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Europäische Richtlinien für leichte Lesbarkeit Europäische Vereinigung der ILSMH Sag es einfach! Europäische Richtlinien für die Erstellung von leicht lesbaren Informationen für Menschen mit geistiger Behinderung für Autoren, Herausgeber, Informationsdienste, Übersetzer und andere interessierte Personen von Geert Freyhoff, ILSMH-EA Gerhard Heß, Lebenshilfe, Deutschland Linda Kerr, ENABLE, Schottland Elizabeth Menzel, ILSMH-EA Bror Tronbacke, „Easy to Read“ Stiftung, Schweden Kathy Van Der Veken, ANAHM, Belgien Juni 1998

Sag Es Einfach

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Europäische Richtlinien für die Erstellung von leicht lesbaren Informationen für Menschen mit geistiger Behinderung

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  • 1Europische Richtlinien fr leichte Lesbarkeit

    Europische Vereinigung der ILSMH

    Sag es einfach!

    Europische Richtlinien fr die Erstellung von leicht lesbaren Informationen

    fr Menschen mit geistiger Behinderung

    fr Autoren, Herausgeber, Informationsdienste, bersetzerund andere interessierte Personen

    von

    Geert Freyhoff, ILSMH-EAGerhard He, Lebenshilfe, Deutschland

    Linda Kerr, ENABLE, SchottlandElizabeth Menzel, ILSMH-EA

    Bror Tronbacke, Easy to Read Stiftung, SchwedenKathy Van Der Veken, ANAHM, Belgien

    Juni 1998

  • 2Europische Richtlinien fr leichte Lesbarkeit

  • 3Europische Richtlinien fr leichte Lesbarkeit

    Vorwort 5

    1. Einleitung 7

    2. Was bedeutet leicht lesbar? 8

    3. Fr wen schreiben Sie? 9

    4. Welche Informationsbedrfnisse habenMenschen mit geistiger Behinderung? 10

    5. Wie verfat man einen leicht lesbaren Text? 11

    6. Bilder, Illustrationen und Symbole 15

    7. Die Gestaltung von Publikationen 17

    8. Andere Formen - Hrkassetten, Videos, interaktive Medien 18

    9. Literatur und Kontaktadressen 20

    Inhalt

  • 4Europische Richtlinien fr leichte Lesbarkeit

  • 5Europische Richtlinien fr leichte Lesbarkeit

    Alle Brgerinnen und Brger der Euro-pischen Union haben das demokratischeRecht, am sozialen und wirtschaftlichenLeben der Gemeinschaft teilzunehmen, inder sie leben. Der Zugang zu Informatio-nen ber Kultur, Literatur, Gesetze, Lokal-und Bundespolitik wie ber die ethischenGrundstze ihrer Gesellschaft ist einewesentliche Grundlage fr die Teilnahmeam ffentlichen Leben. Nur informierteBrgerinnen und Brger knnen die Ent-scheidungen beeinflussen und kontrol-lieren, die ihr Leben und das ihrer Familiebestimmen. Dies trifft ebenfalls auf dieEntscheidungen der Europischen Unionzu, die zunehmend das Leben derMenschen beeinflussen. Darber hinausverlangt die neue Informationsgesell-schaft, neue Informationssysteme zu ver-wenden und zu verstehen.

    Dennoch verweigern die derzeitigen Struk-turen einer groen Anzahl von Menschen,die Schwierigkeiten beim Lesen, Schrei-ben und Verstehen haben, den Zugang zuInformationen. Die Grnde, warum Men-schen Lese-, Schreib- und Verstndnis-probleme haben, sind verschieden. Zu denBetroffenen gehren Menschen mitgeistigen und anderen Behinderungen,Menschen, die nur ber eine begrenzteBildung verfgen, Menschen mit sozialenProblemen sowie Einwanderinnen undEinwanderer, deren Muttersprache nichtdie offizielle Sprache des Landes ist, dassie gewhlt haben.

    Die Standardregeln ber die Chancen-gleichheit fr Menschen mit Behinderun-gen der Vereinigten Nationen fordern dieRegierungen auf, alle ffentlichen Infor-mationsdienste und Dokumentationen denverschiedenen Gruppen von Menschenmit Behinderungen zugnglich zu machenund fordern die Medien - Fernsehen, Ra-

    dio und Presse - dazu auf, ihre Dienstejeder Person leicht zugnglich zu machen(Regel 5).

    Diesbezglich wurden bisher nur wenigesystematische Anstrengungen unternom-men. In einigen Lndern der EuropischenUnion bieten Fernsehkanle Nachrichtenfr Kinder an; einige Regierungen oderOrganisationen fr Menschen mitBehinderungen haben Dokumente in eineleicht lesbare Sprache bersetzt. Jedochist in den meisten europischen Lndernsehr wenig geschehen, und weder Orga-nisationen noch Herausgeber, Autorenoder bersetzer verfgen ber Richtlinien,wie Texte und Zusammenfassungen soerstellt werden knnen, da sie leichtlesbar sind.

    Die Europische Vereinigung der ILSMHhat zusammen mit einigen ihrer Mitgliederdas Projekt zur Entwicklung von Richt-linien fr leichte Lesbarkeit und derenbersetzung in alle europischen Spra-chen unternommen. Wir hoffen, dadiejenigen, die fr Menschen mitSchwierigkeiten beim Lesen, Schreibenund Verstehen Texte verfassen und Infor-mationen verbreiten, in diesen Richtlinienwertvolle Hinweise zur Erstellung solcherTexte finden werden und da die Produk-tion von leicht lesbarem Material in allenSprachen der Europischen Unionangeregt wird. Diese Publikation wirdzweifellos dazu beitragen, dem Ausschlueiner groen Anzahl von europischenBrgerinnen und Brgern von wichtigenund aktuellen Informationen zu begegnen.

    John OGormanPrsident

    Europische Vereinigung der ILSMH

    Vorwort

  • 6Europische Richtlinien fr leichte Lesbarkeit

  • 7Europische Richtlinien fr leichte Lesbarkeit

    Die Fhigkeit zu Lesen gibt Menschen einenormes Selbstbewutsein, da sie in derLage sind, ihre Sichtweise der Welt zuerweitern und Einflu ber ihr eigenesLeben zu gewinnen. Durch das Lesen sinddie Menschen in der Lage, Ideen,Gedanken und Erfahrungen zu teilen undsich als Personen weiter zu entwickeln(IFLA Richtlinien 1997)

    Doch nicht jeder kann lesen, und die Art,wie Informationen verfat oder dargestelltwerden, schliet viele Menschen aus, ins-besondere diejenigen, die Lese- oder Ver-stndnisprobleme haben. Statt durch Infor-mation gestrkt zu werden, wird den Men-schen der Zugang zu ihr verweigert. Zwi-schen den Reichen an Information undden Armen an Information wird eine Bar-riere geschaffen, die es Menschen schwermacht, gleichberechtigte Brgerinnen undBrger zu sein und uneingeschrnkt ander Gemeinschaft teilzunehmen.

