11
PBG ZÜRCHER ZEITSCHRIFT FÜR ÖFFENTLICHES BAURECHT 3/2008 aktuell Die Sachverständigen- kommissionen im Bereich des Natur- und Heimatschutzes von Doris Bircher

RZ PBG 1 - are.zh.ch · EDITORIAL THEMA Sehr geehrte Damen und Herren «Es liegt uns daran, möglichst bald die Befugnis zu erhal-ten, Bauprojekte, welche das Strassenbild verunstalten,

  • Upload
    builiem

  • View
    213

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: RZ PBG 1 - are.zh.ch · EDITORIAL THEMA Sehr geehrte Damen und Herren «Es liegt uns daran, möglichst bald die Befugnis zu erhal-ten, Bauprojekte, welche das Strassenbild verunstalten,

PBG

RC

HE

RZ

EIT

SC

HR

IFT

FF

EN

TL

ICH

ES

BA

UR

EC

HT

3/

20

08

a k t u e l l

Die Sachverständigen-kommissionen im Bereich des Natur- und Heimatschutzes

von Doris Bircher

Page 2: RZ PBG 1 - are.zh.ch · EDITORIAL THEMA Sehr geehrte Damen und Herren «Es liegt uns daran, möglichst bald die Befugnis zu erhal-ten, Bauprojekte, welche das Strassenbild verunstalten,

I N H A LT

4 E D I T O R I A L

5 T H E M A

Die Sachverständigenkommissionen im Bereich des Natur- und Heimatschutzes von Doris Bircher

I N F O R M A T I O N E N

21 Aus dem Bundesgerichtvon Dr. iur. Charlotte Schoder

30 Aus dem Kantonvon Mathias Rosskopf

D E T A I L

35 Eindolung von Fliessgewässernvon Maja Saputelli P

BG

RC

HE

RZ

EIT

SC

HR

IFT

FF

EN

TL

ICH

ES

BA

UR

EC

HT

3/

20

08

a k t u e l lI M P R E S S U M

Redaktion: Carmen Walker Späh, Rechtsanwältin, Waidstrasse 11, 8037 Zürich, Tel. 044 271 10 00, Fax 044 272 99 09, e-mail: [email protected] Herausgeber: Verein zürcherischer Gemeindeschreiber und Verwaltungsfachleute VZGVErscheint: vierteljährlichJahresabonnement: Fr. 120.–Abonnementsbestellung: Stutz Druck AG, Einsiedlerstrasse 29, 8820 Wädenswil,Tel. 044 783 99 11, Fax 044 783 99 22, www.stutz-druck.ch, e-mail: [email protected] und Typografie: Lilian Kretz, Grafik & DTP, Wibichstr.10, 8037 Zürich, Tel. 043 205 21 10, e-mail: [email protected]: Stutz Druck AG, Offset und Buchdruck, 8820 WädenswilStändige Mitarbeiter: - Dr. iur. Charlotte Schoder, Rechtsanwältin, Gerichtsschreiberin am

Schweizerischen Bundesgericht in Lausanne- Mathias Rosskopf, lic. iur. Rechtsanwalt, Stv. Stabchef,

Generalsekretariat der Baudirektion Zürich- Dr. Fridolin Störi, Bausekretär der Stadt Winterthur

Page 3: RZ PBG 1 - are.zh.ch · EDITORIAL THEMA Sehr geehrte Damen und Herren «Es liegt uns daran, möglichst bald die Befugnis zu erhal-ten, Bauprojekte, welche das Strassenbild verunstalten,

E D I T O R I A L T H E M A

Sehr geehrte Damen und Herren

«Es liegt uns daran, möglichst bald die Befugnis zu erhal-ten, Bauprojekte, welche das Strassenbild verunstalten, zu-rückzuweisen.» Mit diesen Worten gab der Zürcher Stadt-rat dem Zürcher Regierungsrat am 29. Juli 1911 den Anstossfür eine erste Verordnung betreffend den Natur- und Hei-matschutz. Bereits am 31. Mai 1912 wurde eine beratendeHeimatschutzkommission (ab 1917 Natur- und Heimat-schutzkommission des Kantons Zürich genannt) von siebenSachverständigen für die Dauer von drei Jahren eingesetzt.Das erste Gutachten der Natur- und Heimatschutzkommis-sion vom 6. September 1912 befasste sich mit der Erstellungvon intermittierenden Lichtreklamen auf dem Dach des Hotels Central und auf demjenigen des Hotels Bellevue. Heute geht es längst nicht mehr nur um Einzelobjekte, son-dern vor allem um die Frage der Orts- und Landschafts-verträglichkeit überhaupt, besonders bei grösseren Bau-vorhaben.

