7
Gefässchirurgie 2014 · 19:237–243 DOI 10.1007/s00772-014-1316-z Online publiziert: 8. Mai 2014 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 H. Ebner 1  · J.A. Ebner 2 1   Terlan 2  Abteilung Gefäß- und Thoraxchirurgie, Zentralkrankenhaus Bozen Rezidivraten nach  Varizenoperation Eine kritische Analyse Bei Vorträgen und in der Literatur wird häufig über Rezidivraten nach Varizen- operationen zwischen 6 und 80% berich- tet. Diese Variabilität wird in der Regel ohne weitere Spezifikation angegeben und vermittelt dadurch den Eindruck einer be- sonders hohen und in der Chirurgie ein- zigartigen Rezidivrate und Variabilität. Nur eine aufmerksame Analyse der Lite- ratur und eine kritische Beurteilung der eigenen Ergebnisse erlauben eine Diffe- renzierung und zeigen auf, dass eine der- artige Pauschalierung das Problem der Rezidive nach Varizenoperationen nicht beschreibt, sondern eher verschleiert. Auch die wenigen Metaanalysen der Cochrane Library [2, 21, 23, 32] sind nicht besonders hilfreich, da unter anderem die Qualität der Evidenz von geringen Fall- zahlen, kurzen Nachbeobachtungszeiten und Indirektheit (Verwendung von Er- satzergebnissen) eingeschränkt wird [21]. Alle Autoren [2, 21, 23, 32] sind der Mei- nung, dass mehr randomisierte Studien notwendig wären und Nesbitt [23] for- dert eine Vereinheitlichung der Daten- erhebung und -auswertung, um in Zu- kunft genauere Metaanalysen durchfüh- ren zu können. Immer wieder hört man bei Vorträgen oder liest in wissenschaftlichen Beiträgen [3, 8, 13, 17, 20, 25, 29, 30], dass die Re- zidivrate nach Varizenoperationen zwi- schen 6%, öfters 20%, und 80% liegt. Häu- fig wird bei der Nennung dieser Rezidiv- raten die Zeitspanne des Auftretens nicht genannt [17, 20, 25, 29]. Abhängigkeit vom Nachbeobachtungszeitraum Dabei spielt die Zeitspanne des Follow-up eine entscheidende Rolle. Schon von der Pathophysiologie der Krampfaderentste- hung wissen wir, dass der Prozess nicht akut abläuft, sondern chronisch über Jah- re zu Krampfadern führt und die Häufig- keit der Varizen mit dem Alter zunimmt [19]. Dementsprechend ist auch nicht zu erwarten, dass bei ein- bis zweijähri- gen Nachbeobachtungszeiten die effek- tive Rezidivrate offensichtlich wird. Im Gegenteil, ein so kurzer Zeitraum sollte nicht zu Technikvergleichen herangezo- gen werden, da dieser nicht aussagekräf- tig genug ist. Interessant ist in diesem Zusammen- hang der Bericht aus der Arbeitsgruppe von Fischer et al. [12], die nach 3, 6 und 34 Jahren im selben Krankengut eine Re- zidivrate von respektiven 6,5, 24,4 und 60% fand. Folglich ist eine Zunahme der Rezidivhäufigkeit mit der Zunahme des Nachbeobachtungszeitraums zu erwar- ten. Erste klinische Zeichen einer Rezidiv- varikose treten im Mittel nach 6,3 +/- 5,3 Jahren nach Erstbehandlung auf [14]. Nach langen Beobachtungszeiträumen sind allerdings oft nicht mehr alle Patien- ten für eine Kontrolle erreichbar. Gerade diese nicht erreichbaren Pa- tienten stellen ein nicht unbedeutendes Problem bei der Bewertung der Ergeb- nisse im Langzeitverlauf dar. Nachunter- suchungsraten von lediglich 30 bis 50% werden als normal betrachtet [26]. Die- se werden auch nicht immer angegeben (. Tab. 1), und nehmen mit der Zunah- me der Nachbeobachtungszeit ab. Allerdings wird auch über 80 bis 100% [1, 4, 6, 7, 9, 29, 33, 34] erreichte Patienten berichtet. Dies ist wohl bei kurzen Nach- beobachtungszeiten in randomisierten Studien [1, 4, 6, 29, 33, 34], nicht aber bei Langzeituntersuchungen nachvollziehbar (.  Tab. 1). Erfahrungsgemäß ist nach langen Zeitspannen so mancher Patient umgezogen oder verstorben. Es liegt auf der Hand, dass die Aussa- gekraft einer Studie mit vielen verlorenen Patienten beschränkt ist. Erstens, weil ge- rade Patienten, die nicht mehr zur Nach- kontrolle kommen, häufig mit der Be- handlungsmethode unzufrieden sind; zweitens, weil der Status des verlorenen Patienten nicht mehr dokumentierbar ist. Dementsprechend ist eigentlich eine hö- here, als die angegebene Rezidivrate zu er- warten, proportional zum Prozentsatz der verlorenen Patienten. Besonders verglei- chende Untersuchungen sind deshalb mit den gegebenen Einschränkungen zu be- werten. Die Art der Diagnostik beeinflusst die Ergebnisse Unterschiedliche Rezidivraten ergeben sich in Abhängigkeit der gewählten diag- nostischen Methode. So fanden Fischer et al. [12] 36% Rezidive bei alleiniger Be- Phlebologie Widmung Herrn Dr. Dusan Dragojevic zum 80. Geburtstag  gewidmet. 237 Gefässchirurgie 3 · 2014|

Rezidivraten nach Varizenoperation; Recurrence rates after varicose vein surgery;

  • Upload
    ja

  • View
    215

  • Download
    1

Embed Size (px)

Citation preview

Gefässchirurgie 2014 · 19:237–243DOI 10.1007/s00772-014-1316-zOnline publiziert: 8. Mai 2014© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

H. Ebner1 · J.A. Ebner2

1  Terlan2 Abteilung Gefäß- und Thoraxchirurgie, Zentralkrankenhaus Bozen

Rezidivraten nach VarizenoperationEine kritische Analyse

Bei Vorträgen und in der Literatur wird häufig über Rezidivraten nach Varizen-operationen zwischen 6 und 80% berich-tet. Diese Variabilität wird in der Regel ohne weitere Spezifikation angegeben und vermittelt dadurch den Eindruck einer be-sonders hohen und in der Chirurgie ein-zigartigen Rezidivrate und Variabilität. Nur eine aufmerksame Analyse der Lite-ratur und eine kritische Beurteilung der eigenen Ergebnisse erlauben eine Diffe-renzierung und zeigen auf, dass eine der-artige Pauschalierung das Problem der Rezidive nach Varizenoperationen nicht beschreibt, sondern eher verschleiert.

