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Praxissemesterbericht Robert Bosch España Fábrica Aranjuez S.A. Kai Single Robert Bosch Aranjuez

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Praxissemesterbericht Robert Bosch España

Fábrica Aranjuez S.A. Kai Single

Robert Bosch Aranjuez

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Student Anschrift: Kai Single Bauernscheuer 4 D-72461 Albstadt E-Mail: [email protected] Studiengang: Internationale Betriebswirtschaft Semester: 6. Fachsemester (WS 2004/05) Matrikelnummer: 21002

Hochschule Anschrift: Hochschule Aalen Beethovenstr. 1 D-73430 Aalen Kontaktperson: Prof. Gerold Frick

Unternehmen Anschrift: Robert Bosch España Fábrica Aranjuez, S.A. Raso de la Estrella s/n E-28300 Aranjuez (Madrid) Tutor: José Luis Alonso Andrio Telefon: +34 91 8099 799 E-Mail: [email protected]

Praktikum Abteilung: Auftrags- und Lieferungsplanung (Logistikabteilung) Zeitraum: 23.08.2004 bis 28.02.2005 Präsenztage: 118 Urlaubstage: 10 Feiertage: 8

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Vorwort

Im Rahmen meines Studiums an der Fachhochschule Aalen im Studiengang Internationale

Betriebswirtschaft habe ich ein sechsmonatiges Praktikum bei Robert Bosch España

(Fábrica Aranjuez) in der Logistikabteilung absolviert. Während meiner Berufsausbildung

zum Industriekaufmann habe ich bereits einige grundlegende Einblicke in das komplexe

Gebiet der Logistik gewonnen. Außerdem wurde mein Interesse und Gefallen für dieses

Fachgebiet durch die einschlägigen Logistik-Vorlesungen während des 4. Fachsemesters

gesteigert. Daher war auch mein Wunsch, mein zweites Praxissemester in der

Logistikabteilung eines international agierenden Unternehmens durchzuführen. Wie zuvor

im ersten Praxissemester (in Ekuador) entschied ich mich wieder für das spanischsprachige

Ausland, um die bereits erworbenen Spanisch-Kenntnisse weiterhin zu vertiefen und mich

somit auf mein bevorstehendes Auslandsstudium in Argentinien vorzubereiten.

Ziel dieser fachpraktischen Ausbildung war es, theoretisches Wissen zu überprüfen und

richtig in der Praxis anzuwenden. Der Student soll erkennbare Verbindungen zwischen dem

Studium (Theorie) und dem Praktikum (Praxis) erfassen und beurteilen. Ferner sollte dieses

Auslandspraktikum dazu verhelfen, das Fachwissen, die Sprachkenntnisse sowie die

Interkulturelle Kompetenz zu fördern.

Während des Praktikums wurde ich für das gesamte Leergutmanagement und die

Berichterstattung der Logistikkennzahlen im Werk Aranjuez eingesetzt. Dadurch bekam ich

einen umfassenden Überblick über die wichtigsten logistischen Prozesse, die in einem

Industrieunternehmen anfallen. Weiterhin hatte ich die Gelegenheit bei mehreren

Projekten mitzuwirken. In diesem Praxissemesterbericht werde ich nun nachfolgend einen

ausführlichen Einblick in meinen Aufgabenbereich während des Praktikums geben.

An dieser Stelle möchte ich es nicht versäumen, mich für die gelungene Zusammenarbeit

bei allen Kollegen und Vorgesetzten bei Robert Bosch in Aranjuez zu bedanken. Weiterhin

möchte ich meinen herzlichen Dank an alle Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern der

gesamten Bosch-Gruppe für die gute und freundliche Kooperation aussprechen. Ein

besonderes Dankeschön möchte ich an meine Vorgesetzten Herrn Daniel Olivera Barroso

und Herrn José Luis Alonso Andrio aussprechen, die mir anspruchsvolle Aufgaben

anvertrauten und mich stets selbständig und eigenverantwortlich arbeiten ließen.

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Abkürzungsverzeichnis

ALP Auftrags- und Lieferungsplanung

B Breite

BIP Bruttoinlandsprodukt

BMW Bayerische Motorenwerke

bzw. beziehungsweise

ca. circa

cm Zentimeter

CMR Convention relative au contrat de transport international

de merchandise par route

CPC Cockpitchart

d. h. das heißt

DHL Dalsey, Hillblom & Lynn (= Deutsche Post World Net)

Einw. Einwohner

EVA Eingang Verarbeitung Ausgang

FEMSA Fábrica Española de Magnético Sociedad Anónima

H Höhe

INCOTERMS International Commercial Terms

L Länge

LIWAKS Liefererfüllung/Abrufverhalten Warn- und Kontrollsystem

max. maximal

Mio. Millionen

N.I.E.P.s Nota interna de entrega de productos

RBEA Robert Bosch España Aranjuez

SAP Systeme, Anwendungen und Produkte

sog. sogenannte

TNT Thomas Nationwide Transport

ü. d. M. über dem Meeresspiegel

z. B. zum Beispiel

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Abbildungsverzeichnis

Abb. 01: Eckdaten Bosch

Abb. 02: Unternehmens- und Geschäftsbereiche der Bosch-Gruppe

Abb. 03: Standorte in Spanien

Abb. 04: Werk Aranjuez

Abb. 05: Organisation – Bosch España

Abb. 06: Riemenscheibe

Abb. 07: Bürstenhalter (Portaescobilla)

Abb. 08: Zahnräder

Abb. 09: Turbine

Abb. 10: Schutzkappe

Abb. 11: Gebläse

Abb. 12: Filtergehäuse

Abb. 13: Rotoren und Flügel

Abb. 14: Euro-Gitterbox

Abb. 15: Mehrwegverpackungen bei Bosch

Abb. 16: Umlaufprozess - Dreieckstausch

Abb. 17: Cockpitchart (CPC)

Abb. 18: Maßnahmeplan

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort ................................................................................................... iii Abkürzungsverzeichnis ..................................................................................iv Abbildungsverzeichnis................................................................................... v Inhaltsverzeichnis........................................................................................vi

Länderprofil .............................................................................................. 1 1.1 Spanien: Überblick.............................................................................. 1 1.2 Wirtschaft ........................................................................................ 1 1.3 Kultur ............................................................................................. 2 Unternehmensprofil .................................................................................... 3 2.1 Bosch-Gruppe .................................................................................... 3 2.2. Organisation...................................................................................... 3 2.3 Robert Bosch España............................................................................ 4 2.4 Produktpalette .................................................................................. 5 2.5 Auftrags- und Lieferungsplanung ............................................................. 6 Tätigkeitsprofil .......................................................................................... 7 3.1 Einführung........................................................................................ 7 3.2 Leergutmanagement bei Bosch ............................................................... 7 3.2.1 Verpackungsarten ............................................................................... 8 3.2.2 Vor- und Nachteile der Mehrwegverpackung ............................................... 8 3.2.3 Mehrwegverpackungen bei Bosch............................................................. 9 3.2.4 Leergutplanung ................................................................................. 10 3.2.5 Leergutbeschaffung............................................................................ 11 3.2.6 Leergutsteuerung .............................................................................. 12 3.3 Berichterstattung der Logistikkennzahlen ................................................. 16 3.3.1 Cockpitchart (CPC)............................................................................. 16 3.3.2 Maßnahmenpläne .............................................................................. 24 3.3.3 Präsentation und Korrespondenz ............................................................ 26 3.4. Projektarbeit.................................................................................... 26 3.4.1 Produktverlagerung ............................................................................ 27 Fazit ......................................................................................................28 Anhang ...................................................................................................31

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Länderprofil

1.1 Spanien: Überblick

Spanien, durch die Pyrenäen vom Rest Europas

getrennt, umfasst den Großteil der Iberischen

Halbinsel und ist Europas drittgrößtes Land.

Weiterhin besitzt Spanien zwei Inselgruppen,

die Kanaren im Atlantik und die Balearen im

Mittelmeer sowie zwei Territorien in Nordafrika

(Ceuta und Melilla). Die Meerenge von Marokko

trennt Spanien von Afrika, somit ist Spanien

eine Brücke zwischen zwei Kontinenten.

Spanien hat 41,1 Millionen Einwohner (Fischer-Weltalmanach, 2004) und bedeckt eine

Fläche von 504 782 Quadratkilometern. Neben den autonomen Städten Ceuta und Melilla

besteht der spanische Staat aus 17 autonomen Regionen, die sich in insgesamt 50

Provinzen aufteilen. Klima und Landschaft reichen von den schneebedeckten Pyrenäen

über die grünen Wiesen Galiciens bis zu den Orangenhainen Almerías. Madrid (655 m ü. d.

M.) ist die höchstgelegene Hauptstadt Europas, und Spanien ist nach der Schweiz und

Österreich das gebirgigste Land des Kontinents. Madrid (3,2 Mio. Einw.) ist die größte

Stadt, gefolgt von Barcelona (1,6 Mio. Einw.) und Valencia (0,76 Mio. Einw.).

1.2 Wirtschaft

Mit dem Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft im Jahr 1986 und der Teilnahme an der

Wirtschafts- und Währungsunion verbesserte sich merklich die wirtschaftliche Lage

Spaniens. Dies hat seine Ursache sicherlich nicht nur darin, dass Spanien der größte

Empfänger von Fördermaßnahmen der Europäischen Union ist. Diese Unterstützungen

sowie umfassende Maßnahmen zur Modernisierung und Liberalisierung der spanischen

Wirtschaft haben dazu beigetragen, dass Spanien auf gute Wachstumsraten verweisen

kann. Spanien nimmt gegenwärtig unter den Industrienationen mit einem

Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 742 Milliarden Euro (2003) den zehnten Rang ein. Das

BIP/Kopf hat sich auf 17.000 Euro gesteigert. Die Arbeitslosenquote liegt zwar mit 11,2

Prozent (2004) innerhalb der Europäischen Union auf einem Spitzenplatz, dennoch steckt

hinter dieser Zahl eine beachtliche Leistung, da sie Mitte der 1990er Jahre noch bei weit

über 20 Prozent lag (1996: 22,9 %).

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Zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen gehört ohne Zweifel die spanische

Tourismusbranche. Neben dem Tourismus gehört die Automobilbranche und der

Agrarsektor zu den wichtigsten Exportartikelherstellern. Spanien ist weltweit der

sechstgrößte KfZ-Hersteller, und in Europa liegt Spanien knapp hinter Frankreich auf dem

dritten Platz.

1.3 Kultur

Die Einwohner des vielseitigen Landes haben bis auf ihre Geselligkeit wenig gemeinsam.

Ebenfalls verbringen die Spanier ausnahmslos soviel Zeit damit, das Leben zu genießen,

wie mit der Arbeit. In Spanien ist die Zeit flexibel, und daher passen viele Leute ihre

Arbeitszeit den Erfordernissen ihres Lebens an, anstatt sich von der Uhr bestimmen zu

lassen. In Spanien ist der Tag lang, und ein eigenes Wort, madrugada (Morgenfrühe),

bezeichnet die lebhafte Zeit zwischen Mitternacht und Morgen. Außerdem ist es üblich,

abends mit Freunden zum Spaziergang auszugehen. Auch das Essen ist

Gemeinschaftssache, daher treffen sich oft Gruppen zu tapas (kleine Appetithäppchen)

oder zum Abendessen. Ebenso im Geschäftsleben legen die Spanier großen Wert auf eine

starke Beziehungsorientierung, z. B. arbeiten viele Spanier am Anfang von Verhandlungen

intensiv auf ein „Wir-Gefühl“ hin und verwenden dazu unterschiedlichste sprachliche

Formen. Somit kann man generell sagen, dass in Spanien das Kultivieren von persönlichen

Beziehungen mit Arbeitskollegen deutlich wichtiger und grundlegender ist als in

Deutschland. Für die meisten Spanier steht die Familie im Zentrum ihres Lebens, die auch

das Fundament der spanischen Gesellschaft bildet. Daher verlassen sich die Spanier eher

auf ihre Familie und persönlichen Beziehungen, anstatt auf Institutionen, um Arbeit oder

Hilfe zu finden, denn der spanische Staat war in Sachen öffentlicher Versorgung schon

immer nachlässig, jedoch hat sich die Situation in den letzten 20 Jahren verbessert.

