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Restaurierung einer Yamaha XT 550 Technische Daten: Yamaha XT 550 Typ 5Y3 Baujahr 1982 27 KW (offen) Leergewicht 145 Kg Höchstgeschwindigkeit ca. 140 Km/h Der Anfang Es war Ende Mai 2005. Auf dem XT-Stammtisch kam ich ins Gespräch mit Helmfried. Er besaß noch insgesamt drei alte XT 550. Für die in Betracht kommende Maschine stellte er sich noch einen Preis von 250 € vor. Naja, dachte ich, das kann ja nicht allzuviel sein. Trotzdem hatte ich großes Intresse und verabredete mich am kommenden Wochenende zum anschauen der XT. Am Samstag den 28. Mai.2005 fuhr ich also mit Fred, der auch div. Ersatzteile für seine 550-er benötigte, zum Helmfried. In der Scheune stand sie ... Ich hätte zwar lieber die im Hintergrund stehende rote 550-er erstanden, aber die sollte noch über 1400 € kosten und ich wollte etwas neues erschaffen. Der erste Kontakt soll ja entscheidend sein. So ganz ohne vorderes Schutzblech und ohne Sitzbank sieht ein Motorrad ziemlich erbärmlich aus. Die Elektrik machte auch keinen guten Eindruck. Einige Steckverbindungen waren teilweise angeschmort. Fred verkabelte noch das eine und andere, eine neue Batterie wurde angeschlossen

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Restaurierung einer Yamaha XT 550

Technische Daten:

Yamaha XT 550 Typ 5Y3Baujahr 1982

27 KW (offen)Leergewicht 145 Kg

Höchstgeschwindigkeit ca. 140 Km/h

Der Anfang

Es war Ende Mai 2005. Auf dem XT-Stammtisch kam ich ins Gespräch mit Helmfried. Er besaß noch insgesamt drei alte XT 550. Für die in Betracht kommende Maschine stellte er sich noch einen Preis von 250 € vor. Naja, dachte ich, das kann ja nicht allzuviel sein. Trotzdem hatte ich großes Intresse und verabredete mich am kommenden Wochenende zum anschauen der XT.Am Samstag den 28. Mai.2005 fuhr ich also mit Fred, der auch div. Ersatzteile für seine 550-er benötigte, zum Helmfried. In der Scheune stand sie ...

Ich hätte zwar lieber die im Hintergrund stehende rote 550-er erstanden, aber die sollte noch über 1400 € kosten und ich wollte etwas neues erschaffen. Der erste Kontakt soll ja entscheidend sein. So ganz ohne vorderes Schutzblech und ohne Sitzbank sieht ein Motorrad ziemlich erbärmlich aus. Die Elektrik machte auch keinen guten Eindruck. Einige Steckverbindungen waren teilweise angeschmort. Fred verkabelte noch das eine und andere, eine neue Batterie wurde angeschlossen

und ein bis zwei Liter Benzin in den Tank gegossen. Ich wurde gefragt:“ Willst du ankicken?“ Da ich mit dem Kickstarter großvolumiger Einzylinder noch keine weitere Erfahrung hatte, schüttelte ich leicht den Kopf. „Besser du, Fred“ hörte ich mich sagen. Wäre auch zu peinlich gewesen, den Totpunkt nicht zu finden oder mit einer Fehlzündung über den Lenker zu gehen. Das aber die 550-er dermaßen einfach und unkompliziert anzukicken ist, konnte ich ja noch nicht ahnen.Benzinhahn auf und Fred begann zu kicken ... nach 3-4 Kicks gab der Motor erste Lebenszeichen von sich. Der nächste Tritt hatte Erfolg. Der Motor lief. Aus allen Öffnungen vom Krümmer und Aupuff drang dicker blauschwarzer Rauch der von verbrennendem Öl und Schmutz zeugte. Der Motor lief mit einem dumpf klopfenden Geräusch, welches aus der Kurbelwellengegend zu kommen schien. So ein Mist, Kurbelwellenlager hin. Das bedeutete auf jeden Fall die Spaltung des Motors. Nach dem Ausstellen kontrollierte Fred noch die Stellung des Steuerkettenspanners. Er sagte, das wenn der Spanner voll ausgefahren ist, die Gefahr besteht, das sich die Nockenwelle in sein Gleitlager eingefressen haben könnte .... immer solche Schauergeschichten. Nach Öffnung der großen Kunstoffschraube für die Kurbelwelle auf der linken Seite des Motors konnte ich dort den Kurbelwellenstumpf sehen. Die Welle konnte in radialer Richtung ca. 1 mm hin und her bewegt werden und das bestätigte mir die Vermutung eines KW-Lagerschadens.

Trotzdem konnte und wollte ich jetzt nicht mehr zurück. Ich sagte Helmfried, das ich die Maschine kaufen wollte, obwohl mir eigentlich etwas mulmig war, ob ich hier keinen Schrotthaufen kaufe.Er überreichte mir noch zwei Sitzbänke und sogar noch eine gebrauchte Ersatzkurbelwelle.Fred bekam seinen Ölkühler, den er an seine 550-er Reisemaschine bauen wollte. Helmfried bot mir an, das Moped auf seinem Anhänger zu transportieren. So befestigten wir die 550-er auf dem Hänger, dessen TÜV seit über einem halben Jahr abgelaufen war und transportierten die XT nach München.

Das erste Foto am folgenden Sonntag in der Mittagssonne. Zur Voll- ständigkeit mit Sitzbank. Hier gab es dann auch die erste nähere Be- trachtung. Die üblichen Verdächtigen mussten natürlich getauscht werden. Gummimanschetten, Gepäcktasche usw. Ansonsten hatte der Dreck und Rost nur oberflächlichen Schaden angerichtet. Schwer an- bzw. durchgerostet war nichts. Die Speichen waren vorn wie hinten angerostet und das Vorderrad etwas locker, was sich aber als nicht festgezogene Radmutter herausstellte.

Die Kinder und meine Frau schauten sich das Motorrad jetzt genauer an. Ihren Gesichtsminen zufolge trauten sie mir eine solche Sache nicht zu. 250 € kann man besser vernichten und nimmt nicht soviel Platz in der Garage ein. Da ich noch nie eine Vollrestaurierung gemacht hatte, kamen auch mir mehr Zweifel auf. Als ich aber gut eine Stunde später die XT genauer inspiziert hatte, bekam ich ein gutes Gefühl. Eine Überschlagsrechnung der noch zu benötigenden Teile kam auf ungefähr 400 € , dann sollte es passen. Es schien alles wichtige vorhanden zu sein.

