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Rote Diskus-Wildfänge Rote Diskus-Wildfänge aus dem Lago Nhamundá, Lago Cuipeua, aus dem Lago Nhamundá, Lago Cuipeua, Rio Içá und der Santarém-Region Rio Içá und der Santarém-Region 86 DCG-Informationen 42 (4): 86–90 Text und Fotos Michael J. Schönefeld Rote Diskus-Buntbarsche gelten schon seit jeher als Besonderheit und Rarität (Schönefeld, 2004; Bleher 2006: 140-146). Anfang der 70er Jahre gelangten die ersten roten Diskus-Wildfänge nach Deutsch- land. Der berühmte Diskus-Pionier Dr. Eduard Schmidt-Focke (Bleher, 1998) beschrieb dann 1990 in seinem Aufsatz das Phänomen der geschlechts- spezifischen Färbung bei Diskus-Wildfängen. Sein echtes Alenquer Wildfang Pärchen zeigte zwei voll- kommen unterschiedliche Erscheinungsbilder: Der Habitus des Männchens entsprach einem so genannten „Blauen Wildfang“ (einem durchge- zeichneten „Royal Blue“). Das Weibchen sah dage- gen aus wie ein schon damals sehr begehrter „Brauner Wildfang“ mit extrem hohem, fast flächi- gem Rotanteil und nur wenig blauer Zeichnung. Ein derartiges unterschiedliches, geschlechtsgebunde- nes Aussehen wird als farblicher Sexualdimorphis- mus bzw. Sexualdichromatismus bezeichnet. Auch heute noch sind die flächig rot gefärbten Diskus- Wildfänge zumeist weibliche Tiere. Der „Içá Red Diskus“ Im Rio Içá, viele 100 Kilometer westlich der Stadt Alenquer, wurden Ende der 60iger Jahre die ersten Fische mit rötlicher Grundfarbe und ver- stärkter fünfter Querbinde gefangen. Bilder dieser Tiere gingen damals um die Welt und sorgten für viel Aufregung in der damals noch kleinen Diskus-Szene. Waren es Naturhybriden zwischen Symphysodon discus, HECKEL 1840 und dem Braunen Diskus oder Mutationen? Diese Frage wird wohl nie vollständig beantwortet werden kön- nen. Exemplare dieser Standortvariante wurden von der Firma Aquarium Rio als „Içá Red Diskus“ nach Deutschland importiert. Der „Santarém Diskus“ Heiko Bleher war einer der ersten, die im Rio Tapajós nahe der Stadt Santarém Braune Diskus- fische fing. In den Handel gelangten Wildfänge aus der Santarém-Region unter dem wohlklingenden Namen „Santarém Diskus“. Der Habitus dieser Fische entsprach aber immer eher dem vom norma- len so genannten Braunen Diskus. Bei einer die

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Rote Diskus-Wildfänge Rote Diskus-Wildfänge

aus dem Lago Nhamundá, Lago Cuipeua, Rio Içá und der Santarém-Region

Rote Diskus-Wildfänge

aus dem Lago Nhamundá, Lago Cuipeua, aus dem Lago Nhamundá, Lago Cuipeua, Rio Içá und der Santarém-RegionRio Içá und der Santarém-Region

86 DCG-Informationen 42 (4): 86–90

Text und Fotos Michael J. Schönefeld

Rote Diskus-Buntbarsche gelten schon seit jeher alsBesonderheit und Rarität (Schönefeld, 2004; Bleher2006: 140-146). Anfang der 70er Jahre gelangtendie ersten roten Diskus-Wildfänge nach Deutsch-land. Der berühmte Diskus-Pionier Dr. EduardSchmidt-Focke (Bleher, 1998) beschrieb dann 1990in seinem Aufsatz das Phänomen der geschlechts-spezifischen Färbung bei Diskus-Wildfängen. Seinechtes Alenquer Wildfang Pärchen zeigte zwei voll-kommen unterschiedliche Erscheinungsbilder: DerHabitus des Männchens entsprach einem sogenannten „Blauen Wildfang“ (einem durchge-zeichneten „Royal Blue“). Das Weibchen sah dage-gen aus wie ein schon damals sehr begehrter„Brauner Wildfang“ mit extrem hohem, fast flächi-gem Rotanteil und nur wenig blauer Zeichnung. Einderartiges unterschiedliches, geschlechtsgebunde-nes Aussehen wird als farblicher Sexualdimorphis-mus bzw. Sexualdichromatismus bezeichnet. Auchheute noch sind die flächig rot gefärbten Diskus-Wildfänge zumeist weibliche Tiere.