Bisweilen leben bis zu drei Generationen unter einem Dach oder sehen sich häufig, sogar

Menschen, die stets in der Stadt leben, sprechen voll Zuneigung von ihrem pueblo (Dorf),

der Stadt oder dem Dorf, aus dem die Familie stammt und in das sie möglichst oft

zurückkehren. Kinder werden in Spanien innig geliebt, und folglich wird auf die Ausbildung

großen Wert gelegt. In letzter Zeit verliert jedoch die Familie an Bedeutung, weil sich

junge Paare immer öfter für hohes Einkommen und besseren Lebensstandard entscheiden.

Eine der erstaunlichsten Entwicklungen in Spanien war der Niedergang der Geburtenrate

von einer der höchsten in Europa, mit 2,72 Kindern pro Familie im Jahr 1975, auf eine der

niedrigsten der Welt mit nur 1,07 Kindern im Jahr 1999. Der Katholizismus ist noch immer

dominant, obwohl der Kirchenbesuch der unter 35jährigen in den letzten Jahren auf unter

25 Prozent fiel.

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Unternehmensprofil

2.1 Bosch-Gruppe

Seit mehr als einem Jahrhundert verbinden sich mit dem Namen „Bosch“ zukunftweisende

Technik und bahnbrechende Erfindungen, die Geschichte geschrieben haben. Die

Unternehmensgeschichte begann im Jahr 1886, als Firmengründer Robert Bosch die

„Werkstätte für Feinmechanik und Elektrotechnik“ in Stuttgart eröffnete. Heute zählt die

Bosch-Gruppe zu einem der größten Industrieunternehmen Deutschlands, das mit einer

starken internationalen Ausrichtung seine Marktposition als weltweit zweitgrößter

Zulieferer für Kraftfahrzeugtechnik gefestigt hat. Doch nicht nur für

Kraftfahrzeugausrüstung ist Bosch ein Begriff, sondern auch für eine Vielzahl anderer

Erzeugnisgebiete, wie z. B. für Kommunikationstechnik ebenso wie für Elektrowerkzeuge,

Hausgeräte, Thermotechnik, Automationstechnik und Verpackungsmaschinen. Im Jahr 2003

erwirtschaftete Bosch einen Gesamtumsatz von 36,4 Milliarden Euro und beschäftigte fast

232 000 Mitarbeiter weltweit.

[Abb. 1: Eckdaten Bosch]

2.2. Organisation

Die Konzernstruktur ist in drei Unternehmensbereiche unterteilt: Kraftfahrzeugtechnik,

Industrietechnik sowie Gebrauchsgüter und Gebäudetechnik. Die Kraftfahrzeugtechnik

bildet den größten Unternehmensbereich der Bosch-Gruppe. Mit rund 144 000

Beschäftigten wurde ein Umsatz von 23,6 Milliarden Euro erwirtschaftet. Innerhalb des

Unternehmensbereichs Gebrauchsgüter und Gebäudetechnik erreichte Bosch einen Umsatz

von 8,5 Milliarden Euro. Die Industrietechnik ist mit 4,3 Milliarden Euro Umsatz der kleinste

Unternehmensbereich der Bosch-Gruppe. Allerdings war der Erwerb der Buderus AG im

Jahr 2003 ein Teil der Unternehmensstrategie, die Position außerhalb der

Kraftfahrzeugtechnik auszubauen und damit die Umsatzstruktur besser auszubalancieren.

Die Führung der Bosch-Gruppe erfolgt über die Robert Bosch Stiftung GmbH in Stuttgart.

Sie besitzt 92 % des Stammkapitals und führt das Unternehmen die dem Allgemeinwohl

gerichteten Bestrebungen des Firmengründers Robert Bosch (1861-1942) in zeitgemäßer

Form weiter. Zur Tradition gehört, dass die Stiftung die ihr zufließende Dividende

ausschließlich für gemeinnützige Vorhaben verwendet (z. B. Robert Bosch Krankenhaus).

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Die Produktion ist stark international ausgerichtet und daher erzielt die Bosch-Gruppe auch

ein Großteil des Umsatzes (71 % im Jahr 2003) im Ausland. Das Unternehmen ist auf jedem

Kontinent und in mehr als 50 Ländern mit Tochter- und Beteiligungsgesellschaften

vertreten. Bosch fertigt an 249 Standorten, wovon 185 außerhalb Deutschlands liegen. Die

Auslandsaktivitäten des Unternehmens haben bereits eine lange Tradition, denn wenige

Jahre nach der Firmengründung in Stuttgart eröffnete Robert Bosch im Jahr 1898 seine

erste Vertretung in London. Ein Jahr später folgte der nächste Schritt zur

Internationalisierung und es wurde eine weitere Niederlassung in Paris gegründet.

[Abb. 2: Unternehmens- und Geschäftsbereiche der Bosch-Gruppe]

2.3 Robert Bosch España

Die Präsenz von Bosch in Spanien reicht bis ins Jahr 1908 zurück und seitdem ist Spanien

als Produktionsstandort sowie als Absatzmarkt von großer Bedeutung. Mit dem Erwerb des

Unternehmens FEMSA (Fábrica Española de Magnético Sociedad Anónima), dem führenden

Hersteller elektrischer Kraftfahrzeugtechnik in Spanien, wurden im Jahr 1978 die

Aktivitäten weiter verstärkt. Derzeit beschäftigt Bosch España ca. 7 860 Mitarbeiter an

neun verschiedenen Produktionsstandorten, die den Unternehmensbereichen

Kraftfahrzeugtechnik, Automationstechnik und Hausgeräten zugeordnet sind. Die Standorte

sind in Alcalá de Henares, Aranjuez, Buelna, Castellet, La Carolina, Lliçá, Madrid,

Pamplona und Treto. Die Hauptzentrale, die sich unter

der Leitung von Herrn Kirchhoff befindet, ist in

Madrid. Robert Bosch España verzeichnete im Jahr

2003 einen Umsatz in Höhe von 1,4 Milliarden Euro.

Europa ist der Hauptabsatzmarkt in der

Kraftfahrzeugtechnik, wobei Spanien nach

Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien

fünftgrößte Absatzmarkt ist.

Das Werk Aranjuez [Abb. 4: Werk Aranjuez] befindet sich in der Kleinstadt Aranjuez, 50

Kilometer südlich gelegen von Madrid. Hier hatte sich im Jahr 1966 das Unternehmen

FEMSA niedergelassen, dass ebenfalls elektronisches Zubehör für die Automobilindustrie

herstellte. Im Jahr 1978 wurde FEMSA von der Robert Bosch GmbH übernommen und ging

in der Robert Bosch España S.A. auf.

Abb. 3: Standorte in Spanien (Quelle: Bosch Intranet, Januar 2005)

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Gegenwärtig beschäftigt das Werk 245 Mitarbeiter (Stand: Januar 2004) und gehört dem

Unternehmensbereich Kraftfahrzeugtechnik (Gasoline Systems) an. RBEA (Robert Bosch

España Aranjuez) fertigt ausschließlich Produkte für den Bereich Kraftfahrzeugausrüstung,

hauptsächlich Kunststoffteile, die sich in zwei Technologiegebiete einteilen lassen:

Duroplaste und Thermoplaste, welche sich durch ihre unterschiedliche

Kunststoffverarbeitung voneinander unterscheiden lassen. RBEA erzielte im Jahr 2003 ein

Verkaufsvolumen von 23,13 Millionen Euro. Die bei RBEA hergestellten Produkte werden

überwiegend an Boschwerke in Deutschland geliefert, aber auch an Boschwerke in

Tschechien, Italien, Großbritannien und Mexiko. Nicht nur als Zulieferer für eigene Werke,

sondern auch als Direktlieferant von Ersatzteilen beliefert RBEA mehrere

Automobilhersteller wie z. B. Volvo, BMW und Daimler Chrysler.

[Abb. 5: Organisation – Bosch España]

2.4 Produktpalette

RBEA ist in der Duroplast- und Thermoplastverarbeitung tätig. Aus diesen beiden

Materialien werden Komponenten für die Automobilzulieferindustrie hergestellt. Den

größeren Teil am Gesamtumsatz (23,13 Mio. Euro) bilden die Duroplastteile mit 54,7 %.

Damit ist RBEA weltweit einzigstes Bosch-Werk, das Duroplastteile herstellt. Die Gruppe

der Duroplaste, die oft auch als Duromere bezeichnet werden, beinhalten Kunststoffe, die

durch chemische Reaktion erstarren. Bei RBEA werden aus Duroplaste überwiegend

Zündverteilerkappen sowie Komponenten für Motornebenaggregate hergestellt. Ein

Produkt dieser Palette sind die Riemenscheiben [Abb. 6], die als Lenkhilfe oder für

Automobilklimaanlagen eingesetzt werden. Die Gruppe der Thermoplaste zeichnen sich

dadurch aus, dass diese Kunststoffe bei Erhöhung der Temperatur schmelzen, sich warm

verformen lassen und nach der Abkühlung wieder erstarren. Im Gegensatz zu den

Thermoplasten lassen sich die Duroplaste nicht aufschmelzen. Das umsatzstärkste Produkt

aus dem Thermoplastbereich ist der Bürstenhalter [Abb. 7]. Sie dienen als Basiseinheit für

die Scheibenwischerbetätigung und haben einen Anteil von 21,7 % am Gesamtumsatz.

Weiterhin werden aus Thermoplaste folgende Produkte hergestellt: Zahnräder für

Kleinmotoren [Abb. 8], Turbinen für die Kfz-Heizung und Lüftung [Abb. 9], Gehäuse für Kfz-

Elektronikelemente, Schutzkappen [Abb. 10], Reglergehäuse für Generatoren, Zargen für

das Gebläse zur Motorkühlung [Abb. 11], Filtergehäuse für Dieselölfilter [Abb. 12], Rotoren

und Flügel für Unterdruckpumpen [Abb. 13] und Basiseinheiten für Blinker und

Scheibenwischerbetätigung.

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2.5 Auftrags- und Lieferungsplanung

Die Abteilung ALP (Auftrags- und Lieferungsplanung) besteht gegenwärtig aus 10 Personen

und ist eine integrierte Funktion, die als Schnittstelle zwischen den Lieferanten, der

Produktion und den Kunden agiert. Hauptaufgabe der ALP ist es die benötigten Rohstoffe,

Hilfsstoffe und Vorprodukte kosten- und mengenoptimal entsprechend den

Kundenwünschen zu beschaffen und zum richtigen Zeitpunkt bereitzustellen. Um stets eine

fehlerfreie Planung ohne Ausfälle aufrecht zu erhalten und ein optimales

Produktionsprogramm zu sichern, müssen tägliche Analysen, Prognosen und Kalkulationen

durchgeführt werden. In Aranjuez umfasst die Abteilung ALP die Bereiche Planung,

Lagerverwaltung, Versand, Leergutmanagement, innerbetrieblicher Transport, Entsorgung

und Verwaltung der Informationssysteme.

Intern wird eng mit der Einkaufsabteilung zusammengearbeitet, die für die Durchführung

des Beschaffungsvorgangs beim Lieferanten und für die Rahmenbedingungen (z. B. Preise)

verantwortlich ist. Die Disposition der benötigten Stoffe erfolgt allerdings über die

Abteilung ALP. Entsprechend dem Kundenbedarf und Fertigungskapazitäten disponiert sie

die benötigten Materialmengen und bestellt diese über die Einkaufsabteilung. Nachdem die

Einkaufsabteilung die Bestellung bestätigt hat, wird umgehend die Produktion

benachrichtigt, damit diese die Fertigungsanlagen einrichten und vorbereiten kann. Um die

Kundenwunschtermine stets einhalten zu können, wird die Produktionsreihenfolge vier

Wochen vor Beginn der Produktion von den Disponenten festgelegt. Falls ein

Kundenwunschtermin nicht eingehalten werden kann, wird der Verzug mit einem

Spezialtransport korrigiert. Gründe für die oft auftretende Nichteinhaltung der Termine

sind Produktionsrückstände aufgrund fehlender Teile oder auch Auftragsänderungen von

seitens der Kunden. Eine ständige Kommunikation zwischen Lieferanten, Disponenten und

Kunden ist deswegen für die Abteilung ALP von hoher Wichtigkeit.

Bis vor einem Jahr arbeitete die Abteilung ALP mit dem Bosch Warenwirtschaftsystem EVA

(Eingang Verarbeitung Ausgang), das jedoch nach der Einführung von SAP eingestellt

wurde. Für die Abteilung war die Umstellung mit viel Mehrarbeit und Schulungen

verbunden, erfreulicherweise sind dennoch keine größeren Ausfälle während dieser

Umstellungsphase aufgetreten.

