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A n o r g a n i s c h e C h e m i e / M a t e r i a l c h e m i e
F a c h d i d a k t i k
C h e m i e
Chemische Schulversuche aus Allgemeiner und Anorganischer Chemie
1
8. Woche
Säuren und Basen
Inhaltsverzeichnis Seite
8.1. Saure und basische Lösungen 2
8.2. Säuren, Basen, Ampholyte 4
8.3. Neutralisationsreaktionen 7
8.4. Pufferlösungen 11
8.5. Verbrennen von Schwefel 13
8.6. Schwefelsäure 15
8.7. Salzsäure 17
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8.1. Saure und basische Lösungen
Theorie
Die Begriffe „Säure“ und „Base“ haben im Laufe der Chemiegeschichte mehrmals bedeutende
Wandlungen erfahren. Heute ist es wichtig zu verstehen, dass Stoffe je nachdem, mit welchem
Partner sie reagieren, die Funktion einer Säure oder die einer Base einnehmen können. Säure
und Base sind also relative Begriffe – ähnlich wie Oxidations- und Reduktionsmittel. Nach
Brønsted sind Säuren Verbindungen, die bei Anwesenheit eines entsprechenden
Reaktionspartners Protonen abgeben können (Protonendonatoren) und Basen Verbindungen,
die Protonen aufnehmen können (Protonenakzeptoren). Lewis erweiterte das Säure-Basen-
Konzept auch auf Verbindungen, die keine Protonen austauschen. Er definierte Säuren als
Elektronenpaarakzeptoren und Basen als Elektronenpaar-donatoren.
Der pH-Wert (von lat. pondus Hydrogenii, pondus = Gewicht) ist heute als negativer
dekadischer Logarithmus der Wasserstoffionenaktivität in einer Lösung definiert:
pH = - lg a(H+).
In verdünnten Lösungen ist die Aktivität näherungsweise gleich der Konzentration, sodass gilt:
pH ≈ - lg c(H+). Aus der Definition ergibt sich zwangsläufig, dass die pH-Skala nicht nur von 0
bis 14 reicht, sondern auch kleinere (negative) und größere pH-Werte denkbar sind.
Rotkraut-Universalindikator und Malventee-Indikator: Verschiedene Farbstoffe in der
Natur ändern ihre Farbe in Abhängigkeit vom pH-Wert. Oft handelt es sich dabei aber um ein
Gemisch vieler chemischer Verbindungen. Für den Einsatz als pH-Indikator darf ein Farbstoff
aber nur aus einer oder aus wenigen Verbindungen bestehen. Im Chemielabor werden deshalb
hauptsächlich synthetische Indikatoren verwendet. Saft von Rotkraut enthält relativ wenige
Verbindungen (Anthocyane) und kann im Schulversuch direkt als Universalindikator
verwendet werden.
Didaktische Hinweise
Schon in der Unterstufe sollen Begriffe wie Säure und Base sowie pH-Wert eingeführt
werden, ohne dass bei den Schülern Abstraktionsvermögen und mathematisches Grundwissen
für ein grundlegendes Verständnis vorhanden sind. Eine gute Möglichkeit, mit diesen Dingen
erstmals Bekanntschaft zu machen, ist die grobe Bestimmung des pH-Wertes bei
Lebensmitteln und Haushaltschemikalien mit Indikatorstreifchen (für pH = 1-14). Dies wird
am besten in Gruppen als Schülerversuch durchgeführt. Geeignet sind alle wässrigen Lösungen
sowie Feststoffe, die man in Wasser lösen kann, z.B. Backpulver.
Es ist günstig, auch in der Oberstufe einen phänomenologischen Einstieg in das Thema pH-
Wert zu wählen. Im Allgemeinen wird man sich dann in weiterer Folge auf das Säure-Basen-
Konzept nach Brønsted beschränken. Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass die pH-Skala nur
von 0 bis 14 geht. Der pH-Wert ist allerdings nur für verdünnte Lösungen definiert.
