23
9W91qOJd pun U9l>tB,:j :SBWU>t S9J9SUn ijun>tnz 9!a UUOa NHOld ·H 8L. £/" l<lWOJd SnIl :l[:lrupql!l<lpUOS I , /

:SBWU>t S9J9SUn ijun>tnz 9!a 9W91qOJd pun U9l>tB,:j · 2 Wechselwirkungen im klimatischen System . 2.1 Die Rolle des polaren Treibeises 2.2 Das El Nino-Phanomen . 2.3 Kontinentale

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: :SBWU>t S9J9SUn ijun>tnz 9!a 9W91qOJd pun U9l>tB,:j · 2 Wechselwirkungen im klimatischen System . 2.1 Die Rolle des polaren Treibeises 2.2 Das El Nino-Phanomen . 2.3 Kontinentale

9W91qOJd pun U9lgttBj SBWUgtt S9J9SUn ijungttnz 9a

UUOa bullNHOld middotH

8L pound lltlWOJd SnIl l[lrupqllltlpUOS

I

f

H FLOHN Bonn

Die Zukunft unseres Klimas Fakten und Probleme

Inhaltsiibersicht

1 Klima und klimatische System

2 Wechselwirkungen im klimatischen System

21 Die Rolle des polaren Treibeises 22 Das El Nino-Phanomen 23 Kontinentale EisschiJde

3 Natiirliche Ursachen der Klimaschwankungen

31 Variabilitat der Sonnenstrahlung 32 Vulkaneruptionen

4 Anthropogene Ursachen die Rolle der Eingriffe des Menschen

41 Energiezufuhr und Luftverschmutzung 42 Kohlendioxid und Spurengase 43 Die Albedo und das Wiistenproblem

5 Das Problem der Klimavorhersage Stand und Aufgaben

51 Modellrechnungen 52 Zur Frage der Vorhersagbarkeit

6 Warmphasen in der Klimageschichte

61 Friihmittelalterliche Warmeperiode 62 Die holozane Warmeperiode vor6000 (bzw 4000) Jahshy

ren 63 Letztes Interglazial Eem-Warmzeit 120000 vh 64 Eisfreie Arktis vereiste Antarktis (12 - 25 Mill vh)

7 Kaltphasen in der Klimageschichte

71 Kleine Eiszeit (1550-1850) 72 Ubergang zu einer Eiszeit

8 WahrscheinJichkeit und Risiken Die Rolle der Energieshypolitik

50 10 12~St ratosphere 100 -SOOd 200~$ ~M C lt~ 1H M TROPOPAUSE Conti nental

TIce ITroposphere 4-a d A I AlIt

RH R HE REHM REHM P I I PJM IP 1 11000

-60 01 oc

Forest

sJr-l-r-________3I[___ I9~1~~ors---ba rl~05Pa) Upper Mixed Layer 60-~00d r SOil~5-20d --------- 40 11

THERIo40C L I He I HIiIP Groundwa1erRunoff i 0-104years

1 100Deep Ocean 1500 years I W I I I

37 bull 1 14000o 20e

II( ~ Weak Interact ion R = Radiation M= Momentum lt gt Strong bull H = Hea t P=Particles Gases ~ Very S1rong E = Evapora1 ion

Abb 1 Das klimatische System mit seinen Wechselwirkungen charakteristische Zeitskala der Untersysteme

interannuellen Schwankungen die eine physikalischdie Subsysteme Atmosphiire Ozean Schnee und Eis begriindete Langfristvorhersage so auBerordentlich erschweshysowie die obersten Bodenschichten und die Vegetation ren (s Abschnitt 2) Diese kann nur auf einer umfassenden (Biosphiire) die untereinander in Austausch in WechselshyBehandlung des Gesamtsystems aufgebaut werden sei es wirkung stehen Auch diese Zusammenhiinge waren intuitiv auf rein theoretischer Grundlage auf statistisch-dynamishyschon A v HUMBOLDT bekannt der von dem perpeshyscher oder auf empirischer Basis die bisher tiblichen Meshytuierlichen Zusammenwirken der Meeresfliiche und der thoden verwenden hochstens Ansatze in ganz rudimentashywarmestrahlenden Erde die nackt oder mit Wald rer Form Leider gibt es in keiner Sprache eine Bezeichshybedeckt ist spricht Die Subsysteme dieses klimatischen nung filr den speziellen Witterungsablauf einer Jahreszeit Systems gehorchen verschiedenen Zeitkonstanten die wir oder eines Jahres - unser Begriff Witterung flir denzT mi ttels Autokorrelationskoeffizienten am festen Ort es zB im Englischen keine Aquivalenz gibt gilt doch zT mittels der Verweilzeit bestimmter Stoffe abschatzen nur flir Zeitraume von 3 Tagen bis zu ca 3 Monaten Hiershykonnen wiihrend das Gedachtnis der Troposphare bei in liegt eine Wurzel der oft beklagten Vieldeutigkeit4- 8 Tagen liegt das der oberen Mischungsschicht der des Begriffs Klima der eben diese (haufig gruppenwei-Ozeane bei ebensoviel Monaten ergibt sich die Verweilshy

1 Klima und klimatisches System

Seit Beginn einer wissenschaftlichen Betrachtung verstehen wir unter Klima das zeitliche Integral iiber das ganze Wechshyselspiel des Wetters wie es der Beobachter am festen Ort erlebt die Gesamtheit der Witterungen (HANN 1883) oder aile Veriinderungen in der Atmosphiire die un sere Organe merklich affizieren (A v HUMBOLDT 1845) GroBraumige Advektionsvorgange fOOren uns Luftmassen herbei die noch vor 1 - 2 Tagen tiber dem warmen Meer der Biskaya tiber dem Eismeer bei Gronland Island 6der im Winter tiber den Schneefeldern Rumands gelegen haben sie bringen tiber die turbulenten Austauschshyvorgange physikalische Eigenschaften dieser Unterlagen mit die die Atmosphare standig modifizieren Diese ortsshyfesten modijizierenden Einfliisse sind zusammengefaBt in dem Begriff des klimatischen Systems in dem sich aIle klimagenetischen Vorgiinge abspielen (Abb 1) Es umfaBt

km

zeit eines Eiskristalles in einer Treibeisscholle zu 1 - 5 Jahshyren in einem kontinentalen Eisschild (Groniand Antarkshytika) zu 104

- 106 Jahren Die Verweilzeit eines Wassershydampfmolekii1s in den oberen Stockwerken des Bodens laBt sich mittels radioaktiver Isotope auf einige Wochen im Grundwasser je nach Tiefe zu einigen Jahren oder gar (bei Anteilen fossilen Grundwassers) zu einigen 104 Jahshyren schatzen Die ozeanischen Tiefenschichten mit Verweilshyzeiten von 1000 - 2000 Jahren stehen nur an wenigen Stellen (am Rande der antarktischen Schelfeise im Raume Island -Gronland) im Austausch mit der oberen Mischungsshyschicht wahrend sonst tiberall ein System von Dichteshysprungschichten (Thermokline) die Durchmischung fast vollstandig verhindert Ein solches Reglersystem dessen wechselseitig gekoppelte Glieder so verschiedene zeitlichshyriiumliche Dimensionen haben erzeugt in seinem Ablauf fortwahrend Schwankungen das ist offenbar eine Hauptshyursache der Variabilitiit unseres Klimas vor allem der

mblh Pal

2

se auftretenden) Anomalien von der Zeitdauer einiger vor allem abrupte Dbergange und GleichgewichtsstOrungen Monate bis wenige Jahre mit umfaf~t llnd nur fUr Zeitraushy mit einer Zeitskala in der Gro6enordnung von 100 Jahshyme von lahrzehnten anwendbar ist Ahnliches gilt auch reno Hier in diesem fast intransitiven Verhalten (LOshyfiir jede Modellierung des Klimas da wir das komplexe RENZ) liegt das eigentliche Problem der Klimatologie Verhalten des Ozeans mit seinen zahlreichen Wirbeln (mit das nur einer interdisziplinaren Betrachtung unter voller einelll DurdlllleSSer von 100 - 300 km und einer Lebensshy Berticksichtigung der allzulange vernachlassigten historishydauer von mehreren Monaten) noch keinesfalls genUgend schen Aspekte zuganglich ist Hier mtissen die Ergebnisse genau kennen sind die bisher vorliegenden Modelle der vielen beteiligten Wissenschaften (zB Ozeanographie deren eindrucksvolle Ergebnisse meist auf der Annahme Glaziologie Okologie Geologie und Geophysik der festen konstanter Ozeantemperatur beruhen und damit jede Erde aber auch einiger hlstorischer Disziplinen) berUcksichshyWechselwirkung ausschalten noch nicht in der Lage tigt werden jede Besehrankung auf die Physik der Atshydas heutige Klima mit seinen jahreszeitIichen Schwankunshy mosphare (so wichtig sie ist) ftibrt notwendig zu partieller gen in genUgend feiner (regionaier) Auflosung zu erfassen Kurzsich tigkeit (s Absehn 51)

An dieser Stelle sollte ein Wort tiber die heute wieder vielshyEin solches Reglersystem das mi t ganz verschledenen fach ubliche Suche nach Perioden gesagt werden (Abb 2) Dbersetzungen (=Zeitkonstanten) mit nicht ausgewuehteshy Diese nach Einftibrung des Computers wieder neu aufgeshyten Sehwungradern (=quasiperiodische Vorgange) und mit lebte Suche ist offensichtlich zum Scheitern verurteilt einer Anzahl hoehst wirksamer Rtickkopplungen - teils Denn in dem uns interessierenden Bereich von 1 100 verstarkend teils dampfend - arbeitet erzeugt notwenshy Jahren gibt es keine wirklich durchlaufenden Perioden mit dig einen von Jahr zu Jahr variablen Ablauf Man kann genUgend hohem Anteil an der gesamten Varlanz (Abb 2) diesen als statistisches Rauschen auffassen - das ist die auch die vielfach fur kUrzere oder tangere Zeit in regional Betrachtungsweise der klassischen Klimatologie die die begrenzten Absehnitten nachgewiesenen Perioden (bevorshyindividuellen Vorgange die Witterungsanomalien vernaeh- zugte Langen ca 26 Monate 5 11 und 22-23 Jahre)

~assigt Gerade diese Extreme die sich seit etwa 1960 ahnshy enthalten entweder einen zu kleinen Antell an der Varianz r-1ich wie im 19 lahrhundert wieder haufen sind aber fLir oder ihre Amplitude und Phase unterliegt unerklarlichen

Energie- und Wasserversorgung fUr Landwirtschaft und Anderungen und Sprungen Erfahrene Prognostiker kennen Fischerei von aussehlaggebender Bedeutung sie sind bis eine Art von Gesetz jede gerade aufgefundene Periode heute einer Vorhersage auf empirisch-synoptischer Basis neigt daw im Augenblick ihrer Entdeckung wieder zu vershyunzuganglich Dartiber hlnaus mtissen wir auch ganz klar ershy schwinden Der zweifellos wichtige Nachweis der Perloshykennen daB das heutige Quasi-Gleichgewicht der Prozesshy den der Erdbahnelemente in Tiefseesedimenten (HAYS se wie es seit etwa 5000 Jahren besteht nicht das einzishy IMBRIE SHACKLETON 1976) ist wegen der Zeitskala ge mbgliche ist die 200 - 300 Jahre instrumenteller Beshy 20 - 100000 Jahre ftir unsere Betrachtung ohne Belang obachtungen stellen weniger als 1 ppm (part pro Million) Klimatologie ist heute Hingst keine beschreibende Wissenshyder gesamten zuganglichen Klimageschichte seit dem Beshy schaft mehr sie ist eine Aufgabe die urn so wichtiger wird ginn des Palaozoikums vor 550 MUlionen Jahren dar Dieshy je starker wir selbst in die Randbedingungen dieses semishyse kennt aber ganz andere Gleichgewichtszustande - die tiven klimatischen Systems (Boden und Vegetation Zusamshy17 20 (~) Eiszeiten der letzten 2 Millionen Jahre kennt mensetzung der Atmosphare) eingreifen

Tentative Spectrum of Climatic Variations

104 PLANETARY

ANNUALEVOLUT ION ORBITAL REVOLUTION DIURNAL

CUAR VARIATIONS ROTATIONTECTONIC~ 10 3 bull CHAR TI ME 111 TIME-SCALE I I I DEEP OCEAN ARCTIC SEA-ICE c 10 8 bull ANTARCTIC + + THERMOHALINE n 111 z leE n CIRCULATIONS THERM RelAXATIONtgt 102 -----t -100 42 23 I SOLAR ~CTI VI TVi IIJ M IX LAVER -10 3 bull t 60 a 22 a Sa 22gt OCEAN ATMOSPH

111 r-l n~ ~ ~ ~ IIJ 10

0

1

1010

A bb 2 Spektrum der Klimaschwankungen (l0-3 bis 1010 Jahre relative Einheiten)

3

-2500middot -200 1 f 05 24-30 d4- Sd

--_-----shy

1 Time in years

50

2 Wechselwirkungen im klimatischen System

Dber die Ursachen der eben erwahnten Witterungs- oder Kli rna an omalien darunter verstehen wir statistisch definierte extreme Abweichungen yom Normalwert mit einer Andauer zwischen einem Monat und wenigen Jahren

sind in den letzten 20 Jahren wesentliche BeHrage geshyliefert worden (NAMIAS und J BJERKNES RODEWALD J FLETCHER und Mitarbeiter) die die Wechselwirkungen zwischen der kurzlebigen Troposphare und den langlebigen Gliedern des klimatischen Systems besonders Ozeane (obemiddot re Mischungsschicht) und Treibeis in den Vordergrund geruckt haben Damit ergeben sich auch Aussichten fUr eine geophysikalisch begriindete Langfristvorhersage die endshylich tiber die bisher ublichen zT allzu einfachen engraumishygen OberJegungen hinausgehen Fur Zeitraume von I - 6 Monaten erscheint eine brauchbare Losung auf halb-empishyrischer bzw statistisch-dynamischer Basis durchaus mogshylich wenn auch hier sicher noch eine Menge Entwicklungsshyarbeit auf globaler Basis geJeistet werden mullgt

Von diesen Wechselwirkungen sollen hier nur die beiden wichtigsten behandelt werden die Rolle des arktischen Treibeises sowie die des aquatorialen Aufquellens von kaltem Tiefenwasser 1m Anhang daran soll noch auf die seltene aber doch mogliche Rolle des kontinentalen Antshyarktis-Eisschildes hingewiesen werden

21 Die Rolle des po]aren Treibeises

Die Rolle des arktischen Treibeises fUr die Gestaltung unshyseres Klimas kann kaum uberschatzt werden es bildet sich in einer nur wenige Dekameter machtigen salzarmen und daher weniger dichten Deckschicht des mehrschichtigen arktischen Ozeans (Abb 3) Es handelt sich urn einen typischen Wechselwirkungsvorgang innerhalb des klimatishyschen Systems AbkOOlung verstarkt das Treibeis das sich

fiffyen (m)

DECKSCH 1 CHT T=-11degC 5= 28-32deg00

UBERGANGS5CHICHT WASSER T=_-(t7degC Sl32 3Jo

535deg100 S 35deg00

5 35deg00

PAZIFiSCHES

TlOSOC

w

TlEFENWA5SER

Abb3 Vertikalschichtung und Wassermassen (schemashytisiert) im Arktischen Ozean (T = Temperatur S = Salzgehillt)

- den variablen Windstromungen folgend ausbreitet und seinerseits wieder zu weiterer AbkOOlung fOOrt Dabei ist der entscheidende Faktor das Reflexvermogen (Albedo) betragt die Albedo offenen Wassers bei niedrigem Sonnenshystand etwa 8-12 so liegt diejenige einer schneebedeckshyten Eisscholle bei 80 selbst wahrend der Schmelzperiode (mi t oberflachlichen Schmelzwasserpfiitzen) immer noch bei 60 Allerdings nimmt in dieser Jahreszeit der Anteil der offenen Stellen (Waken russischer Fachausdruck Polynyas) von 2-3 auf I 5 -2or~ zu Die reprasentativen

Warmemiddot und Strahlungsstrome an der Oberflache sind wegen dieser horizontalen Inhomogenitat sehr schwer abshyzuschatzen besonders im Winter wo der Gegensatz zwishyschen einer Lufttemperatur von - 30degC bis 35degC und der Gefriertemperatur von Meereswasser ( -I 9deg C) am starksten ist und den Massenhaushalt der dUnnen Eisschollen (im Mittel etwa 3 m im Einzelfall je nach Alter SO cm bis 6 m) empfindlich beeinflullgtt (VOWINCKEL und ORshyVIG) In einer offenen Wake finden wir enorme Strome ftihlbarer und latenter Warme (Verdunstung) die das mehrshyfache der Solarkonstante erreichen konnen Selbst im Hochmiddot sommer kann es vorkommen wie der Verfasser Ende Juli 1972 beobachtet hat daB mehrere Kilometer breite Wasserflachen infolge dieses standigen Warmeverlustes an die advektiv herangeflihrte kaitere Luft tiberfrieren In einem Modell das zur Vereinfachung eine horizontal homiddot mogene Eisdicke annimmt (MAYKUT und UNTERSTEIshyNER) ftihren zwei besonders sensitive Vorgange zu einer Abnahme der Eisdicke eine verringerte Albedo der Eisshyoberflache (zB durch Verschmutzung auch durch (1) und eine Zunahme der Wassertemperatur Dieser Effekt wurde noch erhoht werden durch eine Zunahme des Salzshygehaltes als Foige der Ableitung der SuBwasserzufuhr der groBen Flusse Sibiriens und Kanadas zu Bewasserungsmiddot zwecken dies ftihrt notwendig zu einer Dichteabnahme- damit zu geringerer Stabilitat der ozeanischen Schichtung- zu starkerem Vertikalaustausch und ebenfalls zu einer Abshynahme der Eisproduktion_

Kommt es (s Abschn 32) wahrend eines oder mehrerer Sommer zur Ausbildung einer stratospharischen Staubwolshyke dann sinkt die direkte Sonnenstrahlung aber auch die Globalstrahlung (wegen der erhOhten RuckwartsshyStreuung) ab die Schmelzperiode (Mitte Juni - Ende Aushygust) verkurzt sich im Sommer schmilzt weniger Eis oben ab und in der ubrigen Zeit gefriert unten etwas mehr an das ist ein (wegen der Dicke des Eises gedampfter) Rtickshykopplungseffekt Bleibt im Kustengebiet und im kanadishyschen ArchipeJ der Schnee langer liegen erhal ten sich mehr Schneereste tiber den Sommer hin (wie 1972) dann ist die advektive Temperatur in der Luft niedriger mit dem gleishychen Effekt im Winter losen tiefere advektive Temperashyturen etwa durch friihzeitiges Einschneien wie im SepshytemberOktober 1971 eine verstarkte Bildung von Neushyeis ein Nach verschiedenen Modelluntersuchungen nimmt die Eisdicke im Winter unter sonst gleichen Bedingungeqa umgekehrt proportional zur Eisdicke zu diinnes einjah--~ riges Eis (50-100 cm machtig) wachst rascher als mehrshyjahriges und mit 5-6 mist je nach Schneedecke die maxishymale Dicke etwa erreicht Nach den Ergebnissen der U-Boot-Fahrten ist die Angabe einer mittleren Eisdicke sinnlos diese variiert je nach Alter statistisch zwischen 05 und 6 m auch die Satellitenaufnahmen der thermishyschen Mikrowellenstrahlung zeigen ein ganz unregeImaBiges Mosaik als Funktion der Eisdicke

In dieser Sensitivitiit des Massenhaushalts der dunnen vielshyfach durchbrochenen arktischen Treibeisdecke liegt offenshysichtlich eines der Schliisselprobleme der Klimaentwickshylung Etwa 70 der Eisdecke besteht aus mehrjahrigem Eis bei dem jeweils etwa SO cm in der kurzen sommerlichen Schmelzperiode oben abschmilzt in der tibrigen Zeit unten anfriert - auf diese Weise wandert jeder Eiskristall von un ten nach oben in 5-10 Jahren durch die Scholle hinshydurch Wird nun zB das sommerliche Abschmelzen urn

4

----- ------ -

10 erhoht dann nimmt die Dicke des Eises (nieht-linear) ab und der Antell der offenen Stellen zu was wiederum eine Anderung der Warmebilanz zur Folge hat Zweifellos brauehen wir realistisehe Modelle dieses komplizierten horizontal homogenen Vierphasensystems (Ozean Eis Sehneedeeke Luft) die auch die vom Wind angetriebene Dynamik (vier-dimensional) berueksichtigen urn absehatzen zu konnen unter welchen Bedingungen diese dUnne Treibmiddot eisdeeke sich verstarkt abschwacht oder gar (was zuerst BUDYKO ab 1962 ernsthaft untersucht hat) verschwinmiddot det

In diesem Zusammenhang sei nur erwahnt dafl dieses Treibeis im Schwimmgleichgewicht ist sein Verschwinmiddot den sich also auf den Meeresspiegel ebenso wenig auswirshyken kann wie das Schmelzen eines Eiswiirfels im WhiskyshyGlas

Wahrend die Flache des arktischen Treibeises zZ im Friihshyjahr etwa 118 im Spatsommer etwa 82 Mill km2 betragt belauft sieh die des antarktischen Treibeises im Friihjahr auf rund 22 im Spatsommer nur auf 36 Mill km2

bier hanshydelt es sich also ganz uberwiegend urn einjlihriges jahresshyzeitlich-advektiv neugebildetes Eis mit einer mittleren

Alicke von 120-150 cm Dieser markante Gegensatz ist die r olge der urn den Pol konzentrierten Lage des antarktishy

schen Kontinents (wahrend Gronland sich zwischen 59deg und 82degN erstreckt) die so viel tiefere Temperaturen (im Mittel der Troposphare II-12degC) zur Folge hat als uber der Arktis mit ihrer dUnnen Treibeisdecke

Warmehaushalt und Dicke des arktischen Treibeises wirshyken sich wiederum unmittelbar aus in der Ausdehnung und Intensitat des sommerlichen Kaitezentrums uber dem inneren Polargebiet Das mag eine der Ursachen sein fur den unerwarteten Vorsto~ arktischen Treibeises in denshyJahren nach 1963 mit dem Maximum in der Eisperiode 1965 - 72 im Raume Island (Abb 4) wlihrend der erstmals seit vielen Iahrzehnten wieder die Nordkuste Islands im Friihjahr monatelang vom Eis blockiert war Noch wichtiger war der Vorsto~ arktischen Treibeises verbunden mit der Hochstzahl von Eisbergen aus Westgronland (RODEWALD STROBING) in den Raum Neufundland-Labradorsee mit dem Maximum 1971-73 die hier eingeleitete Abkiihlung des westlichen Nordatlantiks hat die atmospharische Zirkushylation umgeschaltet mit einer resultierenden Stromung warmiddot men Wassers und warmer Luft an den KUsten Europas die wiederum mit beteiligt war an der Vorherrschaft milder Winter und an der Entstehung der ungewohnlich hiiufimiddot gen und schweren Sturmzyklonen der I ahre 1972 - 76 uber den Britischen Inseln und der Nordsee Diese nordatlanshytische Warmeschaukel war schon Ende vorigen lahrhunshyderts wohlbekannt

22 Das ElmiddotNiiiomiddotPhiinomen (Konvergenzen und Divergenshyzen der ozeanischen Ekman-Drift am Aquator)

Eines der interessantesten Phanomene das erst spat als Folge der Wechselwirkung an der Grenzflache Ozean -Atmosphare erkannt wurde lauft in der Literatur unter dem Begriff El Nino = das Kind (spanisch) dh das Christmiddot

11901--~-~10- I bull middot20middot Imiddot bull middot30 bull I bullbull middot40middot I bullbull middot50 bull I bullbullbull middot60middot bullbull I middot70middot - Imiddot middot80middot I 90 IOkt F shy

- - bull -Noy

- - -Dt -shyJon I Imiddot shy I - shyfrb uMo_

Apr Moi

Jim -Jul

bull I shybull bull IA9

sept 1901 10middot bullbull I bull middot20middot Imiddot middot30middotmiddotmiddotmiddot I middot40middot middot50 I middot60middot I bull - -70 I bull -eomiddot 90-

bull In bull -c bull bull IIbull I U bull _ middot1 r-~ - -

bull ----- bullbull -Ii

bull bull I

bull bull - bull bull II _I - bull- ---IJ- bull-

~Orl------------------------------------------------------------------------------~----------------

2~5rl------------------------------------------------------------------~ EIS6EOECkUNG ISLAND 1901middot76

2QoL1 --------------------------~~~~~~~~~~~~----------------------------------~ 1~1 bull -

1~0 I ---------------- shy1~5 ~___ 1---________

-1QO t--I- shy bull

ISr---shy

~Ol

i5 t

-deg1~- 60shy

bull

bull bull

bull bull bull bull ____

Abb4 Treibeis an Islands KUsten 1901 - 1976 (nach SIGTRYGSSON) Oben Andauer un ten Eis-Index in Wochen x Zahl def betroffenen (9) Sektoren

5

- --

kind weil es an der Ktiste Perus meist urn Weihnachten beshyginnt es kann dann mehrere Monate bis zu einem Jahr hin anhalten Zunachst handelt es sich nur urn das vortibergeshyhende Ausfallen der kilstennahen Aufquellphlinomene das wie auch an den Kilsten Kaliforniens und Nordwestshyafrikas regeImaBig im Sommer auftritt ahnlich an der Somalikilste und im Stidosten Arabiens Auf der Stidhalbshykugel reicht in Stidamerika und Stidwestafrika das KtistenshyAufquellen yom Wendekreis bis annahernd zum Aquashytor hier aber im Stidsommer mit mehr oder minder haushyfigen StOrungen die yom Aquator ausgehen und in manshychen Jahren nur bis 5_7deg Stidbreite reichen in extremen Jahren aber bis 15-18deg Breite Dabei verschwindet das kalte nahrstoffreiche Ktistenwasser mit seinem Fischreichshytum tiberdeckt von warmem fischarmem Wasser aquatoshyrialer Herkunft dieses El-Niiio-Phanomen hat 1972 den Fischfang Perus - der fOOrenden Nation auf diesem Geshybiet auf 10 reduziert und tritt in ahnlicher Form auch gelegentlich an den Kilsten von Angola-Zaire-Gabun auf In der Atmosphare fOOrt das anstelle der yom Kal twasser erzeugten Stabilitat der Schichtung zu instabiler Tropikshyluft die in der Ktistenwilste schwere Schauer und Hochshywasser hervorruft wobei die Temperaturen yon 20-22degC auf 26degC ansteigen

Die Ursache liegt in ganz groBraumigen Vorgangen nicht in der Antarktis wie falschlich angenommen Vielshymehr tritt das gleiche Phanomen auch in einem Streifen langs des Aquators auf geringfUgig nach S verschoben hier liegt normalerweise eine Zunge ka1ten Aufquellwasshysers die sich von der Ecuadorkilste her tiber die Galapagos (mit ihren Pinguinen) tiber den groBten Teil des Pazifiks bis tiber die Datumsgrenze (I800 W) hinaus mehr als i 2000 km bis nach der Phosphatinsel Nauru erstreckt Das ist die trockene Aquatorzone der klassischen KIishymatologie (SCHOTT 1938) normalerweise flihrt hier aquatoriales Aufquellen zu Stabilitat und Ariditat umso mehr je starker die tropischen Ostwinde beiderseits des Aquators wehen je starker also die tropischen HadleyshyZellen der Atmosphare ausgepragt sind Als Folge der Reibungskrafte entsteht beiderseits des Aquators im Ozean eine Oberflachenstromung die auf jeder Halbkugel polwarts gerichtet ist und divergiert sodaB das kOOle Tiefenwasser aufquellen muB Abbildung 5 zeigt hier in diesem Gebiet den Normalfall bei dem schon stidlich des Aquators die (im Mittel tiber die ganze Reibungs-Schicht urn 90deg abo weichende) Ekman-Drift eine Divergenz hervorruft Hauptshyursache ist der Vorzeichenwechsel der Coriolisbeschleushynigung am Aquator Schwacht sich nun diese tropische Oststromung ab so entstehen - das haben neuere Modelmiddot Ie gezeigt - Keivinwellen die zu einer Umkehr der Ekshyman-Drift und zur Konvergenz des warmen Oberflachenmiddot wassers am Aquator fOOren Auch hier kommt es bei norshymalen tropischen Wassertemperaturen (26-27degC) jetzt zu kraftigen haufigen Regenfallen nicht selten zu ausgeshydehnten Cumulonimbusherden mit mehreren 100 km Durehmesser (Hmesosealar clusters) in Nauru ist der typische Monatsniedersehlag bei dieser Situation 300 shy800 mm bei aufquellendem Kaltwasser dagegen i 0-15 mm in den Galapagos (ca 90

0 W) ist der Unterschied

noeh sHirker DOBERITZ hat gezeigt wie dieseAnomalien gleichzeitig tiber der ganzen Aquatorzone des Pazifiks aufmiddot treten weitere Arbeiten haben ihre Ausdehnung tangs der WestkUste Amerikas zugleich nach Peru und Siidkalishyfomien hin nachgewiesen

6

Equatorial Flow Patterns and Upwell ing

oJ b) 4

N gt- -- - CONY

omiddot 81 BI~ omiddot S ~ -- ~ OIV

N omiddot s N 0- S

w+- C w -+ W +- IC C-+W t l It t

Wind- Ekman - Drift (Ocean) Thermocline

Abb 5 Divergenz der ozeanischen Ekman-Drift am Aquator (a symmetrischer Fall b = asymmeshytrischer Fall) nach J BJERKNES und FLOHN

Untersuchungen von J BJERKNES und Modellrechnungen von ROWNTREE haben die groBraumige Auswirkung dieser Anomalien nachgewiesen die Ursache liegt in den enormen Schwankungen des Warmehaushalts tiber Flachea von 6 x 110 Meridiangrad -81 Mill km2 bull Neuere Detaf9 Untersuchungen (TREMPEL) zeigten einen Rilckgang der Verdunstung in der AufquelIzone stidIich der Galapagos auf 30 cma () gegentiber rund 120 cma auf beiden Flanken der Strom fiihlbarer Warme kehrt sich (wie beim Oaseneffekt auf Land) urn und fOOrt (geringe) Energiebeshytrage dem Meer zu das den groampren Teil der im wolkenshyfreien Raum ungehinderten Einstrahlung zur Erwarmung des mit ca 50 cmd aufquellenden Tiefenwassers benotigt Die Umkehr dieses Mechanismus bedeutet allein bei der Verdunstung der tropischen Ozeane eine Anderung um 5 ftir aIle Ozeane allerdings nur 2 ein regionaler Efmiddot fekt erscheint ziemlich wahrscheinlich Neueste Untershysuchungen (NEWELL) machen es wahrscheinlich daB auch die Aufnahme von CO2 durch den Ozean durch den plotzlichen Dbergang von nahrstoffreichem CO2 middotgesattigmiddot ten Tiefenwasser zu nahrstoffarmem Warmwasser sich flachenhaft urn einige Prozent andert das mag eine der Ursachen ftir die Variabilitat der atmospharischen Zunahme des C02 GehaIts sein (Abschn 42) 23 Kontinentale Eisschilde

Wahrend die Flache des arktischen Treibeises (s Abschn 21) zwischen etwa 8 und 12 Mill km2 schwankt besteht das antarktische Treibeis zu tiber 80 aus jahreszeitlichem Treibeis Beide Treibeisgebiete nehmen im lahresmittel mi t rund 23 Mill km2 nahezu 5 der Erdoberflache ein Dicke und Volumen sind aber minimal gegenUber den kontinental en Eisdomen von Gronland und Antarkshytika mit einer Flache von knapp 2 bzw 13 Mill km2

und einer mittleren Eisdicke von i 200 bzw 2200 m Wahshyrend das gronlandische Inlandeis in einer groBen Gebirgsshyschilssel Iiegt und seinen MassentiberschuB in vielen Gletshyscheff in Form zahlreicher einzelner Eisberge abgibt ruht das antarktische Eis tiberwiegend auf einem festen Felsshysockel oberhalb des Meeresspiegels sein AbfluB geschieht tiber riesige Schelfeise in Form ausgedehnter Tafeleisberge Jedoch liegt ein Tei - die sogenannte Westantarktis die sich von der antarktischen Halbinsel siidlich Sildamerika

zum Pazifik erstreckt - Uberwiegend auf einem Felssockel unter dem Meeresspiegel Neuere Untersuchungen (HUGHES) haben ergeben daiJ dieser Sektor schon mehrshyfach aufgeschwommen und dann abgeschmolzen ist mit einem weltweiten Anstieg des Meeresspiegels urn 5-7 m das sind die in Fachkreisen neuerdings viel erorterten antarktischen Ausbrtiche (surges) die - in Analogie zu den in Alaska und in anderen Gebieten beobachteten rapiden GletschervorstoiJen rasch ablaufen konnen Ein mathematisches Modell dieser AusbrUche hat BUDD (Melshybourne) entwickelt offenbar handelt es sichjedoch urn sehr seltene Ereignisse (zuletzt vor ca 115 000 Jahren im letzshyten Interglazial) tiber deren Zeitskala und Ablauf noch sehr wenig bekannt ist

Die mogliche Bedeutung eines solchen Ereignisses liegt in dem Ansteigen des Meeresspiegels eine detaillierte Unshytersuchung (auch in dem bisher fast unzuganglichen Beshyreich des Weddellmeeres) ist dringend erwiinscht auch wenn das derzeitige Eisprofil im untersuchten Gebiet des Roill-Schelfs noch nicht den Gleichgewichtsstand ershyreicht hat Kleinere Vorgange dieser Art (wobei Eismasshysen von maximal 1-2 bull lOS km3 beteiligt sein mogen statt gt 106 km3 ) sind wahrscheinlich auch in der Nachshy

alszeit aufgetreten beim Kalben der Schelfeise entsteshyren riesige Tafeleisberge bis zur Gro~e Hollands oder

Belgiens In Gronland sind aile diese Vorgange von viel geringerem AusmaiJ

3 Narurliche Ursachen der Klimaschwankungen

31 Variabilitat der Sonnenstrahlung

Abgesehen von solchen im internen klimatischen Regiershysystem begriindeten kurzfristigen Schwankungen werden immer wieder auampre (externe) Faktoren als Ursache von klimatischen Schwankungen bezeichnet Zuerst miissen wir die Frage aufwerfen ist unsere primare EnergiequeUe die Sonnen-Strahlung wirklich konstant oder fUhrt der Beshygriff der Solarkonstanten in die Irre Diese Frage ist zZ leider noch vollig offen wir verfUgen tiber keine einwandfreien Messungen zu ihrer Entscheidung (MASON) Messungen von hochfliegenden Ballonen in 23 30 km Hoshyhe die KONDRATIEV wahrend 6 Jahren in der Sowjetshy

rIlion durchftihrte konnen auch in dieser Hohe noch von r ~ratospharischem Staub vulkanischer Herkunft beeinflu~t

worden sein indirekte Belege wie sie durch Beobachtung der Albedo anderer Planeten (so Uranus) gewonnen wershyden konnen sind etwas unsicher An der AusrUstung von Satelliten mit hochempfindlichen vom Boden her kontrolshylierbaren MeMiihlern (mit einer tiber Jahre festzuhaltenshyden Me~genauigkeit von 1 Promille) wird intensiv gearbeishytet Neue Daten tiber das nahezu vollige Fehlen von Sonnenshyflecken in der Zeitspanne 1645 - 1710 und tiber Schwanshykungen der Rotationsdauer der Sonne in dieser Zeit (EDDY) scheinen doch entgegen dem Votum der Mehrzahl der Astronomen - fUr eine hOhere Variabilitat der Sonne zu sprechen Da~ eine Anderung von nur 1-2 Prozent bereits erhebliche Auswirkungen auf das Klima haben kann ergibt sich aus Rechnungen mit einfachen (BUDYKO) oder fortgeschrittenen Klimamodellen die jedenfalls die Dynamik der Atmosphare und den Wassershykreislauf in Rechnung stellen (WETHERALD und MAshyNABE)

Die Rolle der solaren Aktivitat ist inzwischen wieder akshytuell geworden aber sicher handelt es sich nicht urn einshyfache zyklische Vorgange wenn auch fUr eine etwa 23jahrishyge Peri ode mehr Belegmaterial existiert als fUr die klassische I1-Jahresperiode Aber der Anteil an der gesamten Varianz ist im allgemeinen gering und unerklarliche Phasensprtinge (MASON) untersti1tzen nur die weitverbreitete Skepsis gegentiber der Ntitzlichkeit flir praktische Zwecke Auch sorgfaltige empirische Studien (OLIVER MASS und SCHNEIDER) konnten keinen Beweis flir ihre Rolle im Klimageschehen Hefem (s a Abschn 1)

32 Vulkaneruptionen

Sicher belegt ist dagegen durch neue statistische Untersumiddot chungen (YAMAMOTO MASS und SCHNEIDER) und Modelle (HUNT POLLOCK) die globale Wirkung von groiJen Vulkanausbruchen deren Exhalationen in die Stratosphare gelangen und in Hohen zwischen 20 und 50 km Partikel bilden die die sHindig vorhandene JUNGEshySchicht urn einen Faktor 10 100 verstarken und farbenshyprach tige Dammerungserscheinungen hervorrufen Diese stratosphiirischen Staubwolken (zuletzt nach AusbrUchen des Agungmiddot auf Bali 1963 und des Fuego in Guatemala 1974 auch in Mitteleuropa sichtbar) absorbieren einen Tell der Sonnenstrahlung und streuen einen anderen TeB zushyruck in den Weltraum hierdurch kommt es im Mittel tiber die ganze Erde zu einer AbkUhlung urn bis 1-15degCdie allerdings selten mehr als 1-2 Jahre hindurch anhalt Sie tiberlagert sich den wesentlich starkeren Temperaturandeshyrungen die standig advektiv durch den Transport von Warmluft oder Kaltluft entstehen und tiber Monate hinweg ziemlich ortsfest sein konnen derartigen Transportvorshygangen verdanken wir in Westeuropa jetzt eine ~ehr auenishylige Foige von 7-8 zu mild en Wintern im Gegensatz zu extrem kalten Winterabschnitten in Nordamerika (Januar 1977 zT der kalteste dieses Jahrhunderts) oder Ostshyeuropa Die Haufigkeit gro~er VulkanausbrUche die vor allem LAMB fUr die Zeit seit 1500 untersucht hat schwankt sehr stark wahrend in einzelnen Zeitabschnitten (so urn 1690 oder 1815-1835) viele grofiJe Ausbrtiche in den verschieshydensten Gegenden der Erde sich haufen gibt es auch lanshygere Zeitraume (so 1912-1948) in denen sie ganz fehlen oder doch nur vereinzel t auftreten Seit etwa 1955 leben wir in einem Abschnitt wiederauflebender aber nur masshysiger Vulkantatigkeit Aber die auffallige Haufung sehr schwerer Erdbeben in den letzten Jahren laBt erkennen dafiJ auch mit schweren Vulkanausbrtichen jederzeit geshyrechnet werden mu~ Denn diese beiden Ereignisse sind wie wir heute sicher wissen kollektiv miteinander gekopshypelt es sind die langsamen Dritbewegungen der grofSen tektonischen Platten die einerseits im Bereich der gro~en meist ozeanischen Ri~-Zonen Vulkanausbrtiche auslosen andererseits unter die grofiJen Kontinentalschollen untershytauchen und dabei schwere Erdbeben mit tiefsitzendem Herd auslosen Ein direkt sichtbarer Tei des grofben atlanmiddot tischen Spaltensystems zieht quer durch Island in diesem Bereich traten in den letzten Jahren mehrfach Vulkanausmiddot brtiche (Surtsey Heimaey Kraftla) auf 1m Bereich des letzteren kam es am Myvatn-See in N-Island im April 1977 zu einem Aufrei~en von zwei parallelen Spalten mit einer Zerrung des Gelandes von 2 m auf 1 km mit anhaltenden Dampfexhalationen die ein fast vollendetes geotherrnisches Kraftwerk auBer Funktion setzten

7

1649

h i~v4lWv

Das episodische diskontinuierliche Auftreten vulkanischer Ereignisse gilt nicht nur fUr die (hier unmittelbar interessiemiddot rende) Zeitskala 101

- 102 Jahre sondern auch in der Zeitskala 103 104 Jahre ja sogar wie aus den Ergebshynissen des Deep Sea Drilling Programms hervorgeht im Bereich 106 107 Jahre

Die Klimageschichte lehrt uns wie groBe Vulkanausbrliche g10baJe Abkiihlungen fiir 1-3 Jahre auslbsen die natiirlich in einigen Gebieten durch advektive Erwarmung iiberlagert werden kbnnen Der starkste noch gut belegte Fall dieser Art ereignete sich nach dem grbBten historischen Ausshybruch des Tambora auf Sumbawa im Friihjahr 1815 die Sommer 1816 und 1817 waren in Europa Japan und Nordmiddot amerika ungewbhnlich kiihl zT feucht und von schwemiddot ren MiBernten begleitet die im Rheinland (mi t seinen durch Erbteilung zersplitterten Bauernhbfen) eine erste Welle von Auswanderungen nach Amerika einleiteten Die Getreimiddot depreise Mitteleuropas erreichten ihr absolutes Maximum vor 1950 ~Abb 6 und in den Vereinigten Staaten war 1816 das Jahrohne Sommer

4 Anthropogene Vrsachen die Rolle der Eingriffe des Menschen

41 Energiezufuhr und Luftverschmutzung

GegenUber der iiberragenden Rolle der Sonnenstrahlung (lie an der Obergrenze der Erdatmosphare rund 340 Watt auf jeden m2 der rotierenden Erde abgibt - und ihren Umsetzungen innerhalb der Atmosphare die als Strahlungsshybilanz oder Nettostrahlung an der Erdoberflache im Mitmiddot tel noch rund 100Wm2 liefern ist der Anteil der direkten Energiezufuhr als primarer Beitrag des Menschen mit 0015 Wm2 verschwindend gering hbchstens vergleieh bar mit dem geothermischen Warmestrom aus dem Erdmiddot innern (006 Wm2) oder dem Anteil der photosynthetimiddot schen Prozesse in der Biosphare (02 Wm2

) Diese g10balen

100

80

60

40

20

ROGGENPRE ISmiddot INDEX 16167

(19501001

1805 1771 1655

1847

~ 1622

1795

17621740 18311693 III 1634 bull 1~626 1699

17891712

Ii

middot

Mittelwerte geben jedoch ein vbllig falsches Bild tatsachshylich ist der Energieverbrauch in den groBen Industriezenmiddot tren konzentriert und erreieht dort lokal 10-50 Wm2

iiber Flachen von der Gro6enordnung 100 - 1000 km2 bull

Diese Energiezufuhr erzeugt die Warmeinseln der gro6en Stadte mit einer zusatzlichen thermischen Zirkulation und einer statistisch gesieherten Haufung konvektiver Starkregen