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Tätigkeitsprofil

3.1 Einführung

Die Praktikumstelle in der Abteilung ALP (Logistikabteilung) existiert bereits seit mehreren

Jahren und wurde erfreulicherweise immer wieder von Studenten aus Deutschland besetzt.

Jedes Semester wird der Arbeitsplatz durch einen neuen Praktikanten belegt, wobei dieser

grundsätzlich immer durch den letzten Praktikanten eingearbeitet wird. Alle

Praktikumsaufgaben und notwendigen Prozesse sind in einem Handbuch (Manual)

dokumentiert und werden laufend von den Praktikanten aktualisiert und erweitert. Dieses

Handbuch dient den Praktikanten als praktisches Nachschlagewerk und enthält Ratschläge,

Tipps und Erfahrungen von früheren Praktikanten. Meine Haupttätigkeiten bestanden aus

einem umfangreichen und anspruchsvollen Aufgabengebiet, die sich aus der Steuerung und

Planung des Leerguts sowie aus der monatlichen Berichterstattung der Logistikkennzahlen

zusammensetzten. Nach drei Monaten erweiterte sich mein Aufgabengebiet und ich wurde

aufgrund von personellen Veränderungen im Werk zusätzlich für die Auftrags- und

Lieferplanung eingesetzt. Diese Mehrarbeit konnte ich mittels optimaler

Aufgabenverteilung und Prioritätensetzung ohne größere Probleme während meiner

täglichen Arbeitszeit ausführen und bewältigen. Weiterhin erhielt ich von meinem

Vorgesetzten interessante Projekte, wie z. B. die Verlagerung von Leergutmaterial ins

Außenlager, für diese ich eigenständig Lösungskonzepte ausarbeiten musste. Ebenfalls

durfte ich bei einer Produktverlagerung von Deutschland nach Spanien mitwirken, bei

dieser ich der Ansprechpartner für die gesamten logistischen Abwicklungen war. Durch

diese vielseitigen Tätigkeiten und die ständige Kommunikation mit verschiedenen

Abteilungsgruppen konnte ich meine betriebswirtschaftlichen Fachkenntnisse sowie

Fremdsprachenkenntnisse verbessern und erweitern.

3.2 Leergutmanagement bei Bosch

Malcom McLean gilt als der „Vater der Containerisierung“. Seinem persönlichen

Engagement und Kapital ist es zu verdanken, dass sich der Container als standardisierter

Transportbehälter weltweit durchgesetzt hat. In den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts

führte er den Warentransport in Containern ein, um damit die Ladevorgänge zu

vereinfachen. Seither hat sich die Produktivität in der Logistikkette enorm erhöht und

deshalb gilt heutzutage der Container als wichtigster Transportbehälter weltweit.

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3.2.1 Verpackungsarten

Die Verpackung hat den Zweck, die Produkte vor Umwelteinflüssen und Transportschäden

zu schützen. Zudem wird sie auch als Mittel der Transport- und Lagerfähigkeit eingesetzt.

Es können verschiedene Arten von Verpackungen unterschieden werden, welche aber meist

kombiniert auftreten: Geschenkverpackung, Einwegverpackung, Mehrwegverpackung,

Transportverpackung und Schutzverpackung. Hierbei bezeichnet die Geschenk-, Transport-

und Schutzverpackung den Zweck, und die Einweg- und Mehrwegverpackung die

Wiederverwertbarkeit einer Verpackung. Die Einwegverpackung (z. B. Einwegpaletten,

Kartonagen) ist für den einmaligen Gebrauch bestimmt und wird danach meist als Müll

entsorgt. Die Mehrwegverpackung (z. B. Container, Gitterboxen, Formeinlagen), auch

Leergut genannt, kann aufgrund ihrer stabilen Herstellung mehrere Jahre verwendet

werden uns ist universal einsetzbar. Ich möchte darauf hinweisen, dass in diesem Bericht

die Begriffe Mehrwegverpackung und Leergut analog gebraucht werden.

Bosch verwendet unterschiedliche Verpackungsarten um die Produkte per Lkw, Luft oder

Seefracht zu verschicken. Für direkte Kunden (z. B. Mercedes, Porsche, BMW) verwendet

Bosch Einwegverpackung oder kundeneigene Verpackung, die automatisch bei der

Materialbedarfsplanung im Warenwirtschaftssystem bei dem jeweiligen

Kunden/Lieferanten bestellt wird. Für innerbetriebliche Werkslieferungen benutzt Bosch

weltweit Mehrwegverpackung. Der Gebrauch von Mehrwegverpackung erfordert jedoch

eine genaue Leergutverfolgung, um eine ständige Versorgung der Werke mit Leergut zu

garantieren sowie auch damit, dass die Verpackungseinheiten immer wieder zu der

Eignerfirma zurückgeführt werden. Bei RBEA ist der Praktikant der Abteilung ALP für die

Steuerung, Planung und Überwachung des Leerguts zuständig.

3.2.2 Vor- und Nachteile der Mehrwegverpackung

Aufgrund von steigendem Preisdruck tendieren heutzutage die meisten Unternehmen zur

Benutzung von Mehrwegverpackung anstelle der umweltschädlichen Einwegverpackung.

Das Mehrwegverpackungssystem in der Logistik ist eine sehr kostensparende Methode,

jedoch ist sie mit einem Mehraufwand in der Verwaltung verbunden.

Vorteile der Mehrwegverpackung:

• Kostenreduzierung, da keine Einwegverpackung gekauft werden muss

• Umweltschonung durch Vermeidung von Recycling bzw. Entsorgung der Verpackung

• Besserer Schutz der Ware gegen Transportschäden (Verpackung ist stabiler)

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• Optimale Ausnutzung der Verpackungseinheit; mehrere Produkte mit verschiedener

Größe und Gewicht können in einzelne Mehrwegverpackungseinheiten gebündelt werden

• Hoher Raumnutzungsgrad, da die Lagerung sowohl als Blocklagerung sowie als auch in

Fachregalen möglich ist

• Optimierung des betriebsinternen Materialflusses durch universalen Einsatz des Leerguts

Nachteile der Mehrwegverpackung:

• Transportkosten bei der Rückführung der Mehrwegverpackung

• Personalkosten durch Verwaltungsaufwand

• Schwierige Leergutverfolgung, aufgrund von globalen und universellen Einsatz

3.2.3 Mehrwegverpackungen bei Bosch

Grundsätzlich wird innerhalb der Bosch-Gruppe die Euro-Gitterbox [Abb. 14] als

Transporthilfsmittel verwendet. Diese Gitterbox ist europaweit genormt und wird von

vielen Unternehmen und Speditionen eingesetzt. Die Euro-Gitterbox ist eine Stahlrahmen-

Konstruktion und verfügt über einen Bodenrahmen mit Füßen. Ihre Abmessungen (in cm)

sind L=120 * B=80 * H=100 und ihr Volumen beträgt 760 Liter. Die Gitterbox hat ein

Leergewicht von ca. 85 Kilo und sie kann zudem auch mehrfach ineinander gestapelt

werden. Diese Funktion ermöglicht in erster Linie eine

optimale Ausnutzung der Stellfläche des Transportfahrzeugs

(max. 52 Gitterboxen pro Lkw) und ebenso auch eine

Einlagerung in ein Hochregallager. Ebenso wie bei Paletten

kann die Gitterbox problemlos mit einem Gabelstapler bewegt

werden. Bei RBEA werden wöchentlich durchschnittlich 200

Gitterboxen für die laufende Produktion benötigt.

Bosch verwendete vor Einführung der Euro-Gitterboxen werksgenormte Gitterboxen

(Bosch-Gitterboxen). Sie haben denselben Zweck wie die Euro-Gitterboxen, jedoch

unterscheiden sie sich in der Größe und Farbe von den Euro-Gitterboxen. Bei Robert Bosch

Aranjuez werden Bosch-Gitterboxen nur noch für bestimmte Produkte und Lieferungen

eingesetzt, da nicht jeder Spediteur bzw. Kunde Bosch-Gitterboxen akzeptiert. Die Bosch-

Gitterboxen werden am Monatsende separat auf einem Konto erfasst und verwaltet.

Daimler Chrysler und BMW besitzen eigene Gitterboxen, die ebenfalls gesondert verwaltet

werden.

Abb. 14: Euro-Gitterbox (Quelle: Internet, Januar 2005)

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Euro-Paletten sind nach europäischen Richtlinien genormte Holzpaletten, die innerhalb des

Paletten-Pools in Europa getauscht werden können. Ihre Maße sind 80 x 120 Zentimeter.

Die Europalette ist für den Transport und die Lagerung universell einsetzbar. Bosch

verwendet vorwiegend Europaletten zum Versand von Kisten, Spulen und Kartonagen.

Immer mehr Kunden verlangen jedoch kundeneigene Verpackungen, wie z. B. Volvo

(Paletten mit Rahmen), Porsche (Pappschachteln), Härter (Kunststoffkisten) oder die schon

erwähnten Gitterboxen von Daimler Chrysler und BMW. Im wesentlichen unterscheidet sich

diese Verpackung kaum von der universell verwendeten Verpackung, sondern sie ist

zusätzlich nur durch das Firmenlogo und/oder der Firmenbezeichnung gekennzeichnet. Für

sich zu nennen ist die Volvo-Verpackung, die aus mehreren Teilen besteht (Paletten,

Rahmen, Trennplatten, Deckel und Schaumstoff) und für die regelmäßig eine Inventur

durchgeführt werden muss. Kleinere Produkte, wie z. B. Ersatzteile, werden in

Kunststoffkisten ausgeliefert. Kabel und Zündleitungen werden von unseren Lieferanten

auf Spulen (Plastik- und Holzspulen) angeliefert, die von RBEA gesammelt und wieder zum

Lieferanten zurück geführt werden. Andere Kleinteile, vor allem die Bürstenhalter, werden

in Formeinlagen aus Plastik ausgeliefert. Hierzu ein Beispiel; eine Gitterbox fasst 64

Formeinlagen und in eine Formeinlage passen wiederum 20 Produkteinheiten, so können in

einer Gitterbox folglich 1280 Bürstenhalter ausgeliefert werden.

[Abb. 15: Mehrwegverpackungen bei Bosch]

3.2.4 Leergutplanung

Die Aufgabe der Planung im Bereich Leergut liegt im frühzeitigen Erkennen von benötigten

Verpackungsmaterialen zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft. Einschlägige

Literatur definiert Planung wie folgt: „Planung als Versuch Unsicherheit zu reduzieren“

(Wild, 1974, S. 13). Allerdings wird selbst die „beste“ Planung nicht alle Risiken

ausschließen können, dennoch kann durch eine regelmäßig durchgeführte Planung die

Gefahr eines Engpasses an Leergut vermindert bzw. oft sogar vermieden werden. Die

Bedarfsermittlung des verschiedenen Leerguts erfolgt bei RBEA programmorientiert, d. h.

anhand von Maschinenbelegungs- und Produktionsplänen. Ein Produktionsplan beinhaltet

die monatlichen Produktionsmengen, die zur Erfüllung von Absatzzielen erforderlich sind.

Der Produktionsplan bei RBEA wird am Anfang jeden Monats anhand von Kundenaufträgen

und Lagerbeständen durch die Disponenten der Abteilung ALP festgelegt. Zugleich erstellen

die Disponenten Prognosen für das kommende Vierteljahr, welche auch bei der Planung des

Leerguts als Vorhersage von Nutzen sind. Bei RBEA werden erfahrungsgemäß

durchschnittlich 800 Gitterboxen im Monat benötigt.

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Bei der Leergutplanung ist die Zeit ein bedeutender Faktor. Bei RBEA umfasst der

Umlaufweg des Leerguts ganz Europa, dabei insbesondere Deutschland, daher bedarf es

einer genauen Leergutverfolgung sowie einer schnellen Leergutrückführung. Abgesehen

davon, dass die Transportwege von und nach Spanien unterschiedlich lang sind und

dementsprechend unterschiedliche Transportzeiten einkalkuliert werden sollten, müssen

auch noch die Fertigungs- und Lagerzeiten berücksichtigt werden. Transporte innerhalb

Spaniens benötigen erfahrungsgemäß ein bis zwei Tage, wobei Transporte innerhalb von

Europa bis zu vier Tage dauern können. Allerdings sollte eine Verzögerungszeit von

mindestens zwei Tagen eingerechnet werden, da aufgrund von Feiertagen, Wochenenden

mit Fahrverbot und schlechten Verkehrsverhältnissen eine längere Transportzeit auftreten

kann. Abschließend lässt sich daher zusammenfassen, dass die Gesamtmenge des Leerguts

mindestens so hoch sein muss, dass die Fertigungs-, Lager- und Lieferzeiten ohne weiteres

überbrückt werden können.

