90
Universitätsklinikum Ulm Klinik für Neurologie Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. Albert C. Ludolph Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine Studie mittels Optischer Kohärenztomographie und Diffusionstensor-Bildgebung Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin der Medizinischen Fakultät der Universität Ulm vorgelegt von Kathrin Böhm geboren in Kulmbach

Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

  • Upload
    others

  • View
    1

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Universitätsklinikum Ulm

Klinik für Neurologie

Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. Albert C. Ludolph

Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose:

eine Studie mittels Optischer Kohärenztomographie

und Diffusionstensor-Bildgebung

Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin der Medizinischen Fakultät der

Universität Ulm

vorgelegt von

Kathrin Böhm

geboren in Kulmbach

Page 2: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Amtierender Dekan: Prof. Dr. rer. nat. Thomas Wirth

1. Berichterstatter: Prof. Dr. med. Elmar Pinkhardt

2. Berichterstatter: Prof. Dr. med. Carlos Schönfeldt-Lecuona

Tag der Promotion: 14.02.2019

Page 3: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Inhaltsverzeichnis

I

Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis……………………………………………………………………………I

Abkürzungsverzeichnis……………………………………………………………………..II

1 Einleitung ....................................................................................................................... 1

1.1 Theoretische Grundlagen der amyotrophen Lateralsklerose .................................. 1

1.2 ALS – eine Multisystemerkrankung ....................................................................... 6

1.3 Theoretische Grundlagen zum Aufbau der Retina ............................................... 10

1.4 Fragestellung ......................................................................................................... 12

2 Material und Methoden ................................................................................................ 13

2.1 Probanden ............................................................................................................. 13

2.2 Methoden .............................................................................................................. 15

3 Ergebnisse .................................................................................................................... 27

3.1 Analyse der Retinaschichten ................................................................................. 27

3.2 Einfluss der klinischen Daten auf die Retinaschichtdicke .................................... 39

3.3 Analyse der DTI- und OCT-Daten ....................................................................... 44

4 Diskussion .................................................................................................................... 47

4.1 Retinaschichtdicke ................................................................................................ 47

4.2 Zusammenhang zwischen Retinaschichtdicke und klinischen Daten ................... 53

4.3 Vergleich mit anderen OCT Studien..................................................................... 58

4.4 Korrelation OCT und DTI .................................................................................... 62

4.5 Beurteilung der gesamten Arbeit .......................................................................... 64

5 Zusammenfassung ........................................................................................................ 67

6 Literaturverzeichnis ...................................................................................................... 69

Anhang ................................................................................................................................ 81

Abbildungsverzeichnis ..................................................................................................... 81

Tabellenverzeichnis ......................................................................................................... 82

Danksagung ..................................................................................................................... 83

Page 4: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Inhaltsverzeichnis

II

Lebenslauf ........................................................................................................................ 84

Page 5: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Abkürzungsverzeichnis

III

Abkürzungsverzeichnis

Abkürzung Erläuterung

ALS Amyotrophe Lateralsklerose

ALSFRS ALS Functional Rating Scale

ALSFRS-R ALS Functional Rating Scale - revised ART Automatic real time

CST Kortikospinaler Trakt

DTI Diffusion Tensor Imaging

EMG Elektromyographie

FA Fraktionelle Anisotropie

fALS Familiäre ALS FDR False-dixcovery-rate

FTD Frontotemporale Demenz GABA Gamma-Aminobuttersäure

GCL Ganglion cell layer HEYEX Heidelberg Eye Explorer

INL Inner nuclear layer

IPL Inner plexiform layer

MN Motoneuron

MNI Montreal Neurological Institute

MRS Magnetresonanzspektroskopie

MRT Magnetresonanztomographie

NIV Nicht invasive Beatmung OCT Optische Kohärenztomographie

OD Oculus dexter

ONL Outer nuclear layer

OPL Outer plexiform layer

OS Oculus sinister

PBP Progressive Bulbärparalyse

PEG Perkutane endoskopische Gastrostomie

PLS Primäre Lateralsklerose

PMA Progressive Muskelatrophie

PR Photorezeptoren pTDP-43 Phosphorylated 43kDa TAR DNA-binding protein

RNFL Retinal nerve fiber layer

ROI Regio of interest

sALS Sporadische ALS

SEP Sensibel evoziertes Potential

SOCIA Semi-automatic Optic Coherence Image Analysis

TIFT Tensor imaging and fiber tracking

VEP Visuell evoziertes Potential

Page 6: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Einleitung

1

1 Einleitung

1.1 Theoretische Grundlagen der amyotrophen Lateralsklerose

1.1.1 Definition

Die amyotrophe Lateralsklerose gehört zur Gruppe der neurodegenerativen Erkrankungen

(Brooks 1996). Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Krankheit durch den französischen

Neurologen Jean-Martin Charcot erstmals beschrieben und als amyotrophe Lateralsklerose

benannt (Charcot, Joffreoy 1869). Auch heute ist sie noch unter seinem Namen als „Char-

cot-Erkrankung“ vor allem in Frankreich bekannt (Walling 1999). Die ALS betrifft sowohl

das 1. Motoneuron, d.h. es kommt zu einer Degeneration der Pyramidenzellen im motori-

schen Kortex, als auch das 2. Motoneuron, d.h. es kommt zum Untergang der alpha-

Motoneuronen im Vorderhorn des Rückenmarks. Des Weiteren sind auch die alpha-

Motoneuronen im unteren Hirnstamm betroffen (Kiernan, Vucic et al. 2011). Die daraus

resultierende Symptomatik wird in Kapitel 1.1.4 besprochen.

1.1.2 Epidemiologie

Die Inzidenz der sporadischen Form der ALS (sALS) beträgt ja nach Quelle zwischen 1,5-

2,7 pro 100000 Einwohner pro Jahr in Europa und Nordamerika mit einer konstanten Ver-

teilung über die Länder hinweg. Die Prävalenz liegt bei 0,3/100000 und ist weltweit unge-

fähr konstant (Worms 2001, Logroscino, Traynor et al. 2010). Eine Ausnahme bilden die

Regionen des westlichen Pazifiks, denn dort ist die Prävalenz 50-100-fach höher. Als Ur-

sache hierfür werden Umweltfaktoren angeführt (Steele, McGeer 2008). Zur Geschlechter-

verteilung bei sALS findet man unterschiedliche Angaben. Einerseits beträgt das Verhält-

nis Mann zu Frau 1,5:1 (Logroscino, Traynor et al. 2010), andererseits wird eine ausgegli-

chene Geschlechterverteilung angegeben (Worms 2001, Zoccolella, Beghi et al. 2008). Das

Haupterkrankungsalter der sporadischen Form der ALS liegt zwischen 50-70 Jahren, wo-

bei das mittlere Erkrankungsalter bei 64 Jahren liegt. Bei nur 5% der Patienten tritt die

Erkrankung vor dem 30. Lebensjahr auf (Gouveia, de Carvalho 2007, Logroscino, Traynor

et al. 2010). Nach Symptombeginn beträgt die Überlebenszeit zwischen 2-5 Jahren, in

Ausnahmefällen leben Patienten auch länger als 10 Jahre. Die Mortalitätsrate liegt in den

ersten 3 Jahren bei 50% und in den ersten 6 Jahren bei 90% (Chio, Logroscino et al. 2009,

Rowland, Shneider 2001).

Page 7: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Einleitung

2

Bei der familiären Form der ALS (fALS) liegt der Erkrankungsgipfel bei ca. 46 Jahren

(Caroscio, Mulvihill et al. 1987). Das Geschlechterverhältnis ist ungefähr gleich. Jedoch ist

die Überlebenszeit der Patienten kürzer als bei der sALS (Wijesekera, Leigh 2009).

1.1.3 Ätiologie und Pathogenese

Die amyotrophe Lateralsklerose lässt sich in eine familiäre Form (10%) und eine sporadi-

sche Form (90%) unterteilen, die sich klinisch gleich präsentieren. Die fALS wird durch

verschiedene Mutationen hervorgerufen. Die am häufigsten betroffenen Gene sind

C9orf72, SOD1, TDP-43, FUS, TARDPB, OPTN und TBK1 (Kiernan, Vucic et al. 2011,

Renton, Chio et al. 2014). Am häufigsten, nämlich bei 20% der Fälle mit fALS und bei 5%

mit sALS, findet man eine SOD-1 Mutation auf Chromosom 21q. Hierbei handelt es sich

um eine „gain of function“ Mutation, die dazu führt, dass das mutierte Enzym selbst to-

xisch für Motoneurone ist. Der genaue Pathomechanismus muss noch vollständig geklärt

werden (Bosco, Morfini et al. 2010). Auch bei der sALS ist die genaue Pathogenese der

Erkrankung bis heute noch nicht vollständig erforscht. Man geht von einer multifaktoriel-

len Genese aus, bei der sowohl genetische als auch Umweltfaktoren eine Rolle spielen.

1.1.4 Klinik

Die klinische Symptomatik ist auf eine Schädigung des 1. und 2. Motoneurons zurückzu-

führen. Erst bei einer Degeneration von 30-50% der Neurone werden von den Patienten

erste Symptome bemerkt (Brooks 1996). Man unterscheidet eine spinale und eine bulbäre

Form der Erkrankung, abhängig davon, mit welchen Symptomen sich die Erkrankung ma-

nifestiert. Die Erkrankung manifestiert sich überwiegend mit der spinalen Verlaufsform.

Die Symptomatik beginnt normalerweise asymmetrisch. Die Patienten bemerken anfangs

häufig Faszikulationen und Krämpfe, vor allem im Bereich der Wanden- und Handmusku-

latur. Des Weiteren können die Patienten eine Muskelschwäche, eine Einschränkung der

Feinmotorik und eine Gangunsicherheit mit Sturzneigung aufweisen. Im Krankheitsverlauf

entwickeln die meisten Patienten auch typisch bulbäre Symptome. Bei nur 25% der ALS

Patienten steht zu Beginn der Erkrankung die bulbäre Symptomatik im Vordergrund. Es

kommt zu Beschwerden der Sprech-, Schluck-, Gesichts- oder Atemmuskulatur, die so-

wohl zu Malnutrition als auch zu respiratorischer Insuffizienz führen kann. Als Folgen

einer chronisch respiratorischen Insuffizienz sind Schlafstörungen, morgendliche Kopf-

schmerzen, Tagesmüdigkeit, Konzentrationsprobleme und Atemwegsinfekte zu nennen.

Page 8: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Einleitung

3

Die spinale Symptomatik tritt entweder gleichzeitig oder wie in den meisten Fällen 1-2

Jahre nach Krankheitsbeginn auf (Logroscino, Traynor et al. 2010, Kiernan, Vucic et al.

2011). Unabhängig von der Verlaufsform schreitet der Krankheitsprozess unaufhaltsam

voran, jedoch variiert der individuelle Verlauf sehr stark. In den allermeisten Fällen endet

die Erkrankung tödlich durch respiratorisches Versagen aufgrund pulmonaler Komplikati-

onen (Wijesekera, Leigh 2009). Bei Patienten, die durch ein Tracheostoma am Leben er-

halten werden, kommt es zur Lähmung aller Muskeln. Diesen Zustand bezeichnet man als

„totally locked in state“ (Hayashi, Kato 1989). Die klinische Symptomatik lässt sich durch

die Degeneration von Motoneuronen im primär motorischen Kortex, im kortikospinalen

und kortikobulbären Trakt und in den Vorderhörnern des Rückenmarks erklären (Krivickas

2003). Zentrale Paresen (erhöhter Muskeltonus), Spastik, gesteigerte Muskeleigenreflexe

und Pyramidenbahnzeichen (positiver Babinskireflex) sind Zeichen der Degeneration des

ersten Motoneurons im Motorkortex. Schlaffe Paresen, Faszikulationen und Muskelkrämp-

fe werden durch die Degeneration des zweiten Motoneurons, das sich im Vorderhorn des

Rückenmarks befindet, verursacht. Dysarthrie, Dysphagie, Dysphonie, Zungenfibrillatio-

nen/-atrophie/-paresen werden durch die Degeneration basaler motorischer Hinnervenen-

kerne (IX-XII) verursacht, die im Zusammenhang mit einer schlechteren Prognose stehen,

wenn sie zu Krankheitsbeginn im Vordergrund stehen (Chio, Logroscino et al. 2009).

Pseudobulbärsymptomatik wie pathologisches Lachen und Weinen wird durch Affektion

des Tractus kortikobulbaris verursacht (Wijesekera, Leigh 2009). Des Weiteren kann es im

Verlauf der Erkrankung noch zum Auftreten extra-motorischer Symptome kommen. Auf

diese wird ausführlich unter 1.2 eingegangen. Inwieweit die Patienten aufgrund ihrer Kli-

nik in ihrer Funktionsfähigkeit eingeschränkt sind kann man anhand des ALSFRS ein-

schätzen und diesen im Verlauf der Erkrankung nutzen, um die Progression zu dokumen-

tieren. Der Fragebogen besteht aus zehn verschieden Fragen, die sich auf bulbäre Sympto-

me, die Fein- und Grobmotorik sowie die Atmung beziehen. Die Fragen werden mit Null

bis vier Punkten bewertet. Null Punkte bedeutet, dass der Patient diese Funktionsfähigkeit

verloren hat, bei vier Punkten liegt eine normale Funktion vor. Bei der revidierten Version,

dem sogenannten ALSFRS-R kamen noch zwei zusätzliche Fragen in Bezug auf die At-

mung hinzu. Hier kann man eine maximale Punktzahl von 48 erreichen (Cedarbaum JM,

Stambler N et al. 1999).

Page 9: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Einleitung

4

1.1.5 Diagnosestellung

Die Diagnose amyotrophe Lateralsklerose begründet sich hauptsächlich auf der Anamnese

und der klinisch-neurologischen Untersuchung. Weitere mögliche Untersuchungen wie

Elektromyographie/-neurographie, Bildgebung, Muskelbiopsie und Labor-/ Liquordiagnos-

tik dienen hauptsächlich dazu Differentialdiagnosen auszuschließen (Hardiman, van den

Berg et al. 2011). Das EMG dient auch dazu, die diagnostische Sensitivität zu erhöhen,

denn man kann eine Beteiligung des 2. Motoneurons in klinisch betroffenen bzw. in kli-

nisch noch nicht betroffenen Regionen bestätigen. Durch bildgebende Verfahren kann man

auch eine Beteiligung des gesamten Gehirns und Rückenmarks darstellen. Genauere An-

gaben dazu findet man unter 1.2. Jedoch werden diese Verfahren noch nicht im klinischen

Alltag zur Routinediagnostik eingesetzt. Die World Federation of Neurology Research

Group on Motor Neuron Diseases hat 1994 die El Escorial Diagnosekriterien aufgestellt,

die bis heute immer wieder überarbeitet wurden. Eine Degeneration des zweiten Motoneu-

rons muss durch klinische, elektrophysiologische oder neuropathologische Untersuchungen

nachgewiesen werden. Außerdem muss durch die klinische Untersuchung eine Degenrati-

on des ersten Motoneurons erkennbar sein. Des Weiteren müssen sich die Symptome in-

nerhalb der Körperregion bzw. auf andere Regionen ausbreiten. Es dürfen außerdem keine

elektrophysiologischen, labordiagnostischen oder bildgebenden Befunde vorliegen, die

eine Degeneration des ersten bzw. des zweiten Motoneurons aufgrund einer anderen Ursa-

che erklären würden. Anhand der El Escorial Kriterien kann man die ALS in vier Katego-

rien, nämlich „sichere ALS“ (Zeichen 1.MN und Zeichen 2. MN in 3 verschiedenen Kör-

perregionen), „wahrscheinlich ALS“ (Zeichen 1. MN und Zeichen 2. MN in 2 Regionen),

„wahrscheinlich laborgestützte ALS“ (Zeichen 1. MN und Zeichen 2. MN in 1 Region +

Zeichen im EMG) und „mögliche ALS“ (Zeichen 1. MN und Zeichen 2. MN in 1 Region)

einteilen. Diese Klassifikation ist primär für internationale Studien wichtig, um eine Ver-

gleichbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten, jedoch spielt sie im klinischen Alltag eine

untergeordnete Rolle (Brooks 1994, Brooks, Miller et al. 2000). Durch die Einführung der

Awaji-Kriterien wurden die El Escorial Kriterien nochmals vereinfacht, dadurch die diag-

nostische Sensitivität erhöht und eine frühzeitigere Diagnosestellung ermöglicht. Es wer-

den klinische Veränderungen mit Zeichen der Denervierung im EMG gleichgesetzt. Au-

ßerdem werden Faszikulationspotentiale gleichwertig wie positive Wellen und Fibrillati-

onspotentiale im EMG als Zeichen der Denervierung angesehen. Daraus resultiert, dass die

Diagnose „wahrscheinlich laborgestützte ALS“ überflüssig ist (de Carvalho, Dengler et al.

2008, Costa J, Swash M et al. 2012). Die El Escorial Kriterien wurden 2015 nochmals ver-

Page 10: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Einleitung

5

einfacht, um diese für den klinischen Alltag besser nutzen zu können. Hierzu muss für die

Diagnose ALS eine Klinik des 1. und 2. Motoneurons vorliegen. Als Alternative zur Kli-

nik, die durch Schädigung des 2. Motoneurons verursacht wird, kann man auch elektro-

physiologische Schädigungszeichen auf zwei Etagen nachweisen (Ludolph, Drory et al.

2015). Zur Bestätigung der Erkrankung und Überwachung der Progression wird in gewis-

sen Abständen die klinisch-neurologische Untersuchung wiederholt.

1.1.6 Therapie

Die Therapie der ALS ist äußerst komplex und erfordert eine multidisziplinäre Versor-

gung. Trotzdem gibt es bis heute keine Chance auf Heilung. Auf der einen Seite gibt es die

Möglichkeit der neuroprotektiven Therapie, die den Krankheitsverlauf verzögert, auf der

anderen Seite die symptomatisch-palliative Therapie, mit dem Ziel der Verbesserung der

Lebensqualität und dem Erhalt der Autonomie des Patienten. Das derzeit einzige zugelas-

sene neuroprotektive Medikament auf dem Markt ist der Glutamatantagonist Riluzol. Die-

ses Medikament interferiert mit NMDA Rezeptoren, stabilisiert Na-Kanäle, verhindert die

präsynaptische Glutamatfreisetzung und steigert die extrazelluläre Glutamataufnahme. Je

nach Studie verlängert Riluzol die Überlebenszeit zwischen 2-4 Monate (Lacomblez,

Bensimon et al. 1996, Miller, Mitchell et al. 2012). Wichtige Punkte der symptomatischen

Therapie sind eine dauerhafte Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie. Auch weitere

krankheitsassoziierte Symptome, wie Schmerzen, Krämpfe, Spastik, erhöhter Speichel-

fluss, Depressivität, Angst und Atemnot sollten frühzeitig einer symptomatisch, medika-

mentösen Therapie unterzogen werden. Des Weiteren ist es wichtig den Patienten frühzei-

tig über die Möglichkeit einer nichtinvasiven Beatmung (NIV) und einer perkutanen endo-

skopischen Gastrostomie (PEG) aufzuklären (Phukan, Hardiman 2009). Die frühzeitige

Information der Möglichkeit einer nicht invasiven Beatmung ist äußerst wichtig, da viele

Patienten schon zum Zeitpunkt der Diagnosestellung unter einer respiratorischen Insuffizi-

enz leiden. Dies zeigt sich dadurch, dass die Patienten schlecht schlafen, häufig an Tages-

müdigkeit und Konzentrationsschwäche leiden (Lyall, Donaldson et al. 2001). Durch eine

NIV wird eine Verbesserung oben genannter Symptome, eine Verbesserung der Lebens-

qualität und eine Verlängerung der Lebenserwartung erreicht (Piepers, van den Berg et al.

2006). Da viele Patienten unter Dysphagie leiden, wodurch die Gefahr der Aspiration er-

höht und der progrediente Gewichtsverlust verstärkt wird, muss die Nahrungskonsistenz,

die Häufigkeit der Mahlzeiten und die Kalorienmenge dem Krankheitszustand angepasst

Page 11: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Einleitung

6

werden. Des Weiteren sollte bei einem Gewichtsverlust über 10% eine zusätzliche parente-

rale Ernährung in Erwägung gezogen werden (Leigh, Abrahams et al. 2003).

1.1.7 Prognose

Eine schlechtere Prognose ist bei einem Erkrankungsalter über 65 Jahre, bei weiblichen

Patienten und bei einem bulbären Krankheitsbeginn zu erwarten (Chio, Logroscino et al.

2009). Ein kurzes Intervall zwischen Symptombeginn und Diagnose, Malnutrition, forcier-

te Vitalkapazität < 50%, exekutive Dysfunktion und frontotemporale Demenz sind negati-

ve Prognosefaktoren (Visser, van den Berg-Vos et al. 2007). Des Weiteren ist ein niedriges

kardiovaskuläres Risikoprofil (Sutedja, van der Schouw et al. 2011) und eine schnelle Ab-

nahme des ALSFRS ungünstig zu bewerten (Traynor, Zhang et al. 2004). Günstige Prog-

nosefaktoren sind ein Alter unter 50 Jahren bei Krankheitsbeginn und ein langes Intervall

zwischen Symptombeginn und Diagnosestellung (Hardiman, van den Berg et al. 2011). Ein

spinaler Beginn, v.a. an den unteren Extremitäten, eine optimale pharmakologische Thera-

pie, die Anlage einer PEG, die Nutzung einer NIV, psychologisches Wohlergehen und die

Betreuung in einem interdisziplinären Zentrum wirken sich positiv auf den Krankheitsver-

lauf aus (Chio, Logroscino et al. 2009, Van den Berg, Kalmijn et al. 2005).

1.2 ALS – eine Multisystemerkrankung

Über viele Jahre hinweg wurde die Meinung vertreten, dass die amyotrophe Lateralsklero-

se ausschließlich die Motoneuronen betrifft. Heute wird die ALS als eine Multisystemer-

krankung betrachtet, bei der neben klassisch motorischen auch extra-motorische Bereiche

involviert sind. Diese Beteiligung des gesamten Nervensystems und die klinisch offen-

sichtliche schrittweise progrediente Ausbreitung der Erkrankung konnte sowohl in vivo

mittels verschiedener bildgebender Verfahren als auch auf histologischer Ebenen nachge-

wiesen werden. Als Modell für die Ausbreitung auf histologischer Ebene dient die Arbeit

von Braak et al. 2013 (Braak, Brettschneider et al. 2013). In diese Studie wurden nur Pati-

enten mit einer genetischen Form der ALS, nämlich einer TDP-43 Pathologie, eingeschlos-

sen. Jedoch sollte dies die Grundlage weiterer Forschungen sein, dass diese regelhafte

Ausbreitung auch bei sporadischen Formen der ALS möglicherweise zutrifft. Kassubek et

al. konnte die histopathologischen Stadien von Braak analog in vivo durch DTI darstellen

(Kassubek, Muller et al. 2014).

Page 12: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Einleitung

7

Die Arbeitsgruppe von Braak et al. (Braak, Brettschneider et al. 2013) konnte erstmalig

eine sequentielle Beteiligung des gesamten Gehirns auf histopathologischer Ebene zeigen.

Es wurden krankheitsspezifische Ablagerungen des Proteins pTDP-43, das hauptsächlich

im Zytoplasma von Neuronen lokalisiert ist, gefunden. Die kontinuierliche Ausbreitung

von pTDP-43, die sich an neuronalen Netzwerkstrukturen orientiert, wurde in vier ver-

schiedene Stadien eingeteilt. Der genau zelluläre Mechanismus ist jedoch noch nicht voll-

ständig geklärt. Die primäre Ablagerung von pTDP-43 Einschlüssen fand man in neokorti-

kalen Pyramidenzellen, die sich hauptsächlich im agranulären Motorkortex (Brodman Area

4 und 6) befinden. Über kortikofugalen axonalen Transport gelangt pTDP-43 in die spina-

len α-Motoneurone im ventralen Horn des Rückenmarks und zu den bulbären somatomoto-

rischen Kernen der Hirnnerven V, VII, X, XI, XII. Aufgrund der typischen klinischen

Symptomatik kann man Ablagerungen in diesen Bereichen klinisch nachvollziehen. Diese

Form der Ausbreitung von pTDP-43 entspricht Stadium 1 in der Klassifikation von Braak.

Im Stadium 2 schreitet die Ausbreitung nach frontal voran mit Beteiligung des Gyrus fron-

talis medialis. DesWeiteren kommt es zur Affektion der Formatio reticularis und der präze-

rebellären Kerne, denn diese erhalten direkten Input aus dem Neokortex. Durch die Projek-

tion vom Kortex über Nucleus ruber zur inferioren Olive findet man auch hier pTDP-43

Einschlüsse. Diese Bereiche sind mitunter an der Steuerung der Willkürmotorik und Koor-

dination von Bewegungen beteiligt. Im Stadium 3 finden sich pTDP-43 Ablagerungen im

gesamten präfrontalen agranulären Kortex (Gyrus rectus und Gyrus orbitales). Durch kor-

tikofugale Verbindungen zum Gyrus postcentralis findet man pTDP-43 Einschlüsse in den

sensorischen Arealen des Parietal.-, Temporal.- und Occipitallappens. Des Weiteren sind

im Stadium 3 die Basalganglien, der Nucleus caudatus und das Putamen betroffen. Jedoch

finden sich trotz dieser Beteiligung keine typischen Symptome wie Bradykinese oder pos-

turale Instabilität bei ALS Patienten. Auch findet man pTDP-43 Einschlüsse im Thalamus.

Im Stadium 4 breiten sich die pTDP-43 Ablagerungen über den temporalen Neokortex zur

entorhinalen Region und zum Hippocampus (Gyrus dentatus und Ammonshorn) aus

(Braak, Brettschneider et al. 2013).

Die Arbeitsgruppe von Kassubek et al (Kassubek, Muller et al. 2014) zeigte, dass sich die

histopathologischen Stadien von Braak analog in vivo durch DTI darstellen lassen. Im Sta-

dium 1 kommt es zu einer Beteiligung der Pyramidenbahn, im Stadium 2 zusätzlich zu

einer Affektion der kortikorubralen und kortikopontinen Fasern, im Stadium 3 zur Invol-

vierung der kortikostriatalen Fasern und im Stadium 4 ist auch der Tractus perforans be-

troffen. Im Stadium 1 bis 3 fand man signifikante Unterschiede zwischen Patienten und

Page 13: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Einleitung

8

Kontrollen, jedoch waren diese Unterschiede umso niedriger, je höher das Stadium war. Im

Stadium 4 waren keine signifikanten Unterschiede nachweisbar. Somit kann man dieses

bildgebende Verfahren nutzen, um Patienten in verschiedene Stadien einzuteilen und die

Krankheitsprogression in vivo zu verfolgen (Kassubek, Muller et al. 2014).

Auch weitere Studien, die die diffusionsgewichtete Bildgebung als Untersuchungsmethode

nutzten, zeigten, dass die Beteiligung der weißen Substanz nicht nur auf den CST be-

schränkt ist. Man fand unter anderem erniedrigte FA-Werte im Frontallappen, im Corpus

callosum, im Parietallappen, im Temporallappen, im Hippocampus, innerhalb der Inselre-

gion, im Kleinhirn und im Thalamus (Sage, Van Hecke et al. 2009, Keil, Prell et al. 2012,

Agosta, Pagani et al. 2007, Thivard, Pradat et al. 2007). Auch mit strukturellen MRT-

Untersuchungen konnte eine Beteiligung des gesamten Gehirns gezeigt werden. Eine kor-

tikale Atrophie konnte unter anderem innerhalb des Frontallappens, des Temporallappens,

des Hippocampus, des parietalen Kortex, der Inselregion, des Occipitallappens und im Ce-

rebellum gezeigt werden (Abdulla, Machts et al. 2014, Agosta, Valsasina et al. 2012, Thi-

vard, Pradat et al. 2007).

Da es sich bei der amyotrophen Lateralsklerose um eine Multisystemerkrankung handelt,

werden im Folgendem noch weitere extra-motorische Bereiche aufgeführt, die möglicher-

weise bei ALS betroffen sind.

