliche Einstellung formen. Dabei

KM November 2001

Reputation Management 1.02

7

Page 8: Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten · Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten von Vazrik Bazil Was ist Reputation Management? – Wie bilden sich Repu

könnte z. B. das Vorwissen über die Branche des Unter-nehmens eine Rolle spielen.

K Sekundäre ReputationDie «sekundären Reputationen» (Bromley, S. 39) oderder indirekte Weg gründet sich auf der Selbstdarstel-lung des Unternehmens (Architektur, schriftliche Doku-mente, Werbung u. a.), auf Äußerungen der Medien,Meinungsführer, Bekannte, Freunde usw. Dieser Kon-takt ist vermittelt und unpersönlich. Darin könnten Ste-reotypen und VorurteileStereotypen

und Vorurteileeinfließen und die soziale Ein-

stellung stark prägen. Diese Deutungsmuster beschrei-ben die Verhaltensnorm einer Gruppe, ohne individuel-le Unterschiede zu berücksichtigen. Das Individuumschwindet und weicht dem Typus, z. B. «Politik ist einschmutziges Geschäft», «Die Deutsche Bahn verspätetsich immer», «Die Deutsche Telekom – langsame Ente»usw. Mehrere Gründe können zur Bildung dieser verein-fachenden und verallgemeinernden Muster führen:Menschen wollen Informationsmengen reduzieren, umden Umgang mit komplexen Sachverhalten zu erleich-tern; sie stärken bisweilen ihr Selbstgefühl durchAbwertung anderer und noch wichtiger, mittels Stereo-typen und Vorurteilen identifizieren sie sich mit ihrenBezugsgruppen. Diese Gebilde bleiben gegenüberabweichenden Botschaften resistent, zumal Menschenauf interne Kohärenz bedacht sind und ihre neuenWahrnehmungen stets in dieses Ganze einfügen. Wennjedoch Menschen direkt mit Individuen in Kontakt tre-ten und ihre Wahrnehmungen bilden, dann könntenStereotypen und Vorurteile an Schärfe verlieren. Diesist zum Beispiel ein sinnvoller Weg, die Vorurteile derMehrheiten gegenüber Minderheiten zu schwächen. ImHinblick auf die Bildung und Beeinflussung von Repu-tationen ergibt sich hieraus eine wichtige Erkenntnis:Menschen erklären das, was ihre Einstellung in Fragestellt, zunächst nicht als «Eigenschaft» einer Organisa-tion oder einer Person, sondern als situationsbedingterZufall, dem kein besonderes Gewicht zuzumessen ist.

KM November 2001

Reputation Management1.02

8

Page 9: Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten · Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten von Vazrik Bazil Was ist Reputation Management? – Wie bilden sich Repu

Sozialpsychologen Dispositionaleund situationa-le Erklärungen

sprechen hier von dispositionalenund situationalen Erklärungen: «Es hat geklappt, weil erGlück hatte», «Es hat geklappt, weil er fleißig war». Einetypische Diskrepanz in der Reputation zeigt sich, wennin Krisenzeiten die außenperspektivische Sicht (außen-stehende Öffentlichkeiten) das Fehlverhalten der Orga-nisationen als deren «Wesensmerkmal» in den Vorder-grund rückt (dispositionale Erklärung), indessen diebinnenperspektivische Sicht (Management, Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter) das Ereignis eher als Zusam-menkunft ungünstiger Umstände deutet (situationaleErklärung). Reputationen pflegen heißt u. a. also, güns-tige situationale Erklärungen in dispositionale Erklä-rungen zu überführen und dabei stereotypische Hinder-nisse zu überwinden.

K Zyklische ReputationDer dritte Weg ist zyklisch. Darauf fußt das obige Zitatvon Norman, wenn er von «collective expectations» (vgl.Definition 2) spricht. Sind sich Personen oder Organisa-tionen bewusst, wie die sozialen Einstellungen ihnengegenüber ausgeprägt sind, verhalten sie sich dement-sprechend. Wenn die Einstellungen positiv ausfallen,spüren sie geringeren Bedarf an Verhaltensänderungund wenn sie negativ geprägt sind, greifen sie auf geeig-nete Instrumente zurück und versuchen, ihr Verhaltenund ihre Leistungen zu ändern. Daraus gehen – mit zeit-licher Verschiebung – neue oder veränderte Einstellun-gen hervor, die sich wiederum auf das Verhalten dieserPersonen oder Organisationen auswirken. Man denkean Künstler, die sich nach bestimmten Erwartungshal-tungen des Publikums richten.