3.2.5 Leergutbeschaffung

Aufgrund der Ergebnisse der vorausgegangenen Bedarfsermittlung werden bei RBEA die

verschiedenen Mehrwegverpackungen vom Praktikanten der Abteilung ALP beschafft. Dies

kann wiederum auf zwei unterschiedlichen Wegen erfolgen. Zum einen wird das an den

Kunden bzw. Lieferanten verschickte Leergut wie z. B. Gitterboxen, Euro-Paletten oder

Formeinlagen wieder zurückgefordert. Dabei sollte jedoch vorab geregelt worden sein, wer

die durch den Transport entstandenen Kosten zu tragen hat und wer die Organisation des

Transports durchzuführen hat. Fehlt eine solche konkrete Abmachung, gilt bei Bosch die

Regel „Leergutschulden sind Schickschulden“, d. h. der Leergutschuldner muss auf eigene

Gefahr und Kosten die Mehrwegverpackung an den Leergutgläubiger zurückführen. Im

Einzelnen ist der Ablauf folgender; RBEA reklamiert fehlende Leergutmaterialien

wöchentlich an, indem die Kontenstände aller Leergutempfänger überprüft werden.

Daraufhin wird jeder Leergutschuldner über seine Schulden informiert und aufgefordert,

das Leergut schnellstens bereitzustellen. Dies ist sehr aufwendig, da einige Schuldner das

Leergut für eigene Zwecke benutzen und folglich ihre Schulden nicht begleichen können.

Der zweite Beschaffungsweg von Leergut erfolgt über Bestellungen von Leergutmaterial

direkt beim Kunden. Dabei handelt es sich in erster Linie um kundenspezifische

Verpackungen, an welchen RBEA kein Eigentum besitzt. Demzufolge wird nach der

Bedarfsermittlung beim Kunden die entsprechende Anzahl der benötigten

Verpackungsmaterialien bestellt. Bei dieser Art der Leergutbeschaffung fallen teils auch

Mietgelder an. Damit die Kosten so gering wie möglich gehalten werden, setzt dies eine

genaue Bedarfsplanung voraus.

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12

3.2.6 Leergutsteuerung

Mehrwegverpackungen werden nicht nur für ausgehende Fertigprodukte an die Kunden

eingesetzt, sondern auch für eingehende Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe von Lieferanten.

Daher muss nicht nur jederzeit ein gewisser Bestand an Mehrwegverpackung im Werk

vorhanden sein, sondern auch eine ständige Versorgung der Lieferanten mit dem

benötigten Leergut gewährleistet sein. Da das Leergut generell knapp ist, und viele Werke

ungern ihre Mehrwegverpackungen freiwillig für andere Werke zur Verfügung stellen, ist

eine zeitgenaue Erfassung und Überwachung aller Ein- und Ausgänge unerlässlich. Damit

keine Mehrkosten durch Verpackungsänderungen entstehen bzw. keine Reklamationen

durch Qualitätsmängel („falsche“ Verpackung) hervorgerufen werden, muss das Leergut

rechtzeitig in der verlangten Menge und am richtigen Ort verfügbar sein. Die Kontrolle wird

anhand von Datenbanken organisiert, in denen täglich alle Ein- und Ausgänge des Leerguts

erfasst werden. Auf dieser Grundlage werden Leergutkonten geführt, die monatlich mit

den Kunden und Lieferanten abgestimmt und eventuell korrigiert werden müssen. Die

Konten sollten stets ausgeglichen sein, da hohe und über einen längeren Zeitraum

aufgebaute Schulden erfahrungsgemäß nur sehr langsam wieder abgebaut bzw.

ausgeglichen werden können.

A. Verpackungseingänge („Entradas“)

Die meisten eingehenden Verpackungen kommen in Form von Leergutlieferungen an.

Daneben kann es sich aber auch um Vollgutlieferungen von einem Lieferanten handeln oder

auch nur um Rücklieferungen, wie z. B. bei Falschlieferungen. In einem solchen Fall

handelt es sich dann ebenfalls um Verpackungseingang. Für jede Buchung und somit für

jede Erfassung wird der dazugehörige Lieferschein benötigt. Neben dem einheitlich

genormten CMR-Frachtbrief gibt es eine große Anzahl von individuell gestalteten

Lieferscheinen, wie z. B. die von den spanischen Boschwerken verwendeten N.I.E.P.s (Nota

interna de entrega de productos). Ein Lieferschein ist ein Warenbegleitschein und dient als

Informationsträger der transportierten Ware. Lieferscheine beinhalten Daten wie z. B. den

Absender und Empfänger, den Spediteur sowie Informationen über Ware und Verpackung.

Falls der Lieferschein keine Angaben (z. B. Verpackungscode und Anzahl der gelieferten

Verpackungsstücke) über die mitgelieferte Verpackung enthält, muss diese unbedingt von

der Warenannahme nachgetragen werden. Nach Erfassung der Eingänge in der Datenbank

werden die Lieferscheine nach Lieferscheinnummer geordnet und archiviert. Hierbei trennt

RBEA zwischen nationalen (aus Spanien) und internationalen Eingängen. Die Trennung der

Eingänge nach dem Herkunftsland dient ausschließlich der Übersichtlichkeit, inhaltlich ist

diese Trennung ohne Bedeutung.

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Der Leergutverkehr zwischen RBEA und internationalen Werken ist gut optimiert und die

Rückführung des Leerguts erfolgt nahezu automatisch. Anhand des Beispiels Mexiko soll

dies nun verdeutlicht werden. RBEA schickt halbfertige Komponenten per Frachtschiff zu

Robert Bosch nach Mexiko. Bei Ankunft der Waren in Mexiko erfolgt ein mengenmäßiger

einheitlicher Austausch des Vollguts (volle Gitterboxen) durch das Leergut (leere

Gitterboxen), dass dann wiederum zu RBEA zurückgeführt wird. Der Praktikant muss

lediglich noch den Wareneingang bzw. Warenausgang kontrollieren und erfassen. Ein

Problem dieser automatisierten Vorgehensweise stellt jedoch der Leertransport von Mexiko

nach Spanien dar, welcher in diesem Fall nicht verhindert werden kann.

B. Umlaufprozess - Dreieckstausch

Innerhalb Europas wird oft ein sog. Dreieckstausch vorgenommen. Ein Dreieckstausch

bedarf einer guten Verständigung und Organisation mit verschiedenen Werken und

Speditionen. Anhand des folgenden Beispiels [Abb. 16: Umlaufprozess – Dreieckstausch] soll ein

Dreieckstausch aufgezeigt und erklärt werden. Das Bosch-Zulieferwerk in Aranjuez

beliefert regelmäßig das Bosch-Hauptwerk in Karlsruhe mit verschiedenen Bauteilen

(Vollgut). Karlsruhe empfängt wiederum weitere Bauteile von anderen Bosch-Werken in

Europa, welche in Karlsruhe montiert und als Fertigteile an die Kunden versendet werden.

Somit ist das Hauptwerk in Karlsruhe hauptsächlich Empfänger von Leergut, und folglich

müssen die Leergut-Schuldenstände gegenüber dem Zulieferwerk in Aranjuez steigen. Eine

Rückführung der Mehrverpackung als Leerguttransporte (Leerfahrten) an die verschiedenen

Werke, wie z. B. auch an RBEA, würde die Transportkosten unverhältnismäßig in die Höhe

treiben und wäre ineffektiv. Die Lösung dieses Problems ist der Dreieckstausch.

Wie schon erwähnt akzeptiert Bosch angelieferte Rohstoffe nur in Mehrwegverpackungen.

Dies bedeutet jedoch, dass die Lieferanten von Bosch auch Leergut erhalten müssen. Da

sich viele Rohstofflieferanten von RBEA in Deutschland befinden, müssen diese ebenfalls

regelmäßig mit Leergut versorgt werden. Das Hauptwerk in Karlsruhe kann nun dadurch

seine Leergutschulden abbauen, indem es Leergut an unsere Lieferanten in Deutschland

liefert. Somit wandern nun unsere Mehrwegverpackungen mit den benötigten Rohstoffen

über die Lieferanten zu RBEA zurück. Hierbei werden Leerfahrten und hohe

Rückführungskosten vermieden, da die Kosten für die tatsächliche Rückführung von

Deutschland nach Spanien die Lieferanten tragen. Für die Organisation und Koordination

eines Dreieckstausches ist der Praktikant der Abteilung ALP zuständig. Um einen

Dreieckstausch durchführen zu können, müssen die Schuldenstände wie auch die

Forderungen der Lieferanten stets aktuell sein.

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Weiterhin müssen die kostengünstigsten und schnellsten Transportwege abgeschätzt

werden, da einerseits die Lieferwerke nicht mit weiten Transportwegen belastet werden

dürfen und andererseits die Empfängerwerke schnell über das Leergut verfügen sollten.

Kurzerhand kann man aber sagen, dass ein Transport innerhalb Deutschlands für die

Leergutschuldner bei weitem günstiger ist, als es ein Rücktransport nach Spanien wäre. Die

Auftragserteilung des Transports erfolgt problemlos bei der Spedition Frans Maas, dem

Hauptspediteur von Bosch. Gegenwärtig arbeitet RBEA mit zehn Boschwerken und sieben

Lieferanten in Deutschland zusammen, wobei aber nicht mit allen Werken ein

Dreieckstausch möglich ist.

[Abb. 16: Umlaufprozess – Dreieckstausch]

C. Verpackungsausgänge („Salidas“)

Die Ausgangserfassung des Leerguts ist wesentlich leichter zu handhaben, da RBEA nur an

bestimmte Werke Ware schickt. Für alle Auslieferungen sind die Mitarbeiter des

Ausgangslagers zuständig, die auch das Leergut verwalten und bereitstellen. Jedoch bevor

die Lieferungen das Werk verlassen, müssen die Leerguteinheiten in Menge und Qualität

kontrolliert werden, wie z. B. die richtige Stapelung der Gitterboxen und der

ordnungsgemäße Verschluss der Kisten und Formeinlagen. Wenn die erforderliche Prüfung

nicht durchgeführt wird, können unter Umständen die Waren aufgrund von beschädigtem

Leergut verschmutzt und im schlimmsten Fall sogar beschädigt werden.

Als Grundlage für die Buchungen der Verpackungsausgänge dienen Lieferscheine (Albarán),

Transportaufträge (Pedido transporte) sowie Rechnungen (Factura). Diese

Lieferdokumente erhält der Praktikant täglich per Hauspost vom Ausgangslager. Die

Ausgänge werden täglich verbucht und die Lieferdokumente nach dem gleichen Prinzip wie

bei den Eingängen geordnet und abgelegt. Bei einigen Lieferanten, die uns ihre

Leergutverpackung in Rechnung stellen, muss bei der Rückführung des Leerguts ebenfalls

eine Forderungsrechnung (Debit note) erstellt werden. Dies geschieht indem der Praktikant

bei der zentralen Buchhaltungsstelle im Werk Madrid eine Forderungsnummer beantragt.

Sobald diese Forderungsnummer von dem verantwortlichen Mitarbeiter bestätigt wurde,

kann dem Lieferanten eine Rechnung für das Leergut gestellt werden. Dabei wird die

Anzahl des zurückgeführten Leerguts mit dem vereinbarten Preis multipliziert und das

Netto- und Bruttogewicht des Leerguttransports ausgerechnet. Ein Skonto-Nachlass für

Verpackung wird generell nicht gewährt.

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Falls eine Mehrwegverpackung beschädigt wurde, muss der Verantwortliche dafür gesucht

sowie die Gründe des Schaden aufgedeckt werden. Meistens treten Fälle der Beschädigung

nur während des Transports auf, da in der Produktion und im Lager die Prozesse so

gestaltet sind, dass so gut wie keine Beschädigungen des Leerguts auftreten können.

Anhand der Lieferbedingungen, den Incoterms, wird das verantwortliche Werk für den

Ersatz der Verpackung bestimmt und belastet. Trifft das Verschulden die Firma Bosch,

dann wird das beschädigte Leergut ausgebucht und in einem separaten Kostenblatt erfasst.

Daraufhin wird versucht, das beschädigte Leergut zu reparieren, ist dies nicht mehr

möglich bzw. aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht mehr sinnvoll, so wird das

Leergut entsorgt. Bei starken Verschmutzungen wird analog wie mit den Beschädigungen

vorgegangen.

D. Monatsabschlüsse („Cierre del mes“)

Am Monatsende wird jeder Kunde/Lieferant über den aktuellen Schuldenstand bzw.