Die drei Kommissionen, nämlich die Natur- und Heimat-schutzkommission (NHK), die Denkmalpflegekommission(KDK) sowie die Archäologiekommission (AK) sind somitfester Bestandteil von Abklärungen rund um die Frage der Erhaltenswürdigkeit von Bauten und Anlagen, dies ob-schon das Sanierungsprogramm 2004 noch die Aufhebungder Sachverständigenkommissionen vorsah. Nach heftigemWiderstand wurden diese und damit ihr Auftrag zwarnicht aufgehoben, jedoch in verschiedener Hinsicht ein-geschränkt. Die Autorin des Hauptbeitrags, ist für das Sekretariat der Natur- und Heimatschutzkommission ver-antwortlich und kennt die Veränderungen aus eigener Erfahrung. Sie schildert den heutigen Aufgabenbereich der Kommissionen, die Zuständigkeiten und deren Finan-zierung.

IhreCarmen Walker Späh

54

I. Ausgangslage

A. Die Geschichte der Kommissionen

Gestützt auf das am 1. Januar 1912 in Kraft getretene Ein-führungsgesetz zum schweizerischen Zivilgesetzbuch (EGZGB) wurde am 9. Mai 1912 im Kanton Zürich die erste Ver-ordnung betreffend den Natur- und Heimatschutz erlassen.Der Anstoss dazu kam von der Stadt Zürich. Zitat aus demSchreiben des Stadtrats Zürich an den Regierungsrat des Kan-tons Zürich vom 29. Juli 1911: «Es liegt uns daran, möglichstbald die Befugnis zu erhalten, Bauprojekte, welche das Stras-senbild verunstalten, zurückzuweisen.» (StAZH, V I 1.1).

Am 31. Mai 1912 wurde zudem eine beratende Heimat-schutzkommission (ab 1917 Natur- und Heimatschutz-kommission des Kantons Zürich genannt) von sieben Sach-verständigen eingesetzt. Diese wurde vom Regierungsrat

Doris Bircher

«Es liegt uns dar-an, möglichstbald die Befugniszu erhalten, Bau-projekte, welchedas Strassenbildverunstalten, zu-rückzuweisen.»

Die Sachverständigen-kommissionen im Bereich desNatur- und Heimatschutzes

Page 4: RZ PBG 1 - are.zh.ch · EDITORIAL THEMA Sehr geehrte Damen und Herren «Es liegt uns daran, möglichst bald die Befugnis zu erhal-ten, Bauprojekte, welche das Strassenbild verunstalten,

T H E M A T H E M A

auf eine Amtsdauer von drei Jahren gewählt und hatte den Gemeinden und dem Kanton auf Verlangen Gutachtenüber die Schutzwürdigkeit einzelner Objekte zu erstellen.Schutzobjekte waren bereits damals Naturdenkmäler,Landschaftsbilder, Baudenkmäler und Ortsbilder. Das erste Gutachten der Natur- und Heimatschutzkommissionvom 6. September 1912 befasste sich mit der Erstellung vonintermittierenden Lichtreklamen auf dem Dach des HotelsCentral und auf demjenigen des Hotels Bellevue.

Mit Regierungsratsbeschluss vom 24. Mai 1917 entstand dieSchlosskommission, die sich zunächst mit Fragen desSchlosses Kyburg befasste, später die Baudirektion in Fragen über sämtliche im Eigentum des Kantons Zürich stehenden Schlösser zu beraten hatte. Am 19. Juni 1958 wurde die Schlosskommission in eine Denkmalpflege-kommission mit erweiterten Aufgaben umgewandelt. Diese Kommission erhielt am 16. Oktober 1969 ein eigenesReglement. Erst mit dem Erlass des Reglements vom 31. Au-gust 1977 wurde auch eine Archäologiekommission geschaf-fen. Seither bestehen drei gleichwertige Kommissionen:

- die Natur- und Heimatschutzkommission (NHK)- die Denkmalpflegekommission (KDK)- die Archäologiekommission (AK).

Mit dem neuen Reglement wurden die beiden alten Regle-mente von 1912 bzw. 1969 aufgehoben.

B. Auswirkungen des Sanierungsprogramms 2004

Das Sanierungsprogramm 2004 sah die Aufhebung der Sach-verständigenkommissionen vor. Dagegen erhob sich hef-tiger Widerstand. Auf Antrag der Kommission Planung undBau lehnte der Kantonsrat daraufhin die Abschaffung derKommissionen ab. Er verlangte jedoch einen anderweiti-gen Sparbeitrag im Bereich Natur- und Heimatschutz.