    Das Ziel dieser Richtlinien ist es, diesenProze berwinden zu helfen und Regie-rungen wie Organisationen bei derBereitstellung von Informationen undDokumentationen fr alle zu untersttzen.Leicht lesbares Material auf lokaler, natio-naler und europischer Ebene, dessenInhalt klar vermittelt wird, hilft jedem Men-schen, nicht nur denen mit Lese- undSchreibproblemen.

    Des weiteren ist es wichtig, sich nicht nurauf rein schriftliche Informationen zu kon-zentrieren. Die zentrale Frage fr alleInformationsdienste sollte sein: Welchesist der beste Weg, Information zu vermit-teln? Wie kann ich mich verstndlichmachen? Dies knnte fr bestimmteZielgruppen durchaus zu Verffentlichun-gen fhren, die hauptschlich aus Bildernund Graphiken bestehen.

    Wir hoffen, da dieser Text hilfreich seinwird fr viele Organisationen und Men-schen, wie Regierungen, Unternehmen,freiwillige Helfer und Medien, und da erBehrden ermutigt, mehr leicht lesbaresMaterial zu erstellen. Zum Beispiel knnteeine Telefongesellschaft sowohl ihre Ange-bote als auch ihre Rechnungen verstnd-licher formulieren oder ein Ministeriumknnte den Wunsch haben, die ffent-lichkeit ber neue Gesetze informieren.

    Diese Richtlinien sind von einer Gruppevon Experten aus vier europischenLndern aufgestellt worden. Angesichtsder bestehenden kulturellen Unterschiedeinnerhalb der Europischen Union sind sierelativ neutral formuliert. Sie sollen injedem Zusammenhang in der europi-schen Union angewendet werden knnen.Die Absicht ist, da jede Person aus je-dem europischen Staat diese Richtliniennutzen kann, um zugngliche Texte zuverfassen, von einem kurzen Absatz bishin zu einer umfangreichen Verffent-lichung. Dennoch ist es besser, mit einemeinfachen Text zu beginnen als mit einemBuch; und es sind die einfachen, kurzenalltglichen Informationen in leichtverstndlicher Sprache, die am meistenbentigt werden.

    Leicht lesbare Information ist wichtig frviele verschiedene Gruppen in der Gesell-schaft. Diese Verffentlichung konzentriertsich auf die Bedrfnisse von Menschenmit geistiger Behinderung, doch die ihnenzugngliche Information nutzt ebenfallsvielen anderen. Menschen mit geistigerBehinderung bentigen Informationen, dienicht nur leicht lesbar, sondern auch leichtverstndlich sind. Es ist notwendig, Men-schen mit geistiger Behinderung whrenddes ganzen Prozesses der Erstellung desTextes und bis hin zur endgltigen Gestal-

    1. Einleitung

  • 8Europische Richtlinien fr leichte Lesbarkeit

    tung um Rat zu fragen. Dadurch wirdsichergestellt, da die Informationenwirklich zugnglich sind, was die Anzahlder mglichen Leserinnen und Lesersteigern wird.

    Leicht lesbare Information in gedruckterForm ist nicht immer die beste Lsung fr

    alle. Der Verwendung anderer Formen wieHrkassetten, Videos oder interaktiverMedien sollte ebenfalls bedacht werden.Einige Ideen zu alternativen Formenwerden in Kapitel 8 behandelt, doch derSchwerpunkt dieser Richtlinien liegt aufdem gedruckten Text.

    Die Frage, ob ein Text leicht lesbar oderverstndlich ist, hngt sehr von den Fhig-keiten und Erfahrungen der Leserinnenund Leser ab. Manche Personen knnenoffizielle Dokumente lesen, whrendandere es als schwierig empfinden, kurzeTexte aus Zeitungen oder Zeitschriften zuverstehen.

    Das Konzept der leicht Lesbarkeit kanndeshalb nicht universal sein. Es wird nichtmglich sein, einen Text zu verfassen, derden Fhigkeiten aller Menschen mit Lese-und Verstndnisproblemen entspricht.Dennoch weist leicht lesbares Materialfolgende Merkmale auf:

    die Verwendung von einfacher undunkomplizierter Sprache,

    nur eine Aussage pro Satz, die Vermeidung von technischen

    Ausdrcken, Abkrzungen und Initialen, eine klare und logische Struktur.

    Sehr wichtig ist die Gliederung einesTextes. Der Inhalt sollte einen klaren undlogischen Ablauf haben. Alle unwesent-lichen Ideen, Worte, Stze und Phrasensollten vermieden oder entfernt werden.

    Es ist ziemlich leicht, ber einfache undkonkrete Dinge zu schreiben. Weitausschwieriger ist es, ber abstrakte Dinge ineiner Weise zu schreiben, die Menschenmit geistiger Behinderung verstehen

    2. Was bedeutet leicht lesbar?

    knnen. Wenn mglich, sollten abstrakteIdeen vermieden werden. Ansonsten sollteeine solche Idee mit konkreten Beispielenillustriert werden.

    Einfach und unkompliziert zu schreibenbedeutet nicht, kindlich und banal zuschreiben. Die meisten Informationen sindfr Erwachsene bestimmt. Sie mssendaher in einer angemessen Weise verfatwerden.

    Die Prsentation der Information istebenfalls sehr wichtig. Fotografien, Bilderoder Symbole sollten, wo immer mglich,den Text untersttzen, um das Verstndniszu frdern. Diese Illustrationen mssenebenfalls leicht verstndlich und dem Textangepat sein. Auch die Art, wie dieTextseite gestaltet ist, mu sorgfltigbedacht werden. Weitere Details hierzuwerden in Kapitel 7 beschrieben.

    Eine leicht lesbare Publikation sollte vonder grtmglichen Zielgruppe verstandenwerden. Ein leicht lesbares Dokumentkann somit als ein Text definiert werden,der nur die wichtigste Information enthltund auf die direkteste Weise prsentiertwird, so da er die grtmgliche Ziel-gruppe erreicht.

  • 9Europische Richtlinien fr leichte Lesbarkeit

    Es gibt viele Menschen, die Schwierig-keiten haben, die Sprache des Landes, indem sie leben, zu verstehen. Sie alle sindmglicherweise daran interessiert, leichtlesbare Informationen zu bekommen.Menschen knnen aus den verschieden-sten Grnden Lese- und Schreibproblemehaben, wie

    eine geistige Behinderung, eine andere Art der Behinderung, die

    die Fhigkeit zu lesen und verstehen,beeinflut,

    eine begrenzte Bildung, soziale Probleme oder die Muttersprache entspricht nicht der

    offiziellen Sprache der Gemeinschaft, inder sie leben.

