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EVANGELISCHE ZEITUNG FÜR ÖSTERREICH JUNI 2016 ✲ NR. 6 ✲ 63. JAHRGANG Kirche und Geld in Salzburg: Martin Mericka im Portrait Seite 13 Seite 3 Hallein: Stricken für Flüchtlingshilfe Seite 5 Bibelgesellschaft: Lehner neuer Präsident Seite 6 100. Geburtstag: Otto Bünker-Abend Seite 911 Rittern für Diakonie und Glaube Der Johanniterorden 5 Jahre „neue SAAT“ Seiten 16 + 20 Foto: Wikipedia

SAAT. Evangelische Zeitung für Österreich - Ausgabe Juni 2016

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Die neue „SAAT. Evangelische Zeitung für Österreich“ ist da und gibt Einblicke in die faszinierende Welt des Johanniter-Ordens. Die aktuelle Ausgabe erscheint in einer Auflage von 10.000 Stück und wird wieder zusätzlich zu den Abonnenten auch an alle Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertreter geschickt. Ein Abonnement der SAAT kann für 27 Euro im Jahr bestellt werden unter [email protected] oder unter http://shop.evang.at.

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EVANGELISCHE ZEITUNG FÜR ÖSTERREICH

JUNI 2016 ✲ NR. 6 ✲ 63. JAHRGANG

Kirche und Geld in Salzburg: Martin Mericka im Portrait

Seite 13

Seite 3

Hallein: Stricken für Flüchtlingshilfe

Seite 5

Bibelgesellschaft: Lehner neuer Präsident

Seite 6

100. Geburtstag: Otto Bünker-Abend

Seite 9−11

Rittern für Diakonie und Glaube

Der Johanniterorden

5 Jahre „neue SAAT“

Seiten 16 + 20

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SAAT NR. 6 ✲ JUNI 2016 ✲ 63. JAHRGANG2

Liebe Leserin, lieber Leser,seit über 900 Jahren gibt es den

„Ritterlichen Orden Sankt Johan-nis vom Spital zu Jerusalem“. Noch dazu ist er der einzige evangelische Orden in Öster-reich. Zu ihm gehören Ritter, sie sind organisiert in Kommenden, und sie halten ihre Werte hoch. Wir haben mit Rittern über ihren Orden gesprochen.

Wir bedanken uns bei Pfarrer Siegfried Kolck-Thudt für 60-mal hintergründigen Humor: Simul, Iustus und Peccator ziehen sich zurück, zumindest von ihren regelmäßigen SAAT-Auftritten.

Danke sage ich auch den vielen AutorInnen, die in den vergange-nen fünf Jahren für die SAAT interessante Beiträge geschrie-ben haben: Seit 60 Heften gibt es die „neue SAAT“ inzwischen. So bedanke ich mich auch bei Ihnen und Ihrem Interesse an der SAAT: Sie sind der beste Antrieb, zu versuchen, jedes Heft aufs Neue attraktiv zu gestalten.

IhrMarco Uschmann - Chefredakteur -

MEINUNGEDITORIAL

Frankreich und Brasilien – wir kommen!

„Wir haben Alaba!“, schreit die jüngste Tochter begeistert. „Du bist die coolste Mama der Welt!“ Ein bis-serl stolz bin ich drauf, auch wenn ich nicht viel mehr geleistet habe, als ein paar Packerl Fußball-Pickerl zu kaufen. Die Kleine klebt ein. Manche Pickerl geraten etwas schief, aber das macht nichts. Die Doppelten wer-den an der Seite gestapelt, zum Tau-schen in der Schule.

Am 10. Juni startet die Fußball-EM 2016 mit dem Eröffnungsspiel Frank-reich gegen Rumänien. Wir werden heuer wieder Fußball schauen, die Mädels und ich, zu Hause oder beim Public Viewing.

Und knapp einen Monat nach dem EM-Finalspiel steht uns gleich das nächste sportliche Großereignis ins Haus: die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro. Dabei halten wir traditi-onellerweise – weil meine Töchter in Äthiopien geboren sind – bei den Laufwettbewerben immer zu den äthiopischen Läuferinnen und Läu-fern. Obwohl das dieses Jahr schwie-rig werden könnte: Zum Zeitpunkt des Verfassens dieser Kolumne ste-hen einige der äthiopischen Ath-leten gerade unter Doping-Verdacht und die Olympia-Teilnahme ist unsicher.

Eine der Schattenseiten des Spitzen-sports. Es gibt noch andere, die ich bei einer Pressereise nach Rio vor kurzem recht hautnah erlebt habe: etwa das Schicksal der Bewohner der Favela Vila Autódromo. Gleich neben ihrem ärmlichen, aber früher

offenbar durchaus idyllischen Wohn-viertel wurde der Olympiapark errichtet. Die drei großen Immobi- lienkonzerne, die ihn gebaut haben, dürfen nachher drei Viertel davon in eine Luxus-Wohnanlage umbauen.

„Und die Reichen wollen halt nicht direkt neben den Armen wohnen“, erklärt die 50-jährige Maria da Penha, deren Haus gegen ihren Wil-len dem Erdboden gleichgemacht wurde.

22.059 Familien wurden in Rio de Janeiro zwischen 2009 und 2015 nach offiziellen Zahlen der Stadtre-gierung zwangsumgesiedelt – auch im Zuge von sportlichen Großereig-nissen wie der Fußball-WM 2014 und den Olympischen Spielen 2016.

In der Vila Autódromo harren immer noch 34 Familien aus, sind zum Sym-bol für den Widerstand geworden. Die Stadtregierung hat nun den Bau von 30 neuen Einfamilienhäusern auf dem Gelände der Vila Autódromo zugesagt. Zur Eröffnung der Olym-pischen Spiele am 5. August sollen die verbliebenen Familien dort schon wohnen können. Doch: Ein konkretes Datum für den tatsächlichen Baube-ginn gibt es noch nicht.

Die Kunst ist vielleicht, bei aller berechtigten Begeisterung für span-nende Sportereignisse, den Blick auf die oftmals problematischen Seiten nicht zu verlieren.

A L E X A N D R A M A N T L ER ist Redakteurin in der Abteilung Religion

im ORF-Radio.

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Zu „Der zweite Weg ins Pfarramt“ in SAAT 2

Im Artikel wird der alternative Weg zum Pfarrberuf so dargestellt, als sei das bereits beschlossene Sache. Nach dem Studium der Unterlagen, die mir Chefredakteur Uschmann netterweise verschafft hat, habe ich eher den Eindruck, als wäre ich kei-neswegs der Einzige, der diese Idee

für – gelinde gesagt – unausgegoren hält. Nach 40 Jahren Praxis mit uni-versitären Gremien habe ich da einen déjà-vu-Eindruck. Auch an der Universität sind, wenn „der Hut gebrannt hat“, hoch qualifizierte Gremien (Senat, Kollegium, wer immer) zusammengekommen und haben nach Lösungen gesucht. Fast regelmäßig ohne Mitsprache der potenziell Betroffenen, regelmäßig

Voll aufgelöst

In der April-SAAT ist das Titelblatt der SAAT vor 10 Jahren abgebildet. Mit Hilfe eines Mikroskops und dann mit einer Lupe konnte ich tatsächlich alles, bis auf den Wochenspruch ent-ziffern. Die Auflösung ist anschei-nend besser geworden.

Pfarrerin i.R. Ingrid Staudt, per E-Mail

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LOKALES / MEINUNG

Gleich drei Wohnungen finanziert die Pfarrgemeinde Hallein, um Flüchtlingen eine Bleibe zu geben:

„Wir haben eine Wohnung für zwei afghanische Burschen, die jetzt Asyl-status bekommen haben, eine Woh-nung für einzelne syrische Asylwer-ber und eine, in der zwei Frauen aus Dagestan wohnen“, sagt Gabriele Guttmann, Kuratorin und Diakonie-Beauftragte der Pfarrgemeinde.

Das Geld dafür bringt die Pfarrge-meinde aus Spenden zusammen. „In unserer Kirche steht eine Spenden-box, die ist für unsere Flüchtlingsar-beit.“ Der Großteil des Geldes kommt aber aus dem Adventbasar: „Wir sind rund 15 Frauen, die das ganze Jahr über basteln. Die Sachen, die wir haben, gibt es nur bei uns“, erzählt Guttmann. Es sei wichtig, dass die Ware modern und im Zeitgeschmack sei. Da werden Taschen, Handta-schen, Polster oder gestrickte Tiere hergestellt, „ein richtiger kleiner Zoo“. Die Frauen bieten aber auch Kekse, Spirituosen oder selbstge-machten Käse an. „Wir machen schon recht viel, aber es ist immer noch viel zu wenig“, gibt sich die Dia-konie-Beauftragte bescheiden.

Deutschkurse und VorträgeDabei ist die Pfarrgemeinde sogar in der Lage, Geld und Sachmittel zu spenden für die beiden Großeinrich-tungen für Flüchtlinge in Salzburg, die von der Diakonie betrieben wer-den. „Unser Pfarrer Peter Gabriel

bittet dann auf unserem Face-book-Account um das, was benötigt wird – Kleidung, Schuhe oder Spielsachen.“ All das geht natür-lich nur mit Unterstützung in der Pfarrge-meinde: „Wir sind viele, die mit an einem Strang ziehen.“

Die praktische Hilfe umfasst aber mehr als Sachmittel. So bieten die Hal-leiner auch Deutschkurse an, „das machen ehemalige Deutsch- oder Lateinprofes-soren“. Flücht-lingshilfe bedeu-tet jedoch noch mehr. So gibt es in der Pfarrgemeinde Vorträge zum Thema Flucht und Migration. Auch gab es eine Klausurtagung für die GemeindevertreterInnen zum The- ma Flucht und Asyl. „Wir versuchen natürlich zu informieren und eine positive Stimmung im Ort und in der Pfarrgemeinde zu erzeugen.“ Das sei nicht immer leicht: „Wir verspü-

ren da durchaus hin und wieder Gegenwind, auch innerhalb der Pfarrgemeinde.“ Letztendlich sei eine Pfarrgemeinde ja nichts anderes als der Spiegel der Gesell-schaft. „Da muss man dann schon manchmal sehr deutlich werden, wenn man seinen eigenen Stand-punkt erklärt. Ich verweise dann auf die Bibel und auf das, was wir sonn-tags im Gottesdienst hören. Es geht ja auch ums Tun.“

Besonders beeindruckt hat die Kura-torin ein Theaterstück, das die Flüchtlinge im Frühjahr für ihre vie-len HelferInnen aufgeführt haben:

„Das war ein sehr schöner Abend mit über 150 Gästen. Die Flüchtlinge wollten etwas zurückgeben und haben sich ein beeindruckendes Pan-tomime-Stück ausgedacht.“ Das Stück war so erfolgreich, dass die Protagonisten auch an anderen Orten damit aufgetreten sind.

