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Verfehlung bedeuten soll. Bei der Kenntnis gibt Hesral anders als das BSG die Richtung vor, dass es nicht nur auf die Kenntnis des antrags- berechtigten Vorstandes, sondern auf die gesamte KV ankommt, was meine Zustimmung findet. Hilfreich ist die Bildung von Fallgruppen, in denen die wichtigs- ten vertragsärztlichen Pflichten und deren Verletzungen dargestellt werden. Hier finden sich auch Ausführungen zu Disziplinarmaßnah- men, die allgemeine berufs- und gesundheitspolitische Äußerungen und Betätigungen bei vertragsärztlicher Tätigkeit betreffen. Einen breiten Raum nehmen naturgemäß die Ausführungen zum dauern- den Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot ein. Das Verhältnis von Berufsgerichten und Strafgerichten wird da- hin charakterisiert, dass die unterschiedlichen Zweckrichtungen ein Nebeneinander zulassen und es durchaus günstig sein kann, dass der Disziplinarausschuss im Hinblick auf ein Strafverfahren sein Verfah- ren aussetzt, um sich die nicht zu unterschätzenden präjudiziellen Wirkungen eines Strafurteils zunutze machen zu können. Zu teilen ist die Auffassung Hesrals, dass Verstöße gegen Verfah- rens- und Formvorschriften im Gegensatz zu einer Entscheidung des LSG Nordrh.-Westf. aus dem Jahre 1996 als heilbar anzusehen sind. Diese Auffassung wird überzeugend mit einem Vergleich zu den Vor- schriften des förmlichen Verwaltungsverfahrens (§ 63 Abs. 2 VwVfG) begründet, die eine Heilung von Verfahrensmängeln zulassen. Das 2. Kapitel zum Prozessrecht des Disziplinarverfahrens, be- arbeitet von Reinhold, will das sozialgerichtliche Verfahren syste- matisch unter Hervorhebung jener Besonderheiten darstellen, die sich in der gerichtlichen Auseinandersetzung um Disziplinarmaß- nahmen ergeben. Im prozessualen Teil wird weit ausgeholt. Von der Gerichtsverfassung über die einzelnen Sachurteilsvoraussetzungen und dem vorläufigen Rechtsschutz reichen die Ausführungen bis zu den Einzelheiten eines erstinstanzlichen Klageverfahrens. Rein- hold billigt der KV/KZV unter Hinweis auf Rechtsprechung des BSG eine Klagemöglichkeit gegen den Disziplinarausschuss zu, wo- hingegen meiner Meinung nach die besseren Argumente für einen nicht statthaften In-sich-Prozess sprechen. Die Systematisierung der die tatsächlichen Voraussetzungen betreffenden Prüftätigkeit ist in der Praxis, auch des Disziplinarausschusses, hilfreich. Das gilt auch für die bei der Auswahl der Disziplinarmaßnahmen zu treffende Ermessensentscheidung. Die im Klageverfahren entstehenden Kos- ten werden ausführlich behandelt. Die Ausführungen schließen mit dem Berufungsverfahren und dem Revisionsverfahren ab. Deutlich wird gemacht, dass die Berufung in Disziplinarsachen nicht vom Beschwerdewert abhängig ist, weil selbst die Geldbuße keine Geld- leistung i. S. des § 144 SGG ist. In Kapitel 3, Bearbeiter Hesral, stehen die Unterschiede und die Konkurrenz zwischen Disziplinar- und Zulassungsentziehungsver- fahren im Vordergrund. In der Tat sind Disziplinarmaßnahme und Entziehungsverfahren über den