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RODION SHCHEDRIN »The Enchanted Wanderer« VALERY GERGIEV, Dirigent EKATERINA SERGEEVA, Mezzosopran ANDREI POPOV, Tenor SERGEI ALEKSASHKIN, Bass PHILHARMONISCHER CHOR MÜNCHEN Dienstag 19_12_2017 20 Uhr Mittwoch 20_12_2017 20 Uhr

RODION SHCHEDRIN - Die Münchner Philharmoniker...RODION SHCHEDRIN »The Enchanted Wanderer« VALERY GERGIEV, Dirigent EKATERINA SERGEEVA, Mezzosopran ANDREI POPOV, Tenor SERGEI ALEKSASHKIN,

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RODIONSHCHEDRIN»The Enchanted Wanderer«

VALERY GERGIEV, DirigentEKATERINA SERGEEVA, MezzosopranANDREI POPOV, TenorSERGEI ALEKSASHKIN, Bass

PHILHARMONISCHERCHOR MÜNCHEN

Dienstag 19_12_2017 20 UhrMittwoch 20_12_2017 20 Uhr

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FAMILIEN KONZERTEIgor Strawinskys »Der Feuervogel«

VALERY GERGIEV, DirigentMALTE ARKONA, Sprecher MÜNCHNER PHILHARMONIKER

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119. Spielzeit seit der Gründung 1893

VALERY GERGIEV, ChefdirigentZUBIN MEHTA, Ehrendirigent

PAUL MÜLLER, Intendant

Zum 85. Geburtstag von Rodion Shchedrin

RODION SHCHEDRIN»The Enchanted Wanderer«

(Der verzauberte Pilger)

Konzert-Oper für Mezzosopran, Tenor, Bass, Chor und Orchester

in russischer Sprache mit deutschen Übertiteln

VALERY GERGIEV, DirigentEKATERINA SERGEEVA, Mezzosopran

ANDREI POPOV, TenorSERGEI ALEKSASHKIN, Bass

PHILHARMONISCHER CHOR MÜNCHEN, Einstudierung: Andreas Herrmann

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ERSTER AKT

Der Pilger Iwan Fljagin, der als Novize in ei-nem Kloster Zuflucht gefunden hat, blickt auf sein Leben zurück. Wie in einem Film ziehen verschiedene Stationen vor seinem geistigen Auge vorüber. Zunächst erinnert er sich an einen Mönch: Ihn hat er einst zu Tode geprügelt, ohne ihm die letzte Beichte zu gewähren. Dann schweifen Iwans Gedan-ken zu seiner Zeit in tatarischer Gefangen-schaft. Nach zehn Jahren gelingt ihm dort die Flucht, und er begegnet einem Fürsten, der ihn in seine Dienste aufnimmt und ihn sogar mit der Aufsicht über sein Vermögen betraut. Als der Fürst aber eine Reise antritt, nutzt der trinkfreudige Iwan die Gelegen-heit, im Wirtshaus zünftig zu zechen. In der Spelunke trifft er auf einen Hypnotiseur, der ihn angeblich mit einem Zauber von seiner Trunksucht heilen will. Mit fataler Wirkung: Als der verzauberte Iwan in eine andere Kneipe weiterzieht, wo die schöne Zigeu-nerin Gruscha ihre Lieder singt, schenkt er ihr leichtfertig die gesamte Barschaft, die ihm der Fürst anvertraut hat.

ZWEITER AKT

Wieder angekommen in der Heimat, verlangt der Fürst sein Geld zurück. Iwan muss ihm gestehen, was vorgefallen ist, und zeigt ihm Gruscha. Der Fürst verliebt sich sofort in sie und holt sie zu sich nach Hause. Aber er spielt nur mit ihren Gefühlen und lässt sie alsbald wieder fallen, um dafür eine Dame von Stand zu ehelichen. Iwan begibt sich auf die Suche nach der tief verletzten Gruscha und entdeckt sie in einem sumpfigen Wald-gebiet. Sie fleht Iwan an, dass er sie töten solle – andernfalls werde sie den untreuen Fürsten und seine Braut ermorden. Und so stößt Iwan die Zigeunerin von einer Klippe tief hinab in den Fluss. Doch es ist ihre Stim-me, es sind die Rufe des getöteten Mönchs, die Iwan bis in die Einsamkeit des Klosters verfolgen. Im Gebet versucht er, seine Schuld zu sühnen.

Susanne Stähr

»The Enchanted Wanderer«

DIE HANDLUNG

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EIN ANRUF VON LORIN MAAZEL

München, im Juni 2001. Eigentlich hatte Rodion Shchedrin gerade gar keine Zeit. Soeben erst hatte er die Arbeit an seinen »Dialogues with Shostakovich« in Angriff genommen, die Mariss Jansons bei ihm be-stellt hatte – sie sollten im Herbst 2002 mit dem Pittsburgh Symphony Orchestra urauf-geführt werden. Aber der Anrufer, der sich unverhofft bei ihm meldete, ließ sich so leicht nicht abweisen. Es war der Dirigent Lorin Maazel, der Shchedrin schon für den nächsten Abend zu sich nach Hause in die Holbeinstraße in Bogenhausen einlud: »Ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen, der Sie hoffentlich interessiert.« Und mit dieser Erwartung lag er nicht falsch. Maazel wünschte sich ein abendfüllendes Werk mit Chor und Solisten für die New Yorker Phil-harmoniker, deren Leitung er 2002 antreten sollte. Gleich für die Vorweihnachtszeit sei-ner ersten Saison hatte er das neue Stück geplant – und er köderte Shchedrin mit einem weiteren Argument: Die Premiere könnte dann passend zum 70. Geburtstag des rus-sischen Komponisten stattfinden. Ehre, wem Ehre gebührt.

