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Sonderdruck aus bbr Fachmagazin für Brunnen- und Leitungsbau, Ausgabe 2/2007 Sanierung eines Tiefbrunnens der MVV Mannhein Dipl.-Ing. Peter Melzer Dipl.-Ing. Rüdiger Mess Dipl.-Ing. Lutz-Peter Nolte Tiefbohr-Ing. Bernd Pfeiffer Zentrale Hamburg Randersweide 1 21035 Hamburg Tel. 0 40 / 73 59 56 - 30 Fax 0 40 / 73 59 56 - 40 / - 66 Büro Grimmen Zum Rauhen Berg 3 18507 Grimmen Tel. 03 83 26 / 41 09 Fax 03 83 26 / 4 66 22 Büro Rauda Am Fuchsgraben 2 07613 Rauda Tel. 03 66 91 – 83 95 07 Fax 03 66 91 – 83 95 06

Sanierung eines Tiefbrunnens der MVV Mannhein · • Zeitversetzte Herstellung von zwei Erosions-Perforationsebenen in Höhe der Gebirgstonschichten, wobei der ... folge der Perforation

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Sonderdruck aus bbr Fachmagazin für Brunnen- und Leitungsbau, Ausgabe 2/2007

Sanierung eines Tiefbrunnens der MVV Mannhein

Dipl.-Ing. Peter Melzer Dipl.-Ing. Rüdiger Mess Dipl.-Ing. Lutz-Peter Nolte Tiefbohr-Ing. Bernd Pfeiffer

Zentrale Hamburg Randersweide 1 21035 Hamburg

Tel. 0 40 / 73 59 56 - 30 Fax 0 40 / 73 59 56 - 40 / - 66

Büro Grimmen Zum Rauhen Berg 3

18507 Grimmen Tel. 03 83 26 / 41 09

Fax 03 83 26 / 4 66 22

Büro Rauda Am Fuchsgraben 2

07613 Rauda Tel. 03 66 91 – 83 95 07 Fax 03 66 91 – 83 95 06

Sonderdruck aus 02/2007 2

D as Müllheizkraftwerk Mann-heim der MVV Energie AG ge-winnt das Rohwasser zur Er-

zeugung des Kesselspeisewassers aussechs Tiefbrunnen. Bei Untersuchun-gen des mittleren Grundwasserleitersauf der Friesenheimer Insel ergabensich Hinweise auf Brunnenundichtig-keiten. So zeigten Isotopenuntersu-chungen der Rohwässer einen Zuflussjungen Grundwassers aus dem oberenGrundwasserleiter in den mittleren Horizont an. Anhand der Rohwasser-analysen der einzelnen Brunnen wurdeein Tiefbrunnen als möglicher Verur-sacher lokalisiert. Es musste geschluss-folgert werden, dass die Verunreini-gungen über die undichte Zementation(Abb. 1a) zwischen Bohrloch (Ø 1.200mm) und Sperrrohr DN 800, oder aberüber Leckagen in den Stahlrohren DN800 in den Brunnen gelangten. ZumErhalt der vollen Funktionstüchtigkeitdes Brunnens waren demnach Abdich-tungsstrecken sowohl im äußeren (Ge-birge zum Stahlrohr DN 800) als auchim inneren Ringraum (Stahlrohr DN800 zum Brunnenaufsatzrohr DN 400,stahlbeschichtet) herzustellen.

Sanierungskonzept

Nach Abstimmung mit dem zuständi-gen Regierungspräsidium Karlsruheüber die weitere Vorgehensweise wur-de unter verschiedenen Angeboten zurSanierung ein Vorschlag der FirmaNBB, Hamburg, favorisiert. Dieseschlug ein Sanierungsverfahren vor,das bereits bei mehreren Objekten er-folgreich angewandt worden war undsich als relativ kostengünstig darstell-te (Abb. 1b). Im Detail waren folgendeArbeitstakte vorgesehen:

• Brunnenuntersuchung mittels geo-physikalischer Messverfahren (GGD,

NN, SGL, Cal) und eine TV-Befah-rung

• Zeitversetzte Herstellung von zweiErosions-Perforationsebenen in Höheder Gebirgstonschichten, wobei derErosionsstrahl beide Rohrtouren (DN400 und DN 800) und in der unterenEbene zusätzlich auch noch den Ze-mentmantel durchdringen sollte

• Verpressen einer definierten MengeTon-Zement-Suspension (z. B. Bru-toplast) über ein Doppelpackersystemin die Ringräume zur Herstellung ei-ner wirksamen Nachdichtung

• Abdecken und Abdichten der Perfo-rationslöcher in den Brunnenauf-satzrohren mittels patentierter Edel-stahlmanschetten