Bei ALS Patienten kann eine Einschränkung kognitiver Funktionen vorliegen. Bei 15%

liegt eine FTD vor, bei über 1/3 der Patienten nur eine kognitive Beeinträchtigung, was

wiederum mit einer ungünstigeren Prognose vergesellschaftet ist (Elamin, Phukan et al.

2011, Phukan, Elamin et al. 2012). Die Beteiligung der präfrontalen Hirnareale wurde auch

durch pTDP-43 Einschlüsse gezeigt (Braak, Brettschneider et al. 2013). Des Weiteren fin-

den sich diskrete Unterschiede im Verhalten, der Emotionsverarbeitung, der Entschei-

dungsfindung und im Sozialverhalten (Meier, Charleston et al. 2010, Lule, Burkhardt et al.

2015).

Eine Beteiligung der Sensibilität kann auch bei ALS Patienten vorliegen. Man konnte his-

topathologisch in diesen Arealen des Gehirns pTDP-43 Einschlüsse nachweisen (Braak,

Brettschneider et al. 2013). Auch findet man ALS-Patienten, die über Dysästhesien,

Hypästhesien, Parästhesien und neuropathische Schmerzen berichten. Elektrophysiologi-

sche Untersuchungen, wie veränderte sensibel evozierte Potentiale (SEP) und pathologi-

sche Untersuchungen weisen auf einen Verlust sensibler Axone hin (Hammad, Silva et al.

2007, Weis, Katona et al. 2011). Pathologische SEPs und eine Schädigung aufsteigender

sensibler Fasern im Rückenmark mittels DTI fand man auch bei ALS Patienten, die kli-

Page 14: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Einleitung

9

nisch nicht über sensible Defizite klagten. Hierdurch wurde gezeigt, dass strukturelle Ver-

änderungen vor klinischen Defiziten auftreten (Iglesias, Sangari et al. 2015).

Mehrere Arbeiten zeigten, dass das autonome Nervensystem bei ALS Patienten mit betrof-

fen ist. Beispielsweise konnte eine Beeinflussung der Herzfrequenz aufgrund einer Affek-

tion des parasympathischen Nervensystems gezeigt werden (Merico, Cavinato 2011). Des

Weiteren kann bei ALS Patienten eine Dysfunktion der Blase und des Darmes vorliegen

(Baltadzhieva, Gurevich et al. 2005, Nubling, Mie et al. 2014).

Eine Beteiligung des visuellen Systems wurde in vielen Arbeiten gezeigt, jedoch gibt es

auch einige Studien, die dies widerlegten. Man findet einige Studien zum Thema okulomo-

torische Funktionsstörungen. Hierbei wurden unter anderem die Ophthalmoplegie, Augen-

folgebewegungen, Sakkaden, Nystagmus und das Bell Phänomen untersucht. In diesen

Arbeiten fanden sich Veränderungen der Okulomotorik (Burrell, Carpenter et al. 2013,

Donaghy, Thurtell et al. 2011, Proudfoot, Menke et al. 2015, Sharma, Hicks et al. 2011).

Somit lassen sich videookulographische Untersuchungen dafür nutzen, um eine Beteili-

gung des extramotorischen Systems im Gehirn darzustellen. Die okulomotorischen Defizi-

te sind vor allem auf Pathologien im Hirnstamm, die übergeordnete kortikale Regionen

beeinflussen, zurückzuführen (Sparks 2002). In der Arbeitsgruppe von Gorges et al. konnte

ein Zusammenhang zu den neuropathologischen Stadien von Braak gezeigt werden. (Gor-

ges, Muller et al. 2015). Mit Hilfe der optischen Kohärenztomographie (OCT) konnten die

überwiegenden Anzahl an Arbeiten eine Veränderung innerhalb der Retina nachweisen

(Ringelstein M, Albrecht P et al. 2014, Rosen D., Boeke A. et al. 2016., Volpe, Simonett et

al. 2015). Jedoch konnten diese Ergebnisse in anderen Studien nicht bestätigt werden

(Roth, Saidha et al. 2013, Cameron J., Pal S. et al. 2016). Bei der histopathologischen Be-

trachtung der Retina konnten innerhalb der inneren Körnerschicht zytoplasmatische Ein-

schlüsse in den Bipolarzellen nachgewiesen werden und eine Degeneration der Axone die-

ser Zellen (Fawzi A, Simonet J et al. 2014, Volpe, Simonett et al. 2015). Braak et al. konn-

te das visuelle System jedoch keinem der vier Stadien zuordnen (Braak, Brettschneider et

al. 2013). Eine Beteiligung des visuellen Systems konnte auch mithilfe der funktionellen

Magnetresonanztomographie gezeigt werden. Nach visueller Stimulation zeigte sich eine

verminderte Antwort innerhalb visueller Areale. Dies könnte möglicherweise auf

Demyelinisierung afferenter Nervenfasern zurückzuführen sein (Lule, Diekmann et al.

2010). Schon Ende des 20. Jahrhunderts wurde von Munte et al. erstmal der Hinweis auf

eine Beteiligung der vorderen Sehbahn geliefert. Die Arbeitsgruppe beschrieb reduzierte

visuell evozierte Potentiale (VEP) bei ALS Patienten (Munte, Troger et al. 1998). Mit ver-

Page 15: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Einleitung

10

schiedenen Tests wurde auch überprüft, ob eine subklinische Einschränkung des Sehver-

mögens besteht. Widersprüchliche Ergebnisse zeigten sich bei Testung der Sehschärfe,

einmal wies man eine signifikante Abnahme der Sehschärfe gegenüber Kontrollpersonen

nach, konnte dies jedoch nicht nochmal bestätigen (Moss, McCluskey et al. 2012, Moss,

Samelson et al. 2016). Des Weiteren wurden Tests zum Farbsehen und zur Kontrastemp-

findlichkeit durchgeführt. Hier zeigten sich keine signifikanten Unterschiede (Volpe, Si-

monett et al. 2015).

1.3 Theoretische Grundlagen zum Aufbau der Retina

Die Retina ist entwicklungsgeschichtlich ein Teil des Gehirns. Die sogenannten Augen-

bläschen, die sich einstülpen und zum Augenbecher werden, differenzieren sich aus dem

Diencephalon. Das äußere Blatt stellt das Pigmentepithel und das innere Blatt die weiteren

neun Schichten der Netzhaut dar. Die innere Grenzmembran (Membrana limitans interna),

die von den Fortsätzen der Müller-Zellen gebildet wird, stellt die Abgrenzung zum Glas-

körper dar. Die Nervenfaserschicht (retinal nerve fiber layer, RNFL) besteht aus unmyeli-

nisierten Axonen der Ganglienzellen, die an der Papille zusammenlaufen und als Nervus

opticus die Retinaverlassen. Die Ganglienzellschicht (ganglion cell layer, GCL) enthält die

Zellkerne der Ganglienzellen, die das 3. Neuron darstellen und deren Transmitter Glutamat

ist. Man unterscheidet zwischen Parvo-Zellen und Magno-Zellen. Parvo-Zellen liegen in

der Fovea centralis und projizieren auf parvozelluläre Schichten im Corpus geniculatum

laterale, womit sie für die Verarbeitung chromatischer Reize verantwortlich sind. Die

Magno-Zellen projizieren auf die magnozellulären Schichten im Corpus geniculatum late-

rale und sprechen auf Kontrast und Bewegung an. Zum Teil liegen hier auch Perikarya der

amakrinen Zellen. Die innere plexiforme Schicht (inner plexiform layer, IPL) beherbergt

die Synapsen zwischen den Axonen des 2. Neurons, den Dendriten des 3. Neurons und

Fortsätzen der amakrinen Zellen. In unserer Arbeit werden die zwei zuletzt genannten

Schichten als Einheit, nämlich als GCL+IPL, betrachtet. Die innere Körnerschicht (inner

nuclear layer, INL) enthält die Zellkerne der bipolaren Zellen (2. Neuron), der amakrinen

Zellen, der Horizontalzellen und der Müller-Zellen. Die Interneurone (Amakrin- und Ho-

rizontalzellen) sind für die Modifikation der visuellen Information zuständig und üben v.a.

einen hemmenden Einfluss aus. Die horizontalen Zellen geben erregende (Glutamat) und

inhibitroische (GABA) Transmitter ab, wohingegen die amakrinen Zellen nur hemmende

Transmitter, wie GABA und Glycin abgeben. Die äußere plexiforme Schicht (outer ple-

Page 16: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Einleitung

11

xiform layer, OPL) stellt die Synapsen zwischen den Axonen des 1. und den Dendriten des

2. Neurons dar. Des Weiteren sind die nach lateral orientierten Fortsätze der Horizontalzel-

len ein wichtiger Bestandteil der OPL. Diese werden von den Photorezeptoren durch Glu-

tamat erregt und hemmen diese wieder retrograd durch GABA. Dadurch vermitteln die

Horizontalzellen eine laterale Hemmung und dienen somit zur Kontrastverstärkung. Die

äußere Körnerschicht (outer nuclear layer, ONL) enthält die Zellkerne der Stäbchen und

Zapfen (1. Neuron). Die Zellkerne werden durch die äußere Grenzmembran (Membrana

limitans externa), die durch die Müllerzellen gebildet wird, vom übrigen Teil der Photore-

zeptoren (PR) abgetrennt. In unserer Arbeit werden die ONL und die Photorezeptoren als

eine Schicht betrachtet (ONL+PR). Anschließend folgt noch das retinale Pigmentepithel

und die Bruch-Membran, die die Retina von der Choroidea abgrenzt. In unserer Studie

stellt das retinale Pigmentepithel die äußere Grenze der zu untersuchenden Schichten dar.

Die Gliazellen, auch Müller-Zellen genannt, durchziehen senkrecht alle Schichten der Re-

tina von der Membrana limitans interna bis zur externa. Sie stellen nach den Ganglienzel-

len die zweithäufigste Menge an Zellen innerhalb der Retina dar. Sie verankern die Netz-

haut und haben eine entscheidende Stütz- und Füllfunktion, v.a. im Ganglienzellverbund.

Sie sind an der Ionenverteilung beteiligt, modifizieren und recyceln Transmitter und spie-

len eine Rolle im Energiestoffwechsel und in der Ernährung der Retina. Des Weiteren die-

nen die Müller-Zellen als Lichtleiter, d.h. sie leiten das Licht zu den Photorezeptoren, um

eine Streuung möglichst zu vermeiden und somit eine Verbesserung der Kontrastwahr-

nehmung zu ermöglichen. Auch für die Phagozytose von Zellmaterial und für die Entfer-

nung von Stoffwechselprodukten sind die Gliazellen zuständig.

In unserer Arbeit betrachteten wir den perifovealen Bereich, indem wir mithilfe des OCT

eine Aufnahme anfertigten, die einen 6mm Querschnitt durch die Fovea darstellt. Die Ma-

kula liegt 3-4 mm temporal der Papille und hat einen Durchmesser von 3-5mm und ist we-

gen der hohen Zapfendichte für das Tagsehen, das Auflösungsvermögen und das Farbse-

hen verantwortlich. Den Ort des schärfsten Sehens auf der Retina stellt die Fovea centralis

dar. Ihr Durchmesser beträgt ungefähr 1,5 mm. Innerhalb dieses Bereiches befinden sich

nur Zapfen, die eins zu eins auf Bipolarzellen und kleine Ganglienzellen verschaltet wer-

den. Außerdem sind hier die Perikarya der bipolaren und Ganglienzellen größtenteils nach

lateral verlagert (Welsch 2014, Wassle 2004, Nag, Wadhwa 2012).

Page 17: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Einleitung

12

1.4 Fragestellung

Aufgrund der Tatsache, dass man bei ALS generalisierte neurodegenerative Prozesse

nachweisen konnte, und dass die retinalen Schichten entwicklungsgeschichtlich Teil des

ZNS sind, stellen wir die Hypothese auf, dass bei ALS Patienten die Retina Veränderungen

aufweist. Histopathologische Auffälligkeiten innerhalb der Retina wurden von der Arbeits-

gruppe Fawzi et al. bereits beschrieben (Fawzi A, Simonet J et al. 2014). Wir suchten uns

mit der optischen Kohärenztomographie ein Verfahren, dass Veränderungen der Retina

nicht-invasiv darstellen kann.

Folgende Frage sollen mit dieser Arbeit geklärt werden:

1. Kann man mittels OCT eine Veränderung der Retina bei ALS nachweisen?

1.1 Bestehen Unterschiede zwischen dem rechten und linken Auge?

1.2 Gibt es abweichende Ergebnisse bei separater Betrachtung einzelner Schichten

oder bei Betrachtung verschiedenen Teilbereichen innerhalb einer Schicht?

1.3 Bestehen Unterschiede bei Unterteilung des Patientenkollektives in einen spina-

len und bulbären Verlaufstyp?

2. Falls eine retinale Beteiligung nachgewiesen werden kann, gibt es dann eine Korrelation

zwischen Veränderungen innerhalb der Retinaschichten und weiteren Parametern?

2.1 Korrelation mit klinischen Daten: Erkrankungsdauer, Alteroder ALSFRS-R?

2.2 Korrelation mit FA-Werten entlang des CST?

Page 18: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Material und Methoden

13

2 Material und Methoden

2.1 Probanden

Die Rekrutierung der Probanden fand in einem Zeitraum von April 2012 bis Februar 2014

an der neurologischen Klinik der Universität Ulm statt. Die OCT und MRT Aufnahme

wurde innerhalb eines Zeitraumes von zwei Wochen angefertigt. Sowohl für die OCT als

auch für die MRT Untersuchung wurden die ALS Patienten und die gesunden Kontrollper-

sonen umfassend aufgeklärt und stimmten anschließend schriftlich zur Teilnahme zu. Die

Studie wurde zuvor durch die Ethikkommission der Universität Ulm genehmigt (Antrag-

nummer 36/13) und in Übereinstimmung mit den ethischen Standards, die auf der Grund-

lage der Deklaration von Helsinki basieren, ausgeführt.

2.1.1 ALS Patienten

In die Studie wurden 71 Patienten mit der Diagnose „sichere“ oder „wahrscheinliche“ ALS

nach den El Escorial Kriterien eingeschlossen (Brooks, Miller et al. 2000). Eine Zusam-

menfassung der probandenrelevanten Daten findet sich in Tabelle 1. Als Ausschlusskrite-

rien galten ein Diabetes mellitus Typ I und II, eine Alkoholabhängigkeit, eine andere neu-

rodegenerative Erkrankung und autoimmun bedingte entzündliche Erkrankungen des zent-

ralen Nervensystems. Des Weiteren wurden Patienten mit Augenerkrankungen, wie einem

Katarakt, einem Glaukom, einer Retinopathie, einer starken Myopie und anderen Verände-

rungen und Verletzungen an der Retina, die man anamnestisch erfragte, ausgeschlossen.

Außerdem wurden ALS Subtypen (PLS, Flail arm /leg Syndrom, PMA, PBP) nicht mit in

die Studie aufgenommen. Das Patientenkollektiv umfasste 36 Frauen und 35 Männer. Die

genauen probandenbezogenen Daten sind in nachfolgender Tabelle 1 aufgeführt. Die Er-

krankungsdauer wurde definiert als zeitlicher Abstand zwischen Auftreten der ersten

Symptome und der Durchführung der OCT Messung. Der Zeitpunkt der Retinaaufnahme

lag zwischen zwei und 98 Monaten nach Erkrankungsbeginn, d.h. es dauerte durchschnitt-

lich 12 Monate, bis die OCT Untersuchung durchgeführt wurde. Im Rahmen des stationä-

ren Aufenthaltes oder bei einem ambulanten Kontrolltermin wurde bei den Patienten diese

Bildgebung veranlasst. Die weiteren patientenbezogenen Daten wurden den Krankenhaus-

akten entnommen. Hierzu zählt der ALSFRS-R, der bei diesem Patientenkollektiv zwi-

schen 16 und 48 Punkten lag. Der ALSFRS-R wurde durch erfahrene Neurologen erhoben.

Bei 2 Patienten fehlte dieser Wert in den Akten und konnte nachträglich nicht mehr eruiert

werden. Durchschnittlich liegt der ALSFRS-R bei 40 Punkten. Die Erhebung dieses Wer-

Page 19: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Material und Methoden

14

tes fiel in den Zeitraum, in dem auch die OCT Messung durchgeführt wurde. Bei 50 der 71

Patienten lag ein spinaler Beginn der Symptomatik und bei 21 ein bulbärer Erkrankungs-

beginn vor. 66 Patienten haben eine sporadische Form der ALS, bei fünf Patienten liegt

eine familiäre Form vor. Bei drei dieser Patienten konnte eine SOD1 Mutation, bei einem

eine Fus-Mutation und bei einem konnte keine bekannte Mutation nachgewiesen werden.

Aus diesem Patientenkollektiv leiden drei Patienten an einer frontotemporalen Demenz.

Die übrigen 68 Patienten waren zum Zeitpunkt der OCT Messung kognitiv unauffällig. Bei

diesen 71 Patienten wurde sowohl für das rechte als auch für das linke Auge ein OCT Bild

aufgenommen und anschließend ausgewertet.

Tabelle 1: Eigenschaften der Patienten und Kontrollpersonen (optische Kohärenztomographie)

Darstellung Median (Minimum und Maximum). ALSFRS-R: Skala zur Erfassung des funktionellen Status

der Patienten mit amyotropher Lateralsklerose (ALS). Maximaler Punktewert 48.

ALS

Patienten

ALS Patienten

mit

spinalem

Erkrankungsbeginn

ALS Patienten

mit

bulbärem

Erkrankungsbeginn

Kontroll-

personen

Anzahl 71 50 21 20

Geschlecht

[männlich:weiblich]

35:36 21:29 14:7 10:10

Alter [Jahre] 61 (28-84) 59 (30-84) 69 (28-73) 64 (53-80)

Erkrankungsdauer

[Monate]

12 (2-98) 12 (4-98) 11 (2-79)

Alter Krankheitsbeginn

[Jahre]

59 (22-83) 58 (29-83) 68 (22-72)

ALSFRS-R

[Punkte]

40 (16-48) 40 (16-48) 40 (32-46)

Eine MRT-Bildgebung, die anschließend auch zur Auswertung verwendet werden konnte,

gab es nur von 26 der 71 Patienten. Bei den übrigen Patienten war aus verschiedenen

Gründen eine MRT-Untersuchung nicht möglich, die Bildgebung qualitativ minderwertig

oder es war keine technisch auswertbare Bildgebung durchgeführt wurden. Eine Zusam-

menfassung über die Eigenschaften der Probanden findet sich in nachfolgender Tabelle 2.

Eine Bildgebung erhielten 10 Frauen und 16 Männer. Das durchschnittliche Alter der Pati-

entengruppe lag bei 62 Jahren und das durchschnittliche Alter bei Erkrankungsbeginn bei

61 Jahren. Die Erkrankungsdauer betrug hier im Mittel 13 Monate. Der ALSFRS-R lag

durchschnittlich bei 39 Punkten. Eine Unterteilung in spinalen und bulbären Erkrankungs-

beginn wurde hier aufgrund der geringen Größe des Patientenkollektives nicht vorgenom-

men.

Page 20: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Material und Methoden

15

Tabelle 2: Eigenschaften der Patienten und Kontrollpersonen (Diffusions-Tensor-Bildgebung)

Darstellung Median (Minimum und Maximum). ALSFRS-R: Skala zur Erfassung des funktionellen Status

der Patienten mit amyotropher Lateralsklerose (ALS). Maximaler Punktewert 48.

ALS

Patienten

Kontroll-

personen

Anzahl 26 18

Geschlecht

[männlich:weiblich]

16:10 10:8

Alter [Jahre] 62 (44-84) 66 (53-80)

Erkrankungsdauer [Monate] 13 (3-36)

Alter Krankheitsbeginn [Jahre] 61 (43-83)

ALSFRS-R [Punkte] 39 (16-48)

2.1.2 Gesunde Probanden

Die Kontrollgruppe umfasste 20 Personen. Die Rekrutierung dieser Probanden wurde ei-

nerseits während der Herbstakadiemie 2012 an Universität Ulm durchgeführt und anderer-

seits wurden die Mitglieder der CSU Ulm durch ihre Vorsitzende per Email kontaktiert.

Als Ausschlusskriterien galten dieselben Bedingungen wie für die ALS Patienten. Der Al-

tersdurchschnitt der Kontrollgruppe lag bei 64 Jahren, d.h. die Patienten waren im Durch-

schnitt 3 Jahre jünger. Das Geschlechterverhältnis war innerhalb des Kontrollkollektives

ausgeglichen. Somit hatte man eine alters- und geschlechtsspezifisch abgestimmte Kon-

trollgruppe.

Eine MRT-Bildgebung, die zur Auswertung geeignet war, konnte man bei 18 dieser 20

Probanden erhalten. Der Altersdurchschnitt lag hier bei 66 Jahren.

2.2 Methoden

2.2.1 Optische Kohärenztomographie

2.2.1.1 Grundlagen

Die optische Kohärenztomografie ist ein nicht invasives Verfahren, das v.a. in der Augen-

heilkunde einen hohen Stellenwert in der Routinediagnostik eingenommen hat, da unter

anderem eine präzise in vivo Darstellung der Retina möglich ist. Jedoch nimmt die OCT

Messung auch in anderen Fachbereichen wie der Kardiologie, der Dermatologie und auch

der Neurologie einen zunehmenden Stellenwert ein (Marschall, Sander et al. 2011). Das

Grundprinzip ist ähnlich dem des Ultraschalls. Vereinfacht dargestellt werden von einem

Sender Wellen im nahen Infrarotbereich emittiert, die auf die unterschiedlichen Strukturen

Page 21: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Material und Methoden

16

des Auges treffen. Anschließend wird die Reflexion von einem Detektor aufgenommen.

Hierbei macht man sich zu Nutze, dass unterschiedliche anatomische Strukturen der Retina

Licht unterschiedlich stark und mit unterschiedlicher Zeitverzögerung reflektieren. (Fer-

cher 2010, Eter 2004). Als positive Aspekte dieser Methode sind zu nennen, dass diese

Geräte weitgehend verfügbar sind, die Aufnahmen kostengünstig, schnell anzufertigen und

Untersucher unabhängig reproduzierbar sind. Außerdem werden hierbei keine Medikamen-

te verabreicht, keine Röntgen- oder andere ionisierende Strahlen appliziert und es sind kei-

ne Nebenwirkungen in der Literatur beschrieben. Des Weiteren besteht kein direkter Kon-

takt zwischen Auge und Gerät. Außerdem können Veränderungen der Retina im Mikrome-

terbereich detektiert werden (Marschall, Sander et al. 2011).

Für die Bildaufnahmen wurde das Spectralis HD OCT der Firma Heidelberg Engineering

verwendet (Heidelberg Engineering GmbH, Tiergartenstraße 15, 69121 Heidelberg, Ger-

many; Software version 5.1.1.6). Bei Spectralis handelt es sich um ein System, dass das

Schnittbildverfahren der Spektral-Domänen OCT Technologie (SD-OCT/Fourier-Domain

OCT) mit Fundusbildgebung mit einem konfokalen Scanning Laser Ophthalmoskop kom-

biniert. Hierbei wird als Lichtquelle ein Infrarot-Strahl einer Superlumineszenz-Diode

(Wellenlänge ca. 870nm) genutzt, der in zwei Strahlen aufgeteilt wird (simultanes Doppel-

strahl-System). Ein Laserstrahl tastet den Fundus ab und beobachtet dessen Bewegungen,

um den zweiten Strahl zur Aufnahme des OCT Schnittbildes präzise an die richtige Stelle

zu setzen, damit durch Augenbewegungen keine Bildartefakte verursacht werden. Diese

Funktion nennt man „Aktive Eye Tracker“. Der reflektierte Laserstrahl wird dann durch

eine Lochblende auf einen Sensor geleitet, damit der Einfluss von Streulicht minimiert und

somit eine Überstrahlung des Bildes verhindert wird. Dieser lichtempfindliche Detektor

misst dann die Intensität des reflektierten Lichts für jeden Punkt der Retina. Die so ent-

standenen Tiefenstreuprofile werden als A-Scans bezeichnet. Durch Aufnahme entlang

einer Linie kann durch mehrere benachbarte A-Scans ein optisches Querschnittsbild, ein

Tomogramm (B-Scan) durch die Retina erzeugt werden, dass mit einem histologischen

Schnitt vergleichbar ist. Aus diesem Grund kann man auch die OCT Bildgebung als in

vivo Histologie bezeichnen. Setzt man mehrere B-Scans zusammen, kann man anschlie-

ßend einen Volumendatensatz rekonstruieren. Durch das automatische Überlagern der

Aufnahmen in Echtzeit (ART, automatic real time) wird sogenanntes „Bildrauschen“ un-

terdrückt und man kann Artefakte von echten Pathologien differenzieren (Heidelberg Rau-

schunterdrückung). Dies führt zur Verbesserung der Bildschärfe und Aufnahme kontrast-

Page 22: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Material und Methoden

17

reicherer Bilder (Geitzenauer, Hitzenberger et al. 2011, Spectralis Hardware Bedienungs-

anleitung. 2009, Heidelberg Engineering).

2.2.1.2 Geräteaufbau und technische Daten

Das Spectralis HD OCT, das in Abbildung1 dargestellt ist, besteht aus einem Joystick mit

dem man die Kamera einstellen kann und die Bildaufnahme startet. Des Weiteren ist das

Gerät mit einer Spezialkopfstütze ausgestattet, die sowohl eine Kinn- als auch eine Stirn-

stütze aufweist, an der sich die Augenwinkelmarkierung befindet. Auf Seite des Untersu-

chers findet man noch den Kameragriff und den Fokus-Einstellknopf. Auf Seite des Pro-

banden befindet sich das Kameraobjektiv. Jeder OCT Scan stellt einen 6 mm Querschnitt

mit Zentrum in der Fovea dar und besteht aus 25 einzelnen A-Scans. Die axiale Bild-

schirmauflösung beträgt 3,9 µm, die transversale Auflösung 14 µm. Die Eindringtiefe be-

trägt 1,9 mm. Es können bis zu 40.000 A-Scans pro Sekunde angefertigt werden (Spectra-

lis OCT Kurzanleitung. 2009).

Abbildung1: OCT Gerät (optische Kohärenztomographie)

Page 23: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Material und Methoden

18

2.2.1.3 Durchführung der Bildgebung

Die Bildgebung dauert mit Vorbereitung und Positionierung des Patienten ca. 15 Minuten,

die eigentliche Aufnahme der Retina ist innerhalb weniger Sekunden abgeschlossen. In

nachfolgender Abbildung 2 ist die Untersuchung dargestellt. Zuerst wird die Software ge-

öffnet und man legt eine Patientenakte an. Nun wird der vor dem Gerät sitzende Proband

so an die Kopfstütze positioniert, sodass sich die Augen des Patienten auf Höhe der Au-

genwinkelmarkierung am Gerät befinden. Durch die exakte Kopfpositionierung werden

Bewegungsartefakte minimiert. Mit dem zu untersuchendem Auge muss der Patient einen

Punkt innerhalb des Gerätes fixieren. Mithilfe des Fokusdrehknopfes muss die Fokalebene

auf die Refraktion des untersuchenden Auges eingestellt werden. Nun wird die Kamera

positioniert, d.h. man stellt einen ca. 14 mm Abstand zwischen Kornea und Objektiv ein

und fixiert auf das Zentrum der Pupille, sodass Laserstrahlen in die Pupille eindringen

können und man den Augenhintergrund auf dem Bildschirm sieht. Somit erhält man auf

dem Bildschirm die Fundusaufnahme. Nun wird die Kamera solange in Richtung Patient

bewegt, bis ein Querschnitt der Retina (OCT-Bild) auf dem Bildschirm erscheint. Man

optimiert die Kameraposition solange, bis man eine optimale Bildqualität erreicht hat. Dies

bedeutet, dass sich das Bild in der oberen Hälfte des Bildaufnahmefensters befindet, hell

und gleichmäßig ausgeleuchtet ist und sich scharf darstellt. Anschließend wird der Knopf

auf dem Joystick gedrückt, um die OCT Aufnahme zu starten. In dieser Position nimmt das

Gerät mehrere Schnittbilder der Retina (B-Scans) auf und speichert diese Bilderserie. Mit-

hilfe der Geräteeigenen Software wird die gesamte Netzhautdicke und die Dicke der Ner-

venfaserschicht für jeden Quadranten der Retina, sowie ein 360° Durchschnittswert be-

stimmt. Anschließend wird dieser Vorgang mit dem anderen Auge durchgeführt. Die auf-

genommenen Scans werden in der HEYEX (Heidelberg Eye Explorer) Patientendatenbank

gespeichert (Spectralis OCT Kurzanleitung. 2009).