rechtsstaatlichen Verhältnismäßig- keitsgrundsatz miteinander verknüpft. Im Lichte des Art. 12 i. V. mit Art. 20 GG muss man über den Entzug der Statusentscheidung auch im Lichte des disziplinarrechtlich möglichen Ruhens der Zulassung entscheiden. In Kapitel 4 zum Prozessrecht bei der Zulassungsentziehung, Be- arbeiter Reinhold, werden zunächst noch einmal im Einzelnen Ge- richtsverfassung, Klagesystem und die einzelnen Sachentscheidungs- voraussetzungen detailliert vorgestellt. Für die Praxis ein Gewinn ist die Darstellung des vorläufigen Rechtsschutzes. Das Kapitel wird durch eine eingehende Erläuterung eines erstinstanzlichen Verfah- rens abgeschlossen. Das Disziplinarverfahren und das Entziehungsverfahren werden im 5. Kapitel von Steinhilper aus der Sicht der Kassenärztlichen Ver- einigungen betrachtet. Wie ein disziplinarischer Verstoß bekannt wird, kann auf vielfältige Art geschehen. Aber auch aus Gründen des Opportunitätsprinzips kann ein Disziplinarverfahren von Seiten der KV in Gang kommen. Wie schon im 1. Kapitel werden noch einmal die in einem Disziplinarverfahren zu ahndenden ärztlichen Pflichtverstöße genannt. Zutreffend geht Steinhilper auf die juristisch- professionelle versus ärztlich-kollegiale Leitung des Disziplinaraus- schusses ein. Die gerichtsähnliche Verhandlungsführung durch den Volljuristen stößt häufiger auf weniger Akzeptanz bei Ärzten, weil sie sich leicht als „Angeklagte“ fühlen. Im Hinblick auf die zu beach- tenden Verfahrensfragen stimme ich Steinhilper zu, dass die Verhand- lungsführung dennoch durch einen Juristen vorgenommen werden sollte. Ruhen und Entziehung der Zulassung schließen das Kapitel ab. Im 6.Kapitel behandelt Gräfin von Strachwitz-Helmstatt anwaltliche Strategien im Disziplinarverfahren. Auch sie geht auf das Verhält- nis zwischen dem Disziplinarverfahren und dem Verfahren über den Entzug der Zulassung ein. In ihren Ausführungen spielen ebenfalls Kostenfragen und verfahrensrechtliches Vorgehen eine Rolle. Der Leitfaden – als solcher versteht sich das Werk – beleuchtet die Probleme des Disziplinar- und Zulassungsrechts aus den verschiede- nen Blickwinkeln der jeweiligen Bearbeiter. Dieser Leitfaden wür- de gewinnen, wenn die einzelnen Kapitel besser aufeinander abge- stimmt wären, um Überschneidungen zu vermeiden. DOI: 10.1007/s00350-013-3598-7 Das Recht der anthroposophischen Medizin. Von Rüdiger Zuck. Verlag Nomos, 2. Aufl. Baden-Baden 2012, 267 S., kart., € 49,00 Die anthroposophische Medizin zählt neben der Phytotherapie und der Homöopathie zu den anerkannten besonderen Therapierichtun- gen i. S. des § 2 Abs. 1 S. 2 SGB V. Von der Schulmedizin unterschei- det sie sich durch ein eigenständiges Therapiekonzept (mit eigenen Arznei- und Heilmitteln) und eine damit verbundene eigenständige Methodologie. Die Wirksamkeit der Untersuchungs- und Behand- lungsmethoden der anthroposophischen Medizin wird von schulme- dizinischer Seite überwiegend angezweifelt. In seiner erstmals im Jahre 2007 erschienenen Schrift plädiert Rüdiger Zuck für den demokratischen Pluralismus i. S. einer zu