Der Motor war mit einer dicken, stumpfen und blasrigen Lackschicht überzogen. Hier hatte es der Vorbesitzer besonders eilig, den Motor im Rahmen zu lackieren und wahrscheinlich zur besseren Durchtrocknung den Motor laufen lassen. Ergebnis war ein Lack mit der Rauhigkeit eines Zwiebacks. Unglaublich. Rahmen und Anbauteile hatten von den Zeug ebenfalls etwas abbekommen. Aber was solls, musste sowieso alles sandgestrahlt werden und mit dem Motor konnte ich mir ja Zeit lassen. Mit einem scharfen Schaber sollte ich das Zeug wohl abbekommen. Beize gibt es im Baumarkt.

Diese Bild zeigt am besten den Allgemeinzustand der 550-er.

Demontage

Noch am gleichen Sonntag wurden dutzende Fotos erstellt, damit jedes Teil katalogisiert wird und seinen Ursprungsort wieder findet. An die Enden von Leitungen habe ich weißes Klebeband befestigt, beschriftet und fotografiert. So wusste ich später, als der Kabelbaum installiert wurde, welche Funktion die Leitungen hatten.

Die ersten Teile wurden abmontiert und ungereinigt aber sortiert in den Keller gelegt.

So entstanden dutzende von Fotos über Lage und Funktion der Anbauteile. Sämtliche Steckverbindungen (Stecker/Buchse) wurden an beiden Teilen markiert (Durchnumeriert). Falls es mit dem CD-R Pen nicht möglich war, eine Leitung zu kennzeichnen, wurde mit dem weißen Klebeband ein beschriftetes Fähnchen angebracht. Das war auch dringend Notwendig, da ich nach wenigen Wochen schon nicht mehr wusste, welches Kabel mit wem verbunden und welche Funktion es hatte.

So entschloss ich mich, an Motor und Rahmen parallel zu arbeiten. Am dem Motor wurde meist bis spät in die Nacht gearbeitet, während der Rest am Rahmen Baugruppenweise tagsüber entfernt wurde. Diese Baugruppen wie z.B das komplette Hinter- oder Vorderrad habe ich komplett wie es war abmontiert und in den Keller gelegt. Wenn man alles auf einmal komplett zerlegt, gibt es beim Zusammenbau garantiert Schwierigkeiten. Ich war froh, den Motor alleine aus dem Rahmen heben zu können. Ich schätze das Gewicht auf ca. 50 – 60 Kg. Im Keller angekommen habe ich sofort das Antriebsritzel entfernt. Aus dem xt600 Forum wusste ich, das grobverzahnte Getriebeausgangswellen zur Nutbildung neigen.

Das Ritzel, durch unzähligen Zug- und Schiebebebetrieb, frißt sich sozusagen eine Kerbe in die Welle. Meine Befürchtungen wurden leider bestätigt. Einen alten Motor würde ich deswegen aber nicht öffnen. Hier könnte man ein neues Ritzel mit der Welle verschweißen.

Der Motor musste wegen dem KW-Lagerschaden sowieso geöffnet werden. Nur musste ich auch noch eine intakte Ausgangswelle finden und kaufen. Vielleicht kommt ja noch mehr.... schließlich gibt es auch noch Pitting. Und ohne den kompletten Motor zerlegt zu haben, brauchte ich auch noch keine Bestellung bei KEDO zu tätigen. Erst wenn eine Gesamtübersicht der defekten Teile vorliegt, kann bestellt werden. Somit war es Prio 1, erst den kompletten Motor zu zerlegen.

Nach Demontage des Zylinderkopfdeckels, der als zweite Lagerhälfte dient, kamen die Ventilfedern und die Nockenwelle zum Vorschein. Nockenwelle und Gleitlager der Gehäusehälften waren in gutem Zustand. Minimale Riefenbildung auf der linken Seite. Nocken in einem sehr guten Zustand ohne sichtbaren Verschleiß. Keine Freßstellen.Ich habe es bis jetzt nicht herausgefunden, welche Nocke in dem Motor verbaut ist. 20 oder 27 KW. Die Nocke trägt keinerlei Kennzeichnung.

Ende Mai Anfang Juni 2005 war es sehr warm und sonnig. Das Arbeiten in der Garage besonders angenehm. So war es kein Wunder, das am 31.Mai der Rahmen von allen Anbauteilen befreit war. Zum Schutz wurden Öffnungen und Gewinde verschlossen und mit Klebeband umwickelt. Stellte sich jetzt langsam die Frage ... Pulverbeschichten oder nur lackieren? Von Fred hatte ich erfahren, das pulverbeschichtete Rahmen mit Offroadeinsatz nicht die bessere Wahl seien; umherfliegende Steine würden große Teile der Beschichtung abplatzen lassen. Da ich auch auf Anhieb niemanden kannte, der eine solche Beschichtung erledigen konnte, entschied ich mich für eine herkömmliche Lackierung mit

Grundierung, Lack und Klarlack. Jeweils mindestens zwei Schichten. Aber zuerst sollte der Rahmen sandgestrahlt werden. Im Internet wurde ich fündig. In Hohenbrunn in der Nähe meiner alten Arbeitsstätte gab es einen Anbieter, der für 30€ die Stunde eine kubische 1,2 Meter Kabine vermietete. Ein Telefonanruf und ich hatte ein paar Tage später einen Termin Morgens um 07:30 zum strahlen. Mitgenommen habe ich den Rahmen, die Hinterradschwinge als auch Kleinteile wie Seitenständer. Ich bekam eine komplette Ausrüstung mit Schutzmaske und Handschuhen gestellt. Nach genau einer Stunde waren die Teile fertig, genauso wie auch ich. Das drehen und halten des Rahmens in der Kabine mit der linken und das festhalten der Sandpistole in der rechten Hand war äußerst Kräftezehrend. Nass geschwitzt fuhr ich mit dem Auto Rückwärts zur überdachten Halle, weil es mittlerweile zu Regnen angefangen hatte und die stahlgrauen Teile nicht naß werden durften.

Ich stand einen Tag später in einer Lackiererei und fragte nach einem Lack. Immer wieder fragte mich der Verkäufer, welcher schwarze Lack es denn sein dürfte. Kaum zu glauben, das es mehrere

dutzende schwarze Lacke gibt. „Irgendeinen der nach schwarz aussieht“ sagte ich, um sofort wieder die Frage zu hören „welchen schwarzen denn ....“. Da mir der Lackierer nicht helfen konnte oder wollte, nach 16 Uhr keine Dosen mehr gemischt wurden und die Dose Lack mehr als 15€ kosten sollte, entschied ich mich für einen guten handelsüblichen 2k-Lack in der Dose. Zudem kaufte ich noch zwei große Dosen Zinkspray für die Grundierung der Teile. Rahmen, Schwinge als auch alle anderen Stahlteile erhielten als erstes zwei Schichten Grundierungslack Zink. Jeweils mit über drei Stunden Trocknungszeit. Einen Tag

danach kamen drei Schichten schwarzer Lack darüber. Die erste Schicht nur ganz wenig benebelt, sonnst entstehen Läufer. Als der schwarze Lack getrocknet war, kamen noch zwei Schichten Klarlack drüber. Die Junisonne war schon so stark, das ich tagsüber die Teile in die Sonne gelegt habe zum „einbrennen“ der Lacke. Die Schwinge habe ich in Felgensilber lackiert. Auch hier zwei Schichten Klarlack.