Page 24: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Material und Methoden

19

Abbildung 2: Untersuchung am OCT Gerät (optische Kohärenztomographie)

2.2.1.4 Auswertung der OCT-Bilder

Für jeden Patienten wurden die OCT Scans des linken und rechten Auges in der HEYEX-

Patientendatenbank gespeichert und zur weiteren Bearbeitung als E2E-Datei exportiert.

Anschließende wurde für jedes Auge die Bilderserie (B-Scans) betrachtet. Hierfür ist die

HEYEX Viewer-Software notwendig. Für die weitere Bearbeitung wurde für jedes Auge

ein B-Scan aus der Bilderserie herausgesucht, der die Retina als Querschnittsbild direkt

durch die Fovea darstellt und nicht durch Artefakte überlagert war. In der nachfolgenden

Abbildung 3 im oberen Bild wird dieser ideale B-Scan gezeigt.

Zur Auswertung wurde die SOCIA (Semi-automatic Optic Coherence Image Analysis)

Software genutzt, die auf dem Prinzip der Software „Tensor imaging and fibertracking“

(TIFT) basiert. Diese Software kann für die Auswertung aller OCT Bilder genutzt werden,

unabhängig von welchem Gerät die Bilder aufgenommen wurden. Durch einen semiauto-

matischen Algorithmus werden unterschiedliche Grauwerte erkannt, wodurch eine Separie-

rung der einzelnen Retinaschichten möglich ist (Muller, Unrath et al. 2007, Schneider,

Muller et al. 2014). Zuerst öffnet man mit dieser Software ein Retinabild, fixiert manuell

das Zentrum im Bereich der Fovea und richtet das Bild horizontal aus. Anschließend wer-

den die einzelnen Schichten anhand der unterschiedlichen Graustufen automatisch blau

Page 25: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Material und Methoden

20

unterlegt. Dies ist in Abbildung 3 in der Mitte und unten erkennbar. Anschließend kann

man die einzelnen Schichten manuell farbig nachzeichnen (Abbildung 4). Jeder Schicht

wurde eine andere Farbe zugeordnet. Wie in Abbildung 4 ersichtlich, entspricht die oberste

rosa und rote Schicht der retinalen Nervenfaserschicht (RFNL), die zweite grüne Schicht

der Ganglienzellschicht und der inneren plexiformen Schicht (GCL+IPL), die mittlere

dünne braune und blaue Schicht der inneren Körnerschicht (INL), die dunkelgrüne und

gelbe Schicht der äußeren plexiformen Schicht (OPL) und die unterste dicke blaue und lila

Schicht der äußern Körnerschicht und den Photorezeptoren (ONL+PR).

Abbildung 3: Querschnittsbilder der Retina mit semiautomatischer Grauwerterkennung

Blau angefärbt: retinale Nervenfaserschicht (RNFL), innere Körnerschicht (INL) und äußere Körnerschicht

(ONL)

Page 26: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Material und Methoden

21

Abbildung 4: Querschnittsbilder der Retina mit manuell angefärbten Schichten

Schichten von oben nach unten: rosa/rot: RNFL (retinale Nervenfaserschicht), grün/grün: GCL+IPL (Gangli-

enzellschicht + innere plexiforme Schicht), braun/blau: INL (innere Körnerschicht), dunkelgrün/gelb: OPL

(äußere plexiforme Schicht), blau/lila: ONL+PR (äußere Körnerschicht + Photoreszeptoren)

Page 27: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Material und Methoden

22

Die manuelle Bearbeitung wurde mit allen OCT Bildern der Patienten und Kontrollen

durchgeführt. Anschließend wurden alle Bilder erneut horizontal ausgerichtet und auf eine

Gesamtlänge von 4,5 mm zugeschnitten. Dies ist in Abbildung 5 dargestellt. Nun weist

jedes Querschnittsbild eine Länge von 4,5 mm auf, d.h. jeweils 2,25 mm in Richtung nasal

und temporal vom Zentrum ausgehend. Mithilfe der Software wurde nun für jede Schicht

die durchschnittliche Dicke berechnet. Einen zweiten Cut setzte man 1,5 mm temporal

bzw. nasal der Fovea. Für diesen Abstand entschied man sich auf Grundlage des Papers

von Shrier et.al. Diese Arbeitsgruppe fand heraus, dass im Bereich um die Fovea, der ei-

nem Radius kleiner 1,5 mm entspricht, keine signifikanten Ergebnisse bezüglich der Ma-

kuladicke zwischen Patienten und Kontrollen vorzuweisen waren (Shrier, Adam et al.

2012). Anschließend wurde auch für diesen kürzeren, parafovealen Bereich die durch-

schnittliche Dicke jeder einzelnen Retinaschicht berechnet. Die Retinadicke innerhalb der

lateralen Bereiche (Abschnitte A und D) wurden auf Grundlage dieser Ergebnisse mithilfe

von Excel berechnet. Zur weiteren Datenanalyse fasste man die Bereiche der Retina, die in

Abbildung 5 dargestellt werden, zusammen. Teil A und D wurde als eine Einheit betrachtet

und man nannte diesen Bereich „außen“. Des Weiteren fasste man die parafovealen Berei-

che B und C unter dem Begriff „Mitte“ zusammen. Auch wurde jede Schicht komplett, d.h.

Bereich A+B+C+D, analysiert. Außerdem berechnete man für die gesamte Retina die Di-

cke. Dies entspricht den Teilen A+B+C+D aller 5 Schichten.

Abbildung 5: Gliederung Retinaquerschnitt in verschiedene Bereiche

Page 28: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Material und Methoden

23

2.2.2 Kranielle Magnetresonanztomographie

2.2.2.1 Diffusion Tensor Imaging: Allgemein

Die diffusionsgewichtete Bildgebung (Diffusion Tensor Imaging, DTI) ist eine spezielle

Form der MRT Technik, bei der nicht invasiv und in vivo die dreidimensionale Bewegung

von Wassermolekülen in verschiedenen Geweben gemessen und dargestellt wird. Diese

Bildgebung findet unter anderem Anwendung bei der Darstellung von Nervenfasertrakte

innerhalb des Gehirns. Hierbei wird die Diffusion von Wassermolekülen erfasst, die jedoch

nicht in alle Richtungen gleichmäßig erfolgt, sondern aufgrund struktureller Begrenzun-

gen, wie Zellmembranen und Myelinisierung der Axone, gerichtet ist. Dies bezeichnet man

als anisotrope Diffusion. Ein Maß für die Gerichtetheit der Diffusion ist der Wert der frak-

tionellen Anisotropie (FA-Wert). Zur Berechnung dieses FA-Wertes und weiterer Kenn-

werte wird jeder Pixel durch einen Tensor charakterisiert. Mit Hilfe der Eigenvektoren und

Eigenwerten der 3x3 Matrix kann man die Diffusionsrichtungen darstellen. Ein FA-Wert

von Null stellt eine isotrope Diffusion dar, d.h. eine in alle drei Raumrichtungen gleich

verteilte thermische Bewegung. Bei einem Maximalwert von eins, der physiologisch im

menschlichen Gehirn nicht erreicht wird, findet eine Bewegung der Wassermoleküle in nur

eine Richtung statt. Anhand der FA-Karten ist eine Aussage über die Integrität der weißen

Substanz möglich, d.h. bei Reduktion des FA-Wertes kann man auf eine Schädigung von

Axonen schließen. Diese Reduktion des FA-Wertes findet man bei ALS Patienten in be-

stimmten Fasertrakten, da man hier mikrostrukturelle Veränderungen zum Beispiel der

Pyramidenbahn nachweisen konnte, wodurch eine Steigerung der Diffusion gewährleistet

ist. Somit stellt der FA-Wert einen Marker für die Faserintegrität dar (Le Bihan, Mangin et

al. 2001, Mori, Zhang 2006, Muller, Kassubek 2013).

2.2.2.2 Technische Daten/Erstellung der Bilder

Die MRT Bilder wurden mit einem 1,5 Tesla Gerät (Magnetom Symphony, Siemens Me-

dical, Erlangen, Deutschland) erstellt. Das DTI-Studienprotokoll für Patienten und Proban-

den umfasste 13 Volumes (64 axiale Schichten, Akquisitionsmatrix = 64 x 64, 3 mm

Schichtdicke, Pixelgröße 3,3 mm x 3,3 mm). Die Diffusion wurde entlang 2 x 31 nicht

kollinearer Richtungen erhoben und einschließlich zwei Scans wurden mit Gradient 0

(b=0) erhoben. Die „echo time“ betrug 28 ms, die „repetition time“ 3080 ms. Es wurden

fünf Signalmittelungen pro Schicht und Diffusionsgradientenrichtung erhoben. Das Proto-

koll folgte dem Standartschema der Firma Siemens mit einem b-Wert von 1000 s/mm2.

Page 29: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Material und Methoden

24

Zusätzlich wurde für jeden Probanden mittels einer 3D-MPRAGE Sequenz für anatomi-

sche Aufnahmen ein T1-gewichteter hochauflösender Datensatz gewonnen. Das MPRAGE

Protokoll umfasst folgende Daten: TR 9,7 ms, TE 3,93 ms, TI 880 ms, Anregungswinkel

15°, Matrixgröße 256 x 256 Pixel, FOV 250 mm, 192 axiale Schichten, Voxelgröße 0,96 x

0.96 x 0,96 mm3. Diese T1w-Datensätze wurden mit dem DTI-Protokoll koregistriert und

in ein gemeinsames Koordinatensystem überführt (Normalisierung). Für die Aufnahme der

MRT-Bilder und für die Vorbereitung des Patienten wurden ca. 25 Minuten benötigt. Zu-

vor wurde der Proband nach nicht MRT gängigen elektrischen Geräten, z.B. Herzschritt-

macher und Medikamentenpumpen befragt und untersucht. Die gesamte Untersuchung

fand ohne Gabe von Kontrastmittel statt.

2.2.2.3 Analyse der DTI-Daten

Die Software „Tensor Imaging and Fiber Tracking“ (TIFT) wurde zur Datenprozessierung

und statistischen Analyse benutzt (Mueller, Unrath et al. 2007). Zuerst wurden die Dicom

Daten konvertiert. Anschließend folgte die Normalisierung der Daten. Diese diente dazu,

identische anatomische Strukturen verschiedener Probandengehirne aufeinander abzubil-

den und somit vergleichbar zu machen. Dies gelingt durch manuelles setzten von Land-

marken im Bereich des Corpus callosum. Für die Normalisierung nutzt man den Stan-

dartraum (MNI-Raum), der vom Montreal Neurological Institute (MNI) definiert wurde

und sich in der Wissenschaft als Standard etabliert hat. MNI definierte auf der Grundlage

vieler MRT Aufnahmen ein Standartgehirn. Erst durch die Normalisierung ist ein Grup-

penvergleich von Patienten und Kontrollpersonen möglich (Muller, Kassubek 2013).

Als Quantifizierungsparameter wird hier die Analyse der fraktionellen Anisotropie heran-

gezogen. Das heißt, dass jedem Voxel ein FA-Wert zugeordnet wird, sowohl bei den Pati-

enten als auch bei den Kontrollen. Wichtig dabei ist, dass FA-Werte kleiner 0,2 nicht mit-

berücksichtigt werden, denn diese repräsentieren Bereiche innerhalb der grauen Sub-

stanz(Kunimatsu, Aoki et al. 2004). Dies wird in der Analysesoftware mittels eines

Schwellenwertes reguliert. Anschließend werden die FA-Werte der Patienten mit den FA-

Werten der Kontrollen anhand eines t-Test verglichen. Dieser Vorgang wird für jedes Vo-

xel separat durchgeführt. Somit erhält man für jedes Voxel einen p-Wert. Man kann sich

nun nur noch die Voxel farblich darstellen lassen, die einen p-Wert kleiner 0,05 aufweisen.

Anschließend muss man eine Korrektur für multiple Vergleiche durchführen (Korrektur

Fehler 1. Ordnung), um Zufallskorrelationen zu minimieren. Hierfür nutzt man den FDR

(false-discovery-rate) Algorithmus (Genovese CR, Lazar NA et al. 2002). Mit der Funktion

Page 30: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Material und Methoden

25

des „witch-Buttons“ kann man sich farblich nur größere relevante Bereiche, sogenannte

Cluster, darstellen lassen, die bei ALS Patienten eine Reduktion der FA-Werte zeigen.

Durch das setzen einer minimalen Clustergröße von 512 Voxel werden Fehler I. und II.

Ordnung reduziert (Muller, Unrath et al. 2012).

Um die DTI Daten mit den OCT Daten korrelieren zu können, benötigt man für jeden Pati-

enten und jede Kontrollperson einen FA-Mittelwert. Man kann entweder den FA-

Mittelwerte aus verschiedenen signifikanten Clustern wählen oder man setzt eine ROI (re-

gio of interest) mit einem Radius von 5mm innerhalb eines signifikanten Clusters. Da die

automatisch ermittelten Cluster nicht symmetrisch waren und eine sehr extensive Form

aufwiesen und es somit zur Verfälschung des FA-Mittelwerts kommen könnte, entschied

man sich für die Methode der ROI. Da bei ALS Patienten v.a. signifikante Veränderungen

entlang des CST beschrieben wurden (Kassubek, Muller et al. 2014), wurden drei Bereiche

entlang dieses Traktes ausgewählt, wo man mindestens auf einer Seite signifikante Unter-

schiede sehen konnte (Abbildung 6). Man setzte insgesamt sechs ROIs, d.h. jeweils in der

linken und rechten Hemisphäre entlang des CST. Die Koordinaten der ROIs sind in Tabel-

le 3 zusammengefasst. Somit hat man für jeden Patienten und jede Kontrollperson einen

FA-Mittelwert innerhalb drei definierter Bereich entlang des CST erhalten. Diese Werte

wurden anschließend mit den OCT Parametern korreliert.

Tabelle 3: Koordinaten der ROI entlang des CST

ROI: regio of interest; CST: kortikospinale Trakt; MNI: Montreal Neurological Institute.

MNI Koordinaten

(x/y/z)

Linke Seite CST

MNI Koordinaten

(x/y/z)

Rechte Seite CST

Oberer Teil CST (up CST) -21 / -25 / 43 21 / -25 / 43

Mittlere Teil CST (mid CST) -22 / -16 / 20 22 / -16 / 20

Unterer Teil CST (low CST) -12 / -20 / -2 12 / -20 / -2

Page 31: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Material und Methoden

26

Abbildung 6: sagittale Schnitte des Gehirns mit orangen Cluster und ROI

Signifikantes Cluster ist orange dargestellt. Kreis mit Radius 5 mm stellt die ROI (regio of interest) dar. Lin-

kes Bild zeigt ROI im oberen Teil des CST (kortikospinale Trakt), mittleres Bild zeigt ROI im mittleren Teil

des CST, rechte Bild zeigt die ROI im unteren Teil des CST.

2.2.3 Statistische Auswertung

Alle probandenrelevanten Parameter und die Ergebnisse der OCT und DTI Untersuchung

wurden in einer Excel Tabelle zusammengefasst. Die statistische Auswertung der Daten

wurde mit SPSS Statistics 21 (IBM, New York, USA) und SAS Version 9.3 (SAS Institu-

te, Chicago, IL, USA) durchgeführt. Die beschreibende Statistik umfasste die absolute und

relative Häufigkeit, den Mittelwert mit Standartabweichung, den Median, Minimum und

Maximum. Falls in der ersten Analyse kein signifikanter Unterschied zwischen Oculus

dexter und sinister besteht, wie es auch schon vorherige Studien gezeigt haben, werden wir

für die weitere Auswertung bei jeder Person den Mittelwert beider Augen nutzten (Cubuk

M., Kasim B. et al. 2017, Wagner-Schuman, Dubis et al. 2011).

Zur Analyse der Retinaschichtdicke, der FA-Mittelwerte und der klinischen Daten wurde

ein gemischtes lineares Regressionsmodel gerechnet. Es wurde keine Korrektur für multip-

le Vergleiche durchgeführt. Für das Signifikanzniveau wurde ein p-Wert von 0,05 festge-

legt.

Page 32: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Ergebnisse

27

3 Ergebnisse

3.1 Analyse der Retinaschichten

3.1.1 Vergleich der Retinaschichtdicke zwischen rechtem und linkem Auge

Es gab keine signifikanten Unterschiede der Retinaschichtdicke beim Vergleich zwischen

Oculus dexter (OD) und Oculus sinister (OS). Dies wird nochmals in Abbildung 7 darge-

stellt. Durch die Berechnung der p-Werte, getrennt für Patienten- und Kontrollkollektiv,

wurden keine signifikanten Differenzen der Retinaschichtdicke innerhalb einer Schicht

oder innerhalb eines Bereiches einer Schicht gefunden. Aufgrund dieser Tatsache wurde

im folgendem keine separate Analyse für das rechte und linke Auge durchgeführt, sondern

für jeden Probanden der Mittelwert beider Augen herangezogen.

Abbildung 7: Vergleich der Schichtdickenmittelwerte

Vergleich der Schichtdickenmittelwerte jeder Schicht der Retina (RNFL [retinale Nervenfaserschicht], GCL

+ IPL [Ganglienzellschicht + innere plexiforme Schicht], INL [innere Körnerschicht], OPL [äußere ple-

xiforme Schicht], ONL + PR [äußere Körnerschicht + Photorezeptoren]), wobei eine getrennte Betrachtung

zwischen OD (Oculus dexter) und OS (Oculus sinister) stattfindet. Zusätzliche Darstellung der gesamten

Retinadicke (Retina_ges.), getrennt für das rechte (OD) und linke (OS) Auge.

3.1.2 Analyse der einzelnen Retinaschichten bei ALS-Patienten

Um Unterschiede in der Retinaschichtdicke zwischen ALS Patienten und Kontrollen fest-

zustellen, wurde ein gemischtes lineares Regressionsmodell gerechnet. Die Schichtdicke

stellte die zu erklärende-/ Y-Variable und die Probanden stellten jeweils die erklärende-/X-

Variable dar. Im Folgenden wird jede einzelne Retinaschicht separat betrachtet. Des Wei-

teren wurde für jede Retinaschicht sowohl der äußere als auch der mittlere Bereich separat

analysiert.

Page 33: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Ergebnisse

28

3.1.2.1 Retinale Nervenfaserschicht (RNFL): Patienten vs. Kontrollen

Die gesamte retinale Nervenfaserschicht und der äußere Teilbereich (entspricht A+D in

Abbildung 5) stellte sich signifikant dünner bei ALS Patienten im Vergleich zu gesunden

Kontrollpersonen dar. Die durchschnittliche Dicke der RNFL betrug bei ALS-Patienten

42,55 µm, die der Kontrollen 44,95 µm. Mit einem p-Wert von <0,01 ist somit die RNFL

bei den ALS Patienten signifikant dünner. Dies stellt sich graphisch in Abbildung 8 im

linken Bild dar. Bei separater Betrachtung des äußeren Bereichs der RNFL wurde gezeigt,

dass dieser Teil auch bei den Patienten signifikant dünner ist (p-Wert: <0,01) (Abbildung

8: Grafik rechts). Bei isolierter Betrachtung des mittleren Teils der RNFL zeigte sich kaum

ein Unterschied innerhalb der Schichtdicke (Kontrollen: 18,65 µm; Patienten: 18,66 µm).

Abbildung 8: RNFL (retinale Nervenfaserschicht) - Vergleich zwischen Patienten und Kontrollen

In der linken Abbildung Darstellung der Dicke der gesamten RNFL von Patienten mit amyotropher Late-

ralsklerose (rot; Universitätsklinikum Ulm 2012-2014) und gesunden Kontrollen (blau). Vergleich, bei dem

nur der äußere Teilbereich der RNFL (RNFL_außen) betrachtet wurde (Abbildung rechts).

3.1.2.2 Ganglienzellschicht und innere plexiforme Schicht (GCL+IPL): Patienten vs.

Kontrollen

Bei dieser Schicht gab es keine signifikanten Ergebnisse beim Vergleich zwischen Patien-

ten und Kontrollen, auch nicht bei separater Betrachtung der einzelnen Abschnitte. Jedoch

zeigte sich auch hier, dass sowohl die gesamte GCL+IPL, als auch bei gesonderter Be-

trachtung des äußeren Abschnittes, diese Schicht bei den ALS-Patienten tendenziell dünner

ist als bei den Kontrollen. Eine Ausnahme stellte der mittlere Teil da. Hier betrug die

durchschnittliche Dicke der Kontrollen 77,40 µm und ist somit etwas dünner als die der

Patienten (78 µm). Jedoch war dieses Ergebnis nicht signifikant.

Page 34: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Ergebnisse

29

3.1.2.3 Innere Körnerschicht (INL): Patienten vs. Kontrollen

Die gesamte INL (Abbildung 9: Grafik links) und der mittlere Bereich (Abbildung 9: Gra-

fik rechts) war bei ALS-Patienten signifikant dünner als bei den Kontrollpersonen. Die

INL ist bei Patienten im Durschnitt 41,51 µm dick, bei den Kontrollpersonen 42,76 µm.

Mit einem p-Wert von 0,04 war dieses Ergebnis signifikant. Bei gesonderter Betrachtung

des mittleren Bereichs zeigte sich auch ein signifikanter p-Wert von 0,04. Der äußere Teil

der INL war bei den ALS Patienten durchschnittlich 1,1 µm dünner als der äußere Ab-

schnitt der Kontrollen. Diese Differenz ist jedoch nicht signifikant gewesen.

Abbildung 9: INL (innere Körnerschicht) - Vergleich zwischen Patienten und Kontrollen

Abbildung links: Vergleich der Dicke der gesamten INL zwischen Patienten mit amyotropher Lateralsklerose

(rot; Universitätsklinikum Ulm 2012-2014) und Kontrollen (blau). Vergleich, bei dem nur der mittlere Teil

der INL (INL_Mitte) betrachtet wurde (Abbildung rechts).

3.1.2.4 Äußere plexiforme Schicht (OPL): Patienten vs. Kontrollen

Bei Betrachtung der gesamten OPL, des mittleren und des äußeren Teils ist die Schichtdi-

cke hier bei den Patienten im Durchschnitt dicker als bei den Kontrollen gewesen. Die ge-

samte OPL war bei der Kontrollgruppe um 0,74 µm, der mittlere Bereich um 0,76 µm und

der äußere Teil um 0,73 µm dünner als bei dem Patientenkollektiv. Jedoch ist keines dieser

Ergebnisse signifikant gewesen.

3.1.2.5 Äußere Körnerschicht und Schicht der Photorezeptoren (ONL+PR): Patien-

ten vs. Kontrollen

Bei der ONL+PR fanden sich keine signifikanten Ergebnisse im Vergleich zwischen Pati-

enten und Kontrollen. Die gesamte ONL+PR ist um 1,5 µm, der mittlere Bereich um 1,7

µm und der äußere Teil um 1,4 µm dünner gewesen im Vergleich zum Kontrollkollektiv.

Page 35: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Ergebnisse

30

3.1.2.6 Gesamte Retinadicke: Patienten vs. Kontrollen

Fasste man alle Schichten zusammen und betrachtete auch hier den mittleren und den äu-

ßeren Bereich separat, ist jeder Abschnitt und auch die gesamte Retina dünner im Ver-

gleich zu den Kontrollen gewesen. Die gesamte Retina wies eine durchschnittliche Dicke

von 335,71 µm auf und ist somit 5,44 µm dünner als die der Kontrollen. Jedoch ist dieses

Ergebnis nicht signifikant gewesen. Auch bei separater Betrachtung des mittleren Teils lag

hier kein signifikantes Ergebnis vor. Mit einem p-Wert von <0,05 war der äußere Bereich

der gesamten Retina bei ALS-Patienten signifikant dünner als bei den Kontrollen.

3.1.2.7 Zusammenfassung der Retinaschichtdicke und der statistischen Auswertung

Die nachfolgende Tabelle 4 fasst die p-Werte und die durchschnittliche Schichtdicke der

einzelnen Schichten in Mikrometer mit Standartabweichung zusammen. Zusammenfassend

konnte gezeigt werden, dass die gesamte RNFL, der äußere Teil der RNFL, die gesamte

INL, der mittlere Bereich der INL und der äußere Abschnitt der gesamten Retina signifi-

kant dünner gewesen ist im Vergleich zum Kontrollkollektiv. In den anderen Schichten

und Teilbereichen zeigte sich tendenziell, dass die Retina bei ALS Patienten dünner ist im

Vergleich zu gesunden Kontrollen. Eine Ausnahme hierzu stellten der Mittlere Bereich der

RNFL, alle Teile der OPL und der Mittelbereich der GCL+IPL dar. Diese Schichten waren

im Mittel bei den Kontrollen dünner als bei den ALS Patienten und werden rot in Tabelle 4

hervorgehoben. Zur besseren Übersicht sind signifikante p-Werte fett dargestellt.

Page 36: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Ergebnisse

31

Tabelle 4: Ergebnisse der OCT Analyse

Retinadickenmessung mithilfe der optischen Kohärenztomographie (OCT) bei Patienten mit amyotropher

Lateralsklerose (ALS; Universitätsklinikum Ulm 2012-2014) und gesunden Kontrollen. Einheit: µm; Mittel-

wert ± Standartabweichung. Gemischtes lineares Regressionsmodell zum Vergleich der Mittelwerte von ALS

Patienten gegenüber gesunden Kontrollen. * p <0,05; ** p <0,005. Fett hervorgehoben sind signifikante p-

Werte, rot hervorgehoben sind die Schichten, bei denen die Schichten der Patienten dicker sind, als die der

Kontrollen. Separate Betrachtung für jede Schicht: RNFL (retinale Nervenfaserschicht), GCL + IPL (Gangli-

enzellschicht + innere plexiforme Schicht), INL (innere Körnerschicht), OPL (äußere plexiforme Schicht),

ONL + PR (äußere Körnerschicht + Photorezeptoren). Unterteilung jeder Schicht in einen mittleren (Mitte)

und äußeren Bereich (außen).

p-Wert

(Patienten vs.

Kontrollen)

Schichtdicke

[µm]

Patienten

Schichtdicke

[µm]

Kontrollen

RNFL: <0,01** 42,55 ± 4,78 44,95 ± 4,13

Mitte 1,00 18,66 ± 2,93 18,65 ± 2,38

außen <0,01** 54,48 ± 6,39 58,10 ± 5,69

GCL+IPL: 0,53 92,87 ± 9,23 93,90 ± 8,57

Mitte 0,76 78,00 ± 11,58 77,40 ± 8,35

außen 0,33 100,30 ± 10,36 102,15 ± 11,01

INL: 0,04* 41,51 ± 3,62 42,76 ± 2,58

Mitte 0,04* 36,79 ± 4,31 38,33 ± 3,40

außen 0,12 43,88 ± 4,08 44,97 ± 3,34

OPL: 0,26 44,25 ± 3,74 43,51 ± 3,36

Mitte 0,43 36,16 ± 5,59 35,40 ± 4,55

außen 0,29 48,30 ± 3,86 47,57 ± 3,99

ONL+PR 0,39 114,53 ± 9,70 116,03 ± 9,68

Mitte 0,41 135,45 ± 11,34 137,15 ± 12,07

außen 0,42 104,07 ± 9,84 105,47 ± 9,53

gesamte Retina 0,10 335,71 ± 19,23 341,15 ± 13,46

Mitte 0,62 305,06 ± 22,62 306,93 ± 14,64

außen <0,05* 351,04 ± 20,47 358,26 ± 18,50

Page 37: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Ergebnisse

32

Die nachfolgende Abbildung 10 stellt die Mittelwerte der einzelnen Schichten bei ALS

Patienten den Mittelwerten der Kontrollen gegenüber. Die GCL+IPL und die ONL+PR

wurden zur besseren Übersichtlichkeit in einer separaten Grafik aufgeführt, da diese

Schichten dicker sind als die anderen drei Schichten (Abbildung 10: Grafik rechts). Deut-

lich zu erkennen ist, dass sowohl bei den Patienten als auch bei den Kontrollen die

ONL+PR am dicksten ist, gefolgt von der GCL+IPL (Abbildung 10: Graphik rechts). Im

Gegensatz dazu sind die RNFL, die INL und die OPL bei beiden Gruppen relativ dünn

(Abbildung 10: Graphik links). Wie auch schon durch den p-Wert gezeigt, fand man signi-

fikante Unterschiede bezüglich der Retinaschichtdicke zwischen Patienten und Kontrollen

innerhalb der RNFL und der INL. Dieser Unterschied wird auch anhand der Abbildung 10

deutlich. Sowohl graphisch erkennbar, als auch aus der Tabelle ersichtlich ist, dass die

OPL bei den Patienten dicker ist, als bei den Kontrollen.