ge- währleistenden Methodenpluralität. Ohne einen Anspruch auf Voll- ständigkeit zu erheben, stellt das Werk die gegenwärtige rechtliche Stellung der anthroposophischen Medizin dar. Darüber hinaus ist es dem Verfasser ein besonderes Anliegen, aufzuzeigen wie die anth- roposophische Medizin sich neben der Schulmedizin Geltung ver- schaffen kann. Ausgehend von dem Selbstverständnis der anthroposophischen Me- dizin (2. Kap.) geht Zuck zunächst der in der Medizin umstrittenen, für die vertragsärztliche Versorgung aber zentralen Frage nach, wie die Wirksamkeit einer Untersuchungs- oder Behandlungsmethode nachzuweisen ist (3. Kap.). Das Methodenverständnis der anthropo- sophischen Medizin beruht auf einer individuellen Wirksamkeitsbe- urteilung. Demgegenüber legt die Verfahrensordnung des Gemein- samen Bundesausschusses als Bewertungskriterium die Methoden der evidenzbasierten Medizin zugrunde. Weil eine Anerkennung der anthroposophischen Untersuchungs- und Behandlungsmetho- den durch den G-BA an diesen Vorgaben regelmäßig scheitern wird, erörtert der Verfasser die Voraussetzungen, unter denen eine „Nut- zenbewertung“ ausnahmsweise unabhängig von den Methoden der evidenzbasierten Medizin vorgenommen wird (Fall des Systemman- gels und des § 2 Abs. 1a SGB V). Letztlich aber ist Zuck der Ansicht, dass die Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der anerkann- ten besonderen Therapierichtungen gar nicht auf eine Anerkennung durch den G-BA angewiesen sind; sie seien ihrerseits Standard und deshalb nicht „neu“ i. S. des SGB V. Nachdrücklich gefordert wird konsequenterweise eine Gleichsetzung der Erkenntnismethoden der anerkannten besonderen Therapierichtungen mit denen der Schul- medizin. Im Sinne der Theorie der Binnenanerkennung habe die an- throposophische Medizin selbst zu entscheiden, welche Therapien als Standard in Betracht kommen. Im Verhältnis zur Schulmedizin dürfe sich die anthroposophische Medizin nicht unterordnen (4. Kap.), sie stehe vielmehr gleichberechtigt neben der Schulmedizin. Dieses Recht auf Gleichberechtigung leitet Zuck unter ausführli- cher Darstellung der die anthroposophische Medizin berührenden rechtlichen Regelungen her. Über die Menschenrechte (5. Kap.) und das Europäische Gemeinschaftsrecht (6. Kap.) gelangt er schließlich zum deutschen Recht (7. Kap.), dem die primäre Verantwortung für das Gesundheitswesen und seine sozialen Sicherungssysteme obliegt. Es wird dargelegt, inwiefern die Gleichsetzung mit der Schulmedizin i. S. einer gesetzgeberischen Anerkennung der besonderen Therapie- richtungen nicht nur verfassungsrechtlich geboten ist (insbes. durch die ärztliche Therapiefreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG, und die Patienten- autonomie, Art. 2 Abs. 1 GG i. V. mit Art. 1 Abs. 1 GG), sondern vom deutschen Gesetzgeber auch tatsächlich einfachrechtlich umgesetzt worden ist. Dieser deutsche Standard dürfe auch nicht auf EU-Ebene unterschritten werden (8. Kap.). Katrin Schumacher, Institut für Medizinrecht, Universität zu Köln, Deutschland Rezensionen 70 MedR (2014) 32: 70–71