Somit war die Grundlage für den Wieder- aufbau gegeben. Die lackierten Teile habe ich noch gut 14 Tage an Stahlseilen hängend in der Garage trocknen lassen. Erst als der Fingernagel keine sichbaren Spuren hinterließ, habe ich dem Rahmen einen stabilern Untersatz gegeben um jetzt mit der Montage der im Keller liegenden Teile zu beginnen.

Während der gesamten Zeit der Aufarbeitung der Rahmenteile wurde zeitgleich Abends am Motor geschraubt.

Bei der Demontage des Motors stieß ich auf die üblichen Probleme wie festsitzende oder bereits runde Schrauben. Aufbohren jedoch brauchte ich keine. Dennoch saß die Schraube für das Polrad so fest, daß ich eine Kerbe flexen und sie mit einem starken Meißel entfernen musste.

Eine Ersatzschraube hatte mir Helmfried mit der Ersatzkurbelwelle mitgegeben. Einen Abzieher für das Polrad habe ich mir selbst gebaut. In eine 10 mm Stahlplatte wurden im Dreieck mit Schenkelbreite von 60 mm drei Löcher mit 8,5 mm Durchmesser gebohrt. Drei M8-er Stahlschrauben greifen in die drei Gewinde am Polrad und die Stahlplatte stützt sich gegen den Kurbelwellenstumpf ab. Ein einziger harter Schlag gegen die Mitte der Stahlplatte und das Polrad war ab und fiel, weil ich das so schnell nicht erwartet hatte, auf den Boden.

Jetzt konnte die Steuerkette entfernt werden und der Zylinder kam an die Reihe. Noch ein spannender Moment. Doch Zylinder und Kolben präsentierten sich in bester Verfassung. Die Lauffläche des Zylinders hatte keine sichbaren Riefen, auch gab es im OT des Kolbens an der Lauffläche keine ringförmige Nut im Zylinder.

Der Kupplungskorb ließ sich mittels eines umwickelten Seiles blockieren und mit einem langen Drehmomentschlüssel die innere Mutter entfernen. Dabei habe ich seitlich eine Markierung auf die Reibscheiben und Kupplungsbeläge angebracht, damit diese später wieder korrekt zusammengesetzt werden können. Die Mutter von der Kurbelwelle auf der rechten Seite war lose und wurde nur noch durch die hochgebogene Lasche des Sicherungsbleches gehalten. Ein üblicher Verdächtiger, der im Falle des Losdrehens die Zahnräder nicht mehr an der Stelle verweilen lässt. Greifen das Zahnrad der KW und das der Ausgleichswelle nicht mehr exakt ineinander, wird die drehende KW die Ausgleichswelle aus ihrem Lagersitz sprengen und das Gehäuse zerstören. Kleine Ursache große Wirkung. Diese Schraube habe ich beim Zusammenbau mit 120 Nm angezogen und vorher mit Loctite Schraubenfest Mittel bestrichen. Die neue Sicherungslasche trägt ja auch noch zum Halt bei. Mit einer Blockierung der Zahnräder durch ein Bleistück konnte ich die restlichen Befestigungsmuttern lösen.

Die Nutensteine der KW als auch der Ausgleichswelle waren noch voll intakt und konnten wieder verwendet werden. Das Lager der Eingangswelle (in der Mitte des Motors) wird von einem Sicherungsring und drei Kreuzschlitzschrauben fixiert. Zwei der Schrauben konnte ich nach stundenlangem bearbeiten entfernen, aber die Dritte war äußerst hartnäckig. Trotz Schlagschrauber wurde sie innen rund und nichts und niemand griff mehr richtig. Mit einem Drehmel und einer Mini- flexscheibe habe ich eine Nut in die Schraube geflext und bekam sie mit einem gut sitzenden Schraubendreher ab. Nach dieser Aktion konnte der Motor vorsichtig gespalten werden. Komisch, das ich überhaupt keinen Gehäusetrenner benötigte. Die an der Außenseite sitzenden Nuten genügten zum aushebeln. Innen kam das Getriebe zum Vorschein. Ein kurzer Blick war völlig ausreichend. Pitting auf mindestens einem Zahnradpaar. Shit. War ja klar.

Das Gertiebe, Schaltwalze und die Wellen konnten jetzt entnommen werden.

Die Kurbelwelle präsentierte sich in einem guten Zustand. Unteres Pleuellager hatte sein vor- geschriebenes Spiel innerhalb der Toleranzen und das obere Pleuelauge hatte innen im Gleitbereich noch seine kupferfarbene Fläche. Das linke Lager, eingesperrt durch das Steuerkettenritzel, hatte fühlbar axiales und radiales Spiel und war wohl verantwortlich für das rumpelnde Geräusch bei laufendem Motor. Zwei Abende benötigte ich für das abziehen des Ritzels. Mit Heißluftpistole und einem sehr stabilen Abzieher bekam ich es endlich los. Nachdem das neue Lager verbaut war, hatte ich das Ritzel erhitzt und wollte es gerade senkrecht zur

Markierung einsetzen, da fiel es bis zur Hälfte über die Welle und saß wieder absolut stramm fest. Somit musste ich erneut den Abzieher ansetzen.

Alle Lager wurden aus den Gehäusehälften aus- geschlagen. Mit einem an der Spitze um 90 Grad gebogenen Schraubendreher konnte auch das linke Lager der Ausgleichswelle herausgehebelt werden. Unter diesem Lager befindet sich noch ein Öldicht- ring, der den Öldruck in das innere der Welle leitet und nicht zwischen den Lagerkugeln hindurch in den Motor. Zur Not könnte auch ein einseitig geschlossenes Lager verwendet werden.

Die Lagersitze der beiden Kurbelwellenlager rechts und links im Gehäuse waren leicht ausserhalb der Toleranzen. Ein paar Freßspuren zeugten von einem sich mitdrehenden äußeren Lagerring. Ich war trotzdem ganz zufrieden, wusste ich doch, das es für solche Fälle Lagerkleber gibt.