M A N

Stricken für FlüchtlingshilfePfarrgemeinde Hallein finanziert Wohnungen mit Basar-Erlösen

aber auf Kosten gerade dieser. Das mag an einer Universität ja gerade noch angehen, in einer christlichen Kirche scheint mir solches Vorgehen eindeutig fehl am Platz.Ao. Univ.-Prof. i.R. Ingomar Jäger,

8712 Proleb Der Leserbrief musste aus Platzgrün-den stark gekürzt werden. Bei Inte-resse an Details fordern Sie gerne den gesamten Text beim Autor an: [email protected]

Die Redaktion

Empfehlung

Vielen Dank für die vielseitigen, ansprechenden und aussagekräfti-gen Buchvorstellungen in der Rubrik

„Literatursalon“! Besonders gelun-gen finde ich Martin Hrabes Rezen-sion zu „Mirjam“ von Luise Rinser, vorgestellt im Oktober 2015. Auf-grund des Artikels in der SAAT habe ich das Buch gekauft und kann es wirklich weiterempfehlen.

Ulrike Pichal, 1210 Wien

Die gestrickten Figuren sind Verkaufsschlager in Hallein. Mit dem Erlös kann die Pfarrgemeinde u.a. Wohnungen für Flüchtlinge mieten. Eine der vielen Aktionen der Halleiner Flüchtlingshilfe

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INLAND

Neben SAAT, Evangelischem Presse-dienst epdÖ, facebook.com/evang.at und der Website der Evangelischen Kirche evang.at gibt es einen weite-ren Weg, zu Neuigkeiten in der Evan-gelischen Kirche zu kommen: Der kostenlose Newsletter liefert wöchentlich den Überblick über die wichtigsten Nachrichten aus Kirche und Ökumene.

Abonnieren Sie den Newsletter ein-fach über das Online-Formular auf evang.at/newsletter oder senden Sie ein E-Mail mit dem Betreff „Newslet-ter“ an [email protected]. Selbstver-ständlich sind der Newsletter und die Darstellung der Nachrichten

„responsive“, das heißt optimiert für die Darstellung auf Smartphone oder Tablet, und lassen sich so einfach und schnell lesen. Bleiben Sie in Verbindung!

R ED

Evangelische Top-News kostenfrei geliefert

Ein Empfang mit Tradition: Am 25. April lud Integrationsminister Sebas- tian Kurz Gemeindeglieder der fremd- sprachigen evangelischen Gemein-den ins Wiener Außenministerium zu Begegnung und Austausch. Der Abend zeigte einmal mehr, wie viel-fältig und bunt das evangelische Leben in Österreich ist. Gekommen sind Vertreterinnen und Vertreter der ungarischen Gemeinde, der dänischen, finnischen, norwegischen und schwedischen Gemeinden eben- so wie Mitglieder der ghanaischen und der südafrikanischen sowie der japanischen, koreanischen und tai-wanesischen Pfarrgemeinden. Dabei waren auch Mitglieder der englisch-sprachigen Vienna Community Church und der Salzburger „Interna-tional Christian Church“.

Die evangelischen Pfarrgemeinden leisten einen wichtigen Beitrag zur Integration, betonte Integrations- minister Kurz in seinem Grußwort.

„Pfarrgemeinden sind Orte der Geborgenheit, wo Menschen ando-cken können.“ Gleichzeitig dankte der Minister den evangelischen

Gemeinden für ihr Engagement in der Hilfe für Flüchtlinge.

Auch wenn die Aufgaben von Reli-gion und Politik verschieden sind, der wechselseitige Respekt, das Gespräch und der „gute Austausch“ sind von elementarer Bedeutung, erklärte Bischof Michael Bünker beim Empfang. Gleichzeitig dankte der Bischof dem Außen- und Integra-tionsminister für die gute Zusam-menarbeit trotz mitunter unter-schiedlicher Positionen. „Die fremd- sprachigen evangelischen Pfarr- gemeinden bereichern unsere Kir-che“, zeigte sich Oberkirchenrätin Gerhild Herrgesell überzeugt; sie ist in der Kirchenleitung für die interna-tionalen Gemeinden zuständig.

Einen Einblick in die internationalen evangelischen Gemeinden gibt die vor wenigen Wochen erschienene Broschüre „Evangelische internatio-nale Gemeinden in Österreich“. Bestellungen sowie weiterführende Informationen: [email protected]

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Evangelisch in Österreich: Bunte Vielfalt

Auch heuer bitten wir Sie wieder um Ihre Unterstützung. Zum Kreis der SAAT-Leserinnen und -Leser zählen auch Menschen, die sich die 27 Euro für ein Jahresabonnement nicht leis- ten können. Mit Ihrer Spende ermög-lichen Sie auch, dass die SAAT in Krankenhäusern, in Alters- und Pfle-geheimen, aber auch in Justizvoll-zugsanstalten gelesen werden kann.

Für viele bildet die SAAT so die ein-zige Verbindung zur evangelischen Welt, zur Ökumene und manchmal zur Gesellschaft überhaupt. Verwen-den Sie dazu bitte den beiliegenden Zahlschein oder überweisen Sie den Betrag auf das Konto der SAAT (IBAN: AT15 3200 0000 0747 6088; BIC: RLNWATWW, Verwendungs-zweck „Sonderspende“).

Ich bedanke mich herzlich im Namen der Leserinnen und Leser, die durch Ihre Hilfe weiterhin zur SAAT-Fami-lie gehören können.

Für die SAAT-Geschäftsführung T H O M A S DA S EK

Eine Bitte

Vor 71 Jahren, am 5. Mai 1945, wur-den die Häftlinge aus dem Konzentra-tionslager Mauthausen und seinen 49 Außenlagern befreit. Mehr als 6000 Menschen, darunter auch Überle-bende des Konzentrationslagers, aus dem In- und Ausland haben aus die-sem Grund an einer Gedenkfeier am 15. Mai in der KZ-Gedenkstätte Maut-hausen teilgenommen. Der Ablauf der diesjährigen Gedenk- und Befrei-ungsfeier wurde nach über 40 Jahren geändert: An Stelle des Einmarsches der nationalen und internationalen Delegationen bildete der Ausmarsch

– als symbolischer Akt für die Befrei-ung – aller Teilnehmerinnen und Teil-nehmer am Ende des Festakts den Höhepunkt der Feierlichkeit.

Bei dem ökumenischen Gottesdienst zum Auftakt der Gedenkveranstal-tung sprach Bischof Michael Bünker von dem „Ungeist der Unmenschlich-keit und Gewalt“, der im Konzentrati-onslager geherrscht habe. „Wir spü-

ren seine Spuren an diesem Ort und wissen, was er an unsäglichem Leid in tausenden Menschenleben ange-richtet hat.“ Der römisch-katholische Pfarrer Christian Öhler mahnte:

„Was geschehen ist, kann wieder geschehen.“ Das gesellschaftliche Klima sei rauer geworden. „Ein über-höhter Bezug auf die Nation verbin-det die Beschwörung eines Gefühls der Zusammengehörigkeit nach innen mit einer aggressiven Abwehr-haltung nach außen.“ Der Übergang von verbaler in brachiale Gewalt „ist ein fließender“. Der orthodoxe Erz- diakon Athanasius erinnerte an die Märtyrer, die in Konzentrationsla-gern ermordet wurden: „Sie können ermutigen, unsere Überzeugungen auch in unserem komfortablen All-tag hochzuhalten und uns nicht von Problemen abschrecken zu lassen, die die Nachfolge Christi in unserer Zeit manchmal mit sich bringt.“

M A N

Mauthausen: „Ungeist der Unmenschlichkeit“

5SAAT NR. 6 ✲ JUNI 2016 ✲ 63. JAHRGANG

INLAND

Es war schon eine besondere Vollver-sammlung der Österreichischen Bibelgesellschaft am 28. April im Bibelhaus in Wien. So wurde mit dem oberösterreichischen Superintenden- ten Gerold Lehner einstimmig ein neuer Präsident gewählt. Als wei-terer Höhepunkt berichtete die Leite-rin des Lektorats der Stuttgarter Bibelgesellschaft über die Arbeit bei der Neuübersetzung der Lutherbibel.

Der neue Präsident der Bibelgesell-schaft erzählte in seiner Andacht vom „Leib der Bibel“: „Die Bibel gibt Zeugnis vom Wort Gottes, das in unterschiedlichen Ausführungen zu den Menschen kommt.“ So gebe es einerseits „unendlich wertvolle Prachtbibeln“, zugleich müsse die Bibel möglichst preiswert produziert werden, damit ihre Verbreitung mas-senhaft geschehen kann. Die Bibel habe in ihrer Geschichte „unendlich viele Grenzen überschritten, nicht zuletzt unter Gefahr für Leib und Leben auch in Österreich zur Zeit des Geheimprotestantismus“. Die Bibel habe eine sehr große Geschichte, „die Bibelgesellschaft ist Teil dieser Geschichte, die sie auch weiterträgt“. Die Neuwahl war notwendig geworden, weil der bishe-

Bibelgesellschaft: Lehner neuer Präsidentrige Präsident der Bibelgesellschaft, der niederösterreichische Superin-tendent Paul Weiland, vergangenen August überra-schend verstor-ben war.

„Luther-Sound“ erhalten

Bei der Neuüber-setzung der Lutherbibel geht es darum, den

„Luther-Sound“ zu erhalten oder wieder herzu-stellen, sagte Hannelore Jahr, Cheflektorin der Stuttgarter Bibelgesell-schaft. So seien in der Vergan-genheit oft ohne Grund Worte aus der Lutherbibel verschwunden: „‚Ein jeglicher‘ gehört in die Bibel und ist auch verständlich, da brauchen wir nicht ‚jeder‘ zu übersetzen“, so Jahr. Bei einer Übersetzung gehe es immer darum, „die Balance zwi-schen Ausgangssprache und Ziel-

sprache zu finden. Bei unserer Neu-übersetzung haben wir einen dritten Pol, nämlich die Lutherbibel.“ Dabei

gilt, dass keine Worte, die nicht in der Lutherbibel vorkommen, verwen-det werden. Auch das Wort „Heiland“ etwa müsse erhalten bleiben und nicht durch das wahrscheinlich kor-rektere Wort „Retter“ ersetzt wer-den, „denn Luther hat ja absichtlich das Wort ‚Heiland‘ gewählt, weil darin ‚Heil‘ vorkommt“. Dass an der Lutherbibel und ihrer Übersetzung gearbeitet wird, gehöre zu ihrem Wesen: „Das hat der Reformator selbst auch gemacht. Sein berühmtes Septembertestament, das er 1522 in elf Wochen übersetzt hatte, kam im Dezember in einer zweiten Auflage heraus. Da hatte Luther schon 501 Korrekturen eingearbeitet.“

2015 sei ein Jahr der Rekorde gewe-sen, bilanzierte die Direktorin der Bibelgesellschaft, Jutta Henner, in ihrem Bericht: „Wir konnten den 45.000. Besucher im Bibelzentrum begrüßen, eine Schülerin, die mit ihrer Klasse zu uns gekommen ist.“ Insgesamt seien vergangenes Jahr rund 1,6 Tonnen Vollbibeln, Bibeln mit allen Schriften, versendet wor-den. Einen großen Anteil daran haben inzwischen auch Bibeln auf Arabisch und Farsi, „weil viele Flüchtlinge nach Bibeln fragen“.