Auf der anderen Seite ist der Wirkungsgrad der Sonnenmiddot energie in der Erdatmosphare mit 07 sehr gering dh der Energieumsatz im klimatischen System die Erzeugung verfiigbarer potentieller Energie und die Vernichtung kinetischer Energie liegt auch nur bel 24 Wm2 Da Enermiddot gie ja nicht verbraucht sondern nur umgewandelt werden kann dringen diese vergleiehenden Oberlegungen nicht in die Tiefe des Problems das hier nur angedeutet wermiddot den kann hierzu benbtigen wir Grundbegriffe der heutimiddot gen Thermodynamik Nach ihrem zweiten Hauptsatz kann die Entropie (das Integral iiber aile Zufuhren und Abgaben von Warme im VerhaItnis zur Temperatur) nur zunehmen Umgekehrt nieht Energie sondern negative Entropie (Negentropie) wird verbraucht das bedeutet zugleich einen Verbrauch von Information (im abstrakshyten Sinne des Wortes) Von solchen OberJegungen gehen einige neuere Klimamodelle aus (PALTRIDGE FORTAK)

Die regionale Verteilung dieser anthropogenen Energiezushyfuhr pro Kopf der Bevblkerung ist interessant genug bei allen Industriestaaten Europas (einschlieBlich DDR und Tschechoslowakei) etwa 5-6 KW pro Kopf in USA und Kanada 11-12 KW in Afrika und Stidamerika 04 KW im g10baIen Mittel rund 2 KW Die letzten Zahlen sind sieher zu gering da der Verbrauch an Feuerholz in den Entwicklungslandern statistisch kaum erfa6bar ist wenn dieser sieh auf etwa 15 Tonnen pro Kopf und Jahr bemiddot lauft dann entspricht das weiteren 07 KWKopf oder flir etwa 28 Milliarden weiteren rund 2 TW (TW =Teramiddot watt = 1012 W)

01500 20 40 60 80 1600 20 40 60 80 1700 20 40 60 80 1800 20 40 60 80 1900

Abb 6 Roggenpreisindex 1500 1860 Mittel aus 5 deutschen Stiidten nach PHILIPPI

8

Seit 100 Jahren ist der Energieverbrauch urn einen Fakshytor von mehr als 30 gestiegen eine Angleichung der LeshybenshaJtung der Entwicklungslander ist zwangsHiufig notshywendig selbst wenn in den lndustrielandern die Wachsshytumsraten abnehmen werden Nachdem der derzeitige Weltverbrauch 8+2 TW betragt mu~ - bei einer (hofshyfentlich eintretenden) Stabilisierung der WeltbevOlkerung in der Nahe von 10 Milliarden im Laufe des 21 Jahrshyhunderts mit einem Ansteigen auf 35-50 TW (nASA) entsprechend 35-5 KWKopf gerechnet werden

In diesem Zusammenhang ist ein kurzer Blick auf die Beshyvdlkerungsentwicklung notwendig bei der jetzt erstmals Anzeichen einer Trend-Umkehr deutlich werden (Zahlen zusammengefa~t nach LR BROWN 1976)

Weltbevolkerung und Wachstumsrate

Bevolkerung (106 ) Zunahme pro Jahr ()

1970 1975 1970 1975

Nordamerika 226 236 090 060 West-Europa 333 343 056 032

Ost-Europa 368 384 084 086

Ost-Asien 941 1005 185 118 Stidasien Nahost 1123 1263 257 225 Afrika Stidamerika 588 672 269 268

Gesamte Erde 3594 3920 190 164

Diese ZaWen sind au~rst wichtig ftir aile Vberlegungen tiber ein kiinftiges Energiesystem das wahrend der bereits beginnenden Erschopfung der 61- und Erdgasreserven der Erde das heutige ablosen kann auf diese un sere wirtschaftshyHche Zukunft entscheidende Frage kann bier nicht naher eingegangen werden JedenfaJls ist der Energieverbrauch an sich nur in 10kaJem Ma~stab klimagenetisch wirksam

bei einer kiinftig wohl notwendigen Konzentration von Kraftwerken spielt diese Umweltvertraglichkeit eine wesentliche Rolle

Die Luftverschmutzung - hier zunachst die Emission von Aerosolpartikeln in die unteren Schichten (l 3 km) shy

~ist in ihrer klimagenetischen Wirkung oft ilberbewertet rworden Die hervorragenden Aufnahmen des Landsatshy

Satelliten mit einer raumHchen Auflosung bis herab zu 80 m (aus 960 km Hohe) zeigen da~ eine wirksame Trilshybung der Atmosphilre durch Industriezentren Gro~stadte oder Waldbrilnde tiber Entfernungen von einigen 100 km hervorgerufen wird Ober den Trockengebieten der Erde wird mineraHscher Staub durch Wind hoch aufgewirbelt eine Folge der seit Jahrtausenden betriebenen Zerstorung der Vegetation Diese Staubschleier sieht man im Satellishytenbild von der Sahara aus quer tiber den Atlantik bis in die Karibik ziehen Die KIimawirkung dieser Aerosolparshytikel ist komplex grobere Teilchen (gt 10 11m) absorbieshyren hauptsilchlich die langwellige Ausstrahiung der Erde erhohen die Gegenstrahlung der Atmosphilre und erwarshymen so die unteren Schichten fallen aber relativ rasch aus Feine Teilchen laquo 2 11m) absorbieren mehr die Sonnenstrahshylung mit ahnlicher Wirkung - gleichzeitig streuen sie aber auch gemaB den Gesetzen der Mie-Streuung einen kleinen Teil der Sonnenstrahlung zurtick in den

Weltraum die so dem Erdboden verloren geht Das Vershyhilltnis AbsorptionRtickstreuung hangt zT von der Zusammensetzung der Partikel ab das Rilckstrahlungsshyvermogen (Albedo) der Erdoberflilche spielt eine erhehshyliche Rolle 1m ganzen tiberwiegt aber doch offenbar der Erwarmungseffekt das zeigt sich besonders im Bereich der Staubdome der Gro~stadte in deren Bereich zu jeder Tages- und J ahreszeit die Temperatur hoher liegt als in der Umgebung das gleiche gilt ftir staubreiche Wilstenshygebiete wie in Pakistan_

Inzwischen scheinen die gesetzlichen MaBnahmen gegen die Luftverschmutzung wenigstens bei dem groberen Aeroso) ihre Wirkung nicht verfehlt zu haben in London haben sich die Nebel- und Sichtbedingungen seit dem Clean Air Act deutlich verbessert in den USA ist die Staubbelastung in den GroBstadten zurtickgegangen auf dem Lande allerdings leicht angestiegen Auch in Deutschshyland und Japan haben sich die Verhaltnisse in den schlimmshysten Fallen (Mannheim-Ludwigshafen Tokyo) offensichtshyIich gebessert jedenfalls ist der S02 middotGehalt etwas abgeshysunken

Wesentlich ftir die Beurteilung ist der Zeitfaktor Die Zumiddot fuhr ftihlbarer Wilrme (Enthalpie) wird schon in 24 - 48 Stunden durch erhohte Ausstrahlung wieder ausgeglichen Grobe Aerosolpartikel verbleiben im Mittel nur 2-3 Tage in den unteren Luftschichten feine Partikel in mittleren und hoheren Schichten einige Wochen bevor sie durch Wolken und Niederschlag wieder ausgeschieden werden 1m Rahmen des globalen Wasserhaushalts liegt die mittieshyre Verweilzeit eines Wasserdampfmolekills in der Atmosshyphilre dh die Zeitspanne zwischen Verdunstung und Niederschlag bei 9 Tagen Ganz anders liegen die Vershyhaltnisse bei den langlebigen Gasen so verbleibt Kohlendioshyxid im Mittel 6 Jahre in der Atmosphiire

42 Kohiendioxid und Spurengase

Kohlendioxid (C02) stellt heute einen Anteil von rund 330 ppm (10-6 Volumenteile) der Atmosphilre gegenilber 295 plusmn 5 ppm urn 1880 Der Anteil des Sauerstoffs (02 )

betragt in der gleichen Einheit 208100 dieses Reservoir kann also durch eine Zunahme des CO2 -Gehalts selbst urn einen Faktor 10 nicht nennenswert beeinfluBt wershyden Ober die komplexen Fragen des nattirlichen und vom Menschen gestorten Kohlenstoffkreislaufsystems sowie ilber die m6glichen klimatischen Auswirkungen einer weishyteren CO2-Zunahme berichtet in diesem Heft ausftihrlich C JUNGE (S 21 ff) hier mOgen wenige Bemerkungen ge ntigen Das Speichervermogen von Ozean und Biosphare wird oft tiberschatzt die Masse des Ozeans unterhalb der Thermokline bzw der Zwischenschicht in 400-600 m Tiefe nimmt nur sehr langsam an dem CO2 -Austausch teil und kann daher auch nur geringe Mengen speichern Eine Schiitzung der Food and Agricultural Organisation (FAO) ergibt einen Rtickgang des ilquatorialen Regenwaldes von urspriinglich 1592 auf 935106 km2 heute mit einer Rate von 11 0000 km2 (=112) pro Jahr (1) Die Zunahme der Photosynthese und damit der Netto-Produktivitilt der Willshyder kann nur einen Bruchteil dieser Verluste wettmachen

Die Verbrennung fossiler Brennstoffe (Kohle Erdol Erdshygas) liefert zur Zeit jahrlich rund 51 01 5 g CO2 von dem nach neuesten Daten 53 in der Atmosphilre verbleiben

9

ihr Gehalt steigt zur Zeit urn 1-2 ppm pro Jahr an wobei die Ursache der interannuellen Anderungen wahrscheinlich in der thermischen Veranderlichkeit des Ozeans in Aquatorshynahe zu suchen ist (s Abschn 22) Nach dem heutigen Stand der Diskussion (Marz 1978) wird dieser Antell der Atmosphare in den nachsten 3 - 4 lahrzehnten etwa konmiddot stant bleiben dartiber Wnaus ist eine Abschatzung schwierig

Die klimatische Bedeutung des CO2 liegt darin daB es im langwelligen Infrarot bei Wellenliingen zwischen 12 und 15 pm eine breite Absorptionsbande besitzt Es laBt also die Sonnenstrahlung ungehindert durch absorbiert aber die von Erdoberflache und Wolken abgegebene Warmestrahlung mit ihrem Maximum bei 10 pm Das ist der sogenannte Glashauseffekt dieser Begriff ist physikalisch etwas scWef wei ein Glasfenster nicht nur fur infrarote Strahshylung sondern auch fur den turbulenten Warmeaustausch undurchllissig ist (was erst die Warmespeicherung im Glasshyhaus erkUirt) aber er laBt sich wegen seiner Anschaulichshykeit kaum mehr ausrotten Die klimatische Folge einer Zunahme des CO2 -Gehalts ist eine Erwarmung der Troposshyphare die nach oben abnimmt und in der Stratosphare

Abb 7 Temperaturanderung bei Verdoppeung des CO2 shy

Gehaites Modell MANABE-WETHERALD 1975

degC bull degC C02 Concentration (ppm) and Temperature 14

0 0 l I

4 u

8

6

4

2 Model Augustsson-

Ramanathan 1977

10

8

6

4

- 0 l I

u

2

400 800 1200 1600 2000 2400 2800 3200ppm

Abb8 Temperaturanderung (au8er Po1argebiet) mit zushynehmendem CO~ -Gehalt Skala links mit konshystanter Hahe (CT A) rechts mit konstanter Temshyperatur (CTT) der Wolkenobergrenze Modell AUGUSTSSON-RAMANATHAN 1977

in eine Abktih1ung libergeht Zahlreiche immer weiter verfeinerte Modelle haben diesen Effekt bestiitigt altere mtissen wegen unrealistischer Annahmen ausgeschaltet werden Der Betrag der Erwiirmung hangt von der Zunahmiddot me des Wasserdampfgehaltes (dessen Absorptionsbanden zT die des CO2 tiberdecken) mit steigender Temperamiddot tur und von der (nicht genau bekannten) Wechselwirkung

mit der Bewolkung ab Aber die besten Modelle (MAshyNABE-WETHERALD 1975 AUGUSTSSON-RAMANAmiddot THAN 1977) die den Wasserdampfeffekt mit berticksichshytigen (Abb 78) geben tiber einstimmend fUr eine Verdopshypelung des CO2 -Gehaltes (von 300 auf 600 ppm) eine mittlere Erwiirmung in Bodennahe urn 2--3degC an die im Poshylargebiet (wenn man die Rtickkopplung zwischen Rtickstrahshylung (Albedo) Schneedecke und Temperatur in Rechshynung stellt) auf 7-10degC anwachst Diese Erwarmung ershyfolgt anfangs nahezu linear bei weiter steigendem CO2 -

Gehalt etwas langsamer aber selbst bei einer Zunahme urn den Faktor 10 tritt noch keine Sattigung auf die Ershywarmung betragt dann schon auBerhalb der Polargebiete 8-12degC Eine CO2 -Zunahme auf das 5-lOfache ist nicht unrealistisch bei unkontrolliert steigendem Gebrauch fossimiddot ler Brennstoffe insbesondere bei einem erzwungenem Verzicht auf Kernenergie konnen soIche Werte durchaus erreicht werden wie aIle Modellrechnungen aus neuester Zeit libereinstimmend ergeben

Die Situation die von den ftihrenden Energiefachleuten J der Welt sehr ernst genommen wird verscharft sich noch durch den Befund daB einige andere von Menschen promiddot duzierten Spurengase ebenfalls im Infrarot absorbieren und zwar ausgerechnet in dem noch durchlassigen Fenshyster zwischen 75 und 12 pm Zu diesen Spurengasen ~ zlih1t nicht nur das Ozon (03) - auf dieses (mE etwas tibershyschatzte) Problem kann Wer nicht naher eingegangen wershyden - sondern auch Distickstoffoxid (N 20) Methan (CH4 ) die Frigene (C Ch F2 und C ChF) Schwefeldioxid (S02) Ammoniak (NH3) ua die aile in steigendem AusmaB vom Menschen erzeugt werden Am wichtigsten erscheint das N2 0 (HAHN und JUNGE) aIs ein Endprodukt der stickstoftbaltigen Dtingemittel deren Produktion in den letzten 15 Jahren jahrlich urn tiber 10 zugenommen hat ihnen verdanken wir in der Hauptsache daB die Nahmiddot rungsmittelproduktion bisher noch mit der Bev6lkerungsshyzunahme Schritt halten konnte Die Frigene (Chlorofluorshymethane) sind die Treibstoffe der Aerosolsprtihdosen und werden auch in Ktih1schranken verwertet ihre Jahresshyproduktion nahert sich 106 Tonnen und ihre Verweilzeit in der Atmosphare liegt infolge ihIer chemischen Tragheit bei 30-70 Jahren In Schweden und Oregon sind sie inzwishyschen verboten weitere Lander dlirften folgen

Aile diese Gase addieren sich - da ihre schmalen Absorp-~ tionsbanden sich nicht tiberlagern (WANG 1976) - zumiddot dem Glashauseffekt des CO2 eine konservative () ScMtmiddot zung ergibt eine Verstarkung des CO2-Effektes urn 50 Der Verbrauch fossilel Brennstoffe nimmt sicher nicht mehr lange exponentiell zu da als Foige der beginnenden Erschopfung der ErdOl- und Erdgaslager die Preise steigen werden Bei begrenzten Vorraten ergibt sich eine Zunahme des Verbrauchs nach einer logistischen Funktion ist ein Vorrat F (hier gleich 100 gesetzt) begrenzt dann kann man annehmen daB der Verbrauch sich (mit wachsenshydem Preis) proportional zu dem noch vorhandenen Vorrat I-F andert (c Konstante)

1 dF = c(l-F)

F dt

Daraus ergibt sich die logistische Funktion

rl = 1 + exp [ c (t to 5) ]

10

mit dem Zeitpunkt tos in dem 50 von F aufgebraucht ist fhr Verlauf ahnelt einem in die Breite verzerrten S (Sigshymoid) und wir nahern uns offenbar rasch dem Wendeshypunkt

Da die Intensitat des Glashauseffektes in erster Linie von der Zunahme des CO2 -Gehaltes abhangen wird kann man diese mit der der erwahnten Spurengase kombinieren es ergibt sich ein virtueller CO 2 -Gehalt Dann kann die K1imawirkung in Abhangigkeit vom realen CO2 -Gehalt ausshygedrtickt werden das erlaubt eine Abschiitzung der repriishysentativen Temperaturzunahme (mit Ausnahme der Polarshygebiete) als Funktion des COrGehalts bzw der Zeit Zu den Voraussetzungen gehort daU die CO2 -Wachstumsrashyte unteT Einbeziehung der Entwicklungsllinder mit ihrem Nachholbedarf nicht rasch sinken kann und da~ keine anshydere Energiepolitik das CO2 -Risiko ganz ausschalten wird Unter diesen Voraussetzungen lli~t sich abschatzen da~ eine Temperaturzunahme urn 1 5degC (entsprechend der warmsten Periode der Nacheiszeit vor rund 6000 Jahren) schon zwishyschen 2005 und 2015 eine solche urn 25degC (entsprechend dem warmsten Abschnitt der letzten Zwischeneiszeit s Abschn 6) schon in etwa 50 Jahren erreicht werden kann Die kritische Phase bei der bel einer Erwarmung urn 4degC

m6glicherweise das arktische Treibeis wegschmelzen wird konnte trotz verlangsamter Wachstumsrate zwischen

2040 und 2075 dh in weniger als 100 Jahren eintreten Die entsprechenden Schwellenwerte des realen CO2 -Geshyhalts Jiegen flir eine Erwarmung urn 1 5degC (25deg4deg) bei rund 450 (550 750) ppm mit einer Fehlerbreite von plusmn 10 15

43 Die Albedo und das WiistenprobIem

Eine der wichtigsten Gr6Uen im Warmehaushalt der Erdshyoberflache ist die Albedo der Erdoberfliiche AE der Antellmiddot der reflektierten Strahlung an der einfallenden Globalstrahshylung G der Summe aus der direkten Sonnenstrahlung und der diffus gestreuten Strahlung des Himmels und der Wolken Hiertiber berichten in diesem Heft BAUMGARTshyNER KIRCHNER und MAYER (S 32 ft) Die mittlere Alshybedo der Erdoberflache liegt (nach einer besonders grtindlishychen Auswertung von Landsat-Aufuahmen in mehreren Spekshytralbereichen durch HUMMEL und RECK) bei 14 plusmn 05 Proshy

~ zent Aus einem der besten Strahlungsmodelle (MANABE und WETHERALD 1967) ergibt sich bei einer Zunahme

der mittleren Albedo von 1 eine Abnahme der Gleichshygewichtstemperatur urn 13degC Fast immer flihrt die Umshywand lung bzw Zerstorung der urspriinglichen Vegetation zu einer Zunahme der Albedo dies ist offenbar der einshyzige wichtige Eingriff des Menschen der zu einer Abkiihshylung flihren kann Diese Prozesse erfassen zwar riesige Flachen (landwirtschaftliche Nutzflache und Weideland zusammen 38 der Kontinente) aber sie vollziehen sich langsam schon seit def neolithischen Revolution vor 5-7000 Jahren heute beschleunigen sie sich mit der Bevolkerungszunahme

Eine entscheidende Rolle spielen die Vorgange die a1s Desertiikation bezeichnet werden ein passendes Wort in deutscher Sprache hierfLir mOOte erst neu gebildet werden Die Vegetationszerstorung an den Randern der Sahara ist in der Tat alarmierend die UN-Konferenz tiber Desertishyfication (Nairobi 1977) hat sie der WeltOffentlichkeit

klar vor Augen geflihrt Oberall in den Tropengebieten auch in den semiarid en und semihumiden Gebieten mit einer mehrmonatigen Regenzeit geht die Vegetation in den Weidegebieten rasch zurtick In den Liindern des Maghreb (Tunesien Algerien Marokko) in Lybien und im Sudan liegen verla~liche Schatzungen vor im Mittel rUckt die Wtiste urn 1 2 km jahrlich VOL Das bedeutet allein bei der Sahara in jedem Jahr eine Zunahme urn tiber 20000 km2 bull Dies ist keinesfalls die Foige einer Klimaiinshyderung - das konnte in Tunesien in Rajasthan im Sahelshygtirtel einwandfrei nachgewiesen werden Es ist vielmehr das Resultat der vom Menschen veranlaf3ten tiber Jahrtausende fortgesetzten Eingriffe in die natiirlichen Haushalte erst die Vernichtung der Gro~tierherden und der Raubtiere dann die Nutzung der nattirlichen Savannen und Graslander als Weideland flir Rinder Kamele Schafe und Ziegen dazu das jahrlich wiederholte Abbrennen des Grases shyso wurden die TrockenwaIder in Dornsavannen umgewanshydelt - zuletzt die Oberstockung der Graslander mit wachshysender Bev61kerungsdichte In den Liindem der Sahel zone ist die Zahl des Weideviehs in den Jahren 1949 - 68 auf das Sechsfache vermehrt worden hier treten Feucht- und Dtirrejahre meist in Gruppen auf und die Dtirre 1969 - 73 hat sieh 1977 wiederholt Die gro~e natiirliche Verandershylichkeit der Regenfalle von Jahr zu Jahr fUhrt immer wieshyder zu einer Vermehrung des Weideviehs tiber das 6kologishysche Gleichgewicht hinaus das damit nachhaltig gestort wird Hierzu kommt noch die Nutzung der letzten Baume und Straucher als Feuerholz (s Abschn 41) Da~ hierdurch selbst in semihumiden Gebirgslandern wie im Hindukusch oder in Nepal eine vollige Waldzerstorung in Gang kommt ergibt der Augenschein schon bei fltichtigem Besuch

Eine Modellrechnung von CHARNEY (1975) hat nun gezeigt da~ in dem Wtistengiirtel der Erde wegen der hohen Albedo der Erdoberflache der extraterrestrische Strahlungshaushalt negativ wird da~ dieses Defizit durch advektive Warmezufuhr und Absinken der Luft ersetzt werden mu~ und da~ die Zunahme der Albedo durch VeshygetationszerstOrung dieses Absinken nur noch verstarkt Das flihrt zu einem weiteren Rtickgang der Niederschlashyge und zu verstarkter Wtistenbildung Sicher handelt es sich hier urn einen schwachen erst in langen Zeitraumen und tiber gro~n Gebieten wirksamen Prozess der die naturbedingte Trockenheit im Bereich der subtropischen Hochdruckzellen noch verstarkt andere Modellrechshynungen und Auswertungen von Satellitenbildern haben diese Oberlegungen bestatigt Sieher sind die gro~en Wtishysten der Erde nicht erst vom Menschen geschaffen worden aber ihre Intensivierung und Ausweitung ist ein Produkt menschlicher Eingriffe An mindestens drei Stellen (bei Jodhpur mit rund 270 mm Regen im Jahr bei KhartumshyOmdurman mit 160 mm und bei Nefta in Tunesien mit 70 mm) zeigen eingezaunte Gebiete daU die vor den Weideshytieren geschtitzte ursprtingliehe Vegetation eine v61lig andeshyre Albedo hat a1s die umgebende Wtiste Ein Effekt auf die Niederschlage lli~t sich aus den (erst nach 1900 einsetzenshyden) Messungen zwar nicht nachweisen wohl aber aus den historischen Nachrichten aus dem Wtistengiirtel aus den Berichten der frUhen Reisenden tiber die Dauer der Regenshyzeit tiber die Existenz von Brunnen und regelma~ig abkomshymend en Fltissen noch im frUhen Mittelalter sind arabische Reisende quer durch die Sahara mit Pferden gezogen (tiber historische Klimaschwankungen natiirlicher Herkunft s Abschn 6 und 8)

11

5 Das Problem der Klimavorhersage Stand und Aufgaben

51 M odeUrechnungen

Was konnen wir tiber die Zukunft unseres Klimas vorausshysagen Was wissen wir tiber die Ursachen der Klimaschwanshykungen der Vergangenheit Immerhin wachsen unsere empirischen Kenntnisse tiber die Klimageschichte rasch an und erfassen die letzten 10000 Jahre schon recht gut die letzten 700000 Jahre immerhin schon in den Grundmiddot zUgen die Umrisse der Geschichte der letzten 500 Millionen Jahre beginnen ebenfalls sichtbar zu werden (SCHWARZshyBACH) Eindeutige Zusammenhiinge mit den nattirlichen Ursachen sind bisher hochstens vereinzelt nachgewiesen eine Vorhersage dieser extremen Ursachen (Abschn 3) ist bisher unmoglich

Physikalisch-mathematische Klimamodelle sind bisher vielshyfach nur in der einfachsten Form (0- oder I-dimensional) erortert worden 2- oder 3-dimensionale ZirkulationsmoshydelIe der Atmosphiire gibt es in den verschiedensten Formiddot men Gemeinsam ist ihnen die Ableitung der Felder Wind Luftdruck Temperatur auf der Grundlage vorgegebener Randbedingungen so der Temperatur der Ozeanoberfliishyche der mittleren Bewolkung ua Damit sind aber die fUr das Klima entscheidenden Wechselwirkungen fest vorgegeshyben schon die Behandlung des jiihrlichen Ganges ist mit einem so1chen Ansatz unmoglich erst recht natlirlich die Vorhersage von interannuellen Anderungen oder Klimashyschwankungen Die Wechselwirkung Atmosphiire - Ozean ist bisher in nur einem stark idealisierten Modell (MANABE und BRYAN) einbezogen worden andere Modelle behanshydeln den Ozean als beyregungslosen Sumpf der Wiirme und Wasserdampf abgibt bzw aufnimmt Sieher sind diese Ansiitze vielversprechend sie Hefem immerhin ein ziemlich realistisches BUd der groBen Stromungssysteme der Atmosshyphiire der hydrologischen BUanz Niederschlag - Verdunshystung und der Energieumsetzungen innerhalb der Atmosshyphiire Aber schon eine Umsetzung der Zahlenwerte flir die Landoberfliiche in regionalen Klimatypen zeigt die UnvoIlkommenheit dieser Art von Modellen da erhalten Texas und Stidchina ein Wtistenklima oder in der Sahara fallen 1500 mm Niederschlag am Rande des Himalaya dashygegen weniger als 50 mm Natiirlich geben solche Fehler AnlaB zur Verbesserung der Modelle diese aber finden heute weniger inder Physik als vielmehr in der Leistungsshyfahigkeit der Computer und dem Aufwand an Rechenzeit ilire Grenze Auch wissen wir heute daB die meisten Moshydelle (wegen in ihnen enthaltenen mathematischen Niiheshyrungen) auch bei gleichen Anfangsbedingungen verschieshydene Ergebnisse Hefem Modellexperimente Iiefem daher keine Abbilder der Wirklichkeit sondem sind Testversushyche tiber die Sensitivitiit der Modelle selbst Der entscheishydende Einwand ist aber daB es bisher noch nieht gelungen ist die Summe der zeitabhangigen Vorgiinge in Ozean Eis und Atmosphiire und ihre wesentlichen Wechselwirkunshygen in ein Modell einzubauen Keiner der hervorragenden Modellbauer macht sieh lIlusionen tiber die Schwierigshykeiten im Detail eine befriedigende Losung wird wohl kaum vor 10 Jahren gefunden werden konnen und auch dieses Datum mag noch zu optimistisch sein

Andere Modelltypen sind vorgeschJagen worden statishystisch-dynamische Modelle die zeitabhiingige Parameter unter Verzicht auf Detail als Statistiken behandeln und

12

stochastische Modelle bei denen die wirksamen langfristishygen Prozesse im Ozean und im Eis von der kurzlebigen Atshymosphiire her angetrieben werden (HASSELMANN und Mitarbeiter )

Aile diese Versuche sind notwendig und nUtzlich soweit sie unsere Kenntnisse tiber die Wechselwirkungen im klimatimiddot schen System und ihre Auswirkung erweitem erst wenn wir diesen komplexen Wirkungsmechanismus voll versteshyhen konnen wir ihn so vereinfachen dafll wir ein gentigend realistisches und doch noch traktables Klimamodell aufshybauen konnen Ein entscheidender Test ist die Simulation des jiihrlichen Ganges (zB WETHERALD - MANABE 1972) diese jahreszeitliche Anderung der Zirkulation ist eher noch groBartiger als die starks ten Klimaschwankunshygen der Vergangenheit wie etwa eine Eiszeit ftir die GAshyTES (1976) ein Zirkulationsmodell mit gegebenen Randbemiddot dingungen entwickelt hat

S2 Zur Frage der Vorhersagbarkeit

Solange die Hauptursachen der Klimaschwankungen in der Vergangenheit - zuniichst jedenfalls als unvorshyhersagbar geJten mUssen bleibt eine ernstzunehmende Prognose etwa flir das Klima der Periode 2100-2150 AD unmoglich Das muB ganz nilchtem gesehen werden selbst ~ wenn die eben erorterten Schwierigkeiten beim Aufbau eines geeigneten Modells voll befriedigend gelost werden konnen Aber ein Ausweg ist moglich der immerhin eine bedingte Vorhersage - in der Literatur als Vorhersage zweiter Art bezeichnet ermoglicht Setzen wir eillshymal voraus daB die unvorhersagbaren Prozesse so weltershylaufen wie in den letzten (rund) 5000 Jahren - genauer seit dem Verschwinden der letzten Reste der kontinentalen Inlandeisdome auf Labrador Dann konnen wir mit Modellshyrechnungen untersuchen wie dieses klimatische System auf Anderungen der Randbedingungen - zB auf eine Anderung des CO2 -Gehalts des Aerosolgehalts der unteren Troposphare oder der Stratosphiire (Vulkane) der Oberfliishychenalbedo - reagiert Solange kein wirklich komprehenshysives aile Untersysteme mitumfassendes Modell des klimashytischen Systems existiert sollte das in sorgfaltig geplanten Parallelversuchen mi t den heute verfUgbaren Modellen bzw den noch verbesserten Versionen durchgefilhrt werden

Parallel hierzu muB aber ein vertieftes Studium charakshyteristischer Stadien der Klimate der Vergangenheit treten ~ das Iiegt auch im Interesse der Modellbauer Es gibt nur eine Mogliehkei1 die Eignung eines Modells zur Klimavormiddot hersage zu erproben die Simulation der Klimate der Vershygangenheit und ihrer zeitlichen Entwicklung Aber auch unabhiingig davon geben uns diese Paliioklimate Hinweise darauf wie das Klima unserer Erde auch aussehen konnshyteo Denn hier versagt offenbar - jedenfalls gilt dies ftir die Mehrzahl der Meteorologen unser Vorstellungsshyvermogen nur so ist das (fast irrationale) Festhalten an der Oberzeugung von der Konstanz unseres Klimas zu erkliiren trotz all unserer Erfahrung mit extremen Wetterlagen

Stellen wir nur die in der Vergangenheit wirksamen Klimashyfaktoren in Rechnung dann mtissen wir uns fragen wie sah das Klima aus als unsere AlpengJetscher den vielerorts im Gelande noch siehtbaren Hochststand (mehrfach in def Zeit zwischen 1610 und 1855) erreicht hatten Das war die kleine Eiszeit (s Abschn 7) sieher mtiBte def Obershy

gang zu der nachsten Eiszeit von einem solchen Stadium ausgehen und wir mtissen die Frage nach der Natur dieses Obergangs erortern Stellen wir im Gegensatz hierzu die anthropogenen Faktoren in den Vordergrund die offenmiddot bar in ihrer Gesamtheit zu einer globalen Erwarmung flihren (s Absdm 41 42) dann kbnnen wir die Warmmiddot phasen der Vorzeitklimate untersuchen und als Beispiel fUr die in Zukunft zu erwartenden Zustande nehmen NatUrJich mtissen wir uns auch die Frage stellen kann sich das Klima der Vergangenheit wiederholen oder haben sich die Randbedingungen inzwischen geandert Nachdem wir heute wissen daf~ es in jtingerer Vergangenheit nicht eine oder vier sondern mindestens 17 Eiszeiten und ebensoviele Warmzeiten g10balen AusmaBes in 18 Milliomiddot nen lahren gegeben hat (FINK und KUKLA) stellt sich dieses Problem in aller Scharfe Auch die Geschichte des Menschen wiederholt sich nie aufvbllig g1eiche Art

Solange wir also keine physikalisch einwandfreien genUmiddot gend realistischen Klimamodelle zur Verftigung haben mUsmiddot sen wir uns mit dem Vergleich vergangener Zustande aber mit aller gebotener Kritik und Vorsicht behelfen Diese Art der Darstellung moglicher aber keinesfalls gesimiddot cherter Zustande bezeichnet man (in der sehr umfang reichen Literatur Uber Zukunftsfragen) als Szenarium als Drehbuch fUr einen Film Das ist eine auBerst unglUckmiddot liche Bezeichnung unsere Darstellung entspringt niemals allein schbpferischer Phantasie sondern beruht ausschlieBmiddot Hch auf den kritisch durchgeprUften Grabungsergebnissen der Vergangenheit alles was frliher schon einmal gesche hen ist kann wieder geschehen sofern die g1eichen Randmiddot bedingungen gegeben sind HierfUr geben uns die vorliemiddot genden Modelle wertvolle Hinweise Andererseits mUsmiddot sen wir stets die natiirlichen Schwankungen des Klimas (mit einer GroBenordnung von plusmn 06degC fUr die g10bale Mitteltemperatur gegeben fUr einen zB IOOjahrigen Mitmiddot telwert) mit in Rechnung stellen sie addieren sich zu den anthropogen verursachten Schwankungen ledem mit der Klimavergangenheit nicht vertrauten Leser sollte das Studium des groBen zweibandigen Werkes Climates Past Present and Future von H LAMB dringend empfoh len werden

FUr den folgenden Abschnitt 6 die Erorterung globaler Warmphasen als Beispiele [iir m6gliche Klimazustiinde unter anthropogenem Einftuj3 mUssen wir folgende einmiddot schrankende Voraussetzungen machen (s Abschn 23 und 3)

a) Konstanz der Solarkonstanten (innerhalb der heutigen MeBgenauigke it)

b) keine Haufung starkerer VulkanausbrUche c) kein groBskaliger Ausbruch des WestantarktismiddotEises d) keine Anderung der mittleren Bewolkung

Die letzte Einschrankung bezieht sich auf unsere mangelmiddot haften Kenntnisse tiber die Rolle der BewOlkung im Strahmiddot lungshaushalt Zweifellos ware schon eine geringe Zunahmiddot me der Bewolkung (zZ nach Bodenbeobachtungen ca 52 nach Satellitendaten ca 30 beides mit sysmiddot tematischen gegeneinander wirkenden Fehlern behaftet) fUr den Warmehaushalt von entscheidender Bedeutung Doeh ist das unwahrscheinlich (CESS) der gro~te Teil der Wolken entsteht in aufsteigenden Luftstromungen und lost sich bei Absinken auf bleibt also als Foige des Kontinuitiitssatzes etwa erhalten Die stabilen Inversionen

aber dUrften bei einer CO2 middotZunahme wegen der waehsenden LabiliHit der Schichtung eher abnehmen

6 Warmphasen in der Klimageschichte

61 Friihmittelalterliche Wiinneperiode

Da eine Riickkehr zu einer rein naturbedingten Klimaentmiddot wicklung ebenso unmoglich ist wie eine RUckkehr zu den Lebensbedingungen der lungsteinzeit fUr eine Erdbevolkemiddot rung von Uber 4 Milliarden miissen wir mit einer g10balen Erwarmung rechnen Dem widerspricht die Abklihlung der Periode 1945-72 in mittleren und hohen Breiten der Nordhalbkugel nur scheinbar in niedrigen Breiten blieben die Temparaturen fast konstant in gemaBigten Breiten der SUdhalbkugel und am Rande der Antarktis sind sie sogar leicht angestiegen Einer CO2 middotZunahme von 12-13 entspricht eihe g10bale Temperaturzunahme urn a2degC dies liegt noch ganz im Bereich des statistischen Rauschens dh der interannuellen Variabilitat Die bemiddot obachtete AbkUhlung kann offenbar mindestens teilweise auf die seit 1955 wieder auflebende Vulkantatigkeit (nach einer Pause 1912-1948) zuruckgefUhrt werden Das Argumiddot ment daB ohne die inzwischen erfolgte CO2 middotZunahme die AbkUhlung entspreehend starker gewesen ware la~t sich weder beweisen noch widerlegen es steht jedenfalls im Einklang mit den zuveriassigsten Strahlungsmodellen Wir betrachten also zunachst als Beispiel fUr eine kUnftimiddot ge Klimaentwicklung - einige Warmphasen aus der Klimamiddot geschichte ohne daB ruer auf die Art der Quellen und ihre Kritik eingegangen werden kann (vgl die Monogramiddot pruen von SCHWARZBACH und LAMB)

Die erste wichtige Warmphase ist das frUhe Mittelalter etwa die Periode 900 - 1050 un serer Zeitrechnung Sie ist zwar in Mitteleuropa durch historische Daten wenig bemiddot legt das umfangreiche Werk von H LAMB enthalt eine Zusammenstellung aller erreichbarer Daten die inzwischen fortlaufend erganzt werden In dieser Zeit scheinen sich (die vorsichtige Ausdrucksweise ist wegen der noch allmiddot zuoft unkri tischen Auswertung historischer Quellen notmiddot wendig) in weiten Teilen Europas warme Sommer und DUrreperioden zu haufen Die wichtigsten Befunde ergeben sich ausder Siedlungsgescruchte der Wikinger in Island und Gronland mit ihren klihnen Vorstoampn nach Labrador und Neufundland Diese Auswanderer (aus politischen GrUnden) trafen ab 874 Island zu etwa 60 bewaldet an sie trieben dort nicht nur Schafzucht sondern auch Getreidebau (wie Ubrigens damals in Norwegen bis zum 65 Breitengrad) Sie Uberquerten die DanemarkstraBe an der schmalsten Stelle ohne den heutigen TreibeisgUrtel anzutreffen und errichteten Siedlungen in Siidmiddot und Westgronland die FriedhOfe dieser Siedlungen liegen heute im Dauermiddot frostboden War der OstgronlandstrOin damals in 65degN eisfrei dann muB das bei dessen hoher Geschwindigkeit Om Vergleich zur Abschmelzzeit der Eisschollen) fUr seimiddot ne gesamte Lange zutreffen die arktische Treibeisgrenze lag also damals an der Nordkiiste Grbnlands dh in 80-shy

o8I N Breite Erst urn 1330 liegt ein zeitgenbssischer Bemiddot richt vor daB das vorgeriickte Eis zur Aufgabe dieses Scruffmiddot fahrtsweges gefiihrt hat zugleich verschlechterten sich die Klimabedingungen in Gronland und Island wo der Getreimiddot debau aufgegeben werden muBte Archaologische For schung hat zeigen konnen daB urn 1000 die Eskimos den ganzen arktischen Arcrupel Kanadas besiedelt hatmiddot

13

ten ebenso die Neusibirisehen Inseln In diesen heute mensehenleeren Einoden lebten sie von Walfang ~ dieshyser setzt offenes Wasser im Sommer voraus Die gleiche Klimaversehlechterung zwang sie ZUIll Ausweichen nach Sliden und ZusammenstoJ)e mit den durch Hunger und Seuchen dezimierten norwegisehen Siedlern in StidgrOn land filhrten zu deren Verniehtung

Die Waldgesehichte Kanadas und Europas die Gletschershygesehichte der Alpen beJegen um J 000 eine Erwarmung lim etwa 1deg( das Kaspische Meer erreichte einen seiner tiefsten Stande bel ~3~ m dh niedriger als heute wo viel Wasser zu Bewaserungszwecken verwendet wird Der Nordteil der Sahara war feuehter als heute arabische Reishysende beriehteten sogar aus dem heute trockensten Geshybiet (Kufra) von einer gerade erst aufgegebenen Rindershyzucht man wird die Niederschlage damals doch auf 150-~00 mmiJahr schatzen mussen gegeniiber 3~5 mm heute Aber aus dem Mittelmeerraum wird von einzelnen uberaus kalten Wintern berichtet ebenso hatten China und Japan warme Sommer aber auch strenge Winter in denen die gro~en F1u~-Seen am Jangtsekiang zufroren 1m mittleren Westen der USA herrschten giinstige Bedinshygungen fur Ackerbau Jagd und sogar stadtische Kuhur wah rend urn 1200 Serien von Durren zur Aufgabe von Gebieten zwangen Da~ diese Dtirreperiode hier im heutishygen Maisanbaugtirtel 200 Jahre anhielt (Bryson und Murshyray) mu~ besonders beachtet werden Der mittlere Westen Nordamerikas ist zZ das einzige Gebiet mit Getreidetibershyschuf~ wahrend viele andere Lander von Importen dh von der Hand in den Mund Jeben

Eine Zusammenschau dieser (und anderer) Daten fUhrt zu der Vorstellung (LAMB) da~ wie in den hei6esten Somshymem der Periode 1931-60 die Zyklonenzugbahnen der Westdrift durch quasi-stationare Hochdruckgebiete urn 300~500 km nach N verlagert waren Auch im Winter ergab sich eine iihnliche Situation die aber mit blockierenshyden Hochs zu hiiufigen Kaiteperioden ftihrte Wahrend im Eis Gronlands bereits eine vortibergehende Abktihlung urn 1160 eintrat die auch von Schweizer Gletschern beJegt ist war die nachste Kaltewelle mit dem Hohepunkt urn 1320 noch nachhaitiger wirksam alle Warmphasen seit dieser Zeit haben nieht die Andauer und Intensitat derjeshynigen urn die Jahrtausendwende erreicht Ftir sie kann ein Anstieg der reprasentativen Temperaturen urn etwa 1degC angesetzt werden die in der Arktis vermutlich 2-3degC erreicht haben diirfte Von der Sudhalbkugel Jiegen kaum Daten vor au~er einer Trockenperiode in Neuseeland zur Zeit der Maori-Einwanderung

62 Die holozane Warmeperiode vor 6000 (bzw 4000) Jabren

Nach dem Hohepunkt der letzten Eiszeit (18000 vh = vor heute) dauerte der Eisrtickzug in den beiden Nord-Kontishynenten verschieden lang das Skandinavische Inlandeis verschwand endgilltig kurz vor 8000 vh wiihrend zugleich das Laurentische Eis Nordamerikas noch die Hudsonshybucht mit allen Nachbarliindern bedeckte mit noch etwa 50 Prozent seiner urspriinglichen Flache Nach einem katashystrophalen Einbruch des Meeres in die Hudsonbucht vershyschwand das Eis im Westen relativ rasch in Labrador anshyscheinend erst urn 4500 vh wah rend in Baffinland ausgeshydehnte Plateaugletscher bis heute tiberlebten Das ftihrte

14

in der Zeit 8000-4500 vh zu einer permanenten Anomashylie der Zirkulation von Atmosphare und Ozean tiber Euroshypa zu einer zusatzlichen advektiven Erwarmung mit einem ersten Hohepunkt urn 6000 vh einem zweiten ab etwa 4500 vh nach einer kurzen intensiven Abktihlung urn 4800 vh wahrend das ostliche und zentrale Nordamerika noch relativ ktihl blieb Offenbar lagen auch Alaska und das westliche Nordamerika unter dem Einfiu~ eines warmen Hochdruckrtickens langs 1000W dehnte sich der boreale Wald etwa 300 km weiter nach N aus als heute ja vor 4800 vh sogar bis zur Banks-Insel (74degN) Ahnliche Beshyfunde Iiegen von Nordnorwegen und der westsibirischen Taiga vor die eine Erwarmung urn 2 bis 3degC andeuten im globalen Mittel ergibt sich eine Erwarmung urn etwa I 5degC In der inneren Arktis waren selbst die Nordktisten von Spitzbergen Gronland und Ellesmere-Land im Somshymer eisfrei wahrend der Kernbereich des arktischen Treibshyeises zwischen N ordkanada und Ostsibirien sieher erhalten blieb