Der „Içá Red Diskus“Im Rio Içá, viele 100 Kilometer westlich der Stadt Alenquer, wurden Ende der 60iger Jahre dieersten Fische mit rötlicher Grundfarbe und ver-stärkter fünfter Querbinde gefangen. Bilder dieserTiere gingen damals um die Welt und sorgten fürviel Aufregung in der damals noch kleinen Diskus-Szene. Waren es Naturhybriden zwischenSymphysodon discus, HECKEL 1840 und demBraunen Diskus oder Mutationen? Diese Fragewird wohl nie vollständig beantwortet werden kön-nen. Exemplare dieser Standortvariante wurden vonder Firma Aquarium Rio als „Içá Red Diskus“ nachDeutschland importiert.

Der „Santarém Diskus“Heiko Bleher war einer der ersten, die im RioTapajós nahe der Stadt Santarém Braune Diskus-fische fing. In den Handel gelangten Wildfänge ausder Santarém-Region unter dem wohlklingendenNamen „Santarém Diskus“. Der Habitus dieserFische entsprach aber immer eher dem vom norma-len so genannten Braunen Diskus. Bei einer die

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Das Weibchen dieses Paares aus der Alenquer-Region istfast flächig rot gefärbt, das Männchen zeigt aber aufrotbraunem Grund blaue Streifen.S. 86: Karotine im Futter sorgen für eine Verstärkung derRottöne bei Diskusfischen.

Acht Tage alte Jungfische beim Fressen des Hautsekretsam Körper ihrer Mutter. Das Weibchen ist ein s. g.„Nhamundá Rosé Diskus“. Foto: Horst Linke

Farben verstärkenden Beleuchtung und gutem karo-tinhaltigem Futter zeigten einige dieser Fische abereine schöne rotbraune Grundfarbe.

Der „Nhamundá Rosé Diskus“Die als „Nhamundà Rosé“ berühmt gewordenenWildfänge wurden erstmals im Jahr 2000 nachDeutschland importiert. Gefangen wurden dieseDiskusfische im Lago de Nhamundá gut 300Kilometer westlich der brasilianischen Stadt Alen-quer. Der See wird vom Rio Nhamundá gespeist,der aus dem Norden kommt und weiter südlich inden Amazonas-Strom mündet. Der „NhamundáRosé Diskus“ hat eine besonders runde Körperformund eine verhältnismäßig großen Körper. Bei gutenPflegebedingungen zeigen die Weibchen die roteFärbung. Oftmals ist die fünfte Querbinde verstärkt,so wie es vom Heckel Diskus bekannt ist. Diemännlichen Tiere desselben Fanggebietes sind typi-sche Vertreter des so genannten Braunen Diskusund zeigen bei weitem nicht das Rot ihrer weibli-chen Artgenossen. Dass es sich um Naturhybridenzwischen Symphysodon discus, HECKEL 1840 unddem Braunen Diskus handelt, sind unbestätigteVermutungen, aber dies ist durchaus denkbar, da imRio Nhamundá auch relativ viele, schöne Heckel-Diskus vorkommen. Horst Linke gelang die spekta-kuläre Nachzucht dieser herrlichen Tiere und mach-te sie durch mehrere Publikationen in verschiede-nen Fachzeitschriften bekannt. Innerhalb kürzester

Zeit war der Begriff „Nhamundá Rosé“ jedemDiskus-Liebhaber ein Begriff.