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Geräte
Messer und Brett
Mixer
Reagenzgläser
Bechergläser
Trichter mit Filtriergestell und Filter
Chemikalien und Lebensmittel
Rotkraut (frisch)
Malventeebeutel
Diverse Lebensmittel und Haushaltschemikalien
Verdünnungsreihe (Wasser, Salzsäure, Natronlauge) pH = 2 bis 12
Salzsäure 2M
Natronlauge 2M
Versuchsablauf
Rotkrautindikator
Man zerschneidet frisches Rotkraut und zerhackt dieses mit etwas Wasser im Mixer. Die dabei
entstehende blauviolette Lösung wird abfiltriert und sofort verwendet. Mit einer geeigneten
Verdünnungsreihe wird gezeigt, dass mit diesem Indikator beinahe in 1er-Schritten pH-Werte
unterschieden werden können. Der Saft kann eingefroren und portionsweise aufgetaut werden,
wenn kein frisches Rotkraut erhältlich ist. Es ist auch möglich, Rotkraut zu schneiden und zu
trocknen.
Malventeeindikator
Ein Beutel Malventee wird in ein Becherglas mit kaltem Wasser gehängt. Der extrahierte
Farbstoff wird mit einigen Tropfen 2 M Natronlauge bzw. 2 M Salzsäure versetzt und die Farbe
beobachtet.
Universalindikatorpapier
Proben von diversen flüssigen Lebensmitteln oder Haushaltschemikalien bzw. Lösungen
derselben werden mit Indikatorstreifchen untersucht. Gut geeignet sind z.B. Essig, Cola,
Seifenlösung, WC-Reiniger, Waschmittel, Zitronensaft, Rotwein, Shampoo usw.
Entsorgung
Natronlauge verd. – in den Abfluss, mit viel Wasser nachspülen
Salzsäure verd. – in den Abfluss, mit viel Wasser nachspülen
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Sicherheitshinweise
Natronlauge verd.
2M
Salzsäure verd.
2M
8.2. Säuren, Basen, Ampholyte
Theorie
Siehe hierzu auch Kapitel 8.1.
Die notwendige Bedingung dafür, dass ein Stoff als Brønsted-Säure wirken kann, ist das
Vorhandensein eines H-Atoms in seiner Formel, das als H+ abgegeben werden kann. Das H
+
wirkt gegenüber unedlen Metallen wie z.B. Magnesium als Oxidationsmittel und wird dabei
selbst zum molekularen Wasserstoff (H2) reduziert, der entstehende Wasserstoff kann mit der
Knallgasprobe nachgewiesen werden.
Viele Säure-Base-Reaktionen finden in wässrigen Lösungen statt, es gibt aber auch Beispiele
für Salzbildung in der Gasphase. So bildet sich Ammoniumchlorid („Salmiak“) direkt, wenn
die beiden Gase Chlorwasserstoffl und Ammoniak miteinander in Kontakt gebracht werden:
HCl + NH3 NH4Cl
Stoffe, die je nach Reaktionspartner als Säure oder als Base wirken, werden Ampholyte
genannt. Das wichtigste Beispiel für einen amphoteren Stoff ist das Wasser. Dieses wirkt
gegenüber Säuren als Base und wird zum H3O+ protoniert:
HA + H2O H3O+ + A
-
H3O+ ist hier die konjugierte Säure zur Base H2O. Gegenüber Basen hingegen wirkt es als
Säure und protoniert diese, wobei aus dem H2O ein OH- wird:
A- + H2O HA + OH
-
Das OH- ist hier die konjugierte Base zur Säure H2O. Als weiteres Beispiel sei das
Dihydrogenphosphatanion (H2PO4-) genannt, das z.B. gegenüber NH3 eine Säure ist, gegenüber
HNO3 hingegen eine Base.
Didaktische Hinweise
Es soll vermittelt werden, dass Säure- und Basenfunktion etwas Relatives sind und vom
jeweiligen Reaktionspartner abhängen (ähnlich wie beim Begriff des Reduktions- bzw.
Oxidationsmittels, in beiden Fällen steckt ein allgemeines Donor-Akzeptor-Konzept dahinter).