Rüdiger Zuck, Das Recht der anthroposophischen Medizin

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Verfehlung bedeuten soll. Bei der Kenntnis gibt Hesral anders als das BSG die Richtung vor, dass es nicht nur auf die Kenntnis des antrags-berechtigten Vorstandes, sondern auf die gesamte KV ankommt, was meine Zustimmung findet.

Hilfreich ist die Bildung von Fallgruppen, in denen die wichtigs-ten vertragsärztlichen Pflichten und deren Verletzungen dargestellt werden. Hier finden sich auch Ausführungen zu Disziplinarmaßnah-men, die allgemeine berufs- und gesundheitspolitische Äußerungen und Betätigungen bei vertragsärztlicher Tätigkeit betreffen. Einen breiten Raum nehmen naturgemäß die Ausführungen zum dauern-den Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot ein.

Das Verhältnis von Berufsgerichten und Strafgerichten wird da-hin charakterisiert, dass die unterschiedlichen Zweckrichtungen ein Nebeneinander zulassen und es durchaus günstig sein kann, dass der Disziplinarausschuss im Hinblick auf ein Strafverfahren sein Verfah-ren aussetzt, um sich die nicht zu unterschätzenden präjudiziellen Wirkungen eines Strafurteils zunutze machen zu können.

Zu teilen ist die Auffassung Hesrals, dass Verstöße gegen Verfah-rens- und Formvorschriften im Gegensatz zu einer Entscheidung des LSG Nordrh.-Westf. aus dem Jahre 1996 als heilbar anzusehen sind. Diese Auffassung wird überzeugend mit einem Vergleich zu den Vor-schriften des förmlichen Verwaltungsverfahrens (§ 63 Abs. 2 VwVfG) begründet, die eine Heilung von Verfahrensmängeln zulassen.

Das 2. Kapitel zum Prozessrecht des Disziplinarverfahrens, be-arbeitet von Reinhold, will das sozialgerichtliche Verfahren syste-matisch unter Hervorhebung jener Besonderheiten darstellen, die sich in der gerichtlichen Auseinandersetzung um Disziplinarmaß-nahmen ergeben. Im prozessualen Teil wird weit ausgeholt. Von der Gerichtsverfassung über die einzelnen Sachurteilsvoraussetzungen und dem vorläufigen Rechtsschutz reichen die Ausführungen bis zu den Einzelheiten eines erstinstanzlichen Klageverfahrens. Rein-hold billigt der KV/KZV unter Hinweis auf Rechtsprechung des BSG eine Klagemöglichkeit gegen den Disziplinarausschuss zu, wo-hingegen meiner Meinung nach die besseren Argumente für einen nicht statthaften In-sich-Prozess sprechen. Die Systematisierung der die tatsächlichen Voraussetzungen betreffenden Prüftätigkeit ist in der Praxis, auch des Disziplinarausschusses, hilfreich. Das gilt auch für die bei der Auswahl der Disziplinarmaßnahmen zu treffende Ermessensentscheidung. Die im Klageverfahren entstehenden Kos-ten werden ausführlich behandelt. Die Ausführungen schließen mit dem Berufungsverfahren und dem Revisionsverfahren ab. Deutlich wird gemacht, dass die Berufung in Disziplinarsachen nicht vom Beschwerdewert abhängig ist, weil selbst die Geldbuße keine Geld-leistung i. S. des § 144 SGG ist.

In Kapitel 3, Bearbeiter Hesral, stehen die Unterschiede und die Konkurrenz zwischen Disziplinar- und Zulassungsentziehungsver-fahren im Vordergrund. In der Tat sind Disziplinarmaßnahme und Entziehungsverfahren über den rechtsstaatlichen Verhältnismäßig-keitsgrundsatz miteinander verknüpft. Im Lichte des Art. 12 i. V. mit Art. 20 GG muss man über den Entzug der Statusentscheidung auch im Lichte des disziplinarrechtlich möglichen Ruhens der Zulassung entscheiden.

In Kapitel 4 zum Prozessrecht bei der Zulassungsentziehung, Be-arbeiter Reinhold, werden zunächst noch einmal im Einzelnen Ge-richtsverfassung, Klagesystem und die einzelnen Sachentscheidungs-voraussetzungen detailliert vorgestellt. Für die Praxis ein Gewinn ist die Darstellung des vorläufigen Rechtsschutzes. Das Kapitel wird durch eine eingehende Erläuterung eines erstinstanzlichen Verfah-rens abgeschlossen.

Das Disziplinarverfahren und das Entziehungsverfahren werden im 5. Kapitel von Steinhilper aus der Sicht der Kassenärztlichen Ver-einigungen betrachtet. Wie ein disziplinarischer Verstoß bekannt wird, kann auf vielfältige Art geschehen. Aber auch aus Gründen des Opportunitätsprinzips kann ein Disziplinarverfahren von Seiten der KV in Gang kommen. Wie schon im 1. Kapitel werden noch einmal die in einem Disziplinarverfahren zu ahndenden ärztlichen Pflichtverstöße genannt. Zutreffend geht Steinhilper auf die juristisch-professionelle versus ärztlich-kollegiale Leitung des Disziplinaraus-schusses ein. Die gerichtsähnliche Verhandlungsführung durch den Volljuristen stößt häufiger auf weniger Akzeptanz bei Ärzten, weil sie sich leicht als „Angeklagte“ fühlen. Im Hinblick auf die zu beach-tenden Verfahrensfragen stimme ich Steinhilper zu, dass die Verhand-lungsführung dennoch durch einen Juristen vorgenommen werden sollte.