Auch die wenigen Metaanalysen der Cochrane Library [2, 21, 23, 32] sind nicht besonders hilfreich, da unter anderem die Qualität der Evidenz von geringen Fall-zahlen, kurzen Nachbeobachtungszeiten und Indirektheit (Verwendung von Er-satzergebnissen) eingeschränkt wird [21]. Alle Autoren [2, 21, 23, 32] sind der Mei-nung, dass mehr randomisierte Studien notwendig wären und Nesbitt [23] for-dert eine Vereinheitlichung der Daten-erhebung und -auswertung, um in Zu-kunft genauere Metaanalysen durchfüh-ren zu können.

Immer wieder hört man bei Vorträgen oder liest in wissenschaftlichen Beiträgen [3, 8, 13, 17, 20, 25, 29, 30], dass die Re-zidivrate nach Varizenoperationen zwi-schen 6%, öfters 20%, und 80% liegt. Häu-fig wird bei der Nennung dieser Rezidiv-raten die Zeitspanne des Auftretens nicht genannt [17, 20, 25, 29].

Abhängigkeit vom Nachbeobachtungszeitraum

Dabei spielt die Zeitspanne des Follow-up eine entscheidende Rolle. Schon von der Pathophysiologie der Krampfaderentste-hung wissen wir, dass der Prozess nicht akut abläuft, sondern chronisch über Jah-re zu Krampfadern führt und die Häufig-keit der Varizen mit dem Alter zunimmt [19]. Dementsprechend ist auch nicht zu erwarten, dass bei ein- bis zweijähri-gen Nachbeobachtungszeiten die effek-tive Rezidivrate offensichtlich wird. Im Gegenteil, ein so kurzer Zeitraum sollte nicht zu Technikvergleichen herangezo-gen werden, da dieser nicht aussagekräf-tig genug ist.

Interessant ist in diesem Zusammen-hang der Bericht aus der Arbeitsgruppe von Fischer et al. [12], die nach 3, 6 und 34 Jahren im selben Krankengut eine Re-zidivrate von respektiven 6,5, 24,4 und 60% fand. Folglich ist eine Zunahme der Rezidivhäufigkeit mit der Zunahme des Nachbeobachtungszeitraums zu erwar-ten. Erste klinische Zeichen einer Rezidiv-varikose treten im Mittel nach 6,3 +/- 5,3 Jahren nach Erstbehandlung auf [14].Nach langen Beobachtungszeiträumen sind allerdings oft nicht mehr alle Patien-ten für eine Kontrolle erreichbar.

Gerade diese nicht erreichbaren Pa-tienten stellen ein nicht unbedeutendes Problem bei der Bewertung der Ergeb-nisse im Langzeitverlauf dar. Nachunter-suchungsraten von lediglich 30 bis 50% werden als normal betrachtet [26]. Die-se werden auch nicht immer angegeben

(. Tab. 1), und nehmen mit der Zunah-me der Nachbeobachtungszeit ab.

Allerdings wird auch über 80 bis 100% [1, 4, 6, 7, 9, 29, 33, 34] erreichte Patienten berichtet. Dies ist wohl bei kurzen Nach-beobachtungszeiten in randomisierten Studien [1, 4, 6, 29, 33, 34], nicht aber bei Langzeituntersuchungen nachvollziehbar (. Tab. 1). Erfahrungsgemäß ist nach langen Zeitspannen so mancher Patient umgezogen oder verstorben.

Es liegt auf der Hand, dass die Aussa-gekraft einer Studie mit vielen verlorenen Patienten beschränkt ist. Erstens, weil ge-rade Patienten, die nicht mehr zur Nach-kontrolle kommen, häufig mit der Be-handlungsmethode unzufrieden sind; zweitens, weil der Status des verlorenen Patienten nicht mehr dokumentierbar ist. Dementsprechend ist eigentlich eine hö-here, als die angegebene Rezidivrate zu er-warten, proportional zum Prozentsatz der verlorenen Patienten. Besonders verglei-chende Untersuchungen sind deshalb mit den gegebenen Einschränkungen zu be-werten.

Die Art der Diagnostik beeinflusst die Ergebnisse

Unterschiedliche Rezidivraten ergeben sich in Abhängigkeit der gewählten diag-nostischen Methode. So fanden Fischer et al. [12] 36% Rezidive bei alleiniger Be-

Phlebologie

WidmungHerrn Dr. Dusan Dragojevic zum 80. Geburtstag gewidmet.

237Gefässchirurgie 3 · 2014  | 

fragung der Patienten, 47% bei der klini-schen Untersuchung und 60% bei der Du-plexuntersuchung.

In unserem Krankengut bei 400 nach-untersuchten Patienten nach Radikalope-ration nach Babcock und Cockett gaben 27,1% der Patienten Beschwerden und/oder erneute Varizen an. Bei der klini-schen Untersuchung fanden wir jedoch eine „Rezidivvarikosis“ bei 45,5%, mit dem Duplex bei 66,5% der Patienten nach einer mittleren Nachbeobachtungs-zeit von 120±21 Monaten [7].

Mit dem Duplex finden sich zwischen neun und 15% mehr Rezidive als mit der alleinigen klinischen Untersuchung [12, 17, 29, 31]. Die Wertigkeit dieser zusätz-lichen Befunde ist allerdings fraglich, da häufig klinisch nicht sichtbare und sub-

jektiv irrelevante Rezidive gefunden wer-den. In unserem Krankengut betrug die-ser Prozentsatz 20%.

So ist eine Neovaskularisation Typ B1 nach Fischer (. Abb. 1) ohne sichtbares und symptomatisches Rezidiv vernachläs-sigbar. In diesem Zusammenhang ist zu fragen, ob bei der Definition der Rezidiv-varize nicht so sehr der morphologisch/bildgebende Befund als vielmehr das be-handlungsbedürftige Rezidiv bei der Be-stimmung der Rezidivrate, im Sinne eines Misserfolges bzw. einer fehlerhaften Tech-nik, herangezogen werden sollte.

Wie nämlich die Arbeiten von Blom-gren Fischer, Pares und die eigene Erfah-rung zeigen, fanden sich wohl bei 60, 57, 65 und 65,5% der Patienten pathologische Duplexbefunde. Die Indikation zum Re-eingriff wurde aber lediglich bei respekti-ve 22, 27, 22,2 und 24,1% der Fälle gestellt. In diese Richtung wies auch das Statement der Consensus Conference 2000 [30], die empfahl, den Duplexbefund in Abhängig-keit der klinischen Relevanz zu bewerten.