Die Vegetationsgeschichte von Eurasien (FRENZEL) zeigt diese Warmphase klar Werbei darf man nlcht vergesshysen daB die Einwanderung von Waldbaumen erheblich Ianshygere Zeit benotigt als die daftir verantwortliche Klimaiindeshyrung Von besonderer Bedeutung ist dabei in Ostsibirien a offenbar auch in Kanada und Alaska ein Rtickzug des Dauerfrostbodens urn mehrere 100 km nach Norden in den Gebirgen rtickte die Waldgrenze tiberaIl urn 100-150 m aufwarts In den Alpen lli~t sich das mit vielen Einzelheiten belegen (pATZELT) aber im Gegensatz zur Subarktis kam es hier in der Periode zwischen 8000 vh und 800 vh zu mindestens vier Warmeperioden und zwischengeschalteshyten Kaltphasen mit Gletschervorstii~n von jeweils fast gleieher Intensitat Ftir die TemperaturverhaItnisse der Ozeane sind nur wenige Angaben vorhanden - die zeitshyliche Aufiosung der Ozeanbohrkerne liegt meist bei 3-5000 Jahren als Folge der geringen Sedimentationsrate und der biogenen Durchwtihlung des Meeresbodens Nur fUr den Kuroshio zwischen Taiwan und der japanischen Stidktiste wird eine Erwarmung urn 6degC angegeben

Die auffaIligste Erscheinung ist eine verbreitete Zunahme der Niederschliige mit nur zwei sicheren Ausnahmen In Westsibirien sowie im Mittelwesten der USA (Wisconshysin - Illinois) weitete sich das trockene Grasland nach N bzw E hin aus Oberall sonst besonders auWillig 1m Trok- ~ kengtirtel der Alten Welt von Mauretanien (l7degW) bis nach Rajasthan (77degE) herrschte ein feuchteres Klima als heute in der Sahara ist es an mehr als 30 fossilen Seen und Fltisshysen einwandfrei belegt eben so in der Danakilwtiste in der arabischen Wtiste aber auch im SW Nordamerikas im ostafrikanischen Graben und in weiten Teilen Australiens Zwei Gebiete sind besonders gut belegt in Rajasthan (BRYSON) schwankte die Regenmenge zwischen 400-600 mm (zeitweise fiber 800 mm) von etwa 10500 vh bis rund 3700 vh gegeniiber rund 250 mm heute und der Tschadshysee heute ein naches von Diinen durchsetztes Seebecken von maximal 23000 km2 dehnte sich zweimal (urn 8500 und urn 5800 vh) auf tiber 320000 km2 aus (MALEY) mit einem Spiegel tiber 40 m hoher als heutc und einer maximamiddot len Tiefe von etwa 200 m Das zentrale Trockengebiet zwischen Kufra und Tibesti heute mit weniger als 5 mml Jabr war zT von dauernd flie~nden Fltissen durchzogen Das Grasland wurde genutzt von offenbar zahlreichen rinderztichtenden Nomaden und die jahrlichen Niedershy

schlage werden auf 200-400 mm geschatzt (PACHUR GABRIEL) im Tibestigebirge (heute 100 mm) auf tiber 800 mm Besonders auffallig ist da~ in dieser Feuchteperiode sowohl die Nord- wie die Stidflanke der Sahara starker tiberregnet wurden im Sahelgebiet schlieBt ROGNON auf eine ganzjahrige Regenzeit mit haufigen Dauerregen an stelle der kurzen Sommer-Regenzeit mit ihren heftigen Schauern Das ist nicht vertraglich mit der Lehrbuch-Vorstellung von einer meridionalen Verschiebung aller Klimagtirtel die im Stiden und Norden der Sahara alternierende Feuchtshyphasen auslosen m~te Nur bn Winterregengebiet nordlich 36degN find en wir in Anatolien und Iran (so am Van-See) eine markante Trockenperiode gleichzeitig mit der Feuchtshyphase der ganzen Sahara Diese Feuchtphase schon einmal urn 7500 vh unterbrochen wurde ab 5500 vh durch eine allmiihliche Austrocknung abgelost die urn 4000 vh in der Sahara etwas spater auch in Rajasthan zu einem ariden Klima ahnlich wie heute fOOrte Diese Austrocknung haben die frOOeren Hochkulturen miterlebt das Alte Reich Agyptens die Stadtkulturen zwischen Jericho und Ur die Indus-Kultur ilire Krisen oder ihr Untergang hiingen offen bar von diesen Klimaanderungen starker ab als von dem Einfall fremder Volksstamme

Die Interpretation dieser Befunde aus dem Holoziin (=Nachshyeiszeit) erfordert eine genaue Synchronisation des Ablaufs der Klimageschichte in weit entfernten Raumen sowie ein meteorologisches Verstiindnis dieser raumlichen Bezieshyhungen anhand rezenter Befunde Zunlichst ergibt sich auch heute in den Obergangsjahreszeiten wie im Winter die Existenz quasi-permanenter Hohentr6ge die sich in 150-300 mbar jeweils weit zurtick nach SW bis in die innemiddot ren Tropen hinein erstrecken (FLOHN 1975) Ahnlich existieren diese diagonaien Hdhentrdge auch tiber der Stidhalbkugel wo sie bis zum Aquator gelegentlich auch dartiber hinaus reichen In ihrem Bereich kommt es zu einer Wechselwirkung der tropischen und aulkrtropischen Storungen (Abb 9) die zu kraftigen Wirbeln mit Gewittermiddot schauern und Sandsttirmen ftihren dies sind die schon urn

Interaction Upper Troughs-low level Tropical Vortices Lat

300

fIlA 200

10middot

omiddot Abb 9 Diagonale Hohentroge (200 mb) und ihre Wechshy

selwirkung mit Storungen der tropischen Oststroshymung (700 mb)

1935 bekannten Saharadepressionen 1m westlichen und zentralen Nordafrika laBt sich an heutigen Statistiken die simultane Schrumpfung bzw Ausweitung des Trokshykengtirtels und die Rolle der Frtibjahrsregen hierbei nachshyweisen dasselbe ergab sich aus historischen Studien der Regenverhaitnisse im 17-19 Jahrhundert (NICHOLshySON)

Wahrend der ersten Feuchtphase 10500 8000 vh existiershyten noch ausgedehnte EisfHichen in Nordeuropa und Nordmiddot amerika Das ganze Jahr tiber reichte die glob ale Kaltshyluft und die von ihr ausgehenden Kaltetroge weiter stidmiddot warts als heute wahrend sich Uber den Tropen bereits die heutige Zirkulation herstellte Die Befunde deuten im Atlantik wie im Pazifik auf eine Abschwachung der subtroshypischen Hochdruckgebiete und damit der Intensitlit der Passatwinde Dies fiihrt notwendig zu einer Abschwachung des Aufquellens von Kaltwasser sowohl an den Westktisten (NWmiddotAfrika Kalifornien) wie am Aquator hier also zur Vorherrschaft der EI-Nino-Zirkulation mit Warmwasser starker Verdun stung und aquatorialen Regen auf dem Meer die geophysikalische Rolle dieses Wechsels ist kaum zu tiberschatzen Urn 8000 - 7300 vh kam es nach Vermiddot schwinden des skandinavischen Eises zu einer Unterbremiddot chung der Feuchtphase Diese stellte sichjedoch wieder her solange noch tiber Labrador - Baffinland ausgedehnte Eisfelder auch im Sommer tiefe weit ausgreifende Hohenmiddot troge zur Folge hatten diese traten offenbar in Nordamerishyka sowie in EuropaAfrika in den Obergangszeiten haufishyger auf als heute 5-10 faile dieser Art pro Jahr gentigen urn insgesamt 150-250 mm zusatzlichen Niederschlag hervorzubringen Die endgultige Austrocknung vollzog sich erst urn etwa 4500 vh mit dem Verschwinden der Eisreste aus Labrador

Die fUr den Klimaablauf entscheidenden physikaischen Randbedingungen in der Subpolarzone waren also urn 6000 vh noch wesentlich anders als heute erst urn 4500 vh entwickelten sie sich offenbar mit einer noch starkeren Reduktion des arktischen Eises Die ebenfalls noch wanne Phase urn 4000 vh deren regionale Einzelheiten weniger gut bekannt sind war im Trockengtirtel der Alten Welt wie im SW Nordamerikas in Stidafrika und in Australien ahnlich trocken wie heute Noch eine weltcre Randbedinshygung sollte nicht vergessen werden die bereits erwahnte (Abschn 43) Vegetationszerstorung und Desertifikation die mit der Zunahme der Obertlachenalbedo tiber den Meshychanismus des Charney-Modells zu einer Verstarkung des Absinkens fUhrt Sie wird wahrscheinlich bei einem Ruck gang des ArktismiddotEises eine Zunahme der Niederschlage im Sahel hinausz6gern jedenfalls solange bis durch geeigshynete SchutzmaBnahmen eine geschlossene GraslandmiddotVege tation in den Randgebieten der Sahara wieder hergestellt werden kann Das aber ist ein okonomisch-soziales Pro blem

63 Letztes Interglazial EemmiddotWannzeit 120000 vb

Die EntwickIung quantitativer Arbeitsmethoden in der Geo logie hat in den letzten Jahren einige aufregende Entdek kungen innerhalb der Erdgeschichte erm6glicht Hierzu zahlt die Entdeckung eines 17-18maligen Wechsels zwi schen Eiszeit und Warmzeit (Interglazial) in den letzten 2 Millionen Jahren in zeitlicher Obereinstimmung datiert mittels der Umkehrung des erdmagnetischen Feldes gefunshyden in Ozeanbohrkernen aus dem aquatorialen Pazifik (SHACKLETON - OPDYKE) und in L6Bprofilen in Mahmiddot ren und Niederosterreich (KUKLA und FINK) Damit ergab sich eine gesicherte Chronologie der Kalt- und Warmshyzeiten ftir die palaomagnetische BrunhesmiddotEpoche der letzten 700 000 Jahre In allen geeigneten Ozean-Bohrkernen finshydet man in der Zeit zwischen 127 000 und 75 000 vh (mit einer Fehlergrenze unterhalb plusmn 5000 Jahren) drei

15

Warmphasen mit zwei kurzen Kaltphasen dazwischen genauere Untersuchung in Barbados auf Mallorca Neuguishynea und an der Themsemtindung belegen auch die zugeshyhOrigen eustatischen Schwankungen des Meeresspieshygels da in den Kaltphasen gro6e Wassennengen als konshytinentales Eis gespeichert werden Auf dem Festland sind bisher zwei nahezu vollstandige Moorbohrkerne untershysucht worden (in Mazedonien und sudlich der Vogesen) die die gleichen Schwankungen zeigen aber in wesentlich hOherer zeitlicher Auflosung Noch weiter auflasbar sind die Diatomeenablagerungen Nordwestdeutschlands mit ihren tiber 10 000 Jahre reichenden Jahresschichten (H MOLLER) die eine pollenanalytische Analyse von Abshyschnitten von nur 15 Jahre Lange erlauben

Nach allen vorliegenden Befunden ist die friiheste der drei Warmphasen mit deutlichem Abstand die warmste noch etwas warmer als die erarterte holozane Warmphase offenbar auch warmer als die vorhergegangenen Interglashyziale Sie reichte von 127000 bis etwa 115000 vh die warmste Phase umfa~te in den Vogesen mindestens 10000 Jahre dagegen die beiden Kaltphasen nur jeweils 1600 bzw 1000 Jahre Ftir Europa und die Sowjetunion existiert eine detaillierte Vegetationsanalyse (FRENZEL) dieser Warmzeit die mit dem hollandischen Lokalnamen Eem (im engeren Sinne) bezeichnet wird nach dieser Anashylyse miissen die Temperaturen 2-3degC haher gelegen haben als heute in Sibirien sogar bis 6degC Xhnlich wie im Holoshyzan miissen die Niederschlage hoher gewesen sein zumal die hOhere Temperatur schon an sich zu einer Zunahme der Ozean-Verdunstung fiihrt Neben der oben erorterten Dominanz der EI-Nifio-Zirkulation am Xquator ist eine weitere Ursache der Verstarkung des hydrologischen ZykshyIus der eustatische Meeresspiegelanstieg auf + 5-7 m der durch einen breiten Meeresarm zwischen Ostsee und Wei~em Meer Fennoskandien zur Insel macht und im Mtindungsgebiet von Ob und Jenissei bis tiber 1000 km weit ins Binnenland eingreift (FRENZEL) Zugleich kam es zu einem drastischen Riickzug des Dauerfrostbodens in Ostsibirien bis etwa 57deg Breite (heute etwa 49deg) Auch bei einem Anstieg der Temperaturen urn 6degC erlebte Sibishyrien auch damals sehr kalte Winter doch miissen im Sommiddot mer die Ktisten weitgehend eisfrei gewesen sein Anderermiddot seits ergeben die Bohrkerne im Arktischen Ozean daB der zentrale Kern des arktischen Eises zwischen Gronland Alaska und Ostsibirien aile Warmzeiten seit mindestens 700000 Jahren ohne Unterbrechung uberdauert hat die gleiche Annahme erscheint fUr das Gronlandeis immershyhin wahrscheinlich (wenn auch nicht belegt)

Mit dem starker mariti men Klima Europas reiehten warmiddot meliebende Walder weit nach Ru6land hinein Das Vorshykommen von Lowen FluBpferden und Waldelefanten in GroBbritannien ist ein besonders auffallendes Anzeimiddot chen warmerer Bedingungen wenn auch der SchluB auf tropisches Klima nach Ausweis der Vegetation sicher unshygerechtfertigt ware Aus den tropischen Kontinenten lieshygen bisher nur wenige Befunde vor eine lange humide Phase an der westafrikanischen Kiiste und in der Afar-Senke am Roten Meer entsprechen den Befunden der holozanen Warmzeit

Diese Eem-Warmzeit war offenbar die wiirmste Phase seit Beginn der Brunhes-Epoche vor 700000 Jahren abet das gesamte letzte Interglazial dauerte wesentlich langer

es umfaBte zwei weitere etwas kiihlere Warmphasen geshytrennt durch zwei intensive Kaltphasen urn etwa 110 000 und 90 000 vh Die zugehorigen Schwankungen des Meemiddot resspiegels zwischen -70 und -80 m in den Kaltphasen (letzte Eiszeit -100 m) und etwa -5 m in den beiden spateren Warmphasen zeigen daB die Schwankung des globalen Eisvolumens immerhin 70-75 derjenigen zwishyschen letzter Eiszeit und heute betrug Diese Anderunshygen der Massenbilanz in den beiden Kaltphasen drang ten sich jeweils auf weniger als 10 000 Jahre zusammen die entsprechenden Klimaanderungen auf dem Festland liefen nach Ausweis der (verzogerten) Vegetationsschwanshykungen in den europaischen Mooren in wenigen 100 Jahshyren in Wirklichkeit also vermutlich in lt 100 Jahren abo Das wird bestatigt durch den Gronland-Blitz eine in ihrem Mechanismus noch nieht einwandfrei geklarshyte Abkiihlung in weniger als 100 Jahren (DANSGAARD) die im Eis Nord-Gronlands in tiber 1300 m Tiefe seit minshydestens 90000 Jahren tiefgefroren aufbewahrt ist

Gewi~ sind noch nieht alle Fragen geklart Offenbar haben sich im mittleren Europa die beiden Kaltphasen trotz globalen Charakters nur kurzfristig in Form abrupter Abkiihlungen in der und hier allein interessierenden humashynen Zeitskala ausgewirkt Xhnliche Ereignisse haben sich nach den heute vorliegenden Befunden in allen jtingeren Y Interglazialzeiten (und im Holozan) abgespielt - auf dieshyses Problem muB noch (Abschn 8) eingegangen werden

Der eustatische Meeresspiegelanstieg im Eem ist in seiner Ursache noch nicht geklart ein Anstieg urn 5-7 m entmiddot spricht entweder dem Abrutschen des Eises der Westantshyarktis oder dem Verschwinden des Gronlandeises oder eishynem entsprechenden Wasserverlust der sehr stabilen Ostantshyarktis Wabrend das zuerst genannte Ereignis uU recht rasch vor sich gehen konnte (genauere Vorstellungen tiber die Zeitskala liegen allerdings nicht vor) laufen die beiden anderen Ereignisse so langsam ab daB der zugehoshyrige weltweite Meeresspiegeianstieg in der GroBenordnung weniger mm pro Jahr (heute 11 mm) bleibt

64 Eisfreie Arktis vereiste Antarktis (12-25 Mill vh)

Wahrend die bisher dargestellten Klimaphasen keine grundshysatzlichen Abweichungen gegentiber dem heutigen Klimashybild zeigen trifft dies fUr den extremsten Fall eines vOl- ~ ligen Verschwindens der arktischen Treibeisdecke nicht zu Die Idee eines Verschwindens des arktischen Treibshyeises hat zuerst BUDYKO urn 1962 entwickelt und zwar als Endergebnis einer gezielten Umwandlung des Klimas wie sie 1959 auf einem der Kongresse der KPdSU proklashymiert worden war - im Einklang mit der marxistischen These von def Umwandlung der Natur durch den Menshyschen Bei naheren Untersuchungen stellte sich heraus daB dieses Projekt (schon wegen der Ausdehnung der Eisdecke tiber 10 bull 106 km2 ) nicht nur extrem aufwendig war sondem auch sehr weitreichende Nebenwirkungen zur Foige haben konnte Spater erkannte man daB die im Gange befindliche Zunahme des CO2 -Gehaltes zu dem gleiehen Ergebnis fiihren konnte Die Sensitivitat dieses Systems wurde bereits besprochen (vergl Abschn 21) ein vereinfachtes eindimensionales Klimamodell (BUDYKO 1969) ergab bei wachsendem CO2 -Gehalt und zunehmender Erwarmung ein immer rascheres Ruckshyweichen der EisSchneegrenze zum Nordpol hin

16

Ein solches scheinbar jeder Erfahrung widersprechendes Modell konnte nieht ohne Widerspruch hingenommen werden Schon die Frage ob unter den heutigen Klimashybedingungen die Eisdecke irreversibel verschwinden kann oder ob sie sich im nachsten Winter neu bildet mu~te eingehend erortert werden wir konnen sie offen lassen da nunmehr ein Verschwinden des Treibeises unter extreshymen von den heutigen abweichenden Klimabedingungen zur Erorterung steht Diese Frage kann nur mit umfangreishychen Modellrechnungen beantwortet werden unter weishychen Bedingungen ist das dynamische System Meer Treibeis (mit Polynyas) - Schneedecke - Atmosphiire tiber den jahreszeitlichen Wechsel der Strahlungsbilanz hin stabil bzw instabil Solche Rechnungen sind im Gang eine ganze Familie von stufenweise immer komplexerer Modelle mu~ unter verschiedenen Randbedingungen geshytestet werden eine umfangreiche Arbeit die nicht heute oder morgen zu Ende geftihrt werden kann

Einer der vielen Einwande war die Frage ob ein eisfreier ~ Arktischer Ozean gleichzeitig mit einer vereisten Antarkshy

tis existieren konne dies ergibt eine schwer vorstellbare Asymmetrie der beiden Halbkugeln Aber auch heute existiert eine deutliche Asymmetrie die Troposphiire tiber der Antarktis ist im gleichen Niveau im Jahresmittel 11shy

12degC kalter als tiber der Arktis im NordsommerlStidwinter sogar um tiber 26degC Da nach einfachen OberJegungen die durch die Modellversuche von FULTZ (1959) bestiishytigt wurden die Zirkulation der Atmosphiire von dem Temperaturgeflille zwischen Aquator und Pol abhiingt (KORFF und FLOHN 1969) ist die Zirkulation auf der Stidhemisphiire starker als auf der Nordhalbkugel und greift tiber den Aquator hintiber im Jahresdurchschnitt bis etwa 6deg Nordbreite im Juli (Januar) auf rund 12deg N (1 deg S) Das zirkulationserzeugende meridionale Temperaturgefalle ist heute tiber der Stidhalbkugel im lahresdurchschnitt 42 gro~er als tiber der Nordhalbkugel

Tatasachlich hat aber - das ist eine der grundlegenden Erkenntnisse die wir dem Deep Sea Drilling Programm mit der Glomar Challenger verdanken - ein derart krasser Gegensatz der beiden Pole im jtingeren Tertiar viele Millionen Jahre lang existiert (KENNETf 1977) Der Antarktische Kontinent war erstmals vor 38 Ma (= 106

Jahre) mindestens teilweise vereist schon damals bildete sich das antarktische Bodenwasser der Ozeane mit einer

Abktihlung um etwa 5degC Eine vollstandige Vereisung der Antarktis besteht seit dem mittleren Miozan vor 12shy14 Ma sie war seither nur noch sekundaren Schwankungen unterworfen Vor etwa 55 Ma bildete sich dieses zuniichst noch relativ flache Eis mit Temperaturen um OdegC in ein kaltes stabiles Eis (der Ostantarktis) um noch 200shy300 m mach tiger als heute begleitet von einer globalen Abktihlung und einer eustatischen Absenkung des Meeshyresspiegels Diese ftihrte an der Schwelle von Gibraltar zu einer (mehrfach wiederhoJten) Abschntirung und Ausshytrocknung des westlichen Mitteimeeres (HSU) auf deren regionaie klimatische Bedeutung nicht weiter eingegangen werden kann

Die allmiihliche Abktihlung wiihrend des mittleren und junshygeren Tertiars hangt offenbar mit der Bildung des kalten von der Antarktis sich ausbreitenden Bodenwassers zusamshymen durch Mischung sanken auch in mittleren Schichshyten die Wassertemperaturen langsam ab und mit der Vershy

starkung der atmosphiirisch-ozeanischen Zirkulation kam es zum Aufquellen dieser ktihlen Schichten am Aquator und an den subtropischen WestkUsten Eine Vereisung der Gebirge der Nordhalbkugel trat erst lange nach der Antshyark tis ein in Alaska vor etwa 9 Ma in Island und im kalimiddot fornischen Hochgebirge vor etwa 28 Ma Eine Bildung von arktischem Treibeis war erst moglich nachdem diese konshytinentalen Gletscher allmahlich beim sommerlichen Schmelshyzen eine dUnne salzarme Deckschicht des Arktischen Ozeans gebildet hatten dies geschah offenbar erstmals vor 23 Ma zuerst sicher noch als jahreszeitliches Eis

Damit steht also fest da~ in der Zeit zwischen 12 und 25 Ma gleichzeitig ein vollstandig vereister antarktischer Konshytinent und ein offener eisfreier arktischer Ozean existiermiddot ten In dieser Zeit miampte (aus theoretischen GrUnden) der meteorologische Aquator im Jahresmittei in etwa 9-10deg Nordbreite gelegen haben dafUr gibt es in Afrika auch Belege Als weitere Fol~e ware eine Verlagerung des Trockengtirtels bis 40-50 N zu erwarten die im ostlichen Europa auch belegt ist (zB im Wiener Becken s Abb 10) die subtropische Flora jener Zeit ist vielfach beschrieben worden (SCHWARZBACH MAGDEFRAU)

Northern Boundary of NHem Evaporite Zone

Oucternary (0-2 Ma) Late Tertiary 15-15 Ma) Early Tertiary (30-50Ma)

Abb 10 Mittlere Nordgrenze des Trockengiirtels (Ablashygerungen von Salz Gips usw) im Quartar (0 shy2 Ma) JungterWir (5 IS Ma) und Alttertilir (30 - 50 Ma) nach LOTZE

und Walder der gema~igten Zone reichten bis Nordgronshyland Nach SCHWARZBACH lagen im rheinischen Braunmiddot kohlengebiet die Temperaturen in allen Jahreszeiten urn 5-8degC hOher als heute Der stidhemisphiirische Trocken gtirtel reichte bis in die Nahe des Aquators Es ist unmogmiddot lich in diesem Rahmen auf Einzelheiten einzugehen zumal hierzu eine vollstiindige Auswertung der neueren geologimiddot schen Literatur notwendig ist

Nach BUDYKOs Modell kann der Obergang zu einem solchen Klima dh das Verschwinden des arktischen Eises bei einer allgemeinen Erwarmung urn ca 4degC eintreten (vgl auch KELLOGG) Das entsprache (je nach Modellannahme) einem virtueJlen CO2 -Gehalt von 800 shy1100 ppm der reale CO2 -Wert liegt bei 750 ppm (plusmn 15jd (Abschn 42) Ob und wann solche Werte erreicht werden hangt von Entscheidungen auf energiepolitisch-okonomisch sozialem Gebiet ab (Abschn 8)

17

7 Kaltphasen in der Klimageschichte

71 Kleine Eiszeit (1550-1850)

Dal~ das Klima im 20 Jahrhundert nieht das einzig mogliche ist ja dreg es selbst im Rahmen der [etzten 500 Jahre ausgesprochen anormal ist gehort zu den Tatsachen die selbst den meisten Meteorologen unbekannt sind Tatsachmiddot Hch haben wir in Europa - wie das am besten bekannte Verhalten der AJpengletscher zeigt seit rund lO 000 Jahmiddot ren immer wieder einen Wechsel zwischen Warmphasen (wie in Absehn 61 geschildert) ulld Kaltpllasen erlebt Hierbei sind die Phasen innerhalb dec beiden Gruppen untereinander recht iihnlich ihre Dauer aber variabel irgendwekhe persistenten Perioden existieren offenbar nieht oder ihr Anteil an der gesamten Varianz ist vernachmiddot liissigbar gering Wahrend die Gletscherstande der Zeit 1930-60 offenbar nahezu identisch sind mit denen frOherer Warmphasen l diese A ussage ist etwas unsieher) liegen die Moranen der GletschervorstoBe urn 1820 und urn 1855 fast genau auf denen frtiherer Gletscherhochstande (PATZELT) Die letzte Kaltphase kann uns also als Modell fUr aIle frOhemiddot ren seit dem RUckzug der grofben Inlandeise dienen ihre Bezeiehnung als Kleine Eiszeit ist allerdings bewufbt Ubermiddot trieben Ihr Beginn ist nieht eindeutig festlegbar schon urn 1160 urn 1320 und urn 1430 kam es zu kUrzeren aber marmiddot kanten GletschervorstoBen in den AJpen und fUr die beimiddot den 1etztgenannten Termine liegen viele Nachriehten Uber ganz ungewohnhche Klimaanomalien vor (LAMB von RUDLOFF) Von langerer Dauer war die Klimaverschlechmiddot terung ab 1560 die in ZUrich einen Rtickgang der Wintermiddot temperaturen urn 2degC brachte wahrend bei Kopenhagen das ganze Jahr Uber Winde aus SUdost und Ost - als Anzeimiddot chen blockierender Antizyklonen vorherrschten Die Witshyterungsabliiufe ahneln sehr denen die wir heute in Einzelmiddot jahren mit strengen Wintern (1939-42 19467 19623) erleben haufig blockierende Antizyklonen Wetter1agen mit anhaltend starker meridionaler Komponente - unmiddot gewohnlich kalt aber auch ungewohnlich warm haufige Dtirremiddot und Niisseperioden schneereiche und bis tief in das Frtihjahr anhaltende Winter mit nachfolgenden MiBernmiddot ten

FUr die Beurteilung der Klimabedingungen jener Zeit sind nieht nur die Gletscher der Hochgebirge sondern vor aHem die Under nahe der Polargrenze des besiedelten Landes wesentlich Island Sehottland die Faroer und Skandinamiddot vien Die Nachriehten vom Verhalten des arktischen Treibmiddot eises - mit seiner entscheidenden Rolle fiir Albedo und Wdrmehaushalt haufen sieh jetzt Island viele Jahre hinmiddot durch 6-9 Monate lang von Treibeis blockiert massive Eismiddot vorstoBe nach den Faroern (mit Wassertemperaturen 3_4degC unter den heutigen) und selbst nach Norwegen (wo die Fischerei jahrelang fast ohne Ertrag blieb) Rtickgang der Vegetationsgrenzen und schwere Nahrungskrisen in Schottmiddot land Besonders eindrucksvoHe Beispiele aus der Zeit 1755shy1790 schildert die durch genaue meteorologische und landwirtschaftliehe Daten ausgezeiehnete Arbeit von PFISTER aus dem Kanton Bern auf die weltweite Zusammiddot menschau von H LAMB (VoL II) sei nochmals hingemiddot wiesen

Eine voriaufige Zusammenstellung der jahrlichen Getreishydepreise in der Zeit von 1500-1860 gibt Abbildung 6 die aus den fast vollstandigen Reihen von 5 deutschen Stlidten

18

gemittel t wurde von einem langjiihrigen Trend abgesehen zeigt sie zahlreiche meist gruppenweise auftretenden Jahre mit Preisanstiegen urn das dreimiddot bis sechsfache Das absomiddot lute Maximum (bis 1950) waren die weitweiten Hunger jahre J81617 nach dem Vulkanausbruch des Tambora 1815

1m Gebiet der mediterranen Winterregen existieren widershyspruchsvolle Nachrichten einmal stimmen die kiiltesten Abschnitte (genannt seien die Zeiten urn 1570 1630 vor aHem 1680-1700 nach 1770 1816 f 1845 t) mit Feuchtjahren Uberein einmal mit Diirren Das gilt fUr Algemiddot rien die Seen Mittelitaliens ebenso wie fur das Tote Meer und das Kaspische Meer aber auch (nach Sh NICHOLSON) fUr die Sahelzone Systematische Studien Uber die Telekonmiddot nektionen der Niederschliige im Mittelmeergebiet brinmiddot gen die Lasung (HELBIG) die Maxima der mediterranen Winterregen konzentrieren sieh im Bereich quasistationarer Hahentroge und negative KorreIationen g1eichzeitiger Werte mit Abstanden von 700-1000 km ( = halbe Rossbymiddot Wellenlange) sind haufig Daher ist es hier sinnlos eine ganmiddot _ ze Klimazone zusammenzufassen die Abhangigkeit der KlimamiddotAnomalien von der Lange ist mindestens ebenso groB wie die von der Breite Die regionale Verteilung der entmiddot gegengesetzten Witterungsanomalien wird beherrscht von der jeweils quasistationaren Lage des bloekierenden Hoch C

zentrums und der begleitenden Hohentroge bzw Kaltluftmiddot tropfen - das kennt jeder erfahrene Synoptiker und das ist auch das zentrale Problem jeder iangfristigen Vorhermiddot sage Auch in Nordamerika hangen die kalten Zeitabschnitmiddot te dieser Periode mit bloekierenden Antizyklonen zusammiddot men wie die Auswertung von Baumringen (FRITTS) geshyzeigt haben

Was ist nun die Ursache des Vorherrschens meridionaler Zirkulationstypen in dieser Klimaphase was die Ursache dominierender zonaler Zirkulationstypen mit polwarts vermiddot schobenen subtropischen Hochzellen in den Warmphasen Beim VergIeieh etwa der Abschnitte 1815-1855 (nochshymals urn 1890) und 1930-1960 fall t sofort die verschiemiddot dene Lage der arktischen Treibeisgrenze im Atlantik auf im Raume urn Island-Norwegen handelt es sich urn Vermiddot schiebungen von der GroBenordnung 1500 km Was aber verursachte diese Ausweitung des arktischen Treibeises die maximal 2 Mill km2 erreicht haben dtirfte

Auf diese Frage existieren zZ zwei Antworten von demiddot nen wenigstens eine geophysikaJiseh einwandfrei begrtinshydet ist Sie bezieht sich auf eine von LAMB zusammengemiddot faBte Statistik von VulkanausbrUchen (s Abschn 32) bei der in der Tat ein Zusammenhang zwischen den Hohemiddot punkten der kleinen Eiszeit und besonders schweren Vulmiddot kaneruptionen (oder Gruppen) auffall 1 Andererseits hat EDDY darauf hingewiesen daB die auffallige lange Periode geringster SonnenaktivWit der Zeit 1643 -1710 mit ihrem Maximalstadium tibereinstimmt - dieser Zusammenhang ist jedoch bisher physikalisch noch ganz ungek1art und muB daher offen bleiben Wegen der Unvorhersagbarkeit beimiddot der Ursachen kann das erneute Auftreten einer solchen Kaltphase in den nachsten 50-100 J ahren weder bejaht noeh ausgeschlossen werden auch eine statistische Aussage tiber die Wahrscheinlichkeit bleibt unsicher da zahlenmaBige Unterlagen in beiden Fallen nur wenige Jahrshyhunderte umfassen und subjektive Beurteilungen nieht ausmiddot schlieBen konnen Sofern sich aber die glob ale Erwiirmung

(etwa ab 2000) durchsetzt werden Wahrscheinlichkeit und AusmaB einer Wiederholung der Kaltphase sHindig zurUckmiddot gehen

72 Ubergang zu einer Eiszeit

Keine Frage wird dem KJimatologen Ofter von Repormiddot tern gestellt als die nach der nachten Eiszeit Umso merkmiddot wUrdiger ist die geringe Rolle die der mogliche obergang vom heutigen (interglazialen) zu einem glazialen Klima in der wissenschaftlichen Literatur spielt Das mag zwei Grtinde haben Geologen und andere an der Klimageschichmiddot te interessierte Wissenschaftler wagen sich nicht (mit einimiddot gem Recht) auf ein ihnen fremdes Feld und die meisten Meteorologen halten dieses Problem fUr ebenso unwissenmiddot schaftlich wie das der Sintflut Diese Einstellung ist aber heute nieht mehr gerechtfertigt nachdem in einer Reihe von Fallen einwandfrei abrupte Klimaiinderungen mit einer in humanen MaBstaben ganz kurzen Zeitmiddot skala nachgewiesen wurden die samtlich aus den Interglamiddot zialen oder den - hier nieht interessierenden - tJbermiddot gangsstadien zwischen Glazial und Interglazial stammen Einwandfreie Belege beruhen entweder auf Untersuchunmiddot gen an fossilen Mooren mit Jahresschichten (Varven)

fln Seen mit hoher Sedimentationsrate oder von Baummiddot ringen Aus Raumgrtinden ist es nieht moglich auf einzelmiddot

ne Befunde einzugehen (FLOHN 1974 1978) Einer der besten stammt aus der Liineburger Heide (H MOLLER 1974 1978) wo vor tiber 300 000 Jahren ein Wald der einem etwas warmeren Klima als heute entsprach binnen 30 Jahren () verschwand urn nach einer Pause - die Zeit reicht nicht aus urn eine arktische Tundra hervorzubrinmiddot gen durch subarktischen Birkenwald ersetzt zu werden darauf folgte in 300-400 Jahren eine Sequenz von Waldo typen wie man sie heute auf einer Bahnfahrt von Narvik (68deg N) nach Siidschweden sehen kann Dauert die Reakmiddot tion eines Waldes auf eine Klimaanderung sieher Jahrzehnte oder Jahrhunderte so gibt es schnell ere Indikatoren In Mittelengland wurde nach Ende der letzten Eiszeit eine subarktische Kaferfauna in etwa 50 Jahren durch eine warmmiddotgemaBigte Fauna ersetzt aquivalent einer Erhohung der JulimiddotTemperatur urn 8-9degC (COOPE 1977)

Das sind nur zwei niichterne Befunde gewonnen mit neumiddot zeitlichen Arbeitsmethoden die in ihrer Gesamtheit nicht

~ehr anzweifelbar sind die wenigen Klimahistoriker memiddot teorologischer Herkunft haben sich inzwischen von der Bedeutung dieser Zeit skala abrupter KJimaanderungen laquo 100 Jahre) tiberzeugen lassen Mogliche U rsachen fUr die (haufigeren) rapiden Abklihlungen sind schon in den Abschnitten 2 und 7 erortert worden fUr Erwarmungen stehen sie noch aus In jtingster Zeit ist auch kIar geworden daB solche Ereignisse sieh nicht notwendig synchron aus wirken sondern wegen der nur allmahlichen Verlage rung barokliner Frontalzonen im Ozean oder dem regional verschieden raschen Ablauf der kontinentalen Vereisunshygen - diachron dh mit erheblichen Zeitunterschieden in der Horizontalen Das bedeutet auch eine Grenze fUr die Vorstellung eines fast-intransitiven Klimas im Sinne von ELORENZ

Nehmen wir die Moglichkeit einer abrupten Abklihlung dieser Zeitskala als gegeben an wie und wo konnte sie sieh abspielen Zweifellos kann eine kontinentale Gletshyscherbildung nur mit einem wiederholten Uberdauern

der Winterschneedecke tiber den Sommer hin beginnen in den kritischen Gebieten der Subarktis - so die 750000 km2 groBe Baffin-Insel mit ihren Hochplateaus Labrador auch Lappland und die norwegischen Gebirge - schmilzt auch heute die meterdicke Schneedecke erst Anfang oder Mitte Juni endgilltig ab urn sieh Ende August oder im Sepshytember neu zu bilden Hierzu gemigt in Baffinland ein Absinken der Sommertemperaturen urn nur etwa 2dege wahrend in den anderen Gebieten 4-6degC notwendig wamiddot ren oder zugleieh eine massive Zunahme der Schneenieshyderschlage Die kritische Stellung Baffinlands erhellt auch daraus daB in der kIeinen Eiszeit - nach Ausweis von FlechtenUntersuchungen die heute insgesamt 37 000 km 2 einnehmenden Plateau-Eisfelder sich auf 140000 km2 vergroBert hatten (IVES) entsprechende Untersumiddot chungen in Fennoskandien stehen noch aus

Eine Modelluntersuchung (ANDREWS - MAHAFFY) ftir Baffinland hat in zwei Experimenten gezeigt wie sich eine urn einen Faktor 3 erhohte Sehneebilanz in einer langsashymen Zunahme von Flache und Volumen einer Eisdecke auswirkt langsamer als die Beobachtungen des eusta tishyschen Sinkens des Meeresspiegels in den interglazialen Kaltmiddot phasen anzeigen Aber in diesem Modell ist die machtvolle Rtickkopplung zwischen Schneedecke Albedo und Tempeshyratur nieht voll und zu spat in Reehnung gestellt worden Jedenfalls ist es hochst unwahrscheinlich daB in den nachsten 100 Jahren nachdem zuerst eine Kaltphase im obigen Sinne eintrat dieser ProzeB sich tiber die unmittdshybare Umgebung hinaus weltweit auswirken konnte Hiermiddot gegen sprechen aueh die langperiodischen Effektr der Erdmiddot bahneIemente deren nachstes Minimum (kiihle Sommer in der Arktis kalte Winter zugleieh in der Antarktis) erst in rund 10 000 Jahren fallig ist (BERGER)

Bei dieser Sachlage ist hOchstens - bei einer Kombination mehrerer ungtinstiger Voraussetzungen etwa dem Zusamshymentreffen mehrerer sehr schwerer Vulkaneruptionen von der Intensitat des Tambora (1815) oder wenigstens Krakatau (1883) innerhalb der jetzigen Phase relativ ausgedehnten polaren Treibeises vor Wirksamwerden der erwarteten anthropogenen Erwarmung mit einer abortiven Vershygletscherung zu rechnen die nieht zu einer vollen Eiszeit auswachsen wUrde In unserer humanen Zeitskala ware das aber schon schlimm genug Serien von Jahren mit sehr kaIten Wintern kiihlen und nassen Sommern schwere MiBshyernten in weiten Teilen der gemaBigten Zone zeitweise auch in den Tropen die sieher nieht ausgeglichen werden konnen durch Feuchtejahre in Teilgebieten von Nordafrika und dem Nahen Osten Die Wahrscheinlichkeit hierfUr ist aber gering - sie betragt nach verschiedenen Kriterien tibereinstimmend zwischen 01 und 1 Prozent in den nachshysten 100 Jahren AuBerdem waren fUr diesen Fall gezielmiddot te GegenmaBnahmen denkbar die hier nieht volig utopishyscher Natur sind

8 Wahrscheinlichkeit und Risiken die Rolle der Energieshypolitik

Die Wahrscheinlichkeit einer globalen Warm phase ist nach allem was wir wissen erheblich groBer als die einer Kaltshyphase Die Schwierigkeit bei der Abschatzung liegt darin daB Entscheidungen und Entwicklungen auf politischer sozialer und 6konomischer Ebene hier eingreifen konnen

19

die vorherzusagen nicht nur dem Meteorologen schwer fallt Wenn wir diese einmal versuchsweise vernachHissigen dann dUrfte in den nachsten 100 Jahren die Wahrscheinmiddot Iichkeit fur das Auftreten einer Kaltpflase vom Typ der kleinen Eiszeit nieht mehr als hochstens 20k betragen (und naeh etwa 2000) weiter abnehmen) FUr das Auftreshyten einer Warmpllase im Sinne der Beispiele in den Abmiddot sdmitten 61 und 62 mUssen wir aber hohere WahrscheinshyIichkeiten ansetzen wenn auch erst nach der Jahrhundertmiddot wende danach steigen sie das ist die in vielen Diskusmiddot sionen erworbene Oberzeugung des Verfassers unter den hier und in Abschnitt 5 gegebenen Voraussetzungen auf Uber 50 an

1st ill diesem Faile aber eine Entwieklung zu einem eismiddot freien arktischen Ozean (Absehnitt 64) mit ihren fast unshyvorstellbaren Konsequenzen fUr Wasserversorgung und Ernahrung noch vermeidbar Damit libersehreiten wir die Grenze des Fachwissens des Meteorologen der sich nur allmiddot zu getne in den akademisehen Elfenbeinturm zurlickziemiddot hen moehte Aber die Dinge sind zu wichtig eine Wende auf Grund politischer Entscheidung auf internationaler Ebene ist noch moglieh aber dann und nur dann wenn das Dogma von der Notwendigkeit standig zunehmenden wirtschaftliehen Wachstums das bei begrenzten Vorshyraten (Resourcen) mit den Naturgesetzen unvereinbar ist shyzugunsten einer besseren Einsicht aufgegeben wird (GRUHl) Ebenso ist eine Stabilisierung des Bevolkerungsshywaehstums nOlwendig - ohne einen hoheren Lebensstanmiddot dard in den Entwicklungslandern ist das unrealisierbar

Gleichzeitig mu~ aber die Energiepolitik sich frei machen von dec sinnlosen Verschwendung fossiler EnergiequeIIen die in 400 Ma durch biologische Prozesse aus der Sonnenmiddot energie aufgebaut und gespeichert wurden (s a Beitrag JUNGE) Ein Obergang zu erneuerbaren Energiequellen (Sonne Wind Gezeiten - auch die kaum erschopfbare Geothermik) ist moglich erfordert aber eine Kombination neuartiger (und kostspieliger) Technologien wie sie etwa am International Institut for Applied Systems Analysis in Laxenburg bei Wien von einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von W HAFELE (frtiher Karlsruhe) entwiekelt werden Aueh die Kernenergie mul1 in diesen Rahmenshyjedenfalls fUr eine Obergangszeit - einbezogen werden Das mit ihr verbundene Risiko ist auf jeden Fall geringer als das Risiko einer Verlagerung aller Klimazonen Da ein Obergang zu neuen Technologien sieher tiber 30 wahrshyscheinlieh 50 Jahre benotigt drangt die Zeit Neue Priorimiddot taten mlissen gesetzt werden Es geht urn das Wohl der naehsten Generationen

Literaturauswahl

ANDREWS T1 MAHAFFY MAW Quaternary Research 6 (1976) S 167-183

AUGUSTSSON T RAMANATHAN V J atmos Sci 34(1977) S 448-451

BERGER AL Quaternary Research 9 (1978) S 139~-167

BJERKNES J Monthly Weather Review 97 (1969) S 163-172

BROWNLR Worldwatch Papers Washington DC 8 (I 976)