Ruhen und Entziehung der Zulassung schließen das Kapitel ab.Im 6.Kapitel behandelt Gräfin von Strachwitz-Helmstatt anwaltliche

Strategien im Disziplinarverfahren. Auch sie geht auf das Verhält-nis zwischen dem Disziplinarverfahren und dem Verfahren über den

Entzug der Zulassung ein. In ihren Ausführungen spielen ebenfalls Kostenfragen und verfahrensrechtliches Vorgehen eine Rolle.

Der Leitfaden – als solcher versteht sich das Werk – beleuchtet die Probleme des Disziplinar- und Zulassungsrechts aus den verschiede-nen Blickwinkeln der jeweiligen Bearbeiter. Dieser Leitfaden wür-de gewinnen, wenn die einzelnen Kapitel besser aufeinander abge-stimmt wären, um Überschneidungen zu vermeiden.

DOI: 10.1007/s00350-013-3598-7

Das Recht der anthroposophischen Medizin.

Von Rüdiger Zuck. Verlag Nomos, 2.  Aufl. Baden-Baden 2012, 267 S., kart., € 49,00

Die anthroposophische Medizin zählt neben der Phytotherapie und der Homöopathie zu den anerkannten besonderen Therapierichtun-gen i. S. des § 2 Abs. 1 S. 2 SGB V. Von der Schulmedizin unterschei-det sie sich durch ein eigenständiges Therapiekonzept (mit eigenen Arznei- und Heilmitteln) und eine damit verbundene eigenständige Methodologie. Die Wirksamkeit der Untersuchungs- und Behand-lungsmethoden der anthroposophischen Medizin wird von schulme-dizinischer Seite überwiegend angezweifelt.

In seiner erstmals im Jahre 2007 erschienenen Schrift plädiert Rüdiger Zuck für den demokratischen Pluralismus i. S. einer zu ge-währleistenden Methodenpluralität. Ohne einen Anspruch auf Voll-ständigkeit zu erheben, stellt das Werk die gegenwärtige rechtliche Stellung der anthroposophischen Medizin dar. Darüber hinaus ist es dem Verfasser ein besonderes Anliegen, aufzuzeigen wie die anth-roposophische Medizin sich neben der Schulmedizin Geltung ver-schaffen kann.

Ausgehend von dem Selbstverständnis der anthroposophischen Me-dizin (2. Kap.) geht Zuck zunächst der in der Medizin umstrittenen, für die vertragsärztliche Versorgung aber zentralen Frage nach, wie die Wirksamkeit einer Untersuchungs- oder Behandlungsmethode nachzuweisen ist (3. Kap.). Das Methodenverständnis der anthropo-sophischen Medizin beruht auf einer individuellen Wirksamkeitsbe-urteilung. Demgegenüber legt die Verfahrensordnung des Gemein-samen Bundesausschusses als Bewertungskriterium die Methoden der evidenzbasierten Medizin zugrunde. Weil eine Anerkennung der anthroposophischen Untersuchungs- und Behandlungsmetho-den durch den G-BA an diesen Vorgaben regelmäßig scheitern wird, erörtert der Verfasser die Voraussetzungen, unter denen eine „Nut-zenbewertung“ ausnahmsweise unabhängig von den Methoden der evidenzbasierten Medizin vorgenommen wird (Fall des Systemman-gels und des § 2 Abs. 1a SGB V). Letztlich aber ist Zuck der Ansicht, dass die Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der anerkann-ten besonderen Therapierichtungen gar nicht auf eine Anerkennung durch den G-BA angewiesen sind; sie seien ihrerseits Standard und deshalb nicht „neu“ i. S. des SGB V. Nachdrücklich gefordert wird konsequenterweise eine Gleichsetzung der Erkenntnismethoden der anerkannten besonderen Therapierichtungen mit denen der Schul-medizin. Im Sinne der Theorie der Binnenanerkennung habe die an-throposophische Medizin selbst zu entscheiden, welche Therapien als Standard in Betracht kommen. Im Verhältnis zur Schulmedizin dürfe sich die anthroposophische Medizin nicht unterordnen (4. Kap.), sie stehe vielmehr gleichberechtigt neben der Schulmedizin.