Unabhängig von diesen Überlegungen sollte bei der Nennung der Rezidivrate die diagnostische Methode und der Nachbe-obachtungszeitraum angegeben werden.

Hohe Variabilität der verwendeten Duplexparameter

Ein weiteres Problem bei der Bestim-mung der Rezidivrate stellt die hohe Va-riabilität der verwendeten Duplexpara-meter dar. Diese variieren zwischen 2, ≥3, 4 und ≥5 mm Durchmesser als Diskrimi-nante für die Diagnose einer Rezidivva-rize [3, 5, 10, 11, 17, 29, 31, 39, 40]. Dabei fällt auf, dass größere Gefäßdurchmesser von ≥5 mm als Diskriminante für Unter-suchungen der CHIVA-Technik (Conser-vative Haemodynamic cure of Incompe-tent and Varicose veins in Ambulatory Pa-tients) gewählt wurden [5, 29, 40].

Auch die Definition eines pathologi-schen Refluxes an der Crosse ist unein-heitlich und wird meistens mit 0,5, aber auch mit 1 s [6] oder 3 s [1] angegeben. Nicht alle Autoren geben Richtwerte an [5, 10, 12, 29]. Die Consensus Conference 2000 [30] empfiehlt lediglich, den Reflux in Zusammenhang mit der Klinik zu be-werten.

Feststellung eines Rezidivs – unterschiedliche Endpunkte

Es besteht ein entscheidender Unter-schied, ob für die Diagnose eines „Vari-zenrezidivs“ der klinische Befund als End-punkt [16, 29, 31, 34] oder ob dies in Kom-bination mit einer Dopplerbestätigung er-folgt. Auch ist die Doppleruntersuchung alleine problematisch [4, 12], ebenso wenn klinischer und dopplersonographischer Endpunkt gesplittet werden [5, 29, 40]. Wenige Autoren beziehen bei der Bewer-tung die Symptomatik des Patienten ein [11, 35].

Auf die Zunahme der Rezidivbefun-de durch die Duplexuntersuchung wurde schon hingewiesen. Die alleinige klinische Untersuchung zur Rezidivbestimmung bedarf einer gesonderten Überlegung.

Auch wenn diese Methodik mit der Einführung der Duplex-Technik überholt zu sein scheint, wird dieses Kriterium bei Nachuntersuchungen noch als primärer Endpunkt für vergleichende Studien he-rangezogen [5, 29, 40]. Es erübrigt sich wohl die Feststellung, dass klinisch weder der Durchmesser eines Gefäßes genau be-stimmt, noch die Situation und Kausalität in der Tiefe bei nicht sichtbaren oder pal-pablen Venen beurteilt werden kann.

Aufgrund der heutigen Kenntnisse ist eine alleinige klinische Untersuchung zur Rezidivbestimmung nicht ausreichend.Dies gilt insbesondere wenn man die Einteilung von Hobbs [16] aus dem Jah-re 1974 übernimmt, der das Ergebnis in „cured, improved and failure“ unterteilte und diese mit „keinerlei Varizen; gering sichtbare Varizen ± Symptome; bzw. keine Besserung oder Verschlechterung der Va-rizen oder Symptome im Vergleich zum präoperativen Befund“ beschrieb. Daran ändert auch die Verfeinerung der Eintei-lung durch Hinzunahme von Varizen-durchmessern (±5 mm!) nichts, die nur

Tab. 1  Nachbeobachtungszeitraum und Anteil (in Prozent) der nicht erreichten Patienten

Autor Monate Follow-up % Lost in follow up

[4, 6] 4, 12 0,15

[31, 35, 7, 9, 37, 34, 29, 20, 18, 10]

24, 24, 24, 36, 48, 60, 60, 60, 60, 60

9, 10, 39, 9, X, 0, 4, 16, 29, 47

[16, 2, 7, 5, 16, 2, 7, 5, 1] 72, 96, 120, 120, 120 X, 60, 11, 17, 20

[12] 408 87FU Follow-up, X keine Angaben, 0 keinen Patienten verloren.

Tab. 2  Auflistung der gefundenen the-rapeutischen Alternativen, die zu einer „Rezidivvarikosis“ geführt haben. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit

– Keine Krossektomie

– Krossektomie alleine

– Krossektomie und Stripping VSM bis über das Knie

– Krossektomie und Stripping VSM bis unter das Knie

– Krossektomie und Stripping und Perforans-ligaturen

– CHIVA

– ASVAL

– Sklerotherapie

– Schaumsklerotherapie

– Chirurgie und Sklerotherapie mit/ohne Schaum

– Laserablation

– Kryoablation

– Thermoablation

– Extraluminale AngioplastieASVAL ambulatory selective varices ablation under local anesthesia, CHIVA conservative haemody-namic cure of incompetent and varicose veins in ambulatory patients.

238 |  Gefässchirurgie 3 · 2014

Phlebologie

Zusammenfassung · Abstract

Gefässchirurgie 2014 · 19:237–243   DOI 10.1007/s00772-014-1316-z© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

H. Ebner · J.A. EbnerRezidivraten nach Varizenoperation. Eine kritische Analyse

ZusammenfassungHintergrund.  Häufig werden nach Varizen-operationen Rezidivraten zwischen 6 und 80% ohne nähere Spezifikation angegeben. Eine derartige Pauschalierung beschreibt und defi-niert in keiner Weise das komplexe Problem der „Rezidivvarikosis“. Hinzu kommt, dass die Qua-lität der Evidenz in vielen Arbeiten aufgrund von geringen Fallzahlen, kurzen Nachbeobach-tungszeiten und Indirektheit (Verwendung von Ersatzergebnissen) eingeschränkt wird. 

Die Inzidenz der „Rezidivvarikosis“ unter-liegt einer hohen Variabilität, die von einer Rei-he von Variablen wie Nachbeobachtungszeit-raum, Anzahl der verlorenen Patienten, Art der Diagnostik, Parameter der instrumentellen Do-kumentation, Neovaskularisation mit oder oh-ne abhängiger Varikose, Kriterien für die Fest-stellung eines Rezidivs, gewählter Klassifika-tion, Definition der „Rezidivvarikosis“ und klini-scher Wertigkeit bestimmt wird. Kurze Nachbe-obachtungszeiträume erfassen die reale Rezi-divrate nicht. Bei langen hingegen wächst die Zahl der verlorenen Patienten, und die Verläss-lichkeit der Daten verschlechtert sich. Auch die Art der Diagnostik beeinflusst die Ergebnisse.Fragestellung.  Welche sind die möglichen Va-riablen, die derart unterschiedliche Rezidivra-ten nach Varizenoperationen von 6% bis 80% erklären können?