BRYSON RA MURRAY Th1 Climates of Hunger MadisonWis 1977

o

BUDD WF J Glaciol 14 (1975) S 3-21

BUDYKO MJ TeHus 21 (1969) S 611-619 29 (1977) S 193-204

CESS RD J atmos Sci 33 (1976) S 1831-1843

CHARNEY JG Quart J Roy Meteorol Soc 101 (1975) S 193-202

COOPEGR Phios Transact Roy Soc London 280 (1977) S 313 shy340

DANSGAARD W et al Quaternary Research 2 (1972) S 396-398

DOBERITZ R Ber d Deutschen Wetterd 112 (1968)

EDDYJA Science 192 (1976) S 1189-1202 198 (1977) S 824 829

FINK J KUKLA GJ Quaternary Research 7 (1977) S 363-37 L ~

FLOHN H III Bonner Meteorol Abhandl 15 (1971) 21 (1975) Quaternary ReseJrch 4 (1974) S 385-404 in print (1978)

FRENZEL B Die Klimaschwankungen des Eiszeitalters Braunschweig~ 1967 ErdwissForschungen 1(1968)

FRITTS HC Tree Rings and Climate London New York 1976

GABRIELB Berliner Geoge Abh 27 (1977)

GATES WL J atmos Sci 33 (1976) S 1844-1873

GRUHLH Ein Planet wird geplUndert Frankfurt aM 1978

HAFELE W SASSIN W Ann Rev Energy 2 (1977) S 1-30

HAHN J JUNGE ChL Z f Naturforsch 32a (1977) S 190-214

HASSELMANN K u Mitarb TeHus 28 (1976) S 473-485 29 (1977) S 289-305 385-392

HAYS JD IMBRIE J SHACKLETON N Science 194 (1976) S 1121-1132

HELBIGM Diplomarbeit Univ Bonn (1976)

HSO K et al Nature 242 (1973) S 240-244 267 (1977) S 399-403 Naturwissensch61 (1974)S137-142

HUGHES T Rev Geophys and Space Phys 13 (1975) S 502-526 15 (I977) S 1-46

HUMMEL J RECK RA General Motors Res Lab Publ 2607 (1978)

HUNT BG Monthly Weather Review 105 (1977) S 247-260

IVES JD et al Naturwissensch 62 (1975) S 118-125

KELLOGG WW WMOmiddotBull 26 (1977) S 229-240 27 (1978) S 3-10

KENNETTJP J geophys Res 82 (1977) S 3843-3860

KONDRATIEV G Ya NIKOLSKY GA Quart J Roy Meteorol Soc 96 (1970) S 509-522

l

KORFF HC FLOHN H Ann Meteorol N F 4 (1969) S 163-164

LAMBHH Climate Present Past and Future Vol I (1972) Vo Il (I 977) London Methuen

LORENZE J appl Meteorol 9 (1970) S 325-329

MAGEDEFRAU K Palaobiologie der Pflanzen 4 Aufl Stuttgart 1968

MANABE S BRYAN K Monthly Weather Review 97 (1969) S 739-827 J phys Oceanogr 5 (1975) S 3-29

MANABE S WETHERALD RT atmos Sci 24 (1967) S 241 ~-259 32 ( 1975) S 3-15

MASON BJ Promet 7 (1977) H 4 S 1-26

MASS Cl SCHNEIDER StH J atmos Sci 34 (1977) S 1995-2004

MAYKUT GA UNTERSTEINER N Jgeophys Res 76 (1971)S 1550-1575

MOLLERH Geologisches Jahrbuch 83 (1965) S 327-352 A 21 (1974) S 107-140 im Druck (1978)

NAMIAS J Short Period Climatic Variations 1934-1974 2 Vol F-- Univ of California 1975

NEWELL R et al Pure and appl Geophysics 116 (1978) S 351-371

NICHOLSON Sh Ph D Thesis Departm Meteor Univ Wisconsin (1976)

OLIVER RC J appl Meteorol 15 (1976) S 933--950

PACHUR HJ Die Erde 106 (1975) S 21-46

PATZELT G Coil Internal CN RS No 219 (1973) S 51-59

PFISTER Chr Beiheft 2 Jb Geogr Ges Bern (1975)

POLLOCK JP et al Jgeophys Res 81 (1976)S 1071 1083

RODEWALD M Dt Hydrogr Z 20 (1967) S 269 25 (1972) S 97-117

ROGNONP Rev Geogr Phys Geol Dynam 18 (1976) S 251-282

ROWNTREE PR Quart J Roy Meteorol Soc 98 (1972) S 290-321

RUDLOFF H v Die Schwankungen und Pendelungen des Klimas in Eushyropa Braunschweig 1967

SCHWARZBACH M Das Klima der Vorzeit 3 Aufl Stuttgart 1974

SHACKLETON NJ OPDYKE ND Quaternary Research 3 ( 1973) S 39-55

STROBING K Der Seewart 35 (1974) S 1-1436 (1975) S 28-29

TREMPEL U Diplomarbeit Univ Bonn (1978)

VOWINCKEL E ORVIG S World Survey of Climatology 14 (1970) S 129-252

WANG WC et al Science 194 (1976) S 685-690

WETHERALD RT MANABE S Monthly Weather Review 100 (1972) S 42-59 J atshymos Sci 32 (1975) S 2044-2059

YAMAMOTO R J Meteor Soc Japan 53 (1975) S 482-486

21

Page 2: :SBWU>t S9J9SUn ijun>tnz 9!a 9W91qOJd pun U9l>tB,:j · 2 Wechselwirkungen im klimatischen System . 2.1 Die Rolle des polaren Treibeises 2.2 Das El Nino-Phanomen . 2.3 Kontinentale

f

H FLOHN Bonn

Die Zukunft unseres Klimas Fakten und Probleme

Inhaltsiibersicht

1 Klima und klimatische System

2 Wechselwirkungen im klimatischen System

21 Die Rolle des polaren Treibeises 22 Das El Nino-Phanomen 23 Kontinentale EisschiJde

3 Natiirliche Ursachen der Klimaschwankungen

31 Variabilitat der Sonnenstrahlung 32 Vulkaneruptionen

4 Anthropogene Ursachen die Rolle der Eingriffe des Menschen

41 Energiezufuhr und Luftverschmutzung 42 Kohlendioxid und Spurengase 43 Die Albedo und das Wiistenproblem

5 Das Problem der Klimavorhersage Stand und Aufgaben

51 Modellrechnungen 52 Zur Frage der Vorhersagbarkeit

6 Warmphasen in der Klimageschichte

61 Friihmittelalterliche Warmeperiode 62 Die holozane Warmeperiode vor6000 (bzw 4000) Jahshy

ren 63 Letztes Interglazial Eem-Warmzeit 120000 vh 64 Eisfreie Arktis vereiste Antarktis (12 - 25 Mill vh)

7 Kaltphasen in der Klimageschichte

71 Kleine Eiszeit (1550-1850) 72 Ubergang zu einer Eiszeit

8 WahrscheinJichkeit und Risiken Die Rolle der Energieshypolitik

50 10 12~St ratosphere 100 -SOOd 200~$ ~M C lt~ 1H M TROPOPAUSE Conti nental

TIce ITroposphere 4-a d A I AlIt

RH R HE REHM REHM P I I PJM IP 1 11000

-60 01 oc

Forest

sJr-l-r-________3I[___ I9~1~~ors---ba rl~05Pa) Upper Mixed Layer 60-~00d r SOil~5-20d --------- 40 11

THERIo40C L I He I HIiIP Groundwa1erRunoff i 0-104years

1 100Deep Ocean 1500 years I W I I I

37 bull 1 14000o 20e

II( ~ Weak Interact ion R = Radiation M= Momentum lt gt Strong bull H = Hea t P=Particles Gases ~ Very S1rong E = Evapora1 ion

Abb 1 Das klimatische System mit seinen Wechselwirkungen charakteristische Zeitskala der Untersysteme

interannuellen Schwankungen die eine physikalischdie Subsysteme Atmosphiire Ozean Schnee und Eis begriindete Langfristvorhersage so auBerordentlich erschweshysowie die obersten Bodenschichten und die Vegetation ren (s Abschnitt 2) Diese kann nur auf einer umfassenden (Biosphiire) die untereinander in Austausch in WechselshyBehandlung des Gesamtsystems aufgebaut werden sei es wirkung stehen Auch diese Zusammenhiinge waren intuitiv auf rein theoretischer Grundlage auf statistisch-dynamishyschon A v HUMBOLDT bekannt der von dem perpeshyscher oder auf empirischer Basis die bisher tiblichen Meshytuierlichen Zusammenwirken der Meeresfliiche und der thoden verwenden hochstens Ansatze in ganz rudimentashywarmestrahlenden Erde die nackt oder mit Wald rer Form Leider gibt es in keiner Sprache eine Bezeichshybedeckt ist spricht Die Subsysteme dieses klimatischen nung filr den speziellen Witterungsablauf einer Jahreszeit Systems gehorchen verschiedenen Zeitkonstanten die wir oder eines Jahres - unser Begriff Witterung flir denzT mi ttels Autokorrelationskoeffizienten am festen Ort es zB im Englischen keine Aquivalenz gibt gilt doch zT mittels der Verweilzeit bestimmter Stoffe abschatzen nur flir Zeitraume von 3 Tagen bis zu ca 3 Monaten Hiershykonnen wiihrend das Gedachtnis der Troposphare bei in liegt eine Wurzel der oft beklagten Vieldeutigkeit4- 8 Tagen liegt das der oberen Mischungsschicht der des Begriffs Klima der eben diese (haufig gruppenwei-Ozeane bei ebensoviel Monaten ergibt sich die Verweilshy

1 Klima und klimatisches System

Seit Beginn einer wissenschaftlichen Betrachtung verstehen wir unter Klima das zeitliche Integral iiber das ganze Wechshyselspiel des Wetters wie es der Beobachter am festen Ort erlebt die Gesamtheit der Witterungen (HANN 1883) oder aile Veriinderungen in der Atmosphiire die un sere Organe merklich affizieren (A v HUMBOLDT 1845) GroBraumige Advektionsvorgange fOOren uns Luftmassen herbei die noch vor 1 - 2 Tagen tiber dem warmen Meer der Biskaya tiber dem Eismeer bei Gronland Island 6der im Winter tiber den Schneefeldern Rumands gelegen haben sie bringen tiber die turbulenten Austauschshyvorgange physikalische Eigenschaften dieser Unterlagen mit die die Atmosphare standig modifizieren Diese ortsshyfesten modijizierenden Einfliisse sind zusammengefaBt in dem Begriff des klimatischen Systems in dem sich aIle klimagenetischen Vorgiinge abspielen (Abb 1) Es umfaBt

km

zeit eines Eiskristalles in einer Treibeisscholle zu 1 - 5 Jahshyren in einem kontinentalen Eisschild (Groniand Antarkshytika) zu 104

- 106 Jahren Die Verweilzeit eines Wassershydampfmolekii1s in den oberen Stockwerken des Bodens laBt sich mittels radioaktiver Isotope auf einige Wochen im Grundwasser je nach Tiefe zu einigen Jahren oder gar (bei Anteilen fossilen Grundwassers) zu einigen 104 Jahshyren schatzen Die ozeanischen Tiefenschichten mit Verweilshyzeiten von 1000 - 2000 Jahren stehen nur an wenigen Stellen (am Rande der antarktischen Schelfeise im Raume Island -Gronland) im Austausch mit der oberen Mischungsshyschicht wahrend sonst tiberall ein System von Dichteshysprungschichten (Thermokline) die Durchmischung fast vollstandig verhindert Ein solches Reglersystem dessen wechselseitig gekoppelte Glieder so verschiedene zeitlichshyriiumliche Dimensionen haben erzeugt in seinem Ablauf fortwahrend Schwankungen das ist offenbar eine Hauptshyursache der Variabilitiit unseres Klimas vor allem der

mblh Pal

2

se auftretenden) Anomalien von der Zeitdauer einiger vor allem abrupte Dbergange und GleichgewichtsstOrungen Monate bis wenige Jahre mit umfaf~t llnd nur fUr Zeitraushy mit einer Zeitskala in der Gro6enordnung von 100 Jahshyme von lahrzehnten anwendbar ist Ahnliches gilt auch reno Hier in diesem fast intransitiven Verhalten (LOshyfiir jede Modellierung des Klimas da wir das komplexe RENZ) liegt das eigentliche Problem der Klimatologie Verhalten des Ozeans mit seinen zahlreichen Wirbeln (mit das nur einer interdisziplinaren Betrachtung unter voller einelll DurdlllleSSer von 100 - 300 km und einer Lebensshy Berticksichtigung der allzulange vernachlassigten historishydauer von mehreren Monaten) noch keinesfalls genUgend schen Aspekte zuganglich ist Hier mtissen die Ergebnisse genau kennen sind die bisher vorliegenden Modelle der vielen beteiligten Wissenschaften (zB Ozeanographie deren eindrucksvolle Ergebnisse meist auf der Annahme Glaziologie Okologie Geologie und Geophysik der festen konstanter Ozeantemperatur beruhen und damit jede Erde aber auch einiger hlstorischer Disziplinen) berUcksichshyWechselwirkung ausschalten noch nicht in der Lage tigt werden jede Besehrankung auf die Physik der Atshydas heutige Klima mit seinen jahreszeitIichen Schwankunshy mosphare (so wichtig sie ist) ftibrt notwendig zu partieller gen in genUgend feiner (regionaier) Auflosung zu erfassen Kurzsich tigkeit (s Absehn 51)

An dieser Stelle sollte ein Wort tiber die heute wieder vielshyEin solches Reglersystem das mi t ganz verschledenen fach ubliche Suche nach Perioden gesagt werden (Abb 2) Dbersetzungen (=Zeitkonstanten) mit nicht ausgewuehteshy Diese nach Einftibrung des Computers wieder neu aufgeshyten Sehwungradern (=quasiperiodische Vorgange) und mit lebte Suche ist offensichtlich zum Scheitern verurteilt einer Anzahl hoehst wirksamer Rtickkopplungen - teils Denn in dem uns interessierenden Bereich von 1 100 verstarkend teils dampfend - arbeitet erzeugt notwenshy Jahren gibt es keine wirklich durchlaufenden Perioden mit dig einen von Jahr zu Jahr variablen Ablauf Man kann genUgend hohem Anteil an der gesamten Varlanz (Abb 2) diesen als statistisches Rauschen auffassen - das ist die auch die vielfach fur kUrzere oder tangere Zeit in regional Betrachtungsweise der klassischen Klimatologie die die begrenzten Absehnitten nachgewiesenen Perioden (bevorshyindividuellen Vorgange die Witterungsanomalien vernaeh- zugte Langen ca 26 Monate 5 11 und 22-23 Jahre)

~assigt Gerade diese Extreme die sich seit etwa 1960 ahnshy enthalten entweder einen zu kleinen Antell an der Varianz r-1ich wie im 19 lahrhundert wieder haufen sind aber fLir oder ihre Amplitude und Phase unterliegt unerklarlichen

Energie- und Wasserversorgung fUr Landwirtschaft und Anderungen und Sprungen Erfahrene Prognostiker kennen Fischerei von aussehlaggebender Bedeutung sie sind bis eine Art von Gesetz jede gerade aufgefundene Periode heute einer Vorhersage auf empirisch-synoptischer Basis neigt daw im Augenblick ihrer Entdeckung wieder zu vershyunzuganglich Dartiber hlnaus mtissen wir auch ganz klar ershy schwinden Der zweifellos wichtige Nachweis der Perloshykennen daB das heutige Quasi-Gleichgewicht der Prozesshy den der Erdbahnelemente in Tiefseesedimenten (HAYS se wie es seit etwa 5000 Jahren besteht nicht das einzishy IMBRIE SHACKLETON 1976) ist wegen der Zeitskala ge mbgliche ist die 200 - 300 Jahre instrumenteller Beshy 20 - 100000 Jahre ftir unsere Betrachtung ohne Belang obachtungen stellen weniger als 1 ppm (part pro Million) Klimatologie ist heute Hingst keine beschreibende Wissenshyder gesamten zuganglichen Klimageschichte seit dem Beshy schaft mehr sie ist eine Aufgabe die urn so wichtiger wird ginn des Palaozoikums vor 550 MUlionen Jahren dar Dieshy je starker wir selbst in die Randbedingungen dieses semishyse kennt aber ganz andere Gleichgewichtszustande - die tiven klimatischen Systems (Boden und Vegetation Zusamshy17 20 (~) Eiszeiten der letzten 2 Millionen Jahre kennt mensetzung der Atmosphare) eingreifen

Tentative Spectrum of Climatic Variations

104 PLANETARY

ANNUALEVOLUT ION ORBITAL REVOLUTION DIURNAL

CUAR VARIATIONS ROTATIONTECTONIC~ 10 3 bull CHAR TI ME 111 TIME-SCALE I I I DEEP OCEAN ARCTIC SEA-ICE c 10 8 bull ANTARCTIC + + THERMOHALINE n 111 z leE n CIRCULATIONS THERM RelAXATIONtgt 102 -----t -100 42 23 I SOLAR ~CTI VI TVi IIJ M IX LAVER -10 3 bull t 60 a 22 a Sa 22gt OCEAN ATMOSPH

111 r-l n~ ~ ~ ~ IIJ 10

0

1

1010

A bb 2 Spektrum der Klimaschwankungen (l0-3 bis 1010 Jahre relative Einheiten)

3

-2500middot -200 1 f 05 24-30 d4- Sd

--_-----shy

1 Time in years

50

2 Wechselwirkungen im klimatischen System

Dber die Ursachen der eben erwahnten Witterungs- oder Kli rna an omalien darunter verstehen wir statistisch definierte extreme Abweichungen yom Normalwert mit einer Andauer zwischen einem Monat und wenigen Jahren

sind in den letzten 20 Jahren wesentliche BeHrage geshyliefert worden (NAMIAS und J BJERKNES RODEWALD J FLETCHER und Mitarbeiter) die die Wechselwirkungen zwischen der kurzlebigen Troposphare und den langlebigen Gliedern des klimatischen Systems besonders Ozeane (obemiddot re Mischungsschicht) und Treibeis in den Vordergrund geruckt haben Damit ergeben sich auch Aussichten fUr eine geophysikalisch begriindete Langfristvorhersage die endshylich tiber die bisher ublichen zT allzu einfachen engraumishygen OberJegungen hinausgehen Fur Zeitraume von I - 6 Monaten erscheint eine brauchbare Losung auf halb-empishyrischer bzw statistisch-dynamischer Basis durchaus mogshylich wenn auch hier sicher noch eine Menge Entwicklungsshyarbeit auf globaler Basis geJeistet werden mullgt

Von diesen Wechselwirkungen sollen hier nur die beiden wichtigsten behandelt werden die Rolle des arktischen Treibeises sowie die des aquatorialen Aufquellens von kaltem Tiefenwasser 1m Anhang daran soll noch auf die seltene aber doch mogliche Rolle des kontinentalen Antshyarktis-Eisschildes hingewiesen werden

21 Die Rolle des po]aren Treibeises

Die Rolle des arktischen Treibeises fUr die Gestaltung unshyseres Klimas kann kaum uberschatzt werden es bildet sich in einer nur wenige Dekameter machtigen salzarmen und daher weniger dichten Deckschicht des mehrschichtigen arktischen Ozeans (Abb 3) Es handelt sich urn einen typischen Wechselwirkungsvorgang innerhalb des klimatishyschen Systems AbkOOlung verstarkt das Treibeis das sich

fiffyen (m)

DECKSCH 1 CHT T=-11degC 5= 28-32deg00

UBERGANGS5CHICHT WASSER T=_-(t7degC Sl32 3Jo

535deg100 S 35deg00

5 35deg00

PAZIFiSCHES

TlOSOC

w

TlEFENWA5SER

Abb3 Vertikalschichtung und Wassermassen (schemashytisiert) im Arktischen Ozean (T = Temperatur S = Salzgehillt)

- den variablen Windstromungen folgend ausbreitet und seinerseits wieder zu weiterer AbkOOlung fOOrt Dabei ist der entscheidende Faktor das Reflexvermogen (Albedo) betragt die Albedo offenen Wassers bei niedrigem Sonnenshystand etwa 8-12 so liegt diejenige einer schneebedeckshyten Eisscholle bei 80 selbst wahrend der Schmelzperiode (mi t oberflachlichen Schmelzwasserpfiitzen) immer noch bei 60 Allerdings nimmt in dieser Jahreszeit der Anteil der offenen Stellen (Waken russischer Fachausdruck Polynyas) von 2-3 auf I 5 -2or~ zu Die reprasentativen

Warmemiddot und Strahlungsstrome an der Oberflache sind wegen dieser horizontalen Inhomogenitat sehr schwer abshyzuschatzen besonders im Winter wo der Gegensatz zwishyschen einer Lufttemperatur von - 30degC bis 35degC und der Gefriertemperatur von Meereswasser ( -I 9deg C) am starksten ist und den Massenhaushalt der dUnnen Eisschollen (im Mittel etwa 3 m im Einzelfall je nach Alter SO cm bis 6 m) empfindlich beeinflullgtt (VOWINCKEL und ORshyVIG) In einer offenen Wake finden wir enorme Strome ftihlbarer und latenter Warme (Verdunstung) die das mehrshyfache der Solarkonstante erreichen konnen Selbst im Hochmiddot sommer kann es vorkommen wie der Verfasser Ende Juli 1972 beobachtet hat daB mehrere Kilometer breite Wasserflachen infolge dieses standigen Warmeverlustes an die advektiv herangeflihrte kaitere Luft tiberfrieren In einem Modell das zur Vereinfachung eine horizontal homiddot mogene Eisdicke annimmt (MAYKUT und UNTERSTEIshyNER) ftihren zwei besonders sensitive Vorgange zu einer Abnahme der Eisdicke eine verringerte Albedo der Eisshyoberflache (zB durch Verschmutzung auch durch (1) und eine Zunahme der Wassertemperatur Dieser Effekt wurde noch erhoht werden durch eine Zunahme des Salzshygehaltes als Foige der Ableitung der SuBwasserzufuhr der groBen Flusse Sibiriens und Kanadas zu Bewasserungsmiddot zwecken dies ftihrt notwendig zu einer Dichteabnahme- damit zu geringerer Stabilitat der ozeanischen Schichtung- zu starkerem Vertikalaustausch und ebenfalls zu einer Abshynahme der Eisproduktion_

Kommt es (s Abschn 32) wahrend eines oder mehrerer Sommer zur Ausbildung einer stratospharischen Staubwolshyke dann sinkt die direkte Sonnenstrahlung aber auch die Globalstrahlung (wegen der erhOhten RuckwartsshyStreuung) ab die Schmelzperiode (Mitte Juni - Ende Aushygust) verkurzt sich im Sommer schmilzt weniger Eis oben ab und in der ubrigen Zeit gefriert unten etwas mehr an das ist ein (wegen der Dicke des Eises gedampfter) Rtickshykopplungseffekt Bleibt im Kustengebiet und im kanadishyschen ArchipeJ der Schnee langer liegen erhal ten sich mehr Schneereste tiber den Sommer hin (wie 1972) dann ist die advektive Temperatur in der Luft niedriger mit dem gleishychen Effekt im Winter losen tiefere advektive Temperashyturen etwa durch friihzeitiges Einschneien wie im SepshytemberOktober 1971 eine verstarkte Bildung von Neushyeis ein Nach verschiedenen Modelluntersuchungen nimmt die Eisdicke im Winter unter sonst gleichen Bedingungeqa umgekehrt proportional zur Eisdicke zu diinnes einjah--~ riges Eis (50-100 cm machtig) wachst rascher als mehrshyjahriges und mit 5-6 mist je nach Schneedecke die maxishymale Dicke etwa erreicht Nach den Ergebnissen der U-Boot-Fahrten ist die Angabe einer mittleren Eisdicke sinnlos diese variiert je nach Alter statistisch zwischen 05 und 6 m auch die Satellitenaufnahmen der thermishyschen Mikrowellenstrahlung zeigen ein ganz unregeImaBiges Mosaik als Funktion der Eisdicke

In dieser Sensitivitiit des Massenhaushalts der dunnen vielshyfach durchbrochenen arktischen Treibeisdecke liegt offenshysichtlich eines der Schliisselprobleme der Klimaentwickshylung Etwa 70 der Eisdecke besteht aus mehrjahrigem Eis bei dem jeweils etwa SO cm in der kurzen sommerlichen Schmelzperiode oben abschmilzt in der tibrigen Zeit unten anfriert - auf diese Weise wandert jeder Eiskristall von un ten nach oben in 5-10 Jahren durch die Scholle hinshydurch Wird nun zB das sommerliche Abschmelzen urn

4

----- ------ -

10 erhoht dann nimmt die Dicke des Eises (nieht-linear) ab und der Antell der offenen Stellen zu was wiederum eine Anderung der Warmebilanz zur Folge hat Zweifellos brauehen wir realistisehe Modelle dieses komplizierten horizontal homogenen Vierphasensystems (Ozean Eis Sehneedeeke Luft) die auch die vom Wind angetriebene Dynamik (vier-dimensional) berueksichtigen urn absehatzen zu konnen unter welchen Bedingungen diese dUnne Treibmiddot eisdeeke sich verstarkt abschwacht oder gar (was zuerst BUDYKO ab 1962 ernsthaft untersucht hat) verschwinmiddot det

In diesem Zusammenhang sei nur erwahnt dafl dieses Treibeis im Schwimmgleichgewicht ist sein Verschwinmiddot den sich also auf den Meeresspiegel ebenso wenig auswirshyken kann wie das Schmelzen eines Eiswiirfels im WhiskyshyGlas

Wahrend die Flache des arktischen Treibeises zZ im Friihshyjahr etwa 118 im Spatsommer etwa 82 Mill km2 betragt belauft sieh die des antarktischen Treibeises im Friihjahr auf rund 22 im Spatsommer nur auf 36 Mill km2

bier hanshydelt es sich also ganz uberwiegend urn einjlihriges jahresshyzeitlich-advektiv neugebildetes Eis mit einer mittleren

Alicke von 120-150 cm Dieser markante Gegensatz ist die r olge der urn den Pol konzentrierten Lage des antarktishy

schen Kontinents (wahrend Gronland sich zwischen 59deg und 82degN erstreckt) die so viel tiefere Temperaturen (im Mittel der Troposphare II-12degC) zur Folge hat als uber der Arktis mit ihrer dUnnen Treibeisdecke

Warmehaushalt und Dicke des arktischen Treibeises wirshyken sich wiederum unmittelbar aus in der Ausdehnung und Intensitat des sommerlichen Kaitezentrums uber dem inneren Polargebiet Das mag eine der Ursachen sein fur den unerwarteten Vorsto~ arktischen Treibeises in denshyJahren nach 1963 mit dem Maximum in der Eisperiode 1965 - 72 im Raume Island (Abb 4) wlihrend der erstmals seit vielen Iahrzehnten wieder die Nordkuste Islands im Friihjahr monatelang vom Eis blockiert war Noch wichtiger war der Vorsto~ arktischen Treibeises verbunden mit der Hochstzahl von Eisbergen aus Westgronland (RODEWALD STROBING) in den Raum Neufundland-Labradorsee mit dem Maximum 1971-73 die hier eingeleitete Abkiihlung des westlichen Nordatlantiks hat die atmospharische Zirkushylation umgeschaltet mit einer resultierenden Stromung warmiddot men Wassers und warmer Luft an den KUsten Europas die wiederum mit beteiligt war an der Vorherrschaft milder Winter und an der Entstehung der ungewohnlich hiiufimiddot gen und schweren Sturmzyklonen der I ahre 1972 - 76 uber den Britischen Inseln und der Nordsee Diese nordatlanshytische Warmeschaukel war schon Ende vorigen lahrhunshyderts wohlbekannt

22 Das ElmiddotNiiiomiddotPhiinomen (Konvergenzen und Divergenshyzen der ozeanischen Ekman-Drift am Aquator)

Eines der interessantesten Phanomene das erst spat als Folge der Wechselwirkung an der Grenzflache Ozean -Atmosphare erkannt wurde lauft in der Literatur unter dem Begriff El Nino = das Kind (spanisch) dh das Christmiddot

11901--~-~10- I bull middot20middot Imiddot bull middot30 bull I bullbull middot40middot I bullbull middot50 bull I bullbullbull middot60middot bullbull I middot70middot - Imiddot middot80middot I 90 IOkt F shy

- - bull -Noy

- - -Dt -shyJon I Imiddot shy I - shyfrb uMo_

Apr Moi

Jim -Jul

bull I shybull bull IA9

sept 1901 10middot bullbull I bull middot20middot Imiddot middot30middotmiddotmiddotmiddot I middot40middot middot50 I middot60middot I bull - -70 I bull -eomiddot 90-

bull In bull -c bull bull IIbull I U bull _ middot1 r-~ - -

bull ----- bullbull -Ii

bull bull I

bull bull - bull bull II _I - bull- ---IJ- bull-

~Orl------------------------------------------------------------------------------~----------------

2~5rl------------------------------------------------------------------~ EIS6EOECkUNG ISLAND 1901middot76

2QoL1 --------------------------~~~~~~~~~~~~----------------------------------~ 1~1 bull -

1~0 I ---------------- shy1~5 ~___ 1---________

-1QO t--I- shy bull

ISr---shy

~Ol

i5 t

-deg1~- 60shy

bull

bull bull

bull bull bull bull ____

Abb4 Treibeis an Islands KUsten 1901 - 1976 (nach SIGTRYGSSON) Oben Andauer un ten Eis-Index in Wochen x Zahl def betroffenen (9) Sektoren

5

- --

kind weil es an der Ktiste Perus meist urn Weihnachten beshyginnt es kann dann mehrere Monate bis zu einem Jahr hin anhalten Zunachst handelt es sich nur urn das vortibergeshyhende Ausfallen der kilstennahen Aufquellphlinomene das wie auch an den Kilsten Kaliforniens und Nordwestshyafrikas regeImaBig im Sommer auftritt ahnlich an der Somalikilste und im Stidosten Arabiens Auf der Stidhalbshykugel reicht in Stidamerika und Stidwestafrika das KtistenshyAufquellen yom Wendekreis bis annahernd zum Aquashytor hier aber im Stidsommer mit mehr oder minder haushyfigen StOrungen die yom Aquator ausgehen und in manshychen Jahren nur bis 5_7deg Stidbreite reichen in extremen Jahren aber bis 15-18deg Breite Dabei verschwindet das kalte nahrstoffreiche Ktistenwasser mit seinem Fischreichshytum tiberdeckt von warmem fischarmem Wasser aquatoshyrialer Herkunft dieses El-Niiio-Phanomen hat 1972 den Fischfang Perus - der fOOrenden Nation auf diesem Geshybiet auf 10 reduziert und tritt in ahnlicher Form auch gelegentlich an den Kilsten von Angola-Zaire-Gabun auf In der Atmosphare fOOrt das anstelle der yom Kal twasser erzeugten Stabilitat der Schichtung zu instabiler Tropikshyluft die in der Ktistenwilste schwere Schauer und Hochshywasser hervorruft wobei die Temperaturen yon 20-22degC auf 26degC ansteigen

Die Ursache liegt in ganz groBraumigen Vorgangen nicht in der Antarktis wie falschlich angenommen Vielshymehr tritt das gleiche Phanomen auch in einem Streifen langs des Aquators auf geringfUgig nach S verschoben hier liegt normalerweise eine Zunge ka1ten Aufquellwasshysers die sich von der Ecuadorkilste her tiber die Galapagos (mit ihren Pinguinen) tiber den groBten Teil des Pazifiks bis tiber die Datumsgrenze (I800 W) hinaus mehr als i 2000 km bis nach der Phosphatinsel Nauru erstreckt Das ist die trockene Aquatorzone der klassischen KIishymatologie (SCHOTT 1938) normalerweise flihrt hier aquatoriales Aufquellen zu Stabilitat und Ariditat umso mehr je starker die tropischen Ostwinde beiderseits des Aquators wehen je starker also die tropischen HadleyshyZellen der Atmosphare ausgepragt sind Als Folge der Reibungskrafte entsteht beiderseits des Aquators im Ozean eine Oberflachenstromung die auf jeder Halbkugel polwarts gerichtet ist und divergiert sodaB das kOOle Tiefenwasser aufquellen muB Abbildung 5 zeigt hier in diesem Gebiet den Normalfall bei dem schon stidlich des Aquators die (im Mittel tiber die ganze Reibungs-Schicht urn 90deg abo weichende) Ekman-Drift eine Divergenz hervorruft Hauptshyursache ist der Vorzeichenwechsel der Coriolisbeschleushynigung am Aquator Schwacht sich nun diese tropische Oststromung ab so entstehen - das haben neuere Modelmiddot Ie gezeigt - Keivinwellen die zu einer Umkehr der Ekshyman-Drift und zur Konvergenz des warmen Oberflachenmiddot wassers am Aquator fOOren Auch hier kommt es bei norshymalen tropischen Wassertemperaturen (26-27degC) jetzt zu kraftigen haufigen Regenfallen nicht selten zu ausgeshydehnten Cumulonimbusherden mit mehreren 100 km Durehmesser (Hmesosealar clusters) in Nauru ist der typische Monatsniedersehlag bei dieser Situation 300 shy800 mm bei aufquellendem Kaltwasser dagegen i 0-15 mm in den Galapagos (ca 90

0 W) ist der Unterschied

noeh sHirker DOBERITZ hat gezeigt wie dieseAnomalien gleichzeitig tiber der ganzen Aquatorzone des Pazifiks aufmiddot treten weitere Arbeiten haben ihre Ausdehnung tangs der WestkUste Amerikas zugleich nach Peru und Siidkalishyfomien hin nachgewiesen

6

Equatorial Flow Patterns and Upwell ing

oJ b) 4

N gt- -- - CONY

omiddot 81 BI~ omiddot S ~ -- ~ OIV

N omiddot s N 0- S

w+- C w -+ W +- IC C-+W t l It t

Wind- Ekman - Drift (Ocean) Thermocline

Abb 5 Divergenz der ozeanischen Ekman-Drift am Aquator (a symmetrischer Fall b = asymmeshytrischer Fall) nach J BJERKNES und FLOHN

Untersuchungen von J BJERKNES und Modellrechnungen von ROWNTREE haben die groBraumige Auswirkung dieser Anomalien nachgewiesen die Ursache liegt in den enormen Schwankungen des Warmehaushalts tiber Flachea von 6 x 110 Meridiangrad -81 Mill km2 bull Neuere Detaf9 Untersuchungen (TREMPEL) zeigten einen Rilckgang der Verdunstung in der AufquelIzone stidIich der Galapagos auf 30 cma () gegentiber rund 120 cma auf beiden Flanken der Strom fiihlbarer Warme kehrt sich (wie beim Oaseneffekt auf Land) urn und fOOrt (geringe) Energiebeshytrage dem Meer zu das den groampren Teil der im wolkenshyfreien Raum ungehinderten Einstrahlung zur Erwarmung des mit ca 50 cmd aufquellenden Tiefenwassers benotigt Die Umkehr dieses Mechanismus bedeutet allein bei der Verdunstung der tropischen Ozeane eine Anderung um 5 ftir aIle Ozeane allerdings nur 2 ein regionaler Efmiddot fekt erscheint ziemlich wahrscheinlich Neueste Untershysuchungen (NEWELL) machen es wahrscheinlich daB auch die Aufnahme von CO2 durch den Ozean durch den plotzlichen Dbergang von nahrstoffreichem CO2 middotgesattigmiddot ten Tiefenwasser zu nahrstoffarmem Warmwasser sich flachenhaft urn einige Prozent andert das mag eine der Ursachen ftir die Variabilitat der atmospharischen Zunahme des C02 GehaIts sein (Abschn 42) 23 Kontinentale Eisschilde

Wahrend die Flache des arktischen Treibeises (s Abschn 21) zwischen etwa 8 und 12 Mill km2 schwankt besteht das antarktische Treibeis zu tiber 80 aus jahreszeitlichem Treibeis Beide Treibeisgebiete nehmen im lahresmittel mi t rund 23 Mill km2 nahezu 5 der Erdoberflache ein Dicke und Volumen sind aber minimal gegenUber den kontinental en Eisdomen von Gronland und Antarkshytika mit einer Flache von knapp 2 bzw 13 Mill km2

und einer mittleren Eisdicke von i 200 bzw 2200 m Wahshyrend das gronlandische Inlandeis in einer groBen Gebirgsshyschilssel Iiegt und seinen MassentiberschuB in vielen Gletshyscheff in Form zahlreicher einzelner Eisberge abgibt ruht das antarktische Eis tiberwiegend auf einem festen Felsshysockel oberhalb des Meeresspiegels sein AbfluB geschieht tiber riesige Schelfeise in Form ausgedehnter Tafeleisberge Jedoch liegt ein Tei - die sogenannte Westantarktis die sich von der antarktischen Halbinsel siidlich Sildamerika

zum Pazifik erstreckt - Uberwiegend auf einem Felssockel unter dem Meeresspiegel Neuere Untersuchungen (HUGHES) haben ergeben daiJ dieser Sektor schon mehrshyfach aufgeschwommen und dann abgeschmolzen ist mit einem weltweiten Anstieg des Meeresspiegels urn 5-7 m das sind die in Fachkreisen neuerdings viel erorterten antarktischen Ausbrtiche (surges) die - in Analogie zu den in Alaska und in anderen Gebieten beobachteten rapiden GletschervorstoiJen rasch ablaufen konnen Ein mathematisches Modell dieser AusbrUche hat BUDD (Melshybourne) entwickelt offenbar handelt es sichjedoch urn sehr seltene Ereignisse (zuletzt vor ca 115 000 Jahren im letzshyten Interglazial) tiber deren Zeitskala und Ablauf noch sehr wenig bekannt ist

Die mogliche Bedeutung eines solchen Ereignisses liegt in dem Ansteigen des Meeresspiegels eine detaillierte Unshytersuchung (auch in dem bisher fast unzuganglichen Beshyreich des Weddellmeeres) ist dringend erwiinscht auch wenn das derzeitige Eisprofil im untersuchten Gebiet des Roill-Schelfs noch nicht den Gleichgewichtsstand ershyreicht hat Kleinere Vorgange dieser Art (wobei Eismasshysen von maximal 1-2 bull lOS km3 beteiligt sein mogen statt gt 106 km3 ) sind wahrscheinlich auch in der Nachshy

alszeit aufgetreten beim Kalben der Schelfeise entsteshyren riesige Tafeleisberge bis zur Gro~e Hollands oder

Belgiens In Gronland sind aile diese Vorgange von viel geringerem AusmaiJ

3 Narurliche Ursachen der Klimaschwankungen

31 Variabilitat der Sonnenstrahlung

Abgesehen von solchen im internen klimatischen Regiershysystem begriindeten kurzfristigen Schwankungen werden immer wieder auampre (externe) Faktoren als Ursache von klimatischen Schwankungen bezeichnet Zuerst miissen wir die Frage aufwerfen ist unsere primare EnergiequeUe die Sonnen-Strahlung wirklich konstant oder fUhrt der Beshygriff der Solarkonstanten in die Irre Diese Frage ist zZ leider noch vollig offen wir verfUgen tiber keine einwandfreien Messungen zu ihrer Entscheidung (MASON) Messungen von hochfliegenden Ballonen in 23 30 km Hoshyhe die KONDRATIEV wahrend 6 Jahren in der Sowjetshy

rIlion durchftihrte konnen auch in dieser Hohe noch von r ~ratospharischem Staub vulkanischer Herkunft beeinflu~t

worden sein indirekte Belege wie sie durch Beobachtung der Albedo anderer Planeten (so Uranus) gewonnen wershyden konnen sind etwas unsicher An der AusrUstung von Satelliten mit hochempfindlichen vom Boden her kontrolshylierbaren MeMiihlern (mit einer tiber Jahre festzuhaltenshyden Me~genauigkeit von 1 Promille) wird intensiv gearbeishytet Neue Daten tiber das nahezu vollige Fehlen von Sonnenshyflecken in der Zeitspanne 1645 - 1710 und tiber Schwanshykungen der Rotationsdauer der Sonne in dieser Zeit (EDDY) scheinen doch entgegen dem Votum der Mehrzahl der Astronomen - fUr eine hOhere Variabilitat der Sonne zu sprechen Da~ eine Anderung von nur 1-2 Prozent bereits erhebliche Auswirkungen auf das Klima haben kann ergibt sich aus Rechnungen mit einfachen (BUDYKO) oder fortgeschrittenen Klimamodellen die jedenfalls die Dynamik der Atmosphare und den Wassershykreislauf in Rechnung stellen (WETHERALD und MAshyNABE)

Die Rolle der solaren Aktivitat ist inzwischen wieder akshytuell geworden aber sicher handelt es sich nicht urn einshyfache zyklische Vorgange wenn auch fUr eine etwa 23jahrishyge Peri ode mehr Belegmaterial existiert als fUr die klassische I1-Jahresperiode Aber der Anteil an der gesamten Varianz ist im allgemeinen gering und unerklarliche Phasensprtinge (MASON) untersti1tzen nur die weitverbreitete Skepsis gegentiber der Ntitzlichkeit flir praktische Zwecke Auch sorgfaltige empirische Studien (OLIVER MASS und SCHNEIDER) konnten keinen Beweis flir ihre Rolle im Klimageschehen Hefem (s a Abschn 1)

32 Vulkaneruptionen

Sicher belegt ist dagegen durch neue statistische Untersumiddot chungen (YAMAMOTO MASS und SCHNEIDER) und Modelle (HUNT POLLOCK) die globale Wirkung von groiJen Vulkanausbruchen deren Exhalationen in die Stratosphare gelangen und in Hohen zwischen 20 und 50 km Partikel bilden die die sHindig vorhandene JUNGEshySchicht urn einen Faktor 10 100 verstarken und farbenshyprach tige Dammerungserscheinungen hervorrufen Diese stratosphiirischen Staubwolken (zuletzt nach AusbrUchen des Agungmiddot auf Bali 1963 und des Fuego in Guatemala 1974 auch in Mitteleuropa sichtbar) absorbieren einen Tell der Sonnenstrahlung und streuen einen anderen TeB zushyruck in den Weltraum hierdurch kommt es im Mittel tiber die ganze Erde zu einer AbkUhlung urn bis 1-15degCdie allerdings selten mehr als 1-2 Jahre hindurch anhalt Sie tiberlagert sich den wesentlich starkeren Temperaturandeshyrungen die standig advektiv durch den Transport von Warmluft oder Kaltluft entstehen und tiber Monate hinweg ziemlich ortsfest sein konnen derartigen Transportvorshygangen verdanken wir in Westeuropa jetzt eine ~ehr auenishylige Foige von 7-8 zu mild en Wintern im Gegensatz zu extrem kalten Winterabschnitten in Nordamerika (Januar 1977 zT der kalteste dieses Jahrhunderts) oder Ostshyeuropa Die Haufigkeit gro~er VulkanausbrUche die vor allem LAMB fUr die Zeit seit 1500 untersucht hat schwankt sehr stark wahrend in einzelnen Zeitabschnitten (so urn 1690 oder 1815-1835) viele grofiJe Ausbrtiche in den verschieshydensten Gegenden der Erde sich haufen gibt es auch lanshygere Zeitraume (so 1912-1948) in denen sie ganz fehlen oder doch nur vereinzel t auftreten Seit etwa 1955 leben wir in einem Abschnitt wiederauflebender aber nur masshysiger Vulkantatigkeit Aber die auffallige Haufung sehr schwerer Erdbeben in den letzten Jahren laBt erkennen dafiJ auch mit schweren Vulkanausbrtichen jederzeit geshyrechnet werden mu~ Denn diese beiden Ereignisse sind wie wir heute sicher wissen kollektiv miteinander gekopshypelt es sind die langsamen Dritbewegungen der grofSen tektonischen Platten die einerseits im Bereich der gro~en meist ozeanischen Ri~-Zonen Vulkanausbrtiche auslosen andererseits unter die grofiJen Kontinentalschollen untershytauchen und dabei schwere Erdbeben mit tiefsitzendem Herd auslosen Ein direkt sichtbarer Tei des grofben atlanmiddot tischen Spaltensystems zieht quer durch Island in diesem Bereich traten in den letzten Jahren mehrfach Vulkanausmiddot brtiche (Surtsey Heimaey Kraftla) auf 1m Bereich des letzteren kam es am Myvatn-See in N-Island im April 1977 zu einem Aufrei~en von zwei parallelen Spalten mit einer Zerrung des Gelandes von 2 m auf 1 km mit anhaltenden Dampfexhalationen die ein fast vollendetes geotherrnisches Kraftwerk auBer Funktion setzten