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Die Direktorin der Bibelgesellschaft, Jutta Henner, gratuliert dem neu-en Präsidenten zu seiner Wahl: einstimmiges Votum für Gerold Lehner

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SAAT: Welchen Stellenwert hat die Bibel für Sie, und haben Sie Lieblingsstellen?Gerold Lehner: Die Bibel ist für mich ein Gegenüber. Sie ist manch-mal unglaublich nahe und tröstend, Mut machend; manchmal unglaub-lich schroff und hart. In ihr lebt die Stimme des Anderen, von dem her und auf den hin wir leben. Insofern tue ich mir auch schwer, von Lieb-lingsstellen zu sprechen. Das klingt für mich so, als würde ich suchen und auswählen, was mir passt. Das entspricht nicht meiner Erfahrung. Es gibt Worte, die mich seit langem begleiten. Und es gibt Worte, in die ich mich bergen kann.

SAAT: Welche Ziele haben Sie für die Bibelgesellschaft?Lehner: Die Bibelgesellschaft macht mit Jutta Henner als hervor-

ragender Geschäftsführerin, einem motivierten jungen Team im Bibel-haus und einem engagierten Vor-stand seit vielen Jahren sehr gute Arbeit. Bibel zu vermitteln, nahe-zubringen, „Kontakt herzustellen“, sie Menschen, die nach ihr fragen, zukommen zu lassen, sind schöne und beglückende Aufgaben, die ich, so gut es mir gegeben ist, fördern und unterstützen werde.

SAAT: Welche Bibelstellen empfeh-len Sie „Neueinsteigern“?Lehner: Die Evangelien sind das Herzstück der Bibel. Sie erzählen in den vielen Geschichten die eine Geschichte von dem Gott, der Mensch geworden ist. Wer diese Geschichten liest, laut liest, sich selbst vorliest, der wird dem begegnen, der das Leben ist und der will, dass wir leben.

3 Fragen an den neuen Präsidenten

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INLAND

Es war ein großer Abend zu Ehren der Mundartdichtung und eines sei-ner größten Vertreter, Otto Bünker. Über 600 BesucherInnen wollten dabei sein, als in der Aula „Spittl“ der

Fachhochschule in Spittal an der Drau am 30. April ein Festabend aus Anlass des 100. Geburtstags von Otto Bünker (1916–2001) veranstaltet wurde. Eingeladen hatte die Evange-lische Akademie Kärnten. Durch das Programm führte Hans Mosser, der seit seiner Jugend Bünkers Lieder gesungen und dessen Texte vorgetra-gen hat. So gab es Lesungen bekann-ter Bünker-Gedichte, Heiteres und Besinnliches, Lieder, vorgetragen vom Singkreis Porcia und der Singge-meinschaft Döbriach, sowie Bildcol-lagen über Otto Bünkers Leben und Wirken von Willi Pleschberger. Einen Blick hinter die Kulissen erlaubte ein Interview mit Sepp Ortner, Freund Otto Bünkers und Komponist der meisten seiner Gedichte.

Auch Bischof Michael Bünker war dabei: „Der Abend in Spittal hat mich sehr bewegt. Es waren so viele Men-schen da, die meinen Vater noch gekannt haben, aber noch mehr, die ihn persönlich nicht mehr erlebten,

aber seine Lieder singen und seine Texte gerne hören und lesen.“ Beson-ders mag Sohn Michael „die Gedichte meines Vaters, vor allem die von ihm so geliebten Sonettzyklen habe ich

sehr gerne. Seine Dichtung hat das ganze Leben, Him-mel und Erde, umfasst.“

An dem Abend sei deutlich geworden, „dass Otto Bün-ker neben Pfarrer Gerhard Glawischnig aus St. Veit zu den großen Erneuerern der Kärntner Dialektlitera-tur gehört. Er hat nicht nur Herz und Schmerz und dörfliche Beschaulichkeit thematisiert, sondern die wesentlichen Fragen des Lebens bis hin zu gesell-schaftspolitischen Proble-men aufgegriffen – mit Ernst oder mit viel Humor“, sagte Martin Müller, Lei-ter der Evangelischen Aka-demie Kärnten. Das zeige sich auch deutlich in dem Gedicht „Mei Nachbar“, in dem Otto Bünker von sei-nen slowenischen Nach-barn spricht, „die diesel-ben Bedürfnisse wie andere Menschen auch

haben“, meinte Mosser, „Otto Bün-ker hat Toleranz gelebt, und zwar in allen Lebensbereichen.“ Der Fest- abend sei „außergewöhnlich gewesen mit einer einzigartigen Atmosphäre, geprägt vom Respekt gegenüber der

Person Otto Bünker.“ Mosser: „Otto Bünker hat immer darauf hingewie-sen, dass die Mundartdichtung sich dem Realismus widmen muss, sonst ist sie nicht glaubwürdig.“ Auch die

allgemeinen Kriterien der Literatur-kritik müssten an die Mundartdich-tung angelegt werden, und „die Beto-nung muss auf ‚Dichtung‘ liegen im Sinne von Wortverdichtung.“

Auf die Vielfältigkeit von Otto Bün-kers Wirken wies auch Akademielei-ter Müller hin: „Otto Bünker hat auch viele Prosatexte verfasst und dabei immer aktuelle Themen mit gesell-schaftspolitischer Brisanz verknüpft. Dazu kommen noch großer Tiefgang und viel Humor.“ Auch in der SAAT hat Otto Bünker jahrelang eine Kolumne gehabt und Kommentare verfasst. Müller: „Mit Otto Bünkers Werk haben protestantisches Denken und protestantische Lebensart Ein-gang gefunden in die gelebte Volks-kultur eines Bundeslandes“. Musik hat dabei immer eine große Rolle gespielt, nicht zuletzt auch im Hause Bünker: „Mein Vater hat mir 1970 das erste Schlagzeug gekauft. Wir konnten auch in der Radentheiner Kirche in einem Gottesdienst spielen. Als Nachspiel gab es ‚A Whiter Shade of Pale‘ von Procol Harum. Zuhause erklangen neben den Kärntnerlie-dern auch die Lieder von Franz Schu-bert und die evangelischen Choräle, dazu kam durch uns Junge die Musik der Zeit, von den Beatles bis zu Leo-nard Cohen“, so Michael Bünker, der inzwischen wieder Schlagzeug spielt.

Hinweis: Der Club Carinthia-Chor singt am 22. Juni um 19 Uhr Lieder von Otto Bünker, sein Sohn Michael

liest aus Werken seines Vaters (Albert Schweitzer Haus, Schwarz-spanierstraße 13, 1090 Wien).

M A N

Großer Abend für Mundartdichtung und Otto Bünker

1. Mei Nachbar, drentn üban Bach, is so a Mentsch wiar i ... Er hat an andre Muattasprach: mein Gott, was kimmats mi?2. Mir hama mitanand a en Brunn, en Zuaweg und de Sag, en gleichn Schwitz untar da Sunn‘, en gleichn Feiatag.

Mein Nachbar, dort drüben über dem Bach, ist so ein Mensch wie ich ... Er hat eine andere Mutter-sprache: Mein Gott, was kümmert mich das?Wir teilen uns einen Brunnen, die Zufahrt und die Säge, den gleichen Schweiß unter der Sonne, den gleichen Feiertag.

„Mei Nachbar“ von Otto Bünker (Auszug)

Otto Bünkers Werke gehören zum wertvollsten der Kärnt-ner Volkslied-Literatur

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aus: Gschichtn aus Krahbichl, Erzählungen in Mundart. Verlag Johannes Heyn, Klagenfurt

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INLAND/AUSLAND

„Die Europäischen Toleranzge-spräche konnten neue Aspekte und Zusammenhänge im Bereich des Kli-mawandels und der Migration auf-zeigen und zum persönlichen Han-deln ermutigen.“ Nach drei intensiven Tagen mit Vorträgen, Dis-kussionen, literarischen Interventi-onen, Konzert, Kabarett und Poetry Slam zieht der Kärntner Superinten-dent und Mitinitiator, Manfred Sauer, eine positive Bilanz. Rund 150 Teil-nehmerInnen waren heuer nach der erfolgreichen Premiere im Vorjahr nach Fresach gekommen, um die Fol-gen des Klimawandels zu beleuchten und Zukunftsperspektiven zu dis- kutieren.

Ein Europa, das sich in der Flücht-lingsfrage nicht solidarisch zu einer Lösung bekennt, werde scheitern, warnte der Kärntner Landeshaupt-mann Peter Kaiser. Der Europapoliti-ker und Präsident des „DenkRaum Fresach“, Hannes Swoboda, ist über-

zeugt, dass „Europa von einer früheren Erobe-rungsphilosophie hin-kommen muss zu einer Gestaltungsphilosophie“.

Die Abwälzung von Kosten unseres Wohl-stands auf Entwick-lungsländer hat Konse-quenzen. Das zeigte der frühere deutsche Umweltminister und Leiter des UN-Umwelt-programms Klaus Töp-fer auf. Angesichts der begrenzten Aufnahme-fähigkeit des Planeten plädiert er dafür, ent-schlossen gegen den Klimawandel zu kämpfen und warnte: „Wenn nichts passiert, wird etwas passieren.“ Während der Physiker Niyazi Serdar Sariçiftçi die Zukunft in der Solar- energie sieht, ist Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb skeptischer. Sie

glaubt nicht, dass technologische Fortschritte allein Zukunftsfähigkeit garantieren: „Werden Menschen diese kostenlose Energie für- oder gegeneinander verwenden?“

T H O M A S DA S EK

„Wenn nichts passiert, passiert etwas“Toleranzgespräche Fresach zu Klimawandel und Migration

500 Jahre ReformationReise vom 4. bis 9. Mai 2017 auf den Spuren Martin Luthers

Nähere Informationen bei Gabriele Glanz,

Verkehrsbüro RUEFA REISEN, [email protected]

Tel.: 0316/58 35 90

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Diese Flug- und Gruppenreise im Jubiläumsjahr „500 Jahre Reformation“ führt Sie im nächsten Frühjahr nach Deutschland zu den wichtigsten

Orten der Reformation: Wittenberg, Eisleben, Wartburg, Schmalkalden und mehr.

Rasche Anmeldung nötig!

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Der verantwortungslose Umgang mit der Umwelt kostet Men-schenleben. Stephen Bradberry (links), Community Organizer aus New Orleans, berichtete über die Folgen des Hurrikans

„Katrina“ und der Öl-Katastrophe im Golf von Mexiko

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INLAND

Etwa 100 Lektorinnen und Lektoren aus ganz Österreich fanden sich vom 29. April bis 1. Mai im Wiener Don-Bosco-Haus zusammen. Auf dem Programm stand besonders das Reformationsjubiläum 2017. So sind

die Teilneh-merInnen der Frage nachge-gangen: Was bedeutet die Lehre der Recht-fertigung allein aus Gnade durch den Glauben für Gottesdienst und Predigt, für Leben und Dienst eines Lek-tors, einer Lek-torin? In Vorträ-gen von Bischof Michael Bünker und dem ehema-ligen gesamt-österreichischen Lektorenleiter, Senior Friedrich

Rößler, sowie seinem Nachfolger, Pfarrer Gerhard Harkam, wurde dem Thema breiter Raum gegeben.