In der Folge wurde die Tätigkeit der Kommissionen durchdie Änderung von § 216 PBG eingeschränkt. Insbesondere

76

«Am 31. Mai 1912wurde eine Hei-matschutzkom-mission (ab 1917Natur- und Hei-matschutzkom-mission des Kan-tons Zürich ge-nannt) von siebenSachverständigeneingesetzt.»

«Das erste Gutach-ten der Natur-und Heimat-schutzkommissionvom 6. September1912 befasste sichmit der Erstellungvon intermittie-renden Lichtre-klamen auf demDach des HotelsCentral und aufdemjenigen desHotels Bellevue.»

«Das Sanierungs-programm 2004sah die Aufhe-bung der Sachver-ständigenkommis-sionen vor. Da-gegen erhob sichheftiger Wider-stand.»

«Am 1. März 2005wurde die heutemassgebendeRechtsgrundlagein Kraft gesetzt.»

«Die Kommissio-nen sind fachlichunabhängig undverfügen über eingemeinsames Se-kretariat, das ad-ministrativ demGeneralsekretariatder Baudirektionzugeordnet ist.»

«Die Natur- undHeimatschutzkom-mission (NHK) befasst sich einer-seits mit Fragenim Bereich vonNatur- und Land-schaftsschutz, an-dererseits mit Fragen des Orts-bildschutzes.»

brauchen sie nun einen Auftrag, um tätig zu werden. DieBeratung des Gemeinwesens erfolgt nicht mehr unentgeltlichund der Regierungsrat überträgt ihnen nur noch wichtige(früher alle) Fragen von überkommunaler Bedeutung zurBegutachtung. Wie bereits nach altem Recht können die Kom-missionen auch Gemeinden in Natur- und Heimatschutz-fragen beraten.

Diese Gesetzesänderung bedingte die Aufhebung des Re-glements von 1977 und den Erlass der neuen «Verordnungüber die Sachverständigenkommissionen gemäss § 216 PBG»(LS 702.111). Am 1. März 2005 wurde die heute massgebendeRechtsgrundlage in Kraft gesetzt.

Nach wie vor sind die Kommissionen fachlich unabhängigund verfügen über ein gemeinsames Sekretariat, das ad-ministrativ dem Generalsekretariat der Baudirektion zu-geordnet ist.

II. Tätigkeitsgebiete

Die einzelnen Aufgabenbereiche der Kommissionen wur-den in der neuen Verordnung beibehalten.

A. Natur- und Heimatschutzkommission

Die Natur- und Heimatschutzkommission (NHK) befasst sicheinerseits mit Fragen im Bereich von Natur- und Land-schaftsschutz, andererseits mit Fragen des Ortsbildschutzes.Sie beurteilt, wie sich ein Bauvorhaben auf die Umgebungauswirkt und ob damit eine Beeinträchtigung der Land-schaft oder des Ortsbilds verbunden ist. Dabei kann es sichum private Vorhaben (Einfamilien- und Mehrfamilien-häuser, Gewerbebauten usw.), aber auch um öffentliche Bauvorhaben handeln (Strassen, Wasserbauten, Schul-häuser, elektrische Leitungen usw.).

Typische Fragestellungen sind:• Ist die geplante Anlage an diesem Standort land-

Page 5: RZ PBG 1 - are.zh.ch · EDITORIAL THEMA Sehr geehrte Damen und Herren «Es liegt uns daran, möglichst bald die Befugnis zu erhal-ten, Bauprojekte, welche das Strassenbild verunstalten,

T H E M A T H E M A

schaftsverträglich?• Nimmt das Bauvorhaben genügend Rücksicht auf die

bestehenden (historischen) Bauten/ Schutzobjekte?• Trägt der Gestaltungsplan den überkommunalen Inte-

ressen des Landschafts- und/ oder des Ortsbildschutzesgenügend Rechnung?

98

B. Denkmalpflegekommission

Die Denkmalpflegekommission (KDK) befasst sich pri-mär mit der Schutzwürdigkeit einzelner Objekte. Sie beur-teilt, ob ein bestimmtes Gebäude die Voraussetzungen von § 203 Abs. 1 PBG erfüllt. Bei einem Schutzobjekt muss essich um einen wichtigen Zeugen einer bestimmten politi-schen, wirtschaftlichen, sozialen oder baukünstlerischen Epoche handeln. Wenn die Schutzwürdigkeit bejaht wird,muss zudem die Unterscheidung zwischen kommunaler oder überkommunaler Einstufung erfolgen.