Auch was das Sujet anging, hatte Maazel klare Vorstellungen: »Ich möchte etwas Rus-sisches von Ihnen«, ließ er Shchedrin wis-sen, »mit alten Gesängen und Glockenge-läut. Mit Polowetzern. Und Zigeunern. Mit einer tiefen weiblichen Bruststimme. Das Ganze vielleicht in russischer Sprache?« Shchedrin musste nicht lange überlegen. Spontan kam ihm Nikolai Leskow (1831–1895) in den Sinn mit seiner Novelle »Der verzau-berte Pilger« aus dem Jahr 1873. »Alles, was Sie genannt haben, ist in dieser Erzählung enthalten«, erläuterte er Maazel. Mit dem kleinen Unterschied, dass die Polowetzer dort Tataren seien… Maazel ließ sich eine deutsche und eine englische Übersetzung des russischen Texts kommen und fand Ge-fallen an dem Stoff. Shchedrins Vorschlag, auf dieser Grundlage eine »Oper für den Konzertsaal« zu schreiben, überzeugte ihn ohnehin. Wie schon bei seinen beiden vorangegangenen Musikdramen »Die toten Seelen« (1976) und »Lolita« (1992) verfasste Shchedrin auch diesmal wieder selbst das Libretto: »Ein gut gemachter Text ist immer eine unschätzbare Hilfe beim Komponie-ren.«

Der musikalische PilgerRODION SHCHEDRIN:

»THE ENCHANTED WANDERER«

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GOTT UND DIE ATHEISTEN

Es war nicht seine erste Auseinanderset-zung mit dem russischen Schriftsteller. Be-reits 1988 hatte Shchedrin eine »Russische Liturgie« für gemischten Chor und Flöte nach Leskows Legende »Der versiegelte Engel« geschaffen. Besonders nahe stehe ihm dieser Autor, bekannte Shchedrin ein-mal, und ein Grund dafür dürften die mysti-schen, religiösen und märchenhaften As-pekte sein, die Leskows Werke vom Realis-mus seiner Zeitgenossen Fjodor Dostojew-ski und Lew Tolstoi abheben. Auch »Der verzauberte Pilger« setzt diese Momente prominent ein, ist der Held, Iwan Fljagin, doch ein reuiger Sünder: ein Doppelmörder, der in einem Kloster Zuflucht gefunden hat und trotz allem auf Vergebung hofft. Das geistliche Milieu war Shchedrin nur zu gut vertraut: »In meiner Familie war die Bezie-hung zur russisch-orthodoxen Religion sehr tief und aufrichtig. Mein Vater stammt von einem Geistlichen ab: Sein Vater (das heißt mein Großvater) war ein Priester in der klei-nen Stadt Aleksin, die in Mittelrussland am Fluss Oka liegt. Und meine Mutter glaubte auch an Gott…«

Selbstverständlich für einen Russen seiner Generation waren solche Bindungen und Prägungen nicht. Rodion Shchedrin, gebo-ren 1932, war ein Kind der Sowjetunion, sei-ne Ausbildung erfolgte unter den Prämissen des Atheismus und des sozialistischen Re-alismus. Wer noch an Gott glaubte und seine Religion ausüben wollte, der war von Re-pressalien bedroht – allein Tausende von Priestern wurden in Arbeitslager verschleppt oder hingerichtet. In den Künsten sah es nicht besser aus. Der Staat gab vor, was ge-lehrt und gelesen, was gehört oder besich-tigt werden durfte. Die neue Musik aus Westeuropa zum Beispiel galt als dekadent,

verkopft und »formalistisch«, wie es in der Sprache der Parteibürokraten hieß. Als Shchedrin Anfang der fünfziger Jahre am Moskauer Konservatorium studierte, wur-den selbst Maurice Ravel oder Claude De-bussy von den Lehrplänen gestrichen. Und dass es eine Zweite Wiener Schule gab, dass Komponisten wie Schönberg, Webern oder Berg überhaupt existierten, war vielen Moskauer Studenten der späten Stalin-Ära völlig unbekannt. Die Vorbilder, an denen der junge Shchedrin sich orientieren konn-te, waren Dmitrij Schostakowitsch und Ser-gej Prokofjew. Aber sogar die waren be-kanntlich mehrfach an den Pranger gestellt und für ihr modernistisches, »volksfremdes« Komponieren gebrandmarkt worden. Und Igor Strawinsky, der Emigrant, galt ohnehin als Vaterlandsverräter.

Auch wenn nach Stalins Tod im Jahr 1953 eine Tauwetterperiode einsetzte, glich

Rodion Shchedrin: »The Enchanted Wanderer«

RODION SHCHEDRIN»The Enchanted Wanderer«

Lebensdaten des KomponistenGeboren am 16. Dezember 1932 in Moskau

Entstehungszeit2001/02

WidmungAuftragswerk der New Yorker Philharmoni-ker, gewidmet Lorin Maazel

Textvorlage»Der verzauberte Pilger« von Nikolai Leskow (1873)

Uraufführungam 19. Dezember 2002 in New York unter der Leitung von Lorin Maazel

BLICK INS LEXIKON

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Rodion Shchedrin: »The Enchanted Wanderer«