Dass evangelische ChristInnen auch im Leben und Sterben „durch Chris-

Unter dem Horizont der Rechtfertigungtus okay“ sind, führte eine Exkur-sion auf den Zentralfriedhof unter der Leitung von Pfarrer Michael Wolf vor Augen. Lieder der Rechtferti-gung aus alter und neuer Zeit wie etwa „Es ist das Heil uns kommen her“ von Paul Speratus oder „Wie ein Fest nach langer Trauer“ von Jürgen Werth wurden unter Anleitung von Landeskantor Matthias Krampe gesungen. Die Predigt am Sonntag in der Auferstehungskirche im 7. Wiener Gemeindebezirk hielt die für die Lektorenarbeit verantwortliche Oberkirchenrätin Ingrid Bachler. Die vielfältige Tagung wurde von Pfarre-rin Ingrid Vogel und einem Wiener LektorInnen-Team organisatorisch und geistlich bestens betreut.

In der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich gibt es knapp 600 Lekto-rinnen und Lektoren. Die Tagung heuer war die 18. gesamtösterreichi-schen LektorInnentagung. Die Kir-che lädt alle zwei Jahre dazu ein.

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Wiener LektorInnen als Empfangskomitee: Thomas Urbas, Walter Sinkovc, Gerlinde Kueffner-Schranz und Sieglinde Meznik-Rubner

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Lesen von Gott und der Welt

Die SAAT erscheint jeden Monat. Der Preis enthält bereits die Versandkosten innerhalb Österreichs. Das Abo verlängert sich automatisch zum jeweils gültigen Preis, wenn es nicht mindestens 4 Wochen vor Ablauf des aktuellen Kalenderjahres schriftlich gekündigt wird. Druckfehler vorbehalten.

SAAT-Abonnement: € 27,– pro Jahr (Ö) 01/712 54 61, [email protected]

EVANGELISCHE ZEITUNG FÜR ÖSTERREICH

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Der Johanniterorden

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Rittern für Diakonie und Glaube

Der JohanniterordenE s gibt sie seit der Zeit der Kreuzzüge: 1099 wurde der „Rit-

terliche Orden Sankt Johannis vom Spital zu Jerusalem“ ge-gründet. Dementsprechend hat der Johanniterorden auch

heute noch Kommenden, Kommendatoren und einen Herren-meister. Tradition ist wichtig bei den „Rittern“: Seit 1693 wurden ununterbrochen Hohenzollernprinzen zu Herrenmeistern gewählt, derzeit steht Oskar Prinz von Preußen dem Johanniterorden vor.

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enDie Komturkirche in Nieder-Weisel (Hessen) ist die einzige Kirche im Besitz des Johanniterordens. Die Kirche aus dem 13. Jahrhundert wurde erbaut als Teil einer Kommende. Nur in der Komturkirche werden die Ritterschläge vorgenommen

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T H E M A: J O H A N N I T E R

Am Anfang:

ein Spital in Jerusalem

Und doch ist der einzige evangelische Orden Österreichs sehr modern und zeitgemäß: In Wien gehören die Johanniter-Unfall-Hilfe und die Johanniter Hilfsgemeinschaft als Ordenswerke zum Orden. Die Johanniter-Unfall-Hilfe ist Mitglied der großen „Vier für Wien“, eines Zusammenschlusses der großen nichtstaatlichen Ret-tungsdienste (siehe Kasten S. 11), in Deutschland gibt es Johanni-ter-Krankenhäuser, Johanniter-Hilfswerke, Seniorenhäuser, Hilfsge-

meinschaften und die Johanniter Unfall-Hilfe e.V. Bei uns engagiert sich der Orden auch im Seelsorgedienst

im Evangelischen Krankenhaus in Wien. Denn die Verbundenheit mit den Evangelischen Kirchen ist den Johannitern sehr wichtig. „Wir suchen die Nähe zur Evangelischen Kirche, denn un-ser Doppelauftrag ‚Diakonie und Verkündi-gung‘ lässt sich am besten gemeinsam mit der Evangelischen Kirche verwirklichen“, sagt

Hans Joachim Giulini, Kommendator der Kom-mende in Österreich. Er ist gewissermaßen der

„Abt“ der Johanniter in Österreich, zu denen derzeit 58 „Ritter“ zählen.

Es ist nicht einfach, ein Johanniter-Ritter zu werden, denn bewer-ben kann man sich für die Mitgliedschaft nicht. „Man muss von einem Ritter vorgeschlagen werden. Derjenige wird zu Aktivitäten eingeladen, dann kommt es zu weiteren Gesprächen und Schu-lungen“, erklärt Giulini. Diese Schulungen umfassen fünf Samstage. Wenn man Anwärter geworden ist, muss man sich zwei Bürgen suchen, daraufhin erfolgt ein Gespräch mit dem Kommendator, und schließlich stimmt das Kapitel über die Aufnahme ab. Derzeit gibt es weltweit rund 4500 Ritter, die sich der Ordensregel „Hilfe den Bedürftigen – Wahrung des Glaubens“ verschrieben haben. Dazu gehört etwa auch eine Gehorsamsregel: Jeder Ritter hat seinem Kommendator Gehorsam geschworen. „Aber das ist zum Glück noch nie zum Tragen gekommen“, betont Giulini. „Das wäre auch bedenklich, denn dann wäre derjenige falsch bei uns.“

Auch Ulrich Körtner, Institutsvorstand am Institut für Systema-tische Theologie und Religionswissenschaft an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien, selbst Johanniter-Ritter, hat mit der Gehorsamsregel kein Problem: „Die Freiheit des Christenmenschen im Sinne seiner Gewissensbindung steht im Konfliktfall über der Gehorsamspflicht. Freilich sollten wir nicht vergessen, dass Luther in seiner Freiheitsschrift von 1520 sagt, der Christenmensch sei zwar ein freier Mensch und niemandem un-tertan, zugleich aber ein dienstbarer Knecht und jedermann un-tertan. Die christliche Freiheit ist Freiheit in Bindung an Gott und in der Verwiesenheit an den Mitchristen und Mitmenschen. Diese Freiheit versucht der Orden zu leben.“ Körtner ist Ehrenritter des Johanniterordens und seit 2012 Ordenspfarrer der Kommende Österreich sowie Bundespfarrer der Johanniter-Unfall-Hilfe Öster-

reich. Der Theologe ist Johanniter geworden, weil durch ihn wie-der ein Mitglied der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Uni-versität im Orden vertreten ist: „So wird die Verbindung zur Fakul-tät und zur wissenschaftlichen Theologie gepflegt.“ Persönlich hat Körtner sich „angesprochen gefühlt, weil der Orden diakonisch ausgerichtet ist. Da ich selbst auch in anderen Zusammenhängen für die Diakonie tätig bin – beispielsweise als Mitglied im Verwal-tungsrat der von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel (Biele-feld) –, möchte ich auch den Orden auf diesem Gebiet im Rahmen meiner Möglichkeiten unterstützen.“

Der Johanniterorden ist kein beliebiger Verein oder Club, sondern von seinem Ursprung her ein geistlicher Ritterorden: „Die Grundlage der Existenz des Johanniterordens ist das Bekenntnis zu Jesus Chris- tus. Ohne die geistliche Dimension wäre der Orden in der wech-selvollen Geschichte in Vergessenheit geraten“, heißt es im Leitbild

des Ordens. „Die stete Rückbesinnung auf den geistlichen Auftrag seiner Mitglieder hat dem Orden seine Ausstrahlungskraft erhal-ten. Und so verpflichten die Mitglieder sich zu dem Doppelauftrag Eintreten für den Glauben und Einsatz für den Kranken und Hilfs-bedürftigen. Sie folgen damit dem Doppelgebot der Liebe Jesu.“

Das ist schon seit der Gründung des Ordens so, denn als am 15. Juli 1099 die Heere der Kreuzfahrer Jerusalem einnahmen, fan-den sie dort ein Johannes dem Täufer geweihtes Hospital vor. In diesem Hospital verrichteten Laienbrüder barmherzige Dienste an armen und kranken Pilgern. Dieser Laienbruderschaft schlos-sen sich christliche Ritter bei ihrem Einzug in Jerusalem an. Keine

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Kranken aus Nächstenliebe zu helfen ist nach wie vor Leitgedanke der Johanniter

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: JUH

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20 Jahre später, um 1113, erfolgte die päpstliche Anerkennung als selbständige kirchliche Gemeinschaft. Um 1180 wurde der Hos-pitalorden zu einem geistlichen Ritterorden, der außer seinen ursprünglichen diakonischen auch militärische Aufgaben wahr-nahm. Der Orden erhielt die Bezeichnung „Orden Sankt Johannis vom Spital zu Jerusalem“ mit der Doppelaufgabe Kampf für den Glauben und Dienst an den „Herren Kranken“. 1154 gab es die erste Kommende, also Ordensniederlassung, auf deutschem Boden in Duisburg. Es folgte 1160 die Kommende Werben in der Mark Brandenburg. Nach dem Fall Akkons 1291 und dem damit verbun-denen endgültigen Verlust des Heiligen Landes für die Kreuzfahrer war vorübergehend Limassol auf Zypern, zwischen 1306 und 1522 Rhodos Hauptsitz des Johanniterordens.

Infolge der Aufhebung des Templerordens 1312 erwarb der Jo-hanniterorden in Europa zusätzlichen Besitz. Die seit 1351 nach-gewiesene Balley (= Ordensprovinz) Brandenburg, aus der sich der heutige evangelische Johanniterorden entwickelte, nahm schon im Mittelalter eine Sonderstellung innerhalb des deutschen Groß-priorats und des Gesamtordens ein. 1530 wurde der Johanniteror-den von Kaiser Karl V. mit Malta belehnt. Die Reformation führte zum Verlust von Besitzungen, gleichwohl verblieben die protes-

tantischen Ritter der Balley Brandenburg weiterhin im Johanni-terorden. 1538 trat Joachim II., Kurfürst von Brandenburg, zur

lutherischen Lehre über. Die Balley Brandenburg folgte ihm allmählich darin, und so wurde der Johanniter-

orden evangelisch. Zur Balley Brandenburg gehört auch die Kommende in Österreich, 1976 gegrün-det. Seit zwei Jahren gibt es auch die Subkom-mende Niederösterreich.