Dieses Recht auf Gleichberechtigung leitet Zuck unter ausführli-cher Darstellung der die anthroposophische Medizin berührenden rechtlichen Regelungen her. Über die Menschenrechte (5. Kap.) und das Europäische Gemeinschaftsrecht (6. Kap.) gelangt er schließlich zum deutschen Recht (7. Kap.), dem die primäre Verantwortung für das Gesundheitswesen und seine sozialen Sicherungssysteme obliegt. Es wird dargelegt, inwiefern die Gleichsetzung mit der Schulmedizin i. S. einer gesetzgeberischen Anerkennung der besonderen Therapie-richtungen nicht nur verfassungsrechtlich geboten ist (insbes. durch die ärztliche Therapiefreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG, und die Patienten-autonomie, Art. 2 Abs. 1 GG i. V. mit Art. 1 Abs. 1 GG), sondern vom deutschen Gesetzgeber auch tatsächlich einfachrechtlich umgesetzt worden ist. Dieser deutsche Standard dürfe auch nicht auf EU-Ebene unterschritten werden (8. Kap.).

Katrin Schumacher, Institut für Medizinrecht, Universität zu Köln, Deutschland

Rezensionen70 MedR (2014) 32: 70–71

Der Grundstein für die Beantwortung einzelner für die Praxis der anthroposophischen Medizin wichtiger Rechtsfragen ist damit ge-legt. Neben der Stellung ärztlicher Leistungserbringer (9. Kap.) dis-kutiert Zuck Rechtsfragen, die sich im Zusammenhang mit anthro-posophischen Heil- (10. Kap.) und Arzneimitteln (11. Kap.) ergeben. Insbesondere zeigt er Möglichkeiten zur Aufwertung der anthropo-sophischen Medizin auf. In diesem Sinne regt Zuck beispielsweise an, Ausbildung, Berufsbezeichnung und Tätigkeitserlaubnis anthroposo-phischer Leistungserbringer gesetzlich zu regeln. Zudem stellt er dar, was im Einzelnen aus der gesetzgeberischen Anerkennung zu folgen habe. So ist Zuck der Ansicht, dass die anthroposophischen Heilmittel als Standardtherapie zum zwingenden Leistungsangebot der gesetzli-chen Krankenkassen gehören. Bis eine abschließende Klärung durch den Gesetzgeber erfolgt, dürfe es jedenfalls nicht den Krankenkassen zur freien Entscheidung überlassen werden, ob die Leistungen der vertragsärztlichen Versorgung zugeordnet sind oder nicht (so aber die Konsequenz aus BSGE 94, 221 = ZMGR 2005, 264).

Das in der zweiten Auflage neu eingefügte und abschließende 12.  Kapitel enthält eine rechtliche Kommentierung der im Jahre 2011 verabschiedeten Deklaration zum Recht der Anthroposophi-schen Medizin. Zuck stellt darin heraus, inwieweit die Deklaration lediglich ein Abbild der geltenden Rechtslage ist und inwieweit es sich um rechtspolitische Forderungen der anthroposophischen Me-dizin handelt.

Die vorliegende Schrift verdeutlicht dogmatische Standpunkte, praxisrelevante Auswirkungen sowie Reformüberlegungen unter Berücksichtigung des Selbstverständnisses der anthroposophischen Medizin. Gerade im Hinblick auf den stetig wachsenden alternativen Gesundheitsmarkt ist sie für die Praxis wie für die Theorie von her-ausragendem Interesse.