    Die Lese- und Schreibfhigkeiten vonMenschen unterscheiden sich sehr, auchin den oben aufgefhrten Gruppen.Auerdem mgen Menschen mit geistigerBehinderung es als schwierig empfinden,den Text, den sie lesen, zu verstehen. Frsie mu ein Text also nicht nur leichtlesbar, sondern auch leicht zu verstehensein. Diese Richtlinien konzentrieren sichdarauf, wie Material fr Menschen mitgeistiger Behinderung erstellt werdenkann, doch die Erstellung von Material frMenschen mit andersartigen Lese-,Schreib- und Verstndnisproblemen folgtim groen und ganzen den gleichenVorgehensweisen und Prinzipien.

    Menschen mit geistiger Behinderunghaben intellektuelle Beeintrchtigungen,die in der Regel ihr Verstndnis der Welt,in der sie leben, erschweren. In Europagehen Kinder und junge Menschen mitgeistiger Behinderung heute zur Schule.Die meisten von ihnen lernen lesen undschreiben. Jedoch ist der Wortschatz, densie erlernen, hufig auf funktionale

    3. Fr wen schreiben Sie?

    Begriffe und Stze zur Bewltigung vonAlltagssituationen beschrnkt. Diesbedeutet, da viele in der Lage sind,Worte zu erkennen, die fr ihren Alltagwichtig sind, whrend sie hufig Schwie-rigkeiten mit ausgefallenen, langen oderkomplizierten Worten haben.

    Viele Menschen mit einer leichten geisti-gen Behinderung sind in der Lage, allge-meinverstndliche Texte zu lesen. EinigeMenschen mit einer mittelgradigen Behin-derung sind in der Lage, kurze, leichtlesbare Texte zu lesen. Menschen miteiner schweren Behinderung knnenselbst nicht lesen, aber sie knnen vielFreude daran haben, wenn ihnen etwasvorgelesen wird.

    In vielen Schulen lernen Kinder, diedeutliche Schwierigkeiten haben, diealltgliche Sprache zu lesen und zuschreiben, alternative Kommunikations-systeme. Diese Systeme knnen Gebr-densprache beinhalten, doch die meistenbekannten Systeme verwenden unter-schiedliche Symbole, um Kommunikationzu ermglichen. Ein System von Symbolenenthlt eine Anzahl von Zeichnungen, dieverschiedene Begriffe oder Stze repr-sentieren und einfacher zu verstehen sindals ein geschriebener Text. Jedes Systemvon Symbolen hat seine eigene Strukturund sein eigenes Vokabular, und es istnicht mglich, Symbole aus verschiedenenSystemen auszutauschen. Eine Personmit geistiger Behinderung lernt gewhnlichnur ein ganz bestimmtes System.

    Selbstverstndlich kann die Fhigkeit zulesen und zu verstehen bei Menschen mitgeistiger Behinderung sehr unterschiedlichsein. Es ist sehr wichtig, die Fhigkeitender Zielgruppe schon vor der Erstellungeines Textes zu bercksichtigen. Wenn

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    Europische Richtlinien fr leichte Lesbarkeit

    Menschen mit geistiger Behinderung ha-ben grundstzlich das gleiche Bedrfnisnach Information wie jede andere Personin ihrer Gemeinschaft: Sie bentigenZugang zu alltglichen Informationen, diealle Brger in ihrem Alltag verwenden.Zum Beispiel:

    Tagesnachrichten Konsumenteninformationen Rechte und Verpflichtungen Nutzung von Dienstleistungen Freizeitinformationen (ffentliche) Verkehrsmittel

    Die wichtigsten Informationen fr Men-schen mit geistiger Behinderung betreffenihren Alltag: wo sie leben, Menschen, diesie treffen mchten, Ansprechpartner beiAlltagsproblemen, wie Freunde oder rztebesuchen, etc. Diese Informationen sind inder Regel lokaler Natur und sollten des-halb eher zusammen mit den Betroffen alsfr sie zusammengestellt werden. DiesesVorgehen wrde sicherstellen, da sie Zu-gang zu den Informationen haben, die siewollen, in einer Weise, die sie verstehen.

    Zustzlich zu diesen Informationen ben-tigen Menschen mit geistiger Behinderungvielleicht Hilfe, wie sie Dinge tun knnen,die andere Menschen ohne Hilfe bewlti-gen. Beispiele sind die Nutzung vonffentlichen Verkehrsmitteln, was sie beim

    4. Welche Informationsbedrfnisse haben Menschen mit geistiger Behinderung?

    Arztbesuch erwartet, Beschwerden beretwas, das sie ndern mchte oder Infor-mationen ber Gemeinde- oder Bundes-tagswahlen. Diese Art von Informationenist eher allgemeiner Natur und deshalbvielleicht schon irgendwo in Ihrem Landzusammengestellt worden. Bevor Sie alsoeigene Informationen auf diesem Gebietzusammenstellen, wre es sinnvoll zuerstherauszufinden, welche zugnglichenInformationen bereits existieren, falls Siedies noch nicht getan haben. Die Organi-sationen, die in Kapitel 9 dieser Richtlinienaufgefhrt sind, knnen dabei helfen.

    Das gleiche trifft auf Rechte und (finan-zielle) Leistungen zu. Es ist sehr wichtig,Menschen mit geistiger Behinderung undihren Familien darber aufzuklren, wel-che Rechte sie haben und welche Leistun-gen sie beanspruchen knnen. Natrlichist es nicht mglich, ihnen einen kompak-ten juristischen Text detailliert in einfacherSprache zu erklren, aber sie knnen berihre Rechte aufgeklrt werden und esknnen ihnen Kontaktpersonen genanntwerden, die ihnen weiterhelfen knnen.

    Es sollte nicht vergessen werden, daMenschen mit geistiger Behinderungebenfalls Brgerinnen und Brger ihresLandes sind und deshalb das Recht aufTeilnahme am politischen und wirtschaft-lichen Leben ihrer Gemeinde haben. Aus

    Sie fr Menschen mit geistiger Behin-derung allgemein schreiben, knnten Sieden Vorschlgen dieser Verffentlichungfolgen und ihrem Text Symbole, ange-messene Illustrationen und eine Hrkas-sette hinzufgen. Wenn Ihre Zielgruppespezifischer ist, sollten Sie Ihren Text sogestalten, da er deren besonderen Be-drfnissen entspricht.

    Eine der Empfehlungen in Kapitel 5 ist dieHinzuziehung von Menschen mit geistigerBehinderung whrend der Erarbeitung desTextes. Die Menschen, die Sie hinzuzie-hen, sollten ber die gleichen Lese- undVerstndnisfhigkeiten verfgen wie dieMenschen, fr die Sie schreiben wollen.Ihre Reaktionen und Empfehlungen wer-den Ihnen sagen, ob Ihre Zielgruppe anIhrem Text interessiert ist und ihn versteht.