Im Zusammenhang mit der Bildung von Ammoniumchlorid sollte man auch auf dessen
Anwendungen eingehen (v.a. in Trockenbatterien als Elektrolyt und beim Löten zum Entfernen
von Oxidschichten durch das sich beim Erhitzen bildende HCl).
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Geräte
Sandpapier
Bechergläser
Reagenzgläser
Chemikalien
Magnesiumband
1 M Salzsäure
10%ige Essigsäure
Konz. Ammoniaklösung
Konz. Salzsäure
Versuchsablauf
Wasserstoff-Freisetzung mit unedlen Metallen
Ein Stück Magnesiumband wird mit Sandpapier blank geschliffen. Anschließend lässt man das
Metall in einem Becherglas einmal mit der verdünnten Mineralsäure Salzsäure und einmal mit
verdünnter Essigsäure reagieren. Das gebildete Gas wird aufgefangen und mittels
Knallgasprobe als Wasserstoff identifiziert.Bildung von NH4Cl in der Gasphase
Man öffnet je eine Vorratsflasche mit konzentrierter Ammoniaklösung und eine mit
konzentrierter Salzsäure und stellt die beiden nebeneinander. Nach kurzer Zeit kann man einen
weißen Rauch (Aerosol) von Ammoniumchlorid beobachten. Diese Reaktion kann sowohl zum
qualitativen Nachweis von NH3-Gas als auch zum Nachweis von HCl-Gas herangezogen
werden.
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Entsorgung
Magnesium – getrennt von anderen Gefahrenstoffen in eigenen Behälter entsorgen
Salzsäure – in den Abfluss, mit viel Wasser nachspülen
Essigsäure – in den Abfluss, mit viel Wasser nachspülen
Ammoniaklösung – in den Abfluss, mit viel Wasser nachspülen
Sicherheitshinweise
Magnesium
Salzsäure konz.
Bildung von Ammoniumchlorid
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Essigsäure
10%
Ammoniaklösung konz.
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8.3. Neutralisationsreaktionen
Theorie
Lässt man eine Säure mit einer Base reagieren, so entsteht das entsprechende Salz sowie
Wasser. Reagieren äquimolare Mengen miteinander, so kann man beobachten, dass der
Temperaturanstieg bei der Reaktion verschiedener Säuren und Basen miteinander gleich groß
und in erster Näherung unabhängig von der Art der Säure oder Base ist. Die Neutralisations-
wärme wird hier im Wesentlichen von der exothermen Reaktion
H+ + OH
- H2O H = - 55,6 kJ/mol
bestimmt. Die anderen beteiligten Ionen bleiben dissoziiert in Lösung und tragen kaum zur
Wärmetönung bei.
Neutralisationsreaktionen spielen in der quantitativen Analytik eine bedeutende Rolle
(Acidimetrie, Alkalimetrie). Unter Zuhilfenahme eines pH-Indikators bzw. einer pH-Elektrode
wird bis zum pH-Umschlag titriert. Mit Hilfe einer pH-Elektrode und eines Tropfenzählers,
die an die ChemBox angeschlossen sind, lässt sich der Verlauf (pH gegen mL Titrierlösung)
einer Neutralisationstitration sehr gut darstellen.
Titration einer schwache Säure mit NaOH
Didaktische Hinweise
Es ist zu beachten, dass der auf der y-Achse aufgetragene pH-Wert eine logarithmische Größe
ist. Steigt die H+-Ionenkonzentration z.B. auf das Zehnfache, so verringert sich der pH-Wert um
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1. Der Äquivalenzpunkt liegt nur bei der Neutralisation einer starken Säure mit einer starken
Base (oder umgekehrt) bei pH = 7 – das gebildete Salz ergibt eine neutrale Lösung. Liegt der
pH-Wert so wie in der obigen Abbildung im Basischen, wurde eine schwache Säure mit einer
starken Base titriert – das gebildete Salz (z.B. Natriumacetat) reagiert basisch.
Neutralisationstitrationen sind ein wichtiger Bestandteil der Chemieolympiade-
Vorbereitungskurse. Auch hier sollte man praxisrelevante Beispiele heranziehen (z.B. Gehalt
an Essigsäure im Speiseessig).