In Deutschland sind der Johanniterorden und seine deutschen Genossenschaften auf der Grundlage des Schutzbriefes des damaligen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Theophil Wurm, vom 2. Mai 1947 Bestandteil der Evangelischen Kirchen in Deutschland. Seit 2010 gibt es im Rat der EKD

auch einen Beauftragten für den Johanniterorden, derzeit übt die-ses Amt der ehemalige Präsident der Humboldt-Universität Berlin, Christoph Markschies, aus. Seitens der EKD heißt es dazu: „Im Zu-sammenhang mit einer vermehrten Aufmerksamkeit der Kirche für evangelische Kommunitäten und dem starken Interesse des Jo-hanniterordens an seinen evangelischen Wurzeln setzte ein Annä-herungsprozess ein, der die Berufung von Markschies ermöglichte.“

Für den Johanniter-Ritter Körtner steht am Anfang der Geschichte des Ordens „ein Spital in Jerusalem, nicht die Kreuzzüge“. Wichtig ist für Körtner, dass die Johanniter die Verbindung zum katho-lischen Malteserorden nie aufgegeben haben: „Der evangelische

J O H A N N I T E R - U N FA L L - H IL F E

In Österreich wurde die Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) am 21. Juni 1974 in Wien gegründet, wo sie mit dem ersten Fahrzeug gemeinsam mit dem Roten Kreuz Kranken-transporte durchführte. Heute ist sie ein Partner des „Vier für Wien“-Rettungsverbundes: Die vier größten Rettungs-organisationen Wiens (Rotes Kreuz, Arbeiter-Samariter-Bund, JUH, Malteser Hospitaldienst) arbeiten seit einigen Jahren verstärkt zusammen. Die JUH verfügt über Nieder-lassungen in Wien, Niederösterreich, Tirol und Kärnten.

Johanniterorden macht deutlich, dass die Evangelische Kirche nicht erst mit der Reformation begonnen hat, sondern sich als Kirche versteht, die in Kontinuität zur Alten Kirche und zur Kirche des Mit-telalters steht. So repräsentiert der Orden evangelische Katholizität.“

Ursprünglich ein gemeinsamer Orden, haben sich im Zuge der Re-formation aus einem Orden Malteser und Johanniter herausgebil-det. Für Kommendator Giulini ist die „gute Zusammenarbeit“ mit den Maltesern wichtig: „Es gibt da überhaupt keine Konkurrenz. Im Gegenteil, wir helfen einander. So kann es vorkommen, dass wir den Maltesern auch einmal ein Fahrzeug leihen. Die Malteser nut-zen die Einsatzzentrale der Johanniter mit. Wenn Sie die Johanniter rufen, kann es sein, dass die Malteser kommen.“ Politik spiele „über-haupt keine Rolle. Es ist wichtig, dass Diakonie und Verkündigung im Vordergrund stehen. Daher haben wir auch einige Lektoren, die Gottesdienste feiern.“ Auch „ritterliche Werte“ wie Ehre, Gerech-tigkeit, gute Erziehung und gutes Benehmen sind wichtig für die Johanniter: „Man muss sein eigenes Leben im Griff haben, wenn man dem Johanniterorden beitreten will.“ Straffällig Gewordene etwa können „eigentlich nicht“ Johanniter-Ritter werden.

Johanniter drängten sich grundsätzlich nicht auf, und so gebe es auch keinen Verdrängungswettbewerb bei der Johanniter-Unfall-Hilfe gegenüber den anderen Rettungsorganisationen. Es gehe darum, „zu helfen, wo Hilfe gebraucht wird. In Orth an der Donau etwa gab es keine Rettungsorganisationen mehr. Da hat der Bür-germeister bei der Johanniter-Unfall-Hilfe angefragt und die hat dort etwas auf die Beine gestellt.“ Einmal mehr sei der Grundsatz befolgt worden: „Der Johanniter will gerufen werden.“ Das geistige Zentrum der Johanniter in Österreich befindet sich in Waidhofen an der Ybbs, hier werden die Gottesdienste überwiegend gefeiert.

„Denn wenn keine Gottesdienste angeboten werden, dann kön-nen die Menschen auch nicht kommen.“

M A R C O U S C H M A N N / S T E F A N F L E I S C H N E R - J A N I T S

G E S T A L T U N G : I S A B E L L A S T A S T N Y / M A R C O U S C H M A N N

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tKranken aus Nächstenliebe zu helfen ist nach wie vor Leitgedanke der Johanniter

SAAT NR. 6 ✲ JUNI 2016 ✲ 63. JAHRGANG12

KINDERPÄDAGOGIK

Gott hört mein GebetMit Kindern angemessen beten

Es ist für Kinder ganz klar, dass Gott zuhört, wenn sie beten. Im burgenländischen Gols beten sie in jedem Kindergottesdienst am Altar die Fürbitten und nehmen dabei oft wie selbstverständlich das Thema des Kindergottesdienstes auf

Gebete sind ein zentrales Element in jedem Kindergottesdienst. Sie kommen mehrmals vor und können auch das Thema eines ganzen Got-tesdienstes sein.

Meiner Erfahrung nach ist es den Kindern wichtig, dass sie beim Beten auch mitmachen können. In vielen Gesprächen mit Schülerinnen und

Schülern im Religionsunterricht wird mir immer wieder klar, wie selbstverständlich es für die Kinder ist, dass Gott zuhört. Deshalb ist es wichtig, dass die Kinder ihre persön-lichen Anliegen – Klagen, Dank, Bit-ten – zu Gott bringen können.

Im Kindergottesdienst oder auch in der Schule gibt es verschiedene Möglichkeiten zu beten. Abgesehen von dem vorgelesenen oder gesun-genen Gebet kann man die Kinder – und die Erwachsenen – gut einbinden.

Ich verwende im Kindergottesdienst jedes Mal einen Psalm mit einem gemeinsam gesprochenen Kehrvers. Dafür gibt es viele Varianten, die man leicht im Internet finden kann oder in diversen Kindergottes-dienst-Arbeitshilfen (zum Beispiel

„Evangelische Kinderkirche“). Die

Kinder sprechen beim Kehrvers mit und sind so aktiv in das Gebet eingebunden.

Kinder aktiv einbindenFür Kyrie- und Gloria-Gebete eignet sich eine „Gebetswiese“ besonders gut. Dazu lege ich ein grünes Tuch in die Mitte. Am Rand befinden sich

Steine und Blumen (es können auch Plastikblumen sein). Zuerst dürfen sich die Kinder Steine nehmen und dann sagen, was alles schwer ist. Danach legen sie die Steine auf das grüne Tuch. Anschließend dürfen sie sich Blumen nehmen. Jede Blume steht für etwas Gutes, Besonderes. Beim Hinlegen sagen die Kinder, wofür sie Gott dankbar sind. So ent-steht ein buntes Bild auf dem grünen Tuch. Wichtig ist, dass jede und jeder etwas sagen darf, aber niemand muss. Gott hört unsere Klagen und unseren Dank auch, wenn wir sie nicht laut aussprechen.

Gemeinsam entsprechende Gesten überlegen

Gebete können auch aufgeschrieben werden. Meiner Erfahrung nach fällt es Kindern sehr leicht, einfache Sätze zu formulieren mit „Bitte, lie-

ber Gott …“ oder „Ich danke dir, guter Gott …“. Diese Gebete können dann vorgelesen werden. Sie können aber auch in Kuverts gesteckt und an mit Helium gefüllten Luftballons in den Himmel geschickt werden. Vielleicht gibt es auch eine Gebets-wand in der Kirche oder eine andere Aktion, die gerade zum Thema passt.

Wie zu Liedern kann man sich auch zu Gebeten Bewegungen überlegen. Besonders spannend ist es, wenn man so etwas mit den Kindern gemeinsam entwickelt. So kann man gemeinsam überlegen, was man Gott sagen möchte, und dann auch die entspre-chenden Bewegungen dazu finden. Vielleicht wird daraus ein gemeinsam entwickeltes Kindergottesdienst-Gebet, das immer gebetet wird.

In Gols ist es im Kindergottesdienst schon eine sehr lange Tradition, dass die Kinder am Ende des Gottesdiens-tes Fürbitten sprechen dürfen. Dazu kommen sie nach vorne zum Altar, nehmen sich eine Kerze, die ange-zündet wird, und stellen sich in einer Reihe auf. Jedes Kind darf eine Für-bitte oder einen Dank an Gott sprechen.

Ich bin jedes Mal wieder sehr berührt davon, wie die Kinder das Thema des Kindergottesdienstes aufnehmen und spontan in ihre Fürbitte ein-bauen. Vor ein paar Wochen habe ich die Geschichte von der Begegnung der Samaritanerin mit Jesus am Brunnen erzählt. Einige Kinder haben dann in den Fürbitten das Wasser erwähnt.

Ich selbst habe das als Kind schon sehr gern gehabt, wenn ich im Kin-dergottesdienst mitmachen durfte. Ich erinnere mich daran, dass ich mich immer sehr gefreut habe, wenn endlich die Fürbitten dran waren und ich auch nach vorne gehen durfte, um zu sagen, was ich Gott sagen wollte. Diese Erinnerung aus meiner Kindheit verbinde ich ganz stark mit Kirche und Kindergottes-dienst und habe ich bis heute nicht vergessen.

J EN N I FER J A KO B

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: J. J

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PORTRAIT / PRAXIS

Finanziell vorbelastet

Seit vier Jahren ist Martin Mericka Kurator. Mit der Übernahme des Amtes legte er seine Aufgaben im Superintendentialaus-schuss zurück: „26 Jahre sind genug, da wird man auch ein wenig betriebsblind“

„Liebes Tagebuch …“ – der Blog

Millionen Menschen „bloggen“ – sie schreiben ihre Gedanken zu bestimm- ten Themen mehr oder weniger regel-mäßig in ihr „Internet-Tagebuch“. So gibt es ModebloggerInnen, politische oder journalistische Blogs – um nur einige wenige Beispiele zu nennen. Sinn eines Blogs ist es unter ande-rem, Informationen zu teilen, zu kommentieren und so Öffentlichkeit herzustellen. Bei vielen Weblogs ist es möglich, seine eigene Meinung zu einem Eintrag zu veröffentlichen. Häufig kann man festlegen, ob der Kommentar sofort angezeigt oder moderiert, also vom Inhaber erst geprüft und dann freigeschaltet wird. Diese Funktion sollten Sie unbedingt anklicken, um üble Kom-mentare oder Spam zu verhindern.

In Ländern mit eingeschränkter Kommunikationsfreiheit sind Blog-

ger wichtige Nachrichtenquellen für professionelle Medien jenseits der Landesgrenzen. Blogger stellen auch eine Gegenöffentlichkeit her mit ver-meintlich unzensurierten Meinun-gen. Inzwischen nutzen auch viele professionelle Medien Blogs, und die Grenze zwischen diesen und pri-vaten Medien bzw. Meinungsma-chern verschwindet zusehends.

Auch Pfarrgemeinden können blog-gen: Für viele ist es sicherlich inte-ressant, wie eine Gemeindereise ver-läuft und wo es welche Höhepunkte gibt. So gibt es Reiseblogs vom EKD-Ratsvorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm aus Japan oder Asien, die Videos, Fotos und Texte bieten. Für den Blog gibt es keine Beschränkun-gen hinsichtlich Frequenz oder Länge: Die Menschen, die einen Blog abonniert haben, wollen dieses

„Tagebuch“ lesen, kommentieren und weiterschicken. Also muss der Blog

„gefüttert“ werden. Auch Konfirman-dInnen- oder Jugendfreizeiten kön-nen per Blog publiziert werden. Die Postings, also Einträge, werden chronologisch angezeigt, der aktu-elle Eintrag ist immer ganz oben.