Guthaben an Leergut gegenüber RBEA informiert. Dazu werden aus der Leergutdatenbank

alle Bewegungen des betreffenden Monats in einer einheitlichen Aufstellung

zusammengestellt und in ein Faxformular übertragen. Der Monatsabschluss sollte dann bis

zum Zehnten des Folgemonats an den Kunden geschickt werden. Erfahrungsgemäß erhält

man in den darauffolgenden Tagen Reklamationen bezüglich den Kontensalden und den

Bewegungen des vorigen Monats. Solche Abweichungen können auftreten, wenn z. B.

Lieferungen entgegen genommen wurden, diese aber nicht korrekt verbucht worden sind.

Dies hat zur Folge, dass diese Ein- und Ausgänge in der Endabrechnung fehlen und dadurch

die Leergutsalden zwischen den Werken differieren. In einem solchen Fall müssen dann die

fehlenden Lieferscheine nachgereicht werden, ins System eingebucht und die

Leergutsalden korrigiert werden. Einige Werke benutzen einen systemerstellten

Kontoauszug, den der Praktikant per Post erhält. Dieser muss auch überprüft und

gegebenenfalls abgeglichen werden. Außerdem bieten immer mehr Firmen die Möglichkeit

an, die Leergutbewegungen und Kontenstände online abzufragen, wie z. B. Daimler

Chrysler, die das amerikanische Online-Portal Covisint für die Leergutverwaltung

einsetzen. Außerdem ermöglicht diese Anwendung ebenso, dass der Inventurabschluss am

Jahresende direkt online erfasst werden kann. Dies hat den großen Vorteil, dass jederzeit

auf die aktuellen Leergutstände des Kunden zugegriffen werden kann und dadurch der

Monatsabschluss in Papierform überflüssig ist.

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E. Leergut-Inventur („Inventario“)

Neben der laufenden Kontrolle durch die Kontenführung werden bei RBEA auch Inventuren

des tatsächlichen Bestands an Leergut durchgeführt. Dies soll sicherstellen, dass die

Lagerbestände, welche in den Leergutkonten erfasst sind auch mit den physischen

Beständen übereinstimmen. Einige Kunden, wie z. B. Volvo, verlangen zudem eine

vierteljährliche Inventur der eigenen Verpackungen. Die Lagerung des Leerguts befindet

sich bei RBEA in verschiedenen markierten Flächen der Produktion sowie in einem

Außenlager.

3.3 Berichterstattung der Logistikkennzahlen

Unter Berichterstattung versteht man die regelmäßige Aufbereitung von

betriebswirtschaftlichen Steuerungsinformationen in strukturierter und komprimierter

Form an die Führungskräfte. Sie bilden die Grundlage für die Überwachung der

Wirtschaftlichkeit und für die Beurteilung der Geschäftsentwicklung. Hierzu werden

zunächst die Zahlen über alle abgelaufenen logistischen Vorgänge (Ist-Werte) einer Periode

in auswertbarer Form vom Controlling an die Logistikabteilung weitergeleitet, auf die der

Praktikant wiederum zurückgreift und die Ist-Werte den vorgegebenen Soll bzw.

Zielwerten aus der Planung gegenüberstellt. Anschließend übernimmt er alle Werte in ein

sog. Cockpitchart und händigt dieses jeden Monat an die Geschäftsleitung aus.

3.3.1 Cockpitchart (CPC)

Mit Hilfe des CPCs [Abb. 17: Cockpitchart] werden verschiedene Logistikkennzahlen und

deren Zielerfüllung graphisch dargestellt. Sie sollen einen Überblick über die Lage des

Unternehmens geben und richten sich primär an die Geschäftsleitung. Innerhalb der Bosch-

Gruppe existiert für das CPC ein einheitliches Format, das monatlich in jeder

Fachabteilung mit den jeweiligen aktuellen Kennzahlen präsentiert wird. Das Datenblatt

wird mit Hilfe von MS Excel erstellt und enthält neben den graphischen Darstellungen auch

zusätzlich noch eine tabellarische Aufstellung über die dazugehörigen Kennzahlen. Jede

Kennzahl besitzt einen Zielwert oder eine Zielobergrenze, z. B. Kosten oder Tage. Die

Grundlage für die Zielermittlung ist der aktuelle Wirtschaftsplan des Controllings, aus

diesem die Ziele und die Durchschnittszahlen der jeweiligen Kennzahlen entnommen

werden. Das Logistik-CPC enthält folgende Kennzahlen: Warenverfügbarkeit,

Liefererfüllungen, Kundenrückstände, Falschlieferungen, Sonderfahrten sowie diverse

Lagerbestände. Der Praktikant der Abteilung ALP bereitet monatlich alle erforderlichen

Daten auf und übernimmt diese in das CPC.

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Das aktualisierte Datenblatt wird anschließend an die Geschäftsleitung und an alle

Verantwortlichen der Fachabteilung ausgehändigt. Dabei muss der Praktikant stets darauf

achten, dass die Zahlen nicht extern weitergegeben werden, da es sich um wichtige

interne Betriebsinformationen handelt. Nach Überprüfung und eventuellen Korrekturen

wird das CPC an die Bosch-Zentrale nach Deutschland verschickt.

(1) Warenverfügbarkeit („Disponibilidad de mercancías“)

Die Warenverfügbarkeit gibt Aufschluss darüber, wie viele Kundenanfragen bei RBEA auch

in realisierte Bestellungen umgesetzt worden sind. Dabei werden aber ausschließlich nur

Anfragen von Produkten berücksichtigt, die auch bei RBEA produziert werden können.

Diese Kennzahl wird anhand von Mengen- und Terminabweichungen gemessen und

ausgewertet, d. h., falls ein gewünschter Kundenbedarf eines Produktes nicht vorrätig

wäre bzw. dessen Liefertermin nicht eingehalten werden könnte, so würde sich dies

negativ auf die Kennzahl auswirken. Die Daten ermittelt der Praktikant aus dem System,

indem er die gesamten Anfragewerte, wie auch die Auftragswerte summiert und in einem

prozentualen Verhältnis gegenüberstellt und auswertet. Der Zielwert bei RBEA lag für das

Jahr 2004 bei 96 %, allerdings wurde der Wert im neuen Jahr auf 95 % herabgesetzt. Zu

Beginn meines Praktikums erreichte der Ist-Wert lediglich 90 %, doch aufgrund von

internen Verbesserungsmaßnahmen im vergangenen halben Jahr, konnten sich die Werte

zum Ende meines Praktikums zwischen 94 % und 98 % einpendeln.

(2) Interne Liefererfüllung („Cumplimentación de entregas“)

Bei der internen Liefererfüllung (Werkliefererfüllung) wird gemessen, ob die Bestellungen

in der richtigen Menge und zum richtigen Zeitpunkt ausgeliefert worden sind. Dabei

handelt es sich aber nur um Bestellungen und Lieferungen innerhalb der Bosch-Gruppe, wie

z. B. bei Lieferungen von Bauteilen an das Bosch-Hauptwerk in Karlsruhe. Für die Messung

der internen Liefererfüllung ist der bestätigte Auslieferungstermin bei RBEA und der

tatsächliche Wareneingangstermin beim Kunden entscheidend. Aufgrund der weiten

Entfernung zwischen Spanien und Deutschland entsteht zwischen dem Auslieferungstermin

und dem Wareneingangstermin jedoch immer eine Differenz von durchschnittlich vier

Tagen. Diese Differenz wird pauschal mit einem Lieferzeitpuffer von einer Woche

berücksichtigt. Diese Kennzahl hat sehr große Wichtigkeit und muss regelmäßig überwacht

werden, da Lieferungsverzögerungen bei den Kunden sehr schnell einen partiellen

Produktionsstillstand hervorheben können. Das Ziel dieser Kennzahl liegt bei 99 %, bisher

wurden aber leider nur Werte zwischen 90 % und 95 % erreicht.

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(3) Externe Liefererfüllung - LIWAKS („Cumplimentación de primer equipo“)

LIWAKS ist die Abkürzung für „Liefererfüllung/Abrufverhalten Warn- und Kontrollsystem“.

Dies ist ein internetbasiertes Kontrollsystem zur Messung der externen Liefererfüllung

(Vertriebsliefererfüllung). Zudem erfasst es eine Historie vergangener Kundenabrufe und

Einplanungen. Grundlage für die LIWAKS Anwendung ist die Datenbank aus dem

Warenwirtschaftssystem EVA/SAP. Datenänderungen und Einspielungen neuer

Kundenabrufe wirken sich somit direkt auf das Messergebnis in LIWAKS aus. Für den

Bereich Logistik ist die Messung der externen Vertriebsliefererfüllung von sehr großer

Bedeutung und muss täglich überwacht werden.

Bei der externen Liefererfüllung wird auch wie bei der internen Liefererfüllung gemessen,

ob der Kundenwunschtermin mit dem vereinbarten Einplanungstermin übereinstimmt und

ob der eingeplante bestätigte Termin auch realisiert und rechtzeitig ausgeliefert wurde.

Dies soll anhand eines Beispiels verdeutlicht werden. Der Kunde Volvo bestellt 500

Riemenscheiben auf den Wunschtermin 10.01.2005. Aufgrund von Produktionsengpässen

kann die Lieferung aber frühestens zum 12.01.2005 eingeplant werden. Wiederum erst am

14.01.2005 erfolgt eine Teillieferung über 300 Riemenscheiben an Volvo, da die restlichen

Riemenscheiben aufgrund von fehlenden Kapazitäten in der Qualitätskontrolle nicht

freigegeben worden sind. Dieser Auftrag wird folglich bei der Messung der externen

Liefererfüllung LIWAKS gleich drei mal negativ bewertet, da weder der Wunschtermin

(Lieferungsverzug), eingeplanter Termin (Produktionsverzug) noch die Wunschmenge

(Teillieferung) eingehalten wurde. Im Gegensatz zur internen Liefererfüllung werden bei

der LIWAKS Messung nur externe Kunden gemessen.

Der Praktikant ist für die tägliche LIWAKS Messung verantwortlich. Sobald er eine

Abweichung zwischen den Kundenwunschterminen und den bestätigten Terminen aufdeckt,

benachrichtigt er die verantwortlichen Disponenten, die sich daraufhin mit den Kunden in

Kontakt setzen und versuchen, diese zu einer Änderung des Wunschtermins zu bewegen.

Dies ist die einzigste Möglichkeit noch einen 100%igen Erfüllungsgrad für diese Aufträge zu

erhalten. Daher muss der Praktikant die eingeplanten Lieferungen täglich beobachten und

darauf achten, dass die Aufträge pünktlich ausgeliefert werden. Dazu steht er ständig mit

der Produktion und dem Ausgangslager in Kontakt. Oftmals wurden Aufträge rechtzeitig

ausgeliefert, jedoch erst verspätet im System als Warenausgang erfasst. Dies hatte dann

eine irreale verspätete Auslieferung zur Folge. Diese irrealen Verspätungen wirken sich

natürlich wieder negativ auf die LIWAKS Messung aus und müssen vermieden werden. Der

LIWAKS Zielwert liegt momentan bei 96 %. Dieser Zielwert wurde im letzten Quartal

nahezu fortlaufend erreicht.

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(4) Verkaufssonderfahrten („Transportes especiales“)

Für regelmäßig geplante Auslieferungen beauftragt Bosch seinen deutschen Hauptspediteur

Frans Maas in Ludwigsburg, der auch mehrere Depots in Spanien betreibt. Frans Maas hat

an bestimmten Tagen feste Transporte von Spanien nach Deutschland für Bosch eingeplant.

Somit werden verschiedene Chargen aus mehreren Bosch Werken in Spanien kombiniert

(Sammeltransport) und dadurch die komplette Ausnutzung der gesamten Transportfläche

gewährleistet. Öfters reichen aber diese fest eingeplanten Fahrten nicht für alle

Lieferungen aus, da es neben den „gewöhnlichen“ Lieferungen auch Eillieferungen gibt,

die durch eine Sonderfahrt ausgeliefert werden müssen. Bei selbstverschuldeten

Lieferungsverzögerungen von seitens RBEA kann daher nicht bis zum nächsten fest

eingeplanten Transporttermin nach Deutschland gewartet werden, sondern es muss ein

schnellerer Transportweg gefunden und eingeplant werden. Dies ist die Aufgabe der

Versandabteilung, die in Absprache mit dem Kunden eine beiderseitige akzeptable Lösung

sucht. Die Kosten für einen solchen Sondertransport übernimmt in diesem Fall RBEA.