Geräte
Bechergläser
Thermofühler
pH-Elektrode
Tropfenzähler
ChemBox
Kleine Spritze (1-2 mL)
Große Spritze (5 mL)
Chemikalien
Natronlauge 0,1 M
Salzsäure 1 M
Schwefelsäure 0,5 M
Speiseessig
Versuchsablauf
Neutralisationswärme
Zu 200 mL 0,1 M Natronlauge in einem Becherglas wird 1 M Salzsäure bzw. 0,5 M
Schwefelsäure gegossen. Dabei wird mit dem Thermofühler die Temperatur gemessen. Die
Säure sollte in einem Zug zur Lauge gegossen werden. Die Menge, die gerade zur
Neutralisation ausreicht, ist zu berechnen und in einem Vorversuch mit Hilfe eines Indikators
genau zu ermitteln.Neutralisationstitration
Mit Hilfe einer pH-Elektrode und eines Tropfenzählers, die an die ChemBox angeschlossen
sind, lässt sich der Verlauf (pH gegen mL Titrierlösung) einer Neutralisationstitration sehr gut
darstellen. Als einfaches Beispiel der Titration einer starken Säure mit einer starken Lauge wird
geeignet verdünnte HCl-Lösung mit 0,1 M NaOH-Lösung titriert.
Weiters wird Speiseessig mit 0,1 M NaOH-Lösung titriert. Dabei kann man den
Essigsäuregehalt bestimmen, den Verlauf einer Titration schwacher Säure mit starker Base
studieren und auch gleich zu Lösungen von Salzen schwacher Säuren, Puffersystemen, u.a.
überleiten. Dies sind Versuche für die Oberstufe.
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Neutralisationstitration
Variante: Schülerversuch
Eine Variante, die als Schülerversuch auch schon in der Unterstufe durchgeführt werden kann,
sei hier vorgestellt. Man gießt etwas Speiseessig in ein Becherglas und entnimmt mit der
kleinen Spritze 0,5 mL Essig und füllt diesen in den Titrierkolben. Nun gibt man destilliertes
Wasser dazu, sodass etwa 2-3 cm hoch Flüssigkeit im Kolben ist. Nun fügt man einige
Tropfen Indikator (Bromthymolblau) hinzu. Die Lösung wird gelb, da sie Essigsäure enthält
und daher sauer ist. Aus ca. 10–15 mL 0,1 M Natronlauge in einem Becherglas werden mit der
größeren Spritze genau 3 mL davon entnommen und in den Titrierkolben gefüllt. Nach gutem
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Umschwenken muss die Lösung im Titrierkolben noch immer gelb sein. Nun füllt man die
größere Spritze mit genau 5 mL Lauge und gibt tropfenweise x mL unter ständigem
Umschwenken Lauge zur gelben Lösung, bis diese blau wird. An der Spritze wird nun
abgelesen, wie viele mL Lauge zugesetzt wurde. Dieser Wert ist in die Formel
%Säure = (3 mL + x mL) · 1,2
einzusetzen und man erhält den Gehalt an Essigsäure. Die Methode ist ausreichend genau, um
als kleine Analyseaufgabe verschiedene Sorten Speiseessig mit z.B. 5% und 7,5 % Essigsäure
zu unterscheiden.
Entsorgung
Natronlauge verd. – in den Abfluss, mit viel Wasser nachspülen
Salzsäure verd. – in den Abfluss, mit Viel Wasser nachspülen
Schwefelsäure verd. – in den Abfluss, mit Viel Wasser nachspülen
Sicherheitshinweise
Natronlauge verd.
Salzsäure verd.
Schwefelsäure verd.
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8.4. Pufferlösungen
Theorie
Pufferlösungen haben die Eigenschaft, dass sich ihr pH-Wert bei Zugabe einer – nicht allzu
großen Menge – Säure oder Base praktisch nicht verändert.