Material und Methoden.  Neben den Ergeb-nissen einer eigenen Studie wurden auch die Daten der wissenschaftlichen Literatur kritisch in Bezug auf den Einfluss möglicher Variab-len auf die Rezidivraten nach Varizenoperatio-nen analysiert.Ergebnisse.  Klinische Untersuchungen unter-schätzen die Inzidenz der klinisch  relevanten „Rezidivvarikosis“, Duplexuntersuchungen überschätzen sie. Ein Splitten der Ergebnisse in diese beiden Endpunkte verfälscht die Resulta-te. Eine einheitliche Datenerhebung fehlt. Sel-ten wird auch auf die symptomatische „Rezi-divvarize“ eingegangen. Die als Diskriminante verwendeten Duplexparameter variieren zwi-schen 2 und 5 mm für einen pathologischen Venendurchmesser; pathologische Reflu-xe werden für die Dauer von 0,5, 1 oder sogar 3 s angenommen. Dementsprechend unter-schiedlich fallen die Rezidivraten aus. Die Viel-falt der angewandten Techniken und die zu-weilen fehlende Pathomorphologie der erst-operierten Varizen erschweren eine zuverlässi-ge Übersicht. In der Diskussion zum Nachweis, zur Klassifizierung und zur klinischen Korrela-tion der Neovaskularisation wurde noch kein gemeinsamer Nenner gefunden, was sich in unterschiedlichen Prozentsätzen niederschlägt. Dazu trägt auch die Vielzahl an Klassifikationen 

der „Rezidivvarikosis“ bei. Eine Überarbeitung und Vereinheitlichung der verschiedenen Klas-sifikationen wäre sinnvoll.Schlussfolgerung.  Eine geänderte Nomen-klatur wird vorgeschlagen, die den Begriff „Re-zidiv“ auf die an der operierten Stelle wieder aufgetretenen Varizen beschränkt. Unter dem Überbegriff VANAT (Varizen nach Therapie) werden Rezidiv- (wahre Rezidive), Residual- und Rekurrentvarizen zusammengefasst. Das Fortschreiten der varikösen Erkrankung (Rekur-rentvarizen, „progressive varices“) wird nicht von allen Autoren berücksichtigt. In Anbetracht der aufgezeigten Variablen, der unterschiedli-chen Datenerhebung und -bewertung sowie des Aufkommens der endovaskulären Techni-ken, der sog. hämodynamischen Chirurgie und der Schaumsklerosierung ist eine neue Kon-sensuskonferenz notwendig. Eine Vereinheit-lichung der Datenerhebung und -auswertung für objektivere Vergleiche und Metaanalysen ist unabdingbar.

SchlüsselwörterRezidivvarizen · Residualvarizen · Rekurrentvarizen · Neovaskularisation · Rezidivvarizen

Recurrence rate after varicose vein surgery. A critical analysis

AbstractBackground.  Recurrence rates after varicose vein surgery of 6–80% are frequently report-ed without any additional specifications. Such generalizations do not define the complex problem of recurrence of varicose veins. In ad-dition, the quality of evidence of a large num-ber of publications is limited by small numbers of events, indirectness (use of substitute re-sults) and short-term follow-up.

The incidence of recurrence of varicose veins depends on many variables, such as the time of follow-up, drop-outs, diagnostic proce-dures, benchmarks for pathologic duplex ultra-sound values, neovascularization with or with-out concomitant varicose veins, assessment of recurrence, chosen classification of recurrence, definition of recurrence and clinical impor-tance. Short-term follow-up is not adequate for detecting the real recurrence rate of varicose veins. In long-term follow-ups the number of lost patients increases, therefore, the reliability of results is questionable. The diagnostic meth-od affects the results.Objectives.  Identify the variables accountable for such varying recurrence rates of 6% to 80% in varicose veins surgery.

Material and methods.  The authors evaluated the results of a personal research and the data of the literature in order to identify the different variables the recurrence notes of varicose veins after surgery.Results.  Clinical investigations only underesti-mate the incidence whereas duplex ultrasound in contrast overestimates the incidence of clin-ically relevant recurrence. Considering these two methods separately distorts the results. A consistent data collection and interpretation is lacking. The symptomatic of recurrence is rare-ly considered. Duplex benchmarks vary from 2 mm to 5 mm in defining pathologic vein di-ameters; ultrasound detected refluxes are con-sidered pathologic after 0.5, 1 or even 3 s. Ac-cordingly the recurrence rates differ. The vari-ety of the techniques performed and the lack of description of the underlying pathology at the first operation hinder an objective over-view. Diagnostics and classification as well as the clinical importance of neovascularization are still under discussion. A multitude of classi-fications of recurrence of varicose veins is also confounding. A revision and a standardization 

of the different types of classification would be desirable.Conclusions.  The authors propose a different nomenclature with the aim of substituting the umbrella term recurrence of varices after sur-gery (REVAS) with varices after therapy (VAAT), reserving the term recurrent for true recurrenc-es and adopting the term residual for varices remaining after the previous operation and the term new or progressive for varices due to nat-ural disease progression. The progression of the underlying disease is not generally consid-ered by the authors. Given the variety of vari-ables and considering differences in data col-lection and interpretation as well as the advent of endovascular procedures, hemodynamic surgery and foam sclerotherapy, there is a need of a novel consensus conference. A standard-ization of data collection and interpretation for objective comparisons and meta-analyses are also necessary.

KeywordsRecurrent varicose veins · Residual varicose veins · New varices · Neoangiogenesis · Recurrent varicose veins

239Gefässchirurgie 3 · 2014  | 

klinisch geschätzt und nicht dopplersono-graphisch dokumentiert werden [5, 40].

Eine Kombination aus klinischem Be-fund und Duplexmessung, mit oder oh-ne Berücksichtigung der Symptomatik, ist in diesem Zusammenhang in jedem Fall sowohl für interventionelle als auch für nicht interventionelle Studien zu fordern.

Andere Variablen

Eine umfassende Übersicht wird zudem erschwert durch oft fehlende Angaben der operierten Pathomorphologie in ret-rospektiven Studien und durch die Viel-falt der Operationstechniken und Thera-piealternativen. . Tab. 2 zeigt einen Aus-zug der in der Literatur gefundenen the-rapeutischen Varianten, ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Es ver-steht sich von selbst, dass eine solche Vielfalt unmöglich auf einen Nenner ge-bracht werden kann. Auch wenn ein wis-senschaftlicher Vergleich schwerlich an-gestrebt würde, ist die pauschalisierende Übernahme der „Rezidivraten“ mit der

Spanne von 6 bis 80% auch aufgrund die-ser Fakten nicht statthaft.