Abbildung 10: Mittelwertvergleich der einzelnen Schichten zwischen Patienten und Kontrollen

Die linke Graphik stellt die Schichtdickenmittelwerte der RNFL (retinale Nervenfaserschicht), der INL (inne-

re Körnerschicht) und der OPL (äußere Körnerschicht) dar. Die rechte Graphik stellt die Schichtdickenmit-

telwerte der GCL + IPL (Ganglienzellschicht + innere plexiforme Schicht) und der OPL + PR (äußere ple-

xiforme Schicht + Photorezeptoren) dar. Es findet ein Mittelwertvergleich der einzelnen Schichten zwischen

Patienten (Universitätsklinikum Ulm 2012-2014) und gesunden Kontrollen statt.

Page 38: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Ergebnisse

33

3.1.3 Analyse der einzelnen Retinaschichten bei spinalen/bulbären Verlaufstyp

Nach Analyse des gesamten Patientenkollektives wurde noch eine Differenzierung dieser

Gruppe vorgenommen, nämlich in einen spinalen Verlaufstyp, bei der zu Erkrankungsbe-

ginn v.a. spinale Symptome im Vordergrund standen und in einen bulbären Verlaufstyp,

wobei die Erkrankung mit bulbärer Symptomatik begann. Auch hier wurde ein gemischtes

lineares Regressionsmodell gerechnet. Die Retinaschichtdicke stellte die abhängige-/Y-

Variable dar und wurde durch die unabhängigen-/X-Variablen, nämlich den spinalen Ver-

laufstyp, den bulbären Verlaufstyp und die Kontrollen in unterschiedlichem Ausmaß be-

einflusst. Auch hier wurde zuerst die gesamte Retinadicke einer Schicht betrachtet, an-

schließend dann diese Schicht nochmals in einen äußeren und mittleren Bereich aufgeteilt

und separat analysiert.

3.1.3.1 Retinale Nervenfaserschicht (RNFL): spinaler/bulbärer Verlaufstyp vs. Kon-

trollen

Die gesamte RNFL, der mittlere und äußere Teilbereich separat betrachtet, war bei den

Patienten mit spinalem Erkrankungsbeginn am dünnsten, gefolgt von Patienten mit bulbä-

ren Krankheitsbild. Am Dicksten ist diese Schicht bei den Kontrollen gewesen. Eine Aus-

nahme stellte der mittlere Bereich bei den bulbären Patienten dar. Dieser war um 0,96 µm

dicker als bei den Kontrollen. Die gesamte RNFL (p-Wert <0,01) und der äußere Teil der

RNFL (p-Wert <0,01) ist bei Patienten mit spinalem Erkrankungsbeginn im Vergleich zu

den Kontrollen signifikant dünner gewesen. Beim Vergleich der bulbären Patienten gegen-

über dem Kontrollkollektiv war nur der äußere Bereich der RNFL, mit einem p-Wert von

<0,05 knapp signifikant. Dies wird graphisch in der nachfolgenden Abbildung 11 darge-

stellt.

Page 39: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Ergebnisse

34

Abbildung 11: RNFL (retinale Nervenfaserschicht) - ein Vergleich zwischen spinalem, bulbärem Krank-

heitsbeginn und gesunden Kontrollen

Die linke Graphik stellt die Schichtdicke der gesamten RNFL dar und vergleicht die Schichtdicke zwischen

Patienten (Universitätsklinikum Ulm 2012-2014) mit spinalem Erkrankungsbeginn (gelb), bulbären Erkran-

kungsbeginn (orange) und der gesunden Kontrollen (blau). Die rechte Graphik stellt nur den äußeren Teilbe-

reich der RNFL im Vergleich dar (RNFL_außen).

3.1.3.2 Ganglienzellschicht und innere plexiforme Schicht (GCL+IPL): spina-

ler/bulbärer Verlaufstyp vs. Kontrollen

Innerhalb dieser Schicht gab es keine signifikanten Ergebnisse beim Gruppenvergleich.

Sowohl die gesamte GCL+IPL als auch der äußere Abschnitt ist bei den bulbären Patienten

dünner gewesen als bei denen mit spinalem Erkrankungsbeginn. Die Schicht der Kontrol-

len war am dicksten. Der mittlere Bereich ist am dicksten bei Patienten mit bulbären Er-

krankungsbeginn, gefolgt von Patienten mit spinalem Krankheitsverlauf. Das Kontrollkol-

lektiv hatte hier die durchschnittlich dünnste Schichtdicke.

3.1.3.3 Innere Körnerschicht (INL): spinaler/bulbärer Verlaufstyp vs. Kontrollen

Alle Teile der INL waren bei Patienten mit spinalem Erkrankungsbeginn am dünnsten. Im

Vergleich zum Kontrollkollektiv stellte sich die gesamte INL und der mittlere Teilbereich

bei Patienten mit bulbären Krankheitsbeginn etwas dünner als bei den Kontrollen dar. Bei

separater Anschauung des äußeren Teils der INL war dieser Bereich bei den Kontrollen

dünner als bei den Patienten mit bulbären Beginn. Signifikante Ergebnisse bezüglich der

Schichtdicke fand man nur zwischen Patienten mit spinalem Erkrankungsbeginn und Kon-

trollen. Bei der gesamten INL ist der p-Wert <0,01 gewesen, beim mittleren Bereich 0,02

Page 40: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Ergebnisse

35

und beim äußeren Abschnitt 0,02. Diese Ergebnisse werden nochmals in der unten aufge-

führten Abbildung 12 dargestellt.

Abbildung 12: INL (innere Körnerschicht) - ein Vergleich zwischen Patienten mit spinalen Erkrankungsbe-

ginn und gesunden Kontrollen

Die linke Graphik stellt die Schichtdicke der gesamten INL zwischen Patienten (Universitätsklinikum Ulm

2012-2014) mit spinalem Erkrankungsbeginn (gelb) und gesunden Kontrollen (blau) dar, die mittlere Gra-

phik betrachtet nur die Dicke der INL im mittleren Bereich (INL Mitte) und die rechte Graphik stellt nur den

äußeren Teilbereich der INL dar (INL außen).

3.1.3.4 Äußere plexiforme Schicht (OPL): spinaler/bulbärer Verlaufstyp vs. Kon-

trollen

Die OPL zeigte innerhalb keines Bereiches signifikante Ergebnisse. Jedoch ist hier auffäl-

lig gewesen, dass die durchschnittliche Schichtdicke in allen Bereichen bei Patienten mit

spinalem Erkrankungsbeginn am dicksten ist. Bei der gesamten OPL und dem mittleren

Abschnitt zeigt sich die dünnste Schichtdicke bei Patienten mit bulbären Krankheitsbeginn.

Im äußeren Teil ist die OPL bei bulbären Krankheitsbeginn geringfügig dicker, als im Ver-

gleich zum Kontrollkollektiv.

3.1.3.5 Äußere Körnerschicht und Schicht der Photorezeptoren (ONL+PR): spina-

ler/bulbärer Verlaufstyp vs. Kontrollen

Auch bei der ONL+PR ergaben sich innerhalb des Gruppenvergleichs keine signifikanten

Ergebnisse. Die gesamte ONL+PR ist bei den spinalen Patienten durchschnittlich am

dünnsten und bei den Kontrollen am dicksten gewesen. Bei isolierter Betrachtung des mitt-

leren Teils war auch diese Schicht am dünnsten bei den spinalen Patienten, jedoch hier am

Dicksten bei den bulbären Patienten. Wenn man sich den äußeren Abschnitt separat be-

Page 41: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Ergebnisse

36

trachtet, haben die bulbären Patienten die dünnste ONL+PR gehabt. Die größte Schichtdi-

cke wiesen in diesem Bereich die Kontrollen auf.

3.1.3.6 Gesamte Retinadicke: spinaler/bulbärer Verlaufstyp vs. Kontrollen

Bei Betrachtung aller Retinaschichten, auch separat für den mittleren und äußeren Bereich,

ergaben sich keine signifikanten Zusammenhänge zwischen den Gruppen. Die gesamte

Retina ist bei Patienten mit spinalem Beginn am dünnsten gewesen. Die dickste gesamte

Retina wies das Kontrollkollektiv auf. Der dickste mittlere Bereich zeigte sich bei Patien-

ten mit bulbären Erkrankungsbeginn, am dünsten war hier die Schicht bei den Patienten

mit spinalem Beginn. Beim äußeren Teil der gesamten Retina wiesen die Patienten mit

spinalen Verlaufstyp eine größere Dicke auf, als diejenigen vom bulbären Verlaufstyp.

3.1.3.7 Zusammenfassung der Retinaschichtdicke und der statistischen Auswertung

bei spinalen/bulbären Verlaufstyp

Beim Vergleich zwischen Patienten mit spinalem Erkrankungsbeginn und Kontrollen fand

man signifikante Ergebnisse in der gesamten RNFL und im äußeren Teil der RNFL. Inner-

halb der gesamten INL und den einzelnen Abschnitten ließen sich signifikante Ergebnisse

nachweisen. Beim separaten Vergleich zwischen Patienten mit bulbären Verlaufstyp und

Kontrollen wies einzig der äußere Bereich der RNFL ein knapp signifikantes Ergebnis auf.

Die signifikanten Ergebnisse wurden in Tabelle 5 fett hervorgehoben.

Die durchschnittliche Schichtdicke ist bei erkrankten Patienten durchschnittlich dünner als

bei gesunden Kontrollen. Eine Ausnahme hiervon stellt der mittlere Bereich der GCL+IPL

und alle Teile der OPL bei Patienten mit spinalem Erkrankungsbeginn dar. Patienten mit

bulbären Verlaufstyp sind im mittleren Bereich der RNFL, der GCL+IPL, der ONL+PR

und der gesamten Retina dicker als die zu vergleichenden Kontrollen gewesen. Dies traf

auch für die äußeren Teile der INL und der OPL zu. Wenn die Schicht bei Patienten dicker

ist als bei den Kontrollen, wird dies in Tabelle 5 rot hervorgehoben.

Page 42: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Ergebnisse

37

Tabelle 5: Ergebnisse der OCT Analyse für spinalen und bulbären Verlaufstyp

Retinadickenmessung mithilfe der optischen Kohärenztomographie (OCT) bei Patienten mit amyotropher

Lateralsklerose (ALS; Universitätsklinikum Ulm 2012-2014) getrennt betrachtet für den spinalen und bulbä-

ren Beginn der Erkrankung und gesunden Kontrollen. Einheit: µm; Mittelwert ± Standartabweichung. Ge-

mischtes lineares Regressionsmodell zum Vergleich der Mittelwerte von ALS Patienten mit spinalem Ver-

laufstyp gegenüber Kontrollen und von ALS Patienten mit bulbären Verlaufstyp gegenüber Kontrollen. * p

<0,05; ** p <0,005. Fett hervorgehoben sind signifikante p-Werte, rot hervorgehoben sind die Schichten, bei

denen die Schichten der Patienten dicker sind, als die der Kontrollen. Einzelnen Schichten: RNFL (retinale

Nervenfaserschicht), GCL + IPL (Ganglienzellschicht + innere plexiforme Schicht), INL (innere Körner-

schicht), OPL (äußere Körnerschicht), ONL + PR (äußere Körnerschicht + Photorezeptoren). Unterteilung

jeder Schicht in einen mittleren (Mitte) und äußeren Bereich (außen).

p-Wert

(Patienten

mit spinalen

Verlaufstyp

vs.

Kontrollen)

Schichtdicke

[µm]

spinaler

Verlaufstyp

p-Wert

(Patienten

mit bulbä-

ren Ver-

laufstyp vs.

Kontrollen)

Schichtdicke

[µm]

bulbärer

Verlaufstyp

Schichtdicke

[µm]

Kontrollen

RNFL <0,01** 42,18 ± 4,27 0,14 43,43 ± 5,78 44,95 ± 4,13

Mitte 0,45 18,26 ± 2,49 0,12 19,61 ± 3,65 18,65 ± 2,38

außen <0,01** 54,14 ± 5,85 <0,05* 55,35 ± 7,53 58,10 ± 5,69

GCL+IPL 0,71 93,26 ± 9,88 0,33 91,92 ± 7,51 93,90 ± 8,57

Mitte 0,81 77,89 ± 11,66 0,72 78,27 ± 11,50 77,40 ± 8,35

außen 0,54 100,95 ± 11,05 0,14 98,75 ± 8,42 102,15±11,01

INL 0,01* 41,01 ± 3,26 0,95 42,71 ± 4,16 42,76 ± 2,58

Mitte 0,02* 36,57 ± 4,27 0,28 37,33 ± 4,40 38,33 ± 3,40

außen 0,02* 43,23 ± 3,76 0,61 45,40 ± 4,43 44,97 ± 3,34

OPL 0,09 44,66 ± 3,89 0,77 43,28 ± 3,18 43,51 ± 3,36

Mitte 0,15 36,83 ± 5,84 0,47 34,54 ± 4,62 35,40 ± 4,55

außen 0,17 48,57 ± 3,97 0,92 47,65 ± 0,011 47,57 ± 3,99

ONL+PR 0,33 114,25 ± 10,46 0,70 115,20 ± 7,67 116,03 ± 9,68

Mitte 0,20 134,39 ± 11,86 0,74 137,98 ± 9,67 137,15±12,07

außen 0,48 104,18 ± 10,66 0,44 103,81 ± 7,66 105,47 ± 9,53

GesamteRetina 0,09 335,36 ± 20,45 0,25 336,55 ± 16,14 341,15±13,46

Mitte 0,45 303,93 ± 23,18 0,86 307,74 ± 21,56 306,93±14,64

außen 0,06 351,08 ± 21,95 0,10 350,96 ± 16,67 358,26±18,50

Page 43: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Ergebnisse

38

Die Mittelwerte der einzelnen Retinaschichten getrennt dargestellt für Patienten mit spina-

lem und bulbären Beginn der Erkrankung und für das Kontrollkollektiv wird in der nach-

folgenden Abbildung 13 dargestellt. Die GCL+IPL und die ONL+PR (Abbildung 13: Gra-

fik rechts) wurden zur besseren Übersichtlichkeit in einer separaten Grafik aufgeführt, da

diese Schichten dicker sind als die anderen drei Schichten (Abbildung 13: Grafik links). Im

Durchschnitt ist die RNFL, die INL und die ONL+PR bei Patienten mit spinalem Beginn

am dünnsten, gefolgt von Patienten mit bulbären Beginn. Den dicksten Schichtmittelwert

weist hier das Kontrollkollektiv auf. Wie auch grafisch ersichtlich ist die GCL+IPL bei den

bulbären Patienten am dünnsten und bei den Kontrollen am dicksten. Bei der OPL zeigt

sich der dünnste Mittelwert bei den Patienten mit bulbären Beginn, gefolgt von den Kon-

trollen. Die Patienten mit spinalem Beginn weisen hier den dicksten Schichtmittelwert auf.

Abbildung 13: Mittelwertvergleich der einzelnen Schichten zwischen spinalen/bulbären Verlaufstyp und

Kontrollen

Die linke Graphik stellt die Schichtdickenmittelwerte der RNFL (retinale Nervenfaserschicht), der INL (inne-

re Körnerschicht) und der OPL (äußere Körnerschicht), jeweils separat betrachtet für einen spinalen, bulbä-

ren Erkrankungsbeginn (Patienten: Universitätsklinikum Ulm 2012-2014) und gesunden Kontrollen, dar. Die

rechte Graphik stellt die Schichtdickenmittelwerte der GCL + IPL (Ganglienzellschicht + innere plexiforme

Schicht) und der OPL + PR (äußere plexiforme Schicht + Photorezeptoren) dar.

Page 44: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Ergebnisse

39

3.2 Einfluss der klinischen Daten auf die Retinaschichtdicke

3.2.1 Korrelation ALSFRS-R vs. Retinaschichtdicke

Die Berechnung des gemischten linearen Regressionsmodells ergab keine signifikanten

Ergebnisse zwischen ALSFRS-R und Retinaschichtdicke, auch nicht bei separater Betrach-

tung des äußeren und mittleren Bereichs jeder Schicht. Tendenziell zeigte sich, dass inner-

halb der RNFL, der GCL+IPL, der ONL+PR und der gesamten Retina eine positive Korre-

lation zwischen ALSFRS-R und Schichtdicke bestand, d.h. je dicker die Schicht ist, desto

höher ist der Wert des ALSFRS-R. Innerhalb der INL und OPL konnte eine negative Kor-

relation beobachtet werden. Dies bedeutet, dass je dicker die Schicht ist, umso niedriger ist

der ALSFRS-R.

3.2.2 Korrelation Alter vs. Retinaschichtdicke

Tabelle 6 stellt den Zusammenhang zwischen dem Alter bei der OCT Untersuchung und

der Retinaschichtdicke, sowohl für Patienten als auch für Kontrollen, dar. Auch hier wur-

den die Retinaschichten noch zusätzlich in einen äußeren und mittleren Bereich aufgeteilt.

Bei dieser Korrelation fand man bei Analyse des Kontrollkollektivs in allen Schichten,

ausgenommen der INL, signifikante Ergebnisse, entweder in einem Teilbereich dieser

Schicht oder in der kompletten Retinaschicht. Innerhalb aller Bereiche der RNFL und der

GCL+IPL zeigte sich in Bezug auf das Alter eine negative Korrelation, d.h. es kommt zu

einer Abnahme der Schichtdicke mit zunehmendem Alter. Jedoch ist dieser Zusammen-

hang nur für die gesamte Schicht und für den äußeren Bereich signifikant gewesen. Signi-

fikante Ergebnisse wurden fett hervorgehoben. Handelt es sich um eine negative Korrelati-

on wurden die Zahlen rot geschrieben. Alle Abschnitte der INL zeigten eine nicht signifi-

kante positive Korrelation. Die gesamte OPL und der äußere Bereich wiesen eine nicht

signifikante negative Korrelation auf. Der mittlere Bereich der OPL stellte eine signifikan-

te positive Korrelation dar. Auch alle Bereiche der ONL+PR zeigten einen positiven signi-

fikanten Zusammenhang. Bei Betrachtung der gesamten Retina und dem mittleren Bereich

der kompletten Retina fand man eine positive Korrelation, die jedoch nur in der Mitte sig-

nifikant gewesen ist. Der äußere Bereich wies eine nicht signifikante negative Korrelation

auf.

Bei Analyse des Patientenkollektives wurden signifikante Zusammenhänge zwischen dem

Alter und dem Mittelwert der Retinaschichtdicke nur innerhalb der GCL+IPL und teils bei

der gesamten Retina gefunden. Eine negative Korrelation zwischen dem Alter der Patien-

Page 45: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Ergebnisse

40

ten bei OCT Untersuchung und Schichtdicke konnte man in allen Schichten feststellen,

ausgenommen innerhalb aller Teile der RNFL und den mittleren Bereichen sowohl der

INL als auch der ONL+PR. Signifikant waren diese Ergebnisse jedoch nur in allen Berei-

chen der GCL+IPL, innerhalb der gesamten Retina und im äußeren Bereich der gesamten

Retina. Abbildung 14 stellt nochmal exemplarisch einen signifikanten negativen Zusam-

menhang zwischen Alter bei OCT Untersuchung und Retinaschichtdicke dar. Aus dieser

Grafik lässt sich erkennen, dass je älter die Patienten sind, desto dünner wird die Schicht-

dicke.

Abbildung 14: Negative Korrelation zwischen Alter der Patienten und Schichtdicke

Die Graphik zeigt eine negative Korrelation zwischen Alter der Patienten mit amyotropher Lateralsklerose

(ALS; Universitätsklinikum Ulm 2012-2014) zum Zeitpunkt der optischen Kohärenztomographie (OCT) und

Dicke der Ganglienzell.- und inneren plexiformen Schicht (GCL+IPL) der Retina, d.h je älter die Patienten

sind, desto dünner ist die Schichtdicke aus GCL+IPL.

Page 46: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Ergebnisse

41

Tabelle 6: Korrelation zwischen Alter und Retinaschichtdicke

Gemischtes lineares Regressionsmodell zum Vergleich der Mittelwerte der Retinaschichtdicke gegenüber

dem Alter. Getrennte Darstellung für gesunde Kontrollen und Patienten mit amyotropher Lateralsklerose

(ALS; Universitätsklinikum Ulm 2012-2014). * p <0,05; ** p <0,005, negative Korrelation: rote Zahlen,

positive Korrelation: schwarze Zahlen. Fett sind signifikante p-Werte hervorgehoben. Einzelne Schichten:

RNFL (retinale Nervenfaserschicht), GCL + IPL (Ganglienzellschicht + innere plexiforme Schicht), INL

(innere Körnerschicht), OPL (äußere Körnerschicht), ONL + PR (äußere Körnerschicht + Photorezeptoren).

Unterteilung jeder Schicht in einen mittleren (Mitte) und äußeren Bereich (außen).

p-Wert

(Alter Kontrollen

bei OCT vs. Schichtdicke)

p-Wert

(Alter Patienten

bei OCT vs. Schichtdicke)

RNFL 0,02* 0,64

Mitte 0,93 0,18

außen 0,01* 0,82

GCL+IPL 0,04* <0,01**

Mitte 0,40 <0,01**

außen 0,04* <0,01**

INL 0,49 0,64

Mitte 0,54 0,94

außen 0,55 0,51

OPL 0,95 0,13

Mitte 0,04* 0,10

außen 0,19 0,29

ONL+PR <0,01** 0,55

Mitte <0,01** 0,79

außen <0,01** 0,29

Gesamte

Retina

0,49 0,02*

Mitte 0,01* 0,14

außen 0,79 0,01*

Page 47: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Ergebnisse

42

3.2.3 Korrelation Erkrankungsdauer vs. Retinaschichtdicke

Die nachfolgende Tabelle 7 stellt den Zusammenhang zwischen Erkrankungsdauer und

Veränderung der retinalen Schichtdicke, bezogen auf die gesamte Schicht und Einteilung

in mittleren und äußeren Bereich, dar. Nur innerhalb der gesamten ONL+PR und dem äu-

ßeren Bereich ließ sich eine signifikante positive Korrelation nachweisen. Das bedeutet,

dass es mit zunehmender Erkrankungsdauer zu einer Verdickung dieser Schicht kommt.

Negative, nicht signifikante Zusammenhänge stellten sich innerhalb des mittleren Bereichs

der RNFL, innerhalb der gesamten und innerhalb des äußeren Teils sowohl bei der GCL+

IPL als auch bei der OPL und innerhalb aller Abschnitte der INL dar. Diese Schichten stel-

len sich also umso dünner dar, je länger die Erkrankung dauert. Die noch nicht genannten

Schichten wiesen eine positive, nicht signifikante Korrelation auf. In Tabelle 7 wurden

signifikante p-Werte fett und negative Korrelationen rot hervorgehoben.

Page 48: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Ergebnisse

43

Tabelle 7: Korrelation zwischen Erkrankungsdauer und Retinaschichtdicke

Gemischtes lineares Regressionsmodell zum Vergleich der Mittelwerte der Retinaschichtdicke gegenüber der

Erkrankungsdauer. * p <0,05; ** p <0,005, negative Korrelation: rote Zahlen, positive Korrelation: schwarze

Zahlen. Fett sind signifikante p-Werte hervorgehoben. Einzelnen Schichten: RNFL (retinale Nervenfaser-

schicht), GCL + IPL (Ganglienzellschicht + innere plexiforme Schicht), INL (innere Körnerschicht), OPL

(äußere Körnerschicht), ONL + PR (äußere Körnerschicht + Photorezeptoren). Unterteilung jeder Schicht in

einen mittleren (Mitte) und äußeren Bereich (außen).

p-Wert

(Erkrankungsdauer vs. Schichtdicke)

RNFL 0,44

Mitte 0,78

außen 0,35

GCL+IPL 0,31

Mitte 0,50

außen 0,08

INL 0,37

Mitte 0,56

außen 0,37

OPL 0,78

Mitte 0,33

außen 0,27

ONL+PR 0,04*

Mitte 0,41

außen 0,01*

Gesamte Retina 0,59

Mitte 0,40

außen 0,78

Page 49: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Ergebnisse

44

3.3 Analyse der DTI- und OCT-Daten

3.3.1 FA-Mittelwerte des kortikospinalen Trakts

Die nachfolgende Abbildung 15 zeigt einen Vergleich der FA-Mittelwerte entlang des CST

zwischen Patienten und Kontrollen für drei ausgewählte Bereiche. Es kam bei ALS Patien-

ten innerhalb des CST zu einer Abnahme der FA-Mittelwerte im Vergleich zum Kontroll-

kollektiv. Innerhalb des Patientenkollektivs waren die FA-Mittelwerte am niedrigsten im

unteren Bereich des CST (low CST), gefolgt von einem Bereich in der Mitte des CST (mid

CST). Die höchsten FA-Mittelwerte fand man im oberen Bereich des CST (up CST). Diese

FA-Wert Abnahme zeigte sich genauso innerhalb des Kontrollkollektives.

Abbildung 15: FA-Mittelwertvergleich zwischen Patienten und Kontrollen für 3 Bereiche entlang des CST

Zunahme der Mittelwerte der Fraktionellen Anisotropie (FA) entlang des kortikospinalen Trakts sowohl bei

Patienten (Universitätsklinikum Ulm 2012-2014) als auch bei gesunden Kontrollen.

Page 50: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Ergebnisse

45

3.3.2 Korrelation FA-Werte vs. Retinaschichtdicke

In Tabelle 8 wird die Korrelation zwischen FA-Mittelwerten entlang des CST und der Re-

tinaschichtdicke dargestellt. Signifikante p-Werte wurden fett, eine negative Korrelation in

rot hervorgehoben. Innerhalb des Kontrollkollektives gab es kaum signifikante Zusam-

menhänge. Eine positiv signifikante Korrelation fand man zwischen dem mittleren Bereich

der RNFL und des low CST; zwischen dem mittleren Teil der GCL+IPL und dem up CST;

innerhalb aller Abschnitte der ONL+PR und des up CST und zwischen allen Bereichen der

gesamten Retina und des up CST. Weitere positive, jedoch nicht signifikante Zusammen-

hänge zeigten sich hauptsächlich zwischen mid oder up CST und den verschiedenen Reti-

naschichten. Negativ, nicht signifikante Korrelationen bestanden überwiegend zwischen

den Retinaschichten und den FA-Werten des low CST.

Beim Vergleich der FA-Werte und der Retinaschichtdicke bei Patienten fand man zwi-

schen den Retinaschichten und dem low CST nur positive Korrelationen. Signifikante

Werte wiesen alle Bereiche der GCL+IPL und der gesamten Retina auf. Des Weiteren fand

man signifikante Werte bei der Korrelation mit der gesamten RNFL, dem äußeren Bereich

der RNFL, dem äußeren Teil der INL, dem gesamten und mittleren Teil der ONL+PR. Bei

der Korrelation zwischen mid CST und den verschiedenen Retinaschichten zeigten sich

gleichermaßen negative und positive Korrelationen. Ein signifikant negativer Zusammen-

hang mit den FA-Werten des mid CST bestand mit dem mittleren Teil der RNFL, der ge-

samten INL und dem äußeren Bereich der INL. Eine signifikant positive Korrelation be-

steht mit dem äußeren Teil der GCl+IPL. Bei der Korrelation der FA-Werte des up CST

und der Retinaschichtdicke fand man hauptsächlich negative Zusammenhänge, jedoch wa-

ren diese nur in der gesamten GCL+IPL, im mittleren Bereich der OPL und im mittleren

Teil der gesamten Retina signifikant.