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    Europische Richtlinien fr leichte Lesbarkeit

    Dieses Kapitel zeigt einige Schritte auf, diebei der Erstellung von leicht lesbarem Ma-terial angewandt werden knnen. Sie sindin erster Linie fr diejenigen bestimmt, diezum erstenmal versuchen, einen leichtlesbaren Text zu verfassen. Wenn Autorenoder Herausgeber erst einmal Erfahrungenmit der Erstellung solcher Texte und ihrerBesprechung mit Menschen mit geistigerBehinderung gesammelt haben, ent-wickeln sie bald ihren eigenen Stil und ihreeigene Strategie.

    Es ist sehr wichtig, bei der Anwendung derfolgenden Vorschlge nicht zu dogmatischvorzugehen. Die Erstellung einer Ver-ffentlichung ist ein kreativer Proze unddaher sollten die Autoren, Herausgeber,Illustratoren und Fotografen nicht zu sehrdurch Einschrnkungen behindert werden.Die folgenden Richtlinien lassen breitenRaum und wollen die Aufmerksamkeit derAutoren auf verschiedene wichtige Aspek-te lenken, die ein Dokument leicht lesbarmachen.

    Wenn Sie ein leicht lesbares Dokumentverfassen, beginnen Sie wahrscheinlichunter einer der beiden folgenden Voraus-setzungen: entweder Sie haben bereitseinen Text, den Sie Menschen mit geisti-ger Behinderung zugnglich machenwollen oder Sie mchten einen vollkom-men neuen Text verfassen. Wie auchimmer, Sie mssen zuerst an Ihre Ziel-gruppe und das wichtigste Ziel Ihrer Ver-ffentlichung denken.

    5. Wie verfat man ein leicht lesbares Dokument?

    Schritt 1:Entscheiden Sie ber das Ziel IhrerVerffentlichung

    Was wollen Sie sagen und warumist es wichtig fr Menschen mit

    geistiger Behinderung?

    Die Antwort auf diese Frage wird daswichtigste Ziel Ihrer Verffentlichung kl-ren. Es wre ideal, bereits zu diesem Zeit-punkt Menschen mit geistiger Behinderungeinzubeziehen. Sie knnen Vorschlgedazu machen, welche Themen fr siewichtig und interessant sind. Bercksich-tigen Sie immer das wichtigste Ziel IhrerPublikation, wenn Sie ber das Aufneh-men oder Weglassen von Details ent-scheiden.

    In dieser Phase mssen Sie ebenfalls berdas Verhltnis von Text zu Bildern oderIllustrationen entscheiden. Wenn IhreZielgruppe aus Menschen mit betrcht-lichen Lese- und Schreibproblemenbesteht, dann sollten Sie sich eher aufIllustrationen und Bilder als auf Textsttzen, um die Information zu vermitteln.

    Wenn Sie diese Fragen gelst haben, sindSie bereit sich mit dem Inhalt Ihrer Publi-kation zu beschftigen.

    Es gibt viele Strategien, die beim Verfas-sen eines leicht lesbaren Dokumentesverfolgt werden knnen. ErfahreneAutoren bevorzugen es vielleicht, erst das

    diesem Grund sollte jede Regierung sorg-fltig berlegen, wie diese Brgerinnenund Brger mit Lese- und Verstndnis-schwierigkeiten ber die wichtigen Geset-ze und Regelungen informiert werden

    knnen, die ihr Leben betreffen. Dasgleiche betrifft mulitnationale Gremien wiedie Europische Union, die allerdings auchauf nationaler Ebene immer grereBedeutung gewinnt.

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    Europische Richtlinien fr leichte Lesbarkeit

    Originaldokument grndlich zu lesen unddann einfach ihre Version in leicht lesbarerSprache zu schreiben. Im folgenden isteine Schritt-fr-Schritt-Methode aufgefhrt,der unerfahrene Autoren folgen knnen.

    Schritt 2:Entscheiden Sie ber den Inhalt

    Stellen Sie eine Liste der Schls-selaussagen Ihrer Publikation auf

    Wenn Ihnen ein Text vorliegt, den Siebersetzen wollen, knnen Sie wie folgtvorgehen:

    1. Suchen Sie die Stellen heraus, die frIhre Zielgruppe wichtig sind (Sie knnendabei Einleitungen, Kommentare usw.auslassen).

    2. Fassen Sie jeden Absatz Ihrergewhlten Textstellen in einem oderzwei Stzen zusammen.

    3. berprfen Sie, ob Ihre Zusammen-fassung einer logischen Struktur folgt.

    4. berprfen Sie, ob nur die Schlssel-aussagen in Ihrer Zusammenfassungenthalten sind. Entfernen Sie die Stel-len, die nicht direkt mit dem wichtigstenZiel Ihrer Publikation zu tun haben.

    Eine klare Vorstellung ber die Inhalteeines Dokumentes und deren logischeReihenfolge ist der wichtigste Schritt beimVerfassen eines zugnglichen Dokumen-tes. Wenn Sie einen vollkommen neuenText schreiben, versichern Sie sich, dadie Folge des Inhaltes klar und logisch ist.Vermeiden Sie unntige Kommentare undInhalte, die nichts direkt mit dem wichtig-sten Ziel Ihrer Publikation zu tun haben.

    Nachdem Sie eine Liste der Schlssel-aussagen erstellt haben, berprfen Sieerneut, ob sie all die Informationen enthlt,die Sie wnschen. Die wichtigsten Aus-sagen sollten am Anfang des Dokumentesstehen. Vielleicht knnen einige der De-tails ausgelassen werden. Wenn dies derFall ist, lassen Sie sie einfach weg - jekrzer das Dokument, desto besser!

    In dieser Phase, bevor Sie mit dem eigent-lichen Schreiben begonnen haben, ist essinnvoll, Menschen mit geistiger Behin-derung einzubeziehen, um sicherzustellen,da ihre Informationsbedrfnisse berdieses Thema befriedigt werden. Diskutie-ren Sie das Thema mit Einzelpersonenoder mit Selbstbestimmungsgruppen.Fgen Sie deren Fragen ihrer Liste vonSchlsselaussagen hinzu.

    Schritt 3:Entwerfen Sie den Text

    Schreiben Sie den Text auf der BasisIhrer Liste von Schlsselaussagen

    Wenn Sie eine Liste der Schlsselaus-sagen fr Ihr Dokument haben, knnen siemit dem eigentlichen Verfassen des zu-gnglichen Textes beginnen. Bercksich-tigen Sie die Begriffe und Sprache, dieIhre Zielgruppe aller Wahrscheinlichkeitnach versteht und interessant findet. JedePerson ist in dieser Hinsicht natrlichverschieden, doch, um Ihr Dokument sovielen Menschen wie mglich zugnglichzu machen, sollten Sie einige allgemeineRegeln beachten:

    Verwenden Sie eine einfache, unkomplizierte SpracheVerwenden Sie die einfachsten Worte auf mglichst einfache Weise. Vermeiden Siekomplizierte Strukturen und abstrakte Begriffe, und seien Sie klar in den Ideen, dieSie vermitteln wollen.