7

1649

h i~v4lWv

Das episodische diskontinuierliche Auftreten vulkanischer Ereignisse gilt nicht nur fUr die (hier unmittelbar interessiemiddot rende) Zeitskala 101

- 102 Jahre sondern auch in der Zeitskala 103 104 Jahre ja sogar wie aus den Ergebshynissen des Deep Sea Drilling Programms hervorgeht im Bereich 106 107 Jahre

Die Klimageschichte lehrt uns wie groBe Vulkanausbrliche g10baJe Abkiihlungen fiir 1-3 Jahre auslbsen die natiirlich in einigen Gebieten durch advektive Erwarmung iiberlagert werden kbnnen Der starkste noch gut belegte Fall dieser Art ereignete sich nach dem grbBten historischen Ausshybruch des Tambora auf Sumbawa im Friihjahr 1815 die Sommer 1816 und 1817 waren in Europa Japan und Nordmiddot amerika ungewbhnlich kiihl zT feucht und von schwemiddot ren MiBernten begleitet die im Rheinland (mi t seinen durch Erbteilung zersplitterten Bauernhbfen) eine erste Welle von Auswanderungen nach Amerika einleiteten Die Getreimiddot depreise Mitteleuropas erreichten ihr absolutes Maximum vor 1950 ~Abb 6 und in den Vereinigten Staaten war 1816 das Jahrohne Sommer

4 Anthropogene Vrsachen die Rolle der Eingriffe des Menschen

41 Energiezufuhr und Luftverschmutzung

GegenUber der iiberragenden Rolle der Sonnenstrahlung (lie an der Obergrenze der Erdatmosphare rund 340 Watt auf jeden m2 der rotierenden Erde abgibt - und ihren Umsetzungen innerhalb der Atmosphare die als Strahlungsshybilanz oder Nettostrahlung an der Erdoberflache im Mitmiddot tel noch rund 100Wm2 liefern ist der Anteil der direkten Energiezufuhr als primarer Beitrag des Menschen mit 0015 Wm2 verschwindend gering hbchstens vergleieh bar mit dem geothermischen Warmestrom aus dem Erdmiddot innern (006 Wm2) oder dem Anteil der photosynthetimiddot schen Prozesse in der Biosphare (02 Wm2

) Diese g10balen

100

80

60

40

20

ROGGENPRE ISmiddot INDEX 16167

(19501001

1805 1771 1655

1847

~ 1622

1795

17621740 18311693 III 1634 bull 1~626 1699

17891712

Ii

middot

Mittelwerte geben jedoch ein vbllig falsches Bild tatsachshylich ist der Energieverbrauch in den groBen Industriezenmiddot tren konzentriert und erreieht dort lokal 10-50 Wm2

iiber Flachen von der Gro6enordnung 100 - 1000 km2 bull

Diese Energiezufuhr erzeugt die Warmeinseln der gro6en Stadte mit einer zusatzlichen thermischen Zirkulation und einer statistisch gesieherten Haufung konvektiver Starkregen

Auf der anderen Seite ist der Wirkungsgrad der Sonnenmiddot energie in der Erdatmosphare mit 07 sehr gering dh der Energieumsatz im klimatischen System die Erzeugung verfiigbarer potentieller Energie und die Vernichtung kinetischer Energie liegt auch nur bel 24 Wm2 Da Enermiddot gie ja nicht verbraucht sondern nur umgewandelt werden kann dringen diese vergleiehenden Oberlegungen nicht in die Tiefe des Problems das hier nur angedeutet wermiddot den kann hierzu benbtigen wir Grundbegriffe der heutimiddot gen Thermodynamik Nach ihrem zweiten Hauptsatz kann die Entropie (das Integral iiber aile Zufuhren und Abgaben von Warme im VerhaItnis zur Temperatur) nur zunehmen Umgekehrt nieht Energie sondern negative Entropie (Negentropie) wird verbraucht das bedeutet zugleich einen Verbrauch von Information (im abstrakshyten Sinne des Wortes) Von solchen OberJegungen gehen einige neuere Klimamodelle aus (PALTRIDGE FORTAK)

Die regionale Verteilung dieser anthropogenen Energiezushyfuhr pro Kopf der Bevblkerung ist interessant genug bei allen Industriestaaten Europas (einschlieBlich DDR und Tschechoslowakei) etwa 5-6 KW pro Kopf in USA und Kanada 11-12 KW in Afrika und Stidamerika 04 KW im g10baIen Mittel rund 2 KW Die letzten Zahlen sind sieher zu gering da der Verbrauch an Feuerholz in den Entwicklungslandern statistisch kaum erfa6bar ist wenn dieser sieh auf etwa 15 Tonnen pro Kopf und Jahr bemiddot lauft dann entspricht das weiteren 07 KWKopf oder flir etwa 28 Milliarden weiteren rund 2 TW (TW =Teramiddot watt = 1012 W)

01500 20 40 60 80 1600 20 40 60 80 1700 20 40 60 80 1800 20 40 60 80 1900

Abb 6 Roggenpreisindex 1500 1860 Mittel aus 5 deutschen Stiidten nach PHILIPPI

8

Seit 100 Jahren ist der Energieverbrauch urn einen Fakshytor von mehr als 30 gestiegen eine Angleichung der LeshybenshaJtung der Entwicklungslander ist zwangsHiufig notshywendig selbst wenn in den lndustrielandern die Wachsshytumsraten abnehmen werden Nachdem der derzeitige Weltverbrauch 8+2 TW betragt mu~ - bei einer (hofshyfentlich eintretenden) Stabilisierung der WeltbevOlkerung in der Nahe von 10 Milliarden im Laufe des 21 Jahrshyhunderts mit einem Ansteigen auf 35-50 TW (nASA) entsprechend 35-5 KWKopf gerechnet werden

In diesem Zusammenhang ist ein kurzer Blick auf die Beshyvdlkerungsentwicklung notwendig bei der jetzt erstmals Anzeichen einer Trend-Umkehr deutlich werden (Zahlen zusammengefa~t nach LR BROWN 1976)

Weltbevolkerung und Wachstumsrate

Bevolkerung (106 ) Zunahme pro Jahr ()

1970 1975 1970 1975

Nordamerika 226 236 090 060 West-Europa 333 343 056 032

Ost-Europa 368 384 084 086

Ost-Asien 941 1005 185 118 Stidasien Nahost 1123 1263 257 225 Afrika Stidamerika 588 672 269 268

Gesamte Erde 3594 3920 190 164

Diese ZaWen sind au~rst wichtig ftir aile Vberlegungen tiber ein kiinftiges Energiesystem das wahrend der bereits beginnenden Erschopfung der 61- und Erdgasreserven der Erde das heutige ablosen kann auf diese un sere wirtschaftshyHche Zukunft entscheidende Frage kann bier nicht naher eingegangen werden JedenfaJls ist der Energieverbrauch an sich nur in 10kaJem Ma~stab klimagenetisch wirksam

bei einer kiinftig wohl notwendigen Konzentration von Kraftwerken spielt diese Umweltvertraglichkeit eine wesentliche Rolle

Die Luftverschmutzung - hier zunachst die Emission von Aerosolpartikeln in die unteren Schichten (l 3 km) shy

~ist in ihrer klimagenetischen Wirkung oft ilberbewertet rworden Die hervorragenden Aufnahmen des Landsatshy

Satelliten mit einer raumHchen Auflosung bis herab zu 80 m (aus 960 km Hohe) zeigen da~ eine wirksame Trilshybung der Atmosphilre durch Industriezentren Gro~stadte oder Waldbrilnde tiber Entfernungen von einigen 100 km hervorgerufen wird Ober den Trockengebieten der Erde wird mineraHscher Staub durch Wind hoch aufgewirbelt eine Folge der seit Jahrtausenden betriebenen Zerstorung der Vegetation Diese Staubschleier sieht man im Satellishytenbild von der Sahara aus quer tiber den Atlantik bis in die Karibik ziehen Die KIimawirkung dieser Aerosolparshytikel ist komplex grobere Teilchen (gt 10 11m) absorbieshyren hauptsilchlich die langwellige Ausstrahiung der Erde erhohen die Gegenstrahlung der Atmosphilre und erwarshymen so die unteren Schichten fallen aber relativ rasch aus Feine Teilchen laquo 2 11m) absorbieren mehr die Sonnenstrahshylung mit ahnlicher Wirkung - gleichzeitig streuen sie aber auch gemaB den Gesetzen der Mie-Streuung einen kleinen Teil der Sonnenstrahlung zurtick in den

Weltraum die so dem Erdboden verloren geht Das Vershyhilltnis AbsorptionRtickstreuung hangt zT von der Zusammensetzung der Partikel ab das Rilckstrahlungsshyvermogen (Albedo) der Erdoberflilche spielt eine erhehshyliche Rolle 1m ganzen tiberwiegt aber doch offenbar der Erwarmungseffekt das zeigt sich besonders im Bereich der Staubdome der Gro~stadte in deren Bereich zu jeder Tages- und J ahreszeit die Temperatur hoher liegt als in der Umgebung das gleiche gilt ftir staubreiche Wilstenshygebiete wie in Pakistan_

Inzwischen scheinen die gesetzlichen MaBnahmen gegen die Luftverschmutzung wenigstens bei dem groberen Aeroso) ihre Wirkung nicht verfehlt zu haben in London haben sich die Nebel- und Sichtbedingungen seit dem Clean Air Act deutlich verbessert in den USA ist die Staubbelastung in den GroBstadten zurtickgegangen auf dem Lande allerdings leicht angestiegen Auch in Deutschshyland und Japan haben sich die Verhaltnisse in den schlimmshysten Fallen (Mannheim-Ludwigshafen Tokyo) offensichtshyIich gebessert jedenfalls ist der S02 middotGehalt etwas abgeshysunken

Wesentlich ftir die Beurteilung ist der Zeitfaktor Die Zumiddot fuhr ftihlbarer Wilrme (Enthalpie) wird schon in 24 - 48 Stunden durch erhohte Ausstrahlung wieder ausgeglichen Grobe Aerosolpartikel verbleiben im Mittel nur 2-3 Tage in den unteren Luftschichten feine Partikel in mittleren und hoheren Schichten einige Wochen bevor sie durch Wolken und Niederschlag wieder ausgeschieden werden 1m Rahmen des globalen Wasserhaushalts liegt die mittieshyre Verweilzeit eines Wasserdampfmolekills in der Atmosshyphilre dh die Zeitspanne zwischen Verdunstung und Niederschlag bei 9 Tagen Ganz anders liegen die Vershyhaltnisse bei den langlebigen Gasen so verbleibt Kohlendioshyxid im Mittel 6 Jahre in der Atmosphiire

42 Kohiendioxid und Spurengase

Kohlendioxid (C02) stellt heute einen Anteil von rund 330 ppm (10-6 Volumenteile) der Atmosphilre gegenilber 295 plusmn 5 ppm urn 1880 Der Anteil des Sauerstoffs (02 )

betragt in der gleichen Einheit 208100 dieses Reservoir kann also durch eine Zunahme des CO2 -Gehalts selbst urn einen Faktor 10 nicht nennenswert beeinfluBt wershyden Ober die komplexen Fragen des nattirlichen und vom Menschen gestorten Kohlenstoffkreislaufsystems sowie ilber die m6glichen klimatischen Auswirkungen einer weishyteren CO2-Zunahme berichtet in diesem Heft ausftihrlich C JUNGE (S 21 ff) hier mOgen wenige Bemerkungen ge ntigen Das Speichervermogen von Ozean und Biosphare wird oft tiberschatzt die Masse des Ozeans unterhalb der Thermokline bzw der Zwischenschicht in 400-600 m Tiefe nimmt nur sehr langsam an dem CO2 -Austausch teil und kann daher auch nur geringe Mengen speichern Eine Schiitzung der Food and Agricultural Organisation (FAO) ergibt einen Rtickgang des ilquatorialen Regenwaldes von urspriinglich 1592 auf 935106 km2 heute mit einer Rate von 11 0000 km2 (=112) pro Jahr (1) Die Zunahme der Photosynthese und damit der Netto-Produktivitilt der Willshyder kann nur einen Bruchteil dieser Verluste wettmachen

Die Verbrennung fossiler Brennstoffe (Kohle Erdol Erdshygas) liefert zur Zeit jahrlich rund 51 01 5 g CO2 von dem nach neuesten Daten 53 in der Atmosphilre verbleiben

9

ihr Gehalt steigt zur Zeit urn 1-2 ppm pro Jahr an wobei die Ursache der interannuellen Anderungen wahrscheinlich in der thermischen Veranderlichkeit des Ozeans in Aquatorshynahe zu suchen ist (s Abschn 22) Nach dem heutigen Stand der Diskussion (Marz 1978) wird dieser Antell der Atmosphare in den nachsten 3 - 4 lahrzehnten etwa konmiddot stant bleiben dartiber Wnaus ist eine Abschatzung schwierig

Die klimatische Bedeutung des CO2 liegt darin daB es im langwelligen Infrarot bei Wellenliingen zwischen 12 und 15 pm eine breite Absorptionsbande besitzt Es laBt also die Sonnenstrahlung ungehindert durch absorbiert aber die von Erdoberflache und Wolken abgegebene Warmestrahlung mit ihrem Maximum bei 10 pm Das ist der sogenannte Glashauseffekt dieser Begriff ist physikalisch etwas scWef wei ein Glasfenster nicht nur fur infrarote Strahshylung sondern auch fur den turbulenten Warmeaustausch undurchllissig ist (was erst die Warmespeicherung im Glasshyhaus erkUirt) aber er laBt sich wegen seiner Anschaulichshykeit kaum mehr ausrotten Die klimatische Folge einer Zunahme des CO2 -Gehalts ist eine Erwarmung der Troposshyphare die nach oben abnimmt und in der Stratosphare

Abb 7 Temperaturanderung bei Verdoppeung des CO2 shy

Gehaites Modell MANABE-WETHERALD 1975

degC bull degC C02 Concentration (ppm) and Temperature 14

0 0 l I

4 u

8

6

4

2 Model Augustsson-

Ramanathan 1977

10

8

6

4

- 0 l I

u

2

400 800 1200 1600 2000 2400 2800 3200ppm

Abb8 Temperaturanderung (au8er Po1argebiet) mit zushynehmendem CO~ -Gehalt Skala links mit konshystanter Hahe (CT A) rechts mit konstanter Temshyperatur (CTT) der Wolkenobergrenze Modell AUGUSTSSON-RAMANATHAN 1977

in eine Abktih1ung libergeht Zahlreiche immer weiter verfeinerte Modelle haben diesen Effekt bestiitigt altere mtissen wegen unrealistischer Annahmen ausgeschaltet werden Der Betrag der Erwiirmung hangt von der Zunahmiddot me des Wasserdampfgehaltes (dessen Absorptionsbanden zT die des CO2 tiberdecken) mit steigender Temperamiddot tur und von der (nicht genau bekannten) Wechselwirkung

mit der Bewolkung ab Aber die besten Modelle (MAshyNABE-WETHERALD 1975 AUGUSTSSON-RAMANAmiddot THAN 1977) die den Wasserdampfeffekt mit berticksichshytigen (Abb 78) geben tiber einstimmend fUr eine Verdopshypelung des CO2 -Gehaltes (von 300 auf 600 ppm) eine mittlere Erwiirmung in Bodennahe urn 2--3degC an die im Poshylargebiet (wenn man die Rtickkopplung zwischen Rtickstrahshylung (Albedo) Schneedecke und Temperatur in Rechshynung stellt) auf 7-10degC anwachst Diese Erwarmung ershyfolgt anfangs nahezu linear bei weiter steigendem CO2 -

Gehalt etwas langsamer aber selbst bei einer Zunahme urn den Faktor 10 tritt noch keine Sattigung auf die Ershywarmung betragt dann schon auBerhalb der Polargebiete 8-12degC Eine CO2 -Zunahme auf das 5-lOfache ist nicht unrealistisch bei unkontrolliert steigendem Gebrauch fossimiddot ler Brennstoffe insbesondere bei einem erzwungenem Verzicht auf Kernenergie konnen soIche Werte durchaus erreicht werden wie aIle Modellrechnungen aus neuester Zeit libereinstimmend ergeben

Die Situation die von den ftihrenden Energiefachleuten J der Welt sehr ernst genommen wird verscharft sich noch durch den Befund daB einige andere von Menschen promiddot duzierten Spurengase ebenfalls im Infrarot absorbieren und zwar ausgerechnet in dem noch durchlassigen Fenshyster zwischen 75 und 12 pm Zu diesen Spurengasen ~ zlih1t nicht nur das Ozon (03) - auf dieses (mE etwas tibershyschatzte) Problem kann Wer nicht naher eingegangen wershyden - sondern auch Distickstoffoxid (N 20) Methan (CH4 ) die Frigene (C Ch F2 und C ChF) Schwefeldioxid (S02) Ammoniak (NH3) ua die aile in steigendem AusmaB vom Menschen erzeugt werden Am wichtigsten erscheint das N2 0 (HAHN und JUNGE) aIs ein Endprodukt der stickstoftbaltigen Dtingemittel deren Produktion in den letzten 15 Jahren jahrlich urn tiber 10 zugenommen hat ihnen verdanken wir in der Hauptsache daB die Nahmiddot rungsmittelproduktion bisher noch mit der Bev6lkerungsshyzunahme Schritt halten konnte Die Frigene (Chlorofluorshymethane) sind die Treibstoffe der Aerosolsprtihdosen und werden auch in Ktih1schranken verwertet ihre Jahresshyproduktion nahert sich 106 Tonnen und ihre Verweilzeit in der Atmosphare liegt infolge ihIer chemischen Tragheit bei 30-70 Jahren In Schweden und Oregon sind sie inzwishyschen verboten weitere Lander dlirften folgen

Aile diese Gase addieren sich - da ihre schmalen Absorp-~ tionsbanden sich nicht tiberlagern (WANG 1976) - zumiddot dem Glashauseffekt des CO2 eine konservative () ScMtmiddot zung ergibt eine Verstarkung des CO2-Effektes urn 50 Der Verbrauch fossilel Brennstoffe nimmt sicher nicht mehr lange exponentiell zu da als Foige der beginnenden Erschopfung der ErdOl- und Erdgaslager die Preise steigen werden Bei begrenzten Vorraten ergibt sich eine Zunahme des Verbrauchs nach einer logistischen Funktion ist ein Vorrat F (hier gleich 100 gesetzt) begrenzt dann kann man annehmen daB der Verbrauch sich (mit wachsenshydem Preis) proportional zu dem noch vorhandenen Vorrat I-F andert (c Konstante)

1 dF = c(l-F)

F dt

Daraus ergibt sich die logistische Funktion

rl = 1 + exp [ c (t to 5) ]

10

mit dem Zeitpunkt tos in dem 50 von F aufgebraucht ist fhr Verlauf ahnelt einem in die Breite verzerrten S (Sigshymoid) und wir nahern uns offenbar rasch dem Wendeshypunkt

Da die Intensitat des Glashauseffektes in erster Linie von der Zunahme des CO2 -Gehaltes abhangen wird kann man diese mit der der erwahnten Spurengase kombinieren es ergibt sich ein virtueller CO 2 -Gehalt Dann kann die K1imawirkung in Abhangigkeit vom realen CO2 -Gehalt ausshygedrtickt werden das erlaubt eine Abschiitzung der repriishysentativen Temperaturzunahme (mit Ausnahme der Polarshygebiete) als Funktion des COrGehalts bzw der Zeit Zu den Voraussetzungen gehort daU die CO2 -Wachstumsrashyte unteT Einbeziehung der Entwicklungsllinder mit ihrem Nachholbedarf nicht rasch sinken kann und da~ keine anshydere Energiepolitik das CO2 -Risiko ganz ausschalten wird Unter diesen Voraussetzungen lli~t sich abschatzen da~ eine Temperaturzunahme urn 1 5degC (entsprechend der warmsten Periode der Nacheiszeit vor rund 6000 Jahren) schon zwishyschen 2005 und 2015 eine solche urn 25degC (entsprechend dem warmsten Abschnitt der letzten Zwischeneiszeit s Abschn 6) schon in etwa 50 Jahren erreicht werden kann Die kritische Phase bei der bel einer Erwarmung urn 4degC

m6glicherweise das arktische Treibeis wegschmelzen wird konnte trotz verlangsamter Wachstumsrate zwischen

2040 und 2075 dh in weniger als 100 Jahren eintreten Die entsprechenden Schwellenwerte des realen CO2 -Geshyhalts Jiegen flir eine Erwarmung urn 1 5degC (25deg4deg) bei rund 450 (550 750) ppm mit einer Fehlerbreite von plusmn 10 15

43 Die Albedo und das WiistenprobIem

Eine der wichtigsten Gr6Uen im Warmehaushalt der Erdshyoberflache ist die Albedo der Erdoberfliiche AE der Antellmiddot der reflektierten Strahlung an der einfallenden Globalstrahshylung G der Summe aus der direkten Sonnenstrahlung und der diffus gestreuten Strahlung des Himmels und der Wolken Hiertiber berichten in diesem Heft BAUMGARTshyNER KIRCHNER und MAYER (S 32 ft) Die mittlere Alshybedo der Erdoberflache liegt (nach einer besonders grtindlishychen Auswertung von Landsat-Aufuahmen in mehreren Spekshytralbereichen durch HUMMEL und RECK) bei 14 plusmn 05 Proshy

~ zent Aus einem der besten Strahlungsmodelle (MANABE und WETHERALD 1967) ergibt sich bei einer Zunahme

der mittleren Albedo von 1 eine Abnahme der Gleichshygewichtstemperatur urn 13degC Fast immer flihrt die Umshywand lung bzw Zerstorung der urspriinglichen Vegetation zu einer Zunahme der Albedo dies ist offenbar der einshyzige wichtige Eingriff des Menschen der zu einer Abkiihshylung flihren kann Diese Prozesse erfassen zwar riesige Flachen (landwirtschaftliche Nutzflache und Weideland zusammen 38 der Kontinente) aber sie vollziehen sich langsam schon seit def neolithischen Revolution vor 5-7000 Jahren heute beschleunigen sie sich mit der Bevolkerungszunahme

Eine entscheidende Rolle spielen die Vorgange die a1s Desertiikation bezeichnet werden ein passendes Wort in deutscher Sprache hierfLir mOOte erst neu gebildet werden Die Vegetationszerstorung an den Randern der Sahara ist in der Tat alarmierend die UN-Konferenz tiber Desertishyfication (Nairobi 1977) hat sie der WeltOffentlichkeit

klar vor Augen geflihrt Oberall in den Tropengebieten auch in den semiarid en und semihumiden Gebieten mit einer mehrmonatigen Regenzeit geht die Vegetation in den Weidegebieten rasch zurtick In den Liindern des Maghreb (Tunesien Algerien Marokko) in Lybien und im Sudan liegen verla~liche Schatzungen vor im Mittel rUckt die Wtiste urn 1 2 km jahrlich VOL Das bedeutet allein bei der Sahara in jedem Jahr eine Zunahme urn tiber 20000 km2 bull Dies ist keinesfalls die Foige einer Klimaiinshyderung - das konnte in Tunesien in Rajasthan im Sahelshygtirtel einwandfrei nachgewiesen werden Es ist vielmehr das Resultat der vom Menschen veranlaf3ten tiber Jahrtausende fortgesetzten Eingriffe in die natiirlichen Haushalte erst die Vernichtung der Gro~tierherden und der Raubtiere dann die Nutzung der nattirlichen Savannen und Graslander als Weideland flir Rinder Kamele Schafe und Ziegen dazu das jahrlich wiederholte Abbrennen des Grases shyso wurden die TrockenwaIder in Dornsavannen umgewanshydelt - zuletzt die Oberstockung der Graslander mit wachshysender Bev61kerungsdichte In den Liindem der Sahel zone ist die Zahl des Weideviehs in den Jahren 1949 - 68 auf das Sechsfache vermehrt worden hier treten Feucht- und Dtirrejahre meist in Gruppen auf und die Dtirre 1969 - 73 hat sieh 1977 wiederholt Die gro~e natiirliche Verandershylichkeit der Regenfalle von Jahr zu Jahr fUhrt immer wieshyder zu einer Vermehrung des Weideviehs tiber das 6kologishysche Gleichgewicht hinaus das damit nachhaltig gestort wird Hierzu kommt noch die Nutzung der letzten Baume und Straucher als Feuerholz (s Abschn 41) Da~ hierdurch selbst in semihumiden Gebirgslandern wie im Hindukusch oder in Nepal eine vollige Waldzerstorung in Gang kommt ergibt der Augenschein schon bei fltichtigem Besuch

Eine Modellrechnung von CHARNEY (1975) hat nun gezeigt da~ in dem Wtistengiirtel der Erde wegen der hohen Albedo der Erdoberflache der extraterrestrische Strahlungshaushalt negativ wird da~ dieses Defizit durch advektive Warmezufuhr und Absinken der Luft ersetzt werden mu~ und da~ die Zunahme der Albedo durch VeshygetationszerstOrung dieses Absinken nur noch verstarkt Das flihrt zu einem weiteren Rtickgang der Niederschlashyge und zu verstarkter Wtistenbildung Sicher handelt es sich hier urn einen schwachen erst in langen Zeitraumen und tiber gro~n Gebieten wirksamen Prozess der die naturbedingte Trockenheit im Bereich der subtropischen Hochdruckzellen noch verstarkt andere Modellrechshynungen und Auswertungen von Satellitenbildern haben diese Oberlegungen bestatigt Sieher sind die gro~en Wtishysten der Erde nicht erst vom Menschen geschaffen worden aber ihre Intensivierung und Ausweitung ist ein Produkt menschlicher Eingriffe An mindestens drei Stellen (bei Jodhpur mit rund 270 mm Regen im Jahr bei KhartumshyOmdurman mit 160 mm und bei Nefta in Tunesien mit 70 mm) zeigen eingezaunte Gebiete daU die vor den Weideshytieren geschtitzte ursprtingliehe Vegetation eine v61lig andeshyre Albedo hat a1s die umgebende Wtiste Ein Effekt auf die Niederschlage lli~t sich aus den (erst nach 1900 einsetzenshyden) Messungen zwar nicht nachweisen wohl aber aus den historischen Nachrichten aus dem Wtistengiirtel aus den Berichten der frUhen Reisenden tiber die Dauer der Regenshyzeit tiber die Existenz von Brunnen und regelma~ig abkomshymend en Fltissen noch im frUhen Mittelalter sind arabische Reisende quer durch die Sahara mit Pferden gezogen (tiber historische Klimaschwankungen natiirlicher Herkunft s Abschn 6 und 8)

11

5 Das Problem der Klimavorhersage Stand und Aufgaben

51 M odeUrechnungen

Was konnen wir tiber die Zukunft unseres Klimas vorausshysagen Was wissen wir tiber die Ursachen der Klimaschwanshykungen der Vergangenheit Immerhin wachsen unsere empirischen Kenntnisse tiber die Klimageschichte rasch an und erfassen die letzten 10000 Jahre schon recht gut die letzten 700000 Jahre immerhin schon in den Grundmiddot zUgen die Umrisse der Geschichte der letzten 500 Millionen Jahre beginnen ebenfalls sichtbar zu werden (SCHWARZshyBACH) Eindeutige Zusammenhiinge mit den nattirlichen Ursachen sind bisher hochstens vereinzelt nachgewiesen eine Vorhersage dieser extremen Ursachen (Abschn 3) ist bisher unmoglich

Physikalisch-mathematische Klimamodelle sind bisher vielshyfach nur in der einfachsten Form (0- oder I-dimensional) erortert worden 2- oder 3-dimensionale ZirkulationsmoshydelIe der Atmosphiire gibt es in den verschiedensten Formiddot men Gemeinsam ist ihnen die Ableitung der Felder Wind Luftdruck Temperatur auf der Grundlage vorgegebener Randbedingungen so der Temperatur der Ozeanoberfliishyche der mittleren Bewolkung ua Damit sind aber die fUr das Klima entscheidenden Wechselwirkungen fest vorgegeshyben schon die Behandlung des jiihrlichen Ganges ist mit einem so1chen Ansatz unmoglich erst recht natlirlich die Vorhersage von interannuellen Anderungen oder Klimashyschwankungen Die Wechselwirkung Atmosphiire - Ozean ist bisher in nur einem stark idealisierten Modell (MANABE und BRYAN) einbezogen worden andere Modelle behanshydeln den Ozean als beyregungslosen Sumpf der Wiirme und Wasserdampf abgibt bzw aufnimmt Sieher sind diese Ansiitze vielversprechend sie Hefem immerhin ein ziemlich realistisches BUd der groBen Stromungssysteme der Atmosshyphiire der hydrologischen BUanz Niederschlag - Verdunshystung und der Energieumsetzungen innerhalb der Atmosshyphiire Aber schon eine Umsetzung der Zahlenwerte flir die Landoberfliiche in regionalen Klimatypen zeigt die UnvoIlkommenheit dieser Art von Modellen da erhalten Texas und Stidchina ein Wtistenklima oder in der Sahara fallen 1500 mm Niederschlag am Rande des Himalaya dashygegen weniger als 50 mm Natiirlich geben solche Fehler AnlaB zur Verbesserung der Modelle diese aber finden heute weniger inder Physik als vielmehr in der Leistungsshyfahigkeit der Computer und dem Aufwand an Rechenzeit ilire Grenze Auch wissen wir heute daB die meisten Moshydelle (wegen in ihnen enthaltenen mathematischen Niiheshyrungen) auch bei gleichen Anfangsbedingungen verschieshydene Ergebnisse Hefem Modellexperimente Iiefem daher keine Abbilder der Wirklichkeit sondem sind Testversushyche tiber die Sensitivitiit der Modelle selbst Der entscheishydende Einwand ist aber daB es bisher noch nieht gelungen ist die Summe der zeitabhangigen Vorgiinge in Ozean Eis und Atmosphiire und ihre wesentlichen Wechselwirkunshygen in ein Modell einzubauen Keiner der hervorragenden Modellbauer macht sieh lIlusionen tiber die Schwierigshykeiten im Detail eine befriedigende Losung wird wohl kaum vor 10 Jahren gefunden werden konnen und auch dieses Datum mag noch zu optimistisch sein

Andere Modelltypen sind vorgeschJagen worden statishystisch-dynamische Modelle die zeitabhiingige Parameter unter Verzicht auf Detail als Statistiken behandeln und

12

stochastische Modelle bei denen die wirksamen langfristishygen Prozesse im Ozean und im Eis von der kurzlebigen Atshymosphiire her angetrieben werden (HASSELMANN und Mitarbeiter )

Aile diese Versuche sind notwendig und nUtzlich soweit sie unsere Kenntnisse tiber die Wechselwirkungen im klimatimiddot schen System und ihre Auswirkung erweitem erst wenn wir diesen komplexen Wirkungsmechanismus voll versteshyhen konnen wir ihn so vereinfachen dafll wir ein gentigend realistisches und doch noch traktables Klimamodell aufshybauen konnen Ein entscheidender Test ist die Simulation des jiihrlichen Ganges (zB WETHERALD - MANABE 1972) diese jahreszeitliche Anderung der Zirkulation ist eher noch groBartiger als die starks ten Klimaschwankunshygen der Vergangenheit wie etwa eine Eiszeit ftir die GAshyTES (1976) ein Zirkulationsmodell mit gegebenen Randbemiddot dingungen entwickelt hat

S2 Zur Frage der Vorhersagbarkeit

Solange die Hauptursachen der Klimaschwankungen in der Vergangenheit - zuniichst jedenfalls als unvorshyhersagbar geJten mUssen bleibt eine ernstzunehmende Prognose etwa flir das Klima der Periode 2100-2150 AD unmoglich Das muB ganz nilchtem gesehen werden selbst ~ wenn die eben erorterten Schwierigkeiten beim Aufbau eines geeigneten Modells voll befriedigend gelost werden konnen Aber ein Ausweg ist moglich der immerhin eine bedingte Vorhersage - in der Literatur als Vorhersage zweiter Art bezeichnet ermoglicht Setzen wir eillshymal voraus daB die unvorhersagbaren Prozesse so weltershylaufen wie in den letzten (rund) 5000 Jahren - genauer seit dem Verschwinden der letzten Reste der kontinentalen Inlandeisdome auf Labrador Dann konnen wir mit Modellshyrechnungen untersuchen wie dieses klimatische System auf Anderungen der Randbedingungen - zB auf eine Anderung des CO2 -Gehalts des Aerosolgehalts der unteren Troposphare oder der Stratosphiire (Vulkane) der Oberfliishychenalbedo - reagiert Solange kein wirklich komprehenshysives aile Untersysteme mitumfassendes Modell des klimashytischen Systems existiert sollte das in sorgfaltig geplanten Parallelversuchen mi t den heute verfUgbaren Modellen bzw den noch verbesserten Versionen durchgefilhrt werden

Parallel hierzu muB aber ein vertieftes Studium charakshyteristischer Stadien der Klimate der Vergangenheit treten ~ das Iiegt auch im Interesse der Modellbauer Es gibt nur eine Mogliehkei1 die Eignung eines Modells zur Klimavormiddot hersage zu erproben die Simulation der Klimate der Vershygangenheit und ihrer zeitlichen Entwicklung Aber auch unabhiingig davon geben uns diese Paliioklimate Hinweise darauf wie das Klima unserer Erde auch aussehen konnshyteo Denn hier versagt offenbar - jedenfalls gilt dies ftir die Mehrzahl der Meteorologen unser Vorstellungsshyvermogen nur so ist das (fast irrationale) Festhalten an der Oberzeugung von der Konstanz unseres Klimas zu erkliiren trotz all unserer Erfahrung mit extremen Wetterlagen

Stellen wir nur die in der Vergangenheit wirksamen Klimashyfaktoren in Rechnung dann mtissen wir uns fragen wie sah das Klima aus als unsere AlpengJetscher den vielerorts im Gelande noch siehtbaren Hochststand (mehrfach in def Zeit zwischen 1610 und 1855) erreicht hatten Das war die kleine Eiszeit (s Abschn 7) sieher mtiBte def Obershy

gang zu der nachsten Eiszeit von einem solchen Stadium ausgehen und wir mtissen die Frage nach der Natur dieses Obergangs erortern Stellen wir im Gegensatz hierzu die anthropogenen Faktoren in den Vordergrund die offenmiddot bar in ihrer Gesamtheit zu einer globalen Erwarmung flihren (s Absdm 41 42) dann kbnnen wir die Warmmiddot phasen der Vorzeitklimate untersuchen und als Beispiel fUr die in Zukunft zu erwartenden Zustande nehmen NatUrJich mtissen wir uns auch die Frage stellen kann sich das Klima der Vergangenheit wiederholen oder haben sich die Randbedingungen inzwischen geandert Nachdem wir heute wissen daf~ es in jtingerer Vergangenheit nicht eine oder vier sondern mindestens 17 Eiszeiten und ebensoviele Warmzeiten g10balen AusmaBes in 18 Milliomiddot nen lahren gegeben hat (FINK und KUKLA) stellt sich dieses Problem in aller Scharfe Auch die Geschichte des Menschen wiederholt sich nie aufvbllig g1eiche Art

Solange wir also keine physikalisch einwandfreien genUmiddot gend realistischen Klimamodelle zur Verftigung haben mUsmiddot sen wir uns mit dem Vergleich vergangener Zustande aber mit aller gebotener Kritik und Vorsicht behelfen Diese Art der Darstellung moglicher aber keinesfalls gesimiddot cherter Zustande bezeichnet man (in der sehr umfang reichen Literatur Uber Zukunftsfragen) als Szenarium als Drehbuch fUr einen Film Das ist eine auBerst unglUckmiddot liche Bezeichnung unsere Darstellung entspringt niemals allein schbpferischer Phantasie sondern beruht ausschlieBmiddot Hch auf den kritisch durchgeprUften Grabungsergebnissen der Vergangenheit alles was frliher schon einmal gesche hen ist kann wieder geschehen sofern die g1eichen Randmiddot bedingungen gegeben sind HierfUr geben uns die vorliemiddot genden Modelle wertvolle Hinweise Andererseits mUsmiddot sen wir stets die natiirlichen Schwankungen des Klimas (mit einer GroBenordnung von plusmn 06degC fUr die g10bale Mitteltemperatur gegeben fUr einen zB IOOjahrigen Mitmiddot telwert) mit in Rechnung stellen sie addieren sich zu den anthropogen verursachten Schwankungen ledem mit der Klimavergangenheit nicht vertrauten Leser sollte das Studium des groBen zweibandigen Werkes Climates Past Present and Future von H LAMB dringend empfoh len werden

FUr den folgenden Abschnitt 6 die Erorterung globaler Warmphasen als Beispiele [iir m6gliche Klimazustiinde unter anthropogenem Einftuj3 mUssen wir folgende einmiddot schrankende Voraussetzungen machen (s Abschn 23 und 3)

a) Konstanz der Solarkonstanten (innerhalb der heutigen MeBgenauigke it)

b) keine Haufung starkerer VulkanausbrUche c) kein groBskaliger Ausbruch des WestantarktismiddotEises d) keine Anderung der mittleren Bewolkung

Die letzte Einschrankung bezieht sich auf unsere mangelmiddot haften Kenntnisse tiber die Rolle der BewOlkung im Strahmiddot lungshaushalt Zweifellos ware schon eine geringe Zunahmiddot me der Bewolkung (zZ nach Bodenbeobachtungen ca 52 nach Satellitendaten ca 30 beides mit sysmiddot tematischen gegeneinander wirkenden Fehlern behaftet) fUr den Warmehaushalt von entscheidender Bedeutung Doeh ist das unwahrscheinlich (CESS) der gro~te Teil der Wolken entsteht in aufsteigenden Luftstromungen und lost sich bei Absinken auf bleibt also als Foige des Kontinuitiitssatzes etwa erhalten Die stabilen Inversionen

aber dUrften bei einer CO2 middotZunahme wegen der waehsenden LabiliHit der Schichtung eher abnehmen

6 Warmphasen in der Klimageschichte

61 Friihmittelalterliche Wiinneperiode

Da eine Riickkehr zu einer rein naturbedingten Klimaentmiddot wicklung ebenso unmoglich ist wie eine RUckkehr zu den Lebensbedingungen der lungsteinzeit fUr eine Erdbevolkemiddot rung von Uber 4 Milliarden miissen wir mit einer g10balen Erwarmung rechnen Dem widerspricht die Abklihlung der Periode 1945-72 in mittleren und hohen Breiten der Nordhalbkugel nur scheinbar in niedrigen Breiten blieben die Temparaturen fast konstant in gemaBigten Breiten der SUdhalbkugel und am Rande der Antarktis sind sie sogar leicht angestiegen Einer CO2 middotZunahme von 12-13 entspricht eihe g10bale Temperaturzunahme urn a2degC dies liegt noch ganz im Bereich des statistischen Rauschens dh der interannuellen Variabilitat Die bemiddot obachtete AbkUhlung kann offenbar mindestens teilweise auf die seit 1955 wieder auflebende Vulkantatigkeit (nach einer Pause 1912-1948) zuruckgefUhrt werden Das Argumiddot ment daB ohne die inzwischen erfolgte CO2 middotZunahme die AbkUhlung entspreehend starker gewesen ware la~t sich weder beweisen noch widerlegen es steht jedenfalls im Einklang mit den zuveriassigsten Strahlungsmodellen Wir betrachten also zunachst als Beispiel fUr eine kUnftimiddot ge Klimaentwicklung - einige Warmphasen aus der Klimamiddot geschichte ohne daB ruer auf die Art der Quellen und ihre Kritik eingegangen werden kann (vgl die Monogramiddot pruen von SCHWARZBACH und LAMB)

Die erste wichtige Warmphase ist das frUhe Mittelalter etwa die Periode 900 - 1050 un serer Zeitrechnung Sie ist zwar in Mitteleuropa durch historische Daten wenig bemiddot legt das umfangreiche Werk von H LAMB enthalt eine Zusammenstellung aller erreichbarer Daten die inzwischen fortlaufend erganzt werden In dieser Zeit scheinen sich (die vorsichtige Ausdrucksweise ist wegen der noch allmiddot zuoft unkri tischen Auswertung historischer Quellen notmiddot wendig) in weiten Teilen Europas warme Sommer und DUrreperioden zu haufen Die wichtigsten Befunde ergeben sich ausder Siedlungsgescruchte der Wikinger in Island und Gronland mit ihren klihnen Vorstoampn nach Labrador und Neufundland Diese Auswanderer (aus politischen GrUnden) trafen ab 874 Island zu etwa 60 bewaldet an sie trieben dort nicht nur Schafzucht sondern auch Getreidebau (wie Ubrigens damals in Norwegen bis zum 65 Breitengrad) Sie Uberquerten die DanemarkstraBe an der schmalsten Stelle ohne den heutigen TreibeisgUrtel anzutreffen und errichteten Siedlungen in Siidmiddot und Westgronland die FriedhOfe dieser Siedlungen liegen heute im Dauermiddot frostboden War der OstgronlandstrOin damals in 65degN eisfrei dann muB das bei dessen hoher Geschwindigkeit Om Vergleich zur Abschmelzzeit der Eisschollen) fUr seimiddot ne gesamte Lange zutreffen die arktische Treibeisgrenze lag also damals an der Nordkiiste Grbnlands dh in 80-shy

o8I N Breite Erst urn 1330 liegt ein zeitgenbssischer Bemiddot richt vor daB das vorgeriickte Eis zur Aufgabe dieses Scruffmiddot fahrtsweges gefiihrt hat zugleich verschlechterten sich die Klimabedingungen in Gronland und Island wo der Getreimiddot debau aufgegeben werden muBte Archaologische For schung hat zeigen konnen daB urn 1000 die Eskimos den ganzen arktischen Arcrupel Kanadas besiedelt hatmiddot

13

ten ebenso die Neusibirisehen Inseln In diesen heute mensehenleeren Einoden lebten sie von Walfang ~ dieshyser setzt offenes Wasser im Sommer voraus Die gleiche Klimaversehlechterung zwang sie ZUIll Ausweichen nach Sliden und ZusammenstoJ)e mit den durch Hunger und Seuchen dezimierten norwegisehen Siedlern in StidgrOn land filhrten zu deren Verniehtung