Auch die Lage der gefundenen Varizen unterliegt einer hohen Variabilität, wenn man vom häufig beschriebenen Leisten-rezidiv einmal absieht.

Neovaskularisation – Nebenbefund oder Hauptursache des Leistenrezidivs?

Eine allein auf die Duplexwerte gegrün-dete Diagnose des Varizenrezidivs muss allerdings auch infrage gestellt werden, wenn der Befund weder ein klinisches Korrelat hat, noch einen kausalen Zusam-menhang zu entfernt gelegenen „Rezidiv-varizen“ belegt. Das beste Beispiel hier-zu ist der Dopplerbefund Typ B1 an der Crosse nach Fischer (. Abb. 1), der ohne weitere begleitende klinisch feststellbare Varizen als steriler bildgebender Befund eingeordnet werden sollte. So berichtet Fi-scher, dass lediglich 2 der 22 festgestellten Rezidive des Typs B1 klinisch relevant wa-

ren. Ob dieser Befund die Vorstufe eines zukünftigen Crossenrezidivs darstellt, wird noch zu klären sein.

Die Neovaskularisation wird entweder als Hauptursache der „Rezidivvarikosis“ in der Leiste [10, 11, 17, 39] oder lediglich als „bystander“ [8] oder als wohl vorhan-den, aber nicht hauptsächlich verantwort-lich [15, 22, 38] definiert. Zur Klärung der Ursächlichkeit tragen die unterschiedli-chen Bewertungsgrundlagen (dopplerso-nographisch, chirurgisch/morphologisch, histopathologisch/histochemisch) sicher nicht bei.

Auch die technischen Ansätze zur Ver-meidung der Neovaskularisation haben hier keinen deutlichen Beitrag aufgrund unterschiedlicher Ergebnisse geben kön-nen [10].

Mag die Ursächlichkeit bei den typi-schen Gefäßknäueln der Neovaskulari-sation noch nicht klar sein, so ist doch ein Crossenrezidiv Typ B2 nach Fischer (. Abb. 1), mit einem deutlich differen-zierbaren und erweiterten Gefäß ein tech-nisch bedingtes Überbleibsel, also ein ech-tes Stumpfrezidiv, das sogar bei 80,7% der Rezidiveingriffe gefunden wurde [15]. Der Nachweis, ob sich der Typ B1 im Langzeit-verlauf zu einem Typ B2 entwickelt, ist noch zu erbringen.

Der Befund einer neuen Varize nach der Operation und der dopplersonogra-phische Befund eines ursächlichen Re-fluxes ist als Rezidivvarize zu deklarieren.In der Leiste und am saphenopoplitealen Übergang scheint dies relativ leicht, im übrigen Bereich der unteren Extremität allerdings schwierig. Nicht umsonst fin-det man in der Literatur deutlich mehr Arbeiten über das Crossenrezidiv als über andere „Rezidivvarizen“, sodass der irrige Eindruck entsteht, Crossenrezidive seien häufiger.

Vielzahl der Klassifikationen – ein kleines Babylon

Am häufigsten werden die Klassifikatio-nen REVAS [30], REVAT [26], Edinburgh Classification [37], nach Hobbs [16], nach Fischer et al. [12] oder namenlos (VSM verschlossen, partiell verschlossen mit/ohne Reflux, nicht verschlossen) [4, 18] zi-tiert. Andere Autoren lehnen sich an keine

Abb. 1 9 Einteilung der  Crossenrezidive nach Fischer. (Mit freundlicher Genehmi-gung von Schattauer GmbH, [12])

240 |  Gefässchirurgie 3 · 2014

Phlebologie

der genannten Einteilungen an und erstel-len eigene Kriterien [10, 20, 35].

Ohne auf die Besonderheiten der ein-zelnen Klassifikationen (das würde den Rahmen dieser Übersichtsarbeit spren-gen) einzugehen, sei nur so viel gesagt, dass die Ansatzpunkte und die diagnos-tischen Grundlagen unterschiedlich sind und damit einer Vereinheitlichung im Wege stehen.

Die ausführlichste Einteilung gibt die REVAS-Gruppe. Diese Klassifikation mag für wissenschaftliche Zwecke anwendbar sein, ist aber für den klinischen Alltag nicht praktikabel [25].

Nachdem der Begriff REVAS nur die „Rezidivvarikosis“ nach Chirurgie erfasst, haben Noppeney u. Nüllen [26] den Be-griff und die Klassifikation „REVAT“ vor-geschlagen, wo das T für Therapie steht, was unseres Erachtens die Realität bei der augenblicklichen Zunahme von endovas-kulären und sklerosierenden Behandlun-gen besser trifft.

Ein Problem stellen diese Klassifizie-rungen allerdings immer für den Zweit-operateur dar, der häufig den Erstbefund, die ursprünglich zugrundeliegende Hä-modynamik und die angewandte Tech-nik nicht kennt. Wie weiter vorne ausge-führt, ist ohne diese Kenntnisse eine Dif-ferenzierung der verschiedenen Arten einer „Rezidivvarikosis“ nicht möglich. Auf den ersten Blick mag dies für den kli-nischen Alltag irrelevant sein, spielt aller-dings bei der Aufklärung des Patienten, im Falle forensischer Auseinandersetzun-gen, für die Ausbildung des Gefäßchirur-gen, die Fehlervermeidung und für klini-

sche Studien eine nicht unerhebliche, bzw. entscheidende Rolle.

Definition des „Rezidivs“ – der eigentliche Knackpunkt

In der Chirurgie (Tumorchirurgie ausge-nommen) bedeutet Rezidiv das Wieder-auftreten derselben Pathologie im anato-misch/pathologischen Areal, wo diese zu-vor beseitigt wurde.

In der Phlebologie wird das Varizen-rezidiv von der Consensus Conference 2000 [30] als die „Präsenz einer Varikosis in einem zuvor wegen Varizen operierten Bein“ definiert.

Nun wissen wir, dass sog. „Rezidiv-varizen“ am Operationssitus, aber auch an anderer Stelle (lokal und hämodyna-misch unabhängig) auftreten können. An derselben Stelle können aber auch Vari-zen oder Insuffizienzpunkte „vergessen“, d. h. nicht fehlerlos entfernt oder bewusst belassen worden sein. Kausal können al-so entweder taktische (siehe z. B. CHIVA) oder diagnostische Fehler verantwortlich sein, und als Resultat bleiben schon exis-tente Varizen oder Insuffizienzpunkte be-stehen. Diese ein „Rezidiv“ zu nennen, ist nicht korrekt; die Bezeichnung „Residual-varize“ ist treffender und hilft diese gegen-über einer echten Rezidivvarize genau ab-zugrenzen.