  • 13

    Europische Richtlinien fr leichte Lesbarkeit

    Vermeiden Sie abstrakte BegriffeWenn Sie abstrakte Begriffe erwhnen mssen, verwenden Sie konkrete Beispieleund Vergleiche, die den Menschen helfen, das Problem zu verstehen.

    Verwenden Sie kurze Worte aus der AlltagsspracheVermeiden Sie lange Worte, die schwer zu lesen und auszusprechen sind.Verwenden Sie nur Worte, die in der Alltagssprache bekannt sind und von IhrerZielgruppe verwendet werden. Achten Sie jedoch darauf, Erwachsenensprache zuverwenden, wenn Sie fr erwachsenen Menschen schreiben!

    Verwenden Sie hufig eine persnliche AnspracheSprechen Sie Ihre Leser in einer direkten und persnlichen Weise an. Du hast/Siehaben das Recht auf... ist immer besser als Nutzer von Dienstleistungen haben dasRecht auf....

    Verwenden Sie praktische BeispielePraktische Beispiele knnen dabei helfen, da Menschen abstrakte Begriffeverstehen und Informationen in Beziehung zu Situationen aus ihrem eigenen Lebensetzen.

    Sprechen Sie Ihre Leser auf respektvolle Weise anVerwenden Sie Erwachsenensprache, wenn Sie fr erwachsene Menschenschreiben. Stellen Sie sich die Frage, ob Sie die Leser mit Du oder Sieansprechen wollen. Wenn Sie sich darber nicht sicher sind, fragen Sie betroffenePersonen, wie sie gern angesprochen werden mchten.

    Verwenden Sie meistens kurze Stze

    Stellen Sie nur einen Gedanken pro Satz vorVersuchen Sie nicht, mehr als einen Gedanken oder ein Thema pro Satz zubehandeln.

    Verwenden Sie positive SpracheVermeiden Sie negative Sprache und Verneinungen, da sie zu Verwirrung fhrenknnen.

    Verwenden Sie eher aktive als passive VerbenGestalten Sie Ihr Dokument so interessant wie mglich. Aktive Verben machen IhrDokument in der Regel lebhafter und weniger kompliziert.

    Gehen Sie nicht von bereits vorhandenem Wissen ber Ihr Thema aus

    Verwenden Sie immer die gleichen BegriffeVerwenden Sie immer das gleiche Wort fr eine Sache - auch wenn dieWiederholung von Worten den Stil beeinflut.

    Vermeiden Sie Querbezge

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    Europische Richtlinien fr leichte Lesbarkeit

    Wenn Sie Dokumente in einer leicht les-baren Sprache zugnglich machen, kanndies dazu fhren, da sie lnger werdenals die Originaltexte. Dies betrifft insbe-sondere kompakte juristische oder wissen-schaftliche Texte, gerade wenn es daraufankommt, da Menschen mit geistigerBehinderung die Details verstehen. Es istvielleicht ntig, das Dokument in mehrerekleinere Abschnitte aufzuteilen, um es les-barer zu machen.

    Schritt 4:berprfen Sie, ob Menschen mitgeistiger Behinderung Ihren Entwurfverstehen

    Bitten Sie Menschen mit geistigerBehinderung vor dem Druck, Ihren

    Entwurf zu lesen

    Um sicherzustellen, da Ihr Dokumentwirklich den Ansprchen Ihrer Zielgruppe

    Verwenden Sie eine einfache ZeichensetzungVermeiden Sie Strichpunkte, Gedankenstriche und Kommas.

    Verwenden Sie keinen KonjunktivDie unsichere Zukunft (...knnte passieren..., solltest Du/sollten Sie tun...) istungenau und verwirrend. Vermeiden Sie den Konjunktiv, soweit es geht.

    Seien Sie vorsichtig mit Redewendungen und Metaphern, wenn sie nicht sehrgebruchlich sindMenschen mit geistiger Behinderung kennen sie vielleicht nicht, doch wenn sie in derAlltagssprache sehr verbreitet sind, knnen sie den Text durchaus farbiger gestalten.

    Seien Sie vorsichtig mit ZahlenGroe oder komplizierte Zahlen werden hufig nicht verstanden. Verwenden Sie vielestatt 4795 und einige statt einer Prozentzahl wie 14%. Fr ein Datum wie 1867verwenden Sie vor langer Zeit. Verwenden Sie kleine Zahlen, schreiben Sie immerdie Zahl selbst und nicht das ausgeschriebene Wort, z.B. 3 statt drei.

    Verwenden Sie keine FremdworteDies betrifft ebenfalls Worte, die hufig verwendet werden, aber fremden Ursprungssind. Wenn Sie es nicht vermeiden knnen ein Fremdwort zu verwenden, da es sehrgebruchlich ist, erklren Sie es.

    Geben Sie, wenn mglich, eine Kontaktadresse fr weitere Informationen anAlle Adressen sollten wie auf einem Briefumschlag geschrieben sein. Schreiben Siedie Adressen nicht in eine Zeile, auch nicht durch Kommas getrennt.

    Vermeiden Sie Fachjargon, Abkrzungen und InitialenFachjargon sollte niemals verwendet werden - er ist bedeutungslos und irrelevant frdie Menschen auerhalb des Fachkreises. Versuchen Sie auch Abkrzungen zuvermeiden und verwenden Sie sie nur, wenn sie Ihrer Zielgruppe bereits bekanntsind. Erklren Sie immer, was sie bedeuten.Verwenden Sie einen Einschub, wenn es wichtig ist, einen Begriff zu erklren, denandere benutzen werden. Wiederholen Sie ihn, um sicherzugehen (z.B. ...Satzung,die Regeln einer Organisation,...).

  • 15

    Europische Richtlinien fr leichte Lesbarkeit

    Unabhngig davon, ob Personen deutlicheLeseprobleme haben oder einen einfachenText lesen knnen, hat ein leicht lesbarerText allein seine Grenzen. Fotografien,Zeichnungen oder Symbole knnen auchdenjenigen eine Botschaft vermitteln, dienicht lesen knnen und das Verstndnisderer vergrern, die dazu in der Lagesind. Aus diesem Grund haben Illustratio-nen nicht nur einen dekorativen Aspekt frIhre Verffentlichung, sondern transpor-tieren auch Information. Sie sollten immerbei der Planung und Vorbereitung vonleicht lesbarem Material einbezogenwerden.