Page 51: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Ergebnisse

46

Tabelle 8: Korrelation zwischen FA-Mittelwerten und Retinaschichtdicke

Gemischtes lineares Regressionsmodell zum Vergleich der Mittelwerte der Retinaschichtdicke gegenüber

den FA-Mittelwerten (fraktionelle Anisotropie) bei drei Bereichen des kortikospinalen Trakts (CST). * p

<0,05; ** p <0,005, negative Korrelation: rote Zahlen, positive Korrelation: schwarze Zahlen. Fett sind signi-

fikante p-Werte hervorgehoben. Einzelnen Schichten: RNFL (retinale Nervenfaserschicht), GCL + IPL

(Ganglienzellschicht + innere plexiforme Schicht), INL (innere Körnerschicht), OPL (äußere Körnerschicht),

ONL + PR (äußere Körnerschicht + Photorezeptoren). Unterteilung jeder Schicht in einen mittleren (Mitte)

und äußeren Bereich (außen).

p-Wert

(Kontrollen:

lowCST)

p-Wert

(Kontrollen:

midCST)

p-Wert

(Kontrollen:

upCST)

p-Wert

(Patienten:

lowCST)

p-Wert

(Patienten:

midCST)

p-Wert

(Patienten:

upCST)

RNFL 0,52 0,33 0,29 0,01* 0,86 0,80

Mitte 0,04* 0,47 0,41 0,66 <0,01** 0,87

außen 0,83 0,40 0,36 <0,01** 0,57 0,73

GCL+IPL 0,07 0,58 0,07 <0,01** 0,10 0,03*

Mitte 0,60 0,50 0,01* 0,02* 0,65 0,07

außen 0,05 0,70 0,24 <0,01** <0,05* 0,06

INL 0,48 0,46 0,65 0,05 0,01* 0,70

Mitte 0,67 0,97 0,98 0,26 0,05 0,39

außen 0,28 0,40 0,60 0,04* 0,02* 0,97

OPL 0,13 0,93 0,76 0,51 0,90 0,11

Mitte 0,08 0,19 0,48 0,88 0,75 0,01*

außen 0,44 0,42 1,00 0,35 0,72 0,55

ONL 0,90 0,61 <0,01** 0,02* 0,33 0,23

Mitte 1,00 0,44 <0,01** <0,01** 0,48 0,17

außen 0,85 0,81 0,01* 0,06 0,28 0,31

Gesamte

Retina

0,18 0,30 <0,01** <0,01** 0,53 0,06

Mitte 0,9123 0,4529 0,0001 0,0074 0,8898 0,0261

außen 0,157 0,3808 0,0421 0,0001 0,3047 0,1472

Page 52: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Diskussion

47

4 Diskussion

Die amyotrophe Lateralsklerose wird mittlerweile als Multisystemerkrankung verstanden,

da sich über die Pathologie der ersten und zweiten Motoneurone hinaus eine Beteiligung

mehrere extra-motorischer Bereiche herausstellte. Eine Beteiligung des gesamten Gehirns,

wobei eine stadienhafte Ausbreitung der Erkrankung stattfindet, wurde sowohl histopatho-

logisch als auch mithilfe diffusionsgewichteter Bildgebung in vivo dargestellt (Braak,

Brettschneider et al. 2013, Kassubek, Muller et al. 2014). Zur Frage nach einer retinalen

Beteiligung bei ALS Patienten gibt es bisher eine kontroverse Datenlage. In der überwie-

genden Anzahl der Arbeiten zeigte sich eine Abnahme der Dicke einzelner Schichten der

Retina (Ringelstein M, Albrecht P et al. 2014, Rosen D., Boeke A. et al. 2016., Simonett,

Huang et al. 2016, Volpe, Simonett et al. 2015). Wir initiierten deshalb diese Studie, die

eines der größten Patientenkollektive umfasst.

Ausgehend von unserer Fragestellung fanden wir mithilfe der OCT Messungen eine Aus-

dünnung retinaler Schichten innerhalb der RNFL und der INL. Bei Korrelation der klini-

schen Daten, wie ALSFRS-R und Erkrankungsdauer mit den Retinaschichten, bei denen es

zu einer Veränderung kam, konnten wir keine signifikanten Ergebnisse nachweisen. Ein

Zusammenhang zwischen der Dicke einzelner Retinaschichten und dem Alter konnte teil-

weise festgestellt werden. Aufgrund dieser Tatsache verwendeten wir ein im Alter ver-

gleichbares Kontrollkollektiv in unserer Arbeit. Ein Alleinstellungsmerkmal unserer Studie

ist es, dass wir die OCT Parameter mit FA-Werten entlang des kortikospinalen Trakts kor-

relierten. Auch hier fanden sich signifikante Zusammenhänge.

4.1 Retinaschichtdicke

4.1.1 Vergleich der einzelnen Retinaschichten

Bei Betrachtung der retinalen Nervenfaserschicht im Vergleich zum Kontrollkollektiv

wurde sowohl für die Dicke der gesamten RNFL als auch bei isolierter Analyse des äuße-

ren Teils eine signifikante Abnahme im Vergleich zum Kontrollkollektiv nachgewiesen (p

< 0,01). Nach Unterteilung des Patientenkollektives in spinalen und bulbären Verlaufstyp

zeigte sich für die RNFL der Patienten mit spinalem Beginn das gleiche signifikante Er-

gebnis wie bei Betrachtung aller Patienten (p < 0,01). Bei Patienten mit bulbären Beginn

ergab sich nur für den äußeren Teil der RNFL ein signifikantes Resultat (p < 0,05). Eine

Beteiligung der RNFL konnte auch durch die histopathologische Untersuchung eines

Page 53: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Diskussion

48

menschlichen Auges bestätigt werden. Hier konnte eine Atrophie von Axonen der Gangli-

enzellen nachgewiesen werden (Volpe, Simonett et al. 2015).

Die gesamte INL und der mittlere Bereich zeigte eine signifikante Degeneration im Ver-

gleich zum Kontrollkollektiv (p < 0,05). Bei Patienten mit spinalem Erkrankungsbeginn

wurden signifikante Ergebnisse für die gesamte INL (p < 0,01), für den mittleren (p <

0,05) und für den äußeren Bereich (p < 0,05) nachgewiesen. Bei Patienten mit bulbären

Beginn wurden keine signifikanten Resultate erreicht. In einer histologischen Untersu-

chung konnte auch eine Beteiligung der INL dargestellt werden. Hierzu wurden die Augen

von zwei Patienten mit einer familiären Form der ALS, nämlich einer C9orf72 Mutation

untersucht. Innerhalb der inneren Körnerschicht konnte durch Färbung mit verschiedenen

Antikörpern p62 positive zytoplasmatische Einschlüsse nachgewiesen werden. Diese fan-

den sich zum Großteil in den Zapfen Bipolarzellen und zu geringem Maße auch in amkri-

nen Zellen und Horizontalzellen. Histologisch ergab sich keine signifikante Verschmäle-

rung dieser Schicht, jedoch war die INL bei ALS Patienten geringfügig schmäler (Fawzi

A, Simonet J et al. 2014). Aufgrund der Datenlage lässt sich die Hypothese aufstellen, dass

diese Einschlüsse einen Einfluss auf die Integrität der Zellen ausüben könnten und es im

Verlauf möglicherweise zum Zelluntergang und somit zu einer Verschmälerung dieser

Schicht kommen könnte. Da hier Patienten mit einer familiären Form (C9orf72 Mutation)

der ALS betrachtet wurden und unserer Arbeit vor allem Patienten mit sALS beinhaltete,

kann man die Vermutung aufstellen, dass bei der sporadischen Form die Degeneration der

INL bereits in früheren Krankheitsstadien einsetzt als bei der familiären Form. Da man

sich bei der Messung der Schichtdicke im Mikrometerbereich aufhält, ist es möglich, dass

eine geringfügige Verschmälerung der Schicht nur schwer detektierbar ist und man erst

durch Auswertung eines größeren Kollektives signifikante Ergebnisse erhält.

Die Dicke der gesamten Retina im Bereich der Makula ist nur im äußeren Teil signifikant

dünner (p < 0,05). Bei separater Betrachtung der Gruppen mit unterschiedlichem Erkran-

kungsbeginn fanden sich für die gesamte Retinadicke keine signifikanten Ergebnisse.

4.1.1.1 Veränderung der RNFL – mögliche Ursachen

Die Ausdünnung der RNFL wurde mittels OCT gezeigt. Da diese Schicht hauptsächlich

aus unmyelinisierten Axonen der Ganglienzellen besteht, spricht eine Verschmälerung für

eine Degeneration von Axonen. Allgemein kann ein gestörter axonaler Transport, eine

Pathologie der Mitochondrien und eine Veränderung von Ionenkonzentrationen zu einer

axonalen Degeneration führen (Coleman 2005). Bei Mitochondrien kann es unter anderem

Page 54: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Diskussion

49

zu einer Veränderung der Morphologie, der Funktion und der Verteilung, wie einer Akku-

mulation im proximalen Axon und im Zellkörper, kommen (Sasaki, Iwata 2007, De Vos,

Chapman et al. 2007). Wendet man diese These auf die Retina an, kann man die Hypothese

aufstellen, dass es durch die Umverteilung der Mitochondrien zur Ausdünnung der RNFL

kommt. Des Weiteren kann auch ein Defekt von Mitochondrien zu einer Degeneration von

Axonen führen (Fischer-Hayes, Brotherton et al. 2013). Bezieht man dieses Ergebnis auf

die Retina, kann ein Mitochondriendefekt zu einer Verschmälerung der retinalen Nerven-

faserschicht führen. Aufgrund genetischer Mutationen kann es zur Dysfunktion von Ionen-

kanälen innerhalb der Axone kommen mit der Folge eines erhöhten Natrium und reduzier-

ten Kalium Stromes. Dies führt zu einer axonalen Übererregbarkeit und in der Folge zu

einer Degeneration der Neurone. Ein weiterer wichtiger Punkt der zu einer axonalen Dege-

neration führt, ist ein Anstieg der Calciumkonzentration. Durch Aktivierung calciumab-

häniger Enzyme kann es dadurch zur Neurodegeneration kommen (Geevasinga, Menon et

al. 2015). In der Retina führt diese unterschiedliche Ionenkonzentration möglicherweise

auch zum Untergang von Nervenzellen. Da die retinale Nervenfaserschicht die Axone der

Ganglienzellen darstellt, ist die Vermutung naheliegend, dass es bei einem Untergang der

Axone auch zu einem Zelltod der Ganglienzellkörper kommen müsste und somit auch zu

einer Verschmälerung der GCL. Jedoch wurde gezeigt, dass Axone vulnerabler als Zell-

körper sind, und dass Prozesse nicht immer die gesamte Zelle betreffen müssen, sondern

dass Veränderungen unabhängig voneinander entweder im Axon oder im Zellkörper ablau-

fen können. Auch im Tiermodell konnte gezeigt werden, dass die Pathogenese der Erkran-

kung eher auf axonale Prozesse zurückzuführen ist und nicht auf den Untergang kompletter

Zellen (Fischer-Hayes, Brotherton et al. 2013). Somit lässt sich möglicherweise eine Ver-

änderung der RNFL unabhängig von einer Veränderung der GCL erklären. Aufgrund der

Annahme, dass vor allem Axone betroffen sind, müsste man in der logischen Konsequenz

auch eine Verschmälerung sowohl der IPL, die die Axone der Bipolarzellen enthält, als

auch der OPL, die die Axone der Photorezeptoren beinhaltet, finden. Dies ist jedoch weder

in unserer Arbeit noch in weiteren Studien belegt wurden. Als Grundlage hierfür könnte

man einen neuropathologischen Mechanismus anführen, der bei Mäusen aufgezeigt wurde.

Tallon et al. konnte zeigen, dass die Degeneration zuerst bei langen Axonen einsetzte und

es erst in fortgeschrittenen Krankheitsstadien zu einer Beteiligung kürzerer Axone kam

(Tallon, Russell et al. 2016). Somit lässt sich erklären, dass zuerst die Axone der Ganglien-

zellen betroffen sind, denn diese Stellen die längsten Axone in der Retina dar. Möglicher-

weise könnte es in stark fortgeschrittenen Krankheitsstadien auch zu einer Degeneration

Page 55: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Diskussion

50

der IPL und OPL kommen. Dies ist jedoch in unserer Studie nicht der Fall, da die Erkran-

kungsdauer mit durchschnittlich 12 Monaten noch relativ kurz war. Diese Arbeit über

Mäuse zeigte des Weiteren, dass die axonale Degeneration den klinischen Symptomen

vorrausgeht. Somit lässt sich auch erklären, dass die Patienten subjektiv keine visuellen

Einschränkungen haben. Eine weitere Erklärung zur Ausdünnung der RNFL ist mit der

Hypothese der Autophagozytose vereinbar. Durch die Mutation von Optineurin kommt es

bei ALS zur Überaktivität von NF-κB und somit zur Überexpression und damit zur Induk-

tion des Zelltodes retinaler Ganglienzellen (Maruyama, Morino et al. 2010, Sirohi, Cha-

lasani et al. 2013). Möglicherweise kommt es zuerst zur Autophagozytose im Bereich der

Axone und somit zuerst zu einer Verschmälerung der RNFL und in Fortgeschrittenen Sta-

dien erst zu Veränderungen der GCL. Man könnte es auch so erklären, dass nur die RNFL

und nicht die GCL nachweislich dünner wird, weil bei der retinalen Nervenfaserschicht die

Degeneration stärker ins Gewicht fällt, da diese sehr dünn ist und bei der Ganglienzell-

schicht fällt dies nicht sofort auf, da diese nach der ONL+PR die dickste Schicht darstellt.

Eine weitere Möglichkeit wäre auch, dass es innerhalb der GCL zu reaktiven Prozessen der

Gliazellen kommt und somit zu einer Kompensation des Zellverlustes. Diese Vergrößerung

von Gliazellen ist bei Aktivierung von Astrozyten und Mikrogliazellen nach Untergang

von Motoneuronen belegt (Philips, Rothstein 2014).

Auffällig in unserer Arbeit ist jedoch, wenn man von einer allgemeinen Beteiligung der

Axone ausgeht, warum bei isolierter Betrachtung des mittleren Bereiches kein signifikan-

tes Ergebnis erreicht wird. Eine mögliche Erklärung hierfür ist, dass es technisch schwierig

ist, die Schichtdicke in diesem Bereich zu bestimmen. Dies wurde auch in der Arbeit von

Shrier et al. angemerkt (Shrier, Adam et al. 2012). Auch wäre es möglich, da die retinale

Nervenfaserschicht von sich aus sehr dünn ist, dass man tatsächlich eine Verschmälerung

hat, da aber die Auswertung manuell stattfindet und man diese dünnen Bereiche gar nicht

mehr korrekterweise darstellen kann und somit führt der Fehler zu dieser falschen Mes-

sung. Des Weiteren müsste man in histologischen Studien klären, ob eine axonalen Dege-

neration zuerst eher in äußeren Bereichen der Makula beginnt und erst bei stark fortge-

schrittenen Krankheitsstadien die Foveola betrifft. Bei isolierter Betrachtung der Patienten

mit bulbären Krankheitsbeginn lässt sich auch für die gesamte RNFL keine Verschmäle-

rung darstellen. Dies könnte man wiederrum auf eine Fehlmessung im mittleren Bereich

zurückführen, da sich hier bei den Patienten eine dickere RNFL in diesem Teilstück ge-

zeigt hat als bei den Kontrollen. Diese Verdickung des mittleren Teils wirkt sich natürlich

dann auf die Dicke der gesamten RNFL aus. Ein weiterer Grund hierfür wäre auch, dass

Page 56: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Diskussion

51

ein Patientenkollektiv von nur 20 Personen zu gering ist, um aussagekräftige Ergebnisse zu

erzielen.

4.1.1.2 Veränderung der INL – mögliche Ursachen

Die INL, die auch eine Verschmälerung im Vergleich zum Kontrollkollektiv aufgewiesen

hat, enthält die Zellkörper der Bipolarzellen und die Somata der Amakrin- und Horizon-

talzellen. Die zwei letztgenannten Zelltypen stellen Interneurone dar und sind für die Mo-

difikation der visuellen Information verantwortlich. Dies geschieht vor allem durch die

hemmenden Einflüsse über die Transmitter GABA und Glycin (MacNeil, Masland 1998,

Wassle 2004, Fawzi A, Simonet J et al. 2014). Die Degeneration dieser Schicht kann also

nur durch den Verlust oder die Veränderung einer oder mehrere dieser Zellkörper erklärt

werden. Eine entscheidende Rolle hierfür spielt die Dysbalance zwischen exzitatorischen

und inhibitorischen Neurotransmittern. Seit langen ist bekannt, dass ALS eine neurodege-

nerative Erkrankung der Motoneurone ist, bei der es zu einer kortikalen Übererregbarkeit

kommt. Dieses Phänomen wird als „Interneuronopathy“ bezeichnet, d.h. eine inhibitori-

sche Dysfunktion führt zur Exzitotoxizität. Dieser Begriff beschreibt, dass es durch exzes-

sive Stimulation durch den Neurotransmitter Glutamat zur Schädigung, beziehungsweise

zum Untergang von Nervenzellen kommt (Foerster, Pomper et al. 2013). Diese Imbalance

der Neurotransmitter wird vor allem durch den Verlust inhibitorischer Neurone verursacht

(Turner, Kiernan 2012). In mehreren histologischen Studien konnte eine Pathologie der

kortikalen Interneurone gezeigt werden. Es kommt zum Verlust essentieller Proteine in

GABAergen Interneuronen (Maekawa, Al-Sarraj et al. 2004) oder zu einer Reduktion der

GABA-Rezeptor Untereinheiten im Motorkortex oder frontotemporal (Petri, Kollewe et al.

2006, Petri, Krampfl et al. 2003). Auch bei spinalen Interneurone konnte histologisch ein

Verlust gezeigt werden (Stephens, Guiloff et al. 2006). Durch elektrophysiologische Un-

tersuchungen, wie zum Beispiel der transkraniellen Magnetstimulation, konnte gezeigt

werden, dass es zu einer Übererregung kommt, die vor allem durch die Dysfunktion hem-

mender Prozesse verursacht wird (Eisen, Weber 2000, Vucic, Cheah et al. 2009, Vucic,

Kiernan 2006). Des Weiteren konnte durch bildgebende Verfahren eine ausgeprägte korti-

kale Aktivität bei reduzierten inhibitorischen Einflüssen veranschaulicht werden (Foerster,

Pomper et al. 2013, Turner, Kiernan 2012). Wenn man nun diese Ergebnisse auf die Retina

überträgt, kann es durch den Verlust oder die Dysfunktion von inhibitorischen Zellen,

nämlich den Amakrin- und Horizontalzellen, zu einem Mangel an GABA kommen und

dies würde dann in einer Erhöhung des Transmitters Glutamat resultieren. Diese erhöhte

Page 57: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Diskussion

52

Menge Glutamat wäre potentiell schädlich für die Bipolarzellen und würde in logischer

Konsequenz zum Untergang dieser führen. Somit würde sich eine Verschmälerung der INL

gut erklären lassen.

Nun stellt sich in unserer Arbeit die Frage, warum bei Betrachtung aller ALS Patienten der

äußere Teil der INL nicht signifikant dünner ist, obwohl ein signifikantes Ergebnis bei der

kompletten inneren Körnerschicht und bei separater Analyse des mittleren Teils vorliegt.

Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass man bei separater Betrachtung der Patienten

mit bulbären Beginn eine Verdickung dieser Schicht im äußeren Abschnitt vorfand und

somit dieses Resultat einen Einfluss auf die Analyse der Dicke der kompletten INL hat.

Außerdem könnte die Möglichkeit bestehen, dass der innere Bereich der Makula sensibler

auf Exzitotoxizität reagiert und es erst in weiter fortgeschrittenen Krankheitsstadien zur

Schädigung des äußeren Teiles kommt. Eine mögliche Erklärung, warum man bei ALS

Patienten mit spinalen Erkrankungsbeginn in allen Teilbereichen signifikante Ergebnisse

fand, dies jedoch nicht bei bulbären Beginn der Fall gewesen ist, wäre, dass das Patienten-

kollektiv „bulbär“ mit 20 Personen zu gering ist oder dass erst in stark fortgeschrittenen

Krankheitsstadien es zu einer Beteiligung der inneren Körnerschicht kommt. Eine weitere

Möglichkeit wäre auch, dass es nie zu einer Affektion der INL bei dieser Subgruppe

kommt.

4.1.1.3 Weitere mögliche Ursachen - Einfluss von Gliazellen

Es ist bekannt, dass eine Aktivierung der Gliazellen bei ALS zur Schädigung und zum Tod

von Motoneuronen führt. Normalerweise besitzen Gliazellen eine protektive Funktion, da

sie unter anderem die Konzentration von Glutamat beeinflussen. Bei ALS kommt es zur

Aktivierung von Gliazellen. Aktivierte Gliazellen setzten unter anderem inflammatorische

Zytokine frei und können weniger Glutamat aufnehmen. Dadurch wird die Exzitotoxizität

von Glutamat verstärkt (Philips, Rothstein 2014, Lee, Hyeon et al. 2016, Brettschneider,

Toledo et al. 2012). Da auch die gesamte Retina von Gliazellen, den sogenannten Müller-

Zellen durchzogen wird, könnte die Möglichkeit bestehen, dass es hier zu einer Aktivie-

rung der Gliazellen kommt und infolge dessen zu einer Schädigung bestimmter Zellen und

somit zur Verschmälerung einer spezifischen Retinaschicht. In einer MRT Studie konnte

gezeigt werden, dass eine Abnahme der FA-Werte, die für eine strukturelle Veränderung

im CST spricht, mit einer zunehmenden Aufnahme eines Markers verbunden ist, der Glia-

zellen markiert. Hieraus kann man schließen, dass es durch eine Schädigung von Nerven-

gewebe zur Aktivierung von Gliazellen kommt oder, dass eine Aktivierung von Gliazellen

Page 58: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Diskussion

53

zu einer Freisetzung proinflammatorischer Mediatoren führt, die dann Nervengewebe

schädigen. Hiervon sind vor allem Axone betroffen (Alshikho, Zurcher et al. 2016, Lull,

Block 2010). Da innerhalb der Retina Gliazellen vor allem in der RNFL und GCL präsent

sind, kann dieser Mechanismus die Degeneration der RNFL, die hauptsächlich aus Axonen

besteht, möglicherweise erklären. Appel et al. stellt in seiner Studie dar, dass es durch die

Schädigung von Motoneuronen zur Aktivierung von Mikroglia gekommen ist. Die

Mikroglia wiederum setzte neurotoxische Substanzen frei und somit kam es zur weiteren

Schädigung von Neuronen (Appel, Zhao et al. 2011). Diesen sich selbst verstärkenden

Prozess könnte man auch auf die Retina übertragen. Durch den Untergang von Bipolarzel-

len durch Exzitotoxizität kommt es zur Aktivierung von Mikroglia, die wiederum weitere

toxische Substanzen freisetzt und somit zum Untergang weitere Zellen führt. Daraus könn-

te resultieren, dass es im weiteren Krankheitsverlauf durch toxische Substanzen zum Un-

tergang weiterer Zellen kommt und somit neben der INL zur Ausdünnung weiterer retina-

ler Schichten. Bei der altersbedingten Makuladegeneration wurde dies bereits gezeigt. Die

Migration von Mikroglia in die ONL führt hier zum Zelltod von Zapfen (Nag, Wadhwa

2012).

4.2 Zusammenhang zwischen Retinaschichtdicke und klinischen Daten

In dieser Arbeit wurden verschiedene Einflussfaktoren auf die Retinadicke bei ALS Patien-

ten untersucht. Neben der Auswirkung der Erkrankungsdauer und der Schwere der Erkran-

kung, wurde der Einflussfaktor Alter untersucht.

4.2.1 Einflussfaktor ALSFRS-R

Bei ALS Patienten kann die Schwere der Erkrankung anhand des ALSFRS-R festgestellt

und der Verlauf dokumentiert werden. Bei der Korrelation zwischen Retinaschichtdicke

und der Höhe des ALSFRS-R wurde sowohl in unserer Arbeit als auch in anderen Studien

keine Korrelation gefunden (Simonett, Huang et al. 2016, Ringelstein M, Albrecht P et al.

2014). Eine mögliche Ursache hierfür ist, dass in unserer Arbeit alle Patienten einen relativ

hohen durchschnittlichen ALSFRS-R hatten. Es könnte sein, dass es erst bei schwereren

Formen der Erkrankung zu einer Korrelation kommt. Außerdem kann man möglicherweise

keine Korrelation feststellen, da das Patientenkollektiv zu heterogen ist. Es wurde keine

Auswertung getrennt für den spinalen und bulbären Erkrankungsbeginn durchgeführt. Des

Page 59: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Diskussion

54

Weiteren konnten die genetischen Formen nicht separat analysiert werden, da in dieser

Arbeit bei nur einem Bruchteil der Patienten eine genetische Ursache nachgewiesen wurde.

4.2.2 Einflussfaktor Alter

In der Literatur zeigt sich vor allem bei OCT Untersuchungen und histologischen Studien

die Tendenz, dass das Alter einen Einfluss auf die Retinadicke hat. Deshalb wurde in die-

ser Arbeit zuerst untersucht, in wieweit das Alter einen Einfluss auf die Retinadicke bei

gesunden Personen hat, um anschließend diese Ergebnisse mit denen von ALS Patienten

zu vergleichen.

4.2.2.1 Einflussfaktor Alter - gesunde Probanden

Bei gesunden Personen zeigte sich eine signifikante Abnahme der Retinaschichtdicke mit

steigendem Alter, sowohl bei Betrachtung der Dicke der gesamten RNFL und der gesam-

ten GCL+IPL, als auch bei separater Analyse des äußeren Bereichsdieser Schichten. Eine

gesonderte Betrachtung des mittleren Bereichs zeigte dieselbe Tendenz, jedoch war dieses

Ergebnis nicht signifikant. Diese Resultate sind identisch zu weiteren Arbeiten (De-

mirkaya, van Dijk et al. 2013, Koh, Tham et al. 2012, Ueda, Kanamori et al. 2016). Diese

Versschmälerung lässt sich dadurch erklären, dass es mit zunehmendem Alter zu einer

Abnahme sowohl von Ganglienzellen und deren Axonen, als auch von Gliazellen kommt,

die v.a. in der RNFL und der GCL präsent sind (Nag, Wadhwa 2012). Weitere signifikante

Ergebnisse ergaben sich in der ONL+PR. Hier wurde eine signifikante positive Korrelation

nachgewiesen, d.h. dass bei steigendem Alter die Schichtdicke zunimmt. Eine mögliche

Erklärung hierfür ist, dass mit steigendem Alter es zu einer Ablagerung von Lipo-

fuscingranula kommt und somit zu einer Dickenzunahme (Nag, Wadhwa 2012). Bei Be-

trachtung der gesamten Retinadicke konnte in dieser Arbeit keine altersabhängige Korrela-

tion nachgewiesen werden. Bei separater Betrachtung des mittleren Teiles der gesamten

Retina zeigte sich eine signifikante positive Korrelation. Im äußeren Bereich zeigte sich

nur die Tendenz, dass die gesamte Retina mit zunehmendem Alter dünner wird. Bei Be-

trachtung der gesamten Retina gibt es eine kontroverse Datenlage. Dies ist möglicherweise

darauf zurückzuführen, dass unterschiedliche OCT-Geräte genutzt wurden, und dass die

Retinadicke über unterschiedlichen Bereichen gemessen wurde. Beispielsweise wurde in

der Arbeit von Bafiq et al. und bei Song et al. der Bereich der Fovea, mit 1 mm Durchmes-

ser definiert, ausgeschlossen. Anschließend wurde eine separate Korrelation bezüglich

Page 60: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Diskussion

55

Retinadicke innerhalb der Fovea und Alter durchgeführt, die wiederum zu keinem signifi-

kanten Ergebnis führte. Für den Retinabereich außerhalb der Fovea konnte jedoch eine

alterskorrelierte Abnahme der Retinadicke gezeigt werden (Bafiq, Mathew et al. 2015,

Song, Lee et al. 2010). Diese Abnahme wurde in der Arbeitsgruppe von Bafiq et al. mit

einer durchschnittlichen Degeneration von 0,5 bis 0,76 µm pro Jahr angegeben (Bafiq,

Mathew et al. 2015). Auch weitere Arbeiten bestätigten eine Abnahme der gesamten Reti-

nadicke mit steigendem Alter (Choovuthayakorn, Watanachai et al. 2012, Gupta, Sidhartha

et al. 2013, Rao, Kumar et al. 2011, Song, Lee et al. 2010). Die Arbeitsgruppe von Oto et

al. konnte dieses Ergebnis nur bei männlichen Probanden zeigen. Im Gegensatz dazu zeigte

sich in der Frauengruppe keine signifikante Abnahme der Retinadicke mit dem Alter

(Ooto, Hangai et al. 2010). Eine nicht vorhandene Korrelation, unabhängig vom Ge-

schlecht, zwischen Alter und Makuladicke wird auch in einigen Studien belegt

(Adhi, Aziz et al. 2012, Cubuk M., Kasim B. et al. 2017, Grover, Murthy et al. 2009, Var-

ma, Bazzaz et al. 2003, Wexler, Sand et al. 2010).