Rodion Shchedrin

Shche drins Laufbahn bis zur Perestroika einem heiklen Balanceakt. Zwar wurden Werke wie sein Erstes Klavierkonzert oder die Ballette und Opern für das Bolschoi The-ater gefeiert. Und da er 1958 auch noch die berühmte Primaballerina des Bolschoi Bal-letts, Maja Plissetskaja, geheiratet hatte, avancierte er zu einer Person des öffentli-chen Lebens. Doch der Parteiapparat misstraute dem prominenten Paar, ließ es vom Geheimdienst bespitzeln und verwei-gerte ihm gemeinsame Auslandsreisen. Gewiss hatte das auch damit zu tun, dass

Shchedrin, wiewohl Vorsitzender im libera-leren russischen (und nicht im streng linien-treuen sowjetischen) Komponistenverband, nie der Kommunistischen Partei beigetreten war und sich auch nicht immer als fügsam erwies – so etwa, als er sich 1968 weigerte, den Einmarsch der sowjetischen Truppen in die CSSR gutzuheißen. Und dass er schon mal zu halb-legalen Methoden griff, um den Werken beargwöhnter Kollegen wie Alfred Schnittke zur Aufführung zu verhelfen, blieb den Granden des Systems auch nicht ver-borgen.

ALTE GESÄNGE UND GLOCKENGELÄUT

Allerdings führten Shchedrins Erfolge in der Sowjetunion dazu, dass er Aufträge aus dem westlichen Ausland erhielt, voran aus den USA. Man gewährte ihm sogar die Möglich-keit, bei den Uraufführungen dabei zu sein. Durch diese Reisen lernte er den Jazz oder zeitgenössische Kompositionsverfahren wie die Zwölftonlehre, die Aleatorik und die Live-Elektronik kennen. All das hat Rodion Shchedrin in seinem enorm breiten Œuvre dann auch selbst erprobt, ließ sich aber von keiner Richtung vereinnahmen. Im Gegen-teil: Je mehr sich seine stilistischen Kennt-nisse erweiterten, desto wichtiger wurden ihm die Wurzeln – und die waren in der rus-sischen Tradition verankert. Genau deshalb schien es ganz folgerichtig, dass Lorin Maa-zel sich »etwas Russisches« von ihm wünschte.

Dass »The Enchanted Wanderer«, wie Shche drin das Stück nach der englischen Übersetzung der Leskow-Novelle und im Hinblick auf das New Yorker Publikum der Uraufführung nannte, mit den Klängen von Glocken beginnt, löst diese Vorgabe bereits perfekt ein – mit Glocken, von denen Sergej

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Rodion Shchedrin: »The Enchanted Wanderer«

Rachmaninow einmal sagte: »Sie begleite-ten jeden Russen von der Kindheit bis zum Tod, und kein Komponist konnte sich ihrem Einfluss entziehen.« Genuin russisch er-scheint aber auch die Behandlung des Chors, wie sie Shchedrin in seiner Konzert-oper vornimmt. Als Jugendlicher, von 1944 bis 1950, hatte er an der Moskauer Chor-schule studiert und sie mit einem Diplom als Chorleiter verlassen, ehe er die Ausbildung am Konservatorium in den Fächern Kompo-sition und Klavier fortsetzte. Shchedrin kannte also die Urgründe des orthodoxen Chorgesangs bestens und wusste sie im »Verzauberten Pilger« zu nutzen: etwa die Melodik, die ihre Wurzeln im altrussischen Neumengesang findet, die spezielle Klang-farbe der Bass-Oktavisten oder die klang-vollen Akkorde, die fast wie eine Imitation von Glockengeläut erscheinen.

Dramaturgisch steht der Chor für die spiritu-elle Ebene des Werks, für die Sehnsucht nach Erlösung und Vergebung, für Buße und Gebet. Gleich seine erste Phrase zu den Worten »Gott der Herr ist uns erschienen« markiert ein Schlüsselmotiv, das im Verlauf der Oper und an ihrem Ende wiederkehren wird. Doch nimmt der Chor auch die Funkti-on eines Kommentators ein, der das Ge-schehen einordnet und wertet, darin ver-wandt seinem Vorläufer aus der antiken Tragödie. Diesem Kollektiv stehen drei So-

Valery Gergiev und Rodion Shchedrin 2007 bei Proben in St. Petersburg

»Ich bin in meinem 53. Lebensjahr. Ich sterbe immerwährend, vermag aber nicht wirklich zu sterben.«

Iwan Fljagin im Prolog zu »The Enchanted Wanderer«

ZITAT

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Rodion Shchedrin: »The Enchanted Wanderer«Rodion Shchedrin: »The Enchanted Wanderer«

listen gegenüber: Da sich die Handlung nur im Kopf des Titelhelden Iwan Fljagin voll-zieht, in seiner Rückerinnerung, ist er auch der einzige, der nur eine, seine eigene Rol-le nämlich, verkörpert: Shchedrin hat für diese Partie einen Bassisten vorgesehen. Der Tenor dagegen verleiht allen anderen männlichen Gestalten Profil, an die Iwan zu-rückdenkt: Er ist der Mönch, den Iwan er-mordete; der Hypnotiseur, der ihn verhexte; der Prinz, der ihn erst rettete und dann be-trog; und er ist ein alter Mann, der ihm den Weg zur entehrten Zigeunerin Gruscha weist. Ihr Part wiederum wird von einem Mezzosopran gesungen, der (wie der Tenor) zugleich auch als Erzählinstanz eingesetzt wird.