So langsam kam ich an den Scheitelpunkt der Restauration. Hatte ich jetzt den Überblick, was ich noch alles benötigen würde.

– Steuerkette Kedo 92027 44,50 €– Dichtungssatz komplett Kedo 91452 31,50 €– Öldichtring Ausgleichswelle 25x40x3 Kedo 27090 5,95 € – Simmering-Set komplett: Kedo 90044 21,50 €– Kolbenclip 2x Kedo 27074 1,50 €– Tankdeckel Kedo 22209 11,50 €– Kotflügel Kedo (Baja) 20023 22,90 €– Getriebe-Sicherungsbleche Kedo: 27085 2,25 €, 27086 2,25 €, 28091 2,25 €– 2k-Motorlack schw. Glänzend Kedo 51053 23,90 €– Preval Sprayer Kedo 51004 9,95 €– Ersatzpatrone Kedo 51005 6,95 €– Drehzahlmesserwelle Kedo 30020 7,50 € – O-Ring dazu Kedo 300002 0,75 €

– Nutenstein Ausgleichswelle beim Yamaha Händler ca. 2 €– O-Ring Motor unten Hydr. Schlauch 93210-10197-00 – Kupplungswelle bef. Schr. 90149-08067-00 – Nutenstein KW: 90282-07042-00 – Kreuzschlitzschraube für Befestigungslasche Lager Ausgleichswelle ca. 1 € (3 Stück)

Lager:

– 2 x 6305– 6305 RS einseitig abgedichtet– 6305N mit Nut– 6004– 6004 RS einseitig abgedichtet– 6306.C3 linkes KW-Lager. Ausführung in C3 mit erhöhter Lagerluft. Temperaturausgleich– 6307.C3 rechtes KW-Lager

Die Bestellung bei Kedo war sozusagen DER Scheitelpunkt der Restauration. Nach wenigen Tagen kamen alle bestellten Teile in einem großen Paket nach München. Die Lager allerdings habe ich über das Internet bestellt. Zusammen haben sie 51 € gekostet. Da kann man nicht meckern.

Montage

Im großen und ganzen konnte ich mit dem Wiederaufbau beginnen. Dennoch gab es Probleme mit dem Getriebe. Von Helmfried bekam ich für 25€ eine intakte Getriebeeingangs- und Ausgangswelle komplett mit Zahnrädern. Leider hatten diese auch starkes Pitting, sodaß ich unter dem xt600 Forum nach einem Getriebe für die 550-er ausschau hielt. Es dauerte auch nicht lange, da bot mir jemand sein gebrauchtes Getriebe einer 43f an. Nach Austausch der Maße und der Bestätigung des Verkäufers kaufte ich dieses für 80€. Die Zahnräder der Ausgangswelle wurden auf die Ersatzwelle von Helmfried verbaut. Die Eingangswelle mit dem auf der linken Seite aufgepresstem Zahnrad konnte nicht demontiert werden und kam so wie es war zum Einsatz. Ein kleiner Wehrmutstropfen gab es dennoch. Der erste Gang eines orig. XT 550 Getriebes war mit 13/30 Zähnen übersetzt. Das der 43f war 12/31, also etwas kürzer. Die Durchmesser der Zahnräder wichen kaum voneinander ab. Na gut, dachte ich und sah mich im Geiste schon mit einem Wheelie über die Dachauer Straße Richtung Wintrich-Ring fahren. Aber alles der Reihe nach.

Während ich also auf das Getriebe wartete, konnten doch die ersten Teile wieder an ihren Ursprungsort montiert werden. So nahm ich den Luftfilterkasten, der stets vor der Hinterradschwinge montiert werden sollte, reinigte und lackierte ihn sogar noch schwarz matt. Die Hinterradschwinge wurde mit der Achsschraube befestigt und das bereits zerlegt, gereinigt, lackierte und zusammengebaute zentrale Federbein fand seinen angestammten Platz zwischen Schwinge und Rahmen wieder. Der Stift, der Schwinge und Federbein verbindet, ist wohl eingepresst. Auch der machte bei der Demontage erhebliche Schwierigkeiten und wollte partu nicht

weichen. Nur mit einem 10 mm Austreiber und einem 500 g Hammer war dies möglich. Der Kabelbaum wurde mit entsprechendem Tape umwickelt und auf der rechten Seite des Rahmens angebracht. CDI und Regler (Gleichrichter) wurden ebenfalls gereinigt und wieder eingebaut. Hier hatte ich auch die Möglichkeit, einzelne Leitungen durch neue zu ersetzen bzw. Leitungen zu verlöten und mit Schrumpfschlauch zu versehen. Ich habe bestimmt eine ganze Tüte schwarzen Kabelbinder verbraucht, damit die Kabel am Rahmen befestigt werden um später nicht zu scheuern.

Jedes einzelne Teil wurde vor dem Anbau gereinigt, teilweise lackiert und dann verbaut. Tage vergingen immer nach dem gleichen Schema. Abends die Teile reinigen, Grundieren und farbig lackieren. Nachts vor dem Bettgehen, noch eine erste Schicht Klarlack. Morgens vor der Arbeit noch eine zweite Schicht und Abends nach der Arbeit der Anbau dieser Teile. Dann wieder reinigen neuer Teile ... An dünnem Stahldraht hingen die lackierten Teile in der Garage zum trocknen, teilweise zehn bis zwölf Stücke gleichzeitig.

Nachfolgend wurden die beiden Räder gereinigt und deren Speichen entrostet. An einem Gewitterabend im Juli 2005 habe ich die Speichen der Räder, sitzend in einem Gartenstuhl, mit Felgensilber in der geöffneten Garage lackiert. Die Alu-Felgen mit Unipol poliert, die Gabelstandbeine silber lackiert wie auch die Seitendeckel und das Heckbürzel in Weiß. Das waren Wochen voller Fleißarbeit. Nebenbei die Besuche bei Louis & Co. für neue Blinker hinten, Faltenbälge für die Gabel und div. Kleinteile. Obere und untere Gabelbrücke schwarz lackiert.

Kurz vor dem Urlaub in Kroatien im August, habe ich noch den Vergaser zerlegt, gereinigt und wieder zusammengebaut. Die Düsen waren in keinem Fall verklebt. Neue Benzinleitung angebracht und die Gasschieber eingeölt. Die rechte Seite des Doppelvergasers wird ab Halbgas mechanisch mit geöffnet. Der goldfarbene Schieber wird durch den Unterdruck gesteuert geöffnet und durch eine Spiralfeder mit definiertem Druck wieder geschlossen. Die übliche Membran ist hier nicht vorhanden.