2.2 Inhalt

Während diese drei Wege allen sozialen Einstellungeneigen sind und die Entstehungsform betreffen, habenHarris Interactive Inc., ein Marktforschungsinstitut inden USA, und Charles J. Fombrun vom Reputation Insti-

KM November 2001

Reputation Management 1.02

9

Page 10: Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten · Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten von Vazrik Bazil Was ist Reputation Management? – Wie bilden sich Repu

tut, die inhaltlichen und die reputationsspezifischenElemente herausgearbeitet. Im Oktober 2000 führtenbeide Institute eine Online-Umfrage durch und bewer-teten die Reputation der bekanntesten amerikanischenUnternehmen. Dabei entwickelten sie 6 Kriterien und20 dazugehörige Bausteine, wie Reputationen ent-stehen und wie sie gemessen werden können. Diese Kri-terien sind in die PR-Praxis mit dem Namen «Reputa-tion Quotient» (RQ)«Reputation

Quotient» (RQ)eingegangen. (www.harrisinteracti-

ve.com; Fombrun, S. 136):

1. EMOTIONAL APPEAL(Like, Admires, Trust)Ist das Unternehmen beliebt, hoch angesehen? Wirdes bewundert und respektiert? Bringen Menschenihnen Vertrauen entgegen?

2. PRODUKTS & SERVICES(Quality, Stands Behind, Innovative, Good Value)Welche Qualität zeichnet die Produkte und Dienst-leistungen eines Unternehmens aus? Ist das Unter-nehmen innovativ und glaubwürdig?

3. FINANCIAL PERFORMANCE(Profitability, Low-Risk Investment, Out-Performs,Growth Prospects)Wie werden die Wachstumspotenziale und die Risi-ken des Unternehmens eingeschätzt? Ist es finanzi-ell auf eine solide Basis gestellt?

4. VISION & LEADERSHIP(Leadership, Clear Vision, Opportunities)Hat das Unternehmen eine starke Führung? WelcheVisionen pflegt diese Führung? Und ist sie imstande,Chancen und Gefahren auf dem Markt zu erken-nen?

5. WORKPLACE ENVIRONMENT(Good to Work For, Good Employees, Well-Mana-ged)Wie erfolgreich wird das Unternehmen geleitet und

KM November 2001

Reputation Management1.02

10

Page 11: Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten · Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten von Vazrik Bazil Was ist Reputation Management? – Wie bilden sich Repu

wie ist die Qualität der Mitarbeiterinnen und Mitar-beiter? Ist es attraktiv für Top-Bewerber?

6. SOCIAL RESPONSABILITY(Support Causes, Environment, Treats People)Wie ausgeprägt ist das soziale Engagement desUnternehmens und wie verantwortungsbewusst ver-hält es sich gegenüber der Umwelt?

Diese 6 Kriterien zusammen mit ihren Bausteinenhaben sich in der PR-Praxis etabliert. Aber wie aus die-sen Bausteinen Attribute wie Glaubwürdigkeit, Zuver-lässigkeit, Vertrauenswürdigkeit und Verantwortungs-bewusstsein hervorgehen können, bleibt unklar. Sindetwa Automatismen im Spiel? Sind wir imstande, diesezu steuern? Der methodologische Ansatz bleibt in derLiteratur ungeklärt. Schwierig wird es sein zu erklären,wie aus analytischen Elementen (Reputation Quotient)synthetische Ganzheiten (Reputation) entstehen kön-nen.

3 Wozu nutzen Reputationen?

Nachdem die herkömmlichen Wege der Positionierung,wie Qualität, Technologie, Preisgestaltung, Serviceleis-tungen oder Vertriebsstrukturen selbstverständlichgeworden sind, verschaffen Reputationen wichtige stra-tegische Wettbewerbsvorteile, welche die Unternehmenvoneinander unterscheiden. Diesen Mehrwert könnenwir anhand zweier Aspekte verdeutlichen: Zielgruppenund Wettbewerbsvorteile Reputational

Capital.