Eine neue, aber an anderer Stelle des operierten Beines aufgetretene Varize sollte nicht als „Rezidivvarize“ bezeich-net werden.Allerdings muss ein kausaler Zusammen-hang mit den vorher beseitigten Insuffi-zienzpunkten oder Varizen mit dem Du-plex ausgeschlossen werden.

Diese neuen Varizen sind als eine Pro-gression der bekannten Grunderkran-kung zu interpretieren und müssen als neu hinzugekommene Varizen betrach-tet werden. Diesbezüglich gibt es wohl wenige Daten [26]. Einige Autoren haben schon auf diese Entität hingewiesen [8, 20, 30, 36]. Vielfach wird keine Abgrenzung zum schicksalshaften Verlauf der Erkran-kung vorgenommen [24]. Die Bonner Ve-nenstudie II fand allerdings eine Inzidenz von neuen Varizen und chronisch venöser Insuffizienz von etwa 2,0% pro Jahr [28].

Der bisher übliche, verwirrende Begriff „Rezidivvarikose“ sollte deshalb nur für

die echten chirurgischen Rezidive ange-wandt und von einem anderen übergrei-fenden Begriff ersetzt werden. Im Deut-schen könnte dies z. B. VANAT, Varizen nach Therapie, in Anlehnung an Noppe-ney u. Nüllen [26], im Englischen VVAT, Varicose Veins After Therapy) sein. Die-se könnten dann in drei Arten unterteilt werden (. Tab. 3, 4).

Der Terminus Rekurrentvarikose wür-de mnemonisch/didaktisch passen (3R: „rezidiv“, „residual“, „rekurrent“), bedeu-tet aber in der deutschen Sprache „(sich dauernd) wiederholend, (sich endlos) wiederholend“ [27] und beschreibt damit die aufgrund des Fortschreitens der Er-krankung aufgetretene Varize nicht exakt.

Mit der so veränderten Terminologie würde der Begriff „Rezivvarikosis“ den echten Rezidiven vorbehalten und die pa-thogenetisch differenten Residual- und „Rekurrentvarizen“ klar gegeneinander differenziert werden (. Tab. 4).

Für den Chirurgen, aber nicht nur für diesen, ist es nicht unerheblich, ob ein technischer Fehler oder ein taktischer Fehler die „neue“ Varize verursacht hat, oder ob einfach die Progression der Er-krankung ursächlich zugrunde liegt und nicht hätte verhindert werden können (von der Sekundärprophylaxe einmal ab-gesehen).

Dieser Einteilung folgend, fanden wir in unserem Krankengut (400 kontrollierte Extremitäten nach 120±21 M.) wohl 66,5% „Rezidivvarizen“, also „VANAT“. Von die-sen waren aber lediglich 15,5% als Rezidiv-varizen, 16,5% als Residualvarizen, 15% als „Rekurrentvarizen, 13,8% als Kombina-tion von diesen, 3% als Neovaskularisa-tion ohne klinische Varizen einzustufen. 2,8% der Extremitäten waren nicht klassi-fizierbar, 35,5% hatten keine Varikose [7].

Die klinische Wertigkeit: ein patientenorientiertes Kriterium

Die bisherigen Ausführungen zeigen, dass ein deutlicher Unterschied in der „Rezi-divrate“ für symptomatische, klinisch fest-gestellte und instrumentell nachgewiesene „Rezidive“ besteht.

Streng genommen ist jede Varize, die nach jedweder Behandlung gefun-den wird, als eine VANAT zu klassifizie-ren. Der objektive Bogen spannt sich al-

Tab. 3  Variablen, die bei der Definition und Beschreibung einer „Rezidivvarikosis“ berücksichtigt und aufgeführt werden sollten

– Nachbeobachtungszeitraum

– Anzahl der verlorenen Patienten

– Art der Diagnostik

– Parameter der instrumentellen  Dokumentation

– Neovaskularisation mit oder ohne  abhängige Varikose

– Kriterien für die Feststellung

– Gewählte Klassifikation

– Typ der „Rezidivvarize“

– Klinische Wertigkeit

– Indikation zur Therapie/Operation

241Gefässchirurgie 3 · 2014  | 

lerdings vom sterilen Dopplerbefund, der lediglich eine Neovaskularisation, Varize oder einen Reflux dokumentiert über die klinisch sichtbare, mit dem Duplex do-kumentierte Varize ohne Beschwerden bei zufriedenem Patienten bis zur symp-tomatischen Varikose mit Ultraschallbe-stätigung.

Wenn auch jede VANAT entweder einer Rezidiv-, Residual- oder „wieder-kehrenden“ Varize (Rekurrentvarize) ent-spricht, so ist nicht jede dieser Varizen zu behandeln. Ein hoher Prozentsatz (63,9% [7]) der Patienten ist nämlich auch nach Jahren mit dem Ergebnis (trotz klinischer Varizen) zufrieden. Außerdem ist nicht jeder der Befunde behandlungsbedürftig oder behandlungswürdig. In diesem Sin-ne relativiert sich der hohe Prozentsatz an VANAT.

Aus wissenschaftlichen Gründen und zum Zwecke der Fehlervermeidung und der Ergebnisverbesserung ist selbstver-ständlich jede Form einer neu aufgetre-tenen Varize zu dokumentieren und ein-zuordnen. Praktisch dagegen interessie-ren den Patienten und den behandelnden Arzt letztendlich nur die symptomatische VANAT. Diese stellt in aller Regel eine In-dikation zur Reoperation dar, die in 22 bis 27% der Fälle gestellt wurde [3, 7, 12, 29].

In diese Gruppe sind auch jene patho-logischen Befunde bei symptomfreien Patienten einzuordnen (9,5% im eigenen Krankengut [7]), die aufgrund der be-kannten Befundzunahme zu einem Bild der chronisch venösen Insuffizienz führen und aus prophylaktischen Gründen besei-tigt werden sollten bzw. müssen.

D Eine Differenzierung zwischen Befunden, die eine therapeutische Konsequenz fordern und denen, die lediglich instrumentell dokumentiert werden, ist nötig.

In der Praxis wird diese Unterscheidung routinemäßig getätigt, häufig wohl un-bewusst, in der wissenschaftlichen Pro-duktion aber bisher selten berücksichtigt und unterbewertet. Hier eine praktikab-le und allgemeingültige Einteilung zu fin-den wird wohl sehr schwierig, wäre aber hilfreich.