Neben einer Vielzahl an Arbeiten zum Thema altersabhängige Retinadegeneration mithilfe

von OCT, gibt es auch histologische Untersuchungen, die versuchen, die Veränderungen

auf molekularer Ebene zu erklären. Es konnte eine Verschmälerung der GCL und auch

eine Abnahme der Dicke der gesamten Retina gezeigt werden. (Cavallotti, Artico et al.

2004, Gao, Hollyfield 1992).

4.2.2.2 Einflussfaktor Alter - ALS Patienten

Innerhalb der RNFL konnte keine signifikante altersabhängige Korrelation nachgewiesen

werden, obwohl dies innerhalb des Kontrollkollektives gezeigt wurde. Dies ist möglicher-

weise darauf zurückzuführen, dass bei ALS Patienten es krankheitsbedingt zu Veränderun-

gen in dieser Schicht kommt und somit das Alter keinen relevanten Einfluss auf die

Schichtdicke mehr ausübt. Eine weitere Ursache hierfür könnte sein, dass es zu fehlerhaf-

ten Messungen kam, da die genaue Schichtdicke manuell nachbearbeitet wird und dies bei

der RNFL aufgrund der geringen Dicke schwierig durchzuführen ist. Des Weiteren ist zu

beachten, dass die Altersspanne bei ALS Patienten zwischen 28-84 Jahren liegt und die

jungen Patienten hier die Statistik stark beeinflussen könnten. Denn auch Cubuc et al. zeig-

te, dass man bei Patienten unter 50 Jahren keine Abnahme der Retinadicke mit steigendem

Alter findet (Cubuk M., Kasim B. et al. 2017). Des Weiteren könnte die Erkrankungsdauer

und Schwere der Erkrankung ein beeinflussender Störfaktor sein, auch wenn man keine

signifikante Korrelation zwischen diesen Faktoren und der Retinadicke herstellen konnte.

Page 61: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Diskussion

56

Man könnte die Hypothese aufstellen, dass bei junge Patienten mit einer schmalen RNFL,

aufgrund der Schwere der Erkrankung oder da es zu einer stärkeren Abnahme der RNFL

aufgrund des höheren Ausgangswertes kommt, im Verlauf der Faktor Alter keine aus-

schlaggebende Rolle mehr spielt. Bei Analyse der gesamten CGL+IPL zeigte sich bei ALS

Patienten eine signifikante negative Korrelation. Dies zeigte sich auch bei separater Be-

trachtung des mittleren und des äußeren Teilbereiches. Dasselbe Resultat zeigte sich inner-

halb des gesunden Kontrollkollektivs, mit Ausnahme des mittleren Bereiches der

CGL+IPL. Dieses Ergebnis lässt sich dadurch erklären, da die Erkrankung selbst, auf Basis

unserer Studie, keinen Einfluss auf diese Schicht hat. Bei Betrachtung der ONL+PR konnte

bei ALS Patienten keine Korrelation mit dem Alter hergestellt werden, wie dies jedoch bei

gesunden Kontrollpersonen der Fall war. Dieser Unterschied lässt sich möglicherweise

dadurch erklären, dass die Veränderungen, die innerhalb der Retina bei ALS stattfinden

einen Einfluss auf kompensatorische Vorgänge, wie die Ablagerung von Lipofuscingranu-

la, haben und es somit zu keiner Verdickung der ONL+PR kommen kann. Im Unterschied

zum Kontrollkollektiv konnte bei ALS-Patienten eine Abnahme der gesamten Retinadicke

mit steigendem Alter gezeigt werden. Signifikant waren diese Ergebnisse bei Betrachtung

der gesamten Retina und bei separater Analyse des äußeren Bereiches. Bei isolierter Ana-

lyse des mittleren Bereiches zeigte sich nur eine Tendenz. Dieses Ergebnis stimmt mit den

meisten bekannten Arbeiten überein (Choovuthayakorn, Watanachai et al. 2012, Gupta,

Sidhartha et al. 2013, Rao, Kumar et al. 2011, Song, Lee et al. 2010). Die Erkrankung an

sich hat also keinen so starken Einfluss auf die gesamte Retinadicke, sodass die altersab-

hängige Abnahme der Retinadicke nicht demaskiert wird.

4.2.2.3 Einflussfaktor Alter - Fazit

Da zum Thema Alter und Retinadegeneration die Ergebnisse sehr stark divergieren müsste

man alle Faktoren, die möglicherweise eine Veränderung der Retina verursachen im Studi-

enmodell berücksichtigen, um festzustellen, ob das Alter an sich auch bei Erkrankten zu

einer Abnahme der Retinadicke führt. Die Analyse müsste getrennt für Männer und Frauen

durchgeführt werden, da mehrere Studien gezeigt haben, dass das Geschlecht einen Ein-

fluss auf die Retinadicke hat (Bafiq, Mathew et al. 2015, Gupta, Sidhartha et al. 2013,

Ooto, Hangai et al. 2010, Alasil, Wang et al. 2013). Als weiterer Einflussfaktor ist die eth-

nische Herkunft zu nennen (Bafiq, Mathew et al. 2015, Wagner-Schuman, Dubis et al.

2011). Aufgrund dieser Tatsache könnten die oben genannten Ergebnisse so stark divergie-

ren, da die verschiedenen Arbeiten aus unterschiedlichen Ländern stammten. Um mög-

Page 62: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Diskussion

57

lichst viele Einflussfaktoren in Zukunft auszuschließen, müsste man für weitere Studien

ein Kontrollkolletiv wählen, dass möglichst groß ist und man müsste jedem ALS Patienten

eine identisch alte und gleichgeschlechtliche Person zuordnen. Des Weiteren sollte eine

Einteilung in verschiedene Altersklassen vorgenommen werden. Um zu unterscheiden, ob

die Schwere der Erkrankung oder das Alter eine bestimmte Retinadegeneration verursacht,

müsste man bei jeder Altersklasse noch eine Unterteilung in geringen, mittleren und hohen

ALSFRS-R vornehmen. Damit die Erkrankungsdauer keinen Einfluss hat, sollten alle Pati-

enten ungefähr ähnlich lang die Symptome aufweisen. Außerdem sollte eine Unterteilung

in spinalen und bulbären Verlaufstyp und in unterschiedliche genetische Formen stattfin-

den. Allgemein ist auch zu berücksichtigen, dass sich alle Studienteilnehmer vorher einer

augenärztlichen Untersuchung unterziehen. Optimal wäre natürlich eine Längsschnittstu-

die, um den Faktor Alter genau beurteilen zu können und um interindividuellen Unter-

schiede vermeiden zu können.

4.2.3 Einflussfaktor Erkrankungsdauer

Bisher wurde in mehreren Studien der Zusammenhang zwischen der Erkrankungsdauer

und der Dicke der Retina untersucht. Hierbei zeigte sich jedoch in den meisten Studien

keine Korrelation (Simonett, Huang et al. 2016, Ringelstein M, Albrecht P et al. 2014).

Volpe et al. konnte einen signifikant negativen Zusammenhang nachweisen. Die Arbeits-

gruppe stellte fest, dass es bei Zunahme der Erkrankungsdauer zu einer Verschmälerung

der gesamten Makula kommt. Dieses Ergebnis war bei einer Erkrankungsdauer über 40,5

Monate stärker ausgeprägt als darunter (Volpe, Simonett et al. 2015). Daraus kann man die

Hypothese formulieren, dass erst bei einer längeren Krankheitsdauer es zu einer signifikan-

ten Korrelation kommt. Somit ließ es sich erklären, dass in unserer Arbeit sich keine Kor-

relation zeigte, da die Patienten im Durchschnitt nur 12 Monate erkrankt waren. Jedoch

steht dazu die Arbeit von Simonettet al. im Wiederspruch. Hier betrug die Erkrankungs-

dauer durchschnittlich 43 Monate und trotzdem wurde keine Korrelation festgestellt (Si-

monett, Huang et al. 2016). Deshalb müssen noch weitere Faktoren eine Rolle spielen. Es

wäre möglich, dass bei einer bestimmten Patientengruppe eine Retinabeteiligung schon

nach kurzer Dauer auftritt, bei anderen Subtypen erst nach jahrelanger Erkrankung. Man

müsste also das Patientenkollektiv nach weiteren Eigenschaften, wie genetische Variation

oder Verlaufstyp unterteilen. Des Weiteren ist es schwierig die genaue Erkrankungsdauer

zu definieren. Häufig ist es den Patienten gar nicht bewusst, wann genau sie erste Symp-

tome hatten, denn die Beschwerden treten schleichend auf und können auch fehlinterpre-

Page 63: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Diskussion

58

tiert werden. Außerdem ist es möglich, dass sich der Patient einfach nicht mehr an den

genauen Zeitpunkt erinnert. Hinzukommend ist es schwierig verschiedene Arbeiten zu

diesem Thema zu vergleichen, denn es gibt keine einheitliche Definition der Erkrankungs-

dauer.

4.3 Vergleich mit anderen OCT Studien

Es gibt nur wenige Studien, die sich bisher mit der Untersuchung der Retina mittels OCT

befasst haben. Hierbei finden sich divergente Ergebnisse. Jedoch überwiegt die Anzahl

derer, die eine Beteiligung der Retina nachgewiesen haben (Rosen D., Boeke A. et al.

2016., Ringelstein M, Albrecht P et al. 2014, Simonett, Huang et al. 2016, Volpe, Simonett

et al. 2015).

Unsere Arbeit umfasst das bisher größte Patientenkollektiv von ALS Patienten mit dieser

Untersuchungstechnik, bei dem eine Retinabeteiligung gezeigt werden konnte. Jedoch wies

die Arbeitsgruppe von Roth et al. (Roth, Saidha et al. 2013), die ein ähnlich großes Patien-

tenkollektiv umfasste, keine Veränderung der Retina nach. Eine mögliche Begründung

hierfür ist, dass für die Analyse unter anderem zwei verschiedene Geräte genutzt wurden.

Wir arbeiteten mit dem Heidelberg Spectralis HD-OCT, dass auch eine höhere Auflösung

hat. Im Gegensatz dazu nutzte Roth et al. ein Cirrus HD-OCT (Version 5.0; Carl Zeiss

Meditec, Dublin, USA) mit geringerer Auflösung. Es konnte auch gezeigt werden, dass

verschiedene Geräte unterschiedliche Ergebnisse erzielten (Pierro, Giatsidis et al. 2010).

Des Weiteren fand bei uns eine semiautomatische Einteilung der Schichten statt, d.h. zu-

erst wurden die Schichten durch eine automatische Grauwerterkennung unterteilt und im

Anschluss manuell korrigiert und bearbeitet. Die Schichteinteilung bei Roth et al. fand

ausschließlich automatisch statt. Deshalb kann es dabei, möglicherweise durch Artefakte

verursacht, zu Ungenauigkeiten gekommen sein. Als weiterer wichtiger Punkt ist zu nen-

nen, dass in der Arbeitsgruppe von Roth et al. der zu analysierende Bereich größer war. Es

wurde ein Teil der Makula mit einem Durchmesser von 6 mm, zentriert um die Fovea, ana-

lysiert. In unserer Arbeit wurde nur ein Durchmesser von 4,5 mm betrachtet, da weiter

lateral die Schichtdifferenzierung schlechter zu erkennen war und man somit Fehler durch

die manuelle Auswertung vermeiden wollte. Die Zusammenfassung einzelner Retina-

schichten stimmte auch bei diesen beiden Arbeiten nicht überein. Roth et al. betrachtete die

INL und die OPL als eine Einheit. Hieraus könnte man vermuten, dass somit eine Verände-

rung der INL, die unsere Arbeit gezeigt hat, durch die OPL maskiert wird. Beim Vergleich

Page 64: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Diskussion

59

dieser zwei Studien zeigten sich auch Unterschiede im Patientenkollektiv. Unsere Arbeit

schloss nur Patienten ein, die nach den El Escorial Kriterien als „wahrscheinliche“ oder

„sichere“ ALS klassifiziert wurden. Bei Roth et al. wurden 26% der Patienten nur der Ka-

tegorie „mögliche ALS“ zugeordnet. Diese Patienten könnten dazu beitragen, dass die

Veränderungen der Retina, die sich durch die Patienten mit „wahrscheinlicher“ und „siche-

rer ALS“ ergeben das Gesamtkollektiv nicht mehr ausschlaggebend beeinflussen. Bei der

Arbeit von Roth et al. wurden alle Patienten mit fALS ausgeschlossen, dies war bei unserer

Arbeit nicht der Fall. Jedoch wird diese Tatsache kaum einen Einfluss auf die unterschied-

lichen Ergebnisse nehmen, denn in unserer Studie hatten nur fünf Patienten eine familiäre

Form der Erkrankung. Des Weiteren könnten in jedem Patientenkollektiv noch mehr Pro-

banden eine genetische Form der Erkrankung aufweisen, die man bisher noch nicht kennt

oder die routinemäßig nicht nachgewiesen werden konnte. Als weiterer wichtiger Punkt ist

zu nennen, dass in unserer Studie noch einmal eine Differenzierung in einen spinalen und

bulbären Beginn der Erkrankung vorgenommen wurde, wobei die spinale Form 70% des

gesamten Patientenkollektives umfasste. Roth et al. macht dazu keine Angaben, wie viel

Prozent der Patienten zu welchem Erkrankungstyp gehörten. Diese Tatsache ist jedoch

wichtig, da nur Patienten mit spinalen Beginn in unserer Arbeit eine Veränderung der INL

aufwiesen. Auch bei Betrachtung der gesamten Dicke der RNFL zeigte sich nur bei der

spinalen Form signifikante Ergebnisse. Somit könnte man die nicht Beteiligung der RNFL

und INL dadurch erklären, dass das Patientenkollektiv überwiegend aus Patienten mit bul-

bären Erkrankungsbeginn bestand und somit sehr stark das Gesamtkollektiv beeinflusste.

Das Durchschnittsalter war bei Roth et al. um fünf Jahre jünger als in unserer Arbeit. Je-

doch sollte dies die Arbeit nicht unbedingt beeinflussen, da das Kontrollkollektiv jeder

Studie alters-angepasst war. In unserer Studie wurde auch darauf geachtet, dass die Ge-

schlechterverteilung innerhalb der Patientengruppe und innerhalb des Kontrollkollektives

ausgeglichen war. Bei Roth et al. zeigte die Kontrollgruppe ungefähr eine einheitliche Ge-

schlechterverteilung, bei den Patienten jedoch waren ca. 66% männlich. Ein geschlechts-

spezifisch abgestimmtes Kontrollkollektiv ist jedoch wichtig, weil Unterschiede in der

Retinadicke zwischen Männern und Frauen bestehen (Wexler, Sand et al. 2010). Außer-

dem besteht auch eine Divergenz in der Erkrankungsdauer und im ALSFRS-R zwischen

diesen zwei Arbeiten. Zwar haben mehrere Studien gezeigt, dass diese beiden Faktoren

keinen signifikanten Einfluss auf die Retinadicke haben (Ringelstein M, Albrecht P et al.

2014, Simonett, Huang et al. 2016), jedoch könnten diese Faktoren trotzdem die Retinadi-

cke in einem gewissen Maß beeinflussen. In unserer Arbeit wurden auch Patienten ausge-

Page 65: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Diskussion

60

schlossen, die eine andere neurodegenerative Erkrankung oder eine entzündliche Erkran-

kung des zentralen Nervensystems aufwiesen. Bei Roth et al. wurden nur Patienten mit

progressiver Muskelatrophie nicht mit eingeschlossen. In beiden Studien wurden Personen

mit Pathologien am Auge ausgeschlossen. Jedoch wurde dies in keiner Studie augenärzt-

lich nachgeprüft, sodass es möglich wäre, dass in einem Kollektiv mehr Leute mit Verän-

derungen an der Retina aufgrund anderer Erkrankungen eingeschlossen wurden und es

somit zu einer Verzerrung der Ergebnisse kam (Roth, Saidha et al. 2013).

Neben der Studie von Roth et al. konnte auch in der Arbeitsgruppe von Cameron et. al kei-

ne Beteiligung der Retina nachgewiesen werden. Hier wurde jedoch nur die RNFL und die

GCL untersucht. Außerdem handelt es sich hierbei um ein kleines Patientenkollektiv

(Cameron J., Pal S. et al. 2016).

Eine Beteiligung der Retina konnte auch bei Ringelstein et al. und Simonett et al. nachge-

wiesen werden (Ringelstein M, Albrecht P et al. 2014, Simonett, Huang et al. 2016). In

allen drei Arbeiten konnte eine Abnahme der Dicke der RNFL nachgewiesen werden. Zu

beachten ist jedoch, dass die Dicke der RNFL bei Ringelstein et al. peripapillär und nicht

wie bei den anderen beiden Arbeiten im Bereich der Makula gemessen wurde. Eine Aus-

dünnung der INL konnte nur in unserer Arbeit und der von Ringelstein et al. gezeigt wer-

den. Eine Verschmälerung der gesamten Makuladicke wurde nur bei Ringelstein et al.

nachgewiesen. Diese ähnlichen Ergebnisse lassen sich darauf zurückführen, dass alle Ar-

beiten das gleiche Gerät, nämlich ein Spectralis HD-OCT der Firma Heidelberg verwende-

ten. Außerdem wurde überall semiautomatisch gearbeitet, d.h. es wurde eine automatische

Schichteinteilung genutzt, um jedoch darauf basierende Fehler zu minimieren, fand noch

eine Kontrolle und manuelle Nachbearbeitung statt. Aufgrund der sehr ähnlichen Eintei-

lung der Retinaschichten lassen sich diese Studien gut miteinander vergleichen. In unserer

Arbeit und bei Ringelstein et al. ist die Gliederung der Schichten identisch, bei Simonett et

al. wurde die OPL und ONL als eine Schicht zusammengefasst. Ausschlusskriterien sind

auch für alle drei Arbeiten sehr ähnlich. Aufgrund einiger Unterschiede im Patientenkol-

lektiv sind möglicherweise die unterschiedlichen Ergebnisse, bezogen auf die INL und

gesamte Makuladicke, zu erklären. In der Arbeit von Simonett et al. wurden nur Patienten,

die nach den El Eskorial Kriterien eine „sichere ALS“ aufwiesen eingeschlossen. Bei den

anderen beiden Studien auch ALS Patienten mit der Diagnose „wahrscheinliche ALS“. Bei

unserer Arbeit und bei Ringelstein et al. ist die Geschlechterverteilung und das Alter der

Patienten auf das der Kontrollen abgestimmt. Bei Simonett et al. wurde nur das Alter be-

Page 66: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Diskussion

61

rücksichtig, jedoch überwiegen im Patientenkollektiv die Männer, demgegenüber sind in

der Kontrollgruppe die Frauen überrepräsentiert, obwohl bekannt ist, dass das Geschlecht

einen Einfluss auf die Retinadicke hat (Wexler, Sand et al. 2010). Die Verlaufsform der

Erkrankung, nämlich ob sie spinal oder bulbär beginnt, könnte möglicherweise Auswir-

kungen haben. In unserer Studie ist der Anteil mit bulbären Beginn mit 30% am höchsten,

gefolgt von 14% bei Simonett et al. Keine Angaben hierzu fand man bei Ringelstein et al.

Auch könnte das Alter eine Rolle spielen, da die Patienten durchschnittlich 6 Jahre jünger

sind bei Simonett et al. als in den anderen beiden Arbeiten. Bei der Erkrankungsdauer gibt

es auch erhebliche Unterschiede. Bei Simonett et al. betrug diese 43, bei Ringelstein 22

und bei unserer Arbeit nur 12 Monate. Des Weiteren könnte die Schwere der Erkrankung

eine Rolle spielen. Bei Simonett et al. sind die Patienten stärker betroffen, hier liegt der

durchschnittliche ALSFRS-R bei 28 Punkten, dem gegenüber beträgt der Score in unserer

Studie 40 Punkte. Bei Ringelstein et al. fehlt hierzu eine genaue Angabe. Da natürlich auch

genetische Faktoren eine Rolle spielen, aber man bisher noch nicht bekannt ist in welchem

Maße, wird es immer wieder zu leicht unterschiedlichen Ergebnissen kommen, bis man

diesen Faktor genauer untersuchen kann und die Gruppen anhand der Genetik einteilen

kann. Des Weiteren muss berücksichtigt werden, dass der Durchmesser des zu untersu-

chenden Retinabereiches bei Simonett et al. und Ringelstein et al. 6 mm betrug und in un-

serer Arbeit jede Schicht nur bis zu einem Abstand von 2,25 mm von der Fovea aus nach

temporal und nasal analysiert wurde. Unsere Arbeit hebt sich von den bisherigen Untersu-

chungen dadurch ab, dass mit Ausnahme von Roth et al., alle nur ein Patientenkollektiv

von ungefähr 20 Personen untersucht haben (Ringelstein M, Albrecht P et al. 2014, Simo-

nett, Huang et al. 2016). Hinzukommend hat unsere Studie als einzige eine Unterteilung

innerhalb einer Retinaschicht vorgenommen, nämlich eine Separierung in einen mittleren

und äußeren Bereich. Auch die getrennte Analyse zwischen Patienten mit spinalen und

bulbären Erkrankungsbeginn ist ein Alleinstellungsmerkmal dieser Arbeit. Eine Abhängig-

keit des Alter auf die Retinadicke wurde bei Gesunden mittels OCT bereits untersucht.

Jedoch eine Korrelation zwischen dem Alter bei ALS Patienten und der Retinadicke unter-

suchte bisher noch keine Studie. Ein weiteres besonderes Merkmal dieser Arbeit ist es,

dass die Dicke der einzelnen Retinaschichten mit FA-Werten entlang des CST korreliert

wurde.

Page 67: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Diskussion

62

4.4 Korrelation OCT und DTI

Im Rahmen dieser Arbeit wurde auch untersucht, inwieweit eine Korrelation zwischen der

Dicke einzelner Retinaschichten und den FA-Werten entlang des kortikospinalen Traks

besteht. Dies wurde bisher in noch keiner Studie analysiert. Eine Korrelation der FA-Werte

des CST mit der Schwere der Erkrankung und der Progression wurde in mehreren Arbeiten

schon gezeigt. Es kommt zu einer Abnahme der FA-Werte mit zunehmender Schwere der

Erkrankung. Auch eine zunehmende Dauer der Erkrankung spiegelt sich in erniedrigten

FA-Werten wieder (Grolez, Moreau et al. 2016, Chio A, Pagani M et al. 2014, Kassubek,

Muller et al. 2014). Wir entschieden uns als bildgebendes Verfahren für die diffusionsge-

wichtete Bildgebung, da dies eines der sensitivsten und ein sehr vielversprechendes Ver-

fahren ist, um mikrostrukturelle Veränderung der Faserverläufe der weisen Substanz zu

detektieren (Sarica, Cerasa et al. 2014). In mehreren Arbeiten wurde hervorgehoben, dass

DTI das Potential eines Biomarkers hat, um in vivo frühzeitig eine Diagnose zu stellen,

den Krankheitsverlauf zu überwachen und den Nutzen einer Therapie zu zeigen (Turner,

Modo 2010, Chio A, Pagani M et al. 2014). Bisher war es nur möglich, eine sichere Betei-

ligung des zweiten Motoneurons mithilfe von EMG nachzuweisen, jedoch konnte hiermit

keine Aussage zum Verlauf der Erkrankung und dem Effekt einer Therapie gemacht wer-

den (Liu, Jiang et al. 2015). Durch die diffusionsgewichtete Bildgebung eröffnet sich die

Möglichkeit, eine Affektion des ersten Motoneurons durch eine Reduktion der FA-Werte

zu zeigen, auch wenn die Patienten noch keine passende Klinik hierfür zeigten (Graham,

Papadakis et al. 2004). Jedoch reicht die diagnostische Genauigkeit von DTI alleine zur

Diagnosestellung nicht aus und somit wäre eine Kombination mehrere bildgebender Ver-

fahren wünschenswert (Foerster, Dwamena et al. 2013, Grolez, Moreau et al. 2016). Bei-

spielsweise konnte die diagnostische Wertigkeit durch die Verbindung von MRS und DTI

erhöht werden (Foerster, Carlos et al. 2014). Somit könnte man auch die Kombination aus

OCT und DTI zur Diagnostik nutzen.

4.4.1 FA-Werte entlang des CST

Es ist bekannt, dass es bei ALS Patienten vor allem im Bereich des CST zu einer Abnahme

der FA-Werte kommt (Chio A, Pagani M et al. 2014, Grolez, Moreau et al. 2016). Da vor

allem dieser Bereich betroffen ist, entschied man sich, drei Bereiche entlang des korti-

kospinalen Trakts herauszugreifen und diese Werte mit Daten der Retina zu korrelieren.

Hierbei zeigte sich eine Abnahme der FA-Mittelwerte innerhalb der verschiedenen ROI

Page 68: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Diskussion

63

von kranial nach kaudal. Analog zu der Arbeit von Iwata et al. zeigte sich die Stärkste Ab-

nahme der FA-Werte in den weiter distal gelegenen Anteilen des CST (Iwata, Aoki et al.

2008). Bei Betrachtung verschiedener Bereiche entlang des kortikospinalen Traks stellt

man fest, dass subkortikal die durchschnittlichen FA-Werte am niedrigsten sind, die höchs-

ten Werte werden im Bereich der Capsula interna erreicht und anschließend kommt es zu

einer kontinuierlichen Abnahme im Verlauf nach distal (Sage, Peeters et al. 2007).

4.4.2 Korrelation FA-Werte - Retinaschichtdicke

Eine positive Korrelation fand man zwischen der RNFL, der GCL+IPL, der INL (nur äuße-

rer Teilbereich), der ONL+PR und der gesamten Retina mit FA-Mittelwerten im Bereich

des low CST. Einzig bei der OPL fand man keinen Zusammenhang mit FA-Mittelwerten

im unteren Teil des kortikospinalen Traks. Daraus kann man die Schlussfolgerung ziehen,

dass die Retinadegeneration als Teil einer generalisierten Neurodegeneration verstanden

werden kann. Sowohl im mittleren als auch im oberen Bereich des CST konnte man nur

willkürliche, überwiegend signifikant negative Zusammenhänge einzelner Teilbereiche

feststellen. Dies ist am wahrscheinlichsten auf eine Zufallskorrelation zurückzuführen, da

keine Korrektur für multiple Vergleiche durchgeführt wurde. Das sich im unteren Bereich

des kortikospinalen Traks signifikante Zusammenhänge ergaben, ist möglicherweise

dadurch zu erklären, dass hier die Reduktion der FA-Werte am stärksten ausgeprägt ist.