Bei Gruschas erstem Auftritt, der mit einem zunächst unbegleiteten Gesang erfolgt, greift Shchedrin unüberhörbar das Erbe der russischen Volkslieder auf, mit ihren Tonum-

spielungen, dem kreisenden Melos und den wandernden Taktschwerpunkten. Die Kon-zentration auf den reinen Stimmklang hat eine zauberische Wirkung – und vermittelt damit genau jenen Effekt, den Gruschas Vortrag auf den verzückten Iwan Fljagin aus-geübt haben muss. Ihre Liedweise enthält auch orientalische Momente, wie sie in der russischen Kunstmusik des späten 19. Jahr-hunderts populär wurden – man denke nur an Milij Balakirew oder Nikolaj Rimskij-Kor-sakow. Shchedrin akzentuiert diesen Exo-tismus auch andernorts und im Orchester-satz, zum Beispiel im ersten der drei sym-phonischen Zwischenspiele, mit denen er die Partitur anreichert: in den »Russischen Hirten«, wo die Holzbläser melismatische Fiorituren (Ton-Umspielungen) intonieren. Ohnehin ist sein Umgang mit dem durch rus-sische Instrumente wie der Balalaika oder der Kastenzither Gusli angereicherten Or-chester von großem Raffinement und der

»[Leskows] Figur, eben die dieses Pilgers, der kreuz und quer durch das Riesenland geschleift wird als Spiel-zeug einer mystischen Bestimmung, läßt zwischen den chaotischen Strän-gen seines Charakters viel orthodoxe Gläubigkeit hervorschießen, aber von sozialer Gesinnung kaum etwas ah-nen. Sein Pilgertum hat so wenig von der romantischen Grundgesinnung des deutschen »Wanderers« wie von der Religiosität des russischen Pilgers an sich – es hat dagegen viel vom Eulenspiegel und vom Münchhausen, ebenfalls vom Odysseus an sich, dies alles in satte, heftige russische, altrussische Farben getaucht.«

Martin Bebeim-Schwarzbacli über Leskows »Der verzauberte Pilger«

ZITAT

Nikolai Leskov (1872)

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Rodion Shchedrin: »The Enchanted Wanderer«

Lust an klangsinnlichen Effekten geprägt. Davon kündet das zweite Interludium, die »Betrunkene Nacht«, bei dem im Schlagwerk eine singende Säge zum Einsatz kommt und das instabile Schwanken des Protagonisten sinnfällig darstellt.

DER POSTAVANTGARDIST

Keine Frage, »The Enchanted Wanderer« ist eine Partitur des 21. Jahrhunderts, aber es ist alles andere als atonale oder geräusch-hafte Musik. Rodion Shchedrin hat sich selbst als Postavantgardisten bezeichnet: ein Komponist, an dem die Glaubenskriege der Nachkriegsmoderne abgeprallt sind, der sich nie zu einer bestimmten Schule beken-nen wollte und gerade darum seine Unab-hängigkeit gewonnen hat. »Auch zeitgenös-sische Musik muss die Hörer noch bewegen können, sie muss ergreifen, in ihre Herzen und Seelen dringen«, hat er einmal sein Cre-do auf den Punkt gebracht. »Es gibt Musik, und es gibt Non-Musik. Es gibt musikalische Eingebung oder eine krampfhaft erzwunge-ne Klangsprache. Es gibt eine natürliche Musikalität oder den kalkulierten Effekt, der nur darauf abzielt, den Trendsettern zu ge-fallen. Die menschlichen Gefühle – und un-sere Ohren – sind aber noch dieselben wie vor 200 Jahren. Müssen wir das wirklich bedauern?«

Susanne Stähr

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Die Künstler

DIRIGENT

Valery Gergiev

In Moskau geboren, studierte Valery Ger-giev zunächst Dirigieren bei Ilya Musin am Leningrader Konservatorium. Bereits als Student war er Preisträger des Herbert- von-Karajan Dirigierwettbewerbs in Berlin. 1978 wurde Valery Gergiev 24-jährig Assistent von Yuri Temirkanov am Mariinsky Opern-haus, wo er mit Prokofjews Tolstoi-Verto-nung »Krieg und Frieden« debütierte. Seit mehr als zwei Jahrzehnten leitet er nun das legendäre Mariinsky Theater in St. Pe-tersburg, das in dieser Zeit zu einer der wichtigsten Pflegestätten der russischen Opernkultur aufgestiegen ist.

Mit den Münchner Philharmonikern verbin-det Valery Gergiev seit der Saison 2011/12 eine intensivere Zusammenarbeit, seit der Spielzeit 2015/16 ist er Chefdirigent der Münchner Philharmoniker. Reisen führten sie bereits in zahlreiche europäische Städte sowie nach Japan, China, Korea, Taiwan und in die USA.

Programmatische Akzente setzte Valery Gergiev durch die Aufführungen symphoni-scher Zyklen von Schostakowitsch, Stra-winsky, Prokofjew und Rachmaninow sowie neuen Formaten wie dem Festival »MPHIL 360°«. Regelmäßig werden Konzerte via Livestream, Radio und Fernsehen weltweit übertragen.

Seit September 2016 liegen die ersten CD-Aufnahmen des orchestereigenen La-bels »MPHIL« vor, die seine Arbeit mit den Münchner Philharmonikern dokumentieren. Derzeit erarbeiten die Münchner Philharmo-niker und Valery Gergiev eine Gesamtauf-nahme der Symphonien Anton Bruckners in der Stiftskirche St. Florian.