Nach dem Sommerurlaub wurde der Motor zusammengebaut. Alle benötigten Teile waren vorhanden. Die Gehäusehälften wurden gereinigt und die ersten Lager wurden vorsichtig mit einem Kunstoffhammer oder mit Hilfe von dem alten Lager eingetrieben. Hierbei wurde das Gehäuse auf 80 Grad erwärmt.

Das Filtersieb wurde gereinigt und auf die noch intakte alte Dichtung verschraubt. Hierbei habe ich bei allen M6-er Verschraubungen Loctite Schraubenfest mittel verwendet. Auf freie Ölkanäle im Gehäuse habe ich stets geachtet. Die ersten Simmeringe fanden ihren neuen Platz und das Getriebe habe ich zuerst auf die linke Seite eingebaut. Hierbei wurde direkt der eine oder andere Milliliter Öl verwendet. Immer wieder schüttelte ich den Kopf als ich sah, das viele Kreuzschlitzschrauben verwendet werden. Diese

Teile habe ich zu hassen gelernt. Wie kann man sowas machen. Die sollen wohl nur einmal in ihrem Leben angefasst und angezogen werden. Wer hat denn was von Demontage gesagt.

Schaltwalze, Schaltwelle und Schaltgabeln wurden genauso verbaut, wie Anfangs demontiert. Das linke Kurbelwellenlager als auch die Ausgleichswelle habe ich mit wenig Lagerkleber in die Lagersitze eingeklebt. Mir war klar, das ich diese Verbindung nur noch mit ca. 160 Grad Hitze lösen könnte. Die im rechten Bild gezeigte Ölführungsbuchse mit O-Ring nicht vergessen einzubauen.

Als die beiden inneren Gehäusehälften mit Flächendichtung versehen wieder verschraubt waren, wurden die äußeren Zahnräder und der Kupplungskorb wieder montiert. Das obere Zahnrad ist für die Ausgleichswelle und das untere von der Kurbelwelle. Diese Zahnräder müssen mit den beiden Punkten gegenüber verbaut werden. Kupplung und Lamellen wurden mittels Markierung wieder an ihrem alten Platz eingebaut.

Dann ging eigentlich alles sehr schnell. Kupplungsstange eingebaut, Kupplung eingestellt und das Gehäuse auf der rechten Seite mit den orig. M6-er Inbusschrauben verschraubt. Auf der linken Seite wurde das Kettenritzel angebracht. Der Lichtmaschinendeckel mit einer neuen Dichtung angeschraubt. Der Kolben wurde gereinigt und auf der oberen Seite poliert, welches die Kohlerückstände nicht so schnell haften lässt, der Kolbenbolzen mit neuen Clips gesichert und den Kolben in den Zylinder eingeschoben. Neue Zylinderfuß- und Kopfdichtung ist ein muss und wurden mit neuer Steuerkette samt Führungsschinen und Nockenwelle eingebaut. Die Stehbolzen entsprechend dem angegebenen Drehmoment kreuzweise in mehreren Gängen festgezogen. Zum Schluss kam der Zylinderkopfdeckel zum Einsatz und das Ventilspiel wurde eingestellt. Da ich die einzelnen Motorteile zwischendurch von seinem alten Lack entfernt hatte, brauchte es nur wenig Zeit, den Motor zur Lackierung herzurichten. Hierbei ist es Ge- schmacksache, ob der Motor matt oder glänzend lackiert wird.

Nach einer Trocknungszeit von ca. einer Woche, wurde der Motor wieder in den Rahmen eingebaut. Hierbei ging ich leider falsch vor und hob den Motor von der linken Seite in den Rahmen und ließ die bereits eingebauten Fußrasten montiert. Fred gab mir einen Tipp, den Motor von der rechten Seite her einzubauen. Mit abmontierten Fußrasten. Die ganze Familie hat geholfen, den Motor in die exakte Position zu heben um die Steckachse durch Hinterradschwinge und Motor zu bekommen. Hierbei ist an einigen Stellen der Lack von Rahmen und Motor abgeplatzt, was aber später vorsichtig mit dem Pinsel wieder hergestellt wurde. Trotzdem ärgerlich. Die ganze Prozedur dauerte min. 20 min. Das nächste mal würde ich den Motor an den wichtigsten Stellen in dickes Leinentuch hüllen und von rechts einbauen.

Was soll ich sagen, dieser Zustand ähnelt einem Motorrad immer mehr. Auch konnte ich es nicht lassen, das vordere Schutzblech unter der unteren Gabelbrücke zu verschrauben, war ja mittlerweile der Lampenhalter und das hintere Scheinwerfergehäuse lackiert und eingebaut worden. Auch der Vergaser wurde eingebaut und die Bowdenzüge an die am Lenker bereits montierten Griffe.

Von Helmfried hatte ich günstig ein neues KettenKit für die 550-er bekommen. Das Ritzel hatte ich bereits montiert und so wurde die Kette mit einem Kettenschloss geschlossen. Werde aber kurzfristig das Kettenschloss gegen ein zu vernietendes eintauschen. Das Werkzeug dafür habe ich bereits für meine 600-er gekauft. Ich habe hier ein besseres Gefühl. Das Gewinde des rechten Spiegelhalters war praktisch nicht mehr vorhanden. Mit einem Reiß- werkzeug wurde die Bohrung aufgeraut und der Spiegel am Gewinde mit Flüssigmetall verklebt. Wie lange das hält, kann ich noch nicht sagen, fühlt sich aber ausreichend stabil an.

Tank und Sitz wurden provisorisch verschraubt und siehe da, ein richtiges Motorrad. Da der Motor bereits mit frischem Öl und einer neuen Zündkerze ausgestattet war, der Vergaser angeschlossen und die Batterie geladen, stand einem Starten des Motors nichts mehr im Wege. Schnell die Batterie angeschlossen und den Benzinhahn geöffnet. Alles war dicht, immerhin. Zündschlüssel besorgt und auf „ON“ gedreht. Die grüne Lampe für Leerlauf leuchtete auf. Ich war sehr gespannt. Wird der Motor ohne starke mechanische Geräusche laufen? Die ersten 20 Kicks gestalteten sich schwierig. Totpunkt finden und mit schmackes treten. Allerdings tat sich zuerst gar nichts. Nach weiteren fünf Minuten merkte ich, das bei dem Motor ganz langsam erste Zündungen kamen. Klitschnass schob ich die Maschine an den Bordstein. So konnte ich mit dem linken Fuß besser stehen. Bei jedem weiteren Kick lief der Motor etwas länger. Dann plötzlich lief der Viertakter durch. Geschafft. Und das schönste war, fast ohne mechanische Geräusche. So wie es sein sollte. Nach wenigen Sekunden war das überflüssige Motoröl verbrannt und die Auspuffgase kamen völlig klar und ohne blaue oder schwarze Wölkchen aus dem BSM Sportauspuff. Ich war überglücklich.