1. Zielgruppen:a. Kunden: Reputation bindet Kunden und schafft

Loyalität. Die Kunden tätigen immer wieder neueGeschäfte und betreiben von sich aus eine «Mund-zu-Mund-Propaganda» zugunsten des Unterneh-mens. Zudem erleichtert eine gute Reputation denZugang zu den besten Dienstleistern, wie Werbe-

KM November 2001

Reputation Management 1.02

11

Page 12: Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten · Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten von Vazrik Bazil Was ist Reputation Management? – Wie bilden sich Repu

agenturen, die gerne mit guten Unternehmenzusammenarbeiten.

b. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Wie bei denKunden so auch bei den Mitarbeiterinnen undMitarbeitern schafft Reputation Loyalität undMotivation. Unternehmen mit hoher Reputationsind attraktive Arbeitgeber für Bewerber. Unter-nehmen verschaffen sich dadurch die Möglich-keit, vorwiegend hochqualifizierte Mitarbeitereinstellen zu können.

c. Investoren: In diesem Zusammenhang sprichtFombrun vom «Reputation Capital»: «A company’sReputational Capital is the excess market value ofits shares – the amount by which the company’smarket value exceeds the liquidation value of itsassets»(Fombrun, S. 92). Reputational Capital be-zieht sich auf Finanzmärkte und Investoren.Investitionen in Aktienwerte werden begünstigtund der Ruf des Unternehmens sorgt dafür,dass Anleger positive Kursentwicklungen erwar-ten, wovon wiederum die Aktienkurse abhän-gen.

2. Wettbewerbsvorteilea. Höhere Preise für eigene Produkteb. Niedrigere Marketing-Ausgabenc. Geringere Preise für Einkäufe z. B. bei Lieferan-

ten, die gerne mit glaubwürdigen Unternehmenzusammenarbeiten

d. Fähigkeit, leichter neue Produkte oder neue Kate-gorien auf den Markt einzuführen

e. Möglichkeit, Einfluss auf andere Öffentlichkeitenzu nehmen

f. Weniger Krisen bzw. Krisenzeiten werden besserüberstanden. Zum Beispiel hat sich die Einfüh-rung von Windows 95 mehrmals verschoben,aber die Kunden haben auf dieses Produkt gewar-tet, und das Unternehmen konnte diese Krisemeistern.

KM November 2001

Reputation Management1.02

12

Page 13: Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten · Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten von Vazrik Bazil Was ist Reputation Management? – Wie bilden sich Repu

g. Bei immer ähnlicher werdenden Produkten undDienstleistungen erleichtert eine gute Reputationden Entscheidungsrahmen – und zwar für alleTeilöffentlichkeiten.

4 Wie schafft man Reputation?

Dass Vertrauen alswichtigstesZiel

die Reputation für die Unternehmenskommunika-tion ein zentrales Anliegen ist, ergab eine Untersuchungder wbpr Gesellschaft für Public Relations und der UniSiegen bei 3.000 deutschen Unternehmen: 84 Prozentder deutschen Unternehmen halten die Schaffung vonVertrauen für das wichtigste Ziel der Unternehmens-kommunikation (mm 7/97, S. 38), gefolgt von «Innovati-onsstärke zeigen» (59 Prozent) und «Wir-Gefühl stär-ken» (54 Prozent). Unschwer können wir erkennen,dass sich hier bereits die ersten drei Dimensionen derReputation widerspiegeln: «Emotional Appeal», «Pro-ducts & Services» und «Vision & Leadership». Gleich-wohl kann Reputation nicht direkt, sondern nur indi-rekt über das Image bzw. die oben angeführten Kriteri-en geschaffen bzw. gepflegt werden.

Wenn aber Reputationen über Images gebildet undgepflegt werden können, dann drängen sich mehrereFragen auf: Ist unser Instrumentarium bei Imagepflegeidentisch mit dem der Reputationsbildung? Wenn ja,wie unterscheidet sich der Einsatz dieser Instrumente?Wenn nein, welche neue Instrumente sollen angewen-det werden? Können wir Reputationen wie Imagesdurch Kampagnen steuern? Worin unterscheiden sichdann beide Kampagnen – nicht begrifflich, sondernstrategisch bzw. taktisch? Auch wenn wir durch einekampagnenähnliche Maßnahme Einstellungsänderun-gen erzielt haben, wie schaffen wir – im Falle der Repu-tation – den Übergang von Einstellungsänderung zurVerhaltensänderung? Fragen, die noch nicht ausrei-chend behandelt worden sind.