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Die Künstler

MEZZOSOPRAN TENOR

Ekaterina Sergeeva

Andrei Popov

Ekaterina Sergeeva wurde in in St. Petersburg geboren und absolvierte ihre Ausbildung am Staatlichen Rimskij-Korsakow-Konservatori-um. Nach Ihrem Abschluss 2005 war sie Mit-glied im Young Singers Programme der Mari-insky Akademie. 2008 ging sie als Preisträge-rin des Amber-Nightingale-Gesangswettbe-werbs hervor. Ein Jahr darauf wirkte Ekaterina Sergeeva in einer konzertanten Aufführung von Strauss’ »Elektra« mit dem London Sym-phony Orchestra mit. Zusammen mit dem Opernensemble des Mariinsky Theaters nahm sie an Gastspielreisen durch Deutschland, Ja-pan und die USA teil. Sie war zu Gast bei den Tiroler Festspielen Erl und dem Glyndebourne Festival, am Bolschoi Theater, der Opéra de Monaco, der Deutschen Oper Berlin und an der Bayerischen Staatsoper. 2015 wirkte sie bei der Uraufführung von Rodion Shchedrins »Ein Weihnachtsmärchen« am Mariinsky The-ater mit. Seit Oktober 2017 ist sie an diesem Haus als Solistin engagiert.

Der Sänger studierte am Rimskij-Korsa-kow-Konservatorium seiner Heimatstadt St. Petersburg. Von 2000 bis 2007 war er Mit-glied der Mariinsky Academy of Young Singers und wurde anschließend Solist am Mariinsky Theater. Zusammen mit dem Mariinsky-En-semble gastierte er in zahlreichen Städten wie London, New York, Washington, Peking, To-kio, Helsinki, Paris und Tel Aviv. 2008 sang er die Titelrolle in der japanischen Erstauffüh-rung von Rimskij-Korsakows Oper »Der un-sterbliche Kaschtschei« unter der Leitung von Vladimir Ashkenazy. Als Gastsolist trat Andrei Popov u. a. am Bolshoi Theater in Moskau, an De Nationale Opera in Amsterdam, an der Opé-ra National in Paris und an der Metropolitan Opera in New York auf. Dort war er unter der Leitung von Valery Gergiev in der Rolle des Wachtmeisters in Dmitrij Schostakowitschs Oper »Die Nase« zu erleben, eine Produktion, die 2011 auch beim Aix-en-Provence Festival gezeigt wurde. Bei der Uraufführung von Ro-dion Shchedrins Oper »Der Linkshänder« 2013 sang Andrei Popov die Titelrolle.

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Die Künstler

BASS CHORDIREKTOR

Sergei Aleksashkin

Andreas Herrmann

Der russische Bassbariton hat nach Musik- und Gesangsstudien in der Sowjetunion Meisterkurse in Italien absolviert und wurde 1989 Ensemblemitglied des St. Petersburger Mariinsky Theaters. Mit diesem Opernhaus unternahm er zahlreiche Tourneen durch ganz Europa, Japan, USA und Israel und ar-beitete u. a. mit Mstislav Rostropowitsch, Neeme Järvi, Ivan Fisher und Mariss Jansons zusammen. Seine wichtigsten Förderer wa-ren Valery Gergiev, Claudio Abbado und Sir Georg Solti, mit dem Sergei Aleksashkin Re-ferenzaufnahmen von Schostakowitschs »Babij Jar«-Symphonie und der Orchesterfas-sung von Mussorgskijs »Liedern und Tänzen des Todes« realisierte. Der Bassist ist gern gesehener Gast in den Opernhäusern von New York, San Francisco, Mailand, Venedig, Paris und London und trat erfolgreich bei den Salzburger Osterfestspielen auf. Sergei Alek-sashkins Repertoire umfasst die wichtigsten Opernrollen seines Faches, unter denen die russischen und italienischen dominieren. Auch als Liederinterpret ist er erfolgreich her-vorgetreten.

Andreas Herrmann unterrichtet als Professor an der Hochschule für Musik und Theater in München im Hauptfach Chordirigieren. Pä-dagogische Erfolge erzielt er international mit der Ausbildung junger Chordirigenten in verschiedenen Meisterkursen sowie zuletzt im Herbst 2016 als Gastprofessor am College Conservatory of Music der University of Cin-cinnati, Ohio, USA. Als künstlerischer Leiter des Philharmonischen Chores München rea-lisierte er seit 1996 zahlreiche Einstudierun-gen für weltbekannte Dirigenten. Über sein Engagement bei den Münchner Philharmoni-kern hinaus entfaltet er eine rege Konzert-tätigkeit: Konzertreisen als Chor- und Orato-riendirigent führten ihn unter anderem nach Österreich, Frankreich, Italien, Bulgarien, Ungarn, Ägypten, in die Schweiz, die USA und die Volksrepublik China. Zahlreiche erfolgrei-che Produktionen und Konzerte mit verschie-densten professionellen Orchestern, Ensem-bles und Rundfunkchören dokumentieren die internationale Reputation seiner musikali-schen Arbeit.

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Die Künstler

Der Philharmonische Chor München ist einer der führenden Konzertchöre Deutschlands und Partnerchor der Münchner Philhar-moniker. Er wurde 1895 von Franz Kaim, dem Gründer der Münchner Philharmoniker, ins Leben gerufen. Seit 1996 wird er von Chor-direktor Andreas Herrmann geleitet.

Sein Repertoire erstreckt sich von barocken Oratorien über a cappella- und chorsympho-nische Literatur bis hin zu konzertanten Opern und den großen Chorwerken der Ge-genwart. Der Philharmonische Chor Mün-chen musizierte u. a. unter der Leitung von Gustav Mahler, Hans Pfitzner, Krzysztof Penderecki, Herbert von Karajan, Rudolf Kempe, Sergiu Celibidache, Zubin Mehta, Mariss Jansons, James Levine, Christian Thielemann, Lorin Maazel und Valery Ger-giev.