Typische Fragestellungen sind:

• Handelt es sich beim fraglichen Gebäude um einSchutzobjekt?

• Wie ist der Schutzumfang festzulegen?• Kommt dem Objekt überkommunale Bedeutung zu?

«Bei einem Schutz-objekt muss es sichum einen wichti-gen Zeugen einerbestimmten politi-schen, wirtschaft-lichen, sozialenoder baukünstle-rischen Epochehandeln.»

Eglisau – privater Gestaltungsplan Thurella

Hausen am Albis – Wohnhaus

Page 6: RZ PBG 1 - are.zh.ch · EDITORIAL THEMA Sehr geehrte Damen und Herren «Es liegt uns daran, möglichst bald die Befugnis zu erhal-ten, Bauprojekte, welche das Strassenbild verunstalten,

T H E M A T H E M A

C. Archäologiekommission

Die Archäologiekommission (AK) ist zuständig für die Be-urteilung von geschichtlichen und vorgeschichtlichen Stät-ten und neu entdeckter oder nicht erforschter Gebiete vonhoher archäologischer Bedeutung.

Typische Fragestellung ist:

• Wie ist die Schutzwürdigkeit der bei den Sondierungenauf der fraglichen Parzelle angeschnittenen Gebäude-reste zu beurteilen?

III. Zusammensetzung der Kommissionen

Die Kommissionen bestehen mehrheitlich aus verwal-tungsunabhängigen Mitgliedern, die vom Regierungsrat füreine Amtszeit von 4 Jahren gewählt werden. In jeder Kom-mission vertreten die Mitglieder verschiedene Fachgebie-te, sodass ein breites Fachwissen vorhanden ist.

A. Natur- und Heimatschutzkommission

Verwaltungsunabhängige Mitglieder:- 4 Architekten- 2 Architektinnen- 1 Landschaftsarchitekt/ Bildhauer- 1 Landschaftsarchitektin- 1 bildende Künstlerin- 1 Biologe- 1 Biologin- 1 Raumplaner/ Biologe

Vertreter der Verwaltung:- Kantonsplaner- Agronom, Vorsteher des Amts für Landschaft und

Natur- Ein Bauingenieur

B. Denkmalpflegekommission

Verwaltungsunabhängige Mitglieder:- 6 Kunsthistoriker- 2 Kunsthistorikerinnen- 1 Architekt- 2 Architektinnen- 2 Geographen/ Bauernhausforscher

Vertreter der Verwaltung:- Archäologe, Leiter der kantonalen Denkmalpflege und

Archäologie

C. Archäologiekommission

Verwaltungsunabhängige Mitglieder:- 3 Archäologen (davon 1 Universitätsprofessor)- 2 Archäologinnen (davon 1 Universitätsprofessorin)- 1 Historiker

Vertreter der Verwaltung:- Archäologe, Leiter der kantonalen Denkmalpflege und

Archäologie

IV. Organisation

A. Aufgaben des Sekretariats

Das Sekretariat dient als Schnittstelle zwischen Grundei-gentümern, Gemeinden und kantonalen Behörden. Hier werden die Geschäfte vorbereitet, Grundlagen für die Gut-achten beschafft und Auskünfte erteilt. Das Sekretariat istmit einer Juristin besetzt, die fachlich den Kommissionenverpflichtet ist. Sie ist zuständig für die Klärung juristischerFragen, organisiert Augenscheine und Sitzungen in Absprachemit den Präsidenten, übernimmt die Protokollführung undist verantwortlich für die zeitgerechte Erstellung und Ab-rechnung der Gutachten.

1110

«Die Archäologie-kommission (AK)ist zuständig fürdie Beurteilungvon geschichtli-chen und vorge-schichtlichen Stät-ten und neu ent-deckter oder nichterforschter Ge-biete von hoherarchäologischerBedeutung.»

«In jeder Kommis-sion vertreten die Mitglieder verschiedeneFachgebiete, so-dass ein breitesFachwissen vor-handen ist.»

«Das Sekretariatdient als Schnitt-stelle zwischenGrundeigentü-mern, Gemeindenund kantonalenBehörden. Es istmit einer Juristinbesetzt, die fach-lich den Kom-missionen ver-pflichtet ist.»