KM November 2001

Reputation Management 1.02

13

Page 14: Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten · Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten von Vazrik Bazil Was ist Reputation Management? – Wie bilden sich Repu

ShandwickVorgehenswei-sen in der Bil-

dung vonReputationen

International und Fombrun schlagen zweiVorgehensweisen in der Bildung von Reputationen vor.Beide ähneln sich sehr. Die Shandwick-Methode,genannt auch «Reputation Map», besteht aus fünf unddie Fombrun-Methode aus drei Schritten:

Shandwick-Methode Fombrun-Methode

a. Assessb. Positionc. Personifyd. Champione. Drive

a. Diagnosing the current state

b. Designing the future state

c. Managing the transition

Beide Methoden laufen auf eine dreeistufige Strukturhinaus:

a. Als erster Schritt soll die Identität, das Image und diebestehende Reputation des Unternehmens analysiertwerden, um mögliche Diskrepanzen, Widersprücheoder Kohärenzen zwischen diesen drei Elementen fest-zustellen.

b. Im zweiten Schritt werden die Wettbewerber undderen Erscheinungsbilder analysiert. Das Unternehmenpositioniert sich, entwickelt seine Identität und formu-liert seine Kernbotschaften.

c. Der dritte Schritt legt die wichtigsten Zielgruppenfest (CEO, Mitarbeiter, Öffentlichkeiten), analysiert die-se reputationalen Netzwerke, deren Lebenswelten undstellt fest, mit welchen Instrumenten diese Zielgruppenerreicht werden sollen. Besonders wichtig ist es hier,zwischen primären und sekundären Reputationen zuunterscheiden, um die richtigen Informationsquellenzu spezifizieren. Eine erneute Reputationsanalyseschließt diese dritte Phase ab.

WährendBekanntheitkein Garant

für gute Repu-tation

Bekanntheit ein unzertrennlicher Bestandteileines Erscheinungsbildes ist und Unternehmen gerneIhre Bekanntheit zu erweitern versuchen, spielt sie beiReputationen nicht zwangsläufig eine prominente Rol-

KM November 2001

Reputation Management1.02

14

Page 15: Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten · Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten von Vazrik Bazil Was ist Reputation Management? – Wie bilden sich Repu

le. Daher sollten sich Unternehmen überlegen, ob sieextrovertierte oder introvertierte Kommunikationswei-sen vorziehen. Gute Medienresonanz ist keine Gewährfür eine gute Reputation. Ganz im Gegenteil, zurückhal-tende und introvertierte Einstellungen können durch-aus von reputationaler Relevanz sein – wie bei Invest-ment Banken, Beratungsunternehmen und Anwalts-kanzleien. Deshalb sollten sich Organisationen fragen,bei welchen reputationalen Netzwerken sie einen gutenRuf genießen möchten.

Über 6 Strategisch-taktischeModelle

diese vorstehenden Überlegungen zu einem repu-tationalen PR-Verfahren hinaus, gibt es 6 strategisch-taktische Modelle, welche zur Bildung der Reputationeines Unternehmens gemäß seiner Positionierung bei-tragen. Diese Modelle konzentrieren sich jeweils aufeinen Aspekt und versuchen die gesamte Kommunikati-on darauf aufzubauen. Diese Modelle sind: CEO, Vor-stand, Produkte & Dienstleistungen, Geschichtsmodell,Finanzmodell und Industriemodell.