Die Waldgesehichte Kanadas und Europas die Gletschershygesehichte der Alpen beJegen um J 000 eine Erwarmung lim etwa 1deg( das Kaspische Meer erreichte einen seiner tiefsten Stande bel ~3~ m dh niedriger als heute wo viel Wasser zu Bewaserungszwecken verwendet wird Der Nordteil der Sahara war feuehter als heute arabische Reishysende beriehteten sogar aus dem heute trockensten Geshybiet (Kufra) von einer gerade erst aufgegebenen Rindershyzucht man wird die Niederschlage damals doch auf 150-~00 mmiJahr schatzen mussen gegeniiber 3~5 mm heute Aber aus dem Mittelmeerraum wird von einzelnen uberaus kalten Wintern berichtet ebenso hatten China und Japan warme Sommer aber auch strenge Winter in denen die gro~en F1u~-Seen am Jangtsekiang zufroren 1m mittleren Westen der USA herrschten giinstige Bedinshygungen fur Ackerbau Jagd und sogar stadtische Kuhur wah rend urn 1200 Serien von Durren zur Aufgabe von Gebieten zwangen Da~ diese Dtirreperiode hier im heutishygen Maisanbaugtirtel 200 Jahre anhielt (Bryson und Murshyray) mu~ besonders beachtet werden Der mittlere Westen Nordamerikas ist zZ das einzige Gebiet mit Getreidetibershyschuf~ wahrend viele andere Lander von Importen dh von der Hand in den Mund Jeben

Eine Zusammenschau dieser (und anderer) Daten fUhrt zu der Vorstellung (LAMB) da~ wie in den hei6esten Somshymem der Periode 1931-60 die Zyklonenzugbahnen der Westdrift durch quasi-stationare Hochdruckgebiete urn 300~500 km nach N verlagert waren Auch im Winter ergab sich eine iihnliche Situation die aber mit blockierenshyden Hochs zu hiiufigen Kaiteperioden ftihrte Wahrend im Eis Gronlands bereits eine vortibergehende Abktihlung urn 1160 eintrat die auch von Schweizer Gletschern beJegt ist war die nachste Kaltewelle mit dem Hohepunkt urn 1320 noch nachhaitiger wirksam alle Warmphasen seit dieser Zeit haben nieht die Andauer und Intensitat derjeshynigen urn die Jahrtausendwende erreicht Ftir sie kann ein Anstieg der reprasentativen Temperaturen urn etwa 1degC angesetzt werden die in der Arktis vermutlich 2-3degC erreicht haben diirfte Von der Sudhalbkugel Jiegen kaum Daten vor au~er einer Trockenperiode in Neuseeland zur Zeit der Maori-Einwanderung

62 Die holozane Warmeperiode vor 6000 (bzw 4000) Jabren

Nach dem Hohepunkt der letzten Eiszeit (18000 vh = vor heute) dauerte der Eisrtickzug in den beiden Nord-Kontishynenten verschieden lang das Skandinavische Inlandeis verschwand endgilltig kurz vor 8000 vh wiihrend zugleich das Laurentische Eis Nordamerikas noch die Hudsonshybucht mit allen Nachbarliindern bedeckte mit noch etwa 50 Prozent seiner urspriinglichen Flache Nach einem katashystrophalen Einbruch des Meeres in die Hudsonbucht vershyschwand das Eis im Westen relativ rasch in Labrador anshyscheinend erst urn 4500 vh wah rend in Baffinland ausgeshydehnte Plateaugletscher bis heute tiberlebten Das ftihrte

14

in der Zeit 8000-4500 vh zu einer permanenten Anomashylie der Zirkulation von Atmosphare und Ozean tiber Euroshypa zu einer zusatzlichen advektiven Erwarmung mit einem ersten Hohepunkt urn 6000 vh einem zweiten ab etwa 4500 vh nach einer kurzen intensiven Abktihlung urn 4800 vh wahrend das ostliche und zentrale Nordamerika noch relativ ktihl blieb Offenbar lagen auch Alaska und das westliche Nordamerika unter dem Einfiu~ eines warmen Hochdruckrtickens langs 1000W dehnte sich der boreale Wald etwa 300 km weiter nach N aus als heute ja vor 4800 vh sogar bis zur Banks-Insel (74degN) Ahnliche Beshyfunde Iiegen von Nordnorwegen und der westsibirischen Taiga vor die eine Erwarmung urn 2 bis 3degC andeuten im globalen Mittel ergibt sich eine Erwarmung urn etwa I 5degC In der inneren Arktis waren selbst die Nordktisten von Spitzbergen Gronland und Ellesmere-Land im Somshymer eisfrei wahrend der Kernbereich des arktischen Treibshyeises zwischen N ordkanada und Ostsibirien sieher erhalten blieb

Die Vegetationsgeschichte von Eurasien (FRENZEL) zeigt diese Warmphase klar Werbei darf man nlcht vergesshysen daB die Einwanderung von Waldbaumen erheblich Ianshygere Zeit benotigt als die daftir verantwortliche Klimaiindeshyrung Von besonderer Bedeutung ist dabei in Ostsibirien a offenbar auch in Kanada und Alaska ein Rtickzug des Dauerfrostbodens urn mehrere 100 km nach Norden in den Gebirgen rtickte die Waldgrenze tiberaIl urn 100-150 m aufwarts In den Alpen lli~t sich das mit vielen Einzelheiten belegen (pATZELT) aber im Gegensatz zur Subarktis kam es hier in der Periode zwischen 8000 vh und 800 vh zu mindestens vier Warmeperioden und zwischengeschalteshyten Kaltphasen mit Gletschervorstii~n von jeweils fast gleieher Intensitat Ftir die TemperaturverhaItnisse der Ozeane sind nur wenige Angaben vorhanden - die zeitshyliche Aufiosung der Ozeanbohrkerne liegt meist bei 3-5000 Jahren als Folge der geringen Sedimentationsrate und der biogenen Durchwtihlung des Meeresbodens Nur fUr den Kuroshio zwischen Taiwan und der japanischen Stidktiste wird eine Erwarmung urn 6degC angegeben

Die auffaIligste Erscheinung ist eine verbreitete Zunahme der Niederschliige mit nur zwei sicheren Ausnahmen In Westsibirien sowie im Mittelwesten der USA (Wisconshysin - Illinois) weitete sich das trockene Grasland nach N bzw E hin aus Oberall sonst besonders auWillig 1m Trok- ~ kengtirtel der Alten Welt von Mauretanien (l7degW) bis nach Rajasthan (77degE) herrschte ein feuchteres Klima als heute in der Sahara ist es an mehr als 30 fossilen Seen und Fltisshysen einwandfrei belegt eben so in der Danakilwtiste in der arabischen Wtiste aber auch im SW Nordamerikas im ostafrikanischen Graben und in weiten Teilen Australiens Zwei Gebiete sind besonders gut belegt in Rajasthan (BRYSON) schwankte die Regenmenge zwischen 400-600 mm (zeitweise fiber 800 mm) von etwa 10500 vh bis rund 3700 vh gegeniiber rund 250 mm heute und der Tschadshysee heute ein naches von Diinen durchsetztes Seebecken von maximal 23000 km2 dehnte sich zweimal (urn 8500 und urn 5800 vh) auf tiber 320000 km2 aus (MALEY) mit einem Spiegel tiber 40 m hoher als heutc und einer maximamiddot len Tiefe von etwa 200 m Das zentrale Trockengebiet zwischen Kufra und Tibesti heute mit weniger als 5 mml Jabr war zT von dauernd flie~nden Fltissen durchzogen Das Grasland wurde genutzt von offenbar zahlreichen rinderztichtenden Nomaden und die jahrlichen Niedershy

schlage werden auf 200-400 mm geschatzt (PACHUR GABRIEL) im Tibestigebirge (heute 100 mm) auf tiber 800 mm Besonders auffallig ist da~ in dieser Feuchteperiode sowohl die Nord- wie die Stidflanke der Sahara starker tiberregnet wurden im Sahelgebiet schlieBt ROGNON auf eine ganzjahrige Regenzeit mit haufigen Dauerregen an stelle der kurzen Sommer-Regenzeit mit ihren heftigen Schauern Das ist nicht vertraglich mit der Lehrbuch-Vorstellung von einer meridionalen Verschiebung aller Klimagtirtel die im Stiden und Norden der Sahara alternierende Feuchtshyphasen auslosen m~te Nur bn Winterregengebiet nordlich 36degN find en wir in Anatolien und Iran (so am Van-See) eine markante Trockenperiode gleichzeitig mit der Feuchtshyphase der ganzen Sahara Diese Feuchtphase schon einmal urn 7500 vh unterbrochen wurde ab 5500 vh durch eine allmiihliche Austrocknung abgelost die urn 4000 vh in der Sahara etwas spater auch in Rajasthan zu einem ariden Klima ahnlich wie heute fOOrte Diese Austrocknung haben die frOOeren Hochkulturen miterlebt das Alte Reich Agyptens die Stadtkulturen zwischen Jericho und Ur die Indus-Kultur ilire Krisen oder ihr Untergang hiingen offen bar von diesen Klimaanderungen starker ab als von dem Einfall fremder Volksstamme

Die Interpretation dieser Befunde aus dem Holoziin (=Nachshyeiszeit) erfordert eine genaue Synchronisation des Ablaufs der Klimageschichte in weit entfernten Raumen sowie ein meteorologisches Verstiindnis dieser raumlichen Bezieshyhungen anhand rezenter Befunde Zunlichst ergibt sich auch heute in den Obergangsjahreszeiten wie im Winter die Existenz quasi-permanenter Hohentr6ge die sich in 150-300 mbar jeweils weit zurtick nach SW bis in die innemiddot ren Tropen hinein erstrecken (FLOHN 1975) Ahnlich existieren diese diagonaien Hdhentrdge auch tiber der Stidhalbkugel wo sie bis zum Aquator gelegentlich auch dartiber hinaus reichen In ihrem Bereich kommt es zu einer Wechselwirkung der tropischen und aulkrtropischen Storungen (Abb 9) die zu kraftigen Wirbeln mit Gewittermiddot schauern und Sandsttirmen ftihren dies sind die schon urn

Interaction Upper Troughs-low level Tropical Vortices Lat

300

fIlA 200

10middot

omiddot Abb 9 Diagonale Hohentroge (200 mb) und ihre Wechshy

selwirkung mit Storungen der tropischen Oststroshymung (700 mb)

1935 bekannten Saharadepressionen 1m westlichen und zentralen Nordafrika laBt sich an heutigen Statistiken die simultane Schrumpfung bzw Ausweitung des Trokshykengtirtels und die Rolle der Frtibjahrsregen hierbei nachshyweisen dasselbe ergab sich aus historischen Studien der Regenverhaitnisse im 17-19 Jahrhundert (NICHOLshySON)

Wahrend der ersten Feuchtphase 10500 8000 vh existiershyten noch ausgedehnte EisfHichen in Nordeuropa und Nordmiddot amerika Das ganze Jahr tiber reichte die glob ale Kaltshyluft und die von ihr ausgehenden Kaltetroge weiter stidmiddot warts als heute wahrend sich Uber den Tropen bereits die heutige Zirkulation herstellte Die Befunde deuten im Atlantik wie im Pazifik auf eine Abschwachung der subtroshypischen Hochdruckgebiete und damit der Intensitlit der Passatwinde Dies fiihrt notwendig zu einer Abschwachung des Aufquellens von Kaltwasser sowohl an den Westktisten (NWmiddotAfrika Kalifornien) wie am Aquator hier also zur Vorherrschaft der EI-Nino-Zirkulation mit Warmwasser starker Verdun stung und aquatorialen Regen auf dem Meer die geophysikalische Rolle dieses Wechsels ist kaum zu tiberschatzen Urn 8000 - 7300 vh kam es nach Vermiddot schwinden des skandinavischen Eises zu einer Unterbremiddot chung der Feuchtphase Diese stellte sichjedoch wieder her solange noch tiber Labrador - Baffinland ausgedehnte Eisfelder auch im Sommer tiefe weit ausgreifende Hohenmiddot troge zur Folge hatten diese traten offenbar in Nordamerishyka sowie in EuropaAfrika in den Obergangszeiten haufishyger auf als heute 5-10 faile dieser Art pro Jahr gentigen urn insgesamt 150-250 mm zusatzlichen Niederschlag hervorzubringen Die endgultige Austrocknung vollzog sich erst urn etwa 4500 vh mit dem Verschwinden der Eisreste aus Labrador

Die fUr den Klimaablauf entscheidenden physikaischen Randbedingungen in der Subpolarzone waren also urn 6000 vh noch wesentlich anders als heute erst urn 4500 vh entwickelten sie sich offenbar mit einer noch starkeren Reduktion des arktischen Eises Die ebenfalls noch wanne Phase urn 4000 vh deren regionale Einzelheiten weniger gut bekannt sind war im Trockengtirtel der Alten Welt wie im SW Nordamerikas in Stidafrika und in Australien ahnlich trocken wie heute Noch eine weltcre Randbedinshygung sollte nicht vergessen werden die bereits erwahnte (Abschn 43) Vegetationszerstorung und Desertifikation die mit der Zunahme der Obertlachenalbedo tiber den Meshychanismus des Charney-Modells zu einer Verstarkung des Absinkens fUhrt Sie wird wahrscheinlich bei einem Ruck gang des ArktismiddotEises eine Zunahme der Niederschlage im Sahel hinausz6gern jedenfalls solange bis durch geeigshynete SchutzmaBnahmen eine geschlossene GraslandmiddotVege tation in den Randgebieten der Sahara wieder hergestellt werden kann Das aber ist ein okonomisch-soziales Pro blem

63 Letztes Interglazial EemmiddotWannzeit 120000 vb

Die EntwickIung quantitativer Arbeitsmethoden in der Geo logie hat in den letzten Jahren einige aufregende Entdek kungen innerhalb der Erdgeschichte erm6glicht Hierzu zahlt die Entdeckung eines 17-18maligen Wechsels zwi schen Eiszeit und Warmzeit (Interglazial) in den letzten 2 Millionen Jahren in zeitlicher Obereinstimmung datiert mittels der Umkehrung des erdmagnetischen Feldes gefunshyden in Ozeanbohrkernen aus dem aquatorialen Pazifik (SHACKLETON - OPDYKE) und in L6Bprofilen in Mahmiddot ren und Niederosterreich (KUKLA und FINK) Damit ergab sich eine gesicherte Chronologie der Kalt- und Warmshyzeiten ftir die palaomagnetische BrunhesmiddotEpoche der letzten 700 000 Jahre In allen geeigneten Ozean-Bohrkernen finshydet man in der Zeit zwischen 127 000 und 75 000 vh (mit einer Fehlergrenze unterhalb plusmn 5000 Jahren) drei

15

Warmphasen mit zwei kurzen Kaltphasen dazwischen genauere Untersuchung in Barbados auf Mallorca Neuguishynea und an der Themsemtindung belegen auch die zugeshyhOrigen eustatischen Schwankungen des Meeresspieshygels da in den Kaltphasen gro6e Wassennengen als konshytinentales Eis gespeichert werden Auf dem Festland sind bisher zwei nahezu vollstandige Moorbohrkerne untershysucht worden (in Mazedonien und sudlich der Vogesen) die die gleichen Schwankungen zeigen aber in wesentlich hOherer zeitlicher Auflosung Noch weiter auflasbar sind die Diatomeenablagerungen Nordwestdeutschlands mit ihren tiber 10 000 Jahre reichenden Jahresschichten (H MOLLER) die eine pollenanalytische Analyse von Abshyschnitten von nur 15 Jahre Lange erlauben

Nach allen vorliegenden Befunden ist die friiheste der drei Warmphasen mit deutlichem Abstand die warmste noch etwas warmer als die erarterte holozane Warmphase offenbar auch warmer als die vorhergegangenen Interglashyziale Sie reichte von 127000 bis etwa 115000 vh die warmste Phase umfa~te in den Vogesen mindestens 10000 Jahre dagegen die beiden Kaltphasen nur jeweils 1600 bzw 1000 Jahre Ftir Europa und die Sowjetunion existiert eine detaillierte Vegetationsanalyse (FRENZEL) dieser Warmzeit die mit dem hollandischen Lokalnamen Eem (im engeren Sinne) bezeichnet wird nach dieser Anashylyse miissen die Temperaturen 2-3degC haher gelegen haben als heute in Sibirien sogar bis 6degC Xhnlich wie im Holoshyzan miissen die Niederschlage hoher gewesen sein zumal die hOhere Temperatur schon an sich zu einer Zunahme der Ozean-Verdunstung fiihrt Neben der oben erorterten Dominanz der EI-Nifio-Zirkulation am Xquator ist eine weitere Ursache der Verstarkung des hydrologischen ZykshyIus der eustatische Meeresspiegelanstieg auf + 5-7 m der durch einen breiten Meeresarm zwischen Ostsee und Wei~em Meer Fennoskandien zur Insel macht und im Mtindungsgebiet von Ob und Jenissei bis tiber 1000 km weit ins Binnenland eingreift (FRENZEL) Zugleich kam es zu einem drastischen Riickzug des Dauerfrostbodens in Ostsibirien bis etwa 57deg Breite (heute etwa 49deg) Auch bei einem Anstieg der Temperaturen urn 6degC erlebte Sibishyrien auch damals sehr kalte Winter doch miissen im Sommiddot mer die Ktisten weitgehend eisfrei gewesen sein Anderermiddot seits ergeben die Bohrkerne im Arktischen Ozean daB der zentrale Kern des arktischen Eises zwischen Gronland Alaska und Ostsibirien aile Warmzeiten seit mindestens 700000 Jahren ohne Unterbrechung uberdauert hat die gleiche Annahme erscheint fUr das Gronlandeis immershyhin wahrscheinlich (wenn auch nicht belegt)

Mit dem starker mariti men Klima Europas reiehten warmiddot meliebende Walder weit nach Ru6land hinein Das Vorshykommen von Lowen FluBpferden und Waldelefanten in GroBbritannien ist ein besonders auffallendes Anzeimiddot chen warmerer Bedingungen wenn auch der SchluB auf tropisches Klima nach Ausweis der Vegetation sicher unshygerechtfertigt ware Aus den tropischen Kontinenten lieshygen bisher nur wenige Befunde vor eine lange humide Phase an der westafrikanischen Kiiste und in der Afar-Senke am Roten Meer entsprechen den Befunden der holozanen Warmzeit

Diese Eem-Warmzeit war offenbar die wiirmste Phase seit Beginn der Brunhes-Epoche vor 700000 Jahren abet das gesamte letzte Interglazial dauerte wesentlich langer

es umfaBte zwei weitere etwas kiihlere Warmphasen geshytrennt durch zwei intensive Kaltphasen urn etwa 110 000 und 90 000 vh Die zugehorigen Schwankungen des Meemiddot resspiegels zwischen -70 und -80 m in den Kaltphasen (letzte Eiszeit -100 m) und etwa -5 m in den beiden spateren Warmphasen zeigen daB die Schwankung des globalen Eisvolumens immerhin 70-75 derjenigen zwishyschen letzter Eiszeit und heute betrug Diese Anderunshygen der Massenbilanz in den beiden Kaltphasen drang ten sich jeweils auf weniger als 10 000 Jahre zusammen die entsprechenden Klimaanderungen auf dem Festland liefen nach Ausweis der (verzogerten) Vegetationsschwanshykungen in den europaischen Mooren in wenigen 100 Jahshyren in Wirklichkeit also vermutlich in lt 100 Jahren abo Das wird bestatigt durch den Gronland-Blitz eine in ihrem Mechanismus noch nieht einwandfrei geklarshyte Abkiihlung in weniger als 100 Jahren (DANSGAARD) die im Eis Nord-Gronlands in tiber 1300 m Tiefe seit minshydestens 90000 Jahren tiefgefroren aufbewahrt ist

Gewi~ sind noch nieht alle Fragen geklart Offenbar haben sich im mittleren Europa die beiden Kaltphasen trotz globalen Charakters nur kurzfristig in Form abrupter Abkiihlungen in der und hier allein interessierenden humashynen Zeitskala ausgewirkt Xhnliche Ereignisse haben sich nach den heute vorliegenden Befunden in allen jtingeren Y Interglazialzeiten (und im Holozan) abgespielt - auf dieshyses Problem muB noch (Abschn 8) eingegangen werden

Der eustatische Meeresspiegelanstieg im Eem ist in seiner Ursache noch nicht geklart ein Anstieg urn 5-7 m entmiddot spricht entweder dem Abrutschen des Eises der Westantshyarktis oder dem Verschwinden des Gronlandeises oder eishynem entsprechenden Wasserverlust der sehr stabilen Ostantshyarktis Wabrend das zuerst genannte Ereignis uU recht rasch vor sich gehen konnte (genauere Vorstellungen tiber die Zeitskala liegen allerdings nicht vor) laufen die beiden anderen Ereignisse so langsam ab daB der zugehoshyrige weltweite Meeresspiegeianstieg in der GroBenordnung weniger mm pro Jahr (heute 11 mm) bleibt

64 Eisfreie Arktis vereiste Antarktis (12-25 Mill vh)

Wahrend die bisher dargestellten Klimaphasen keine grundshysatzlichen Abweichungen gegentiber dem heutigen Klimashybild zeigen trifft dies fUr den extremsten Fall eines vOl- ~ ligen Verschwindens der arktischen Treibeisdecke nicht zu Die Idee eines Verschwindens des arktischen Treibshyeises hat zuerst BUDYKO urn 1962 entwickelt und zwar als Endergebnis einer gezielten Umwandlung des Klimas wie sie 1959 auf einem der Kongresse der KPdSU proklashymiert worden war - im Einklang mit der marxistischen These von def Umwandlung der Natur durch den Menshyschen Bei naheren Untersuchungen stellte sich heraus daB dieses Projekt (schon wegen der Ausdehnung der Eisdecke tiber 10 bull 106 km2 ) nicht nur extrem aufwendig war sondem auch sehr weitreichende Nebenwirkungen zur Foige haben konnte Spater erkannte man daB die im Gange befindliche Zunahme des CO2 -Gehaltes zu dem gleiehen Ergebnis fiihren konnte Die Sensitivitat dieses Systems wurde bereits besprochen (vergl Abschn 21) ein vereinfachtes eindimensionales Klimamodell (BUDYKO 1969) ergab bei wachsendem CO2 -Gehalt und zunehmender Erwarmung ein immer rascheres Ruckshyweichen der EisSchneegrenze zum Nordpol hin

16

Ein solches scheinbar jeder Erfahrung widersprechendes Modell konnte nieht ohne Widerspruch hingenommen werden Schon die Frage ob unter den heutigen Klimashybedingungen die Eisdecke irreversibel verschwinden kann oder ob sie sich im nachsten Winter neu bildet mu~te eingehend erortert werden wir konnen sie offen lassen da nunmehr ein Verschwinden des Treibeises unter extreshymen von den heutigen abweichenden Klimabedingungen zur Erorterung steht Diese Frage kann nur mit umfangreishychen Modellrechnungen beantwortet werden unter weishychen Bedingungen ist das dynamische System Meer Treibeis (mit Polynyas) - Schneedecke - Atmosphiire tiber den jahreszeitlichen Wechsel der Strahlungsbilanz hin stabil bzw instabil Solche Rechnungen sind im Gang eine ganze Familie von stufenweise immer komplexerer Modelle mu~ unter verschiedenen Randbedingungen geshytestet werden eine umfangreiche Arbeit die nicht heute oder morgen zu Ende geftihrt werden kann

Einer der vielen Einwande war die Frage ob ein eisfreier ~ Arktischer Ozean gleichzeitig mit einer vereisten Antarkshy

tis existieren konne dies ergibt eine schwer vorstellbare Asymmetrie der beiden Halbkugeln Aber auch heute existiert eine deutliche Asymmetrie die Troposphiire tiber der Antarktis ist im gleichen Niveau im Jahresmittel 11shy

12degC kalter als tiber der Arktis im NordsommerlStidwinter sogar um tiber 26degC Da nach einfachen OberJegungen die durch die Modellversuche von FULTZ (1959) bestiishytigt wurden die Zirkulation der Atmosphiire von dem Temperaturgeflille zwischen Aquator und Pol abhiingt (KORFF und FLOHN 1969) ist die Zirkulation auf der Stidhemisphiire starker als auf der Nordhalbkugel und greift tiber den Aquator hintiber im Jahresdurchschnitt bis etwa 6deg Nordbreite im Juli (Januar) auf rund 12deg N (1 deg S) Das zirkulationserzeugende meridionale Temperaturgefalle ist heute tiber der Stidhalbkugel im lahresdurchschnitt 42 gro~er als tiber der Nordhalbkugel

Tatasachlich hat aber - das ist eine der grundlegenden Erkenntnisse die wir dem Deep Sea Drilling Programm mit der Glomar Challenger verdanken - ein derart krasser Gegensatz der beiden Pole im jtingeren Tertiar viele Millionen Jahre lang existiert (KENNETf 1977) Der Antarktische Kontinent war erstmals vor 38 Ma (= 106

Jahre) mindestens teilweise vereist schon damals bildete sich das antarktische Bodenwasser der Ozeane mit einer

Abktihlung um etwa 5degC Eine vollstandige Vereisung der Antarktis besteht seit dem mittleren Miozan vor 12shy14 Ma sie war seither nur noch sekundaren Schwankungen unterworfen Vor etwa 55 Ma bildete sich dieses zuniichst noch relativ flache Eis mit Temperaturen um OdegC in ein kaltes stabiles Eis (der Ostantarktis) um noch 200shy300 m mach tiger als heute begleitet von einer globalen Abktihlung und einer eustatischen Absenkung des Meeshyresspiegels Diese ftihrte an der Schwelle von Gibraltar zu einer (mehrfach wiederhoJten) Abschntirung und Ausshytrocknung des westlichen Mitteimeeres (HSU) auf deren regionaie klimatische Bedeutung nicht weiter eingegangen werden kann

Die allmiihliche Abktihlung wiihrend des mittleren und junshygeren Tertiars hangt offenbar mit der Bildung des kalten von der Antarktis sich ausbreitenden Bodenwassers zusamshymen durch Mischung sanken auch in mittleren Schichshyten die Wassertemperaturen langsam ab und mit der Vershy

starkung der atmosphiirisch-ozeanischen Zirkulation kam es zum Aufquellen dieser ktihlen Schichten am Aquator und an den subtropischen WestkUsten Eine Vereisung der Gebirge der Nordhalbkugel trat erst lange nach der Antshyark tis ein in Alaska vor etwa 9 Ma in Island und im kalimiddot fornischen Hochgebirge vor etwa 28 Ma Eine Bildung von arktischem Treibeis war erst moglich nachdem diese konshytinentalen Gletscher allmahlich beim sommerlichen Schmelshyzen eine dUnne salzarme Deckschicht des Arktischen Ozeans gebildet hatten dies geschah offenbar erstmals vor 23 Ma zuerst sicher noch als jahreszeitliches Eis

Damit steht also fest da~ in der Zeit zwischen 12 und 25 Ma gleichzeitig ein vollstandig vereister antarktischer Konshytinent und ein offener eisfreier arktischer Ozean existiermiddot ten In dieser Zeit miampte (aus theoretischen GrUnden) der meteorologische Aquator im Jahresmittei in etwa 9-10deg Nordbreite gelegen haben dafUr gibt es in Afrika auch Belege Als weitere Fol~e ware eine Verlagerung des Trockengtirtels bis 40-50 N zu erwarten die im ostlichen Europa auch belegt ist (zB im Wiener Becken s Abb 10) die subtropische Flora jener Zeit ist vielfach beschrieben worden (SCHWARZBACH MAGDEFRAU)

Northern Boundary of NHem Evaporite Zone

Oucternary (0-2 Ma) Late Tertiary 15-15 Ma) Early Tertiary (30-50Ma)

Abb 10 Mittlere Nordgrenze des Trockengiirtels (Ablashygerungen von Salz Gips usw) im Quartar (0 shy2 Ma) JungterWir (5 IS Ma) und Alttertilir (30 - 50 Ma) nach LOTZE

und Walder der gema~igten Zone reichten bis Nordgronshyland Nach SCHWARZBACH lagen im rheinischen Braunmiddot kohlengebiet die Temperaturen in allen Jahreszeiten urn 5-8degC hOher als heute Der stidhemisphiirische Trocken gtirtel reichte bis in die Nahe des Aquators Es ist unmogmiddot lich in diesem Rahmen auf Einzelheiten einzugehen zumal hierzu eine vollstiindige Auswertung der neueren geologimiddot schen Literatur notwendig ist

Nach BUDYKOs Modell kann der Obergang zu einem solchen Klima dh das Verschwinden des arktischen Eises bei einer allgemeinen Erwarmung urn ca 4degC eintreten (vgl auch KELLOGG) Das entsprache (je nach Modellannahme) einem virtueJlen CO2 -Gehalt von 800 shy1100 ppm der reale CO2 -Wert liegt bei 750 ppm (plusmn 15jd (Abschn 42) Ob und wann solche Werte erreicht werden hangt von Entscheidungen auf energiepolitisch-okonomisch sozialem Gebiet ab (Abschn 8)

17

7 Kaltphasen in der Klimageschichte

71 Kleine Eiszeit (1550-1850)

Dal~ das Klima im 20 Jahrhundert nieht das einzig mogliche ist ja dreg es selbst im Rahmen der [etzten 500 Jahre ausgesprochen anormal ist gehort zu den Tatsachen die selbst den meisten Meteorologen unbekannt sind Tatsachmiddot Hch haben wir in Europa - wie das am besten bekannte Verhalten der AJpengletscher zeigt seit rund lO 000 Jahmiddot ren immer wieder einen Wechsel zwischen Warmphasen (wie in Absehn 61 geschildert) ulld Kaltpllasen erlebt Hierbei sind die Phasen innerhalb dec beiden Gruppen untereinander recht iihnlich ihre Dauer aber variabel irgendwekhe persistenten Perioden existieren offenbar nieht oder ihr Anteil an der gesamten Varianz ist vernachmiddot liissigbar gering Wahrend die Gletscherstande der Zeit 1930-60 offenbar nahezu identisch sind mit denen frOherer Warmphasen l diese A ussage ist etwas unsieher) liegen die Moranen der GletschervorstoBe urn 1820 und urn 1855 fast genau auf denen frtiherer Gletscherhochstande (PATZELT) Die letzte Kaltphase kann uns also als Modell fUr aIle frOhemiddot ren seit dem RUckzug der grofben Inlandeise dienen ihre Bezeiehnung als Kleine Eiszeit ist allerdings bewufbt Ubermiddot trieben Ihr Beginn ist nieht eindeutig festlegbar schon urn 1160 urn 1320 und urn 1430 kam es zu kUrzeren aber marmiddot kanten GletschervorstoBen in den AJpen und fUr die beimiddot den 1etztgenannten Termine liegen viele Nachriehten Uber ganz ungewohnhche Klimaanomalien vor (LAMB von RUDLOFF) Von langerer Dauer war die Klimaverschlechmiddot terung ab 1560 die in ZUrich einen Rtickgang der Wintermiddot temperaturen urn 2degC brachte wahrend bei Kopenhagen das ganze Jahr Uber Winde aus SUdost und Ost - als Anzeimiddot chen blockierender Antizyklonen vorherrschten Die Witshyterungsabliiufe ahneln sehr denen die wir heute in Einzelmiddot jahren mit strengen Wintern (1939-42 19467 19623) erleben haufig blockierende Antizyklonen Wetter1agen mit anhaltend starker meridionaler Komponente - unmiddot gewohnlich kalt aber auch ungewohnlich warm haufige Dtirremiddot und Niisseperioden schneereiche und bis tief in das Frtihjahr anhaltende Winter mit nachfolgenden MiBernmiddot ten

FUr die Beurteilung der Klimabedingungen jener Zeit sind nieht nur die Gletscher der Hochgebirge sondern vor aHem die Under nahe der Polargrenze des besiedelten Landes wesentlich Island Sehottland die Faroer und Skandinamiddot vien Die Nachriehten vom Verhalten des arktischen Treibmiddot eises - mit seiner entscheidenden Rolle fiir Albedo und Wdrmehaushalt haufen sieh jetzt Island viele Jahre hinmiddot durch 6-9 Monate lang von Treibeis blockiert massive Eismiddot vorstoBe nach den Faroern (mit Wassertemperaturen 3_4degC unter den heutigen) und selbst nach Norwegen (wo die Fischerei jahrelang fast ohne Ertrag blieb) Rtickgang der Vegetationsgrenzen und schwere Nahrungskrisen in Schottmiddot land Besonders eindrucksvoHe Beispiele aus der Zeit 1755shy1790 schildert die durch genaue meteorologische und landwirtschaftliehe Daten ausgezeiehnete Arbeit von PFISTER aus dem Kanton Bern auf die weltweite Zusammiddot menschau von H LAMB (VoL II) sei nochmals hingemiddot wiesen

Eine voriaufige Zusammenstellung der jahrlichen Getreishydepreise in der Zeit von 1500-1860 gibt Abbildung 6 die aus den fast vollstandigen Reihen von 5 deutschen Stlidten

18

gemittel t wurde von einem langjiihrigen Trend abgesehen zeigt sie zahlreiche meist gruppenweise auftretenden Jahre mit Preisanstiegen urn das dreimiddot bis sechsfache Das absomiddot lute Maximum (bis 1950) waren die weitweiten Hunger jahre J81617 nach dem Vulkanausbruch des Tambora 1815

1m Gebiet der mediterranen Winterregen existieren widershyspruchsvolle Nachrichten einmal stimmen die kiiltesten Abschnitte (genannt seien die Zeiten urn 1570 1630 vor aHem 1680-1700 nach 1770 1816 f 1845 t) mit Feuchtjahren Uberein einmal mit Diirren Das gilt fUr Algemiddot rien die Seen Mittelitaliens ebenso wie fur das Tote Meer und das Kaspische Meer aber auch (nach Sh NICHOLSON) fUr die Sahelzone Systematische Studien Uber die Telekonmiddot nektionen der Niederschliige im Mittelmeergebiet brinmiddot gen die Lasung (HELBIG) die Maxima der mediterranen Winterregen konzentrieren sieh im Bereich quasistationarer Hahentroge und negative KorreIationen g1eichzeitiger Werte mit Abstanden von 700-1000 km ( = halbe Rossbymiddot Wellenlange) sind haufig Daher ist es hier sinnlos eine ganmiddot _ ze Klimazone zusammenzufassen die Abhangigkeit der KlimamiddotAnomalien von der Lange ist mindestens ebenso groB wie die von der Breite Die regionale Verteilung der entmiddot gegengesetzten Witterungsanomalien wird beherrscht von der jeweils quasistationaren Lage des bloekierenden Hoch C

zentrums und der begleitenden Hohentroge bzw Kaltluftmiddot tropfen - das kennt jeder erfahrene Synoptiker und das ist auch das zentrale Problem jeder iangfristigen Vorhermiddot sage Auch in Nordamerika hangen die kalten Zeitabschnitmiddot te dieser Periode mit bloekierenden Antizyklonen zusammiddot men wie die Auswertung von Baumringen (FRITTS) geshyzeigt haben

Was ist nun die Ursache des Vorherrschens meridionaler Zirkulationstypen in dieser Klimaphase was die Ursache dominierender zonaler Zirkulationstypen mit polwarts vermiddot schobenen subtropischen Hochzellen in den Warmphasen Beim VergIeieh etwa der Abschnitte 1815-1855 (nochshymals urn 1890) und 1930-1960 fall t sofort die verschiemiddot dene Lage der arktischen Treibeisgrenze im Atlantik auf im Raume urn Island-Norwegen handelt es sich urn Vermiddot schiebungen von der GroBenordnung 1500 km Was aber verursachte diese Ausweitung des arktischen Treibeises die maximal 2 Mill km2 erreicht haben dtirfte

Auf diese Frage existieren zZ zwei Antworten von demiddot nen wenigstens eine geophysikaJiseh einwandfrei begrtinshydet ist Sie bezieht sich auf eine von LAMB zusammengemiddot faBte Statistik von VulkanausbrUchen (s Abschn 32) bei der in der Tat ein Zusammenhang zwischen den Hohemiddot punkten der kleinen Eiszeit und besonders schweren Vulmiddot kaneruptionen (oder Gruppen) auffall 1 Andererseits hat EDDY darauf hingewiesen daB die auffallige lange Periode geringster SonnenaktivWit der Zeit 1643 -1710 mit ihrem Maximalstadium tibereinstimmt - dieser Zusammenhang ist jedoch bisher physikalisch noch ganz ungek1art und muB daher offen bleiben Wegen der Unvorhersagbarkeit beimiddot der Ursachen kann das erneute Auftreten einer solchen Kaltphase in den nachsten 50-100 J ahren weder bejaht noeh ausgeschlossen werden auch eine statistische Aussage tiber die Wahrscheinlichkeit bleibt unsicher da zahlenmaBige Unterlagen in beiden Fallen nur wenige Jahrshyhunderte umfassen und subjektive Beurteilungen nieht ausmiddot schlieBen konnen Sofern sich aber die glob ale Erwiirmung

(etwa ab 2000) durchsetzt werden Wahrscheinlichkeit und AusmaB einer Wiederholung der Kaltphase sHindig zurUckmiddot gehen

72 Ubergang zu einer Eiszeit

Keine Frage wird dem KJimatologen Ofter von Repormiddot tern gestellt als die nach der nachten Eiszeit Umso merkmiddot wUrdiger ist die geringe Rolle die der mogliche obergang vom heutigen (interglazialen) zu einem glazialen Klima in der wissenschaftlichen Literatur spielt Das mag zwei Grtinde haben Geologen und andere an der Klimageschichmiddot te interessierte Wissenschaftler wagen sich nicht (mit einimiddot gem Recht) auf ein ihnen fremdes Feld und die meisten Meteorologen halten dieses Problem fUr ebenso unwissenmiddot schaftlich wie das der Sintflut Diese Einstellung ist aber heute nieht mehr gerechtfertigt nachdem in einer Reihe von Fallen einwandfrei abrupte Klimaiinderungen mit einer in humanen MaBstaben ganz kurzen Zeitmiddot skala nachgewiesen wurden die samtlich aus den Interglamiddot zialen oder den - hier nieht interessierenden - tJbermiddot gangsstadien zwischen Glazial und Interglazial stammen Einwandfreie Belege beruhen entweder auf Untersuchunmiddot gen an fossilen Mooren mit Jahresschichten (Varven)

fln Seen mit hoher Sedimentationsrate oder von Baummiddot ringen Aus Raumgrtinden ist es nieht moglich auf einzelmiddot

ne Befunde einzugehen (FLOHN 1974 1978) Einer der besten stammt aus der Liineburger Heide (H MOLLER 1974 1978) wo vor tiber 300 000 Jahren ein Wald der einem etwas warmeren Klima als heute entsprach binnen 30 Jahren () verschwand urn nach einer Pause - die Zeit reicht nicht aus urn eine arktische Tundra hervorzubrinmiddot gen durch subarktischen Birkenwald ersetzt zu werden darauf folgte in 300-400 Jahren eine Sequenz von Waldo typen wie man sie heute auf einer Bahnfahrt von Narvik (68deg N) nach Siidschweden sehen kann Dauert die Reakmiddot tion eines Waldes auf eine Klimaanderung sieher Jahrzehnte oder Jahrhunderte so gibt es schnell ere Indikatoren In Mittelengland wurde nach Ende der letzten Eiszeit eine subarktische Kaferfauna in etwa 50 Jahren durch eine warmmiddotgemaBigte Fauna ersetzt aquivalent einer Erhohung der JulimiddotTemperatur urn 8-9degC (COOPE 1977)

Das sind nur zwei niichterne Befunde gewonnen mit neumiddot zeitlichen Arbeitsmethoden die in ihrer Gesamtheit nicht

~ehr anzweifelbar sind die wenigen Klimahistoriker memiddot teorologischer Herkunft haben sich inzwischen von der Bedeutung dieser Zeit skala abrupter KJimaanderungen laquo 100 Jahre) tiberzeugen lassen Mogliche U rsachen fUr die (haufigeren) rapiden Abklihlungen sind schon in den Abschnitten 2 und 7 erortert worden fUr Erwarmungen stehen sie noch aus In jtingster Zeit ist auch kIar geworden daB solche Ereignisse sieh nicht notwendig synchron aus wirken sondern wegen der nur allmahlichen Verlage rung barokliner Frontalzonen im Ozean oder dem regional verschieden raschen Ablauf der kontinentalen Vereisunshygen - diachron dh mit erheblichen Zeitunterschieden in der Horizontalen Das bedeutet auch eine Grenze fUr die Vorstellung eines fast-intransitiven Klimas im Sinne von ELORENZ

Nehmen wir die Moglichkeit einer abrupten Abklihlung dieser Zeitskala als gegeben an wie und wo konnte sie sieh abspielen Zweifellos kann eine kontinentale Gletshyscherbildung nur mit einem wiederholten Uberdauern

der Winterschneedecke tiber den Sommer hin beginnen in den kritischen Gebieten der Subarktis - so die 750000 km2 groBe Baffin-Insel mit ihren Hochplateaus Labrador auch Lappland und die norwegischen Gebirge - schmilzt auch heute die meterdicke Schneedecke erst Anfang oder Mitte Juni endgilltig ab urn sieh Ende August oder im Sepshytember neu zu bilden Hierzu gemigt in Baffinland ein Absinken der Sommertemperaturen urn nur etwa 2dege wahrend in den anderen Gebieten 4-6degC notwendig wamiddot ren oder zugleieh eine massive Zunahme der Schneenieshyderschlage Die kritische Stellung Baffinlands erhellt auch daraus daB in der kIeinen Eiszeit - nach Ausweis von FlechtenUntersuchungen die heute insgesamt 37 000 km 2 einnehmenden Plateau-Eisfelder sich auf 140000 km2 vergroBert hatten (IVES) entsprechende Untersumiddot chungen in Fennoskandien stehen noch aus

Eine Modelluntersuchung (ANDREWS - MAHAFFY) ftir Baffinland hat in zwei Experimenten gezeigt wie sich eine urn einen Faktor 3 erhohte Sehneebilanz in einer langsashymen Zunahme von Flache und Volumen einer Eisdecke auswirkt langsamer als die Beobachtungen des eusta tishyschen Sinkens des Meeresspiegels in den interglazialen Kaltmiddot phasen anzeigen Aber in diesem Modell ist die machtvolle Rtickkopplung zwischen Schneedecke Albedo und Tempeshyratur nieht voll und zu spat in Reehnung gestellt worden Jedenfalls ist es hochst unwahrscheinlich daB in den nachsten 100 Jahren nachdem zuerst eine Kaltphase im obigen Sinne eintrat dieser ProzeB sich tiber die unmittdshybare Umgebung hinaus weltweit auswirken konnte Hiermiddot gegen sprechen aueh die langperiodischen Effektr der Erdmiddot bahneIemente deren nachstes Minimum (kiihle Sommer in der Arktis kalte Winter zugleieh in der Antarktis) erst in rund 10 000 Jahren fallig ist (BERGER)

Bei dieser Sachlage ist hOchstens - bei einer Kombination mehrerer ungtinstiger Voraussetzungen etwa dem Zusamshymentreffen mehrerer sehr schwerer Vulkaneruptionen von der Intensitat des Tambora (1815) oder wenigstens Krakatau (1883) innerhalb der jetzigen Phase relativ ausgedehnten polaren Treibeises vor Wirksamwerden der erwarteten anthropogenen Erwarmung mit einer abortiven Vershygletscherung zu rechnen die nieht zu einer vollen Eiszeit auswachsen wUrde In unserer humanen Zeitskala ware das aber schon schlimm genug Serien von Jahren mit sehr kaIten Wintern kiihlen und nassen Sommern schwere MiBshyernten in weiten Teilen der gemaBigten Zone zeitweise auch in den Tropen die sieher nieht ausgeglichen werden konnen durch Feuchtejahre in Teilgebieten von Nordafrika und dem Nahen Osten Die Wahrscheinlichkeit hierfUr ist aber gering - sie betragt nach verschiedenen Kriterien tibereinstimmend zwischen 01 und 1 Prozent in den nachshysten 100 Jahren AuBerdem waren fUr diesen Fall gezielmiddot te GegenmaBnahmen denkbar die hier nieht volig utopishyscher Natur sind