In den vergangenen Jahren haben Alte und Neue Musik an Bedeutung gewonnen: Nach umjubelten Aufführungen Bachscher Passi-onen unter Frans Brüggen folgte die Einla-dung zu den Dresdner Musikfestspielen mit Bachs h-Moll-Messe. Äußerst erfolgreich wurde auch in kleineren Kammerchor- Besetzungen unter Dirigenten wie Christo-pher Hogwood, Thomas Hengelbrock und zuletzt Ton Koopman gesungen. Im Bereich der Neuen Musik war der Philharmonische Chor München mit seinen Ensembles bei Ur- und Erstaufführungen zu hören, wie zum Beispiel der Münchner Erstaufführung der

»Sieben Zaubersprüche« von Wolfram Bu-chenberg und der Uraufführung von Jan Müller-Wielands »Egmonts Freiheit – oder Böhmen liegt am Meer«, eine Auftragskom-position der Münchner Philharmoniker, un-ter der Leitung des Komponisten. Neben dem Spektrum des gesamten Konzertchor-repertoires ist der Chor auch ein gefragter Interpret von Opernchören und setzt die mit James Levine begonnene Tradition konzer-tanter Opernaufführungen nun auch unter dem aktuellen Chefdirigenten der Münchner Philharmoniker, Valery Gergiev, fort.

Neben zahlreichen Radio und TV-Übertra-gungen ist die Arbeit des Chores in vielen Einspielungen bei allen großen Labels doku-mentiert. Die Veröffentlichung von Karl Goldmarks romantischer Oper »Merlin« mit der Philharmonie Festiva unter Gerd Schaller gewann Ende 2010 den »Echo Klassik« in der Kategorie »Operneinspielung des Jahres – 19. Jahrhundert«. In den Jahren 2014 und 2016 war der Chor jeweils mit den CD-Ein-spielungen von Franz von Suppés »Re-quiem« und Johann Ritter von Herbecks »Große Messe e-Moll« für den International Classical Music Award (ICMA) nominiert. Zu-letzt wirkte im September 2015 der Philhar-monische Chor München bei der Aufnahme des Antrittskonzertes von Valery Gergiev als Chefdirigent der Münchner Philharmoniker mit Gustav Mahlers 2. Symphonie mit.

Philharmonischer Chor München

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Tiroler Festspiele Erl Winter26. Dezember 2017 - 7. Januar 2018

ERÖFFNUNGSKONZERT

Brahms - Doppel I26. Dezember 2017, 18 Uhr

JOHANNES BRAHMSSymphonie Nr. 1 c-Moll op. 68Symphonie Nr. 2 D-Dur op. 73

ABSCHLUSSKONZERTBrahms - Doppel II7. Januar 2018, 11 Uhr

JOHANNES BRAHMSSymphonie Nr. 3 F-Dur op. 90Symphonie Nr. 4 e-Moll op. 98

Atemberaubende Akustik im modernen Festspielhaus.Nur eine Autostunde von München entfernt.

PREISE: € 80,00 (KAT. I), € 50,00 (KAT. II)

Karten und Infos:T 0043 5373 81000 20

[email protected]

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Neues aus dem Orchester

BOB ROSS VERABSCHIEDET SICH IN DEN RUHESTAND

Bye-bye Bob!

Sollten Sie, liebes Publikum, erwarten, dass zu Bob Ross’ Abschied eine besonders lustige Hommage im Programmheft erscheint, muss ich Sie leider enttäuschen. Der Versuch, sich mit seinem schottischen Humor zu messen, würde vermutlich sowieso scheitern, daher habe ich mich entschieden, einen anderen Weg zu wählen. Lassen Sie mich von seinem Leben am vierten Horn berichten – von unse-rem gemeinsamen Leben, denn in der zweiten Reihe der Hörner ist man mit Ausnahme von wenigen Stücken (beispielsweise Beetho-vens »Eroica«) immer im Doppelpack vertre-ten. Wie ist das also, wenn man so viele Jahre – 24 sind es bei Bob und mir – nebeneinander im Orchester spielt?

Er war schon 14 Jahre bei den Philharmonikern als ich 1993 meine Position neben ihm ein-nahm. Unweigerlich entsteht in so einem Zeit-raum eine Verbindung, die nicht ganz alltäglich ist. Gemeinsam geht man durch gute und schlechte Zeiten, durch Höhen und Tiefen. Man wird gemeinsam älter, erfahrener und reifer. Jeder kennt die Eigenheiten des ande-ren, merkt, wenn es ihm nicht gut geht oder wenn eine Laus den Weg über die Leber ge-sucht hat. Lustige und ernste Gespräche wer-den geführt, manchmal gibt es Konflikte – viel häufiger aber sind schöne Erlebnisse. Ja, lie-ber Leser, Sie haben Recht, irgendwie hat das viele Ähnlichkeiten mit einer Ehe.

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Neues aus dem Orchester

Um Ihnen unsere gute Zusammenarbeit an einem Beispiel zu veranschaulichen, plaudere ich ein bisschen aus dem Nähkästchen und verrate Ihnen ein kleines Geheimnis, das sie aber auf keinen Fall weiter erzählen dürfen: »Zwei Hörner können leiser spielen als eines«. Der Hintergrund ist folgender: Auf dem Horn sind einzelne, vor allem leise Töne oft sehr heikel. Allzu leicht kann der Ton aufgrund des empfindlichen Ansatzes wegbleiben oder »daneben« gehen. Bob und ich haben aus diesem Grund oft nach oben genannter Devi-se gehandelt und uns das Leben im Orchester ein klein wenig erleichtert. Ja, ich weiß, das ist nicht ganz Partitur-gerecht und ein wenig geschummelt, aber ich bin sicher, Sie werden uns das verzeihen – sofern Sie es überhaupt bemerkt haben.