Auch andere Arbeiten zeigten, dass diejenigen Bereiche des CST am Vulnerabelsten sind,

bei denen die Erniedrigung der FA-Werte am stärksten ist (Zhang, Schuff et al. 2011, Sage,

Peeters et al. 2007, Graham, Papadakis et al. 2004). Eine mögliche Ursache dafür, dass

man bei Betrachtung der OPL in Zusammenhang mit den FA-Werten keine Korrelation

herstellen konnte, kann dadurch begründet werden, dass die äußere plexiforme Schicht bei

ALS Patienten dicker ist als bei den Kontrollpersonen und es nicht wie bei allen anderen

Schichten zu einer Verschmälerung kommt. Bei Betrachtung der Korrelation der gesamten

inneren Körnerschicht mit FA-Werten, zeigt sich ein p-Wert von 0,05. Dies könnte mög-

licherweise daran liegen, dass die MRT Untersuchung bei nur 26 von 71 ALS Patienten

durchgeführt wurde und somit „Ausreiser“ das Gesamtkollektiv stärker beeinflussen und es

somit zu diesem knapp nicht signifikanten Ergebnis kam.

Page 69: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Diskussion

64

4.5 Beurteilung der gesamten Arbeit

4.5.1 Schwachpunkte

Der größte Schwachpunkt dieser Studie ist, dass die Pathomechanismen zur Degeneration

bestimmter Retinaschichten äußerst spekulativ sind. Diese Tatsache ist daraus geschuldet,

dass es kaum histologische Untersuchungen der Retina bei ALS Patienten gibt und wir

auch von unserem Patientenkollektiv keine histologischen Untersuchungen post mortem

durchgeführt haben, da es sich bei dieser Arbeit um eine Querschnittstudie handelte. Als

weiterer Kritikpunkt ist anzumerken, dass die Studienteilnehmer nicht augenärztlich unter-

sucht wurden und Pathologien nur anamnestisch ausgeschlossen wurden. Des Weiteren

wurden keine standardisierten Tests zur Überprüfung der visuellen Funktion durchgeführt,

um subklinische Auffälligkeiten zu erfassen. Auch wurden die Probanden vorher nicht

komplett internistisch untersucht, um Erkrankungen, wie z.B. Diabetes mellitus, die eine

Pathologie der Retina verursachen können, sicher auszuschließen. Auch diese Ausschluss-

kriterien wurden nur anamnestisch erfragt. Als weitere Schwäche ist das heterogene Pati-

entenkollektiv zu nennen. Bei der OCT Untersuchung wurde zwar eine getrennte Analyse

für den bulbären und den spinalen Verlaufstyp durchgeführt, dies war bei der Erhebung der

MRT Daten jedoch nicht der Fall. Außerdem war die Verteilung des Verlauftyps im Ge-

samtkollektiv nicht ausgeglichen. Des Weiteren fand keine Aufteilung in eine sporadische

und eine familiäre Form statt, beziehungsweise eine Unterteilung verschiedener geneti-

scher Subtypen. Darüber hinaus bestand das Patientenkollektiv nur aus Personen mit rela-

tiv hohem ALSFRS-R und die durchschnittliche Erkrankungsdauer betrug nur einige Mo-

nate, d.h. es wurden hauptsächlich Personen untersucht, die noch am Beginn der Erkran-

kung standen. Hinzukommen ist anzumerken, dass die Größe des Kontrollkollektives rela-

tiv gering ist. Auch die Anzahl der Patienten, bei denen zusätzlich eine MRT Untersu-

chung durchgeführt wurde, ist mit 26 Patienten sehr klein und das männliche Geschlecht

überwiegt innerhalb dieser Gruppe. Des Weiteren könnte man beanstanden, dass man die

Dicke der einzelnen Schichten nur Richtung temporal und nasal betrachtete und nicht supe-

riore und inferiore Anteile, wie es in mehreren Studien durch die Einteilung anhand der

ETDRS-Sektoren vollzogen wurde (Ooto, Hangai et al. 2010). Außerdem wurden die äu-

ßeren temporalen und nasalen Anteile als ein Außenbereich zusammengefasst, obwohl

Arbeiten bei gesunden Personen hier Unterschiede zeigten (Ooto, Hangai et al. 2015). Kri-

tisch betrachten muss man auch, dass die einzelnen Schichten manuell nachbearbeitet wur-

de und da vor allem die retinale Nervenfaserschicht sehr dünn ist, könnten sich hier Fehler

eingeschlichen haben oder im Bereich der Fovea, weil man nicht genau erkennt, wieweit

Page 70: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Diskussion

65

die INL hier nach lateral verlagert ist. Als ein Kritikpunkt bei der Bearbeitung der MRT

Bilder könnte das manuelle Setzten der ROI innerhalb bestimmter Cluster erwähnt werden.

Eine manuelle Bestimmung von ROIs bringt stets eine Unsicherheit, bzw. einen Fehler mit

sich. Durch das Setzen des Schwellenwertes von 0,2 bei der FA Analyse werden jedoch

Bereiche außerhalb des CST weitestgehend ausgeschlossen, sodass eine mögliche Variati-

on in der ROI lediglich entlang des CST verbleibt. Durch die Wahl dreier ROIs entlang des

CST wurde diese Fehlerquelle jedoch weitestgehend minimiert.

4.5.2 Fazit

Diese Arbeit zeigt auf, dass bei ALS Patienten eine Beteiligung der Retina vorliegt. Mit

Hilfe der optischen Kohärenztomographie ist es uns gelungen Veränderungen einzelner

retinaler Schichten in vivo aufzuzeigen. Die Verschmälerung bestimmter retinaler Schich-

ten könnte einen Biomarker für ALS darstellen und lässt sich einfach mittels OCT messen,

da dies eine kostengünstiges, einfach anzuwendendes, größtenteils verfügbares, nicht-

invasives Verfahren darstellt. Die Kombination aus OCT und DTI könnte als Hilfsmittel

bei der Diagnosestellung genutzt werden und um die Schwere und die Progression der Er-

krankung zu Quantifizieren und im Verlauf zu Überwachen.

4.5.3 Ausblick für zukünftige Studien

Aufbauend auf unserer Arbeit könnte man weitere Studien generieren, um das Thema Re-

tinabeteiligung bei ALS noch besser zu verstehen und weitere patientenrelevante Ergebnis-

se zu erzielen. Eine Längsschnittstudie wäre optimal dazu, um herauszufinden, inwieweit

die Veränderungen der einzelnen Retinaschichten im Zusammenhang mit der Erkran-

kungsdauer und der Schwere der Erkrankung stehen und innerhalb welcher Reihenfolge

eine Degeneration der einzelnen Schichten stattfindet. Im Anschluss an den Tod der Pati-

enten sollte dann die Retina histologisch untersucht werden, um genau zu beurteilen, wel-

che Schichten und welche Zellen in welchem Krankheitsstadium betroffen sind. Außerdem

würden histologische Untersuchungen dazu beitragen, dass man ein besseres Verständnis

des Pathomechanismus erlangt. Um Patienten mit Pathologien an den Augen und relevan-

ten internistischen Erkrankungen auszuschließen, sollte eine standardisierte Untersuchung

durch einen jeweiligen Facharzt durchgeführt werden. Auch müssten im Verlauf immer

wieder Tests durchgeführt werden, um subklinische visuelle Defizite zu erfassen. Da die

amyotrophe Lateralsklerose ein ausgeprägt heterogenes Patientenkollektiv umfasst, müss-

Page 71: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Diskussion

66

ten bei zukünftigen Arbeiten detailliertere Unterteilungen, als nur in bulbären und spinalen

Verlaufstyp, erfolgen. Es sollte eine Differenzierung zwischen verschiedenen Schweregra-

den der Erkrankung erfolgen und eine Unterscheidung zwischen der sporadischen und der

familiären Form der ALS stattfinden. Da bei der fALS verschiedene Mutationen bekannt

sind, sollten unterschiedliche Mutationsträger auch separat analysiert werden. Auch

asymptomatische Genträger sollten mit in die Untersuchung einbezogen werden, um zu

beurteilen, inwieweit ein Zusammenhang zwischen Retinadegeneration und Klinik besteht.

Weil momentan noch viele Fragen bezüglich Genetik offen sind und es noch viele unbe-

kannte Mutationen gibt, könnte man die Patienten auch anhand der El Escorial Kriterien in

Gruppen unterteilen. Einen weiteren Einfluss auf die Degeneration der Retina besitzt das

Alter. Deshalb sollte man die Patienten in unterschiedliche Alterskohorten einteilen. Eine

Verbesserung der OCT Technik und der Analysesoftware wäre natürlich für die Zukunft

wünschenswert. Um die Kombination aus OCT und DTI routinemäßig nutzen zu können,

müssen zentrumsübergreifend die MRT Aufnahmen und die Auswertung automatisch und

standardisiert durchgeführt werden. Zusätzlich müssen exakt definierte Bereiche entlang

des CST festgelegt werden, die man mit den OCT Parametern korreliert. Des Weiteren

muss ausgeschlossen werden, dass es bei Erkrankungen, die der ALS sehr ähnlich sind, zu

einer Korrelation kommt. Wenn man bei zukünftigen Studien dies unter anderem beachtet,

könnte die Kombination von DTI und OCT eine gute Möglichkeit für einen Biomarker bei

ALS darstellen. Natürlich wäre eine weitere Verknüpfung von noch mehr relevanten Pa-

rametern, wie z.B. Biomarkern im Liquor und Plasma erstrebenswert, um die Diagnose-

stellung zu vereinfachen und die Schwere und Progression der Erkrankung zu überwachen.

Page 72: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Zusammenfassung

67

5 Zusammenfassung

Die amyotrophe Lateralsklerose (ALS) gehört zu Gruppe der Motoneuronenerkrankungen.

Die typische klinische Symptomatik kommt durch eine Schädigung des 1. und 2. Motoneu-

rons zustande. Mittlerweile jedoch wird die ALS als Multisystemerkrankung angesehen, da

auch extra-motorische Bereiche, wie das kognitive System, die Sensibilität, das autonome

Nervensystem und das visuelle System betroffen sein können. Auch innerhalb des Gehirns

sind nicht nur die motorischen Areale geschädigt, sondern es findet eine stadienhafte Aus-

breitung der Erkrankung über verschiedene Gehirnregionen statt. Dies wurde sowohl durch

bildgebende Verfahren als auch histopathologisch bestätigt.

Mit unserer Arbeit sollte mithilfe der Optischen Kohärenztomographie (OCT) die Frage

geklärt werden, ob es bei ALS Patienten zu einer Beteiligung der Retina kommt und wel-

che Schichten / Teilbereiche einzelner Schichten betroffen sind. Des Weiteren wurde in

dieser Arbeit die Frage gestellt, ob es eine Korrelation zwischen klinischen Daten, wie dem

Verlaufstyp der Erkrankung, der Schwere der Erkrankung, dem Alter, der Erkrankungs-

dauer und einer retinalen Veränderung gibt. Ein Alleinstellungsmerkmal unserer Arbeit ist

die Korrelation der OCT Parameter mit Werten der fraktionellen Anisotropie (FA-Werten)

entlang des kortikospinalen Trakts (CST).

Zur Untersuchung unseres Probandenkollektives, das 71 ALS Patienten und 20 Kontroll-

personen umfasste, nutzten wir die optische Kohärenztomographie. Mit diesem Verfahren

stellten wird die einzelnen Retinaschichten im Bereich der Makula, mit einer Länge von

4,5 mm, dar. Anschließend wurden die Daten ausgewertet und wir analysierten die retinale

Nervenfaserschicht (RNFL), die Ganglienzellschicht, die innere plexiforme Schicht

(GCL+IPL), die innere Körnerschicht (INL), die äußere plexiforme Schicht (OPL), die

äußere Körnerschicht und die Schicht der Photorezeptoren (ONL+PR). Hierbei fand eine

Differenzierung in einen mittleren Bereich, mit einem Radius von 1,5 mm um die Fovea

und einen äußeren Bereich statt. Die diffusionsgewichtete Bildgebung (DTI), die bei 26

Patienten und 18 Kontrollen durchgeführt wurde, nutzte man, um eine Schädigung des

kortikospinalen Trakts anhand erniedrigter FA-Werte darzustellen und um diese anschlie-

ßend mit den OCT Daten zu korrelieren.

Mithilfe der OCT Untersuchung konnte eine signifikante Verschmälerung der RNFL, des

äußeren Teils der RNFL, der INL, des mittleren Bereiches der INL und des äußeren Teil-

stückes der gesamten Retina gezeigt werden. Bei getrennter Betrachtung des spinalen und

bulbären Verlaufstyps konnte innerhalb der RNFL, des äußeren Teils der RNFL und inner-

halb aller Teilebereiche der INL bei Patienten mit spinalen Erkrankungsbeginn eine signi-

Page 73: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Zusammenfassung

68

fikante Abnahme der Dicke nachgewiesen werden. Des Weiteren konnte kein Zusammen-

hang zwischen der Schwere der Erkrankung und der Erkrankungsdauer mit signifikanten

OCT Parametern dargestellt werden. Bei gesunden Probanden zeigte sich innerhalb der

RNFL und der GCL+IPL eine Abnahme der Schichtdicke mit dem Alter, innerhalb der

ONL+PR hingegen eine Verdickung. Bei ALS Patienten fand man diese negative Korrela-

tion nur innerhalb der GCL+IPL und bei Betrachtung der gesamten Retinadicke. Wenn

man die FA-Werte im unteren Teilbereich des CST mit den OCT Parametern in Verbin-

dung setzte, fand man innerhalb aller Schichten, ausgenommen der OPL, eine signifikante

positive Korrelation.

Eine Beteiligung der Retina bei ALS kann aufgrund des aktuellen Forschungsstandes nicht

sicher bestätigt werden, denn die wenigen Arbeiten hierzu lieferten kontroverse Ergebnis-

se. Jedoch überwiegt die Zahl der Studien, die eine Retinabeteiligung zeigten. Zu betonen

ist, dass unser Arbeit als erstes eine Unterscheidung zwischen spinalen und bulbären Ver-

lauf der Erkrankung machte. In Übereinstimmung mit unserer Studie zeigten die meisten

Arbeiten keinen Zusammenhang zwischen Erkrankungsdauer und ALSFRS-R mit den

OCT Parametern. Bezüglich der Korrelation mit dem Alter ist bekannt, dass es zu einer

Verdünnung der Retinaschicht mit steigendem Alter kommt, jedoch wurde dies bisher in

noch keiner Arbeit bei ALS Patienten untersucht. Die DTI Untersuchung zeigte, wie auch

viele vorherige Studien, eine Reduktion der FA-Werte entlang des CST. Die Korrelation

der FA-Werte mit OCT Parametern ist erstmalig in unserer Studie durchgeführt wurden.

Aufgrund dieser positiven Korrelation kann man schlussfolgern, dass die Veränderung

innerhalb der Retina als Teil des neurodegenerativen Prozesses bei ALS angesehen werden

muss. Limitierend bei dieser Arbeit ist, dass die Ursachen der Retinabeteiligung nur sehr

spekulativ sind, denn es liegen kaum histologische Untersuchungen vor. Außerdem wurden

die Probanden nicht augenärztlich untersucht, sodass die retinalen Veränderungen auch

durch andere Ursachen zustande hätte kommen können. Als weitere Schwäche ist zu nen-

ne, dass nur 26 von 71 Patienten einer MRT Untersuchung unterzogen wurden.

Thema zukünftiger Arbeiten muss es sein, Längsschnittstudien zu generieren, um den Ver-

lauf der Retinaveränderungen genauer beurteilen zu können. Auch histologisch Studien

müssen generiert werden, um die Retinabeteiligung zu bestätigen und um zu zeigen, wel-

che Zellen genau betroffen sind. Außerdem muss erforscht werden, inwieweit OCT alleine

oder in Kombination mit DTI als Biomarker genutzt werden kann, um frühzeitig eine Di-

agnose zu stellen, die Progression der Erkrankung zu überwachen und den Erfolg von neu-

en Therapieverfahren darzustellen.

Page 74: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Literaturverzeichnis

69

6 Literaturverzeichnis

1. Abudlla S, Machts J, Kaufmann J, Patrick K, Kollewe K, Dengler R, Heinze H, Petri S,

Vielhaber S and Nestor P J: Hippocampal degeneration in patients with amyotrophic lateral

sclerosis. Neurobiology of aging, 35: 2639-2645 (2014)

2. Adhi M, Aziz S, Muhammad K and Adhi M I: Macular thickness by age and gender in

healthy eyes using spectral domain optical coherence tomography. PLoS ONE, 7: e37638

(2012)

3. Agosta F, Pagani E, Rocca M A, Caputo D, Perini M, Salvi F, Prelle A and Filippi M:

Voxel-based morphometry study of brain volumetry and diffusivity in amyotrophic lateral

sclerosis patients with mild disability. Human brain mapping, 28: 1430-1438 (2007)

4. Agosta F, Valsasina P, Riva N, Copetti M, Messina M J, Prelle A, Comi G and Filippi

M: The cortical signature of amyotrophic lateral sclerosis. PLoS ONE, 7: e42816 (2012)

5. Alasil T, Wang K, Keane P A, Lee H, Baniasadi N, De Boer J F and Chen T C: Analysis

of normal retinal nerve fiber layer thickness by age, sex, and race using spectral domain

optical coherence tomography. Journal of glaucoma, 22: 532-541 (2013)

6. Alshikho M J, Zurcher N R, Loggia M L, Cernasov P, Chonde D B, Izquierdo Garcia D,

Yasek J E, Akeju O, Catana C, Rosen B R, Cudkowicz M E, Hooker J M and Atassi N:

Glial activation colocalizes with structural abnormalities in amyotrophic lateral sclerosis.

Neurology, 87: 2554-2561 (2016)

7. Appel S H, Zhao W, Beers D R and Henkel J S: The microglial-motoneuron dialogue in

ALS. Acta Myologica, 30: 4-8 (2011)

8. Bafiq R, Mathew, R, Pearce E, Abdel-Hey A, Richardson M, Bailey T and Sivaprasad S:

Age, Sex, and Ethnic Variations in Inner and Outer Retinal and Choroidal Thickness on

Spectral-Domain Optical Coherence Tomography. American Journal of Ophthalmology,

160: 1034-1043 (2015)

9. Baltadzhieva R, Gurevich T and Korczyn A D: Autonomic impairment in amyotrophic

lateral sclerosis. Current opinion in neurology, 18: 487-493 (2005)

10. Bosco D A, Morfini G, Karabacak N M, Song Y, Gros-Louis F, Pasinelli P, Goolsby

H, Fontaine B A, Lemay N, Mc Kenna-Yasek D, Frosch M P, Agar J N, Julien J P, Brady

S T and Brown R H: Wild-type and mutant SOD1 share an aberrant conformation and a

common pathogenic pathway in ALS. Nature neuroscience, 13: 1396-1403 (2010)

11. Braak H, Brettschneider J, Ludolph A C, Lee V M, Trojanowski J Q and Del Tredici

K: Amyotrophic lateral sclerosis--a model of corticofugal axonal spread. Nature Reviews

Neurology, 9: 708-714 (2013)

12. Brettschneider J, Toledo J B, Van Deerlin V M, Elman L, Mccluskey L, Lee V M and

Trojanowski J Q: Microglial activation correlates with disease progression and upper mo-

tor neuron clinical symptoms in amyotrophic lateral sclerosis. PLoS ONE, 7: e39216

(2012)

Page 75: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Literaturverzeichnis

70

13. Brooks B R: Clinical epidemiology of amyotrophic lateral sclerosis. Neurologic clinics,

14: 399-420 (1996)

14. Brooks B R: El Escorial World Federation of Neurology criteria for the diagnosis of

amyotrophic lateral sclerosis. Subcommittee on Motor Neuron Diseases/Amyotrophic Lat-

eral Sclerosis of the World Federation of Neurology Research Group on Neuromuscular

Diseases and the El Escorial "Clinical limits of amyotrophic lateral sclerosis" workshop

contributors. Journal of the neurological sciences, 124: 96-107 (1994)

15. Brooks B R, Miller R G, Swash M, Munsat T L and World Federation of Neurology

Research Group on Motor Neuron Diseases: revised criteria for the diagnosis of amyo-

trophic lateral sclerosis. Amyotrophic Lateral Sclerosis & Other Motor Neuron Disorders,

1: 293-299 (2000)

16. Burrell J R, Carpenter R H S, Hodges J R and Kiernan M C: Early saccades in amyo-

trophic lateral sclerosis. Amyotrophic Lateral sclerosis & Frontotemporal Degeneration,

14: 294-301 (2013)

17. Cameron J, Pal S, Davenport R, Dhillon B and Chandran S: Neuroretinal involvement

of ALS, assessed with optical coherence tomography (OCT). Amyotrophic Lateral Sclero-

sis and Frontotemporal Degeneration.Conference: 27th International Symposium on

ALS/MND.Ireland.Conference Start: 20161207.Conference End: 20161209: 216 (2016)

18. Caroscio J T, Mulvihill M N, Sterling R and Abrams B: Amyotrophic lateral sclerosis.

Its natural history. Neurologic clinics, 5: 1-8 (1987)

19. Cavallotti C, Artico M, Pescosolido N, Leali F M T and Feher J: Age-related changes

in the human retina. Canadian Journal of Ophthalmology, 39: 61-68 (2004)

20. Cedarbaum J M, Stambler N, Malta E, Fuller C, Hilt D, Thurmond B and Nakanishi A:

The ALSFRS-R: a revised ALS functional rating scale that incorporates assessments of

respiratory function. BDNF ALS Study Group (Phase III). Journal of the neurological sci-

ences, 169: 13-21 (1999)

21. Charcot J M and Joffreoy A: Deux cas d`atrophie musculaire progressive avec lesions

de la substance grise et des faesceaux anterolateraux de la moelle epiniere. Arch Physiol

Neurol Path, 354: 629-744 (1869)

22. Chio A, Pagani M, Agosta F, Calvo A, Cistaro A and Filippi M: Neuroimaging in am-

yotrophic lateral sclerosis: insights into structural and functional changes. Lancet Neurolo-

gy, 13: 1228-1240 (2014)

23. Chio A, Logroscino G, Hardiman O, Swingler R, Mitchell D, Beghi E, Traynor B G

and Eurals C: Prognostic factors in ALS: A critical review. Amyotrophic Lateral Sclerosis,

10: 310-323 (2009)

24. Choovuthayakorn J, Watanachai N, Chaikitmongkol V, Patikulsila D, Kunavisarut P

and Ittipunkul N: Macular thickness measured by spectral-domain optical coherence to-

mography in healthy Thai eyes. Japanese journal of ophthalmology, 56: 569-576 (2012)

Page 76: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Literaturverzeichnis

71

25. Coleman M: Axon degeneration mechanisms: commonality amid diversity. Nature

Reviews Neuroscience, 6: 889-898 (2005)

26. Costa J, Swash M and De Carvalho M: Awaji criteria for the diagnosis of amyotrophic

lateral sclerosis: a systematic review. Archives of Neurology, 69: 1410-1416 (2012)

27. Cubuk M, Kasim B, Kocluk Y and Sukgen E A: Effects of age and gender on macular

thickness in healthy subjects using spectral optical coherence tomography/scanning laser

ophthalmoscopy. International ophthalmology: 1-5 (2017)

28. De Carvalho M, Dengler R, Eisen A, England J D, Kaji R, Kimura J, Mills K,

Mitsumoto H, Nodera H, Shefner J and Swash M: Electrodiagnostic criteria for diagnosis

of ALS. Clinical Neurophysiology, 119: 497-503 (2008)

29. De Vos K J, Chapman A L, Tennant M E, Manser C, Tudor E L, Lau K, Brownlees J,

Ackerley S, Shaw P J, Mcloughlin D M, Shaw C E, Leigh P N, Miller C C J and Grierson

A J: Familial amyotrophic lateral sclerosis-linked SOD1 mutants perturb fast axonal

transport to reduce axonal mitochondria content. Human molecular genetics, 16: 2720-

2728 (2007)

30. Demirkaya N, Van Dijk H W, Van Schuppen S M, Abramoff M D, Garvin M K, Sonka

M, Schlingemann R O and Verbraak F D: Effect of age on individual retinal layer thick-

ness in normal eyes as measured with spectral-domain optical coherence tomography. In-

vestigative ophthalmology & visual science, 54: 4934-4940 (2013)

31. Donaghy C, Thurtell M J, Pioro E P, Gibson J M and Leigh R J: Eye movements in

amyotrophic lateral sclerosis and its mimics: a review with illustrative cases. Journal of

Neurology, Neurosurgery & Psychiatry, 82: 110-116 (2011)

32. Eisen A and Weber M: Neurophysiological evaluation of cortical function in the early

diagnosis of ALS. Amyotrophic Lateral Sclerosis & Other Motor Neuron Disorders, 1: 47-

51 (2000)

33. Elamin M, Phukan J, Bede P, Jordan N, Byrne S, Pender N and Hardiman O: Executive

dysfunction is a negative prognostic indicator in patients with ALS without dementia. Neu-

rology, 76: 1263-1269 (2011)

34. Eter N: Optical coherence tomography. Ophthalmologe, 101: 775-776 (2004)

35. Fawzi A, Simonet J, Purta P, Moss H, Lowry J, Deng H, Siddique N, Sufit R, Bigio E,

Volpe N and Siddique T: Clinicopathologic report of ocular involvement in ALS patients

with C9orf72 mutation. Amyotrophic Lateral Sclerosis and Frontotemporal Degeneration,

15: 569-580 (2014)

36. Fercher A F: Optical coherence tomography - development, principles, applications.

Zeitschrift fur Medizinische Physik, 20: 251-276 (2010)

37. Fischer-Hayes L R, Brotherton T and Glass J D: Axonal degeneration in the peripheral

nervous system: implications for the pathogenesis of amyotrophic lateral sclerosis. Exper-

imental neurology, 246: 6-13 (2013)

Page 77: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Literaturverzeichnis

72

38. Foerster B R, Carlos R C, Dwamena B A, Callaghan B C, Petrou M, Edden R A, Mo-

hamed M A, Welsh R C, Barker P B, Feldman E L and Pomper M G: Multimodal MRI as

a diagnostic biomarker for amyotrophic lateral sclerosis. Annals of clinical and translation-

al neurology, 1: 107-114 (2014)

39. Foerster B R, Dwamena B A, Petrou M, Carlos R C, Callaghan B C, Churchill C L,

Mohamed M A, Bartels C, Benatar M, Bonzano L, Ciccarelli O, Cosottini M, Ellis C M,

Ehrenreich H, Filippini N, Ito M, Kalra S, Melhem E R, Pyra T, Roccatagliata L, Senda J,

Sobue G, Turner M R, Feldman E L and Pomper M G: Diagnostic accuracy of diffusion

tensor imaging in amyotrophic lateral sclerosis: a systematic review and individual patient

data meta-analysis. Academic Radiology, 20: 1099-1106 (2013)

40. Foerster B R, Pomper M G, Callaghan B C, Petrou M, Edden R A E, Mohamed M A,

Welsh R C, Carlos R C, Barker P B and Feldman E L. : An imbalance between excitatory

and inhibitory neurotransmitters in amyotrophic lateral sclerosis revealed by use of 3-T

proton magnetic resonance spectroscopy. JAMA Neurology, 70: 1009-1016 (2013)

41. Gao H and Hollyfield J G: Aging of the human retina. Differential loss of neurons and

retinal pigment epithelial cells. Investigative ophthalmology & visual science, 33: 1-17

(1992)

42. Geevasinga N, Menon P, Howells J, Nicholson G A, Kiernan M C and Vucic S: Axon-

al ion channel dysfunction in c9orf72 familial amyotrophic lateral sclerosis. JAMA Neuro-

logy, 72: 49-57 (2015)

43. Geitzenauer W, Hitzenberger C K and Schmidt-Erfurth U M: Retinal optical coherence

tomography: past, present and future perspectives. British Journal of Ophthalmology, 95:

171-177 (2011)

44. Genovese C R, Lazar N A and Nichols T: Thresholding of statistical maps in functional

neuroimaging using the false discovery rate. NeuroImage, 15: 870-878 (2002)