Fazit für die Praxis

F  Pauschale Rezidivraten sollen nicht einfach hingenommen, sondern ge-zielt hinterfragt werden. Diese hän-gen nämlich von einer langen Reihe von Variablen ab (. Tab. 3), die die Ergebnisse nicht unwesentlich beein-flussen.

F  Die Unterscheidung in Rezidiv-, Re-sidual- und wiederkehrende (Rekur-rent-)Varizen ist sowohl für die täg-liche Praxis, als auch und besonders für wissenschaftliche Arbeiten zu for-dern.

F  Eine neue Konsensuskonferenz wäre in Anbetracht der aufgezeigten Pro-bleme und des Aufkommens der en-dovaskulären Techniken, der sog. hä-modynamischen Chirurgie und der Schaumsklerosierung wünschens-wert. Auch im Interesse der Chirur-gen sollte von „Rezidivvarizen“ oder allgemein von Varizen nach Therapie, und nicht nur nach Chirurgie gespro-chen werden. Demnach ist der Begriff REVAS (Recurrent Varices After Sur-gery) zu spezifisch und wäre mit dem Kürzel REVAT (Recurrent Varices Af-ter Therapy) oder, wie ausgeführt, mit VANAT (Varizen nach Therapie;) bzw. VVAT (Varicose Veins After Therapy) zu ersetzen.

F  Für die Praxis sollte in den wissen-schaftlichen Arbeiten auch auf die Symptomatik Bezug genommen und 

in den Langzeitergebnissen beschrie-ben werden.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. H. EbnerSilberleitenweg 38, 39018 TerlanSü[email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt.  H. Ebner und J.A. Ebner geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. 

Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

Literatur

  1.  Belcaro G, Cesarone MR, Di Renzo A et al (2003) Foam-sclerotherapy, surgery, sclerotherapy, and combined treatment for varicose veins: a 10-year, prospective, randomized, controlled, trial (VEDICO trial). Angiology 54(3):307–315

  2.  Bellmunt-Montoya S, Escribano J, Dilme J, Marti-nez-Zapata M (2013) CHIVA method for the tre-atment of chronic venous insufficiency. Cochrane Database Syst Rev 7:CD009648. doi:10.1002/

  3.  Blomgren L, Johansson G, Dahlberg-AKerman A et al (2004) Recurrent varicose veins: incidence, risk factors and groin anatomy. Eur J Vasc Endovasc Surg 27(3):269–274

  4.  Bountouroglou DG, Azzam M, Kakkos SK et al (2006) Ultrasound guided foam sclerotherapy combined with sapheno-femoral ligation compa-red to surgical treatment of varicose veins: early results of a randomized controlled trial. Eur J Vasc Endovasc Surg 31:93–100

  5.  Carandina S, Mari C, De Palma M et al (2008) Vari-cose vein stripping vs haemodynamic correction (CHIVA): a long term randomised trial. Eur J Vasc Endovasc Surg 35(2):230–237

  6.  Carradice D, Mekako AI, Mazari FA et al (2011) Cli-nical and technical outcomes from a randomized clinical trial of endovenous laser ablation compa-red with conventional surgery for great saphenous varicose veins. Br J Surg 98(8):1117–1123

  7.  Ebner JA (2011) Incidenza ed eziologia di varici re-cidive dopo intervento radicale secondo Babcock Cockett. Facharzarbeit Gefäßchirurgie Universita’la Sapienza II Rom, Azienda Ospedaliera Sant’Andrea

  8.  Egan B, Donnelly M, Bresnihan M et al (2006) Neo-vascularisation: an „innocent bystander“ in recur-rent varicose veins. J Vasc Surg 44(6):1279–1284

  9.  Escribano JM, Juan J, Bofill R et al (2003) Durability of reflux-elimination by a minimal invasive CHIVA procedure on patients with varicose veins. A 3-ye-ar prospective case study. Eur J Vasc Endovasc Surg 25(2):159–163

10.  Faubel R, Schäfer I, Augustin M, Bruning G (2010) Langzeitergebnisse und Analysen von Zusammen-hängen 5 Jahre nach Varizenstripping. Phlebologie 39:263–269

Tab. 4  Differenzierung der Varizen nach Therapie (VANAT)

Typ Definition

Rezidivvarize Neue, lokal und kausal mit der Voroperation zusammenhängende Varize

Residualvarize Nicht bei der Voroperation beseitigte Varize oder Insuffizienzpunkt

Rekurrentvarize Neue, am voroperierten Bein aufgetretene Varize oder Insuffizienzpunkt, die keinen lokalen und kausalen Zusammenhang mit den voroperierten Varizen haben. Entspricht dem Fortschreiten der Erkrankung

KombinationsVANAT Wenn mehr als ein Varizentyp gefunden wird; es werden die gefundenen Typen genannt

Zur Erklärung des Terminus „rekurrent“ siehe Text.

242 |  Gefässchirurgie 3 · 2014

Phlebologie

11.  Frings N, Nelle A, Tran P et al (2004) Reduction of neoreflux after correctly performed ligation of the saphenofemoral junction. A randomized trial. Eur J Vasc Endovasc Surg 28(3):246–252

12.  Fischer R, Linde N, Duff C et al (2000) Das Krossen-rezidiv – eine Nachkontrolle nach 34 Jahren. Phle-bologie 29:17–22

13.  Gad MA, Saber A, Hokkam N (2012) Assessment of causes and patterns of recurrent varicose veins af-ter surgery. Am J Med Sci 4(1):45–48

14.  Geier B, Stücker M, Hummel T et al (2008) Residu-al stumps associated with inguinal varicose veins: a multicenter study. Eur J Vasc Endovasc Surg 36(2):207–210

15.  Geier B, Mumme A, Hummel T et al (2009) Validi-ty of duplex-ultrasound in identifying the cause of groin recurrence after varicose vein surgery. J Vasc Surg 49(4):968–972

16.  Hobbs JT (1974) Surgery and sclerotherapy in the treatment of varicose veins. A random trial. Arch Surg 109(6):793–796

17.  Jones L, Braithwaite BD, Selwyn D et al (1996) Neo-vascularisation is the principal cause of varico-se vein recurrence: results of a randomized trial of stripping the long saphenous vein. Eur J Vasc En-dovasc Surg 12:442–445

18.  Kalodiki E, Lattimer CR, Azzam M et al (2012) Long-term results of a randomized controlled trial on ul-trasound-guided foam sclerotherapy combined with saphenofemoral ligation vs standard surgery for varicose veins. J Vasc Surg 55(2):451–457