Kleinere Expresslieferungen werden erfahrungsgemäß mit TNT (Thomas Nationwide

Transport) oder DHL (Deutsche Post World Net) ausgeliefert. Bei größeren Mengen muss

jedoch bei verschiedenen Spediteuren, unter anderem auch bei Frans Maas, angefragt und

das günstigste Angebot kalkuliert werden. Wird wiederum von unseren Kunden ein

Schnelltransport verlangt, wird wie bereits geschildert vorgegangen, jedoch mit dem

Unterschied, dass die Kunden, die durch den Sondertransport verursachten Kosten tragen.

In diesen Fällen muss jedoch dann mit der Verkaufsabteilung abgestimmt werden, dass

diese auch einen Transportkostenzuschlag von den Kunden verlangen, damit die Kosten der

Sondertransporte nicht durch RBEA bezahlt werden. Allerdings werden in der Statistik für

Verkaufssonderfahrten nur die durch RBEA verschuldeten Sonderfahrten einkalkuliert, die

von unseren Kunden verschuldeten Fällen bleiben in der Statistik unberücksichtigt.

Aufgrund von guten Ergebnissen bei den Indikatoren Lieferfüllung und Warenverfügbarkeit

liegen die Kosten für Verkaufssonderfahrten in einem angemessenen Rahmen und

unterhalb der Obergrenze. Kosten für Sondertransporte, die RBEA als Kunde bei seinen

Lieferanten verursachte, werden in diese Statistik nicht miteinbezogen, da jene Kosten

über eine eigene Kennzahl in der Einkaufsabteilung erfasst werden. Die Obergrenze für

Verkaufssonderfahren bei RBEA beträgt monatlich 6 200 Euro, wobei die jährlichen

kumulierten Transportkosten nicht 75 000 Euro überschreiten sollten. Eine detaillierte

Aufstellung der gesamten Transportkosten erhält der Praktikant aus der Versandabteilung.

Nachdem alle Daten aufbereitet und konsolidiert worden sind, kann die Kennzahl

aktualisiert und veröffentlicht werden. Die Mitarbeiter im Ausgangslager werden ebenfalls

über das Monatsergebnis informiert.

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(5) Falschlieferungen („Fallos logísticos“)

Unter einer Falschlieferung versteht man jede Art von Abweichung (Nichterfüllung einer

Forderung) vom Kundenwunsch. Alle Abweichungen in der Beschaffenheit sowie in der

Menge werden von der Qualitätsabteilung aufgezeichnet, untersucht und schnellst

möglichst wieder behoben. Die Qualitätsabteilung bei RBEA besteht aus zwei

Qualitätsteams, wobei ein Team für ausgehende Lieferungen (Ausgangsprüfung) und das

andere Team für eingehende Lieferungen (Eingangsprüfung) verantwortlich ist. Das Team

in der Ausgangsprüfung kontrolliert, ob die ausgehenden Produkte den internen und

externen Qualitätsstandards entsprechen. Die Prüfung erfolgt meistens durch eine

Stichprobenprüfung, jedoch in wenigen besonderen Fällen auch durch eine Vollprüfung.

Unter einer Vollprüfung (100%-Prüfung) versteht man die Überprüfung sämtlicher Produkte,

im Gegensatz dazu wird bei einer Stichprobenprüfung nur ein Teil der Produkte geprüft.

Zwingend erforderlich ist die Vollprüfung, wenn gewisse Chargen hinsichtlich der Qualität

und Beschaffenheit noch unbekannt sind. Sollte es dennoch vorkommen, dass ein

beschädigtes oder nicht funktionsfähiges Produkt ausgeliefert und vom Kunden reklamiert

wird, dann handelt es sich um eine Falschlieferung (Kundenreklamation). Ebenso

Mengenabweichungen sowie falsch ausgelieferte Produkte werden hier erfasst. Da bei

Bosch die Qualität der Produkte eines der höchsten Unternehmensziele darstellt, spiegeln

sich in dieser Strategie auch die guten Zahlen wieder. Für das Jahr 2004 gab es bei RBEA

bisher noch keine Falschlieferungen. Die Obergrenze der erlaubten Falschlieferungen liegt

klar bei null Falschlieferungen. Die monatlichen Daten muss der Praktikant in der

Qualitätsabteilung/Ausgangsprüfung anfordern.

(6) Lagerbestände - Gesamt („Existencias totales“)

Hohe Lagerbestände sind oftmals mit hohen Lagerkosten verbunden und im Logistikbereich

vorwiegend der größte Kostenverursacher. Zu den Lagerkosten zählen nicht nur die

Betriebskosten, wie z. B. Miete und Gehälter, sondern auch das investierte Kapital in die

gelagerten Produkte. Diese Kapitalkosten (Zinskosten) werden daher mit einem

Verteilungsschlüssel auf die Lagerkosten aufgeschlagen. In der Betriebswirtschaft spricht

man von „totem Kapital“, wenn zu viel als benötigt gelagert wird.

Grundsätzlich beschäftigt die Logistikabteilung das folgende Problem, dass sie zwischen

zwei konkurrierenden Zielen aus verschiedenen Unternehmensbereichen steht. Einerseits

versucht die Wirtschaftsabteilung (Controlling) die Lagerkosten und somit auch die

Lagerbestände zu jeder Zeit möglichst gering zu halten sowie die Lagerkapazitäten

herabzusetzen um damit Fixkosten zu senken.

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Andererseits verlangen die Produktion und der Verkauf eine Sicherheit bei der Versorgung

mit Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen und Fertigteilen. Diese Sicherheit und Flexibilität ist

nur dann gegeben, wenn die benötigten Teile in einer bestimmten Menge auf Lager sind.

Da folglich nicht beide Ziele gleichzeitig erreicht werden können, sollte die optimale

Lagermenge ermittelt werden, die für beide Unternehmensbereiche eine akzeptable

Lösungsalternative darstellen würde.

RBEA besitzt momentan sehr hohe Lagerbestände, die noch aus einer bislang

angewendeten Einkaufsstrategie resultieren. Viele Lieferanten fordern nämlich eine

Mindestabnahmemenge, die nicht unterschritten werden darf, oder bieten Staffelpreise

an, die von einer vorgegebenen Abnahmemenge abhängig sind. Um somit einen günstigeren

Einkaufspreis zu erhalten, muss der Einkauf höhere Abnahmemengen als benötigt in

Betracht ziehen, die sich jedoch später wieder negativ durch die höheren Lagerbestände

auswirken. Diese Strategie wurde von der Einkaufsabteilung über eine längere Zeit

verfolgt, es lässt sich jedoch darüber streiten, ob diese Strategie sinnvoll war oder nicht.

Um Konflikte innerhalb der Abteilungen zu vermeiden, sollte die Geschäftsleitung

und/oder die Wirtschaftsabteilung entscheiden, welche Strategien im Einkauf, in der

Produktion und im Verkauf angewendet und verfolgt werden sollten.

Wie bereits erwähnt stellen bei RBEA die Lagerbestände das Hauptproblem im

Logistikbereich dar. Sie sind sehr hoch und die Zielwerte werden nur selten erreicht. Eine

allgemein gültige Strategie bei RBEA wurde offiziell nie definiert, obwohl sich in den

letzten Jahren der Fokus stark auf die Versorgungssicherheit der Produktionsstoffe und auf

generierte Rabatte im Einkauf richtete (wie bereits oben erwähnt). Die dadurch

angestiegenen Lagerbestände wurden dabei jedoch meistens vernachlässigt. Bei der

Messung für das CPC ist der Gesamtlagerwert (in Euro) und die Gesamtlagerdauer (in

Tagen) ausschlaggebend. Allerdings betreffen die Gesamtlagerbestände nicht nur einen

einzigen Lagerbereich, sondern mehrere verschiedene Lagerbereiche, die anschließend

noch näher erläutert werden und für diese jeweils eigene Strategien und Ziele festgelegt

wurden. Die Ziele bei den Gesamtlagerbeständen sind folgendermaßen definiert; es gilt

einen Gesamtlagerwert unter ca. 3,5 Millionen Euro und eine Gesamtlagerdauer von unter

45 Tagen zu erreichen. Bedauerlicherweise liegt der Durchschnitt für die letzten 12

Monaten bei ca. 5 Millionen Euro (Gesamtlagerwert) und bei ca. 65 Tagen

(Gesamtlagerdauer). Die Geschäftsleitung ist sich dieses Problems bewusst und wird im

ersten Halbjahr 2005 Gegenmaßnahmen zur Reduzierung der Lagerbestände bekannt

geben.

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(7) Lagerbestände – Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe

(„Existencias – Material directo e indirecto“)

Das Lager für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe dient vorwiegend der Produktion und

beinhaltet alle benötigten Materialien und Hilfsmittel, die für die laufende Fertigung

benötigt werden. Beim Erreichen der Mindestbestände bzw. Meldebestände bestellt die

Einkaufsabteilung die benötigten Materialien beim Lieferanten und bucht diese bei

Warenanlieferung ein. Der Lagerabgang erfolgt durch die Produktion, die sich die

benötigten Materialien eigenständig entnimmt und als Entnahme verbucht. Rohstoffe sind

in der Betriebswirtschaft alle Materialien, die die Basis für die Herstellung von Produkten

darstellen. Eine wichtige Gruppe der Rohstoffe bei RBEA sind die Plastike. Dabei müssen

die Rohstoffe unbedingt von den Hilfs- und den Betriebsstoffen unterschieden werden, da

Hilfsstoffe alle Materialien sind, die nicht als wesentliche Bestandteile in die Endprodukte

eingehen, wie z. B. Schrauben und Federn. Zu den Betriebsstoffen zählen schließlich jene

Materialien, die zur Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft der zur Produktion

notwendigen Maschinen und Anlagen dienen, wie z. B. Kühlmittel und Putzmittel.

Bei den Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen ist eine ständige Bereitstellung der Materialien

unabdingbar, da sonst leicht ein Produktionsstillstand riskiert werden kann. Jedes Material

besitzt einen Sicherheitsbestand und einen Meldebestand, der nicht unterschritten werden

darf. Wenn der Lagerbestand eines Materials eine gewisse Menge (Meldebestand) erreicht

hat, die wiederum vom Sicherheitsbestand, Tagesverbrauch und von der

Wiederbeschaffungszeit abhängt, meldet das System automatisch eine Bedarfsanforderung,

die anschließend vom Einkauf in eine Bestellung umgewandelt wird. Die hohen

Lagerbestände bei den Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen werden weitgehendst akzeptiert

und nicht als ernsthaftes Problem angesehen, da durch diese Politik wiederum andere

Ziele, wie z. B. Qualitätsziele und Rabatte in der Beschaffung, garantiert werden können.

(8) Lagerbestände – Fertigung („Existencias – Productos en curso“)

Auch während des Fertigungsprozesses finden aufgrund von Maschinenumstellungen oder

Lieferungsverzögerungen von benötigten Materialien eine Zwischenlagerung von unfertigen

Erzeugnissen in der Fertigungshalle statt. Bei Maschinenumstellungen dauert eine Lagerung

max. nur ein bis zwei Tage. Jedoch entstehen oftmals durch Änderungen des

Produktionsplans immer mehr unfertige Aufträge, die dann bis zu mehreren Wochen nicht

fertig gestellt werden können und zwischen gelagert werden müssen.

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Das Hauptproblem der Zwischenlagerung in der Fertigung besteht darin, dass kein

abgegrenztes physisches Lager für unfertige Erzeugnisse existiert, sondern die Erzeugnisse

auf freien Flächen in den Produktionshallen gelagert werden und somit auf Dauer den

Produktionsablauf behindern können. Zudem ist es schwierig bei zu hohen Lagerbeständen

in der Fertigung den Überblick über die verschiedenen unfertigen Erzeugnisse zu behalten

und dies dann zur Folge hat, dass dadurch oft Aufträge vergessen werden und/oder zu

lange in der Produktion stehen bleiben. Eine Optimierung dieses Problems erhofft sich die

Logistikleitung durch das kürzlich eingeführte Warenwirtschaftssystem SAP. Hier wird bei

Produktionsaufträgen eine Prioritätszahl vergeben, die für die Produktionsreihenfolge

ausschlaggebend ist. SAP rechnet somit das optimale Produktionsprogramm aus und

berücksichtigt dabei auch den Abbau der unfertigen Aufträge. Die Lagerbestände der

Fertigung bei RBEA sind generell sehr hoch und weitaus über der zugelassenen Obergrenze.