Page 7: RZ PBG 1 - are.zh.ch · EDITORIAL THEMA Sehr geehrte Damen und Herren «Es liegt uns daran, möglichst bald die Befugnis zu erhal-ten, Bauprojekte, welche das Strassenbild verunstalten,

«Gemäss der neuen Verordnungmüssen die Kostender Begutachtungden Gesuchstellernin Rechnung ge-stellt werden.»

«Im Mittel kostet ein Gut-achten zwischenCHF 2’000.00 und3’000.00.»

«Die Kommissio-nen nehmen zu ge-planten Bauvor-haben oder zurSchutzwürdigkeitvon Objektenallein aus fachli-cher Sicht des Na-tur- und Heimat-schutzes Stellung.»

T H E M A T H E M A

B. Arbeitsweise der Kommissionen

Die NHK und die KDK tagen zu fixen Sitzungsterminen ein-mal pro Monat, die AK drei- bis viermal pro Jahr. Zu dengestellten Fragen nehmen die Kommissionen in der Regelmit einem Gutachten Stellung. Andere Formen der Stel-lungnahmen, die rasch erfolgen müssen, können in Brief-form erfolgen.

Die Kommissionen arbeiten im Referentensystem. DieGutachtenaufträge werden je nach Fachgebiet einem Gut-achter zugeteilt, der das Geschäft vorbereitet. Danachwird ein Augenschein vorgenommen, je nach Fragestellungim Plenum oder allein. An der folgenden Sitzung wird dasGeschäft besprochen. Der Referent verfasst bis zur kom-menden Sitzung einen Gutachtenentwurf, der nochmals eingehend diskutiert wird. Allfällige Ergänzungen oder Korrekturen werden vorgenommen, dann wird das Gutach-ten verabschiedet. Im Schnitt dauert es ca. drei Monate, bisein Gutachten vorliegt.

Nach Bedarf nehmen die Referenten und Präsidenten zu-dem an Sitzungen oder Besprechungen mit den Gesuch-stellern teil.

V. Verfahren

Die Direktionen des Regierungsrates, die Gemeinden undDritte können bei der Baudirektion ein Begutachtungs-gesuch stellen. Das Gesuch soll die konkrete Fragestellungan die Kommission enthalten und begründen, weshalb eine Begutachtung gewünscht wird. Zudem sind alle nöti-gen Unterlagen zur Beurteilung des Geschäfts beizulegen.

Das Gesuch wird vom Sekretariat der Sachverständigen-kommissionen geprüft und dann dem Baudirektor zur Un-terschrift vorgelegt. Nachdem die Kommission beauftragtworden ist, kann sie das Geschäft an die Hand nehmen. Nach Abschluss des Auftrags wird die Stellungnahme der

Kommission dem Auftraggeber und weiteren Betroffenenzugestellt.

VI. Kosten

Gemäss der neuen Verordnung müssen die Kosten der Be-gutachtung den Gesuchstellern in Rechnung gestellt wer-den. Von der Kostenpflicht ausgenommen sind die Be-gutachtungen von Schutzobjekten im Zusammenhang mit Schutzmassnahmen oder der Leistung eines Staats-beitrags sowie für die Qualifizierung der Schutzobjekte alssolche von kantonaler, regionaler oder kommunaler Be-deutung.

Zurzeit gilt ein Stundenansatz von CHF 120.00 für die Ar-beit des Referenten und des Sekretariats. Dazu kommen allfällige Spesen des Referenten sowie eine Pauschale vonCHF 150.00 für den Kommissionsaugenschein. Im Mittel kostet ein Gutachten zwischen CHF 2’000.00 und 3’000.00.

VII. Stellenwert der Gutachten

A. Aus Sicht der Behörden

Die Kommissionen nehmen zu geplanten Bauvorhaben oderzur Schutzwürdigkeit von Objekten allein aus fachlicher Sicht des Natur- und Heimatschutzes Stellung. Sie erarbei-ten Grundlagen für die Prüfung von Gesuchen durch die zuständigen Behörden des Kantons sowie der Gemeinden(Baubewilligungen, Gestaltungspläne, Inventarfestsetzun-gen, Unterschutzstellungen usw.). Die beratenden Fach-kommissionen haben keine Entscheidungsbefugnisse unddürfen auch keine Interessenabwägungen vornehmen.Dies ist einzig Sache der zuständigen Behörden. Die Behör-den haben die Stellungnahmen der Kommissionen zuberücksichtigen, sind aber nicht an ihre Anträge gebunden.Bei umstrittenen Vorhaben ist eine unabhängige Zweitmei-nung wichtig. Folgt die Behörde den Empfehlungen der

1312

«Die NHK und dieKDK tagen zu fixen Sitzungster-minen einmal proMonat, die AKdrei- bis viermalpro Jahr.»