Für Blogs gilt, was generell für alle Publikationen im Internet gilt: Machen Sie sich vor jeder Veröffentli-chung klar, dass Weblog-Einträge weit verbreitet sein können und lang-fristig archiviert werden. Das Inter-net vergisst nichts. Auch sollten Sie den Datenschutz, die Persönlich-keitsrechte und das Urheberrecht unbedingt beachten.

M A RC O U S C H M A N N

In SAAT 7: Wenn das Radio kommt

Wenn jemand so „finanziell vorbela-stet“ ist wie Martin Mericka, ist es kein Wunder, dass er in vielen Gre-mien und Ausschüssen mitarbeitet. Der ehemalige ORF-Buchhalter war unter anderem jahrzehntelang Mit-glied im Superintendentialausschuss der Diözese Salzburg-Tirol, Synoda-ler, im Finanzausschuss und in der Finanzkommission.

Als einen seiner Erfolge sieht der Kurator der Pfarrgemeinde Salzburg-Nördlicher Flachgau die Errichtung eines Kirchenbeitragsverbandes in Salzburg: „Es machen fast alle Pfarr-gemeinden mit. Es geht darum, dass die Einhebung des Kirchenbeitrags qualifiziert geschieht und die Pfarr-gemeinden entlastet werden.“ Ande-rerseits sieht der Familienvater auch eine „gewisse Bürokratisierung“ in der Kirche, die „sicherlich zugenom-men hat“. Das geschehe in vielen Bereichen durchaus zu Recht, „aber manchmal frage ich mich schon, ob das nicht ein wenig über das Ziel hinausgeschossen ist“.

In der Pfarrgemeinde geht es Mericka besonders darum, Menschen zu er-

reichen, die nicht am kirchlichen Leben teilnehmen: „Wir bie-ten jetzt Abendgottes-dienste an und machen auch erst-mals mit bei der ‚Lan-gen Nacht der Kir-chen‘ am 10. Juni“: Die Pfarrgemeinde stellt Künstlern für eine Ausstellung die Rupertuskirche in Neumarkt am Waller-see zur Verfügung.

Es sei schwierig, Mit-arbeiterInnen zu ge- winnen, „das liegt vielleicht auch an der geographischen Lage, die drei Kirchen und vier Predigtstationen bedingt“, sagt Mericka, als Reformierter mit Min-derheitssituationen vertraut. Ohne Rückhalt in der Familie geht es nicht: Seine Frau Renate arbeitet mit, unter anderem als Lektorin.

Wenn der Kurator nicht in der Kir-che ist, dann trifft man ihn auf der

Skipiste: „Wir wohnen ja hier in einem herrlichen Skigebiet, das nut-zen wir schon aus.“ Obwohl es mehr sein könnte, gibt er zu. Auch genießt er gerne klassische Konzerte: „Ich kehre immer wieder zurück zu Bach.“

M A RC O U S C H M A N N

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THEOLOGIE

„Des Menschen Sinn für Gerechtig-keit macht Demokratie möglich, seine Neigung zur Ungerechtigkeit aber macht Demokratie notwendig.“ Dieser Satz des 1971 verstorbenen amerikanischen Theologen Reinhold Niebuhr erklärt vieles, was rund um die Bundespräsidentenwahl an

Debatten über die Demokratie, ihre Gestalt und ihren Sinn aufgekom-men ist. Fragt man, ob bzw. wie Demokratie in der Bibel, insbeson-dere im Neuen Testament, verankert ist, wird man zunächst nur schwer fündig. Der Staat wird zwiespältig gesehen. Für Jesus gilt: Gott steht über dem Staat. „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist“ (Mk 12,17), entscheidend ist dabei das Letztere. Paulus ist deutlicher: „Jedermann sei untertan der Obrigkeit.“ (Röm 13,1) Politische Herrschaft muss sein um des äußeren Friedens willen. Aber immer steht fest: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ (Apg 5,29)

Wie heißt das nun für die Staatsform der Demokratie? Die Antwort liegt in dem, was die biblische Überliefe-rung vom Menschen hält. Und auch hier gibt es einen Zwiespalt: Schon auf den ersten Seiten schärft das Alte Testament ein: „Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn“ (1. Mose 1,27). Trotzdem bedarf das Ebenbild Gottes der Erlösung. Im Neuen Testa-ment spricht es Paulus aus: „Ich

elender Mensch! Wer wird mich erlö-sen von diesem todverfallenen Leibe?“ (Röm 7,24) Es gibt also Men-schenwürde und Menschenschuld.

Der christliche Glaube weiß um die absolute Würde ausnahmslos eines jeden Menschen, egal woher er

kommt. Und die abendlän-dische Aufklä-rung hat die Idee von der Freiheit und Gleichheit aller Men-schen hervor-gebracht. Beides traut dem Men-schen Verant-wortung und Gewissen zu. Das ist die demokra-tische Chance. Zugleich aber steht der Mensch immer

in der Gefahr, seiner Neigung zur Ungerechtigkeit nachzugeben. Auf Grund dieser tiefen biblisch begrün-deten Erfahrungen braucht es die demokratische Kontrolle.

Der veränderte CodeUnd dieser Kontrolle dienen sie, die bekannten, keineswegs von Natur aus christlichen, Prinzipien, und wo auch nur eines davon – auch nur schleichend – in Frage gestellt wird, sollten alle Alarmglocken schrillen: die uneingeschränkte Achtung vor den allgemeinen Menschenrechten, das Recht, das vom Volk ausgeht, die klare Gewaltenteilung zwischen Par-lament, Regierung und Gerichten, die zeitliche Befristung jeder politi-schen Macht, aber auch die Reprä-sentation durch frei und geheim gewählte Personen. Dazu die Frei-heit der Opposition, das Recht auf Widerstand, die Pressefreiheit und natürlich die Religionsfreiheit und der Schutz der Minderheiten.

Der Wiener Systematiker Ulrich Körtner schreibt: „In der modernen Demokratie wird der Code ‚Macht/

Demokratie auf dem Prüfstand

Ohnmacht‘ zu demjenigen von ‚Mehr-heit/Minderheit‘ transformiert.“ Das betrifft gerade auch die Evange-lischen Kirchen in Österreich.

Um Mehrheit und Minderheit geht es auch bei der politischen Teilhabe durch die Zivilgesellschaft mittels NGOs, etwa die Diakonie, oder durch Volksbefragungen und Volksent-scheide. Allerdings, „plebiszitäre“ Bestrebungen, die den „Volkswillen“ mythisch überhöhen und schwierige Probleme auf ein bloßes Ja oder Nein vereinfachen, stoßen sich schnell mit dem Prinzip der repräsentativen Demokratie. Dass die „Werte“ und der (angebliche oder tatsächliche) Wille des Volkes leicht zu manipulie-ren und zu verführen sind, erfuhren nicht nur schon die Propheten, son-dern hat auch die neuere Geschichte furchtbar gelehrt.

Es bleibt dabei, die moderne reprä-sentative Demokratie ist die Staats-form, die dem christlichen Glauben am nächsten kommt. Die Kirchen haben das nicht immer so gesehen. Heute haben sie erkannt, dass diese Art politischer Ordnung ein gutes Mittel ist, Gott zu geben, was Gottes ist.

C H R I S T O P H W E I S T

Gemeindepädagoge/ Gemeindepädagogin

gesucht

für die Pfarrgemeinde Graz-Eggenberg

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LITERATURSALON / BIBLISCHE FIGUREN

Evangelische und Nationalsozialismus

Zur eigenen Geschichte in den Jahren 1936 bis 1945 hat die Pfarrgemeinde Wien-Innere Stadt mit der Aufarbei-tung begonnen. Ein Ergebnis ist unter anderem „Irrtum und Erkennt-nis“. Georg-Hans Schmit stellt zunächst die Entwicklung innerhalb der Evangelischen Kirche in Öster-reich während dieser Zeit dar und beginnt mit dem Protestantenpatent von 1861. Sehr schnell geht es dann aber hin zur „Evangelischen Kirche und nationalsozialistischen Ideolo-gie“, freilich nicht ohne den austro- faschistischen Ständestaat bedacht zu haben. Dann widmet sich der Autor konkret der Pfarrgemeinde Wien-Innere Stadt und liefert Mate-rial aus deren Archiv: Neben Zitaten aus dem „Gemeindeboten“ und „Ein-ladungen zu Dank-Festgottesdiens-ten“ gibt es auch Auszüge aus Pre-digten, etwa von Pfarrer Erich Stökl.

Freilich kann „Irrtum und Erkennt-nis“ kein vollständiges Bild der Zeit des Nationalsozialismus und der

Pfarrgemeinde Wien-Innere Stadt liefern. Das will das Buch auch nicht. Es geht dem Autor und der Pfarrge-meinde darum, „Beginn und Aus-gangspunkt der wissenschaftlichen Bearbeitung des Themas zu sein. Ziel ist es daher auch, Desiderate für zukünftige Forschung zu beschrei-ben.“ Die Stärke des Buches liegt gerade darin, nicht mehr als ein wei-teres Werk zum Thema sein zu wol-len. So finden sich komprimiert gesamtgeschichtliche Betrachtungen verknüpft mit punktgenauem Mate-rial aus der Pfarrgemeinde. Insge-samt bietet das Buch ein bedrü-ckendes und schonungsloses Bild jener Zeit. So schreibt die Pfarrerin von Wien-Innere Stadt, Ines Knoll, in ihrem Vorwort: „In Anerkenntnis der Schuld, die begangen worden ist in Gedanken, Worten und Werken, leben wir so den Wunsch, uns mah-nen zu lassen für alle Zukunft.“

„Irrtum und Erkenntnis“ reiht sich ein in die Literatur zum Thema Evan-

gelische Kirche und Nationalsozia-lismus: Evangelische Kirche in Öster-reich (Hg.): „Robert Bernardis – Öster- reichs Stauffenberg“; Karl W. Schwarz (Hg.): „Gustav Entz – Ein Theologe in den Wirrnissen des 20. Jahrhunderts“; Harald Uhl: „Robert Kauer – Ein Kir-chenpräsident in den Konflikten sei-ner Zeit“; alle erschienen im Evange-lischen Presseverband.

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Zippora

Zu den weniger bekannten Gestalten der Bibel gehören oft Frauen, die im Schatten ihres berühmteren Mannes stehen – wie Zippora, die Frau des Mose. Mose ist eine der zentralen Gestalten der Bibel. Nicht nur, dass die ersten fünf Bücher der Bibel sei-nen Namen tragen. Er ist derjenige, der als Erster den Namen des Gottes Abrahams, Isaaks und Jakobs am brennenden Dornbusch erfahren darf (2. Mose 3). Mose wird berufen, sein bedrängtes Volk aus Ägypten in die Freiheit zu führen. Er ist es, der am Berg Sinai in der Gegenwart Gottes die Steintafeln mit den zehn Geboten bekommt. Vierzig Jahre führt Mose das Volk Israel durch die Wüste. Vom Berg Nebo darf er noch ins „verheißene Land“ blicken, bevor er im biblischen Alter von „120 Jah-ren“ stirbt (5. Mose 34).