Dieses Problem wurde mit der technischen Leitung diskutiert und soll nach Abschluss der

SAP-Einführung bearbeitet und gelöst werden. Gründe und genauere Details für diese

hohen Lagerbestände wurden leider nicht bekannt gegeben.

(9) Lagerbestand – Fertigerzeugnisse („Existencias - Productos terminados“)

Dieser Indikator misst die Lagerbestände der Fertigerzeugnisse sowie die Lagerdauer im

Warenlager bis zur endgültigen Auslieferung an den Kunden. Für die Lagerbestände der

Fertigerzeugnisse ist das Warenausgangslager zuständig. Die Fertigerzeugnisse werden von

der Produktion an das Ausgangslager geschickt, dort werden sie verpackt und schließlich

über eine Spedition an die Kunden ausgeliefert. Hierbei erfolgt erfahrungsgemäß die

Auslieferung jedoch nicht gleich am selben Tag, da die Speditionen feste Abholzeiten

haben und die Produkte nicht am Tag des Eintreffens sofort abgeholt werden. Das heißt,

treffen Fertigerzeugnisse daher nach dem Abholtermin ins Warenlager ein, so müssen

dieses Teile bis zum nächsten Abholtermin gelagert oder in dringenden Fällen ein

Sondertransport organisiert werden. Weiterhin können Engpässe beim Fehlen der richtigen

Mehrwegverpackung auftreten, wenn z. B. nicht ausreichend Gitterboxen bereitstehen,

und somit auch keine sofortige Auslieferung erfolgen kann. Die Monatsdaten der

Lagerbestände für das Warenausgangslager werden nicht von der Wirtschaftsabteilung

erfasst, sondern müssen direkt bei der Lagerleitung angefordert werden.

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3.3.2 Maßnahmenpläne

Ein Maßnahmenplan [Abb. 18: Maßnahmeplan] leitet sich aus Zielen ab und soll die

Umsetzung dieser Ziele steuern und unterstützen. Maßnahmenpläne bei Bosch sind

einheitlich gestaltet und beinhalten neben dem betreffenden Bereich, dem Ziel und den

Maßnahmen auch noch die verantwortlichen Personen, die Zielwerte (Soll-Werte) sowie die

erreichten Werte (Ist-Werte) und zudem noch eine graphische Darstellung. Eine Ampel soll

die jeweilige Lage (Status) bewerten. Jede Ampelfarbe hat ihre Definition und Bedeutung.

Grün signalisiert, dass der monatliche Wert auf der prognostizierten Zielerreichungskurve

liegt bzw. überschritten hat und das Jahresendziel aus heutiger Sicht erreicht werden

würde. Gelb wird angewendet, wenn der monatlich ausgewiesene Wert sich der

prognostizierten Zielerreichungskurve zwar annähert, aber diese noch nicht überschritten

hat. Demzufolge ist die Abweichung nur geringfügig und temporär, wobei jedoch von einer

positiven zukünftigen Entwicklung ausgegangen wird, d. h. bei bereits eingeleiteten

Gegenmaßnahmen eine Verfehlung des Jahreszielwertes ausgeschlossen werden kann. Rot

signalisiert ein klares Verfehlen der monatlichen Zielerreichungskurve. Es bestehen sogar

Zweifel an der Erreichung des Jahreszielwertes. Die festgelegten Maßnahmen genügen

voraussichtlich nicht aus oder kommen in ihrer Wirkung zu spät. Die Beurteilung der

Zielerreichung und der Ampelfarben erfolgt durch den jeweiligen Prozessverantwortlichen.

Werte, die länger als zwei Monate gelb ausgewiesen sind, werden ab dem dritten Monat

mit Rot gekennzeichnet, da aufgrund obiger Definition dann eine Erreichung des

Jahreszielwertes fraglich ist.

Die Erstellung der Maßnahmenpläne bei RBEA erfolgt parallel mit der Erstellung des CPCs.

Sobald ein Wert das gewünschte Ziel nicht erreicht hat oder die Wertobergrenze

überschritten hat, wird für diese Kennzahl ein Maßnahmenplan ausgearbeitet. Für die

Erstellung und Aktualisierung der Maßnahmenpläne ist der Praktikant der Abteilung ALP

zuständig, der daher auch die Aufgabe hat, alle verantwortlichen Personen zu einer

Maßnahme-Besprechung einzuladen. In dieser Besprechung werden von den Teilnehmern

neue Maßnahmen hergeleitet und/oder bestehende Maßnahmen modifiziert und erweitert.

Alle Teilnehmer werden aktiv in die Ausarbeitung von neuen Maßnahmen mit einbezogen

und zudem auch aufgefordert, sich Gedanken über die Problemlösung zu machen.

Weiterhin hat der Praktikant während dieser Besprechung die Möglichkeit alle notwendigen

Informationen für die Ausarbeitung der Maßnahmenpläne abzufragen. Als Regel gilt, dass

bei der Definition von Maßnahmen zuerst das Problem analysiert und wiederum daraus die

Problemursachen abgeleitet werden.

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Der Findungsprozess, beginnend von der Analyse bis zu den fertigen Maßnahmen dauert in

der Regel zwei bis drei Tage und erstreckt sich über mehrere kleinere Besprechungen. Eine

Kennzahl enthält gewöhnlich mindestens zwei Maßnahmen, für die aber jeweils mehrere

Verantwortliche bestimmt werden können. Der Maßnahmenplan beinhaltet ebenfalls einen

Zeitplan mit Meilensteinen. Außerdem ist ein Maßnahmenplan gleichzeitig auch Grundlage

und Input für die Einladung zur nächsten Besprechung.

Anhand eines konkreten Problems soll der Ablauf der Erstellung eines Maßnahmenplans

verdeutlicht werden. Zu Beginn meines Praktikums lagen die Werte der LIWAKS Messung

[siehe Externe Liefererfüllung – LIWAKS] weit unter den vorgegebenen Zielwerten. In einer

ersten Besprechung mit der Logistikleitung und den verantwortlichen Disponenten wurde

ein erster Maßnahmenkatalog ausgearbeitet. Als erste Maßnahme wurde festgehalten, dass

alle relevanten Daten, die von der LIWAKS Messung erfasst werden, täglich überwacht und

gegebenenfalls abgeglichen werden müssen. Für die tägliche Messung der Daten wurde der

Praktikant der Abteilung ALP beauftragt. Bei Auftreten einer Lieferverspätung sollte der

Praktikant die Disponenten rechtzeitig informieren um eine Anpassung der Daten zu

ermöglichen. In einem nächsten Schritt sollte von den Disponenten überwacht werden,

dass die vorgegebenen Kundenwunschtermine mit den bestätigten Lieferterminen und

zusätzlich mit den Auslieferungsterminen übereinstimmen. Dieser Prozess wurde ebenfalls

als Maßnahme festgehalten und bezog sich auf alle Disponenten der Abteilung ALP. Die

Kennzahl war zu Beginn mit Rot gekennzeichnet, aber wie geplant, ist sie im darauf

folgenden Monat auf grün gesetzt worden, nachdem alle Ziele erreicht wurden. Somit war

der Maßnahmenplan erfolgreich und die Ziele wurden erreicht.

Die Vorteile der Maßnahmenpläne sind die Festhaltung und Veröffentlichung von Aufgaben

und Zuständigkeiten. Oftmals befindet sich die Problemverursacher in anderen

Geschäftsbereichen oder Abteilungen des Unternehmens und somit können die

Zuständigkeiten nicht direkt verteilt werden. Manche Mitarbeiter weigerten sich sogar eine

Maßnahme durchzuführen, da dies oft Mehrarbeit bedeutete. Da die Maßnahmenpläne

jedoch direkt im Auftrag der Werksleitung kommen, werden diese Personen gezwungen am

internen kontinuierlichen Verbesserungsprozess aktiv teilzunehmen. Ebenso bewirkt das

Zusammenwirken von mehreren Mitarbeitern aus verschiedenen Abteilungen, die neue

Vorschläge und Ideen für die Ausarbeitung von Maßnahmenplänen einbringen, oft wertvolle

Synergieeffekte.

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3.3.3 Präsentation und Korrespondenz

Nach der erfolgreichen Ausarbeitung des CPCs und den dazu gehörigen Maßnahmenplänen

werden diese auf einer Pinnwand in der Abteilung ALP, im Büro der Geschäftsleitung und

im Eingangsbereich des Lagers veröffentlicht, damit sich alle Betroffenen ein Bild über die

aktuelle Lage des Unternehmens machen können. Noch in der gleichen Woche findet eine

Revision (Ronda) der CPCs aller Abteilungen statt. Bei der Revision sind die

Geschäftsleitung und die Mitarbeiter der jeweiligen Abteilung anwesend. Außerdem

nehmen auch alle Verantwortlichen aus den anderen Abteilungen teil, die in die

betreffenden Maßnahmenpläne involviert sind. Die Revision dauert ca. 15 Minuten und wird

mit einer Präsentation des CPCs durch den Praktikanten auf Spanisch eröffnet. Der

Praktikant muss dabei jeden Graphen explizit vorstellen und insbesondere auf signifikante

Abweichungen und Veränderungen des letzten Monats hinweisen. Dabei sollte bei der

Vorbereitung der Präsentation darauf geachtet werden, dass die Gründe von plötzlichen

Veränderungen der Kennzahlen auch erklärt werden können. Außerdem empfiehlt es sich

eine Checkliste anzufertigen, um nicht während der Präsentation den Faden zu verlieren

bzw. vom Thema abzukommen. Anschließend werden neue Maßnahmenpläne vorgestellt

und gegebenenfalls auch neue Zuständigkeiten festgelegt. Meistens endet die Revision mit

einer Diskussionsrunde, aus der sich oft wieder neue Maßnahmen oder Ziele ergeben. Das

CPC und die Maßnahmenpläne müssen oftmals noch nach der Revision verändert bzw.

aktualisiert werden. Zum Abschluss bleibt dann noch Zeit für eine offene Fragerunde der

Mitarbeiter an die Geschäftsleitung.

Nachdem alle Änderungen im CPC und die Maßnahmenpläne aktualisiert worden sind,

werden die gesamten Dokumente von der Geschäftsleitung abgezeichnet und an die

Zentrale des Unternehmensbereichs Kraftfahrzeugtechnik (Gasoline Systems) in

Deutschland geschickt. Dabei muss auf das einheitliche Format und die sichere

verschlüsselte Datenübertragung geachtet werden. Für eventuelle Fragen und Anregungen

ist der Praktikant zuständig, jedoch kann er nicht für den Inhalt herangezogen und

verantwortlich gemacht werden.

3.4. Projektarbeit

Ein Projekt ist ein Vorhaben, bei dem innerhalb einer definierten Zeitspanne ein

definiertes Ziel erreicht werden soll, und das sich dadurch auszeichnet, dass es im

wesentlichen ein einmaliges Vorhaben ist. Der Praktikant der Abteilung ALP wurde mit

mehreren Projekten konfrontiert, wobei nachfolgend das interessanteste Projekt während

des Praktikums vorgestellt werden soll.

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3.4.1 Produktverlagerung

Um Kostenvorteile oder eine Verbesserung der Markposition erzielen zu können, nehmen

Unternehmen häufig Produktverlagerungen, insbesondere von Werken in lohnintensiven

Ländern in andere Werke in Ländern mit günstigerer Kostenstruktur vor. Aus diesem

Grunde werden in der Regel nur sehr lohnintensive Baugruppen und Produkte verlagert. Um

erfolgreich Produkte ins Ausland verlagern zu können, müssen jedoch vorher Überlegungen

angestellt werden, inwieweit sich solche Verlagerungen überhaupt rentieren.

Grundsätzlich sind Einsparungen von ca. 30 % der Produktionskosten möglich, jedoch sind

die Anlaufkosten sehr hoch, die deshalb vorher miteingerechnet werden sollten. Aber in

der Regel machen die laufenden Einsparungen die hohen Anlaufkosten schon wieder in ein

bis zwei Jahren wett. Außerdem ist zu beachten, dass bei Produktverlagerungen nicht nur

die Maschinen und das Equipment in ein anderes Werk verlagert werden, sondern dass auch

stets ein Wissenstransfer (Know-how) zwischen den beteiligten Werken stattfindet.

Auf Beschluss der Konzernleitung realisierte sich im letzten Halbjahr 2004 ein solches

Verlagerungsprojekt innerhalb der Bosch-Gruppe. Inhalt des Projekts war die Verlagerung

von Spritzwerkzeugen sowie die Montagelinie für die Erzeugnisgruppe Kontaktträger von

Waiblingen (Deutschland) nach Aranjuez (Spanien). Durch diese Produktverlagerung erhofft

sich die Werkleitung am Standort Aranjuez einen jährlichen Mehrumsatz von 500 000 Euro.