1. CEO

Der Vorstandsvor-sitzender alsSymbol desUnternehmens

Vorstandsvorsitzende tritt als sichtbares Symboldes Unternehmens zum Vorschein und verkörpert esnach innen und außen. Laut einer Umfrage, die Gütt-ler+Klewes Communications Management vorgestellthat, ist das Image der Person an der Spitze des Unter-nehmens entscheidend für die Imagebildung desgesamten Unternehmens: Ein Drittel aller Anleger hältdie Aktie, wenn die Person des CEO überzeugend ist.Güttler lässt allerdings die Frage offen, wie die variableGröße «Sympathie» (ein Element der Reputation) ver-mittelt werden kann. Vor allem kann ein CEO alsMensch punkten. 70 Prozent der Befragten möchtenden Menschen auch außerhalb seiner Funktion ein-schätzen können (PRReport, 4. Mai 2001, S. 3). Mit Per-sonen werden eher kleinere Unternehmen identifiziert.Bei Saatchi and Saatchi war das Unternehmen um seineReputation besorgt, als die beiden Brüder es verlassen

KM November 2001

Reputation Management 1.02

15

Page 16: Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten · Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten von Vazrik Bazil Was ist Reputation Management? – Wie bilden sich Repu

haben. Aber auch große Unternehmen können ihrenCEO in den Mittelpunkt stellen, wie Lee lacocca beiChrysler, Jack Welch bei GE und Michael Eisner bei WaltDisney. Hier geht es darum, Eigenschaften des Vor-standsvorsitzenden auf das Unternehmen zu übertra-gen. Die Vorteile dieses Modells liegen auf der Hand:Medien lieben Persönlichkeiten, Investoren mögen es,die Führungspersönlichkeit zu kennen. Persönlichkei-ten vermögen, den Unternehmen ein so speziellesGepräge zu verleihen, dass diese sich von anderenUnternehmen abheben können. Aber wenn sich Medi-en von Personen abwenden, wird auch das Unterneh-men in Mitleidenschaft gezogen. Vor einer ähnlichenSchwierigkeit steht ein Unternehmen, wenn der CEOausscheidet.

2. Vorstand

NichtInstitutiona-lisierte

Kompetenz

der Vorstandsvorsitzende, sondern der Vorstandinsgesamt steht nun im Mittelpunkt – seine einheitlicheVision und Kompetenz. Je nach Bedarf kann man aucheinzelne Vorstandsmitglieder herausstellen. Hier kön-nen individuelle und kollektive Stärken betont werdenund der Vorstand kann als institutionalisierte Kompe-tenz des Unternehmens dargestellt werden. Auch diesesModell ist mit Nachteilen behaftet: Bei Unternehmen,die in derselben Industrie ähnliche Strukturen aufwei-sen, können Vorstände austauschbar sein.

3. Produkte & Dienstleistungen

DieWas, nicht wer Aufmerksamkeit soll in diesem Modell nicht demgelten, der etwas macht, sondern vielmehr dem, wasgemacht wird – Produkte und Dienstleistungen. EinSprecher von Microsoft verweist auf dieses Modell,wenn er sagt: «The reputation we want is as a companythat builds great products and technology that improvespeoples’s lives» (www.reputations.org vom 24. 03. 01).Produkte und Dienstleistungen sind greifbar, könnendurch dritte Parteien überprüft bzw. bewertet werden,

KM November 2001

Reputation Management1.02

16

Page 17: Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten · Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten von Vazrik Bazil Was ist Reputation Management? – Wie bilden sich Repu

gelten der Gegenwart und wecken Erwartungen für dieZukunft. Gleichwohl entbehren sie «Gesichter», die fürMedien wichtig wären und fallen in die Zuständigkeitvon Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nicht immerunbedingt gute PR-Kräfte sind.

4. Geschichtsmodell

Die Aus Traditionerfolgreich

erfolgreiche Geschichte des Unternehmens alsGewähr für künftige Erfolge soll in diesem Modellunterstrichen werden. Natürlich können vergangeneErfolge das Selbstbewusstsein der Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter stärken, doch dieses Modell scheintrückwärtsgewandt zu sein, zumal aus vergangenen Leis-tungen allein keine Garantie für künftige Erfolge abge-leitet werden kann. Ohne klar formulierte Vorstellun-gen vermag das Unternehmen keine angemesseneErwartungen zu wecken.