    FotografienIn vielen Situationen sind Fotografien dasideale Mittel zur Kommunikation, insbe-

    6. Bilder, Illustrationen und Symbole

    sondere bei lokalen Informationen. DerName einer verantwortlichen Person zu-sammen mit ihrer Fotografie vermitteltjedem eine klare Vorstellung ber denAnsprechpartner. Eine Fotografie einesOrtes, den Sie kennen, bedeutet mehr alsdie geschriebene Adresse. Fotografienknnen ebenfalls dabei helfen, komplexeTexte zu veranschaulichen. Die Fotogra-fien mssen jedoch deutlich sein und sichauf das gleiche Thema wie der Text be-ziehen. Eine einfache Fotografie kann eineUnmenge von Vorstellungen hervorrufen!Beachten Sie, wie die Fotografie gedrucktaussieht und versichern Sie sich, da sieauch gedruckt scharf und deutlich ist.

    Zeichnungen und IllustrationenIn manchen Fllen knnen Zeichnungen

    entspricht und ihren Lesefhigkeiten an-gemessen ist, ist es absolut notwendig,da es Menschen mit geistiger Behinde-rung oder Selbstbestimmungsgruppen vordem Druck lesen. Dies ist die einzige Mg-lichkeit, sicherzustellen, da Ihre Publika-tion den Bedrfnissen und FhigkeitenIhrer Zielgruppe entspricht und erhhtauerdem die Anzahl mglicher Leser.Falls Sie Schwierigkeiten haben, dies zuorganisieren, wenden Sie sich bitte an dieOrganisationen, die in Kapitel 9 aufgefhrtsind.

    Die Personen mit geistiger Behinderung,die Sie um Rat fragen, sollten gengendZeit haben, das Dokument zu lesen und zuverstehen, bevor Sie mit ihnen darberdiskutieren. Die Diskussion wird Klarheitdarber verschaffen, ob die Leser denInhalt des Textes verstehen. Sie wird ver-wirrende Begriffe oder Stze klren undmgliche weitere Fragen und Informations-bedrfnisse zum Thema aufwerfen.

    Schritt 5:Ergnzen Sie den Entwurf

    Versuchen Sie, Ihrem Text so viele derneuen Fragen und Ideen wie mglich hin-zuzufgen und ihn dort zu ndern, wo derInhalt nicht verstanden wurde. VersuchenSie, einige der Schlsselaussagen mitBildern, Zeichnungen oder Symbolen zuillustrieren (siehe auch Kapitel 6), um sieklarer zu machen.

    Schritt 6:berprfen Sie den Text noch einmal

    Wenden Sie sich nochmals an Ihre Leser-gruppe, nachdem Sie die nderungen vor-genommen haben und diskutieren Sie mitihnen den neuen Entwurf (einschlielichder Illustrationen etc.). Wenn die Leserden Text noch immer nicht verstehen oderunzufrieden sind, ndern Sie Ihn noch ein-mal. Diskutieren Sie ihn mit den Betroffe-nen so oft, wie es ntig ist.

  • 16

    Europische Richtlinien fr leichte Lesbarkeit

    die bessere Lsung sein. Sie mssen an-schaulich sein, um den Leser nicht zu ver-wirren. Eine Zeichnung, die sich auf dasHauptthema konzentriert, vermittelt pr-zisere Informationen als eine Fotografiemit zu vielen Details oder mit technischenMngeln. Es gibt viele clip-art-Standard-pakete und es ist durchaus mglich, da-raus Zeichnungen zu verwenden, um IhrenText zu veranschaulichen. Falls es die fi-nanzielle Mittel erlauben, ist es am besten,einen (einschlgig qualifizierten) Graphik-designer hinzuzuziehen. Dessen Original-zeichnungen knnen die wichtigstenPunkte in Ihrem Text veranschaulichen.

    SymbolsystemeSymbole sind eine allgemeinere und ab-straktere Art der Kommunikation. Sie be-stehen hauptschlich aus einfachenLinienzeichnungen, die Objekte, Hand-lungen oder Ideen darstellen und knnendazu verwendet werden, ganze Stze zukonstruieren. Ihre Bildhaftigkeit gibt in derRegel (aber nicht immer) einen Hinweisauf ihre Bedeutung. Es gibt sehr viele ver-schiedene Symbolsysteme und jedes hatseine eigene Sprachgemeinde. Es istunrealistisch, einer Person mit geistigerBehinderung eine Seite mit Symbolenvorzulegen und von ihr zu erwarten, dieSymbole zu verstehen. So wie Kinder, diegerade zu lesen beginnen, Worte lernenmssen, mu auch die Bedeutung vonSymbolen gelehrt werden.

    Deshalb ist es sehr wichtig, ein Symbol-system zu whlen, das bereits bekannt istund von der Zielgruppe Ihrer Publikationbeherrscht wird. Dies ist ein weitererGrund, whrend der Vorbereitung desDokuments Menschen mit geistiger Behin-derung hinzuzuziehen. Wenn Sie sichnicht ber das richtige Symbolsystem imklaren sind, knnen Sie sich zwecksweiterer Informationen an eine der Orga-

    nisationen wenden, die in Kapitel 9 dieserRichtlinien aufgefhrt sind.

    Wenn Ihre Publikation fr ein greresPublikum oder fr Menschen bestimmt ist,die kein Symbolsystem beherrschen, ist esvielleicht besser, nicht ein bestimmtesSystem zu verwenden, sondern einfache,leicht verstndliche Symbole fr dieSchlsselbegriffe des Textes auszuwh-len. Dies reicht oft aus, um die Bedeutungdes Textes zu veranschaulichen und kanngenauso effektiv sein wie die Verwendungeines Symbols fr jedes einzelne Wort.Wenn Symbole bekannt sind und regel-mig verwendet werden, sind sie vonunschtzbarem Wert fr die Schaffung vonzugnglichen Dokumenten. Sie sind in dengeschriebenen Text eingegliedert undmachen ein schriftliches Dokument sowohlfr Leser aus auch fr Nichtleser zugng-lich. Fotografien und Symbole knnenauch zusammen verwendet werden,insbesondere in lngeren Dokumenten.Dabei knnen Symbole fr den Haupttextund Fotografien fr die Darstellung vonPersonen oder Orten eingesetzt werden.

    Welche Methode Sie auch verwenden, umIhren Text zu veranschaulichen, es istwichtig, Menschen mit geistiger Behinde-rung - Ihre potentiellen Leser - zu fragen,ob die Illustrationen ihr Verstndnis derInformation, die Sie vermitteln wollen,vergrern.

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    Europische Richtlinien fr leichte Lesbarkeit

    7. Die Gestaltung von Publikationen

    Die Gestaltung eines Dokumentes kanneine groe Rolle dabei spielen, wie leichtlesbar es ist. Moderne Computer-Softwarebietet eine groe Auswahl von verschie-denen Stilen und Mglichkeiten der Ge-staltung von Publikationen. Jedoch kn-nen einige dieser Mglichkeiten dieDokumente schwerer lesbar machen, zumBeispiel ein weier Text auf einem farbi-gen Hintergrund oder die Verwendung vonverschiedenen Schrifttypen innerhalbeines Dokumentes.