Setzt man zu reinem Wasser 0,01 mol/L HCl-Lösung zu, so ändert sich der pH-Wert
dramatisch von 7 auf 2 – also um 5 Größenordnungen. Anders verhalten sich Lösungen, die
sowohl eine schwache Säure, als auch ihre konjugierte Base enthalten, ein wichtiges Beispiel
dafür ist der Essigsäure-Acetat-Puffer. Setzt man nun zu einer Lösung aus 1 M Essigsäure
und 1 M Natriumacetat wiederum 0,01 mol/L HCl-Lösung zu, so verringert sich der pH-Wert
lediglich um 0,009 Einheiten. Setzt man zur Pufferlösung H+-Ionen zu, so reagieren sie mit dem
Acetat zur Essigsäure, setzt man OH–-Ionen zu, reagieren sie mit der Essigsäure unter Bildung
von Acetat, und der pH-Wert bleibt in beiden Fällen praktisch konstant. Für Pufferlösungen, die
aus äquimolaren Mengen der beiden Komponenten bestehen gilt, dass ihr pH-Wert gleich dem
pKS-Wert der Säure ist, der Acetatpuffer ist also im sauren Bereich anwendbar (pH = 4,7).
Will man im neutralen Bereich puffern, kann man z.B. den Phosphatpuffer einsetzen (pH =
7,2), der aus Hydrogenphosphat und Dihydrogenphosphat besteht. Das physiologisch
wichtigste Beispiel für einen Puffer ist das Blut, wo eine Vielzahl an Enzymen nur in einem
bestimmten pH-Bereich wirken kann. Das Blut des Menschen ist auf pH = 7,35 bis 7,42
gepuffert. Im Meerwasser besteht ein Carbonat/Hydrogencarbonat-Puffer.Didaktische
Hinweise
Puffersysteme besitzen eine enorme physiologische Bedeutung, ein grundlegendes Verständnis
über die Abläufe ist daher wichtig. Eine genauere quantitative Betrachtung (Henderson-
Hasselbalch-Gleichung) würde den Rahmen dieses Praktikums sprengen, kann aber unter
Umständen in Wahlpflichtfach oder Chemieolympiade erfolgen.
Geräte
Bechergläser
pH-Elektrode
ChemBox
Chemikalien
1 M Essigsäure
1 M Natriumacetatlösung
0,1 M Natronlauge
0,1 M Salzsäure
0,5 M NaH2PO4-Lösung
0,5 M Na2HPO4-Lösung
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Versuchsablauf
Acetat-Puffer
Es werden 200 mL Acetatpuffer durch Mischen von je 100 mL 1 M Essigsäure und 1 M
Natriumacetatlösung hergestellt. Die Pufferlösung wird auf zwei Bechergläser aufgeteilt. Man
gibt nun tropfenweise 0,1 M Natronlauge bzw. 0,1 M Salzsäure zu und verfolgt den pH-Wert
mittels pH-Elektrode, die an die ChemBox angeschlossen ist.Phophat-Puffer
Man mischt 100 mL 0,5 M Natriumdihydrogenphosphat- und 100 mL 0,5 M
Natriumhydrogenphosphatlösung. Um zu untersuchen, wie sich der pH-Wert bei Zugabe einer
Säure oder einer Base verändert, geht man wie oben beschrieben vor. Zum Vergleich kann
parallel die Änderung des pH-Wertes von Wasser bei Zugabe einer Säure oder einer Base
beobachtet werden.
Entsorgung
Essigsäure verd. – in den Abfluss, mit viel Wasser nachspülen
Natronlauge verd. – in den Abfluss, mit viel Wasser nachspülen
Salzsäure verd. – in den Abfluss, mit viel Wasser nachspülen
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8.5. Verbrennen von Schwefel
Theorie
Schwefel brennt mit blauer Flamme: S + O2 SO2.
Das entstehende Schwefeldioxid ist ein farbloses, stechend riechendes, nicht brennbares,
korrodierendes Gas (Sdp. –10 °C, Smp. –75°C).
SO2 entsteht nicht nur beim Verbrennen von Schwefel, sondern auch beim Rösten sulfidischer
Erze: z.B. 4 FeS2 + 11 O2 2 Fe2O3 + 8 SO2
Es wird zur Desinfektion von Wein- und Bierfässern („Ausschwefeln“), als Konservierungs-
mittel (z.B. „Harzen“ von Wein [Retsina]) sowie als Antioxidationsmittel verwendet.