Es war bereits Anfang Oktober, als ich den orig. XT 550 Alu-Motorschutz montiert habe. Den hatte ich im Juni über ebay gekauft. Eine wahre Rarität, wusste ich doch, das in Deutschland verkaufte XT´s einen hässlichen Stahlrohr/Blech-Schutz hatten der eigentlich überhaupt keinen echten Schutz bietet. Nach wie vor waren die Ansaugstutzen zwischen LuFi-Gehäuse und Vergaser sehr alt und verhärtet. Der Vergaser fand hier kaum Halt, sodaß ich mit der Warmluftpistole die Stutzen erwärmt und den Vergaser besser befestigen konnte. Damit das System wirklich dicht ist, habe ich anschließend mit transparentem Baustoff-Silikon außen eine kleine Raupe an Vergaser und Ansaugstutzen gelegt. Das sollte reichen.

Auch patschte der Motor beim Gas wegnehmen hart aus dem Auspuff. Die Leerlaufgemisch-schraube hatte ich lt. Büchli entsprechend eingestellt. Trotzdem benötigte der Motor noch eine weitere halbe Umdrehung Richtung „Fett“ (also raus), damit er auch im Schiebebetrieb sauber läuft.

Zu meinem 40. Geburtstag habe ich die beiden vorderen Blinker, die Gepäcktasche und die beiden TKC 80 Continental Reifen bekommen. Gegenüber der Montage des Hinterreifens war das anbringen der Blinker geradezu leicht. Nie habe ich mehr geschwitzt als diesen einen Abend im Keller beim ab- und aufziehen des neuen Reifens. Den alten Reifen bekam ich nur mittels Bügelsäge und Seitenschneider von der Felge. Der Kardinalfehler beim montieren des neuen Reifens war vorprogrammiert. Er war komplett aufgezogen, als ich mir dachte, das ein solcher Reifen doch eine bestimmte Laufrichtung hat, i.d.R. an der Seite mit einem Pfeil markiert. Ich hatte eine 50% Chance, das der Reifen richtig montiert war. Ich sage nur: Murphy´s Law.

Am Folgetag brachte ich Vorder- und Hinterrad zur kompletten Montage zum Reifenhändler.

Die Gepäcktasche ist leider nicht Original, habe ich aber auf einer schwarz lackierten Pertinaxplatte entsprechend befestigt. Eine orig. Gepäcktasche habe ich bisher keine erstanden, weil diese in einem guten gebrauchtem Zustand nicht zu bekommen ist.

Zwischendurch, bei Probeläufen, hatte ich Probleme bei einer bestimmten Stellung des Lenkers mit dem Abblendlicht. Dieses ging bei einer bestimmten Stellung des Lenkers sporadisch aus. Meine Vermutung, das der unter der Lampenfassung liegende mehrpolige Stecker das Problem macht, bestätigte sich. Die Buchsen des Steckers habe ich mit einem kleinen Schraubendreher leicht zusammengedrückt, das wieder Spannung zwischen Buchse und Stift besteht. Den Stecker habe ich zusätzlich mit Kabelbinder zusammen- und an das dafür vorgesehene kleine Winkeleisen gebunden. Original wird hier die Steckverbindung in einem Kunststoffteil angeklipst. Dieser Kunststoff dient als Spritzschutz für den sonnst frei im Fahrtwind befindlichen Stecker. Leider ist dieses Teil nicht mehr vorhanden. Vielleicht kann ich es von Fred einmal geliehen bekommen um mir eine Form zu erstellen. Mit Kunstharz und einer Lage Glasfaser könnte man das Teil nachbauen.

Während der Wintermonate konnte ich kaum am Motorrad arbeiten. Es war schlicht zu kalt. Ich beschäftigte mich mit Motorradzeitschriften und anderen Kleinigkeiten der XT im wärmeren Kellerraum. Die beiden nachfolgenden Bilder stammen vom Februar 2006.

Die farbigen Streifen auf dem Seitendeckel und dem Tank habe ich im Januar 2006 lackiert. Nach Vorlage eines Originals habe ich den Tank abgeklebt, lackiert, getrocknet und wieder neu abgeklebt. Der Vorgang dauerte mehrere Stunden/Tage, weil der Lack natürlich trocknen musste. So war ich nicht auf die teuren Aufkleber angewiesen, falls man sie denn überhaupt bekommt. Das XT-Zeichen auf dem Tank war auch ein schwieriger Fall. Auf ebay verkaufte jemand zufällig das Zeichen, ich musste nur noch das rot in die Umrandung bekommen. Hier war auch stundenlanges Abkleben angesagt. Aber es hat sich gelohnt. Selbst der chromfarbene Kantenschutz an der vorderen Pfalz des Tanks ist angebracht. Ende Januar 2006 fiel mir ein, das die Gabelsimmeringe nicht mehr die besten waren. Wollte ich doch, wenn es Frühling wird und die Maschine angemeldet, nicht unbedingt noch die Dichtringe wechseln. Besser jetzt im Winter. Mit der Spaxschrauben-Methode konnte ich den Simmering einer Seite heraus hebeln, die andere stellte sich sehr hartnäckig an. Es wurden ca. 10 Schraubvorgänge und ein leicht zerkratztes Federbein, bis ich den Simmering entfernt hatte. Somit gab es keine Wahl, ich musste Standrohr und Gleitrohr demontieren. Die Dämpferstange kann nur gelöst werden, wenn diese im Gleitrohr festgehalten wird und die Inbusschraube unten an der Dämpferstange gelöst wird. Dazu habe ich mir nach anfänglichen Schwierigkeiten zum lösen dieser Stange ein „Spezialwerkzeug“ erstellt.

Eine Mutter mit SW 24 wird an einen Baustahl geschweißt und kann, im Gleitrohr eingeführt, die Dämpferstange festhalten. Die Verkratzungen im inneren des Standbeins habe ich mit ganz feinem Schmirgelleinen geglättet und anschließend alles wieder zusammengebaut.

Auch die 550-er hat ihren eigenen Hubständer bekommen, den ich genauso angefertigt habe wie meinen ersten für die 600-er.

Detailbilder der Yamaha

Genau wie meine XT 600 E hat die 550-er ein Ölthermometer erhalten. Bis 60º C langsam warm fahren. Ab 80º C (Betriebstemperatur) kann's richtig losgehen. Ich werde aber die ersten paar hundert Kilometer etwas vorsichtig sein und schauen, wie sich der Motor verhält. Immer ein Handy mit dabei, damit man im Falle des Falles abgeholt werden kann.