Aus der Familie des Mose sind seine Geschwister bekannt: Mirjam, deren Klugheit und Mut es Mose überhaupt

zu verdanken hat, dass er nicht schon als Kleinkind ums Leben kam (2. Mose 2,1-10), und die als „Prophe-tin“ nach dem rettenden Durchzug durchs Schilfmeer ihren Gott lobt (2. Mose 15,20f). Und natürlich Aaron, der Priester, den Gott Mose gleichsam als dessen Sprachrohr zur Seite gestellt hat (2. Mose 4,13-16).

Ob die Erinnerung an Moses Frau verblasst ist, weil sie eben nicht aus dem Volk Israel stammte, sondern eine Ausländern, eine „Fremde“ war? Jedenfalls erzählt die Bibel davon, dass Mose angesichts der Unterdrückung seiner Landsleute in Ägypten im Affekt einen Ägypter umgebracht hatte. Er floh ins Land Midian im Osten der Sinai-Halbinsel und verdingte sich dort als Schaf-hirte. Dort begegnete er den Töch-tern des midianitischen Priesters, hilft ihnen in einer schwierigen Situ-ation und heiratet schließlich eine der Töchter, eben Zippora, deren

Name „kleiner Vogel“ bedeutet (2. Mose 2,1-21). Eine eher schwierig zu deutende Überlieferung (2. Mose 4,24-26) besagt, dass Zippora Mose sogar das Leben gerettet habe, indem sie ihren erstgeborenen Sohn beschneidet. Zeichen dafür, dass sie den Gott Israels anerkennt? Zwei Söhne wird Zippora zur Welt brin-gen: Gerschom und Elieser. Zippora scheint aber nicht mit Mose in Ägyp-ten gelebt zu haben, sondern war wohl auf Wunsch des Mose mit ihren Söhnen zu ihrem Vater zurückge-kehrt (2. Mose 18,1-12). Ob beim spä-teren Konflikt zwischen Mose und seinen Geschwistern, die ihm vor-werfen, eine Ausländerin geheiratet zu haben (4. Mose 12), Zippora gemeint ist oder ob Mose inzwischen eine andere Frau geheiratet hat („eine kuschitische Frau“, 4. Mose 12,1), bleibt offen.

J U T TA H EN N ER www.bibelgesellschaft.at

Georg-Hans Schmit

Irrtum und Erkenntnis

EPV 2016

141 Seiten € 17,–

SAAT NR. 6 ✲ JUNI 2016 ✲ 63. JAHRGANG16

VERANSTALTUNGEN JUBILÄUM / STATISTIK

3.6.19 Uhr, „Religion und Gewalt aus muslimischer Perspektive“, Vortrag mit Diskussion5020 Salzburg, Christuskirche, Evangelisches Zentrum, Saal 1, Schwarzstraße 25

4.6.9.30 Uhr, Evangelischer Frauen-tag Niederösterreich3500 Krems, Heilandskirche, Martin-Luther-Platz 3

10.6.ab 18 Uhr, „Lange Nacht der Kirchen“

17.‒18.6.14.30 Uhr, „Der Zukunft ver-trauen in Freiheit und Verant-wortung“, 3. Internationale Tagung des Projekts „Frauen und Reformation“1090 Wien, Evangelische Akade-mie, Schwarzspanierstraße 13

17.6.‒20.7.19 Uhr, „Spuren der Erinnerung – erzählende Wände“, Vernissage von Hertha Ortoff9500 Villach, Evangelische Superintendentur, Galerie Markushof, Italienerstraße 38

18.6.12 Uhr, „Marsch für Jesus“15 Uhr, „Fest für Jesus“ mit buntem Programm1010 Wien, Heldenplatz

Bei uns zu Hause gab es keine Tages-zeitung. Hin und wieder hat sich mein Vater am Sonntagvormittag eine Kronenzeitung geholt. Aller-dings ist das nur die halbe Wahrheit, denn es gab die SAAT. Meine Oma war es, die die SAAT abonniert hatte, und das ist in der Tat bemerkenswert, denn meine Oma musste sich ihr geringes Haushaltsbudget sehr genau einteilen. Wenn sie mit der Lektüre fertig war, wanderte die SAAT fast immer in unseren Haus-halt, aber zum SAAT-Leser wurde ich in der kleinen Küche meiner Oma. Die Zeitschrift war für sie eine wich-tige Verbindung zur Kirche – über die eigene Ortsgemeinde hinaus.

SAAT-Lektüre hatte also in unserer Familie ein besonderes Gewicht. Man kann sich vorstellen, wie stolz meine Oma war, als sie meinen Namen und meine Gedanken und Gedichte auf der Seite 16 zum ersten Mal gelesen hat. Nicht nur sie, sondern auch ich empfand es als besondere Ehre und Anerkennung, vom damaligen Chef-redakteur Paul Weiland persönlich gebeten zu werden, mich in die Auto-renschar einzureihen.

Seitdem sind viele Jahre vergangen, und die SAAT hat sich stark verän-dert. Sie hat vor fünf Jahren ein neues Gesicht bekommen, eine neues Layout, und auch die Schwerpunkte haben sich ein wenig verschoben. Dabei soll v.a. auch die jüngere Gene-

5 Jahre „neue SAAT“

ration mit Form und Inhalt angespro-chen werden.

Geblieben ist der Anspruch, sowohl über wichtige Ereignisse des vielfäl-tigen kirchlichen Lebens spannend und aktuell zu berichten, als auch das Evangelium in zeitgemäßer Sprache zu kommunizieren und im besten Sinn des Wortes für die Lese-rinnen und Leser erbauliche, ermuti-gende Lektüre zu sein.

Nach dem Tod meiner Oma hat meine Mutter das Abo übernommen und wurde zur leidenschaftlichen SAAT-Leserin. „Hast du das schon in der SAAT gelesen?“, war eine ständig wiederkehrende Frage, und sie hat genau geschaut, wie oft aus Kärnten berichtet wurde. Von Hausbesuchen und aus vielen Gesprächen weiß ich, dass die SAAT bei zahlreichen GemeindevertreterInnen und Pres-byterInnen nach wie vor eine beliebte und wichtige Informations-quelle und Lebensbegleiterin ist.

Ich gratuliere dem Redaktionsteam zum fünfjährigen „Neue-SAAT-Jubi-läum“ und hoffe, dass es weiterhin gelingt, neue Leserinnen und Leser anzusprechen, damit die Saat auf-geht und reichlich Frucht bringt!

M A N FR ED S AU ER ist Superintendent der Diözese Kärnten-

Osttirol und designierter Obmann des Evangelischen Presseverbands.

Beliebtheit von Kirchenseiten auf Facebook

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BLUMENSCHMUCKfinden Sie in reicher Auswahl in den Gärtnereien der evangelischen Gemeinden A.B. und H.B., Wien X, Triester Straße 1, Tel. 604 33 42; XI, Simmeringer Hauptstraße 242, Tel. 767 62 54, Fax DW 4, evange-lische Friedhöfe.Es werden auch Kranzbestellungen für sämtliche Wiener Friedhöfe entgegengenommen.

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Kirchenmitglieder in Millionen

Verhältnis der Facebook-Fans zu den Kirchenmitgliedern in Promille

Evangelisch-lutherische Kirche in Norddeutschland Schweizerischer Evangelischer KirchenbundEvangelische Kirche A.u.H.B. in Österreich

2,5 2,1 0,3

Evangelisch-lutherische Kirche in Bayern

2,4

1,7 0,7 4,90,7

Gefällt uns

17SAAT NR. 6 ✲ JUNI 2016 ✲ 63. JAHRGANG

FILMTIPP / DAMALS

Die SAAT vor 30 Jahren

Einen begeisterten Mann auf einem Parkplatz in einer Berg-landschaft zum Text „Was ist das für ein Gefühl, wenn man vor Freude fast zerspringt ...?“ zeigte die SAAT Anfang Juni 1986. Am Beginn der Sommerzeit führte eine Reportage von Chefredakteu-rin Stefanie Nadherny in die Arbeit der Urlauberseelsorge ein, und unter dem Titel „Der fröhliche Partisan Gottes“ erinnerte der deutsche Journalist Hans Hafen-brack in einem längeren Artikel an den 100. Geburtstag des „Kir-chenvaters des 20. Jahrhunderts“, des Schweizer Theologen Karl Barth.

T H E H O N O U R A B L E WO M A N

Regie: Hugo Blick GB 2014

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Eine Frau kämpft für Frieden

Die in London lebende Exil-Jüdin Nessa Stein (Maggie Gyllenhaal) musste als Kind mitansehen, wie ihr Vater von einem Palästinenser ermordet wurde. Die Waffen-produktion seiner Firma hatte einst den militä-rischen Aufstieg Israels ermöglicht und der Fami-lie großen Wohlstand erwirtschaftet. Den Preis für dieses Vermögen zahlt Nessas Familie nun tagtäglich: Sie ist nirgendwo sicher. Nessa selbst schläft jeden Abend allein in einem sterilen Panikbunker.

Aus dem Bedürfnis, mit den geerbten Millionen ihres Vaters nun Gutes zu tun, modelt Nessa die Waffenfirma in einen internationalen Telekommu-nikationskonzern um, der vor allem palästinensischen Studierenden in der Westbank den Zugang zu Inter-net und Bildung ermöglichen soll. Aber Freund und Feind (Wer ist wer?) beäugen das Friedensprojekt mit Skepsis: Können Datenleitungen im Nahen Osten wirklich „neutral“ sein?

Die preisgekrönte britische Mini-Serie „The Honourable Woman“ teilt mit ihrer populäreren US-amerika-nischen Schwesterserie „Homeland“ das allgemeine Gefühl für Paranoia, geht als Polit-Thriller qualitativ je- doch noch über diese hinaus. Regis-seur Hugo Blick zieht über neun Epi-soden (à 50 Minuten) langsam, aber sicher den komplexen Spannungs- bogen immer straffer. Nessas Tele-fonkabel geraten zu einem verwir-renden Knäuel unterschiedlichster Interessen zwischen Frieden, Bil-dung, Terrorismus, Apartheid und Spionage. Und egal von welcher Seite man versucht das Knäuel zu entwirren – der Ire Stephen Rea glänzt als bleicher Spion zwischen den Fronten –, im Friedensprozess tun sich immer mehr Abgründe auf.

Neutrale Datenleitungen? Seit dem Überraschungserfolg von

„Twin Peaks“ hat das amerikanische Bezahlfernsehen immer komplexere und anspruchsvollere Unterhal-tungsformate entwickelt. Europä-ische Zuseher können meist nur als Netflix- oder HBO-Kunden, im Inter-net oder durch den Erwerb von DVDs diese gewaltigen Erzählungen erkun-den. Die alte BBC hat sich jedenfalls von diesem Trend zum Qualitätsfern-sehen zusätzlich anspornen lassen und noch mehr Geld in neue Film-Fernseh-Formate gepumpt. So sind neben den Erfolgskrimiserien „Sher-lock“ und „Luther“ auch noch Histo-rienserien wie „Die Musketiere“ und Dramaserien wie „Our Girl – Eine Frau an der Front“ und eben „The Honourable Woman“ entstanden. In diesem Kosmos gibt es noch viel zu entdecken!