5. Finanzmodell

Die SchwerpunktInvestoren

finanzielle Solidität des Unternehmens steht nunim Mittelpunkt. Alle Botschaften enthalten finanzrele-vante Angaben. Dieser Ansatzpunkt spricht die Investo-ren an und macht aufgrund quantitativer bzw. messba-ren Werte den Vergleich zu anderen Unternehmenwesentlich leichter. Doch bleibt dieser Ansatz aus derSicht u. a. der internen Kommunikation unergiebig,weil er alle anderen Aspekte unternehmerischen Han-delns ausschließt.

6. Industriemodell

Dieses Führung undVision

Modell betont die Vision und die Geschäftsstrate-gie des Unternehmens und gibt Auskunft zu dessenkünftigen Entwicklungen. Dieser Ansatz vermitteltFührung und Vision. Darauf können die Mitarbeiterin-nen und Mitarbeiter stolz sein, und das Unternehmenist in der Lage, von Visionen zu sprechen und nichtimmer von sich selbst. Doch hierbei ist Vertrauen in die

KM November 2001

Reputation Management 1.02

17

Page 18: Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten · Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten von Vazrik Bazil Was ist Reputation Management? – Wie bilden sich Repu

Strategie des Unternehmens vonnöten. Nur Unterneh-men, die in der Gegenwart erfolgreich sind, können die-ses Vertrauen in die Zukunft schaffen (Graham).

Wichtige Entscheidungen der Öffentlichkeit beruhenauf Vertrauen. Es gibt aber keinen einfachen undschnellen Weg, Vertrauen zu schaffen. Es ist die Aufga-be aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, zur Bildungeiner angemessenen Reputation Ihrer Organisationenbeizutragen. Um dem reputationalen Anliegen desUnternehmens gerecht zu werden, schlagen AlanTowers und Fombrun die Einsetzung eines Chief Reputa-tion Officer (CRO)Chief

ReputationOfficer (CRO)

vor, der analog zu Chief FinancialOfficer oder Chief Operating Officer dem Vorstandangehört und das gesamte Geschehen im Unternehmenim Auge behält. Dies führt dazu, dass er die Thematikder Reputation über die PR-Abteilung hinaus in das gan-ze Unternehmen hineinträgt und das reputationaleBewusstsein aller Mitarbeiter schärft. Fombrun schlägtdaher folgendes Modell vor (197):

Abb. 3

KM November 2001

Reputation Management1.02

18

Page 19: Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten · Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten von Vazrik Bazil Was ist Reputation Management? – Wie bilden sich Repu

5 Wie können Reputationengemessen werden?

Wenn die Reputation eines Unternehmens 70 Prozentseines Wertes ausmacht (www.walkerinfo.com vom19. 04. 01), dann lohnt es sich auch sie zu messen.Obwohl die Reputation etwas Ganzheitliches ist undmehr beinhaltet als die Summe ihrer einzelnen Elemen-te, geht ihre Bewertung einen analytischen Weg, d. h. dasGanze wird in kleinere Bausteine geteilt und gemessen.Von diesen Bausteinen war oben bereits die Rede.

Anhand Wo gibt esHandlungsbe-darf?

dieser Komponente werden einzelne reputatio-nale Netzwerke befragt und die Ergebnisse mit denen derWettbewerber verglichen, um jene Bereiche festzustellen,in denen Handlungsbedarf besteht. So ist um die Jahrtau-sendwende Johnson & Johnson das angesehenste Unter-nehmen in den Vereinigten Staaten mit einem RQ von83.4 Prozent gefolgt von Coca-Cola (81.6 Prozent), Hew-lett-Packard (81.2 Prozent), Intel (81.0 Prozent) und Ben& Jerry’s (81.0 Prozent). Bei dieser Umfrage ergibt derVergleich der einzelnen Bausteine folgendes Bild:

Emotional Appeal Product & Services1. Johnson & Johnson 1. Johnson & Johnson2. Coca-Cola 2. Intel3. Hewlett-Packard 3. Hewlett-Packard4. Ben & Jerry’s 4. Xerox5. Xerox 5. Ben & Jerry’s

Vision & Leadership Workplace Environment1. Microsoft 1. Johnson & Johnson2. Intel 2. Lucent3. Anheuser-Busch 3. Ben & Jerry’s4. Coca-Cola 4. Hewlett-Packard5. Dell 5. Intel