19.  Kamber V, Widmer LK, Madar G (1981) Häufigkeit von anamnestischen Angaben und Befunden. In: Widmer LK, Stähelin HB, Nissen C, Silva A da (Hrsg) Venen-,Arterien-Krankheiten, koronare Herzkrank-heit bei Berufstätigen, Basler Studie I–III. Huber, Bern

20.  Kostas T, Ioannou CV, Touloupakis E et al (2004) Re-current varicose veins after surgery: a new apprai-sal of a common and complex problem in vascular surgery. Eur J Vasc Endovasc Surg 27:275–282

21.  Murad MH, Coto-Yglesias F, Zumaeta-Garcia M et al (2011) A systematic review and meta-analy-sis of the treatment of varicose veins. J Vasc Surg 5(Suppl):49–65

22.  Mumme A, Olbrich S, Barbera L, Stücker M (2002) Saphenofemorales Leistenrezidiv nach Stripping der Vena Saphena Magna: Technischer Fehler oder Neovaskularisation? Phlebologie 31:38–41

23.  Nesbitt C, Eifell RKG, Coyne P et al (2011) Endove-nous ablation (radiofrequency and laser) and fo-am sclerotherapy versus conventional surgery for great saphenous vein varices. Cochrane Database Syst Rev 10:CD005624. doi:10.1002/14651858.CD005624.pub2

24.  Noppeney T, Kluess HG, Gerlach H et al (2004) Leit-linie zur Diagnostik und Therapie des Krampfader-leidens. Gefäßchirurgie online publiziert 20. Okto-ber 2004

25.  Noppeney T, Nüllen H (2005) Die Rezidivvarikose – was ist das? Gefäßchirurgie 10:424–427

26.  Noppeney T, Nüllen H (2009) REVAT(Recurrent Va-rices After Treatment) definition and classifications of recurrent varicose veins. Phlebologie 38:271–274

27.  http://www.openthesaurus.de/synonyme/rekur-rent

28.  Pannier F, Rabe E, Ko A et al (2010) Risk factors for incidence of varicose veins and CVI in the Bonn Vein Study II. Phlebologie 39(5):A 36

29.  Parés JO, Juan J, Tellez R et al (2010) Varicose vein surgery: stripping versus the CHIVA method: a ran-domized controlled trial. Ann Surg 251(4):624–631

30.  Perrin MR, Guex JJ, Ruckley CV et al (2000) Recur-rent varices after surgery (REVAS), a consensus do-cument. Cardiovasc Surg 8(4):233–245

31.  Rass K, Frings N, Glowacki P et al (2012) Compara-ble effectiveness of endovenous laser ablation and high ligation with stripping of the great saphe-nous vein: two-year results of a randomized clini-cal trial (RELACS study). Arch Dermatol 148(1):49–58

32.  Recek C (2000) Spätergebnisse nach Krossektomie und Sklerotherapie. Phlebologie 29:23–26

33.  Rigby KA, Palfreyman SSJ, Beverley C, Michaels JA (2004) Surgery versus sclerotherapy for the treat-ment of varicose veins. Cochrane Database Syst Rev 4:CD004980. doi:10.1002/14651858

34.  Royle JP (1986) Recurrent varicose veins. World J Surg 10:944–953

35.  Shadid N, Ceulen R, Nelemans P et al (2012) Ran-domized clinical trial of ultrasound-guided foam sclerotherapy versus surgery for the incompetent great saphenous vein. Br J Surg 99(8):1062–1070

36.  Smith JJ, Brown L, Greenhalgh RM, Davies AH (2002) Randomised trial of pre-operative colour duplex marking in primary varicose veins surge-ry: outcome is not improved. Eur J Vasc Endovasc Surg 23(4):336–343

37.  Stonebridge PA, Chalmers N, Beggs I et al (1995) Recurrent varicose veins: a varicographic analysis leading to a new practical classification. Br J Surg 82:60–62

38.  Stücker M, Netz K, Breuckmann F et al (2004) His-tomorphologic classification of recurrent sapheno-femoral reflux. J Vasc Surg 39(4):816–821

39.  Rij AM van, Jones GT, Hill GB, Ping J (2004) Neo-vascularisation and recurrent varicose veins; mo-re histologic and ultrasound evidence. J Vasc Surg 40:296–302

40.  Zamboni P, Gianesini S, Menegatti E et al (2010) Great saphenous varicose vein surgery without sa-pheno-femoral junction disconnection. Br J Surg 97:820–825

Aortenklappen-Eingriffe mit Herzkatheter

Es gibt immer mehr kathetergestützte 

Aortenklappenimplantation (TAVI). In 2012 

waren es bereits genauso viele Eingriffe wie 

herkömmliche herzchirurgische Eingriffe 

am offenen Herzen mit Herz-Lungen-Ma-

schine. Angesichts dieser Entwicklung stellt 

die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie 

(DGK) neue Qualitätskriterien für den scho-

nenderen Eingriff mit dem Herzkatheter 

vor.

Zum einen soll der TAVI-Eingriff durch ein 

eingespieltes Team aus Kardiologen und 

Herzchirurgen durchgeführt werden. Zum 

anderen ist es empfehlenswert, den Eingriff 

in einem Hybrid-OP-Saal vorzunehmen, 

so dass sowohl Katheter-Eingriffe als auch 

herzchirurgische Operationen durch-

geführt werden können. Weiterhin sollte 

am dem Standort eine Intensivstation 

vorhanden sein, die sich mit der Betreuung 

der Patienten auskennt. Außerdem ist eine 

angiologische Versorgung oder eine Versor-

gung durch einen Gefäßchirurgen neben 

der kardiologischen und herzchirurgischen 

Expertise für ein optimales Komplikations-

management wichtig. 

Bei TAVI wird ein Katheter verwendet, 

um eine faltbare Herzklappenprothese in 

das Herz einzusetzen. Mit einem auf der 

Katheterspitze angebrachten Ballon wird 

die verengte Klappe zunächst gedehnt und 

danach die neue Herzklappe eingebracht 

und fixiert. 

Mit diesem Eingriff können die 33% der 

Patienten behandelt werden, die aufgrund 

des Alters und/oder Begleiterkrankungen 

nicht für einen herkömmlichen herzchirur-

gischen Eingriff berücksichtigt wurden. 

Quelle: Deutsche Gesellschaft für

Kardiologie – Herz und

Kreislaufforschung e.V. (DGK),

www.dgk.org

Fachnachrichten

243Gefässchirurgie 3 · 2014  |