• Belegmessungen und Zustandskon-trollen im Brunnen

Durchführung

Am 10. Januar 2006 wurden die ge-nannten Arbeiten aufgenommen. Dieuntere Perforation bei ca. 40,4 m u.GOK verlief aus „übertägiger“ Sichtund Kontrolle normal. Beim Ausbaudes Perforators (Abb. 2) klemmte die-ser bei ca. 30 m u. GOK fest, konntenach unten jedoch frei bewegt werden.Bei den letztendlich erfolglosen Versu-chen, den Perforator auszufahren, wur-de festgestellt, dass die Ringraum-verfüllung zwischen den Rohren DN800 und DN 400 im oberen Bereichnicht mehr vorhanden war und dieBrunnenrohre DN 400 oben frei be-wegt werden konnten. Da offensichtlichein Kollaps der Brunnenrohre den Aus-bau des Perforationsstranges verhin-derte, der Perforator aber nach untenfrei war, wurden die Rohre DN 400 beiTeufe 42,5 m komplett aberodiert undzusammen mit dem Perforationsstrangausgebaut (Abb. 3). Das restliche Hin-terfüllmaterial lief dabei in den Brun-

nen und verursachte temporäre Pro-bleme beim Ausbau, da der „Sandspie-gel“ im Brunnen anfangs über derRohrschnittstelle lag.

Zwischenbilanz,

Ursachenforschung

Nach dem Ausbau der abgetrenntenBrunnenrohre zeigte sich, dass einekomplette Rohrlänge (ca. 25–30 m u.GOK) zwischen den Rohrverbindernstark deformiert war (Abb. 1c + 4 + 5)

und den Perforationsstrang einge-klemmt hatte. Die nachfolgend durch-geführte Lotung erbrachte eine Auf-landung im Brunnen bis ca. 38 m u.GOK. Die Deformation des Brunnen-rohres ist nur so erklärlich, dass es in-folge der Perforation zu einer schlag-artigen Setzung der im Ringraum vor-handenen Verfüllung gekommen seinmuss. Die nachrutschende Ringraum-verfüllung erzeugte einen Druckstoßund deformierte die BrunnenrohreDN 400. Bei diesen Rohren handelte essich um gerollte Blechrohre mit 5 mmWandstärke nach DIN 4922. In Ab-stimmung mit der MVV-Projektlei-tung wurden die Arbeiten am 12. Januar 2006 unter Sicherung der Bau-stelle und der Maßgabe, ein Sanie-rungskonzept zu erarbeiten, vorüber-gehend eingestellt.

Konzept zur Erreichung

des Auftragszieles

Grundlage der Überlegungen warendie folgenden Bedingungen bzw. An-nahmen:

• Der Brunnen als Bauwerk war durchdie verbliebenen Rohre DN 400 sowiedie Sperrrohrtour DN 800 gesichert.

• Die untere Perforation war hergestellt,die obere musste noch durchgeführtwerden.

Sanierung eines Tiefbrunnens der MVV MannheimBrunnenundichtigkeiten ■ Anhand der Rohwasseranalysen einzelner Brunnen wurde ein Tiefbrunnen als möglicher Verursacher für Grundwasserverunreinigungen lokalisiert. Zum Erhalt der vollen Funktionstüchtigkeit des Brunnens waren Abdichtungsstrecken sowohl im äußeren Ringraum als auch im inneren Ringraum herzustellen.

3Sonderdruck aus 02/ 2007

Abb. 1 Zusammenfassende Darstellung zur Sanierung eines Tiefbrunnens der MVV, Mannheim

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4Sonderdruck aus 02/ 2007

genommen. Die Arbeitstakte (a) und(b) wurden planmäßig durchgeführt.Im Rahmen der nachfolgenden TV-Kontrolle musste festgestellt werden,dass die Erosionsperforation die Stahl-rohre DN 800 nur unzureichend geöff-net hatte. Die Perforation wurde des-halb als Schussperforation von 40,5 bis39,0 m u. GOK wiederholt. Da derBrunnen in der Nähe von Gashoch-

Abb. 2 Hydraulischer Perforator vor demEinbau in den zu sanierenden Brunnen

Abb. 3 Hydraulisch hergestellter Rohrschnitt des Brunnenrohres DN 400 Stahl

• Der komplette Filter und auch dieAufsatzrohre sind bis ca. 38 m u. GOKmit Sand verfüllt.

• Die Herstellung einer Ringraumver-pressung über Doppelpacker ist durch-messerbedingt nicht mehr möglich.

Auf dieser Basis wurden mit dem Auf-traggeber die weiteren Arbeitsschrittefestgelegt:

a) Herstellen der oberen Perforations-zone von 34 bis 31 m und GOK mit-tels Schusstechnik (13 Schuss/m)

b) Freilegen des Rohrkopfes DN 400und Absaugen des zugehörigen Ring-raumes bis ca. 44 m u. GOK mittelsMammutpumpe

c) TV-Kontrolle der Rohre DN 800einschließlich der Perforationszonenund des Rohrkopfes

d) Installation einer Einschubverroh-rung 406,4 x 8 mm (Außendruckfes-tigkeit 32 bar) mit integrierter „Fuß-tulpe“ DN 600

e) Abdichten des neuen Ringraumesvon 44 bis ca. 41 m u. GOK (Fuß-zementation)

f) Vorbereitung des Ringraumab-schlusses DN 800 x DN 400 ein-schließlich eines Verpressstutzens

g) Steigende Auffüllung des gesamtenoffenen Ringraumes mit einer Ton-Zement-Suspension

h) Verpressen der Suspension über denim oberen Bereich des Brunnen- Abb. 4 Zusammengedrückte Brunnenrohre DN 400 aus Stahl nach Ausbau

kopfes geschlossenen inneren Ring-raum durch die Perforationsöff-nungen in den äußeren Ringraum

i) Absaugen der Auflandung bis zurEndteufe

Realisierung

Nach Lieferung bzw. Herstellung allerbenötigten Materialien wurden die Ar-beiten am 14. Februar 2006 wieder auf-

druckleitungen liegt, musste die aus-führende Firma vorher den Nachweiserbringen, dass die verwendeten Hohl-ladungen die Gashochdruckleitungennicht beeinträchtigen können.