Der BSM- Auspuff ist zwar nicht gerade eine Schönheit, habe aber momentan gar keinen anderen zur Auswahl. Wenn ich jetzt noch von irgendwo einen originalen Auspuff bekomme, ist sie, mit Ausnahme der Gepäcktasche, in originalem Zustand wie aus dem Laden gekauft. Ihre Zuverlässigkeit kann die XT 550 ab Ende März 2006 unter Beweis stellen, falls der TÜV uns den Segen dazu gibt. Nach 200-300 Km sollte nochmal das Ventilspiel kontrolliert werden, nachdem sich alle Komponenten gesetzt haben.

Ende März 2006 gönnte ich mir ein Kurzzeitkennzeichen für die 550-er. Wollte ich doch die neuen Beläge vom Vorderrad einbremsen, damit die Graukittel nichts zu meckern haben. Hier stellte ich dann sehr schnell fest, das es doch Unterschiede gibt beim fahren auf einem 10 Meter langen Grundstück und auf der Straße. Sie lief bei Halbgas zwischen 2500 und 4000 Touren wie ein alter Lanz. Das war ein einziges stottern und patschen aus dem Auspuff. Toll, das auch noch. Wollte ich doch am nächsten Tag zum TÜV. Aber denen kann es ja egal sein, ob ein Motor gut läuft oder nicht. Also erstmal zur HU und dann den Fehler finden. Somit machte ich mich Morgens in meinem Urlaub auf zur Prüfstelle. Ich fand den BSM Sportauspuff sehr laut und hatte bedenken zwecks

Plakette, obwohl er eingetragen war. An der TÜV-Kasse ließ ich noch 54€ für ein Gutachten und die freundliche Dame sagte: „Sie werden aufgerufen“. Somit gesellte ich mich zu den zwei wartenden Kandidaten an der Prüfecke.Ich wurde aufgerufen und schob die Maschine auf die Hubstation. Dort begann der Prüfer seine Arbeit. Rahmennummer, Reifen/Größe, Laufrichtung, Speichenklang, Motor dicht, Licht, Hupe, Blinker, Bremsen, Seitenständer, Lenkkopflager, Killschalter, Schwingenlager ... upps, das linke Schwingenlager hatte einen halben Millimeter Spiel. Warum hatte ich das nicht bemerkt. Aber sonnst wurde nichts mehr gefunden. Alles OK. Der etwas laute BSM hat den Prüfer gar nicht gekümmert... war ja eingetragen.

So fuhr ich glücklich nach Hause. Dort habe ich sofort angefangen, den Vergaser auszubauen. So konnte es ja nicht bleiben, mit Halbgas wie ein Traktor zu fahren. Bei Gerhard habe ich dann Abends den Vergaser Ultraschall reinigen lassen. Ich hatte gesehen, das der Ansaugstutzen des Primärvergasers neben der Befestigungsschelle einen kleinen Riß hatte. Den hatte ich früher schon bemerkt, jedoch mit Klebeband versucht, das ganze abzudichten, offensichtlich erfolglos. Mein Nachbar nahm den Ansaugstutzen mit zu einer Autoreparaturwerkstatt. Dort gab es ein Dichtmittel, welches zugleich auch Kleber ist. Der Riß wurde damit verschlossen und der Kleber benötigte 24h um hart aber doch noch elastisch zu werden. Am Folgetag verbaute ich alles wieder an die XT.Was soll ich sagen, die 550-er nahm über das ganze Drehzahlband sauber Gas an, das ich mir ein Grinsen nicht verkneifen konnte. Und sie hat doch 38 PS. So wie sie voranschiebt ab 4000 Touren kann es nur eine offene Maschine sein. Nach Ostern wird die Yamaha angemeldet und ab dem nächsten Jahr ist sie auch ein Youngtimer mit 25 Jahren auf dem Buckel.

„Lächle und seih froh, es könnte schlimmer kommen“, sagte eine Stimme zu mir. Und ich lächelte und war froh .... und es kam schlimmer.

Die ersten paar hundert Kilometer waren kurz nach Ostern schnell abgeritten. Allmählich klopfte der Motor im heißen Zustand immer mehr. An warmen Tagen unerträglich laut. Ab einer Drehzahl von ca. 2800 Touren wurde dieses dumpfe Klopfen immer lauter. Ich hatte den Kolben in Verdacht. So demontierte ich den Zylinder und schickte ihn mit einer Bestellung für einen neuen Übermaßkolben, Kolbenringe, Kolbenbolzen und einmal Zylinder hohnen nach Hamburg zu Kedo. Nach 3 Wochen kamen die neuen Teile zurück und der Einbau begann. Zwischenzeitlich kontrollierte ich das obere und untere Pleuellager. Das obere mit einem eingeölten Kolbenbolzen. In vertikaler Richtung darf kein fühlbares Spiel vorhanden sein. Das untere Pleuellager kann man kontrollieren, indem der obere Totpunkt für die KW gefunden wird, das Pleuel mit der einen Hand umfasst und mit der anderen Hand eine paar Schläge auf das obere Pleuelauge (mit der Faust ..) in geradliniger Richtung zur KW geschlagen wird. Ist dort Spiel bzw. ein Klopfen hörbar, ist das untere Pleuellager hinüber. Das war aber nicht der Fall. Auch das seitliche Spiel der Pleuelstange war innerhalb seiner Toleranzen.

Der neu gehohnte Zylinder war schnell mit dem neuen Kolben, Kolbenbolzen und Ringen verbaut. Hier habe ich auch nicht mit Öl gespart und als alles wieder komplett war, bekam ich den Motor mit zwei Kicks wieder zum laufen. Und, was soll ich sagen, als der Motor Betriebstemperatur hatte, begann er wieder zu klopfen. An dem Kolben lag es wohl nicht, erfreute mich aber trotzdem der neuen Komponenten.

Irgendwann im Juni 2006 sagte ich mir, das ich so klopfend nicht weiterfahren wollte und öffnete den rechten Seitendeckel des Motors. Auf den ersten Blick sah alles OK aus. Alles war auf seinem Platz. Mit einem großen Schraubendreher hebelte ich an dem Zahnrad der rechten Kurbelwellenseite herum und bemerkte, das ich die KW mindestens 1 mm auf und ab bewegen konnte. Das das nicht original ist, konnte selbst ein Laie herausfinden. Schnell die Kupplung und die beiden Zahnräder der rechten KW-Seite entfernt und siehe da, ich konnte den äußeren Lagerring des KW-Lagers in seinem Lagersitz im Gehäuse hin und her bewegen. Als ich die Welle radial hoch und runter bewegte, kam mir das Geräusch irgendwie bekannt vor. Wie konnte jetzt dieser Zustand repariert werden? Ich wollte es erst mit Lagerkleber versuchen. Wenn das nicht funktioniert, kann ich immer noch den Motor öffnen. Das rechte KW-Lager habe ich so gut es ging mit Bremsenreiniger entfettet und dann Lagerkleber seitlich reinlaufen, trocknen lassen und alles wieder montiert. Probefahrt bis Betriebstemperatur von ca. 95 Grad und .... immer noch das klopfen. Das ganze Prozedere mit Seitendeckel ab, Lager erneut verklebt und dann verschraubt habe ich noch min. zwei mal wiederholt bis ich merkte, das es so nicht funktioniert. Das wäre ja auch zu schön gewesen. Jedes mal 2,1 Liter neues Motoröl.Eine Woche später wurde der Motor aus dem Rahmen ausgebaut und im Keller ein zweites mal komplett zerlegt.