Der „Curipera Diskus“Gut zwei Jahre nach der Jahrhundertwende sorgteder Name „Curipera“ für großes Aufsehen in derweltweiten Diskus-Szene. Fundort der Diskus-Wildfänge, die im Handel als „Curipera Diskus“bezeichnet werden, ist der kleine See Cuipeua nord-westlich der Stadt Alenquer. Durch Umweltver-schmutzungen und Ausbeutung der Natur ist dasBiotop schon damals stark bedroht gewesen. Dis-kus aus dem Cuipeua-See zeichnen sich durch einefast kirschrote Körpergrundfarbe bei weitgehendfehlender blauer Zeichnung aus. Lediglich ein dun-kelblaues, fast schwarzes Band im Flossensaum,welches den Fisch umrahmt, ziert diesen Diskusund verleiht ihm ein besonders majestätischesAussehen. Auch beim „Curipera Diskus“ wird voneinem Sexualdimorphismus bzw. Sexualdichro-matismus berichtet. Allerdings gab es auch einigewenige Einzeltiere, die sich als Männchen entpupp-ten, obwohl sie die Farbenpracht eines Weibchenszeigten. Die Nachzucht der Wildfänge vom Cuipeua-See istbisher nur wenigen engagierten Diskus-Hobbyistengeglückt. Es sind auch Kreuzungen mit „NahmundáRosé“ und anderen Wildfangnachzuchten mit roterGrundfarbe unternommen worden. Leider werdenheutzutage aber viele Fische als „Curipera Diskus“

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oben: Die Standortvariante aus dem Cuipeuá-See ist wahr-scheinlich die am stärksten rot gefärbte Diskusfarbform

unten: Dritte Filialgeneration der Kreuzung einer Nachzuchtdes „Curipera Diskus“ mit einer Nachzucht von„Nhamundá Rosé“

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angepriesen, die nicht im Entferntesten etwas mitdieser einmaligen Farbvariante zu tun haben. DemLaien und Anfänger wird es schwer fallen, Jung-tiere einer echten „Curipera“-Nachzucht von deneneines normalen Braunen Diskus zu unterscheiden,weil die Fische erst im Alter, nach guter Einge-wöhnung und unter einwandfreien Pflegebedin-gungen ihre volle Farbenpracht zeigen.

Die Zucht der roten Diskus-WildfängeWildfänge der Gattung Symphsodon sind am leich-testen während der Periode ihrer Laichzeit imnatürlichen Lebensraum zur Fortpflanzung zu ani-mieren. Eine abwechslungsreiche und qualitativhochwertige Versorgung mit Lebendfutter in Ver-bindung mit einem häufigen Wasserwechsel sowieWasserparameter, die an die Bedingungen im Habi-tat angepasst sind (pH-Wert, Leitwert, Härtegrade)wirken sich auf die Bereitschaft zur Paarung positivaus. Für eine gute Entwicklung der Eier ist eine ein-wandfreie biologische Filterung unabdingbar. DasBrutpflegeverhalten von Diskusbuntbarschen istimmer wieder aufs Neue ein Naturschauspiel, daswegen der veränderten Färbung der Elterntierewährend der Brutpflege, wegen der Verteidigungund Pflege des Geleges, des Umsorgens der frischgeschlüpften Larven und des Führens der Jungenseines gleichen sucht.

Es bleibt zu hoffen, dass es engagierten Liebhabernder Diskusfische weiterhin gelingt, für uns Aqua-rianer auch in Zukunft für Nachzuchten von roteWildfängen zu sorgen, denn der Export dieser schö-nen Fische wird in absehbarer Zeit wegen gesetz-lichen Fangverbote oder, weil ihre Biotope vernich-tet werden, wohl kaum noch möglich sein.

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Verbreitungsgebiete roter Diskus-Wildfänge in Amazonien

Unten: Diskus-Habitat bei Niedrigwasser in der Alenquer-Region – Foto: Horst Linke

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LiteraturBleher, H., (1998): Dr. Eduard Schmidt-Focke. aqua geõgraphia17: 56-68.- - (2006): Blehers Discus, Bd 1. aquapress Verlag, MiradoloTerme.

Schönefeld, M., ed. (2004): Rund um den Diskus-Wildfang. DISKUS Welt Report, Sonderheft-Spezial, DWR-Verlag, Zirn-dorf.

Obwohl als echte „Curipera Diskus“angeboten, sind diese Nachzuchtenwegen ihres unterschiedlichenErscheinungsbildes aber evtl.Kreuzungen mit Hochzuchtformen.

Unten:Dieser rote Wildfang aus derAlenquer-Region erwies sich nachmehren Monaten im Aquarium alsWeibchen.

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