8 Wahrscheinlichkeit und Risiken die Rolle der Energieshypolitik

Die Wahrscheinlichkeit einer globalen Warm phase ist nach allem was wir wissen erheblich groBer als die einer Kaltshyphase Die Schwierigkeit bei der Abschatzung liegt darin daB Entscheidungen und Entwicklungen auf politischer sozialer und 6konomischer Ebene hier eingreifen konnen

19

die vorherzusagen nicht nur dem Meteorologen schwer fallt Wenn wir diese einmal versuchsweise vernachHissigen dann dUrfte in den nachsten 100 Jahren die Wahrscheinmiddot Iichkeit fur das Auftreten einer Kaltpflase vom Typ der kleinen Eiszeit nieht mehr als hochstens 20k betragen (und naeh etwa 2000) weiter abnehmen) FUr das Auftreshyten einer Warmpllase im Sinne der Beispiele in den Abmiddot sdmitten 61 und 62 mUssen wir aber hohere WahrscheinshyIichkeiten ansetzen wenn auch erst nach der Jahrhundertmiddot wende danach steigen sie das ist die in vielen Diskusmiddot sionen erworbene Oberzeugung des Verfassers unter den hier und in Abschnitt 5 gegebenen Voraussetzungen auf Uber 50 an

1st ill diesem Faile aber eine Entwieklung zu einem eismiddot freien arktischen Ozean (Absehnitt 64) mit ihren fast unshyvorstellbaren Konsequenzen fUr Wasserversorgung und Ernahrung noch vermeidbar Damit libersehreiten wir die Grenze des Fachwissens des Meteorologen der sich nur allmiddot zu getne in den akademisehen Elfenbeinturm zurlickziemiddot hen moehte Aber die Dinge sind zu wichtig eine Wende auf Grund politischer Entscheidung auf internationaler Ebene ist noch moglieh aber dann und nur dann wenn das Dogma von der Notwendigkeit standig zunehmenden wirtschaftliehen Wachstums das bei begrenzten Vorshyraten (Resourcen) mit den Naturgesetzen unvereinbar ist shyzugunsten einer besseren Einsicht aufgegeben wird (GRUHl) Ebenso ist eine Stabilisierung des Bevolkerungsshywaehstums nOlwendig - ohne einen hoheren Lebensstanmiddot dard in den Entwicklungslandern ist das unrealisierbar

Gleichzeitig mu~ aber die Energiepolitik sich frei machen von dec sinnlosen Verschwendung fossiler EnergiequeIIen die in 400 Ma durch biologische Prozesse aus der Sonnenmiddot energie aufgebaut und gespeichert wurden (s a Beitrag JUNGE) Ein Obergang zu erneuerbaren Energiequellen (Sonne Wind Gezeiten - auch die kaum erschopfbare Geothermik) ist moglich erfordert aber eine Kombination neuartiger (und kostspieliger) Technologien wie sie etwa am International Institut for Applied Systems Analysis in Laxenburg bei Wien von einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von W HAFELE (frtiher Karlsruhe) entwiekelt werden Aueh die Kernenergie mul1 in diesen Rahmenshyjedenfalls fUr eine Obergangszeit - einbezogen werden Das mit ihr verbundene Risiko ist auf jeden Fall geringer als das Risiko einer Verlagerung aller Klimazonen Da ein Obergang zu neuen Technologien sieher tiber 30 wahrshyscheinlieh 50 Jahre benotigt drangt die Zeit Neue Priorimiddot taten mlissen gesetzt werden Es geht urn das Wohl der naehsten Generationen

Literaturauswahl

ANDREWS T1 MAHAFFY MAW Quaternary Research 6 (1976) S 167-183

AUGUSTSSON T RAMANATHAN V J atmos Sci 34(1977) S 448-451

BERGER AL Quaternary Research 9 (1978) S 139~-167

BJERKNES J Monthly Weather Review 97 (1969) S 163-172

BROWNLR Worldwatch Papers Washington DC 8 (I 976)

BRYSON RA MURRAY Th1 Climates of Hunger MadisonWis 1977

o

BUDD WF J Glaciol 14 (1975) S 3-21

BUDYKO MJ TeHus 21 (1969) S 611-619 29 (1977) S 193-204

CESS RD J atmos Sci 33 (1976) S 1831-1843

CHARNEY JG Quart J Roy Meteorol Soc 101 (1975) S 193-202

COOPEGR Phios Transact Roy Soc London 280 (1977) S 313 shy340

DANSGAARD W et al Quaternary Research 2 (1972) S 396-398

DOBERITZ R Ber d Deutschen Wetterd 112 (1968)

EDDYJA Science 192 (1976) S 1189-1202 198 (1977) S 824 829

FINK J KUKLA GJ Quaternary Research 7 (1977) S 363-37 L ~

FLOHN H III Bonner Meteorol Abhandl 15 (1971) 21 (1975) Quaternary ReseJrch 4 (1974) S 385-404 in print (1978)

FRENZEL B Die Klimaschwankungen des Eiszeitalters Braunschweig~ 1967 ErdwissForschungen 1(1968)

FRITTS HC Tree Rings and Climate London New York 1976

GABRIELB Berliner Geoge Abh 27 (1977)

GATES WL J atmos Sci 33 (1976) S 1844-1873

GRUHLH Ein Planet wird geplUndert Frankfurt aM 1978

HAFELE W SASSIN W Ann Rev Energy 2 (1977) S 1-30

HAHN J JUNGE ChL Z f Naturforsch 32a (1977) S 190-214

HASSELMANN K u Mitarb TeHus 28 (1976) S 473-485 29 (1977) S 289-305 385-392

HAYS JD IMBRIE J SHACKLETON N Science 194 (1976) S 1121-1132

HELBIGM Diplomarbeit Univ Bonn (1976)

HSO K et al Nature 242 (1973) S 240-244 267 (1977) S 399-403 Naturwissensch61 (1974)S137-142

HUGHES T Rev Geophys and Space Phys 13 (1975) S 502-526 15 (I977) S 1-46

HUMMEL J RECK RA General Motors Res Lab Publ 2607 (1978)

HUNT BG Monthly Weather Review 105 (1977) S 247-260

IVES JD et al Naturwissensch 62 (1975) S 118-125

KELLOGG WW WMOmiddotBull 26 (1977) S 229-240 27 (1978) S 3-10

KENNETTJP J geophys Res 82 (1977) S 3843-3860

KONDRATIEV G Ya NIKOLSKY GA Quart J Roy Meteorol Soc 96 (1970) S 509-522

l

KORFF HC FLOHN H Ann Meteorol N F 4 (1969) S 163-164

LAMBHH Climate Present Past and Future Vol I (1972) Vo Il (I 977) London Methuen

LORENZE J appl Meteorol 9 (1970) S 325-329

MAGEDEFRAU K Palaobiologie der Pflanzen 4 Aufl Stuttgart 1968

MANABE S BRYAN K Monthly Weather Review 97 (1969) S 739-827 J phys Oceanogr 5 (1975) S 3-29

MANABE S WETHERALD RT atmos Sci 24 (1967) S 241 ~-259 32 ( 1975) S 3-15

MASON BJ Promet 7 (1977) H 4 S 1-26

MASS Cl SCHNEIDER StH J atmos Sci 34 (1977) S 1995-2004

MAYKUT GA UNTERSTEINER N Jgeophys Res 76 (1971)S 1550-1575

MOLLERH Geologisches Jahrbuch 83 (1965) S 327-352 A 21 (1974) S 107-140 im Druck (1978)

NAMIAS J Short Period Climatic Variations 1934-1974 2 Vol F-- Univ of California 1975

NEWELL R et al Pure and appl Geophysics 116 (1978) S 351-371

NICHOLSON Sh Ph D Thesis Departm Meteor Univ Wisconsin (1976)

OLIVER RC J appl Meteorol 15 (1976) S 933--950

PACHUR HJ Die Erde 106 (1975) S 21-46

PATZELT G Coil Internal CN RS No 219 (1973) S 51-59

PFISTER Chr Beiheft 2 Jb Geogr Ges Bern (1975)

POLLOCK JP et al Jgeophys Res 81 (1976)S 1071 1083

RODEWALD M Dt Hydrogr Z 20 (1967) S 269 25 (1972) S 97-117

ROGNONP Rev Geogr Phys Geol Dynam 18 (1976) S 251-282

ROWNTREE PR Quart J Roy Meteorol Soc 98 (1972) S 290-321

RUDLOFF H v Die Schwankungen und Pendelungen des Klimas in Eushyropa Braunschweig 1967

SCHWARZBACH M Das Klima der Vorzeit 3 Aufl Stuttgart 1974

SHACKLETON NJ OPDYKE ND Quaternary Research 3 ( 1973) S 39-55

STROBING K Der Seewart 35 (1974) S 1-1436 (1975) S 28-29

TREMPEL U Diplomarbeit Univ Bonn (1978)

VOWINCKEL E ORVIG S World Survey of Climatology 14 (1970) S 129-252

WANG WC et al Science 194 (1976) S 685-690

WETHERALD RT MANABE S Monthly Weather Review 100 (1972) S 42-59 J atshymos Sci 32 (1975) S 2044-2059

YAMAMOTO R J Meteor Soc Japan 53 (1975) S 482-486

21

Page 3: :SBWU>t S9J9SUn ijun>tnz 9!a 9W91qOJd pun U9l>tB,:j · 2 Wechselwirkungen im klimatischen System . 2.1 Die Rolle des polaren Treibeises 2.2 Das El Nino-Phanomen . 2.3 Kontinentale

50 10 12~St ratosphere 100 -SOOd 200~$ ~M C lt~ 1H M TROPOPAUSE Conti nental

TIce ITroposphere 4-a d A I AlIt

RH R HE REHM REHM P I I PJM IP 1 11000

-60 01 oc

Forest

sJr-l-r-________3I[___ I9~1~~ors---ba rl~05Pa) Upper Mixed Layer 60-~00d r SOil~5-20d --------- 40 11

THERIo40C L I He I HIiIP Groundwa1erRunoff i 0-104years

1 100Deep Ocean 1500 years I W I I I

37 bull 1 14000o 20e

II( ~ Weak Interact ion R = Radiation M= Momentum lt gt Strong bull H = Hea t P=Particles Gases ~ Very S1rong E = Evapora1 ion

Abb 1 Das klimatische System mit seinen Wechselwirkungen charakteristische Zeitskala der Untersysteme

interannuellen Schwankungen die eine physikalischdie Subsysteme Atmosphiire Ozean Schnee und Eis begriindete Langfristvorhersage so auBerordentlich erschweshysowie die obersten Bodenschichten und die Vegetation ren (s Abschnitt 2) Diese kann nur auf einer umfassenden (Biosphiire) die untereinander in Austausch in WechselshyBehandlung des Gesamtsystems aufgebaut werden sei es wirkung stehen Auch diese Zusammenhiinge waren intuitiv auf rein theoretischer Grundlage auf statistisch-dynamishyschon A v HUMBOLDT bekannt der von dem perpeshyscher oder auf empirischer Basis die bisher tiblichen Meshytuierlichen Zusammenwirken der Meeresfliiche und der thoden verwenden hochstens Ansatze in ganz rudimentashywarmestrahlenden Erde die nackt oder mit Wald rer Form Leider gibt es in keiner Sprache eine Bezeichshybedeckt ist spricht Die Subsysteme dieses klimatischen nung filr den speziellen Witterungsablauf einer Jahreszeit Systems gehorchen verschiedenen Zeitkonstanten die wir oder eines Jahres - unser Begriff Witterung flir denzT mi ttels Autokorrelationskoeffizienten am festen Ort es zB im Englischen keine Aquivalenz gibt gilt doch zT mittels der Verweilzeit bestimmter Stoffe abschatzen nur flir Zeitraume von 3 Tagen bis zu ca 3 Monaten Hiershykonnen wiihrend das Gedachtnis der Troposphare bei in liegt eine Wurzel der oft beklagten Vieldeutigkeit4- 8 Tagen liegt das der oberen Mischungsschicht der des Begriffs Klima der eben diese (haufig gruppenwei-Ozeane bei ebensoviel Monaten ergibt sich die Verweilshy

1 Klima und klimatisches System

Seit Beginn einer wissenschaftlichen Betrachtung verstehen wir unter Klima das zeitliche Integral iiber das ganze Wechshyselspiel des Wetters wie es der Beobachter am festen Ort erlebt die Gesamtheit der Witterungen (HANN 1883) oder aile Veriinderungen in der Atmosphiire die un sere Organe merklich affizieren (A v HUMBOLDT 1845) GroBraumige Advektionsvorgange fOOren uns Luftmassen herbei die noch vor 1 - 2 Tagen tiber dem warmen Meer der Biskaya tiber dem Eismeer bei Gronland Island 6der im Winter tiber den Schneefeldern Rumands gelegen haben sie bringen tiber die turbulenten Austauschshyvorgange physikalische Eigenschaften dieser Unterlagen mit die die Atmosphare standig modifizieren Diese ortsshyfesten modijizierenden Einfliisse sind zusammengefaBt in dem Begriff des klimatischen Systems in dem sich aIle klimagenetischen Vorgiinge abspielen (Abb 1) Es umfaBt

km

zeit eines Eiskristalles in einer Treibeisscholle zu 1 - 5 Jahshyren in einem kontinentalen Eisschild (Groniand Antarkshytika) zu 104

- 106 Jahren Die Verweilzeit eines Wassershydampfmolekii1s in den oberen Stockwerken des Bodens laBt sich mittels radioaktiver Isotope auf einige Wochen im Grundwasser je nach Tiefe zu einigen Jahren oder gar (bei Anteilen fossilen Grundwassers) zu einigen 104 Jahshyren schatzen Die ozeanischen Tiefenschichten mit Verweilshyzeiten von 1000 - 2000 Jahren stehen nur an wenigen Stellen (am Rande der antarktischen Schelfeise im Raume Island -Gronland) im Austausch mit der oberen Mischungsshyschicht wahrend sonst tiberall ein System von Dichteshysprungschichten (Thermokline) die Durchmischung fast vollstandig verhindert Ein solches Reglersystem dessen wechselseitig gekoppelte Glieder so verschiedene zeitlichshyriiumliche Dimensionen haben erzeugt in seinem Ablauf fortwahrend Schwankungen das ist offenbar eine Hauptshyursache der Variabilitiit unseres Klimas vor allem der

mblh Pal

2

se auftretenden) Anomalien von der Zeitdauer einiger vor allem abrupte Dbergange und GleichgewichtsstOrungen Monate bis wenige Jahre mit umfaf~t llnd nur fUr Zeitraushy mit einer Zeitskala in der Gro6enordnung von 100 Jahshyme von lahrzehnten anwendbar ist Ahnliches gilt auch reno Hier in diesem fast intransitiven Verhalten (LOshyfiir jede Modellierung des Klimas da wir das komplexe RENZ) liegt das eigentliche Problem der Klimatologie Verhalten des Ozeans mit seinen zahlreichen Wirbeln (mit das nur einer interdisziplinaren Betrachtung unter voller einelll DurdlllleSSer von 100 - 300 km und einer Lebensshy Berticksichtigung der allzulange vernachlassigten historishydauer von mehreren Monaten) noch keinesfalls genUgend schen Aspekte zuganglich ist Hier mtissen die Ergebnisse genau kennen sind die bisher vorliegenden Modelle der vielen beteiligten Wissenschaften (zB Ozeanographie deren eindrucksvolle Ergebnisse meist auf der Annahme Glaziologie Okologie Geologie und Geophysik der festen konstanter Ozeantemperatur beruhen und damit jede Erde aber auch einiger hlstorischer Disziplinen) berUcksichshyWechselwirkung ausschalten noch nicht in der Lage tigt werden jede Besehrankung auf die Physik der Atshydas heutige Klima mit seinen jahreszeitIichen Schwankunshy mosphare (so wichtig sie ist) ftibrt notwendig zu partieller gen in genUgend feiner (regionaier) Auflosung zu erfassen Kurzsich tigkeit (s Absehn 51)

An dieser Stelle sollte ein Wort tiber die heute wieder vielshyEin solches Reglersystem das mi t ganz verschledenen fach ubliche Suche nach Perioden gesagt werden (Abb 2) Dbersetzungen (=Zeitkonstanten) mit nicht ausgewuehteshy Diese nach Einftibrung des Computers wieder neu aufgeshyten Sehwungradern (=quasiperiodische Vorgange) und mit lebte Suche ist offensichtlich zum Scheitern verurteilt einer Anzahl hoehst wirksamer Rtickkopplungen - teils Denn in dem uns interessierenden Bereich von 1 100 verstarkend teils dampfend - arbeitet erzeugt notwenshy Jahren gibt es keine wirklich durchlaufenden Perioden mit dig einen von Jahr zu Jahr variablen Ablauf Man kann genUgend hohem Anteil an der gesamten Varlanz (Abb 2) diesen als statistisches Rauschen auffassen - das ist die auch die vielfach fur kUrzere oder tangere Zeit in regional Betrachtungsweise der klassischen Klimatologie die die begrenzten Absehnitten nachgewiesenen Perioden (bevorshyindividuellen Vorgange die Witterungsanomalien vernaeh- zugte Langen ca 26 Monate 5 11 und 22-23 Jahre)

~assigt Gerade diese Extreme die sich seit etwa 1960 ahnshy enthalten entweder einen zu kleinen Antell an der Varianz r-1ich wie im 19 lahrhundert wieder haufen sind aber fLir oder ihre Amplitude und Phase unterliegt unerklarlichen

Energie- und Wasserversorgung fUr Landwirtschaft und Anderungen und Sprungen Erfahrene Prognostiker kennen Fischerei von aussehlaggebender Bedeutung sie sind bis eine Art von Gesetz jede gerade aufgefundene Periode heute einer Vorhersage auf empirisch-synoptischer Basis neigt daw im Augenblick ihrer Entdeckung wieder zu vershyunzuganglich Dartiber hlnaus mtissen wir auch ganz klar ershy schwinden Der zweifellos wichtige Nachweis der Perloshykennen daB das heutige Quasi-Gleichgewicht der Prozesshy den der Erdbahnelemente in Tiefseesedimenten (HAYS se wie es seit etwa 5000 Jahren besteht nicht das einzishy IMBRIE SHACKLETON 1976) ist wegen der Zeitskala ge mbgliche ist die 200 - 300 Jahre instrumenteller Beshy 20 - 100000 Jahre ftir unsere Betrachtung ohne Belang obachtungen stellen weniger als 1 ppm (part pro Million) Klimatologie ist heute Hingst keine beschreibende Wissenshyder gesamten zuganglichen Klimageschichte seit dem Beshy schaft mehr sie ist eine Aufgabe die urn so wichtiger wird ginn des Palaozoikums vor 550 MUlionen Jahren dar Dieshy je starker wir selbst in die Randbedingungen dieses semishyse kennt aber ganz andere Gleichgewichtszustande - die tiven klimatischen Systems (Boden und Vegetation Zusamshy17 20 (~) Eiszeiten der letzten 2 Millionen Jahre kennt mensetzung der Atmosphare) eingreifen

Tentative Spectrum of Climatic Variations

104 PLANETARY

ANNUALEVOLUT ION ORBITAL REVOLUTION DIURNAL

CUAR VARIATIONS ROTATIONTECTONIC~ 10 3 bull CHAR TI ME 111 TIME-SCALE I I I DEEP OCEAN ARCTIC SEA-ICE c 10 8 bull ANTARCTIC + + THERMOHALINE n 111 z leE n CIRCULATIONS THERM RelAXATIONtgt 102 -----t -100 42 23 I SOLAR ~CTI VI TVi IIJ M IX LAVER -10 3 bull t 60 a 22 a Sa 22gt OCEAN ATMOSPH

111 r-l n~ ~ ~ ~ IIJ 10

0

1

1010

A bb 2 Spektrum der Klimaschwankungen (l0-3 bis 1010 Jahre relative Einheiten)

3

-2500middot -200 1 f 05 24-30 d4- Sd

--_-----shy

1 Time in years

50

2 Wechselwirkungen im klimatischen System

Dber die Ursachen der eben erwahnten Witterungs- oder Kli rna an omalien darunter verstehen wir statistisch definierte extreme Abweichungen yom Normalwert mit einer Andauer zwischen einem Monat und wenigen Jahren

sind in den letzten 20 Jahren wesentliche BeHrage geshyliefert worden (NAMIAS und J BJERKNES RODEWALD J FLETCHER und Mitarbeiter) die die Wechselwirkungen zwischen der kurzlebigen Troposphare und den langlebigen Gliedern des klimatischen Systems besonders Ozeane (obemiddot re Mischungsschicht) und Treibeis in den Vordergrund geruckt haben Damit ergeben sich auch Aussichten fUr eine geophysikalisch begriindete Langfristvorhersage die endshylich tiber die bisher ublichen zT allzu einfachen engraumishygen OberJegungen hinausgehen Fur Zeitraume von I - 6 Monaten erscheint eine brauchbare Losung auf halb-empishyrischer bzw statistisch-dynamischer Basis durchaus mogshylich wenn auch hier sicher noch eine Menge Entwicklungsshyarbeit auf globaler Basis geJeistet werden mullgt

Von diesen Wechselwirkungen sollen hier nur die beiden wichtigsten behandelt werden die Rolle des arktischen Treibeises sowie die des aquatorialen Aufquellens von kaltem Tiefenwasser 1m Anhang daran soll noch auf die seltene aber doch mogliche Rolle des kontinentalen Antshyarktis-Eisschildes hingewiesen werden

21 Die Rolle des po]aren Treibeises

Die Rolle des arktischen Treibeises fUr die Gestaltung unshyseres Klimas kann kaum uberschatzt werden es bildet sich in einer nur wenige Dekameter machtigen salzarmen und daher weniger dichten Deckschicht des mehrschichtigen arktischen Ozeans (Abb 3) Es handelt sich urn einen typischen Wechselwirkungsvorgang innerhalb des klimatishyschen Systems AbkOOlung verstarkt das Treibeis das sich

fiffyen (m)

DECKSCH 1 CHT T=-11degC 5= 28-32deg00

UBERGANGS5CHICHT WASSER T=_-(t7degC Sl32 3Jo

535deg100 S 35deg00

5 35deg00

PAZIFiSCHES

TlOSOC

w

TlEFENWA5SER

Abb3 Vertikalschichtung und Wassermassen (schemashytisiert) im Arktischen Ozean (T = Temperatur S = Salzgehillt)

- den variablen Windstromungen folgend ausbreitet und seinerseits wieder zu weiterer AbkOOlung fOOrt Dabei ist der entscheidende Faktor das Reflexvermogen (Albedo) betragt die Albedo offenen Wassers bei niedrigem Sonnenshystand etwa 8-12 so liegt diejenige einer schneebedeckshyten Eisscholle bei 80 selbst wahrend der Schmelzperiode (mi t oberflachlichen Schmelzwasserpfiitzen) immer noch bei 60 Allerdings nimmt in dieser Jahreszeit der Anteil der offenen Stellen (Waken russischer Fachausdruck Polynyas) von 2-3 auf I 5 -2or~ zu Die reprasentativen

Warmemiddot und Strahlungsstrome an der Oberflache sind wegen dieser horizontalen Inhomogenitat sehr schwer abshyzuschatzen besonders im Winter wo der Gegensatz zwishyschen einer Lufttemperatur von - 30degC bis 35degC und der Gefriertemperatur von Meereswasser ( -I 9deg C) am starksten ist und den Massenhaushalt der dUnnen Eisschollen (im Mittel etwa 3 m im Einzelfall je nach Alter SO cm bis 6 m) empfindlich beeinflullgtt (VOWINCKEL und ORshyVIG) In einer offenen Wake finden wir enorme Strome ftihlbarer und latenter Warme (Verdunstung) die das mehrshyfache der Solarkonstante erreichen konnen Selbst im Hochmiddot sommer kann es vorkommen wie der Verfasser Ende Juli 1972 beobachtet hat daB mehrere Kilometer breite Wasserflachen infolge dieses standigen Warmeverlustes an die advektiv herangeflihrte kaitere Luft tiberfrieren In einem Modell das zur Vereinfachung eine horizontal homiddot mogene Eisdicke annimmt (MAYKUT und UNTERSTEIshyNER) ftihren zwei besonders sensitive Vorgange zu einer Abnahme der Eisdicke eine verringerte Albedo der Eisshyoberflache (zB durch Verschmutzung auch durch (1) und eine Zunahme der Wassertemperatur Dieser Effekt wurde noch erhoht werden durch eine Zunahme des Salzshygehaltes als Foige der Ableitung der SuBwasserzufuhr der groBen Flusse Sibiriens und Kanadas zu Bewasserungsmiddot zwecken dies ftihrt notwendig zu einer Dichteabnahme- damit zu geringerer Stabilitat der ozeanischen Schichtung- zu starkerem Vertikalaustausch und ebenfalls zu einer Abshynahme der Eisproduktion_

Kommt es (s Abschn 32) wahrend eines oder mehrerer Sommer zur Ausbildung einer stratospharischen Staubwolshyke dann sinkt die direkte Sonnenstrahlung aber auch die Globalstrahlung (wegen der erhOhten RuckwartsshyStreuung) ab die Schmelzperiode (Mitte Juni - Ende Aushygust) verkurzt sich im Sommer schmilzt weniger Eis oben ab und in der ubrigen Zeit gefriert unten etwas mehr an das ist ein (wegen der Dicke des Eises gedampfter) Rtickshykopplungseffekt Bleibt im Kustengebiet und im kanadishyschen ArchipeJ der Schnee langer liegen erhal ten sich mehr Schneereste tiber den Sommer hin (wie 1972) dann ist die advektive Temperatur in der Luft niedriger mit dem gleishychen Effekt im Winter losen tiefere advektive Temperashyturen etwa durch friihzeitiges Einschneien wie im SepshytemberOktober 1971 eine verstarkte Bildung von Neushyeis ein Nach verschiedenen Modelluntersuchungen nimmt die Eisdicke im Winter unter sonst gleichen Bedingungeqa umgekehrt proportional zur Eisdicke zu diinnes einjah--~ riges Eis (50-100 cm machtig) wachst rascher als mehrshyjahriges und mit 5-6 mist je nach Schneedecke die maxishymale Dicke etwa erreicht Nach den Ergebnissen der U-Boot-Fahrten ist die Angabe einer mittleren Eisdicke sinnlos diese variiert je nach Alter statistisch zwischen 05 und 6 m auch die Satellitenaufnahmen der thermishyschen Mikrowellenstrahlung zeigen ein ganz unregeImaBiges Mosaik als Funktion der Eisdicke

In dieser Sensitivitiit des Massenhaushalts der dunnen vielshyfach durchbrochenen arktischen Treibeisdecke liegt offenshysichtlich eines der Schliisselprobleme der Klimaentwickshylung Etwa 70 der Eisdecke besteht aus mehrjahrigem Eis bei dem jeweils etwa SO cm in der kurzen sommerlichen Schmelzperiode oben abschmilzt in der tibrigen Zeit unten anfriert - auf diese Weise wandert jeder Eiskristall von un ten nach oben in 5-10 Jahren durch die Scholle hinshydurch Wird nun zB das sommerliche Abschmelzen urn

4

----- ------ -

10 erhoht dann nimmt die Dicke des Eises (nieht-linear) ab und der Antell der offenen Stellen zu was wiederum eine Anderung der Warmebilanz zur Folge hat Zweifellos brauehen wir realistisehe Modelle dieses komplizierten horizontal homogenen Vierphasensystems (Ozean Eis Sehneedeeke Luft) die auch die vom Wind angetriebene Dynamik (vier-dimensional) berueksichtigen urn absehatzen zu konnen unter welchen Bedingungen diese dUnne Treibmiddot eisdeeke sich verstarkt abschwacht oder gar (was zuerst BUDYKO ab 1962 ernsthaft untersucht hat) verschwinmiddot det

In diesem Zusammenhang sei nur erwahnt dafl dieses Treibeis im Schwimmgleichgewicht ist sein Verschwinmiddot den sich also auf den Meeresspiegel ebenso wenig auswirshyken kann wie das Schmelzen eines Eiswiirfels im WhiskyshyGlas

Wahrend die Flache des arktischen Treibeises zZ im Friihshyjahr etwa 118 im Spatsommer etwa 82 Mill km2 betragt belauft sieh die des antarktischen Treibeises im Friihjahr auf rund 22 im Spatsommer nur auf 36 Mill km2

bier hanshydelt es sich also ganz uberwiegend urn einjlihriges jahresshyzeitlich-advektiv neugebildetes Eis mit einer mittleren

Alicke von 120-150 cm Dieser markante Gegensatz ist die r olge der urn den Pol konzentrierten Lage des antarktishy

schen Kontinents (wahrend Gronland sich zwischen 59deg und 82degN erstreckt) die so viel tiefere Temperaturen (im Mittel der Troposphare II-12degC) zur Folge hat als uber der Arktis mit ihrer dUnnen Treibeisdecke

Warmehaushalt und Dicke des arktischen Treibeises wirshyken sich wiederum unmittelbar aus in der Ausdehnung und Intensitat des sommerlichen Kaitezentrums uber dem inneren Polargebiet Das mag eine der Ursachen sein fur den unerwarteten Vorsto~ arktischen Treibeises in denshyJahren nach 1963 mit dem Maximum in der Eisperiode 1965 - 72 im Raume Island (Abb 4) wlihrend der erstmals seit vielen Iahrzehnten wieder die Nordkuste Islands im Friihjahr monatelang vom Eis blockiert war Noch wichtiger war der Vorsto~ arktischen Treibeises verbunden mit der Hochstzahl von Eisbergen aus Westgronland (RODEWALD STROBING) in den Raum Neufundland-Labradorsee mit dem Maximum 1971-73 die hier eingeleitete Abkiihlung des westlichen Nordatlantiks hat die atmospharische Zirkushylation umgeschaltet mit einer resultierenden Stromung warmiddot men Wassers und warmer Luft an den KUsten Europas die wiederum mit beteiligt war an der Vorherrschaft milder Winter und an der Entstehung der ungewohnlich hiiufimiddot gen und schweren Sturmzyklonen der I ahre 1972 - 76 uber den Britischen Inseln und der Nordsee Diese nordatlanshytische Warmeschaukel war schon Ende vorigen lahrhunshyderts wohlbekannt

22 Das ElmiddotNiiiomiddotPhiinomen (Konvergenzen und Divergenshyzen der ozeanischen Ekman-Drift am Aquator)

Eines der interessantesten Phanomene das erst spat als Folge der Wechselwirkung an der Grenzflache Ozean -Atmosphare erkannt wurde lauft in der Literatur unter dem Begriff El Nino = das Kind (spanisch) dh das Christmiddot

11901--~-~10- I bull middot20middot Imiddot bull middot30 bull I bullbull middot40middot I bullbull middot50 bull I bullbullbull middot60middot bullbull I middot70middot - Imiddot middot80middot I 90 IOkt F shy

- - bull -Noy

- - -Dt -shyJon I Imiddot shy I - shyfrb uMo_

Apr Moi

Jim -Jul

bull I shybull bull IA9

sept 1901 10middot bullbull I bull middot20middot Imiddot middot30middotmiddotmiddotmiddot I middot40middot middot50 I middot60middot I bull - -70 I bull -eomiddot 90-

bull In bull -c bull bull IIbull I U bull _ middot1 r-~ - -

bull ----- bullbull -Ii

bull bull I

bull bull - bull bull II _I - bull- ---IJ- bull-

~Orl------------------------------------------------------------------------------~----------------

2~5rl------------------------------------------------------------------~ EIS6EOECkUNG ISLAND 1901middot76

2QoL1 --------------------------~~~~~~~~~~~~----------------------------------~ 1~1 bull -

1~0 I ---------------- shy1~5 ~___ 1---________

-1QO t--I- shy bull

ISr---shy

~Ol

i5 t

-deg1~- 60shy

bull

bull bull

bull bull bull bull ____

Abb4 Treibeis an Islands KUsten 1901 - 1976 (nach SIGTRYGSSON) Oben Andauer un ten Eis-Index in Wochen x Zahl def betroffenen (9) Sektoren

5

- --

kind weil es an der Ktiste Perus meist urn Weihnachten beshyginnt es kann dann mehrere Monate bis zu einem Jahr hin anhalten Zunachst handelt es sich nur urn das vortibergeshyhende Ausfallen der kilstennahen Aufquellphlinomene das wie auch an den Kilsten Kaliforniens und Nordwestshyafrikas regeImaBig im Sommer auftritt ahnlich an der Somalikilste und im Stidosten Arabiens Auf der Stidhalbshykugel reicht in Stidamerika und Stidwestafrika das KtistenshyAufquellen yom Wendekreis bis annahernd zum Aquashytor hier aber im Stidsommer mit mehr oder minder haushyfigen StOrungen die yom Aquator ausgehen und in manshychen Jahren nur bis 5_7deg Stidbreite reichen in extremen Jahren aber bis 15-18deg Breite Dabei verschwindet das kalte nahrstoffreiche Ktistenwasser mit seinem Fischreichshytum tiberdeckt von warmem fischarmem Wasser aquatoshyrialer Herkunft dieses El-Niiio-Phanomen hat 1972 den Fischfang Perus - der fOOrenden Nation auf diesem Geshybiet auf 10 reduziert und tritt in ahnlicher Form auch gelegentlich an den Kilsten von Angola-Zaire-Gabun auf In der Atmosphare fOOrt das anstelle der yom Kal twasser erzeugten Stabilitat der Schichtung zu instabiler Tropikshyluft die in der Ktistenwilste schwere Schauer und Hochshywasser hervorruft wobei die Temperaturen yon 20-22degC auf 26degC ansteigen

Die Ursache liegt in ganz groBraumigen Vorgangen nicht in der Antarktis wie falschlich angenommen Vielshymehr tritt das gleiche Phanomen auch in einem Streifen langs des Aquators auf geringfUgig nach S verschoben hier liegt normalerweise eine Zunge ka1ten Aufquellwasshysers die sich von der Ecuadorkilste her tiber die Galapagos (mit ihren Pinguinen) tiber den groBten Teil des Pazifiks bis tiber die Datumsgrenze (I800 W) hinaus mehr als i 2000 km bis nach der Phosphatinsel Nauru erstreckt Das ist die trockene Aquatorzone der klassischen KIishymatologie (SCHOTT 1938) normalerweise flihrt hier aquatoriales Aufquellen zu Stabilitat und Ariditat umso mehr je starker die tropischen Ostwinde beiderseits des Aquators wehen je starker also die tropischen HadleyshyZellen der Atmosphare ausgepragt sind Als Folge der Reibungskrafte entsteht beiderseits des Aquators im Ozean eine Oberflachenstromung die auf jeder Halbkugel polwarts gerichtet ist und divergiert sodaB das kOOle Tiefenwasser aufquellen muB Abbildung 5 zeigt hier in diesem Gebiet den Normalfall bei dem schon stidlich des Aquators die (im Mittel tiber die ganze Reibungs-Schicht urn 90deg abo weichende) Ekman-Drift eine Divergenz hervorruft Hauptshyursache ist der Vorzeichenwechsel der Coriolisbeschleushynigung am Aquator Schwacht sich nun diese tropische Oststromung ab so entstehen - das haben neuere Modelmiddot Ie gezeigt - Keivinwellen die zu einer Umkehr der Ekshyman-Drift und zur Konvergenz des warmen Oberflachenmiddot wassers am Aquator fOOren Auch hier kommt es bei norshymalen tropischen Wassertemperaturen (26-27degC) jetzt zu kraftigen haufigen Regenfallen nicht selten zu ausgeshydehnten Cumulonimbusherden mit mehreren 100 km Durehmesser (Hmesosealar clusters) in Nauru ist der typische Monatsniedersehlag bei dieser Situation 300 shy800 mm bei aufquellendem Kaltwasser dagegen i 0-15 mm in den Galapagos (ca 90

0 W) ist der Unterschied

noeh sHirker DOBERITZ hat gezeigt wie dieseAnomalien gleichzeitig tiber der ganzen Aquatorzone des Pazifiks aufmiddot treten weitere Arbeiten haben ihre Ausdehnung tangs der WestkUste Amerikas zugleich nach Peru und Siidkalishyfomien hin nachgewiesen

6

Equatorial Flow Patterns and Upwell ing

oJ b) 4

N gt- -- - CONY

omiddot 81 BI~ omiddot S ~ -- ~ OIV

N omiddot s N 0- S

w+- C w -+ W +- IC C-+W t l It t

Wind- Ekman - Drift (Ocean) Thermocline

Abb 5 Divergenz der ozeanischen Ekman-Drift am Aquator (a symmetrischer Fall b = asymmeshytrischer Fall) nach J BJERKNES und FLOHN

Untersuchungen von J BJERKNES und Modellrechnungen von ROWNTREE haben die groBraumige Auswirkung dieser Anomalien nachgewiesen die Ursache liegt in den enormen Schwankungen des Warmehaushalts tiber Flachea von 6 x 110 Meridiangrad -81 Mill km2 bull Neuere Detaf9 Untersuchungen (TREMPEL) zeigten einen Rilckgang der Verdunstung in der AufquelIzone stidIich der Galapagos auf 30 cma () gegentiber rund 120 cma auf beiden Flanken der Strom fiihlbarer Warme kehrt sich (wie beim Oaseneffekt auf Land) urn und fOOrt (geringe) Energiebeshytrage dem Meer zu das den groampren Teil der im wolkenshyfreien Raum ungehinderten Einstrahlung zur Erwarmung des mit ca 50 cmd aufquellenden Tiefenwassers benotigt Die Umkehr dieses Mechanismus bedeutet allein bei der Verdunstung der tropischen Ozeane eine Anderung um 5 ftir aIle Ozeane allerdings nur 2 ein regionaler Efmiddot fekt erscheint ziemlich wahrscheinlich Neueste Untershysuchungen (NEWELL) machen es wahrscheinlich daB auch die Aufnahme von CO2 durch den Ozean durch den plotzlichen Dbergang von nahrstoffreichem CO2 middotgesattigmiddot ten Tiefenwasser zu nahrstoffarmem Warmwasser sich flachenhaft urn einige Prozent andert das mag eine der Ursachen ftir die Variabilitat der atmospharischen Zunahme des C02 GehaIts sein (Abschn 42) 23 Kontinentale Eisschilde

Wahrend die Flache des arktischen Treibeises (s Abschn 21) zwischen etwa 8 und 12 Mill km2 schwankt besteht das antarktische Treibeis zu tiber 80 aus jahreszeitlichem Treibeis Beide Treibeisgebiete nehmen im lahresmittel mi t rund 23 Mill km2 nahezu 5 der Erdoberflache ein Dicke und Volumen sind aber minimal gegenUber den kontinental en Eisdomen von Gronland und Antarkshytika mit einer Flache von knapp 2 bzw 13 Mill km2

und einer mittleren Eisdicke von i 200 bzw 2200 m Wahshyrend das gronlandische Inlandeis in einer groBen Gebirgsshyschilssel Iiegt und seinen MassentiberschuB in vielen Gletshyscheff in Form zahlreicher einzelner Eisberge abgibt ruht das antarktische Eis tiberwiegend auf einem festen Felsshysockel oberhalb des Meeresspiegels sein AbfluB geschieht tiber riesige Schelfeise in Form ausgedehnter Tafeleisberge Jedoch liegt ein Tei - die sogenannte Westantarktis die sich von der antarktischen Halbinsel siidlich Sildamerika

zum Pazifik erstreckt - Uberwiegend auf einem Felssockel unter dem Meeresspiegel Neuere Untersuchungen (HUGHES) haben ergeben daiJ dieser Sektor schon mehrshyfach aufgeschwommen und dann abgeschmolzen ist mit einem weltweiten Anstieg des Meeresspiegels urn 5-7 m das sind die in Fachkreisen neuerdings viel erorterten antarktischen Ausbrtiche (surges) die - in Analogie zu den in Alaska und in anderen Gebieten beobachteten rapiden GletschervorstoiJen rasch ablaufen konnen Ein mathematisches Modell dieser AusbrUche hat BUDD (Melshybourne) entwickelt offenbar handelt es sichjedoch urn sehr seltene Ereignisse (zuletzt vor ca 115 000 Jahren im letzshyten Interglazial) tiber deren Zeitskala und Ablauf noch sehr wenig bekannt ist

Die mogliche Bedeutung eines solchen Ereignisses liegt in dem Ansteigen des Meeresspiegels eine detaillierte Unshytersuchung (auch in dem bisher fast unzuganglichen Beshyreich des Weddellmeeres) ist dringend erwiinscht auch wenn das derzeitige Eisprofil im untersuchten Gebiet des Roill-Schelfs noch nicht den Gleichgewichtsstand ershyreicht hat Kleinere Vorgange dieser Art (wobei Eismasshysen von maximal 1-2 bull lOS km3 beteiligt sein mogen statt gt 106 km3 ) sind wahrscheinlich auch in der Nachshy

alszeit aufgetreten beim Kalben der Schelfeise entsteshyren riesige Tafeleisberge bis zur Gro~e Hollands oder

Belgiens In Gronland sind aile diese Vorgange von viel geringerem AusmaiJ

3 Narurliche Ursachen der Klimaschwankungen

31 Variabilitat der Sonnenstrahlung

Abgesehen von solchen im internen klimatischen Regiershysystem begriindeten kurzfristigen Schwankungen werden immer wieder auampre (externe) Faktoren als Ursache von klimatischen Schwankungen bezeichnet Zuerst miissen wir die Frage aufwerfen ist unsere primare EnergiequeUe die Sonnen-Strahlung wirklich konstant oder fUhrt der Beshygriff der Solarkonstanten in die Irre Diese Frage ist zZ leider noch vollig offen wir verfUgen tiber keine einwandfreien Messungen zu ihrer Entscheidung (MASON) Messungen von hochfliegenden Ballonen in 23 30 km Hoshyhe die KONDRATIEV wahrend 6 Jahren in der Sowjetshy

rIlion durchftihrte konnen auch in dieser Hohe noch von r ~ratospharischem Staub vulkanischer Herkunft beeinflu~t

worden sein indirekte Belege wie sie durch Beobachtung der Albedo anderer Planeten (so Uranus) gewonnen wershyden konnen sind etwas unsicher An der AusrUstung von Satelliten mit hochempfindlichen vom Boden her kontrolshylierbaren MeMiihlern (mit einer tiber Jahre festzuhaltenshyden Me~genauigkeit von 1 Promille) wird intensiv gearbeishytet Neue Daten tiber das nahezu vollige Fehlen von Sonnenshyflecken in der Zeitspanne 1645 - 1710 und tiber Schwanshykungen der Rotationsdauer der Sonne in dieser Zeit (EDDY) scheinen doch entgegen dem Votum der Mehrzahl der Astronomen - fUr eine hOhere Variabilitat der Sonne zu sprechen Da~ eine Anderung von nur 1-2 Prozent bereits erhebliche Auswirkungen auf das Klima haben kann ergibt sich aus Rechnungen mit einfachen (BUDYKO) oder fortgeschrittenen Klimamodellen die jedenfalls die Dynamik der Atmosphare und den Wassershykreislauf in Rechnung stellen (WETHERALD und MAshyNABE)