O L I V ER G RO S S

SAAT NR. 6 ✲ JUNI 2016 ✲ 63. JAHRGANG18

PROGRAMM HF + TV KURZ AUSGELEGT

Z W I S C H E N RU F

jeden So., 6.55‒7.00 Uhr (Ö1)

5.6.: Johannes Wittich12.6.: Sieglinde Pfänder19.6.: Gisela Ebmer26.6.: Olivier Dantine3.7.: Michael Bünker

E VA N G E L I S C H E M O RG E N G E DA N K E N

So., 6.05‒6.07 Uhr, Mo.‒Sa., 5.40‒5.42 Uhr (Regionalradios)

29.5.–4.6.: Michael Bünker

E R FÜ L LT E Z E I T

jeden 1. So im Monat: evange-lische Predigttext auslegung, 7.04‒8.00 Uhr (Ö1)

5.6.: Ines Knoll3.7.: Hermann Miklas

M O T I V E ‒ G L AU B E N & Z W E I FE L N

jeden So., 19.04‒19.30 Uhr (Ö1)

G E DA N K E N FÜ R D E N TAG

Mo.‒Sa., 6.55‒7.00 Uhr (Ö1)

T V- G O T T E S D I E N S T

5.6., 9.30–10.15 Uhr (ORF 2), aus Rust (Bgld), mit Pfarrer Frank Lissy-Honegger

Kleiner Anzeiger

KIRCHENBÄNKETISCHE + STÜHLEFa. Wittmann GesmbHwww.wittmann-gmbh.atTel. 07615/22 91Anze

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Das Modell

Ich danke unserm Herrn Christus Jesus, der mich stark gemacht und für treu erachtet hat und in das Amt eingesetzt, mich, der ich früher ein Lästerer und ein Verfolger und ein Frevler war; aber mir ist Barmherzig-keit widerfahren, denn ich habe es unwissend getan, im Unglauben. Es ist aber desto reicher geworden die Gnade unseres Herrn samt dem Glau-ben und der Liebe, die in Christus Jesus ist. Das ist gewisslich wahr und ein Wort, des Glaubens wert, dass

Christus Jesus in die Welt gekommen ist, die Sünder selig zu machen, unter denen ich der erste bin. Aber darum ist mir Barmherzigkeit widerfahren, dass Christus Jesus an mir als Erstem alle Geduld erweise, zum Vorbild denen, die an ihn glauben sollten zum ewigen Leben. Aber Gott, dem ewi-gen König, dem Unvergänglichen und Unsichtbaren, der allein Gott ist, sei Ehre und Preis in Ewigkeit! Amen. (1.Tim 1,12-17; 3. Sonntag nach Trini-tatis; 12. Juni 2016)

Der 1. Timotheusbrief stammt aus unruhiger Zeit. Vielleicht gerade deshalb sagt er Grundlegendes über das Leben eines Christen/einer Chris- tin aus. Der Brief ist einer der drei

„Pastoralbriefe“ (Briefe an Gemeinde- hirten), zwei an Timotheus, einer an Titus, die von einem Verfasser stam-men, der zur „Paulusschule“ gehört hat und etwa um das Jahr 100 in die Person seines verstorbenen Lehrers gleichsam geschlüpft ist.

Nach damaliger Sitte wollte er damit die Wichtigkeit der Botschaft unter-streichen. Die Adressaten der Briefe, Timotheus bzw. Titus, waren zwei sehr enge Mitarbeiter des Apostels, von denen man auch um die erste Jahrhundertwende noch in den Gemeinden wusste, gemeint ist aber die ganze Kirche.

Ein kühnes BildDie drei Briefe sind wohl in Klein- asien – etwa in der Hafenstadt Ephe-sus – entstanden, die damals noch nicht ganz so prächtig war, wie wir sie heute kennen. Erste mehr oder weniger offizielle Verfolgungen unter dem römischen Kaiser Domitian hatten eingesetzt. In Ephe-sus war ein Tempel mit Kolossalsta-tue zur göttlichen Verehrung des Kaisers entstanden, dessen Reste noch heute zu sehen sind. Bald wird man den christlichen Glauben für ungesetzlich erklären.

In dieser bedrohlichen Situation – man kennt sie heute in vielen Län-dern der Erde – wird gleich am Anfang des 1. Timotheusbriefes ein kühnes Bild präsentiert: Paulus stellt

sich vor – besser: er wird vom Verfas-ser vorgestellt – als ein Modell. Als krasses Modell eines Lebens, das einzig und allein von der unbegrün-deten Gnade und Liebe Gottes getra-gen ist. Das Leben ist nichts anderes als ein Geschenk, das Jesus Christus für seine Glaubenden erwirkt hat. Auch wenn man zuvor – wie einst Paulus – völlig schiefgelegen haben sollte. Auch wenn man zuvor – wie einst der junge Pharisäer – als

„Lästerer“, „Verfolger“ und „Frevler“ sogar gewaltsam gegen diesen Glau-ben vorgegangen sein sollte (wobei Unwissenheit nur erklären, nicht entschuldigen kann!), eines gilt: Jesus Christus ist in die Welt gekom-men, um Vergangenes vergangen sein zu lassen, alles umzudrehen und Zukunft zu eröffnen, um „die Sünder selig zu machen“.

Paulus ist trotz seines Werdegangs sogar Apostel geworden. Das Grundmodell für alle lautet: Die Basis eines Lebens kann einzig und allein die grundlose Güte Gottes sein. Was immer auch an Schwie-rigem oder Hoffungsvollem ge- schieht, nur sie ermöglicht eine sinnvolle Existenz.

Die Antwort auf diesen tröstenden Zuspruch kann wiederum nur Eines sein: Dankbarkeit. Sie zeigt sich wunderbar in dem jubelnden Lob-preis am Ende des Abschnitts. Mögli-cherweise haben schon die ersten ChristInnen ihn in ihren Gottes-diensten angestimmt, und jede und jeder hat noch immer Grund, in die-ses Loblied einzustimmen.

C H R I S T O P H W E I S T

19SAAT NR. 6 ✲ JUNI 2016 ✲ 63. JAHRGANG

RÄTSEL / CARTOON

Rätsel

simul, iustus & peccator

LÖ SU N G S WO RT

1 2 3 4 5 6 7 8

Räts

el-B

runn

er

1

8

2

3

4

5

6

7

Relikt vonLuthers

Ärger mitdem Teufel

Kauf oderVerkauf vongeistlichen

Ämtern

geschick-tes Vor-gehen

religiöserEiferer

Samm-lung vonSchrift-stücken

Bundfürs

Leben

Geliebtedes Zeusu. Jupiter-

mond

Konfek-tions-

größe fürRiesen

röm.Zahl-

zeichenfür "elf"

theol. Über-einkunft zuWittenberganno 1536

DerMenschdenkt,Gott …

kurz für"Oh Jesudomine"

am Tagdes Herrn

Gabebeim

Abend-mahl

Teil vonWuppertalmit Erklä-rung 1934

Stamm-vater,

Vorfahre

Ausrufder Ent-rüstung

Prophet mitKlageliedInitialen v.Zuckmayer

schma-ler Weg

sterblicheÜberreste

"Halbgötter in Weiß"latein. für"Sache"

RufnameCapones †

"BräuteChristi"

sowieso

KFZ-Kz.für Baden

Zeichen derDrei Königedie Golde-ne Stadt

italien. für"Nacht"

sehr kurzesRöckchen

Monumentin ÄgyptenTruppen-

spitzeAbk. f. "Re-animation"arabischesGrußwort

Getreide-speichergeistigerGehalt

Pendantzur NASA

röm. Göttinder Geburt

Stoff fürSalbungen

Abk. für"ibidem"

Lösung des letzten Rätsels

Lösungswort: RITTERBURG

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Gewinnen Sie mit der SAAT!Schicken Sie das Lösungswort an [email protected] bzw. an den Evangelischen Presseverband, Redaktion „SAAT“, Ungargasse 9/10, 1030 Wien. Unter allen richtigen Ein-sendungen verlosen wir 2 SAAT-Abos. Einsendeschluss ist der 21. Juni 2016, der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Gewinnerin des Rätsels in Heft 5 ist Nora H. Wir gratu-lieren herzlich!

epv

Die Gemeindevertretung kann mit dem Parlament der Pfarrge-meinde verglichen werden. Die Anzahl der Gemeindevertrete-rInnen hängt ab von der Größe der Pfarrgemeinde. Dem Gremium obliegen viele wichtige Aufgaben. So wählt die Gemeindevertretung aus ihrer Mitte das Presbyterium, vergleichbar der Regierung der Pfarrgemeinde.

Sie berät über grundsätzliche Fra-gen des Lebens der Pfarrgemeinde und fasst darüber auch Beschlüsse. Sie genehmigt den Haushaltsplan und den Rechnungsabschluss, behandelt den Jahresbericht des Pfarrers/der Pfarrerin und der anderen Arbeitsbereiche in der Pfarrgemeinde. Ihre Mitglieder werden von allen Gemeindeglie-dern gewählt. Eine Amtszeit dau-ert sechs Jahre. Die aktuelle Amts-periode wurde allerdings auf- grund des Reformationsjubiläums 2017 um ein halbes Jahr verlän-gert und dauert bis 30. Juni 2018.

S T EFA N FL E I S C H N ER- J A N I T S

epv

Gemeindevertretung

GUT ZU WISSEN

Das Plakat zur Wahl 2011. Im Jahr 2018 wird wieder gewählt, wegen des Reformations-jubiläums ein Jahr später als vorgesehen

Cartoon: Siegfried Kolck-Thudt

ImpressumMedieninhaber, Herausgeber: Evangelischer Pressever-band in Österreich. Redaktion: Mag. Marco Uschmann (Chefredakteur), Dr. Thomas Dasek, Mag. Stefan Fleischner-Janits. Alle: 1030 Wien, Ungargasse 9/10. www.evang.at – E-Mail: [email protected]. Für unverlangt eingesandte Manu-skripte wird keine Gewähr übernommen. – Gestaltung: Arno Dudek, www.maas.at. Lektorat: Mag. Isabella Stastny. Medienhersteller: S & L Druck- und Verlags-GmbH, Steinamangerer Straße 187, 7400 Oberwart. Anzeigen annahme in der Verwaltung des Blattes, 1030 Wien, Ungargasse 9/10 (Tel. 01/712 54 61). Jahresbezugs-gebühr € 27,–; € 39,– (Ausland); € 55,– (Übersee). Einzel-preis € 3,–. Konto: Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien, IBAN: AT15 3200 0000 0747 6088, BIC: RLNWATWW. Verlags- und Herstellungsort: Wien. Geschäftsführer des Evan-gelischen Presseverbandes in Österreich: Dr. Thomas Dasek. – Information und Verkündigung der christlichen Botschaft, vorwiegend für evangelische ChristInnen in Österreich. DVR-Nr. 0418056 (202)

P.b.b. 11Z038951 MEvangelischer Presseverband, Ungargasse 9/10, A-1030 Wien

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60 Hefte „neue SAAT“ in 5 Jahren