SO2 ist das Anhydrid der schwefeligen Säure H2SO3 und ein Zwischenprodukt bei der
Schwefelsäure-Herstellung. Die Schwefeldioxid-Belastung in der Luft konnte durch Reinigung
der Erdölprodukte in den letzten Jahren erheblich gesenkt werden.
Im Versuch wird Schwefel zu Schwefeldioxid verbrannt und das Verbrennungsprodukt in
Wasser gelöst, sodass schwefelige Säure entsteht. Mittels Indikator kann dann der saure
Charakter nachgewiesen werden.
Didaktische Hinweise
Die Verbrennung von Schwefel und die Reaktion des entstehenden Schwefeldioxid mit Wasser
zu Säure ist ein Klassiker im Schulversuchsrepertoir. Technologisch sind Schwefeloxide und
Schwefelsäuren von großer Bedeutung. Industrie- und Verkehrsabgase enthalten immer noch
gewisse Mengen an Schwefeldioxid – wenn auch im weit geringeren Ausmaß als noch vor 20
Jahren, als der „saure Regen“ ein gängiger Begriff war. Der Geruch von Schwefeldioxid, der
auch beim Verbrennen von Schwefel im Abzug noch ausreichend wahrgenommen wird, ist
allgemein bekannt (Feuerwerk, Knallkörper, Industrieabgase etc.). Er wird aber meist als
Schwefelgeruch bezeichnet. An dieser Stelle kann gezeigt werden, dass Schwefel geruchlos ist.
Es bietet sich auch an, hier auf das Thema „Anhydride“ einzugehen.
Geräte
Teclubrenner
Verbrennungslöffel
Erlenmeyerkolben mit Stopfen
Chemikalien
Schwefel
Indikatorpapier
Versuchsablauf
Etwas Schwefelpulver wird auf einem Verbrennungslöffel im Abzug mit dem Teclubrenner
entzündet. Der Schwefel verbrennt mit bläulicher Flamme. Der brennende Schwefel wird in
einen Erlenmeyerkolben eingebracht, der ca. 1 cm hoch mit Wasser gefüllt ist. Nach dem
Erlöschen wird ein Stopfen aufgesetzt und die Anordnung kräftig geschüttelt. Anschließend
wird der pH-Wert der Lösung mit einem Indikatorpapierstreifen bestimmt. Man kann statt des
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Wassers auch eine neutrale Lösung von Bromthymolblau (grün) verwenden, sobald sich die
schwefelige Säure bildet erfolgt dann ein Farbumschlag nach gelb.
Verbrennung von Schwefel
Entsorgung
Schwefel – im Abzug verbrennen.
Sicherheitshinweise
Schwefel
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8.6. Schwefelsäure
Theorie
Reine Schwefelsäure ist eine farblose, ölige, stark hygroskopische Flüssigkeit, Schmelzpunkt:
10°C, Dichte 1,85 g/L. Sie bildet mit Wasser ein Azeotrop (98%ig), das bei 338°C siedet.
Beim Mischen mit Wasser kommt es zu einer erheblichen Wärmeentwicklung. ACHTUNG!
Verdünnen der Schwefelsäure nur durch langsames Eingießen der Säure in Wasser,
Schutzbrille! Andernfalls kann es zu einer lokalen Überhitzung kommen und Säure
herausspritzen: „Zuerst das Wasser, dann die Säure, sonst geschieht das Ungeheure!“
Die stark hygroskopische (wasserentziehende) Wirkung führt dazu, dass H2O sogar aus
organischen Verbindungen entzogen werden kann. Übergießt man Saccharose mit
konzentrierter Schwefelsäure, so verkohlt der Zucker: C12H22O11 11 H2O + 12 C. Die
exotherme Reaktion lässt das Wasser verdampfen und treibt so den Kohlenstoff nach oben – es
entsteht der klassische Kohlepilz. Außerdem wird der Schwefel in der Schwefelsäure teilweise
reduziert und es entsteht Schwefeldioxid, das am Geruch erkennbar ist. Es ist günstig,
Staubzucker einzusetzen, weil dieser eine größere Oberfläche hat als Kristallzucker und die
Reaktion so schneller vor sich geht.