Produzentenhaftung – Haftung aus dem Arznei-mittelgesetz und Haftung für Medizinprodukte.

Von Hans Josef Kullmann, Bernhard Pfister, Karlheinz Stöhr und Gerald Spindler. Verlag Erich Schmidt, Berlin 2013, Lose blatt werk, 5.524 Seiten in 4 Ordnern, € 148,00

Der „Kullmann/Pfister/Stöhr/Spindler“ ist das deutsche Standardwerk zur Produzentenhaftung. Die Kombination aus Kommentar, Hand-buch, Gesetzes- und Entscheidungssammlung macht es bis heute ein-zigartig und für den Praktiker besonders wertvoll. Im letzten Jahr ist das nunmehr vierbändige Werk umfangreich überarbeitet und erwei-tert worden. Unter anderem ist die bisherige Darstellung der Arznei-mittelhaftung durch die völlig neue Bearbeitung von Rechtsanwalt und Arzt Dr. Dr. Adem Koyuncu (Mayer Brown, Düsseldorf ) ersetzt worden, welche durch die Entscheidungssammlung von Kullmann zur Haftung für Arzneimittelschäden in Band 4 des Werkes ergänzt wird. Neu hinzugekommen sind zudem Beiträge zur Haftung für Medi-zinprodukte von Prof. Dr. Andreas Spickhoff (Universität Göttingen).

A. Kommentierung der Haftung aus dem Arzneimittelgesetz

Die Bearbeitung von Koyuncu stellt nicht nur eine notwendige Er-gänzung des Standardwerkes zur Produzentenhaftung dar, sondern zugleich die derzeit umfangreichste Kommentierung zur deutschen Arzneimittelhaftung. Über insgesamt 16 Kapitel werden neben den Grundlagen der Arzneimittelhaftung sämtliche aktuellen Probleme ausführlich besprochen. Darüber hinaus enthält die Kommentierung umfangreiche Schrifttums- und Rechtsprechungsnachweise, insbe-sondere die besonders relevante VIOXX-Rechtsprechung wurde vollständig ausgewertet. Trotz ihres beachtlichen Umfanges gestaltet sich die Darstellung sehr übersichtlich und damit praxisfreundlich.

Besonders hervorzuheben ist, dass die Kommentierung neben ei-nem ausführlichen Kapitel zu den Beweisfragen im Arzneimittelhaf-tungsprozess auch besonders praxisrelevante prozessuale Aspekte be-leuchtet. Einen eigenen Abschnitt von 15 ½ Seiten widmet der Autor des Werkes „Das Haftungsdreieck Pharmaunternehmen–Arzt–Pati-ent“ auch dem Mitverschulden des Geschädigten, welches bis heute

in Rechtsprechung und Literatur eher wenig Beachtung gefunden hat. Auch wenn bei der Arzneimittelhaftung aus dem AMG die Haf-tung des pharmazeutischen Unternehmers eindeutig im Vordergrund steht, wird die Haftung Dritter für Arzneimittelschäden, d. h. die Haftung des (Lohn-)Herstellers, des Arztes, des Apothekers sowie der Arzneimittelbehörden nicht außer Acht gelassen und zumindest kurz – auf 7 ½ Seiten – überblicksartig dargestellt. Auf 2 ½ Seiten gibt Koyuncu zudem einen knappen Überblick über das „Haftungsgefü-ge“, d. h. die potentiellen Anspruchsgegner, bei durch Prüfpräparate verursachten Schäden. Die Kommentierung schließt mit einer 5-sei-tigen Abhandlung über die obligatorische Deckungsvorsorge nach § 94 AMG, wobei jedoch die jüngste Gesetzesänderung (§ 94 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 AMG n. F.) nicht mehr berücksichtigt wurde.