In einer Horngruppe zu spielen ist etwas Be-sonderes. Sensibel muss man aufeinander eingehen, in erster Linie intuitiv, soll ein ge-meinsamer Wohlklang erzeugt werden. Auf den kleinsten Impuls des Nebenmannes oder der Nebenfrau muss unmittelbar und schnell reagiert werden. Nur wenn wirklich alle Mit-glieder einer Horngruppe diese Fähigkeiten besitzen, wird sie harmonieren. Bei Bob waren

alle diese Qualitäten vorhanden und er stellte sie immer wieder unter Beweis. Proben moch-te er nicht wirklich gerne und Dirigenten, die als Schulmeister auftraten, brachten ihn auf die Palme. Bobs Welt ist das Spontane, das Unmittelbare, deshalb waren Wochen mit ei-nem Dirigenten, der wenig Probenzeit in An-spruch nahm, seine liebsten (mehr darüber in seinem so eben erschienenen Buch »Dirigen-ten und andere Katastrophen«). Vielleicht blitzt hier der sparsame Schotte durch, der zumindest in Bezug auf das Proben den Geiz liebt, den er im sonstigen Leben nicht kennt.

Sie sehen: Mit Bob Ross geht nicht nur ein hervorragender Musiker, sondern auch ein liebenswerter und humorvoller Kollege!

Danke, lieber Bob, für die gemeinsame Zeit!

Ulrich Haider

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VorschauVorschau

Barbara Hannigan zu Gast

Selten genug stehen Frauen am Dirigenten-pult – eine Dirigentin, die neben der Orches-terleitung auch noch als Gesangssolistin auftritt, ist mehr als außergewöhnlich! Die Künstlerin, die dieses Alleinstellungsmerk-mal trägt, ist Barbara Hannigan. Bereits zweimal war sie bei den Münchner Philhar-monikern zu Gast als dirigierende Sängerin bzw. singende Dirigentin.

Für die Konzerte am 14. und 15. Januar 2018 hat Barbara Hannigan ein abwechslungsrei-ches Programm zusammengestellt. Nach dem Eröffnungsstück »Syrinx« von Claude Debussy für Flöte solo (Solist: Herman van Kogelenberg) singt und dirigiert Barbara Hannigan Jean Sibelius’ »Luonnotar«. Diese symphonische Dichtung, die von der Entste-hung der Welt nach der finnischen National-dichtung »Kalevala« erzählt, erklingt nur selten in den Konzertsälen – ein Grund dafür mag das extrem anspruchsvolle Sopransolo sein. Joseph Haydns Symphonie Nr. 96 und Arnold Schönbergs »Verklärte Nacht« bieten dem Orchester die Möglichkeit, seine Ver-siertheit in unterschiedlichen Stilen und Epochen unter Beweis zu stellen.

Am Ende des Programms folgt mit einer Sui-te aus dem Musical »Girl Crazy« von George Gershwin ein Ausflug in die glitzernde Welt des New Yorker Broadway. Das Arrangement von Bill Elliott und Barbara Hannigan kreist um die drei berühmtesten Songs aus »Girl Crazy«: »But Not For Me«, »Embraceable You« und »I Got Rhythm«. Während der Song »But Not For Me« lyrisch und gefühlvoll an-mutet, liefert das schnellere »Embraceable You« mehr rhythmischen Drive und zudem eine überraschende Pointe, bei der sich die Orchestermusiker von einer ganz anderen Seite präsentieren können. Der jazzige Song »I Got Rhythm« sorgt für einen swingenden Abschluss.

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Vorschau

Samstag30_12_2017 19 Uhr k4Sonntag31_12_2017 17 UhrSilvesterkonzert

LUDWIG VAN BEETHOVENSymphonie Nr. 9 d-Moll op. 125

KRZYSZTOF URBAŃSKIDirigentSIMONA ŠATUROVÁSopranKATHARINA MAGIERAAltMAXIMILIAN SCHMITTTenorGEORG ZEPPENFELDBassPHILHARMONISCHER CHOR MÜNCHENEinstudierung: Andreas Herrmann

Sonntag14_01_2018 19 Uhr f

CLAUDE DEBUSSY»Syrinx« für Flöte soloJEAN SIBELIUS»Luonnotar« für Sopran und Orchester op. 70JOSEPH HAYDNSymphonie Nr. 96 D-Dur Hob. I:96 »The Miracle«ARNOLD SCHÖNBERG»Verklärte Nacht« op. 4GEORGE GERSHWINSuite aus »Girl Crazy«

BARBARA HANNIGANDirigentin und SopranHERMAN VAN KOGELENBERGFlöte

Montag15_01_2018 19 Uhr 2. JuKo

CLAUDE DEBUSSY»Syrinx« für Flöte soloJEAN SIBELIUS»Luonnotar« für Sopran und Orchester op. 70JOSEPH HAYDNSymphonie Nr. 96 D-Dur Hob. I:96 »The Miracle«ARNOLD SCHÖNBERG»Verklärte Nacht« op. 4GEORGE GERSHWINSuite aus »Girl Crazy«

BARBARA HANNIGANDirigentin und SopranHERMAN VAN KOGELENBERGFlötePräsentiert vonANDREAS KORN