Man kann auch die Reaktion mit Papier, Holz oder Stoff zeigen. Papier besteht vor allem aus
Cellulose ((C6H10O5)n). Auch hier kann H2O entzogen werden und es kommt zu einer
Braunfärbung.
Didaktische Hinweise
Das Verdünnen von Schwefelsäure ist ein weiteres Beispiel für einen exothermen Vorgang.
Außerdem eignet es sich als Beispiel für den sicheren Umgang mit Gefahrenstoffen im
chemischen Labor. Es bietet sich an, auf die Kennzeichnung mit Gefahrensymbolen
einzugehen und auf die Schutzbrillenpflicht hinzuweisen. Gegen Spritzer von Schwefelsäure
kann man sich weiters durch Verwendung von säurefesten Handschuhen schützen.
Da die Kohlepilz-Reaktion sehr beeindruckend ist, könnte es passieren, dass sie als „typische
Säure-Reaktion“ identifiziert wird. Es ist deshalb wichtig, darauf hinzuweisen, dass es sich um
eine Besonderheit der konzentrierten Schwefelsäure handelt.
Geräte
Becherglas 150 mL
Pipette
Graue Papierhandtücher
Stofffetzen
Chemikalien
Konzentrierte Schwefelsäure
Staubzucker
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Versuchsablauf
Kohlepilz
In ein 150 mL Becherglas gibt man 30 g Staubzucker und anschließend 14 mL konzentrierte
Schwefelsäure. Mitunter dauert es 20 - 30 Sekunden, ehe die exotherme Reaktion einsetzt. Der
entstehende Kohlepilz wird bis zu 30 cm hoch. Es ist empfehlenswert, die Versuchsanordnung
gleich nach dem Abkühlen zu wässern, weil sonst die Reinigung schwer fällt.
Kohlepilz
Reaktion mit Papier oder Stoff
Mit Hilfe einer Pipette schreibt man auf Papier (z.B. graue Papierhandtücher) oder Stoff mit
Schwefelsäure (80%ig). Es entsteht ein Loch und schwarzer Kohlenstoff.
Entsorgung
Schwefelsäure konz. – in den Abfluss, mit viel Wasser nachspülen
Sicherheitshinweise
Schwefelsäure konz.
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8.7. Salzsäure
Theorie
Chlorwasserstoff ist unter Normalbedingungen ein farbloses, stechend riechendes,
unbrennbares Gas, schmilzt bei –114 °C und siedet bei –85 °C. Die Dichte bei 0 °C beträgt 1,64
g/L. Bei 0 °C lösen sich ca. 525 L HCl-Gas in 1 L Wasser (!), HCl-Gas eignet sich deshalb
ebenso wie NH3-Gas zu einem Springbrunnenversuch. Eine bei 20 °C gesättigte Lösung ist ca.
40 %ig. Wässrige Lösungen von Chlorwasserstoff werden als Salzsäure bezeichnet.
Chlorwasserstoff fällt heute in großen Mengen bei der Chlorierung organischer Verbindungen
an. Salzsäure ist eine der gebräuchlichsten, starken anorganischen Säuren. Sie gehört zu den
nicht oxidierenden Säuren und ist auch im Magensaft (0,1 – 0,5 %ig) enthalten.
Metalle, die in der Spannungsreihe links von 2 H+/H2 stehen – also unedle Metalle – lösen sich
in Salzsäure unter Bildung von molekularem Wasserstoff auf, sofern es nicht zu
Passivierungsreaktionen kommt (z.B. bei Eisen und Aluminium), die meist durch Verdünnen
der Säure vermieden werden können.
Manche nicht wasserlösliche, basische Metalloxide (z.B. CuO, ZnO) lösen sich in HCl-Lösung
in einer Säure-Base-Reaktion (z.B. CuO + 2 HCl(aq.) CuCl2 + H2O).
Metallsulfide (z.B. ZnS, CuS, FeS) lösen sich analog in Salzsäure unter Freisetzung der
schwächeren, flüchtigen Säure Schwefelwasserstoff (H2S). Ähnliches passiert mit Carbonaten
unter Freisetzung von Kohlensäure, die sogleich in CO2 + H2O zerfällt.