B. Kommentierung der Haftung für Medizinprodukte

Die Kommentierung der Haftung für Medizinprodukte fällt mit 7 ½ Seiten vergleichsweise knapp aus. Diese wird jedoch ergänzt durch eine 15-seitige Darstellung von Schutzgesetzen i. S. von § 823 Abs. 2 BGB aus dem Medizinproduktegesetz. Im Rahmen dieser wird unter anderem die höchst aktuelle Frage nach der Haftung der sog. „Be-nannten Stelle“ aufgeworfen, und insbesondere die brisante Frage, ob und inwieweit auch der Hersteller gegenüber der „Benannten Stelle“ durch Vorschriften des Medizinproduktegesetzes geschützt wird und mithin eine Haftung der „Benannten Stelle“ gegenüber dem Her-steller nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. mit einer Vorschrift aus dem Me-dizinproduktegesetz in Betracht kommt. Der Frage wird sodann je-doch nicht weiter nachgegangen. Die Kommentierung von Spickhoff setzt sich insgesamt nicht vertieft mit Einzelproblemen auseinander, bietet aber demjenigen, der sich erstmals mit der Haftung für Medi-zinprodukte vertraut machen möchte, einen informativen Überblick.

Psychotherapeutenrecht. Berufs- und vertragsarztrechtliche Fragen.

Von Martin H. Stellpflug. Verlag Medhochzwei, 2. Aufl. Hei-delberg 2013, XII u. 175 S., geb., € 59,99

Stellpflug schreibt klar und anschaulich. Der nicht-juristische Leser findet sofort die entscheidenden Details zur vertragsärztlichen Tätig-keit und zum Berufsrecht der psychologischen Psychotherapeuten so-wie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Zunächst sind die allgemeinen Grundlagen des Vertragsarztrechts mit Beschreibung der Zuständigkeiten dargestellt. Dabei nimmt die Frage, inwieweit vertragsärztliche psychotherapeutische Tätigkeit als freier Beruf aus-geübt werden kann und was das bedeutet, breiten Raum ein.

Beim Zulassungsrecht sind einführend die allgemeinen rechtli-chen Voraussetzungen für die Zulassung zur ambulanten vertrags-ärztlichen Versorgung dargestellt; es schließen sich die besonderen Regelungen für Vertragspsychotherapeuten an, unter anderem Min-destanforderungen an den Tätigkeitsumfang. Besonders klar sind dargestellt die (oft als einengend empfundenen) Regelungen zur Verlegung eines Vertragsarztsitzes und zu den Voraussetzungen für die Veräußerung einer fortführungsfähigen Praxis. Der Leser erfährt auch, dass rückwirkende Genehmigungen nicht zulässig sind; recht-zeitige Anträge sind daher erforderlich.

Das umfangreichste Kapitel ist den berufsrechtlichen und ver-tragsarztrechtlichen Pflichten des Vertragspsychotherapeuten gewid-met. Jedem Vertragspsychotherapeuten kann angeraten werden, die Einzelthemen aufmerksam vor Eröffnung einer Praxis zu studieren. Dargestellt sind mögliche Kooperationsformen, die Voraussetzungen zur Anstellung von Kollegen und Weiterbildungsassistenten. Stell-pflug wendet sich in diesem Zusammenhang erneut dagegen, dass nach den gesetzlichen Vorgaben und der bisherigen Rechtsprechung Vertragsärzte zwar Psychotherapeuten anstellen dürfen, nicht jedoch umgekehrt Psychotherapeuten Ärzte.

Abgehandelt sind auch Wirtschaftlichkeitsprüfung und sachlich-rechnerische Prüfung der Abrechnung. Etwas knapp ist der Text zur Plausibilitätsprüfung. Für die Praxis sehr wichtig ist der Überblick zum Umfang der geforderten vertragsärztlichen psychotherapeuti-

Rechtsanwältin Dr. iur. Julia Achtmann, BLD Bach Langheid Dallmayr Rechtsanwälte Partnerschafts-gesellschaft, Köln, Deutschland

Rechtsanwalt Dr. iur. Gernot Steinhilper, Wennigsen, Deutschland

Rezensionen MedR (2014) 32: 71–72 71