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Das Orchester

1. VIOLINENSreten Krstič, KonzertmeisterLorenz Nasturica-Herschcowici, KonzertmeisterJulian Shevlin, KonzertmeisterOdette Couch, stv. KonzertmeisterinClaudia SutilPhilip MiddlemanNenad DaleorePeter BecherRegina MatthesWolfram LohschützMartin ManzCéline VaudéYusi ChenIason KeramidisFlorentine LenzVladimir TolpygoGeorg Pfirsch

2. VIOLINENSimon Fordham, StimmführerAlexander Möck, StimmführerIIona Cudek, stv. StimmführerinMatthias LöhleinKatharina ReichstallerNils SchadClara Bergius-BühlEsther MerzKatharina SchmitzAna Vladanovic-LebedinskiBernhard Metz

Die MünchnerPhilharmoniker

Namiko FuseQi ZhouClément CourtinTraudel ReichAsami YamadaJohanna Zaunschirm

BRATSCHENJano Lisboa, SoloBurkhard Sigl, stv. SoloDakyung Kwak, stv. SoloMax SpengerHerbert StoiberWolfgang StinglGunter PretzelWolfgang BergBeate SpringorumKonstantin SellheimJulio LópezValentin Eichler

VIOLONCELLIMichael Hell, KonzertmeisterFloris Mijnders, SoloStephan Haack, stv. SoloThomas Ruge, stv. SoloHerbert HeimVeit Wenk-WolffSissy SchmidhuberElke Funk-HoeverManuel von der NahmerIsolde Hayer

CHEFDIRIGENT VALERY GERGIEVEHRENDIRIGENT ZUBIN MEHTA

Das Orchester

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Das Orchester Das Orchester

Sven FaulianDavid HausdorfJoachim Wohlgemuth

KONTRABÄSSESławomir Grenda, SoloFora Baltacıgil, SoloAlexander Preuß, stv. SoloHolger HerrmannStepan KratochvilShengni GuoEmilio Yepes Martinez Ulrich von Neumann-Cosel

FLÖTENMichael Martin Kofler, SoloHerman van Kogelenberg, SoloBurkhard Jäckle, stv. SoloMartin BeličGabriele Krötz, Piccoloflöte

OBOENUlrich Becker, SoloMarie-Luise Modersohn, SoloLisa OutredBernhard BerwangerKai Rapsch, Englischhorn

KLARINETTENAlexandra Gruber, SoloLászló Kuti, SoloAnnette Maucher, stv. SoloMatthias AmbrosiusAlbert Osterhammer, Bassklarinette

FAGOTTERaffaele Giannotti, SoloJürgen PoppJohannes HofbauerJörg Urbach, Kontrafagott

HÖRNERJörg Brückner, SoloMatias Piñeira, Solo

Ulrich Haider, stv. SoloMaria Teiwes, stv. SoloRobert RossAlois SchlemerHubert PilstlMia Aselmeyer

TROMPETENGuido Segers, SoloFlorian Klingler, SoloBernhard Peschl, stv. SoloMarkus Rainer

POSAUNENDany Bonvin, SoloMatthias Fischer, stv. SoloQuirin Willert Benjamin Appel, Bassposaune

TUBARicardo Carvalhoso

PAUKENStefan Gagelmann, SoloGuido Rückel, Solo

SCHLAGZEUGSebastian Förschl, 1. SchlagzeugerJörg HannabachMichael Leopold

HARFETeresa Zimmermann, Solo

ORCHESTERVORSTANDMatthias AmbrosiusKonstantin SellheimBeate Springorum

INTENDANTPaul Müller

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Impressum

IMPRESSUM

Herausgeber:Direktion der MünchnerPhilharmonikerPaul Müller, IntendantKellerstraße 481667 MünchenRedaktion:Christine MöllerCorporate Design und Titelgestaltung:Geviert, Grafik & TypografieMünchengeviert.comGraphik: dm druckmedien gmbhMünchenDruck: Gebr. Geiselberger GmbHMartin-Moser-Straße 23 84503 Altötting

TEXTNACHWEISE

Einführungstext und Sy-nopsis: Susanne Stähr. Zitat: Martin Bebeim -Schwarzbacli, Ein unbe-kanntes Meisterwerk – Phantastische Pilgerschaft durchs alte Rußland, Die Zeit Nr. 43/1961, 21. No-vember 2012. Nicht na-mentlich gekennzeichnete Texte: Christine Möller. Künstlerbiographien: nach Agentur vor lagen. A l le Rechte bei den Autorinnen und Autoren; jeder Nach-druck ist seitens der Urhe-ber genehmigungs- und kostenpflichtig.

BILDNACHWEISE

Abbildungen zu Rodion Shchedrin: Schott Music / Milan Wagner, Mariinsky Theater / Natasha Razina, w ik imed ia commons. Künst lerphotographien: Marco Borggreve (Gergiev), V. Baranovsky (Popov), Na-tasha Razina (Aleksashkin), ohne credit (Sergeeva, Herrmann), Elmer de Haas (Hannigan).

Gedruckt auf holzfreiem und FSC-Mix zertifiziertem Papier der Sorte LuxoArt Samt

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FAMILIENKONZERTEIgor Strawinskys»Der Feuervogel«

Samstag, 24_02_2018 14_30 und 16_30 Uhr

VALERY GERGIEV, DirigentMALTE ARKONA, Sprecher Münchner Philharmoniker und ODEON�Jugendsinfonie-orchester München

KINDER, SCHÜLER UND STUDENTEN FREIERWACHSENE 10 €MPHIL.DE l 089 54 81 81 400PHILHARMONIE IM GASTEIG

In freundschaftlicher Zusammenarbeit mit

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