45. Gorges M, Muller H P, Lule D, Del Tredici K, Brettschneider J, Keller J, Pfandl K,

Ludolph A C, Kassubek J and Pinkhardt E H: Eye Movement Deficits Are Consistent with

a Staging Model of pTDP-43 Pathology in Amyotrophic Lateral Sclerosis. PloS one, 10:

e0142546 (2015)

46. Gouveia L O and De Carvalho M: Young-onset sporadic amyotrophic lateral sclerosis:

a distinct nosological entity? Amyotrophic Lateral Sclerosis, 8: 323-327 (2007)

47. Graham J M, Papadakis N, Evans J, Widjaja E, Romanowski C A J, Paley M N J, Wal-

lis L I, Wilkinson I D, Shaw P J and Griffiths P D: Diffusion tensor imaging for the as-

sessment of upper motor neuron integrity in ALS. Neurology, 63: 2111-2119 (2004)

48. Grolez G, Moreau C, Danel-Brunaud V, Delmaire C, Lopes R, Pradat P F, El Mendili

M M, Defebvre L and Devos D: The value of magnetic resonance imaging as a biomarker

for amyotrophic lateral sclerosis: a systematic review. BMC Neurology, 16: 155 (2016)

49. Grover S, Murthy R K, Brar V S and Chalam K V: Normative data for macular thick-

ness by high-definition spectral-domain optical coherence tomography (spectralis). Ameri-

can Journal of Ophthalmology, 148: 266-271 (2009)

Page 78: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Literaturverzeichnis

73

50. Gupta P, Sidhartha E, Tham Y C, Chua D K P, Liao J, Cheng C, Aung T, Wong T Y

and Cheung C Y: Determinants of macular thickness using spectral domain optical coher-

ence tomography in healthy eyes: the Singapore Chinese Eye study. Investigative ophthal-

mology & visual science, 54: 7968-7976 (2013)

51. Hammad M, Silva A, Glass J, Sladky J T and Benatar M: Clinical, electrophysiologic,

and pathologic evidence for sensory abnormalities in ALS. Neurology, 69: 2236-2242

(2007)

52. Hardiman O, Van Den Berg L H and Kiernan M C.: Clinical diagnosis and manage-

ment of amyotrophic lateral sclerosis. Nature Reviews Neurology, 7: 639-649 (2011)

53. Hayashi H and Kato S: Total manifestations of amyotrophic lateral sclerosis. ALS in

the totally locked-in state. Journal of the neurological sciences, 93: 19-35 (1989)

54. Iglesias C, Sangari S, El Mendili M, Benali H, Marchand-Pauvert V and Pradat P:

Electrophysiological and spinal imaging evidences for sensory dysfunction in amyotrophic

lateral sclerosis. BMJ Open, 5: e007659 (2015)

55. Iwata N K, Aoki S, Okabe S, Arai N, Terao Y, Kwak S, Abe O, Kanazawa I, Tsuji S

and Ugawa Y: Evaluation of corticospinal tracts in ALS with diffusion tensor MRI and

brainstem stimulation. Neurology, 70: 528-532 (2008)

56. Kassubek J, Muller H P, Del Tredici K, Brettschneider J, Pinkhardt E H, Lule D, Bohm

S, Braak H and Ludolph A C: Diffusion tensor imaging analysis of sequential spreading of

disease in amyotrophic lateral sclerosis confirms patterns of TDP-43 pathology. Brain,

137: 1733-1740 (2014)

57. Keil C, Prell T, Peschel T, Hartung V, Dengler R and Grosskreutz J: Longitudinal dif-

fusion tensor imaging in amyotrophic lateral sclerosis. BMC Neuroscience, 13: 141 (2012)

58. Kiernan M C, Vucic S, Cheah B C, Turner M R, Eisen A, Hardiman O, Burrell J R and

Zoing M C: Amyotrophic lateral sclerosis. Lancet, 377: 942-955 (2011)

59. Koh V T, Tham Y, Cheung C Y, Wong W, Baskaran M, Saw S, Wong T Y and Aung

T: Determinants of ganglion cell-inner plexiform layer thickness measured by high-

definition optical coherence tomography. Investigative ophthalmology & visual science,

53: 5853-5859 (2012)

60. Krivickas L S: Amyotrophic lateral sclerosis and other motor neuron diseases. Physical

Medicine & Rehabilitation Clinics of North America, 14: 327-345 (2003)

61. Kunimatsu A, Aoki S, Masutani Y, Abe O, Hayashi N, Mori H, Masumoto T and

Ohtomo K: The optimal trackability threshold of fractional anisotropy for diffusion tensor

tractography of the corticospinal tract. Magnetic Resonance in Medical Sciences, 3: 11-17

(2004)

62. Lacomblez L, Bensimon G, Leigh P N, Guillet P, Powe L, Durrleman S, Delumeau J C

and Meininger V: A confirmatory dose-ranging study of riluzole in ALS. ALS/Riluzole

Study Group-II. Neurology, 47: 242-50 (1996)

Page 79: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Literaturverzeichnis

74

63. Le Bihan D, Mangin J F, Poupon C, Clark C A, Pappata S, Molko N and Chabriat H:

Diffusion tensor imaging: concepts and applications. Journal of Magnetic Resonance Im-

aging, 13: 534-546 (2001)

64. Lee J, Hyeon S J, Im H, Ryu H, Kim Y and Ryu H: Astrocytes and Microglia as Non-

cell Autonomous Players in the Pathogenesis of ALS. Experimental neurobiology, 25: 233-

240 (2016)

65. Leigh P N, Abrahams S, Al-Chalabi A, Ampong M A, Goldstein L H, Johnson J, LY-

ALL R, Moxham J, Mustfa N, Rio A, Shaw C, Willey E and King's MND Care and Re-

search Team: The management of motor neurone disease. Journal of Neurology, Neuro-

surgery & Psychiatry, 74: 32-47 (2003)

66. Liu C, Jiang R, Yi X, Zhu W and Bu B: Role of diffusion tensor imaging or magnetic

resonance spectroscopy in the diagnosis and disability assessment of amyotrophic lateral

sclerosis. Journal of the neurological sciences, 348: 206-210 (2015)

67. Logroscino G, Traynor B J, Hardiman O, Chio A, Mitchell D, Swingler R J, Millul A,

Benn E, Beghi E and Eural S: Incidence of amyotrophic lateral sclerosis in Europe. Journal

of Neurology, Neurosurgery & Psychiatry, 81: 385-390 (2010)

68. Ludolph A, Drory V, Hardiman O, Nakano I, Ravits J, Robberecht W, Shefner J and

WFN Research Group on ALS/MND: A revision of the El Escorial criteria - 2015. Amyo-

trophic Lateral sclerosis & Frontotemporal Degeneration, 16: 291-292 (2015)

69. Lule D, Burkhardt C, Abdulla S, Bohm S, Kollewe K, Uttner I, Abrahams S, Bak T H,

Petri S, Weber M and Ludolph A C: The Edinburgh Cognitive and Behavioural Amyo-

trophic Lateral Sclerosis Screen: a cross-sectional comparison of established screening

tools in a German-Swiss population. Amyotrophic Lateral sclerosis & Frontotemporal De-

generation, 16: 16-23 (2015)

70. Lule D, Diekmann V, Muller H, Kassubek J, Ludolph A C and Birbaumer N: Neu-

roimaging of multimodal sensory stimulation in amyotrophic lateral sclerosis. Journal of

Neurology, Neurosurgery & Psychiatry, 81: 899-906 (2010)

71. Lull M E and Block M L: Microglial activation and chronic neurodegeneration. Neuro-

therapeutics, 7: 354-365 (2010)

72. Lyall R A, Donaldson N, Polkey M I, Leigh P N and Moxham J: Respiratory muscle

strength and ventilatory failure in amyotrophic lateral sclerosis. Brain, 124: 2000-2013

(2001)

73. Macneil M A and Masland R H: Extreme diversity among amacrine cells: implications

for function. Neuron, 20: 971-982 (1998)

74. Maekawa S, Al-Sarraj S, Kibble M, Landau S, Parnavelas J, Cotter D, Everall I and

Leigh P N: Cortical selective vulnerability in motor neuron disease: a morphometric study.

Brain, 127: 1237-1251 (2004)

Page 80: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Literaturverzeichnis

75

75. Marschall S, Sander B, Mogensen M, Jorgensen T M and Andersen P E: Optical co-

herence tomography-current technology and applications in clinical and biomedical re-

search. Analytical & Bioanalytical Chemistry, 400: 2699-2720 (2011)

76. Maruyama H, Morino H, Ito H, Izumi Y, Kato H, Watanabe Y, Kinoshita Y, Kamada

M, Nodera H, Suzuki H, Komure O, Matsuura S, Kobatake K, Morimoto N, Abe K, Suzu-

ki N, Aoki M, Kawata A, Hirai T, Kato T, Ogasawara K, Hirano A, Takumi T, Kusaka H,

Hagiwara K, Kaji R and Kawakami H: Mutations of optineurin in amyotrophic lateral scle-

rosis. Nature, 465: 223-226 (2010)

78. Meier S L, Charleston A J and Tippett L J: Cognitive and behavioural deficits associat-

ed with the orbitomedial prefrontal cortex in amyotrophic lateral sclerosis. Brain, 133:

3444-3457 (2010)

79. Merico A and Cavinato M: Autonomic dysfunction in the early stage of ALS with

bulbar involvement. Amyotrophic Lateral Sclerosis, 12: 363-367 (2011)

80. Miller R G, Mitchell J D and Moore D H: Riluzole for amyotrophic lateral sclerosis

(ALS)/motor neuron disease (MND). Cochrane Database of Systematic Reviews, 3:

001447 (2012)

81. Mori S and Zhang J: Principles of diffusion tensor imaging and its applications to basic

neuroscience research. Neuron, 51: 527-539 (2006)

82. Moss H E, Samelson M, Mohan G, and Jiang Q L: High and Low Contrast Visual Acu-

ity Are Not Affected in Amyotrophic Lateral Sclerosis. PloS one, 11: e0168714 (2016)

83. Moss H E, Mccluskey L, Elman L, Hoskins K, Talman L, Grossman M, Balcer L J,

Galetta S L and Liu G T: Cross-sectional evaluation of clinical neuro-ophthalmic abnor-

malities in an amyotrophic lateral sclerosis population. Journal of the neurological scienc-

es, 314: 97-101 (2012)

84. Mueller H P, Unrath A, Sperfeld A D, Ludolph A C, Riecker A and Kassubek J: Diffu-

sion tensor imaging and tractwise fractional anisotropy statistics: quantitative analysis in

white matter pathology. Biomedical Engineering Online, 6: 42 (2007)

85. Muller H P and Kassubek J: Diffusion tensor magnetic resonance imaging in the analy-

sis of neurodegenerative diseases. Journal of Visualized Experiments, 77 (2013)

86. Muller H P, Unrath A, Huppertz H J, Ludolph A C and Kassubek J: Neuroanatomical

patterns of cerebral white matter involvement in different motor neuron diseases as studied

by diffusion tensor imaging analysis. Amyotrophic Lateral Sclerosis, 13: 254-264 (2012)

87. Muller H P, Unrath A, Ludolph AC and Kassubek J: Preservation of diffusion tensor

properties during spatial normalization by use of tensor imaging and fibre tracking on a

normal brain database. Physics in Medicine & Biology, 52: 99-109 (2007)

88. Munte T F, Troger M C, Nusser I, Wieringa B M, Johannes S, Matzke M and Dengler

R: Alteration of early components of the visual evoked potential in amyotrophic lateral

sclerosis. Journal of neurology, 245: 206-210 (1998)

Page 81: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Literaturverzeichnis

76

89. Nag T C and Wadhwa S: Ultrastructure of the human retina in aging and various patho-

logical states. Micron, 43: 759-781 (2012)

90. Nubling G S, Mie E, Bauer R M, Hensler M, Lorenzl S, Hapfelmeier A, Irwin D E,

Borasio G D and Winkler A S: Increased prevalence of bladder and intestinal dysfunction

in amyotrophic lateral sclerosis. Amyotrophic Lateral sclerosis & Frontotemporal Degen-

eration, 15: 174-179 (2014)

91. Ooto S, Hangai M, Sakamoto A, Tomidokoro A, Araie M, Otani T, Kishi S, Matsushita

K, Maeda N, Shirakashi M, Abe H, Takeda H, Sugiyama K, Saito H, Iwase A and Yoshi-

mura N: Three-dimensional profile of macular retinal thickness in normal Japanese eyes.

Investigative ophthalmology & visual science, 51: 465-473 (2010)

92. Ooto S, Hangai M and Yoshimura N: Effects of sex and age on the normal retinal and

choroidal structures on optical coherence tomography. Current eye research, 40: 213-225

(2015)

93. Petri S, Kollewe K, Grothe C, Hori A, Dengler R, Bufler J and Krampfl K: GABA(A)-

receptor mRNA expression in the prefrontal and temporal cortex of ALS patients. Journal

of the neurological sciences, 250: 124-132 (2006)

94. Petri S, Krampfl K, Hashemi F, Grothe C, Hori A, Dengler R and Bufler J: Distribution

of GABAA receptor mRNA in the motor cortex of ALS patients. Journal of Neuropatholo-

gy & Experimental Neurology, 62: 1041-1051 (2003)

95. Philips T and Rothstein J D: Glial cells in amyotrophic lateral sclerosis. Experimental

neurology, 262: 111-120 (2014)

96. Phukan J and Hardiman O: The management of amyotrophic lateral sclerosis. Journal

of neurology, 256: 176-186 (2009)

97. Phukan J, Elamin M, Bede P, Jordan N, Gallagher L, Byrne S, Lynch C, Pender N and

Hardiman O: The syndrome of cognitive impairment in amyotrophic lateral sclerosis: a

population-based study. Journal of Neurology, Neurosurgery & Psychiatry, 83: 102-108

(2012)

98. Piepers S, Van Den Berg J, Kalmijn S, Van Der Pol W, Wokke J H J, Lindeman E and

Van Den Berg L H: Effect of non-invasive ventilation on survival, quality of life, respirato-

ry function and cognition: a review of the literature. Amyotrophic Lateral Sclerosise, 7:

195-200 (2006)

99. Pierro L, Giatsidis S M, Mantovani E and Gagliardi M: Macular thickness interoperator

and intraoperator reproducibility in healthy eyes using 7 optical coherence tomography

instruments. American Journal of Ophthalmology, 150: 199-204 (2010)

100. Proudfoot M, Menke R A L, Sharma R, Berna C M, Hicks S L, Kennard C, Talbot K

and Turner M R: Eye-tracking in amyotrophic lateral sclerosis: A longitudinal study of

saccadic and cognitive tasks. Amyotrophic Lateral sclerosis & Frontotemporal Degenera-

tion, 17: 101-111 (2015)

Page 82: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Literaturverzeichnis

77

101. Rao H L, Kumar A U, Babu J G, Kumar A, Senthil S and Garudadri C S: Predictors

of normal optic nerve head, retinal nerve fiber layer, and macular parameters measured by

spectral domain optical coherence tomography. Investigative ophthalmology & visual sci-

ence, 52: 1103-1110 (2011)

102. Renton A E, Chio A and Traynor B J: State of play in amyotrophic lateral sclerosis

genetics. Nature neuroscience, 17: 17-23 (2014)

103. Ringelstein M, Albrecht P, Südmeyer M, Harmel J, Müller A, Keser N, Finis D, Fer-

rea S, Guthoff R, Schnitzler A, Hartung H, Methner A and Aktas O: Subtle retinal pathol-

ogy in amyotrophic lateral sclerosis. Annals of Clinical and Translational Neurology, 1:

290-297 (2014)

104. Rosen D, Boeke A and Bernard J: Retinal degeneration detectable by optical coher-

ence tomography as a potential biomarker for amyotrophic lateral sclerosis. Neurology, 86

(2016)

105. Roth N M, Saidha S, Zimmermann H, Brandt A U, Oberwahrenbrock T, Maragakis N

J, Tumani H, Ludolph A C, Meyer T, Calabresi P A and Paul F: Optical coherence tomog-

raphy does not support optic nerve involvement in amyotrophic lateral sclerosis. European

Journal of Neurology, 20: 1170-1176 (2013)

106. Rowland L P and Shneider N A: Amyotrophic lateral sclerosis. New England Journal

of Medicine, 344: 1688-1700 (2001)

107. Sage C A, Peeters R R, Gorner A, Robberecht W and Sunaert S: Quantitative diffu-

sion tensor imaging in amyotrophic lateral sclerosis. NeuroImage, 34: 486-499 (2007)

108. Sage C A, Van Hecke W, Peeters R, Sijbers J, Robberecht W, Parizel P, Marchal G,

Leemans A and Sunaert S: Quantitative diffusion tensor imaging in amyotrophic lateral

sclerosis: revisited. Human brain mapping, 30: 3657-3675 (2009)

109. Sarica A, Cerasa A, Vasta R, Perrotta P, Valentino P, Mangone G, Guzzi P H, Rocca

F, Nonnis M, Cannataro M and Quattrone A: Tractography in amyotrophic lateral sclerosis

using a novel probabilistic tool: a study with tract-based reconstruction compared to voxel-

based approach. Journal of neuroscience methods, 224: 79-87 (2014)

110. Sasaki S and Iwata M: Mitochondrial alterations in the spinal cord of patients with

sporadic amyotrophic lateral sclerosis. Journal of Neuropathology & Experimental Neurol-

ogy, 66: 10-16 (2007)

111. Schneider M, Muller H P, Lauda F, Tumani H, Ludolph A C, Kassubek J and Pink-

hardt E H: Retinal single-layer analysis in Parkinsonian syndromes: an optical coherence

tomography study. Journal of neural transmission, 121: 41-47 (2014)

112. Sharma R, Hicks S, Berna C M, Kennard C, Talbot K and Turner M R: Oculomotor

dysfunction in amyotrophic lateral sclerosis: a comprehensive review. Archives of Neurol-

ogy, 68: 857-861 (2011)

113. Shrier E, Adam C, Spund B, Glazman S and Bodis-Wollner I: Interocular Asymmetry

of Foveal Thickness in Parkinson Disease. Journal of Ophthalmology (2012)

Page 83: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Literaturverzeichnis

78

114. Simonett J M, Huang R, Siddique N, Farsiu S, Siddique T, Volpe N J and Fawzi A A:

Macular sub-layer thinning and association with pulmonary function tests in Amyotrophic

Lateral Sclerosis. Scientific reports, 6: 29187 (2016)

115. Sirohi K, Chalasani M L S, Sudhakar C, Kumari A, Radha V and Swarup G: M98K-

OPTN induces transferrin receptor degradation and RAB12-mediated autophagic death in

retinal ganglion cells. Autophagy, 9: 510-527 (2013)

116. Song W K, Lee S C, Lee E S, Kim C Y and Kim S S: Macular thickness variations

with sex, age, and axial length in healthy subjects: a spectral domain-optical coherence

tomography study. Investigative ophthalmology & visual science, 51: 3913-3918 (2010)

117. Sparks D L: The brainstem control of saccadic eye movements. Nature Reviews Neu-

roscience, 3: 952-964 (2002)

118. Spectralis Hardware Bedienungsanleitung. Heidelberg Engineering (2009)

119. Spectralis OCT Kurzanleitung. Heidleberg Engineering (2009)

120. Steele J C and Mcgeer P L: The ALS/PDC syndrome of Guam and the cycad hypoth-

esis. Neurology, 70: 1984-1990 (2008)

121. Stephens B, Guiloff R J, Navarrete R, Newman P, Nikhar N and Lewis P: Widespread

loss of neuronal populations in the spinal ventral horn in sporadic motor neuron disease. A

morphometric study. Journal of the neurological sciences, 244: 41-58 (2006)

122. Sutedja N A, Van der Schouw Y T, Fischer K, Sizoo E M, Huisman M H, Veldink J

H and Van Den Berg L H: Beneficial vascular risk profile is associated with amyotrophic

lateral sclerosis. Journal of Neurology, Neurosurgery & Psychiatry, 82: 638-642 (2011)

123. Tallon C, Russell K A, Sakhalkar S, Andrapallayal N and Farah M H: Length-

dependent axo-terminal degeneration at the neuromuscular synapses of type II muscle in

SOD1 mice. Neuroscience, 312: 179-189 (2016)

124. Thivard L, Pradat P, Lehericy S, Lacomblez L, Dormont D, Chiras J, Benali H and

Meininger V: Diffusion tensor imaging and voxel based morphometry study in amyo-

trophic lateral sclerosis: relationships with motor disability. Journal of Neurology, Neuro-

surgery & Psychiatry, 78: 889-892 (2007)

125. Traynor B J, Zhang H, Shefner J M, Schoenfeld D, Cudkowicz M E and Neals C:

Functional outcome measures as clinical trial endpoints in ALS. Neurology, 63: 1933-1935

(2004)

126. Turner M R and Modo M: Advances in the application of MRI to amyotrophic lateral

sclerosis. Expert opinion on medical diagnostics, 4: 483-496 (2010)

127. Turner M R and Kiernan M C: Does interneuronal dysfunction contribute to neuro-

degeneration in amyotrophic lateral sclerosis?. Amyotrophic Lateral Sclerosis, 13: 245-250

(2012)

Page 84: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Literaturverzeichnis

79

128. Ueda K, Kanamori A, Akashi A, Tomioka M, Kawaka Y and Nakamura M: Effects of

Axial Length and Age on Circumpapillary Retinal Nerve Fiber Layer and Inner Macular

Parameters Measured by 3 Types of SD-OCT Instruments. Journal of glaucoma, 25: 383-

389 (2016)

129. Van Den Berg J P, Kalmijn S, Lindeman E, Veldink J H, De Visser M, Van der

Graaff M M, Wokke J H and Van Den Berg L H: Multidisciplinary ALS care improves

quality of life in patients with ALS. Neurology, 65: 1264-1267 (2005)

130. Varma R, Bazzz S and Lai M: Optical tomography-measured retinal nerve fiber layer

thickness in normal latinos. Investigative ophthalmology & visual science, 44: 3369-3373

(2003)

131. Visser J, Van Den Berg-Vos R M, Franssen H, Van Den Berg L H, Wokke J H, De

Jong J M, Holman R, De Haan R J and De Visser M: Disease course and prognostic factors

of progressive muscular atrophy. Archives of Neurology, 64: 522-528 (2007)

132. Volpe N J, Simonett J, Fawzi A A and Siddique T: Ophthalmic Manifestations of

Amyotrophic Lateral Sclerosis (An American Ophthalmological Society Thesis). Transac-

tions of the American Ophthalmological Society, 113: 12 (2015)

133. Vucic S, Cheah B C and Kiernan M C: Defining the mechanisms that underlie cortical

hyperexcitability in amyotrophic lateral sclerosis. Experimental neurology, 220: 177-182

(2009)

134. Vucic S and Kiernan M C: Novel threshold tracking techniques suggest that cortical

hyperexcitability is an early feature of motor neuron disease. Brain, 129: 2436-2446 (2006)

135. Wagner-Schuman M, Dubis A M, Nordgren R N, Lei Y, Odell D, Chiao H, Weh E,

Fischer W, Sulai Y, Dubra A and Carroll J: Race- and sex-related differences in retinal

thickness and foveal pit morphology. Investigative ophthalmology & visual science, 52:

625-634 (2011)

136. Walling A D: Amyotrophic lateral sclerosis: Lou Gehrig's disease. American Family

Physician, 59: 1489-1496 (1999)

137. Wassle H: Parallel processing in the mammalian retina. Nature Reviews Neurosci-

ence, 5: 747-757 (2004)

138. Weis J, Katona I, Muller-Newen G, Sommer C, Necula G, Hendrich C, Ludolph A C

and Sperfeld A D: Small-fiber neuropathy in patients with ALS. Neurology, 76: 2024-2029

(2011)

139. Welsch U: Lehrbuch Histologie. Männchen: Elsevier, Urban & Fischer: 581-589

(2014)

140. Wexler A, Sand T and Elsas T B: Macular thickness measurements in healthy Norwe-

gian volunteers: an optical coherence tomography study. BMC Ophthalmology, 10: 13

(2010)

Page 85: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Literaturverzeichnis

80

141. Wijesekera L C and Leigh P N: Amyotrophic lateral sclerosis. Orphanet Journal Of

Rare Diseases, 4: 3 (2009)

142. Worms P M: The epidemiology of motor neuron diseases: a review of recent studies.

Journal of the neurological sciences, 191: 3-9 (2001)

143. Zhang Y, Schuff N, Woolley S C, Chiang G C, Boreta L, Laxamana J, Katz J S and

Weiner M W: Progression of white matter degeneration in amyotrophic lateral sclerosis: A

diffusion tensor imaging study. Amyotrophic Lateral Sclerosis, 12: 421-429 (2011)

144. Zoccolella S, Beghi E, Palagano G, Fraddosio A, Guerra V, Samarelli V, Lepore V,

Simone I L, Lamberti P, Serlenga L, Logroscino G and Slap R: Analysis of survival and

prognostic factors in amyotrophic lateral sclerosis: a population based study. Journal of

Neurology, Neurosurgery & Psychiatry, 79: 33-37 (2008)

Page 86: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Anhang

81

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abbildung1: OCT Gerät (optische Kohärenztomographie) ................................................ 17

Abbildung 2: Untersuchung am OCT Gerät (optische Kohärenztomographie) .................. 19

Abbildung 3: Querschnittsbilder der Retina mit semiautomatischer Grauwerterkennung.. 20

Abbildung 4: Querschnittsbilder der Retina mit manuell angefärbten Schichten ............... 21

Abbildung 5: Gliederung Retinaquerschnitt in verschiedene Bereiche............................... 22

Abbildung 6: sagittale Schnitte des Gehirns mit orangen Cluster und ROI ........................ 26

Abbildung 7: Vergleich der Schichtdickenmittelwerte ....................................................... 27

Abbildung 8: RNFL (retinale Nervenfaserschicht) - Vergleich zwischen Patienten und

Kontrollen ............................................................................................................................ 28

Abbildung 9: INL (innere Körnerschicht) - Vergleich zwischen Patienten und Kontrollen29

Abbildung 10: Mittelwertvergleich der einzelnen Schichten zwischen Patienten und

Kontrollen ............................................................................................................................ 32

Abbildung 11: RNFL (retinale Nervenfaserschicht) - ein Vergleich zwischen spinalem,

bulbärem Krankheitsbeginn und gesunden Kontrollen ....................................................... 34

Abbildung 12: INL (innere Körnerschicht) - ein Vergleich zwischen Patienten mit spinalen

Erkrankungsbeginn und gesunden Kontrollen .................................................................... 35

Abbildung 13: Mittelwertvergleich der einzelnen Schichten zwischen spinalen/bulbären

Verlaufstyp und Kontrollen ................................................................................................. 38

Abbildung 14: Negative Korrelation zwischen Alter der Patienten und Schichtdicke ....... 40

Abbildung 15: FA-Mittelwertvergleich zwischen Patienten und Kontrollen für 3 Bereiche

entlang des CST ................................................................................................................... 44

Page 87: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Anhang

82

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Eigenschaften der Patienten und Kontrollpersonen (optische

Kohärenztomographie) ........................................................................................................ 14

Tabelle 2: Eigenschaften der Patienten und Kontrollpersonen (Diffusions-Tensor-

Bildgebung) ......................................................................................................................... 15

Tabelle 3: Koordinaten der ROI entlang des CST ............................................................... 25

Tabelle 4: Ergebnisse der OCT Analyse ............................................................................. 31

Tabelle 5: Ergebnisse der OCT Analyse für spinalen und bulbären Verlaufstyp ............... 37

Tabelle 6: Korrelation zwischen Alter und Retinaschichtdicke .......................................... 41

Tabelle 7: Korrelation zwischen Erkrankungsdauer und Retinaschichtdicke ..................... 43

Tabelle 8: Korrelation zwischen FA-Mittelwerten und Retinaschichtdicke ....................... 46

Page 88: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Anhang

83

Danksagung

Danksagung aus Gründen des Datenschutzes entfernt

Page 89: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Anhang

84

Lebenslauf

Lebenslauf aus Gründen des Datenschutzes entfernt

Page 90: Retinale Beteiligung bei amyotropher Lateralsklerose: eine

Anhang

85

Lebenslauf aus Gründen des Datenschutzes entfernt