«Die Kommissio-nen arbeiten imReferentensystem.»

«Im Schnitt dauertes ca. drei Monate,bis ein Gutachtenvorliegt.»

«Die Direktionendes Regierungs-rates, die Gemein-den und Drittekönnen bei derBaudirektion einBegutachtungsge-such stellen.»

Page 8: RZ PBG 1 - are.zh.ch · EDITORIAL THEMA Sehr geehrte Damen und Herren «Es liegt uns daran, möglichst bald die Befugnis zu erhal-ten, Bauprojekte, welche das Strassenbild verunstalten,

T H E M A T H E M A

Kommission, so kann sie sich zusätzlich auf die externe Be-urteilung berufen. Ist die entscheidende Behörde andererMeinung als die Kommission, wird sie ihren ablehnendenEntscheid in Kenntnis aller Gegenargumente fundiert be-gründen.

B. Aus Sicht der Rechtsmittelinstanzen

In VB 2005.00009 vom 4.05.2005 befasste sich das Verwal-tungsgericht mit der Frage, welcher Stellenwert dem Gut-achten der KDK zukommt. Es hielt fest: «Formell hat das Gutachten der KDK die Bedeutung eines Amtsberichts (RB1990 Nr. 73, 1972 Nr. 3). Inhaltlich kommt es jedoch auf Grundder besonderen Fachkompetenz der Kommission einem ei-gentlichen Gutachten gleich, dem bei der Entscheidfindunggrosses Gewicht zukommt (Kölz/Bosshart/Röhl, § 7 N 30).Dies gilt insbesondere für die solchen Gutachten zugrun-de liegenden tatsächlichen Feststellungen, von welchen nuraus triftigen Gründen abgewichen werden darf – etwa dann,wenn das Gutachten Irrtümer, Lücken oder Widersprücheenthält (Heinz Aemisegger/Stephan Haag, Gedanken zu Inhalt und Aufbau der Gutachten der Eidg. Natur- und Heimatschutzkommission, URP 1998, S. 569f.). Diese Bin-dungswirkung beruht darauf, dass die KDK die vom Gesetz(§ 216 PBG) bezeichnete kantonale Expertin in Fragen desDenkmalschutzes ist; es kann nicht der Sinn des Beizugs einer solchen sachkundigen Spezialbehörde sein, dasssich die rechtsanwendenden Behörden ohne triftige Grün-de über die Feststellungen des Gutachtens zu den denk-malpflegerischen Qualitäten des Schutzobjekts hinweg-setzen (BGer, 22. Juli 1999 E. 5b/aa, URP 1999 S. 794).»

In VB.2005.00368 vom 25.10.2006 wurden dieselben Aus-führungen für das Gutachten der NHK gemacht.

Das Gericht kam in Übereinstimmung mit der NHK zumSchluss, dass das Bauvorhaben zu einer Beeinträchtigungdes Ortsbildes führe. Das Projekt könne aber trotzdem bewilligt werden, da die Stadt ein überwiegendes öffentli-ches Interesse an der Anlage nachgewiesen habe.

1514

VIII. Fallstatistik

A. Natur- und Heimatschutzkommission

1. Bearbeitete Fälle im Jahr 2005

25 Aufträge kamen vom Kanton, 6 von Gemeinden und 3 vonDritten.

«Die beratendenFachkommissio-nen haben keineEntscheidungsbe-fugnisse und dür-fen auch keine In-teressenabwägun-gen vornehmen.Dies ist einzig Sa-che der zuständi-gen Behörden.»

«Gemäss Verwal-tungsgericht kannes nicht der Sinndes Beizugs einersolchen sachkun-digen Spezial-behörde sein, dasssich die rechtsan-wendenden Behör-den ohne triftigeGründe über dieFeststellungen desGutachtens zu dendenkmalpflegeri-schen Qualitätendes Schutzobjektshinwegsetzen.»