Didaktische Hinweise
Es bietet sich an, anhand der Reaktionen von Salzsäure die verschiedenen Arten von
chemischen Reaktionen zu besprechen (Redox-, Säure-Base-, Austreibungsreaktion). Das HCl-
Molekül ist weiters ein gutes Beispiel für ein stark polares Molekül und deswegen im polaren
Lösungsmittel Wasser sehr gut löslich.
Es ist wichtig, die Begriffe Chlorwasserstoff(gas) einerseits und Salzsäure andererseits
auseinander zu halten.
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Chemische Schulversuche aus Allgemeiner und Anorganischer Chemie
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Geräte
Spritzen zur Gasentwicklung
Rundkolben 500 mL mit Stopfen und Einleitrohr
Stativmaterial
Pneumatische Wanne
Reagenzgläser
Chemikalien
Natriumchlorid
Konz. Schwefelsäure
Konz. Salzsäure
Methylorange
Zinkgranalien
Aluminiumspäne
Eisennagel
Kupfer(II)-oxid
Calciumcarbonat (Marmor)
Versuchsablauf
Darstellung von Chlorwasserstoff
2 NaCl + H2SO4 Na2SO4 + 2 HCl↑
Die Reaktion kann in der Spritzenvariante durchgeführt werden, wobei das Natriumchlorid im
Reagenzglas vorgelegt wird und die konz. Schwefelsäure langsam zugetropft wird. Pro 0,5 mL
konz. Schwefelsäure werden so ca. 60 mL Chlorwasserstoffgas gewonnen. Das Gleichgewicht
dieser Reaktion liegt deshalb auf der rechten Seite, weil Chlorwasserstoffgas dem
Gleichgewicht laufend entzogen wird.
Löslichkeit von Chlorwasserstoff: Der HCl-Springbrunnen
Man nimmt einen Rundkolben (ca. 500 mL), füllt diesen mit HCl-Gas (aus der Flasche oder
durch Erhitzen von Salzsäure), und verschließt ihn mit einem durchbohrten Korken mit
Glasrohr (unten verjüngt). Nun wird der Kolben umgedreht und das Glasrohr in ein
Wasserreservoir getaucht. Etwas Methylorange im Wasser verschönert den Effekt und bringt
zusätzliche Informationen. Da sich weniger HCl-Gas als NH3-Gas in Wasser löst, ist der
„Springbrunneneffekt“ mit Ammoniak kräftiger.
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Chlorwasserstoff-Springbrunnen
Reaktionen mit Salzsäure
Redoxreaktion: Die oxidierende Wirkung von H+ wird mit halbkonzentrierter Salzsäure
gezeigt, weil es sonst bei bestimmten Metallen zu einer Oberflächenpassivierung kommt. Es
werden Zinkgranalien, Aluminiumspäne bzw. ein mit Sandpapier polierter Eisennagel
verwendet. Der entstehende Wasserstoff kann mittels Knallgasprobe nachgewiesen werden.
Säure-Basen-Reaktion: Etwas schwarzes Kupfer(II)-oxid-Pulver wird in einem Reagenzglas
mit konzentrierter Salzsäure übergossen. Es bildet sich Kupfer(II)-chlorid, was man an der
Blaufärbung der Lösung erkennen kann.
Austreibungsreaktion:
CaCO3 + 2 HCl CaCl2 + H2O + CO2↑
Ein paar Stückchen Marmor werden mit konzentrierter Salzsäure übergossen. Das gebildete
Kohlenstoffdioxid kann für Versuche mit Kohlenstoffdioxid (siehe Woche 9) verwendet
werden.
Entsorgung
Salzsäure konz. – in den Abfluss, mit viel Wasser nachspülen
Schwefelsäure konz. – in den Abfluss, mit viel Wasser nachspülen
Methylorange – feste organische Abfälle
Zinkgranalien – anorganische Abfälle mit Schwermetallen
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Sicherheitshinweise
Salzsäure konz.
Schwefelsäure konz.
Methylorange