Social Responsibility Financial Performance1. Ben & Jerry’s 1. Microsoft2. Amazon.com 2. Wal-Mart3. Johnson & Johnson 3. Coca-Cola4. Wal-Mart 4. Johnson & Johnson5. Xerox 5. Intel

KM November 2001

Reputation Management 1.02

19

Page 20: Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten · Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten von Vazrik Bazil Was ist Reputation Management? – Wie bilden sich Repu

DiePositionierungund Öffent-

lichkeiten

einzelnen Bausteine werden jeweils unterschiedlichbesetzt. Ob ein Unternehmen erfolgreich seine Reputa-tion pflegt, hängt im Wesentlichen von seiner Positio-nierung und seinen wichtigen Öffentlichkeiten ab. Diebekannteste Untersuchung zur Reputation von Unter-nehmen führt allerdings das amerikanische Wirt-schaftsmagazin FORTUNE an: America’s most AdmiredCorporations. Ähnliche Kriterien wie bei Fombrun lie-gen dieser Bewertung zugrunde: quality of manage-ment, quality of products and services, investmentvalue, innovativeness, financial soundness, ability toattract and keep talented people, environmental respon-sability und corporate asset (Fombrun, S. 183). Aller-dings gehen diese Ergebnisse aus Bewertungen vonAnalysten und Vorständen konkurrierender Unterneh-men hervor, sodass Mitarbeiter oder Kunden nichtherangezogen werden. Deshalb sind diese Aussagen nurfür bestimmte Zielgruppen relevant.

RückblickendNoch keineigenständiges

Intrumen-tarium

lässt sich feststellen, dass ReputationManagement noch kein eigenständiges Instrumentari-um geschaffen hat, um sich von Image Managementabzuheben. Ein methodologisch eindeutiger Unter-schied zwischen Image-Kampagnen und Reputations-Kampagnen lässt sich kaum erkennen. Es drängt sichdaher die Frage auf: Ob und wenn ja, wie dieses Instru-mentarium entwickelt werden kann.

6 Literatur

Argenti, Paul A. Corporate Communication. Boston1994

Avenarius, Horst. Public Relations. Die Grundform dergesellschaftlichen Kommunikation. senschaftlicheBuchgesellschaft, 2. überarbeitete Auflage, Darmstadt2000

KM November 2001

Reputation Management1.02

20

Page 21: Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten · Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten von Vazrik Bazil Was ist Reputation Management? – Wie bilden sich Repu

Bromley, D.B. Reputation, Image and ImpressionManagement. New York 1993

Dowling, Grahame. «Corporate super-brands : the rotesof corporate image and reputation», in: New directi-ons in corporate strategy 2000. St. Leonards, N.S.W.,S. 64–82

Fombrun, J. Charles. Reputation. Realizing Value fromthe Corporate Image. Boston, Massachusetts 1996

Graham, John D. «Making the CEO the Chief Communi-cations Officer: Conseiling Senior Management», in:The Handbook of Strategic Public Relations & Inte-grated Communications. Clarke L. Caywood (Editor).Boston 1997, S. 274–286

Moscovici, Serge. Social Representations. Explorationsin Social Psychology. Edited by Gerard Duveen. NewYork 2001

Peters, Glen. Waltzing with the Reports. A PracticalRoadmap to Protecting your Company’s Reputation.New York 1999

Piwinger, Manfred/Ebert, Helmut. Impression Mana-gement. Zur Selbstdarstellung von Personen undInstitutionen. Schriftenreihe «PR-Kolloquium» Heft8, herausgegeben von der DPRG-Landesgruppe NRW,Wuppertal 1998

Reuter, Peter. The Value of a Bad Reputation: Cartels,Criminals, and Barriers to Entry. Beitrag für die Jahres-tagung der Association for Public Policy Analysis andManagement, Minneapolis, Oktober 1982

Towers, Alan. «Realizing the Benefits of a Good Name»,New York Times, 16. Juni 1991

KM November 2001

Reputation Management 1.02

21

Page 22: Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten · Reputation Management – Die Werte aufrechterhalten von Vazrik Bazil Was ist Reputation Management? – Wie bilden sich Repu

Websiteswww.walkerinfo.comwww.reputations.orgwww.harrisinteractive.comwww.shandwick.comwww.reputationsinstitute.com

KM November 2001

Reputation Management1.02

22