Zürich –Rechberggarten

Anzahl Art der Aufträge

13 Bauvorhaben (Ortsbildschutz, Einordnung,Umgebungsschutz Schutzobjekt)

3 Gestaltungsplan

4 Bebauungsstudie

1 Quartierplan

4 Strassenbau

7 Landschaftsschutz (Golfplatz, Hochspannungsleitung, Hagelschutznetz, Folientunnel)

1 Umzonung

1 Vernehmlassung NPBG

Page 9: RZ PBG 1 - are.zh.ch · EDITORIAL THEMA Sehr geehrte Damen und Herren «Es liegt uns daran, möglichst bald die Befugnis zu erhal-ten, Bauprojekte, welche das Strassenbild verunstalten,

T H E M A T H E M A

2. Bearbeitete Fälle im Jahr 2006

17 Aufträge kamen vom Kanton, 5 von Gemeinden, 1 vonDritten und 1 von der Baurekurskommission.

3. Bearbeitete Fälle im Jahr 2007

10 Aufträge kamen vom Kanton, 5 von Gemeinden und 2 von Dritten.

1716

Anzahl Art der Aufträge

9 Bauvorhaben (Ortsbildschutz, Einordnung, Umbau Schutz-objekt, Umgebungsschutz, Schutzobjekt)

5 Gestaltungsplan

3 Strassenbau

6 Landschaftsschutz (Golfplatz, Hochwasserschutz,Bewässerungsanlage, Terrassierung Rebberg, Seeweg)

1 Änderung BZO

Anzahl Art der Aufträge

7 Bauvorhaben (Ortsbildschutz, Einordnung, Sanierung Schutzobjekt, Umfeld Schutzobjekt)

1 Bebauungsstudie

2 Gestaltungsplan

1 Strassenbau

2 Landschaftsschutz (Bewässerungsanlage, TerrassierungRebberg)

1 Änderung Kernzonenvorschriften

3 Grundsatzfragen (Windkraftanlage, Solarstromanlage,Lärmschutzmassnahmen)

Oberstammheim – Strassenraumgestaltung 2006

Zell – Fotovoltaikanlage 2007

Page 10: RZ PBG 1 - are.zh.ch · EDITORIAL THEMA Sehr geehrte Damen und Herren «Es liegt uns daran, möglichst bald die Befugnis zu erhal-ten, Bauprojekte, welche das Strassenbild verunstalten,

T H E M A

«Wie die Erfah-rungen mit derneuen Verord-nung zeigen, hatdie Einführungder Kostenpflichtzu einem markan-ten Rückgang derGutachtenauf-träge geführt.»

3. Bearbeitete Fälle im Jahr 2007

2 Aufträge kamen vom Kanton, 10 von Gemeinden und 3 von Dritten.

IX. Ausblick

Wie die Erfahrungen mit der neuen Verordnung zeigen, hat die Einführung der Kostenpflicht zu einem markantenRückgang der Gutachtenaufträge geführt. Diese Entwick-lung ist zu bedauern, da der Einbezug der Kommissionengerade bei umstrittenen Geschäften und Vorhaben von gros-ser Tragweite eine unabhängige und fachlich qualifizierteBeurteilung gewährleistet.

Da die kantonale Denkmalpflege als Folge des Sanie-rungsprogramms 04 keine kommunalen Schutzobjektemehr betreuen kann, sind Gemeinden vermehrt auf die Beurteilung privater Gutachter angewiesen. In schwierigenFällen kann die KDK als unabhängige Fachkommission angefragt werden. Eine Schutzwürdigkeitsabklärung von neutraler Seite bietet Gewähr, dass alle massgebenden Aspekte gewürdigt werden.

Die NHK kann grössere Vorhaben begleitend unterstützen.Der frühzeitige Beizug der Kommission ist für Bauherrschaf-ten und Gemeinden von hohem Nutzen. Wenn die wesent-lichen Anforderungen des Ortsbild- oder Landschafts-schutzes bereits in der Projektierungsphase geklärt werden,hilft das Kosten zu sparen. Im Dialog mit Gemeinden und

19T H E M A

B. Denkmalpflegekommission

1. Bearbeitete Fälle im Jahr 2005

11 Aufträge kamen vom Kanton, 10 von Gemeinden und 2von Dritten.

2. Bearbeitete Fälle im Jahr 2006

8 Aufträge kamen vom Kanton, 5 von Gemeinden und 2 von Dritten.

18

Anzahl Art der Aufträge

Kommunale (Schutz-)objekte:7 Schutzwürdigkeit, Schutzumfang

Überkommunale Schutzobjekte:10 Einstufung, Schutzumfang3 Gesamterneuerung, Sanierung2 Beeinträchtigung durch Bauvorhaben

1 Vernehmlassung Revision PBG

Anzahl Art der Aufträge

Kommunale (Schutz-)objekte:10 Schutzwürdigkeit, Schutzumfang1 Beeinträchtigung durch Bauvorhaben

Überkommunale Schutzobjekte:2 Einstufung, Schutzumfang1 Gesamterneuerung, Sanierung1 Beeinträchtigung durch Bauvorhaben