Die Kosten für das Projekt wurden gleichmäßig unter beiden Werken aufgeteilt, wobei der

Transport von Maschinen und Werkzeugen der Standort Aranjuez tragen musste. In der

Abschlussbesprechung wurde die erfreuliche Nachricht bekannt gegeben, dass das

prognostizierte Projektbudget von beiden Werken eingehalten worden ist. Die Dauer der

Verlagerung beanspruchte, gemäss des Zeitplans, beinahe fünf Monate und streckte sich

nahezu durch die ganze Praktikumdauer. Nach mehreren Testanläufen wurde das Projekt

dann schließlich im Januar 2005 offiziell für beendet erklärt.

Während des Projekts war der Praktikant direkt der technischen Projektleitung unterstellt

und eigenständig für die logistische Abwicklung der Kontaktträger-Verlagerung von

Waiblingen nach Aranjuez zuständig. Zu seinen Hauptaufgaben gehörten die Bedarfs- und

Auftragsplanung zur Sicherstellung der zukünftigen Produktion, die Überwachung und

Verlagerung von Lagerbeständen nach Spanien sowie die Vorlaufsteuerung der Produktion

(Sicherungsreserve bzw. Verlagerungsvorlauf) um die zukünftigen Kundenlieferungen zu

gewährleisten. Über die Projektentwicklung im Logistikbereich musste der Projektleitung

wöchentlich Statusberichte vorgelegt werden. Trotz großer Anfangsschwierigkeiten in

diesem Bereich konnten im Laufe der Verlagerung alle logistischen Probleme behoben und

eine reibungslose Verlagerung garantiert werden.

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Fazit

Während meines sechsmonatigen Praktikums bei Robert Bosch in Spanien habe ich

zahlreiche neue Eindrücke gewonnen und einen Einblick in die Arbeitsweise eines

international tätigen Produktionsbetriebes erhalten. Alle Erwartungen die ich von meinem

zweiten Auslandspraktikum hatte, wurden mit Erfolg erfüllt.

Das Werk in Aranjuez gab mir eine tolle Chance meine betriebswirtschaftlichen Kenntnisse

anzuwenden und auszubauen. Ich hatte vor allem die Möglichkeit im Bereich der Logistik

meinen Horizont zu erweitern und einige theoretische Ansätze in die Praxis umzusetzen.

Besonders meine Kenntnisse in der Logistik, Projektmanagement und SAP halfen mir dabei

innerbetriebliche wie auch außerbetriebliche wirtschaftliche Zusammenhänge besser zu

verstehen. Von meinen Kollegen wurden mir viele praktisch angewandte Verfahren erklärt

und erläutert. Daran konnte ich sehr gut erkennen, dass einige Lösungsverfahren, die ich

an der Hochschule gelernt habe, in der Praxis kaum umsetzbar sind und ihre

Schwachstellen haben. Jedoch ermöglichte mir der ständige Vergleich zwischen Theorie

und Praxis fast immer eine passende Lösung oder Verbesserung zu finden.

In meinem Aufgabengebiet fand ich mich nach kurzer Zeit sehr gut zurecht und ich wurde

immer wieder mit neuen Sonderfällen beauftragt. Es wurde mir sehr viel Verantwortung

übergeben, bei der ich gezwungen war, jederzeit sehr konzentriert und fehlerfrei zu

arbeiten. Bei bestimmten Aufgaben, wie z. B. dem Leergutmanagement, war ich der

einzigste Ansprechpartner bei RBEA, somit gab es keine andere Person, die man um Rat

hätte fragen können. Dabei lernte ich sehr schnell eigenständig und pflichtbewusst zu

arbeiten. Ich bemerkte auch, dass ich durch die unbeaufsichtigte Arbeitsweise während

meines Praktikums stressresistenter geworden bin, da ich oft noch etwas in letzter Minute

organisieren musste, obwohl es schon unmöglich schien. Zudem bekam ich während diesem

halben Jahr auch eine Vorstellung davon, wie viel Arbeit eigentlich „hinter der Logistik“

steckt. Durch das große Aufgabengebiet und den weltweiten Kundenbeziehungen stand ich

ständig mit vielen unterschiedlichen Menschen aus der ganzen Welt in Kontakt. So war es

oft üblich mit Menschen aus verschiedenen Kulturen auf verschiedenen Sprachen zu

kommunizieren. Außerdem profitierte ich von der relativ kleinen Betriebsgröße des Werks

in Aranjuez und auch von der Tatsache, dass es zwischen Praktikanten und Mitarbeitern

keinen Unterschied gab. Dadurch gab es nie Probleme in eine fremde Abteilung zu gehen

und sich die allgemeinen Prozesse erklären zu lassen.

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Die Kollegen in Aranjuez waren von Anfang an sehr freundlich und offen und haben mir bei

allen Problemen weiter geholfen. Außerdem haben sie mir mit viel Begeisterung über die

spanische Kultur und Tradition erzählt, so dass nie eine Frage unbeantwortet blieb.

Nebenbei konnte ich auch während der täglichen Arbeit mit den Kunden und den Kollegen

meine Spanisch-Kenntnisse weiterhin perfektionieren. Persönlich fühle ich mich jetzt

sicherer und wortgewandter in der spanischen Sprache, nicht nur was die alltägliche

Kommunikation anbetrifft, sondern auch was den fachlichen Bereich anbelangt. Meine

spanischen Kollegen gewöhnten mir schnell die sprachlichen Eigenarten des Spanischen aus

Südamerika ab, die ich mir während meines Auslandsaufenthalts in Ekuador aneignete, da

es für sie immer sehr wichtig war, dass ich das „Castellano“ aus Spanien sprach.

Doch nicht nur aus positiven Ereignissen, sondern auch aus negativen Faktoren konnte ich

meine Erfahrungen sammeln. In den ersten Wochen war ich von der Arbeitsmoral einiger

Mitarbeiter sehr erschrocken und verwundert. Viele Mitarbeiter, von denen einige schon

seit vielen Jahren den gleichen Arbeitsablauf haben, weigerten sich strikt dagegen etwas

zu verbessern oder zu erleichtern. Ein Grund für diese negative Arbeitsweise ist

anscheinend die langjährige Unzufriedenheit und die innere Kündigung. Außerdem war es

traurig zu sehen, wie viele junge und ehrgeizige Leute, die bereit wären engagiert zu

arbeiten, keine Möglichkeit haben in eine höhere Position aufzusteigen. Zudem befindet

sich das Werk in Aranjuez in einer wirtschaftlichen Krise, was aber für mich als Praktikant

eine neue und sehr wertvolle Erfahrung war. Das Werk liegt momentan immer noch in der

Verlustzone und soll durch einen fünfjährigen Sanierungsplan wieder in die Gewinnzone

zurückkehren. Deshalb wurden während dieses Zeitraums viele Geschäftsprozesse neu

gestaltet und eingeführt.

Doch nicht nur die Fachkenntnisse konnten verbessert werden, sondern auch die eigene

Persönlichkeit und die Erfahrungen wurden durch diesen Auslandsaufenthalt positiv

geprägt. Ich konnte privat wie auch beruflich viele neue Freundschaften schließen. Durch

das bescheidene Praktikantengehalt habe ich gelernt mit wenig Geld einen komplett

eigenständigen Haushalt zu führen und mir zusätzlich eine schöne Freizeit zu finanzieren.

Das Land und die Leute empfand ich insgesamt als sehr freundlich und offen. Mein

persönliches Resümee für dieses Praxissemester ist sehr positiv. Ich habe viel neues dazu

gelernt, nicht nur im fachlichen Bereich, sondern auch im zwischenmenschlichen Bereich

sowie in der spanischen Sprache und Mentalität. Mein Fazit lautet daher, Spanien ist ein

fröhliches Volk und ich könnte mir eines Tages vorstellen wieder nach Spanien

zurückzukehren.

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Dieser Bericht wurde von der Fachabteilung gelesen und auf Richtigkeit überprüft.

Aranjuez, 01. Februar 2005

José Luis Alonso Andrio Kai Single

(Tutor) (Praktikant)

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Anhang

Abb. 1: Eckdaten Bosch

(Quelle: Bosch heute, März 2004)

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Werte in Mio. EURO 2003 2002 Umsatz 36 357 34 977 Veränderung in Prozent + 3,9 + 2,8 Auslandsanteil in Prozent 71 72 Mitarbeiter im Jahresmittel 229 439 225 897 davon Inland 105 621 102 685 davon Ausland 123 818 123 212 Stand 1.1. des Folgejahres 231 600 224 341 Investitionen in Sachanlagen 2 028 2 006 in Prozent vom Umsatz 5,6 5,7 Forschungs- und Entwicklungsaufwand 2 650 2 487 in Prozent vom Umsatz 7,3 7,1 Jahresüberschuss 1 100 650

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Abb. 2: Unternehmens- und Geschäftsbereiche der Bosch-Gruppe

(Quelle: Bosch-Gruppe – Fakten und Zahlen, April 2004)

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Kraftfahrzeugtechnik Industrietechnik Gebrauchsgüter und Gebäudetechnik

• Benzinsysteme • Dieselsysteme • Chassissysteme • Energie- und Karosseriesysteme • Car Multimedia • Automobilelektronik • ZF Lenksysteme • Automobiltechnik Handel

• Bosch Rexroth • Metalltechnologie • Verpackungstechnik

• Elektrowerkzeuge • Thermotechnik • Hausgeräte • Sicherheitssysteme • Breitbandnetze

Umsatz: 23,6 Mrd. € Mitarbeiter: 143 600

Umsatz: 4,3 Mrd. € Mitarbeiter: 32 900

Umsatz: 8,5 Mrd. € Mitarbeiter: 47 500

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Abb. 4: Werk Aranjuez

(Quelle: Bosch Intranet, Dezember 2004)

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34

Abb. 5: Organisation – Bosch España

(Quelle: El Grupo Bosch en España: Un vistazo, März 2004)

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RBSP

RBET

RBEC

RBEL

RBEA

RBEH

RSES

RBEM Robert Bosch España Fábrica Madrid, S.A.

Robert Bosch España Fábrica Alcalá, S.A.

Robert Bosch España Fábrica Aranjuez, S.A.

Robert Bosch España Fábrica Castellet, S.A.

Robert Bosch España Fábrica La Carolina, S.A.

Robert Bosch España Fábrica Treto, S.A.

Bosch Sistemas de Frenado S.L.U.

Produktion

Robert Bosch España, S.A.

Handel

Produktion

Produktion

Produktion

Produktion

Produktion

Produktion

EB Energy and

Body Systems

GS Gasoline Systems

CS Chassis Systems

AE Automotive Electronics

RBES

Holding

Madrid

gesellschaftliche Abhängigkeit funktionelle Abhängigkeit

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Abb. 6 – 13: Produktpalette

(Quelle: Bosch Intranet, Januar 2005)

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Abb. 6: Riemenscheibe Abb. 7: Bürstenhalter (Portaescobilla)

Abb. 9: Turbine Abb. 8: Zahnräder

Abb. 10: Schutzkappe Abb. 11: Gebläse

Abb. 13: Rotoren und Flügel Abb. 12: Filtergehäuse

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Abb. 15: Mehrwegverpackungen bei Bosch

(Quelle: Selbsterstellt, Dezember 2004)

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Mehrwegverpackungen bei Bosch

Gitterboxen

Formeinlagen

Paletten

Kisten

Spulen

• Euro-Gitterboxen • Bosch-Gitterboxen • Kundeneigene Gitterboxen

• Euro-Paletten • Kundeneigene Paletten (z. B. Volvoverpackung)

• Boschkisten • Kundeneigene Kisten (z. B. Härter-Kisten)

• Plastikspulen • Holzspulen

• Verschiedene Ausführungen

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Abb. 16: Umlaufprozess - Dreieckstausch

(Quelle: Selbsterstellt, Januar 2005)

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Bosch-Zulieferwerk in Aranjuez/Spanien

Bosch-Hauptwerk in Karlsruhe/Deutschland

Lieferant in Deutschland

Vollgut mit Bauteilen (1)

Leerguttransport (2)

Vollgut mit Rohstoffen (3)

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Abb. 17: Cockpitchart (CPC)

(Quelle: Bosch - Abteilung ALP, Januar 2005)

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Abb. 18: Maßnahmeplan

(Quelle: Bosch - Abteilung ALP, Januar 2005)

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