    Um die Lesbarkeit zu verbessern, werdendie folgenden Richtlinien fr die Gestal-tung von Dokumenten empfohlen:

    Verwenden Sie niemals ein Bild alsHintergrund fr den Text. Dies kann dasLesen des Textes deutlich erschweren.

    Versuchen Sie, nur einen Satz in einerZeile unterzubringen.Wenn dies nicht mglich ist, versuchenSie, einzelne Satzteile in einer Zeileunterzubringen oder den Satz dort aufeinzelne Zeilen umzubrechen, wogewhnlich Sprechpausen gemachtwerden, z.B.:

    Es ist wichtig,da behinderte Menschen

    fr sich selbst sprechen.Wenn sie das nicht knnen,sollten ihre Eltern fr sie sprechen.

    Setzen Sie Stze nicht auf einerfolgenden Seite fort.

    Versichern Sie sich, da die Illustratio-nen scharf sind. Achten Sie auf dieQualitt der Fotografien in gedruckterForm. Wenn Sie ein Fotokopiergertzur Vervielfltigung benutzen, sollte dieKopie als Rasterbild gedruckt werden.

    Das Papier sollte matt sein und vonguter Qualitt. Dies gibt einen gutenKontrast. Glnzendes Papier reflektiertdas Licht. Vermeiden Sie Papier, das zudnn und nicht gengend lichtundurch-lssig ist, da ansonsten der Text deranderen Seite des Blattes durchscheint.

    Fllen Sie das Blatt nicht mit zu viel In-formation.Die Gestaltung und der Textflu solltedie Struktur des Textes untersttzen.Wenn der Text eine neue Idee vorstellt,erwgen Sie, eine neue Seite zu be-ginnen. Der Text sollte logisch aufge-baut sein und nicht auf der Seite hin-und herspringen oder ein paar Seitenspter weitergehen.

    Verwenden Sie nicht mehr als zweiSchrifttypen. Sie knnten einenSchrifttyp fr den Text und vielleichteinen anderen fr die berschriftenverwenden.

    Verwenden Sie deutliche Schrifttypen.Ein deutlicher Schrifttyp sollte bevorzugtwerden, z.B. Arial, Helvetica oder TimesNew Roman.

    Verwenden Sie groe Schrifttypen.Die Buchstaben sollten nicht zu kleinsein: 14 Punkt ist das empfohlene Mini-mum fr Menschen mit Sehbeeintrchti-gungen.

    Seien Sie vorsichtig mit der Hervorhe-bung von Textstellen. Verwenden Siekeine Block-Grobuchstaben oderKursivschriften im Text. Verwenden SieFettdruck oder Unterstreichungen zurHervorhebung.

    Verwenden Sie, wenn mglich, Farbenfr Bilder, Ksten usw.

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    Europische Richtlinien fr leichte Lesbarkeit

    Die Bedrfnisse und Fhigkeiten von Men-schen mit geistiger Behinderung variierensehr, und leicht lesbares Material wirdnicht allen zugnglich gemacht werdenknnen, insbesondere nicht denen, dieberhaupt nicht lesen knnen. Manchmalmchten Sie vielleicht Informationen inmehr als einer Weise vermitteln, um eingreres Publikum zu erreichen. Imfolgenden werden die wichtigsten alter-nativen Formen vorgestellt.

    Es ist unmglich, hier die Vorteile andererFormen vollstndig aufzufhren oder aus-fhrliche praktische Hinweise zu derenHerstellung zu liefern. Dennoch knnten

    8. Andere Formen - Hrkassetten, Videos, interaktive Medien

    Verwenden Sie niemals inversivenDruck (hellen Text auf dunklemHintergrund). Dunkle Schrift auf hellemPapier ist am lesbarsten.

    Verwenden Sie berschriften undandere Navigationshilfen.

    Verwenden Sie keinen Blocksatz.Ein flatternder (ausgefranster) rechterRand macht eine Textspalte lesbarer.

    Trennen Sie lange Worte am rechtenRand des Textes nicht. Halten Sie dieWorte zusammen.

    Zahlen- Schreiben Sie Daten voll aus:

    Sonntag, den 26. September 1998- Telefonnummern sollten aufgeglie-

    dert werden: 034-22.33.44 oder 034-22 33 44

    - Verwenden Sie immer die Zahl selbstund nicht das entsprechende Wort -auch fr Zahlen unter 10. ZumBeispiel 3, 67, 239.

    - Verwenden Sie niemals rmischeZahlen.

    Beachten Sie ebenfalls die folgendenpraktischen Hinweise:

    Um eine groe Verbreitung Ihrer Ver-ffentlichung sicherzustellen, verwen-den Sie ein Format, das leicht zukopieren ist (z.B. A4 oder A3 gefaltet)und schrnken Sie die Verteilung nichtdurch ein Copyright ein.

    Vergessen Sie nicht, ein Datum auf IhreVerffentlichung zu setzen.

    Alle leicht lesbaren Verffentlichungensollten auf der Titelseite deutlich als sol-che kenntlich gemacht werden, so daKunden sie sofort erkennen knnen.

    Wenn Sie Ihre wichtigsten Aussagenbesonders hervorheben wollen, knntenSie das Blatt in der Mitte als Poster ge-stalten. Dieses Blatt kann dann aus derVerffentlichung herausgenommen und alsstndige Botschaft oder Erinnerungaufgehngt werden.

    einige der Empfehlungen der letztenKapitel hilfreich fr die Herstellung leichtverstndlichen Materials in anderenFormen sein.

    HrkassettenHrkassetten knnen leicht hergestelltund kopiert werden. Somit sind sie einegute Alternative zur Herstellung vonMaterial fr Menschen, die nicht lesenknnen. Die meisten Personen oderFamilien besitzen einen Kassettenre-corder, und so ist es gewhnlich leichtfr alle, sich eine Kassette anzuhren.Kassetten werden hufig von Gruppenvon Menschen mit geistiger Behinde-

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    Europische Richtlinien fr leichte Lesbarkeit

    rung gehrt, was schnell zu einem Ge-sprch in der Gruppe fhrt und Gruppenbzw. Einzelpersonen helfen kann, Ideenzum Handeln zu entwickeln.

    Der Text auf den Kassetten sollte denVorschlgen dieser Richtlinien folgen.Beim Strukturieren des Inhalts ist eswichtig, hnliche Themen zusammen zugruppieren. Der Sprecher/die Spreche-rin sollte in einem gemigten Temposprechen, weder zu schnell noch zulangsam, und kurze Pausen zwischenden Stzen einlegen. Bei lngeren Tex-ten ist es sinnvoll, mehr als eine Stim-me einzusetzen und den Text mit Musikoder Klangeffekten zu unterbrechen.Fr weitere Informationen ber leicht zuverstehendes Material auf Hrkassettensehen Sie auch die COTIS-Richtlinien.