Anzahl Art der Aufträge

Kommunale (Schutz-)objekte:10 Schutzwürdigkeit, Schutzumfang2 Umnutzung, Sanierung

Überkommunale Schutzobjekte:2 Einstufung, Schutzumfang1 Beeinträchtigung durch Bauvorhaben

Rifferswil – ehemalige Mühle 2006

Page 11: RZ PBG 1 - are.zh.ch · EDITORIAL THEMA Sehr geehrte Damen und Herren «Es liegt uns daran, möglichst bald die Befugnis zu erhal-ten, Bauprojekte, welche das Strassenbild verunstalten,

21I N F O R M A T I O N E N A U S D E M B U N D E S G E R I C H T

Dr. iur. Charlotte Schoder

«Mit Beschlüssenvom 20. Dezem-ber 2006 setzte der Stadtrat vonZürich das In-standsetzungspro-jekt Hardbrückefest und bewilligteals neue Ausgabeeinen Objektkreditvon 1.85 Mio.Franken für denBau eines kombi-nierten Rad-/Geh-wegs zwischenHardplatz undBahnhof Hard-brücke sowie ge-bundene Ausga-ben von insgesamt88.5 Mio. Fran-ken für die In-standsetzung derHardbrücke. Diese Finanzbe-schlüsse wurdenkeinem Referen-dum unterstellt.»

I. Instandsetzung Hardbrücke Zürich; Unterhalt bestehender Strassenbauwerke

Der Gemeinderat Zürich genehmigte am 16. Dezember 2006den Entwurf zum Budget der laufenden Rechnung und derInvestitionsrechnung für das Jahr 2007 und lehnte dabei einen in der Budgetdebatte gestellten Antrag, die Ausgabenfür die Sanierung der Hardbrücke nicht zu genehmigen, ab.Mit Beschlüssen vom 20. Dezember 2006 setzte der Stadt-rat von Zürich das Instandsetzungsprojekt Hardbrücke fest und bewilligte als neue Ausgabe einen Objektkredit von1.85 Mio. Franken für den Bau eines kombinierten Rad-/Geh-wegs zwischen Hardplatz und Bahnhof Hardbrücke sowiegebundene Ausgaben von insgesamt 88.5 Mio. Franken fürdie Instandsetzung der Hardbrücke. Diese Finanzbeschlüssewurden keinem Referendum unterstellt.

Niklaus Scherr, Bastien Giroud, Richard Rabelbauer, RobertSchönbächler und Markus Zimmermann gelangten gegendie Beschlüsse des Stadtrats mit Stimmrechtsrekurs an denBezirksrat Zürich, der das Rechtsmittel am 5. Juli 2007 ab-wies und den für die Instandsetzung der Hardbrücke bewil-ligten Betrag als gebundene Ausgaben bezeichnete. Einengegen den Entscheid des Bezirksrats erhobenen Rekurs wiesder Regierungsrat des Kantons Zürich mit Beschluss vom7. November 2007 ab, soweit er darauf eintreten konnte.

Mit als Stimmrechtsbeschwerde bezeichneter Eingabe andas Bundesgericht vom 14. Dezember 2007 beantragen die im kantonalen Verfahren unterlegenen Rekurrenten im Hauptantrag, der Entscheid des Regierungsrats vom 7. November 2007 sei aufzuheben, und die Sache sei zur Fortsetzung des Verfahrens an die Vorinstanzen zurück-zuweisen. In einem ersten Eventualantrag verlangen sie imWesentlichen, der Objektkredit und die Bewilligung gebun-dener Ausgaben gemäss dem Beschluss des Stadtrats sei aufzuheben, und es sei festzustellen, dass der gesamte Kreditbetrag von 90.35 Mio. Franken nach Art. 10 lit. d der Gemeindeordnung der Stadt Zürich vom 26. April1970 (GO) dem obligatorischen Referendum unterliege.

T H E M A

«Im Dialog mitGemeinden undUnternehmernkönnen gute ge-stalterische Lö-sungen gefundenwerden, was zurErhaltung derQualität des be-treffenden Ortesbeiträgt.»

Doris Bircher, lic.iur. Rechts-anwältin, LeiterinSekretariat derSachverständigen-kommissionen,Baudirektion Zürich

Unternehmern können gute gestalterische Lösungen ge-funden werden, was zur Erhaltung der Qualität des betref-fenden Ortes beiträgt.

20

Bäretswil – Gestaltungsplan

Rheinau – Rebberg «Chorb»