Das rechte KW-Lager hab ich vorsichtshalber neu gekauft. Der Lagersitz war in der Gegenrichtung des Zylinders, sozusagen nach unten etwas ausgeschlagen. Im kalten Zustand war das nur max. 1/10 mm. Ich habe den Aussenring des Lagers als auch den Lagersitz selbst mit Schmirgelpapier aufgerauht, damit der Loctite Lagerkleber besser hält. Mit einem Streifen 0,10-er Lehrenband und Kleber habe ich das Lager unter leichten Schlägen mit dem Kunstoffhammer in den Sitz geschlagen. Der übrige grüne Kleber wird nicht hart und kann abgewischt werden. Genauso habe ich am Folgetag das andere Lager eingeklebt und den Motor wiederum einen Tag später wieder verschraubt und in den Rahmen eingebaut. Vergaser und Bowdenzüge wieder dran, Öl rein und gekickt. Siehe da, der Motor lief um einiges ruhiger und ab Betriebstemperatur auch nur mit einem minimalem klopfenden Geräusch ab ca. 3000 Touren. Das aber die ersten Vierventilmotoren von den XT´s generell rauh und laut laufen als die der folgenden Generationen, bestätigte mir Fred.

Trotzdem würde ich mir im Nachhinein nach allen hier beschriebenen Arbeiten die Frage stellen, ob ein Austauschmotor nicht die bessere Variante gewesen wäre. Wenn man denn einen intakten Triebling findet, was man vor dem ersten Lauf nie weiss, könnte eine solche Anschaffung bis ca. 350 EUR Sinn machen.

Jetzt ist es schon September 2006 und die Maschine hat über 54 tkm auf dem Tacho. Ist mir gar nicht aufgefallen, das ich in den letzten 4 Monaten über 3500 km gefahren bin. Einen originalen Auspuff habe ich dann am 3. Oktober von einem befreundeten Schrauber bekommen. Der war zwar auf den letzten 6-7 cm teilweise durchgerostet, konnte aber mit ein paar Stunden Einsatz und 2k-chemischen Metall auf Epoxy-Basis wieder zugespachtelt, geschliffen und lackiert werden.Er hat auch einen besseren, tieferen Sound als der heisere BSM. Der Sozius bedankt sich für das Hitzeschutzgitter, welches der BSM überhaupt nicht hatte.

Im Winter wird auch die Sitzbank neu bezogen. Vielleicht bekomme ich auch irgendwann günstig einen Motor von der 43F. Der passt in den Rahmen und die CDI der 550-er kann verwendet werden. Ob der TÜV die 5 PS mehr genehmigt werden wir sehen.

Auf jeden Fall macht es irre Spaß, mit dem Teil auf Asphalt oder auch im Gelände zu fahren. Mit den etwas über 140 Kg ist das schon komplett anders als eine 30 Kg schwerere 600-er.

Aus der Motorradzeitung PS aus dem Jahre 1983 steht das Verschleißmaß der Nockenwelle einer 38 PS Maschine und diese Maße stimmen mit der verbauten überein. Somit ist eindeutig, das der Motor offen ist. Eine Nockenwelle für die 27 PS Version hat 2 mm geringere Hübe.

Als Abschluss noch ein Foto aus einem Prospekt.

Fazit

Ein solches Restaurierungsobjekt würde ich jederzeit wieder kaufen. Man sollte aber darauf achten, das keine großen Schweißarbeiten notwendig sind. Der Rahmen, das wichtigste an einem Motorrad, sollte einwandfrei sein. Auch ist sehr wichtig, das alle Teile vorhanden sind, egal in welchem Zustand diese sind. An- oder abgebrochene Kunstoffteile kann man gut mit Kunstharz und einer Matte Glasfaser reparieren. Nicht vorhandene Teile müssen später teuer erkauft werden, falls sie überhaupt angeboten werden. Blinker, Kettenkits, Bowdenzüge, Gabelmanschetten, Schutzblech oder Rückspiegel bietet der Zubehörhandel. Ist etwas nicht vorhanden, lohnt auch schon mal ein Blick in ebay. Je nach Verbreitung des Motorrades, muss man teilweise etwas Geduld mitbringen, bis etwas angeboten wird. Gute Erfahrungen hatte ich hier bei Komplettschlachtungen einer Maschine die bei ebay angeboten wurde. Nach einem Kontakt zu dem Verkäufer zu bestimmten nicht angebotenen Teilen, kann man hier ein Schnäppchen machen. Die anfänglich überschlagene Summe von 400€ hat sich im Nachhinein auf ungefähr 700€ erhöht. Größter Anteil daran war das Getriebe bzw. die Motorteile. Ohne eine komplette Restaurierung, als Maschine für jeden Tag, hätten die 400€ sicherlich gereicht. So aber wurde es durch die Neuteile teurer und die vielen Schichten Lack sind auch nicht gerade billig. Jedoch muß ich sagen, das man schon erhebliche Zeit aufbringen und Freude am restaurieren haben muss. Auch sind schraubertechnische Fähigkeiten notwendig, damit nicht jede einzelne festsitzende Mutter direkt zu einem Fiasko werden. Gutes Werkzeug ist ebenfalls angeraten. Nichts gegen das Ausleihen eines stabilen Lagerabziehers, aber wenn nur ein Maulschlüsselsatz aus dem Baumarkt vorhanden ist, wird es sehr, sehr schwierig. Solche Projekte enden dann meist in mehreren Pappkartons als Teile-Puzzle, werden vielleicht

später im Internet für wenig Geld angeboten oder landen vor dem nächsten Umzug auf dem Müll, genauso wie die alten Vinylschallplatten, die man Jahre später sucht und erfährt, das die doch schon lange zum Sperrmüll gebracht wurden ..... N

Und einer alten Yamaha XT 550 ist es sicherlich Wert, zu einem zweiten Leben verholfen zu werden.

München, Oktober 2006

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