    Eine leicht lesbare und illustrierte Ver-ffentlichung mit einer Hrkassette zukombinieren, kann das Verstndnis undFeedback erhhen und InformationenMenschen mit geistiger Behinderungsehr viel zugnglicher machen.

    VideosVideos sind eine ausgezeichnete Alter-native zur Informationsvermittlung frMenschen mit geistiger Behinderung.Die Verbindung von visueller und ge-sprochener Information kann sehr hilf-reich sein und die Menschen erreichen,die groe Probleme beim Lesen undVerstehen eines Textes haben.

    Obwohl die Herstellung eines Videosvon guter technischer Qualitt nochimmer ein greres Unterfangen ist undam besten kommerziell durchgefhrtwerden sollte, haben Organisationenimmer mehr Mglichkeiten, ihre eigenenVideos zu produzieren und dabei dieneuen Digitaltechnologien anzuwenden.Die wichtigsten Aspekte bei der Pro-

    duktion von Videos sind ein klares undlogisches Drehbuch und eine nicht zuschnelle Folge des Textes und derBilder.

    Interaktive MedienViele Dienste fr Menschen mit geisti-ger Behinderung verwenden Computer,und eine steigende Anzahl von Haus-halten verfgt heute ebenfalls bereinen PC und hat Zugang zum Internet.Dies bedeutet, da interaktive Medienmit ihren sich bewegenden Bildern,Geruschen und Texten ebenfalls eineausgezeichnete Mglichkeit fr die Ver-mittlung von Informationen sind, aberauch von immer grerer Bedeutung frdie Zukunft werden. Positiv ist, dainteraktive Medien leicht den funktiona-len Mglichkeiten des Nutzers ange-pat werden knnen. Die Entwicklungvon interaktiven Medien fr Menschenmit geistiger Behinderung befindet sichnoch in einem frhen Stadium und isthauptschlich auf Lernsoftware be-schrnkt. Die Entwicklung von Informa-tionsangeboten unter Verwendung voninteraktiven Medien sollte in direkterZusammenarbeit mit den Nutzern undden sie untersttzenden Organisationunternommen werden.

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    Europische Richtlinien fr leichte Lesbarkeit

    Der WfB-Vertrag nach dem Muster derBundesarbeitgemeinschaft WfB, illustriertund in leicht verstndlicher Fassung.Lebenshilfe-Verlag, Marburg, lieferbarvoraussichtlich ab Herbst 1998 (alsillustrierter Text bzw. CD oder Diskette)

    Maurer-Morgenstern, Monika [Hrg.]: DieBananenschale war sein Glck. 26 Ge-schichten von Liebe und Leid. Mainz [jetzt:Berlin]: Gesellschaft Erwachsenenbildungund Behginderung 1995. 111 Seiten.

    Bundesvereinigung Lebenshilfe: Magazinder Lebenshilfe-Zeitung. Marburg.Erscheint dreimal jhrlich.

    Diakonisches Werk der EvangelischenKirche in Deutschland: Bunter Bilder Brief.Zeitschrift fr Menschen mit geistigerBehinderung. Berlin: verbum Druck undVerlags-Gesellschaft (vierteljhrlich).

    Eltern fr Integration [Herausgeber];Annemarie Sellin: Bunter Vogel. Zeitschriftfr gesttzte Kommunikation. Berlin.

    Friedrich, Erhard [Hrg.]: Zusammen: Mate-rial. Innenhefter in der Zeitschrift Zusam-men. Seelze: Friedrich Verlag (monatlich).

    Richtlinien fr leicht lesbares Material.Zusammengestellt von B. Tronbacke.Hrg.: IFLA Headquarters. IFLA Profes-sional Report No. 54. The Hague 1997ISBN Nr. 90-70916-64-9(Die IFLA-Richtlinien sind erhltlich inEnglisch, Spanisch, Deutsch und Russischbei IFLA Headquarters,Prins Willem-Alexanderhof 5, 2595 BEThe Hague, Niederlande. Tel.: +31 703140 884, Fax: +3103834 827, e-mail: [email protected])

    Europische Vereinigung der ILSMH:Aktualisierte Liste von leicht lesbarem Ma-terial in den offiziellen EU-Sprachen.Erhltlich bei: ILSMH-EA, Galeries de laToison dOr, 29 Chausse dIxelles, #393/35, B-1050 Brssel

    COTIS - Richtlinien fr HrkassettenCOTIS (Confederation of Tape InformationServices), 67 High Street, Tarporley,Cheshire CW6 0DP tel: 01829 733351

    Organisationen

    Bundesvereinigung Lebenshilfe frMenschen mit geistiger BehinderungPostfach 70 11 63D-35020 MarburgTel.: ++49-6421-491-0Fax: ++49-6421-491-167

    Lebenshilfe sterreichDachverband fr Menschenmit geistiger und mehrfacher BehinderungSchnbrunner Strae 179A-1120 WienTel.: ++43-1-812 26 42 0Fax: ++43-1-812 26 42 85

    Easy-to-Read StiftungBox 403510261 StockholmSchwedenTel.: +46-8-640 70 90Fax: +46-8-642 76 00e-mail: [email protected]: http://www.llstiftelsen.se

    Linstitut Roeher InstituteKinsmen Building, York University4700 Keele StreetNorth York, OntarioKanada M3J 1P3Tel.: +1 416 661-9611Fax: +1 416 661-5701

    9. Referenzen und Kontaktadressen

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    Diese Verffentlichung wurde untersttzt vonder Kommission der EuropischenGemeinschaften, DGV-E-4, Integrationbehinderter Menschen.

    Mitgliedsvereinigungen der EuropischenVereinigung der ILSMH aus acht Staaten derEuropischen Union erklrten sich bereit,diese Verffentlichung in die offiziellenSprachen der Union zu bersetzen. Wirdanken ihnen fr ihre Arbeit. Schlielichmchten wir Tina Detheridge von WidgitSoftware Ltd. fr ihren professionellen Ratdanken.

    Diese Richtlinien sind in allen offiziellenSprachen der Europischen Union erhltlich:Dnisch, Deutsch, Englisch, Finnisch,Franzsisch, Niederlndisch, Italienisch,Portugiesisch, Spanisch und Schwedisch.Exemplare knnen bestellt werden bei

    Europische Vereinigung der ILSMHGaleries de La Toison dOr29 Chausse dIxelles #393/351050 BrsselBelgien

    ISBN 2-930078-12-X

    Druck: CERCICA, eine Kooperative frMenschen mit geistiger Behinderung inCascais, Portugal

    Europische Vereinigung der ILSMH 1998

    Diese Publikation darf unter Angabe derQuelle unentgeltlich kopiert und vervielfltigtwerden.