Der Einbau des Inliners gelang ohnetechnische Probleme. Der innere Ring-raum wurde steigend vollständig auf-gefüllt. In den äußeren Ringraum wur-den ca. 1,6 m2 Suspension verpresst,was bei einem angenommenen Poren-volumen von 25 Prozent ca. 10 mDichtstrecke im Ringraum entspricht.Das Entsanden des Brunnens gestalte-te sich zeitaufwändig, aber problemlos.Da die abschließende TV-Belegkon-trolle Reste der abgerutschten Ring-raumverfüllung in den oberen Filter-schlitzen zeigte, wurde der Brunnenabschließend einer HD-Reinigung un-terzogen. Der Ist-Zustand des Brun-nens ist in Abbildung 1d dargestellt.

Resümee

Die positiven Erfahrungen der FirmaNBB mit Ringraumverpressungenüber perforierte Brunnenrohre warenAnlass, im vorliegenden Fall demAuftraggeber dieses Verfahren vorzu-schlagen.

Im Rückblick ist festzuhalten, dass beiArbeiten an vorhandenen älteren Bau-werken unvorhersehbare Ereignisseeintreten können. In diesem Fall muss-te nach dem Aussaugen des in denBrunnen eingelaufenen Hinterfüll-materials festgestellt werden, dass dieKörnungsangaben in der Dokumenta-tionszeichnung nicht mit dem tatsäch-lich eingebrachten Material überein-stimmten. Es war wesentlich feineres,z. T. schluffiges Material in den Ring-raum verfüllt worden, das durch diePerforationslöcher in den Brunnenauslaufen konnte.

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Die Firma NBB hat im Rahmen ihrerVerantwortung bei dem Vorhabenschnell und umfassend reagiert, sodassdie Sanierung letztlich noch erfolgreichabgeschlossen werden konnte. Der Er-folg der Maßnahme beruht neben derErfahrung des Auftragnehmers auchauf der guten unbürokratischen Zu-sammenarbeit mit dem Auftraggeber,die schnelle operative Entscheidungenals Reaktion auf unvorhergesehene Ge-schehnisse möglich machte. So konn-te trotz der nicht unerheblichen „Über-raschungen“, die den ganzen Sanie-rungserfolg zeitweilig in Frage stellte,der MVV Umwelt GmbH ein gut sa-nierter, stabiler Brunnen zur langfri-stigen Nutzung wieder übergeben wer-den. Die nachfolgende Isotopenunter-suchung hat für den sanierten BrunnenGehalte jungen Grundwassers gezeigt,die dem normalen Gehalt im mittlerenGrundwasserleiter der FriesenheimerInsel entsprechen.

Die realisierte Sanierungsvariante stelltaus Sicht von NBB keine Notlösungdar, sondern erfüllt voll und ganz diegeforderten Aufgaben und ist in eini-gen Punkten (z. B. Rohrstabilität, ver-dämmter innerer Ringraum) besser alsursprünglich geplant. Aus Auftrag-gebersicht ergibt sich die Erkenntnis,dass bei der Kostenberechnung für ei-ne solche Maßnahme zukünftig nichtnur der Fall des Gelingens, sondernauch der Fall des Misslingens berück-sichtigt werden sowie eine Risikoab-wägung erfolgen muss. Auch ein Total-verlust des Brunnens muss in die Über-legungen einfließen.

Alle Abb.: NBB NORD; außer Abb. 2: HWW

Sonderdruck aus 02/ 2007

Abb. 5 Durch Nachfall der Ringraumverfüllung zusammengedrücktes BrunnenrohrDN 400 Stahl

Autoren:

Dipl.-Ing. Peter Melzer

MVV Energie AG

Luisenring 49

68159 Mannheim

Tel.: 0621 290-2153

Fax: 0621 290-2606

E-Mail: [email protected]

Internet: www.mvv.de

Dipl.-Ing. Lutz-Peter Nolte

Tiefbohr-Ing. Bernd Pfeiffer

NBB NORD Bohr und Brunnenbau GmbH

Randersweide 1

21035 Hamburg

Tel.: 040 735956-30

Fax: 040 735956-40

E-Mail: [email protected],

[email protected]

Internet: www.nord-bb.de

Dipl.-Ing. Rüdiger Mess

MVV O&M GmbH

Luisenring 49

68159 Mannheim

Tel.: 0621 290-4609

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E-Mail: [email protected]

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