Die Rolle der solaren Aktivitat ist inzwischen wieder akshytuell geworden aber sicher handelt es sich nicht urn einshyfache zyklische Vorgange wenn auch fUr eine etwa 23jahrishyge Peri ode mehr Belegmaterial existiert als fUr die klassische I1-Jahresperiode Aber der Anteil an der gesamten Varianz ist im allgemeinen gering und unerklarliche Phasensprtinge (MASON) untersti1tzen nur die weitverbreitete Skepsis gegentiber der Ntitzlichkeit flir praktische Zwecke Auch sorgfaltige empirische Studien (OLIVER MASS und SCHNEIDER) konnten keinen Beweis flir ihre Rolle im Klimageschehen Hefem (s a Abschn 1)

32 Vulkaneruptionen

Sicher belegt ist dagegen durch neue statistische Untersumiddot chungen (YAMAMOTO MASS und SCHNEIDER) und Modelle (HUNT POLLOCK) die globale Wirkung von groiJen Vulkanausbruchen deren Exhalationen in die Stratosphare gelangen und in Hohen zwischen 20 und 50 km Partikel bilden die die sHindig vorhandene JUNGEshySchicht urn einen Faktor 10 100 verstarken und farbenshyprach tige Dammerungserscheinungen hervorrufen Diese stratosphiirischen Staubwolken (zuletzt nach AusbrUchen des Agungmiddot auf Bali 1963 und des Fuego in Guatemala 1974 auch in Mitteleuropa sichtbar) absorbieren einen Tell der Sonnenstrahlung und streuen einen anderen TeB zushyruck in den Weltraum hierdurch kommt es im Mittel tiber die ganze Erde zu einer AbkUhlung urn bis 1-15degCdie allerdings selten mehr als 1-2 Jahre hindurch anhalt Sie tiberlagert sich den wesentlich starkeren Temperaturandeshyrungen die standig advektiv durch den Transport von Warmluft oder Kaltluft entstehen und tiber Monate hinweg ziemlich ortsfest sein konnen derartigen Transportvorshygangen verdanken wir in Westeuropa jetzt eine ~ehr auenishylige Foige von 7-8 zu mild en Wintern im Gegensatz zu extrem kalten Winterabschnitten in Nordamerika (Januar 1977 zT der kalteste dieses Jahrhunderts) oder Ostshyeuropa Die Haufigkeit gro~er VulkanausbrUche die vor allem LAMB fUr die Zeit seit 1500 untersucht hat schwankt sehr stark wahrend in einzelnen Zeitabschnitten (so urn 1690 oder 1815-1835) viele grofiJe Ausbrtiche in den verschieshydensten Gegenden der Erde sich haufen gibt es auch lanshygere Zeitraume (so 1912-1948) in denen sie ganz fehlen oder doch nur vereinzel t auftreten Seit etwa 1955 leben wir in einem Abschnitt wiederauflebender aber nur masshysiger Vulkantatigkeit Aber die auffallige Haufung sehr schwerer Erdbeben in den letzten Jahren laBt erkennen dafiJ auch mit schweren Vulkanausbrtichen jederzeit geshyrechnet werden mu~ Denn diese beiden Ereignisse sind wie wir heute sicher wissen kollektiv miteinander gekopshypelt es sind die langsamen Dritbewegungen der grofSen tektonischen Platten die einerseits im Bereich der gro~en meist ozeanischen Ri~-Zonen Vulkanausbrtiche auslosen andererseits unter die grofiJen Kontinentalschollen untershytauchen und dabei schwere Erdbeben mit tiefsitzendem Herd auslosen Ein direkt sichtbarer Tei des grofben atlanmiddot tischen Spaltensystems zieht quer durch Island in diesem Bereich traten in den letzten Jahren mehrfach Vulkanausmiddot brtiche (Surtsey Heimaey Kraftla) auf 1m Bereich des letzteren kam es am Myvatn-See in N-Island im April 1977 zu einem Aufrei~en von zwei parallelen Spalten mit einer Zerrung des Gelandes von 2 m auf 1 km mit anhaltenden Dampfexhalationen die ein fast vollendetes geotherrnisches Kraftwerk auBer Funktion setzten

7

1649

h i~v4lWv

Das episodische diskontinuierliche Auftreten vulkanischer Ereignisse gilt nicht nur fUr die (hier unmittelbar interessiemiddot rende) Zeitskala 101

- 102 Jahre sondern auch in der Zeitskala 103 104 Jahre ja sogar wie aus den Ergebshynissen des Deep Sea Drilling Programms hervorgeht im Bereich 106 107 Jahre

Die Klimageschichte lehrt uns wie groBe Vulkanausbrliche g10baJe Abkiihlungen fiir 1-3 Jahre auslbsen die natiirlich in einigen Gebieten durch advektive Erwarmung iiberlagert werden kbnnen Der starkste noch gut belegte Fall dieser Art ereignete sich nach dem grbBten historischen Ausshybruch des Tambora auf Sumbawa im Friihjahr 1815 die Sommer 1816 und 1817 waren in Europa Japan und Nordmiddot amerika ungewbhnlich kiihl zT feucht und von schwemiddot ren MiBernten begleitet die im Rheinland (mi t seinen durch Erbteilung zersplitterten Bauernhbfen) eine erste Welle von Auswanderungen nach Amerika einleiteten Die Getreimiddot depreise Mitteleuropas erreichten ihr absolutes Maximum vor 1950 ~Abb 6 und in den Vereinigten Staaten war 1816 das Jahrohne Sommer

4 Anthropogene Vrsachen die Rolle der Eingriffe des Menschen

41 Energiezufuhr und Luftverschmutzung

GegenUber der iiberragenden Rolle der Sonnenstrahlung (lie an der Obergrenze der Erdatmosphare rund 340 Watt auf jeden m2 der rotierenden Erde abgibt - und ihren Umsetzungen innerhalb der Atmosphare die als Strahlungsshybilanz oder Nettostrahlung an der Erdoberflache im Mitmiddot tel noch rund 100Wm2 liefern ist der Anteil der direkten Energiezufuhr als primarer Beitrag des Menschen mit 0015 Wm2 verschwindend gering hbchstens vergleieh bar mit dem geothermischen Warmestrom aus dem Erdmiddot innern (006 Wm2) oder dem Anteil der photosynthetimiddot schen Prozesse in der Biosphare (02 Wm2

) Diese g10balen

100

80

60

40

20

ROGGENPRE ISmiddot INDEX 16167

(19501001

1805 1771 1655

1847

~ 1622

1795

17621740 18311693 III 1634 bull 1~626 1699

17891712

Ii

middot

Mittelwerte geben jedoch ein vbllig falsches Bild tatsachshylich ist der Energieverbrauch in den groBen Industriezenmiddot tren konzentriert und erreieht dort lokal 10-50 Wm2

iiber Flachen von der Gro6enordnung 100 - 1000 km2 bull

Diese Energiezufuhr erzeugt die Warmeinseln der gro6en Stadte mit einer zusatzlichen thermischen Zirkulation und einer statistisch gesieherten Haufung konvektiver Starkregen

Auf der anderen Seite ist der Wirkungsgrad der Sonnenmiddot energie in der Erdatmosphare mit 07 sehr gering dh der Energieumsatz im klimatischen System die Erzeugung verfiigbarer potentieller Energie und die Vernichtung kinetischer Energie liegt auch nur bel 24 Wm2 Da Enermiddot gie ja nicht verbraucht sondern nur umgewandelt werden kann dringen diese vergleiehenden Oberlegungen nicht in die Tiefe des Problems das hier nur angedeutet wermiddot den kann hierzu benbtigen wir Grundbegriffe der heutimiddot gen Thermodynamik Nach ihrem zweiten Hauptsatz kann die Entropie (das Integral iiber aile Zufuhren und Abgaben von Warme im VerhaItnis zur Temperatur) nur zunehmen Umgekehrt nieht Energie sondern negative Entropie (Negentropie) wird verbraucht das bedeutet zugleich einen Verbrauch von Information (im abstrakshyten Sinne des Wortes) Von solchen OberJegungen gehen einige neuere Klimamodelle aus (PALTRIDGE FORTAK)

Die regionale Verteilung dieser anthropogenen Energiezushyfuhr pro Kopf der Bevblkerung ist interessant genug bei allen Industriestaaten Europas (einschlieBlich DDR und Tschechoslowakei) etwa 5-6 KW pro Kopf in USA und Kanada 11-12 KW in Afrika und Stidamerika 04 KW im g10baIen Mittel rund 2 KW Die letzten Zahlen sind sieher zu gering da der Verbrauch an Feuerholz in den Entwicklungslandern statistisch kaum erfa6bar ist wenn dieser sieh auf etwa 15 Tonnen pro Kopf und Jahr bemiddot lauft dann entspricht das weiteren 07 KWKopf oder flir etwa 28 Milliarden weiteren rund 2 TW (TW =Teramiddot watt = 1012 W)

01500 20 40 60 80 1600 20 40 60 80 1700 20 40 60 80 1800 20 40 60 80 1900

Abb 6 Roggenpreisindex 1500 1860 Mittel aus 5 deutschen Stiidten nach PHILIPPI

8

Seit 100 Jahren ist der Energieverbrauch urn einen Fakshytor von mehr als 30 gestiegen eine Angleichung der LeshybenshaJtung der Entwicklungslander ist zwangsHiufig notshywendig selbst wenn in den lndustrielandern die Wachsshytumsraten abnehmen werden Nachdem der derzeitige Weltverbrauch 8+2 TW betragt mu~ - bei einer (hofshyfentlich eintretenden) Stabilisierung der WeltbevOlkerung in der Nahe von 10 Milliarden im Laufe des 21 Jahrshyhunderts mit einem Ansteigen auf 35-50 TW (nASA) entsprechend 35-5 KWKopf gerechnet werden

In diesem Zusammenhang ist ein kurzer Blick auf die Beshyvdlkerungsentwicklung notwendig bei der jetzt erstmals Anzeichen einer Trend-Umkehr deutlich werden (Zahlen zusammengefa~t nach LR BROWN 1976)

Weltbevolkerung und Wachstumsrate

Bevolkerung (106 ) Zunahme pro Jahr ()

1970 1975 1970 1975

Nordamerika 226 236 090 060 West-Europa 333 343 056 032

Ost-Europa 368 384 084 086

Ost-Asien 941 1005 185 118 Stidasien Nahost 1123 1263 257 225 Afrika Stidamerika 588 672 269 268

Gesamte Erde 3594 3920 190 164

Diese ZaWen sind au~rst wichtig ftir aile Vberlegungen tiber ein kiinftiges Energiesystem das wahrend der bereits beginnenden Erschopfung der 61- und Erdgasreserven der Erde das heutige ablosen kann auf diese un sere wirtschaftshyHche Zukunft entscheidende Frage kann bier nicht naher eingegangen werden JedenfaJls ist der Energieverbrauch an sich nur in 10kaJem Ma~stab klimagenetisch wirksam

bei einer kiinftig wohl notwendigen Konzentration von Kraftwerken spielt diese Umweltvertraglichkeit eine wesentliche Rolle

Die Luftverschmutzung - hier zunachst die Emission von Aerosolpartikeln in die unteren Schichten (l 3 km) shy

~ist in ihrer klimagenetischen Wirkung oft ilberbewertet rworden Die hervorragenden Aufnahmen des Landsatshy

Satelliten mit einer raumHchen Auflosung bis herab zu 80 m (aus 960 km Hohe) zeigen da~ eine wirksame Trilshybung der Atmosphilre durch Industriezentren Gro~stadte oder Waldbrilnde tiber Entfernungen von einigen 100 km hervorgerufen wird Ober den Trockengebieten der Erde wird mineraHscher Staub durch Wind hoch aufgewirbelt eine Folge der seit Jahrtausenden betriebenen Zerstorung der Vegetation Diese Staubschleier sieht man im Satellishytenbild von der Sahara aus quer tiber den Atlantik bis in die Karibik ziehen Die KIimawirkung dieser Aerosolparshytikel ist komplex grobere Teilchen (gt 10 11m) absorbieshyren hauptsilchlich die langwellige Ausstrahiung der Erde erhohen die Gegenstrahlung der Atmosphilre und erwarshymen so die unteren Schichten fallen aber relativ rasch aus Feine Teilchen laquo 2 11m) absorbieren mehr die Sonnenstrahshylung mit ahnlicher Wirkung - gleichzeitig streuen sie aber auch gemaB den Gesetzen der Mie-Streuung einen kleinen Teil der Sonnenstrahlung zurtick in den

Weltraum die so dem Erdboden verloren geht Das Vershyhilltnis AbsorptionRtickstreuung hangt zT von der Zusammensetzung der Partikel ab das Rilckstrahlungsshyvermogen (Albedo) der Erdoberflilche spielt eine erhehshyliche Rolle 1m ganzen tiberwiegt aber doch offenbar der Erwarmungseffekt das zeigt sich besonders im Bereich der Staubdome der Gro~stadte in deren Bereich zu jeder Tages- und J ahreszeit die Temperatur hoher liegt als in der Umgebung das gleiche gilt ftir staubreiche Wilstenshygebiete wie in Pakistan_

Inzwischen scheinen die gesetzlichen MaBnahmen gegen die Luftverschmutzung wenigstens bei dem groberen Aeroso) ihre Wirkung nicht verfehlt zu haben in London haben sich die Nebel- und Sichtbedingungen seit dem Clean Air Act deutlich verbessert in den USA ist die Staubbelastung in den GroBstadten zurtickgegangen auf dem Lande allerdings leicht angestiegen Auch in Deutschshyland und Japan haben sich die Verhaltnisse in den schlimmshysten Fallen (Mannheim-Ludwigshafen Tokyo) offensichtshyIich gebessert jedenfalls ist der S02 middotGehalt etwas abgeshysunken

Wesentlich ftir die Beurteilung ist der Zeitfaktor Die Zumiddot fuhr ftihlbarer Wilrme (Enthalpie) wird schon in 24 - 48 Stunden durch erhohte Ausstrahlung wieder ausgeglichen Grobe Aerosolpartikel verbleiben im Mittel nur 2-3 Tage in den unteren Luftschichten feine Partikel in mittleren und hoheren Schichten einige Wochen bevor sie durch Wolken und Niederschlag wieder ausgeschieden werden 1m Rahmen des globalen Wasserhaushalts liegt die mittieshyre Verweilzeit eines Wasserdampfmolekills in der Atmosshyphilre dh die Zeitspanne zwischen Verdunstung und Niederschlag bei 9 Tagen Ganz anders liegen die Vershyhaltnisse bei den langlebigen Gasen so verbleibt Kohlendioshyxid im Mittel 6 Jahre in der Atmosphiire

42 Kohiendioxid und Spurengase

Kohlendioxid (C02) stellt heute einen Anteil von rund 330 ppm (10-6 Volumenteile) der Atmosphilre gegenilber 295 plusmn 5 ppm urn 1880 Der Anteil des Sauerstoffs (02 )

betragt in der gleichen Einheit 208100 dieses Reservoir kann also durch eine Zunahme des CO2 -Gehalts selbst urn einen Faktor 10 nicht nennenswert beeinfluBt wershyden Ober die komplexen Fragen des nattirlichen und vom Menschen gestorten Kohlenstoffkreislaufsystems sowie ilber die m6glichen klimatischen Auswirkungen einer weishyteren CO2-Zunahme berichtet in diesem Heft ausftihrlich C JUNGE (S 21 ff) hier mOgen wenige Bemerkungen ge ntigen Das Speichervermogen von Ozean und Biosphare wird oft tiberschatzt die Masse des Ozeans unterhalb der Thermokline bzw der Zwischenschicht in 400-600 m Tiefe nimmt nur sehr langsam an dem CO2 -Austausch teil und kann daher auch nur geringe Mengen speichern Eine Schiitzung der Food and Agricultural Organisation (FAO) ergibt einen Rtickgang des ilquatorialen Regenwaldes von urspriinglich 1592 auf 935106 km2 heute mit einer Rate von 11 0000 km2 (=112) pro Jahr (1) Die Zunahme der Photosynthese und damit der Netto-Produktivitilt der Willshyder kann nur einen Bruchteil dieser Verluste wettmachen

Die Verbrennung fossiler Brennstoffe (Kohle Erdol Erdshygas) liefert zur Zeit jahrlich rund 51 01 5 g CO2 von dem nach neuesten Daten 53 in der Atmosphilre verbleiben

9

ihr Gehalt steigt zur Zeit urn 1-2 ppm pro Jahr an wobei die Ursache der interannuellen Anderungen wahrscheinlich in der thermischen Veranderlichkeit des Ozeans in Aquatorshynahe zu suchen ist (s Abschn 22) Nach dem heutigen Stand der Diskussion (Marz 1978) wird dieser Antell der Atmosphare in den nachsten 3 - 4 lahrzehnten etwa konmiddot stant bleiben dartiber Wnaus ist eine Abschatzung schwierig

Die klimatische Bedeutung des CO2 liegt darin daB es im langwelligen Infrarot bei Wellenliingen zwischen 12 und 15 pm eine breite Absorptionsbande besitzt Es laBt also die Sonnenstrahlung ungehindert durch absorbiert aber die von Erdoberflache und Wolken abgegebene Warmestrahlung mit ihrem Maximum bei 10 pm Das ist der sogenannte Glashauseffekt dieser Begriff ist physikalisch etwas scWef wei ein Glasfenster nicht nur fur infrarote Strahshylung sondern auch fur den turbulenten Warmeaustausch undurchllissig ist (was erst die Warmespeicherung im Glasshyhaus erkUirt) aber er laBt sich wegen seiner Anschaulichshykeit kaum mehr ausrotten Die klimatische Folge einer Zunahme des CO2 -Gehalts ist eine Erwarmung der Troposshyphare die nach oben abnimmt und in der Stratosphare

Abb 7 Temperaturanderung bei Verdoppeung des CO2 shy

Gehaites Modell MANABE-WETHERALD 1975

degC bull degC C02 Concentration (ppm) and Temperature 14

0 0 l I

4 u

8

6

4

2 Model Augustsson-

Ramanathan 1977

10

8

6

4

- 0 l I

u

2

400 800 1200 1600 2000 2400 2800 3200ppm

Abb8 Temperaturanderung (au8er Po1argebiet) mit zushynehmendem CO~ -Gehalt Skala links mit konshystanter Hahe (CT A) rechts mit konstanter Temshyperatur (CTT) der Wolkenobergrenze Modell AUGUSTSSON-RAMANATHAN 1977

in eine Abktih1ung libergeht Zahlreiche immer weiter verfeinerte Modelle haben diesen Effekt bestiitigt altere mtissen wegen unrealistischer Annahmen ausgeschaltet werden Der Betrag der Erwiirmung hangt von der Zunahmiddot me des Wasserdampfgehaltes (dessen Absorptionsbanden zT die des CO2 tiberdecken) mit steigender Temperamiddot tur und von der (nicht genau bekannten) Wechselwirkung

mit der Bewolkung ab Aber die besten Modelle (MAshyNABE-WETHERALD 1975 AUGUSTSSON-RAMANAmiddot THAN 1977) die den Wasserdampfeffekt mit berticksichshytigen (Abb 78) geben tiber einstimmend fUr eine Verdopshypelung des CO2 -Gehaltes (von 300 auf 600 ppm) eine mittlere Erwiirmung in Bodennahe urn 2--3degC an die im Poshylargebiet (wenn man die Rtickkopplung zwischen Rtickstrahshylung (Albedo) Schneedecke und Temperatur in Rechshynung stellt) auf 7-10degC anwachst Diese Erwarmung ershyfolgt anfangs nahezu linear bei weiter steigendem CO2 -

Gehalt etwas langsamer aber selbst bei einer Zunahme urn den Faktor 10 tritt noch keine Sattigung auf die Ershywarmung betragt dann schon auBerhalb der Polargebiete 8-12degC Eine CO2 -Zunahme auf das 5-lOfache ist nicht unrealistisch bei unkontrolliert steigendem Gebrauch fossimiddot ler Brennstoffe insbesondere bei einem erzwungenem Verzicht auf Kernenergie konnen soIche Werte durchaus erreicht werden wie aIle Modellrechnungen aus neuester Zeit libereinstimmend ergeben

Die Situation die von den ftihrenden Energiefachleuten J der Welt sehr ernst genommen wird verscharft sich noch durch den Befund daB einige andere von Menschen promiddot duzierten Spurengase ebenfalls im Infrarot absorbieren und zwar ausgerechnet in dem noch durchlassigen Fenshyster zwischen 75 und 12 pm Zu diesen Spurengasen ~ zlih1t nicht nur das Ozon (03) - auf dieses (mE etwas tibershyschatzte) Problem kann Wer nicht naher eingegangen wershyden - sondern auch Distickstoffoxid (N 20) Methan (CH4 ) die Frigene (C Ch F2 und C ChF) Schwefeldioxid (S02) Ammoniak (NH3) ua die aile in steigendem AusmaB vom Menschen erzeugt werden Am wichtigsten erscheint das N2 0 (HAHN und JUNGE) aIs ein Endprodukt der stickstoftbaltigen Dtingemittel deren Produktion in den letzten 15 Jahren jahrlich urn tiber 10 zugenommen hat ihnen verdanken wir in der Hauptsache daB die Nahmiddot rungsmittelproduktion bisher noch mit der Bev6lkerungsshyzunahme Schritt halten konnte Die Frigene (Chlorofluorshymethane) sind die Treibstoffe der Aerosolsprtihdosen und werden auch in Ktih1schranken verwertet ihre Jahresshyproduktion nahert sich 106 Tonnen und ihre Verweilzeit in der Atmosphare liegt infolge ihIer chemischen Tragheit bei 30-70 Jahren In Schweden und Oregon sind sie inzwishyschen verboten weitere Lander dlirften folgen

Aile diese Gase addieren sich - da ihre schmalen Absorp-~ tionsbanden sich nicht tiberlagern (WANG 1976) - zumiddot dem Glashauseffekt des CO2 eine konservative () ScMtmiddot zung ergibt eine Verstarkung des CO2-Effektes urn 50 Der Verbrauch fossilel Brennstoffe nimmt sicher nicht mehr lange exponentiell zu da als Foige der beginnenden Erschopfung der ErdOl- und Erdgaslager die Preise steigen werden Bei begrenzten Vorraten ergibt sich eine Zunahme des Verbrauchs nach einer logistischen Funktion ist ein Vorrat F (hier gleich 100 gesetzt) begrenzt dann kann man annehmen daB der Verbrauch sich (mit wachsenshydem Preis) proportional zu dem noch vorhandenen Vorrat I-F andert (c Konstante)

1 dF = c(l-F)

F dt

Daraus ergibt sich die logistische Funktion

rl = 1 + exp [ c (t to 5) ]

10

mit dem Zeitpunkt tos in dem 50 von F aufgebraucht ist fhr Verlauf ahnelt einem in die Breite verzerrten S (Sigshymoid) und wir nahern uns offenbar rasch dem Wendeshypunkt

Da die Intensitat des Glashauseffektes in erster Linie von der Zunahme des CO2 -Gehaltes abhangen wird kann man diese mit der der erwahnten Spurengase kombinieren es ergibt sich ein virtueller CO 2 -Gehalt Dann kann die K1imawirkung in Abhangigkeit vom realen CO2 -Gehalt ausshygedrtickt werden das erlaubt eine Abschiitzung der repriishysentativen Temperaturzunahme (mit Ausnahme der Polarshygebiete) als Funktion des COrGehalts bzw der Zeit Zu den Voraussetzungen gehort daU die CO2 -Wachstumsrashyte unteT Einbeziehung der Entwicklungsllinder mit ihrem Nachholbedarf nicht rasch sinken kann und da~ keine anshydere Energiepolitik das CO2 -Risiko ganz ausschalten wird Unter diesen Voraussetzungen lli~t sich abschatzen da~ eine Temperaturzunahme urn 1 5degC (entsprechend der warmsten Periode der Nacheiszeit vor rund 6000 Jahren) schon zwishyschen 2005 und 2015 eine solche urn 25degC (entsprechend dem warmsten Abschnitt der letzten Zwischeneiszeit s Abschn 6) schon in etwa 50 Jahren erreicht werden kann Die kritische Phase bei der bel einer Erwarmung urn 4degC

m6glicherweise das arktische Treibeis wegschmelzen wird konnte trotz verlangsamter Wachstumsrate zwischen

2040 und 2075 dh in weniger als 100 Jahren eintreten Die entsprechenden Schwellenwerte des realen CO2 -Geshyhalts Jiegen flir eine Erwarmung urn 1 5degC (25deg4deg) bei rund 450 (550 750) ppm mit einer Fehlerbreite von plusmn 10 15

43 Die Albedo und das WiistenprobIem

Eine der wichtigsten Gr6Uen im Warmehaushalt der Erdshyoberflache ist die Albedo der Erdoberfliiche AE der Antellmiddot der reflektierten Strahlung an der einfallenden Globalstrahshylung G der Summe aus der direkten Sonnenstrahlung und der diffus gestreuten Strahlung des Himmels und der Wolken Hiertiber berichten in diesem Heft BAUMGARTshyNER KIRCHNER und MAYER (S 32 ft) Die mittlere Alshybedo der Erdoberflache liegt (nach einer besonders grtindlishychen Auswertung von Landsat-Aufuahmen in mehreren Spekshytralbereichen durch HUMMEL und RECK) bei 14 plusmn 05 Proshy

~ zent Aus einem der besten Strahlungsmodelle (MANABE und WETHERALD 1967) ergibt sich bei einer Zunahme

der mittleren Albedo von 1 eine Abnahme der Gleichshygewichtstemperatur urn 13degC Fast immer flihrt die Umshywand lung bzw Zerstorung der urspriinglichen Vegetation zu einer Zunahme der Albedo dies ist offenbar der einshyzige wichtige Eingriff des Menschen der zu einer Abkiihshylung flihren kann Diese Prozesse erfassen zwar riesige Flachen (landwirtschaftliche Nutzflache und Weideland zusammen 38 der Kontinente) aber sie vollziehen sich langsam schon seit def neolithischen Revolution vor 5-7000 Jahren heute beschleunigen sie sich mit der Bevolkerungszunahme

Eine entscheidende Rolle spielen die Vorgange die a1s Desertiikation bezeichnet werden ein passendes Wort in deutscher Sprache hierfLir mOOte erst neu gebildet werden Die Vegetationszerstorung an den Randern der Sahara ist in der Tat alarmierend die UN-Konferenz tiber Desertishyfication (Nairobi 1977) hat sie der WeltOffentlichkeit

klar vor Augen geflihrt Oberall in den Tropengebieten auch in den semiarid en und semihumiden Gebieten mit einer mehrmonatigen Regenzeit geht die Vegetation in den Weidegebieten rasch zurtick In den Liindern des Maghreb (Tunesien Algerien Marokko) in Lybien und im Sudan liegen verla~liche Schatzungen vor im Mittel rUckt die Wtiste urn 1 2 km jahrlich VOL Das bedeutet allein bei der Sahara in jedem Jahr eine Zunahme urn tiber 20000 km2 bull Dies ist keinesfalls die Foige einer Klimaiinshyderung - das konnte in Tunesien in Rajasthan im Sahelshygtirtel einwandfrei nachgewiesen werden Es ist vielmehr das Resultat der vom Menschen veranlaf3ten tiber Jahrtausende fortgesetzten Eingriffe in die natiirlichen Haushalte erst die Vernichtung der Gro~tierherden und der Raubtiere dann die Nutzung der nattirlichen Savannen und Graslander als Weideland flir Rinder Kamele Schafe und Ziegen dazu das jahrlich wiederholte Abbrennen des Grases shyso wurden die TrockenwaIder in Dornsavannen umgewanshydelt - zuletzt die Oberstockung der Graslander mit wachshysender Bev61kerungsdichte In den Liindem der Sahel zone ist die Zahl des Weideviehs in den Jahren 1949 - 68 auf das Sechsfache vermehrt worden hier treten Feucht- und Dtirrejahre meist in Gruppen auf und die Dtirre 1969 - 73 hat sieh 1977 wiederholt Die gro~e natiirliche Verandershylichkeit der Regenfalle von Jahr zu Jahr fUhrt immer wieshyder zu einer Vermehrung des Weideviehs tiber das 6kologishysche Gleichgewicht hinaus das damit nachhaltig gestort wird Hierzu kommt noch die Nutzung der letzten Baume und Straucher als Feuerholz (s Abschn 41) Da~ hierdurch selbst in semihumiden Gebirgslandern wie im Hindukusch oder in Nepal eine vollige Waldzerstorung in Gang kommt ergibt der Augenschein schon bei fltichtigem Besuch

Eine Modellrechnung von CHARNEY (1975) hat nun gezeigt da~ in dem Wtistengiirtel der Erde wegen der hohen Albedo der Erdoberflache der extraterrestrische Strahlungshaushalt negativ wird da~ dieses Defizit durch advektive Warmezufuhr und Absinken der Luft ersetzt werden mu~ und da~ die Zunahme der Albedo durch VeshygetationszerstOrung dieses Absinken nur noch verstarkt Das flihrt zu einem weiteren Rtickgang der Niederschlashyge und zu verstarkter Wtistenbildung Sicher handelt es sich hier urn einen schwachen erst in langen Zeitraumen und tiber gro~n Gebieten wirksamen Prozess der die naturbedingte Trockenheit im Bereich der subtropischen Hochdruckzellen noch verstarkt andere Modellrechshynungen und Auswertungen von Satellitenbildern haben diese Oberlegungen bestatigt Sieher sind die gro~en Wtishysten der Erde nicht erst vom Menschen geschaffen worden aber ihre Intensivierung und Ausweitung ist ein Produkt menschlicher Eingriffe An mindestens drei Stellen (bei Jodhpur mit rund 270 mm Regen im Jahr bei KhartumshyOmdurman mit 160 mm und bei Nefta in Tunesien mit 70 mm) zeigen eingezaunte Gebiete daU die vor den Weideshytieren geschtitzte ursprtingliehe Vegetation eine v61lig andeshyre Albedo hat a1s die umgebende Wtiste Ein Effekt auf die Niederschlage lli~t sich aus den (erst nach 1900 einsetzenshyden) Messungen zwar nicht nachweisen wohl aber aus den historischen Nachrichten aus dem Wtistengiirtel aus den Berichten der frUhen Reisenden tiber die Dauer der Regenshyzeit tiber die Existenz von Brunnen und regelma~ig abkomshymend en Fltissen noch im frUhen Mittelalter sind arabische Reisende quer durch die Sahara mit Pferden gezogen (tiber historische Klimaschwankungen natiirlicher Herkunft s Abschn 6 und 8)

11

5 Das Problem der Klimavorhersage Stand und Aufgaben

51 M odeUrechnungen

Was konnen wir tiber die Zukunft unseres Klimas vorausshysagen Was wissen wir tiber die Ursachen der Klimaschwanshykungen der Vergangenheit Immerhin wachsen unsere empirischen Kenntnisse tiber die Klimageschichte rasch an und erfassen die letzten 10000 Jahre schon recht gut die letzten 700000 Jahre immerhin schon in den Grundmiddot zUgen die Umrisse der Geschichte der letzten 500 Millionen Jahre beginnen ebenfalls sichtbar zu werden (SCHWARZshyBACH) Eindeutige Zusammenhiinge mit den nattirlichen Ursachen sind bisher hochstens vereinzelt nachgewiesen eine Vorhersage dieser extremen Ursachen (Abschn 3) ist bisher unmoglich

Physikalisch-mathematische Klimamodelle sind bisher vielshyfach nur in der einfachsten Form (0- oder I-dimensional) erortert worden 2- oder 3-dimensionale ZirkulationsmoshydelIe der Atmosphiire gibt es in den verschiedensten Formiddot men Gemeinsam ist ihnen die Ableitung der Felder Wind Luftdruck Temperatur auf der Grundlage vorgegebener Randbedingungen so der Temperatur der Ozeanoberfliishyche der mittleren Bewolkung ua Damit sind aber die fUr das Klima entscheidenden Wechselwirkungen fest vorgegeshyben schon die Behandlung des jiihrlichen Ganges ist mit einem so1chen Ansatz unmoglich erst recht natlirlich die Vorhersage von interannuellen Anderungen oder Klimashyschwankungen Die Wechselwirkung Atmosphiire - Ozean ist bisher in nur einem stark idealisierten Modell (MANABE und BRYAN) einbezogen worden andere Modelle behanshydeln den Ozean als beyregungslosen Sumpf der Wiirme und Wasserdampf abgibt bzw aufnimmt Sieher sind diese Ansiitze vielversprechend sie Hefem immerhin ein ziemlich realistisches BUd der groBen Stromungssysteme der Atmosshyphiire der hydrologischen BUanz Niederschlag - Verdunshystung und der Energieumsetzungen innerhalb der Atmosshyphiire Aber schon eine Umsetzung der Zahlenwerte flir die Landoberfliiche in regionalen Klimatypen zeigt die UnvoIlkommenheit dieser Art von Modellen da erhalten Texas und Stidchina ein Wtistenklima oder in der Sahara fallen 1500 mm Niederschlag am Rande des Himalaya dashygegen weniger als 50 mm Natiirlich geben solche Fehler AnlaB zur Verbesserung der Modelle diese aber finden heute weniger inder Physik als vielmehr in der Leistungsshyfahigkeit der Computer und dem Aufwand an Rechenzeit ilire Grenze Auch wissen wir heute daB die meisten Moshydelle (wegen in ihnen enthaltenen mathematischen Niiheshyrungen) auch bei gleichen Anfangsbedingungen verschieshydene Ergebnisse Hefem Modellexperimente Iiefem daher keine Abbilder der Wirklichkeit sondem sind Testversushyche tiber die Sensitivitiit der Modelle selbst Der entscheishydende Einwand ist aber daB es bisher noch nieht gelungen ist die Summe der zeitabhangigen Vorgiinge in Ozean Eis und Atmosphiire und ihre wesentlichen Wechselwirkunshygen in ein Modell einzubauen Keiner der hervorragenden Modellbauer macht sieh lIlusionen tiber die Schwierigshykeiten im Detail eine befriedigende Losung wird wohl kaum vor 10 Jahren gefunden werden konnen und auch dieses Datum mag noch zu optimistisch sein

Andere Modelltypen sind vorgeschJagen worden statishystisch-dynamische Modelle die zeitabhiingige Parameter unter Verzicht auf Detail als Statistiken behandeln und

12

stochastische Modelle bei denen die wirksamen langfristishygen Prozesse im Ozean und im Eis von der kurzlebigen Atshymosphiire her angetrieben werden (HASSELMANN und Mitarbeiter )

Aile diese Versuche sind notwendig und nUtzlich soweit sie unsere Kenntnisse tiber die Wechselwirkungen im klimatimiddot schen System und ihre Auswirkung erweitem erst wenn wir diesen komplexen Wirkungsmechanismus voll versteshyhen konnen wir ihn so vereinfachen dafll wir ein gentigend realistisches und doch noch traktables Klimamodell aufshybauen konnen Ein entscheidender Test ist die Simulation des jiihrlichen Ganges (zB WETHERALD - MANABE 1972) diese jahreszeitliche Anderung der Zirkulation ist eher noch groBartiger als die starks ten Klimaschwankunshygen der Vergangenheit wie etwa eine Eiszeit ftir die GAshyTES (1976) ein Zirkulationsmodell mit gegebenen Randbemiddot dingungen entwickelt hat

S2 Zur Frage der Vorhersagbarkeit

Solange die Hauptursachen der Klimaschwankungen in der Vergangenheit - zuniichst jedenfalls als unvorshyhersagbar geJten mUssen bleibt eine ernstzunehmende Prognose etwa flir das Klima der Periode 2100-2150 AD unmoglich Das muB ganz nilchtem gesehen werden selbst ~ wenn die eben erorterten Schwierigkeiten beim Aufbau eines geeigneten Modells voll befriedigend gelost werden konnen Aber ein Ausweg ist moglich der immerhin eine bedingte Vorhersage - in der Literatur als Vorhersage zweiter Art bezeichnet ermoglicht Setzen wir eillshymal voraus daB die unvorhersagbaren Prozesse so weltershylaufen wie in den letzten (rund) 5000 Jahren - genauer seit dem Verschwinden der letzten Reste der kontinentalen Inlandeisdome auf Labrador Dann konnen wir mit Modellshyrechnungen untersuchen wie dieses klimatische System auf Anderungen der Randbedingungen - zB auf eine Anderung des CO2 -Gehalts des Aerosolgehalts der unteren Troposphare oder der Stratosphiire (Vulkane) der Oberfliishychenalbedo - reagiert Solange kein wirklich komprehenshysives aile Untersysteme mitumfassendes Modell des klimashytischen Systems existiert sollte das in sorgfaltig geplanten Parallelversuchen mi t den heute verfUgbaren Modellen bzw den noch verbesserten Versionen durchgefilhrt werden

Parallel hierzu muB aber ein vertieftes Studium charakshyteristischer Stadien der Klimate der Vergangenheit treten ~ das Iiegt auch im Interesse der Modellbauer Es gibt nur eine Mogliehkei1 die Eignung eines Modells zur Klimavormiddot hersage zu erproben die Simulation der Klimate der Vershygangenheit und ihrer zeitlichen Entwicklung Aber auch unabhiingig davon geben uns diese Paliioklimate Hinweise darauf wie das Klima unserer Erde auch aussehen konnshyteo Denn hier versagt offenbar - jedenfalls gilt dies ftir die Mehrzahl der Meteorologen unser Vorstellungsshyvermogen nur so ist das (fast irrationale) Festhalten an der Oberzeugung von der Konstanz unseres Klimas zu erkliiren trotz all unserer Erfahrung mit extremen Wetterlagen

Stellen wir nur die in der Vergangenheit wirksamen Klimashyfaktoren in Rechnung dann mtissen wir uns fragen wie sah das Klima aus als unsere AlpengJetscher den vielerorts im Gelande noch siehtbaren Hochststand (mehrfach in def Zeit zwischen 1610 und 1855) erreicht hatten Das war die kleine Eiszeit (s Abschn 7) sieher mtiBte def Obershy

gang zu der nachsten Eiszeit von einem solchen Stadium ausgehen und wir mtissen die Frage nach der Natur dieses Obergangs erortern Stellen wir im Gegensatz hierzu die anthropogenen Faktoren in den Vordergrund die offenmiddot bar in ihrer Gesamtheit zu einer globalen Erwarmung flihren (s Absdm 41 42) dann kbnnen wir die Warmmiddot phasen der Vorzeitklimate untersuchen und als Beispiel fUr die in Zukunft zu erwartenden Zustande nehmen NatUrJich mtissen wir uns auch die Frage stellen kann sich das Klima der Vergangenheit wiederholen oder haben sich die Randbedingungen inzwischen geandert Nachdem wir heute wissen daf~ es in jtingerer Vergangenheit nicht eine oder vier sondern mindestens 17 Eiszeiten und ebensoviele Warmzeiten g10balen AusmaBes in 18 Milliomiddot nen lahren gegeben hat (FINK und KUKLA) stellt sich dieses Problem in aller Scharfe Auch die Geschichte des Menschen wiederholt sich nie aufvbllig g1eiche Art

Solange wir also keine physikalisch einwandfreien genUmiddot gend realistischen Klimamodelle zur Verftigung haben mUsmiddot sen wir uns mit dem Vergleich vergangener Zustande aber mit aller gebotener Kritik und Vorsicht behelfen Diese Art der Darstellung moglicher aber keinesfalls gesimiddot cherter Zustande bezeichnet man (in der sehr umfang reichen Literatur Uber Zukunftsfragen) als Szenarium als Drehbuch fUr einen Film Das ist eine auBerst unglUckmiddot liche Bezeichnung unsere Darstellung entspringt niemals allein schbpferischer Phantasie sondern beruht ausschlieBmiddot Hch auf den kritisch durchgeprUften Grabungsergebnissen der Vergangenheit alles was frliher schon einmal gesche hen ist kann wieder geschehen sofern die g1eichen Randmiddot bedingungen gegeben sind HierfUr geben uns die vorliemiddot genden Modelle wertvolle Hinweise Andererseits mUsmiddot sen wir stets die natiirlichen Schwankungen des Klimas (mit einer GroBenordnung von plusmn 06degC fUr die g10bale Mitteltemperatur gegeben fUr einen zB IOOjahrigen Mitmiddot telwert) mit in Rechnung stellen sie addieren sich zu den anthropogen verursachten Schwankungen ledem mit der Klimavergangenheit nicht vertrauten Leser sollte das Studium des groBen zweibandigen Werkes Climates Past Present and Future von H LAMB dringend empfoh len werden

FUr den folgenden Abschnitt 6 die Erorterung globaler Warmphasen als Beispiele [iir m6gliche Klimazustiinde unter anthropogenem Einftuj3 mUssen wir folgende einmiddot schrankende Voraussetzungen machen (s Abschn 23 und 3)

a) Konstanz der Solarkonstanten (innerhalb der heutigen MeBgenauigke it)

b) keine Haufung starkerer VulkanausbrUche c) kein groBskaliger Ausbruch des WestantarktismiddotEises d) keine Anderung der mittleren Bewolkung

Die letzte Einschrankung bezieht sich auf unsere mangelmiddot haften Kenntnisse tiber die Rolle der BewOlkung im Strahmiddot lungshaushalt Zweifellos ware schon eine geringe Zunahmiddot me der Bewolkung (zZ nach Bodenbeobachtungen ca 52 nach Satellitendaten ca 30 beides mit sysmiddot tematischen gegeneinander wirkenden Fehlern behaftet) fUr den Warmehaushalt von entscheidender Bedeutung Doeh ist das unwahrscheinlich (CESS) der gro~te Teil der Wolken entsteht in aufsteigenden Luftstromungen und lost sich bei Absinken auf bleibt also als Foige des Kontinuitiitssatzes etwa erhalten Die stabilen Inversionen

aber dUrften bei einer CO2 middotZunahme wegen der waehsenden LabiliHit der Schichtung eher abnehmen

6 Warmphasen in der Klimageschichte

61 Friihmittelalterliche Wiinneperiode

Da eine Riickkehr zu einer rein naturbedingten Klimaentmiddot wicklung ebenso unmoglich ist wie eine RUckkehr zu den Lebensbedingungen der lungsteinzeit fUr eine Erdbevolkemiddot rung von Uber 4 Milliarden miissen wir mit einer g10balen Erwarmung rechnen Dem widerspricht die Abklihlung der Periode 1945-72 in mittleren und hohen Breiten der Nordhalbkugel nur scheinbar in niedrigen Breiten blieben die Temparaturen fast konstant in gemaBigten Breiten der SUdhalbkugel und am Rande der Antarktis sind sie sogar leicht angestiegen Einer CO2 middotZunahme von 12-13 entspricht eihe g10bale Temperaturzunahme urn a2degC dies liegt noch ganz im Bereich des statistischen Rauschens dh der interannuellen Variabilitat Die bemiddot obachtete AbkUhlung kann offenbar mindestens teilweise auf die seit 1955 wieder auflebende Vulkantatigkeit (nach einer Pause 1912-1948) zuruckgefUhrt werden Das Argumiddot ment daB ohne die inzwischen erfolgte CO2 middotZunahme die AbkUhlung entspreehend starker gewesen ware la~t sich weder beweisen noch widerlegen es steht jedenfalls im Einklang mit den zuveriassigsten Strahlungsmodellen Wir betrachten also zunachst als Beispiel fUr eine kUnftimiddot ge Klimaentwicklung - einige Warmphasen aus der Klimamiddot geschichte ohne daB ruer auf die Art der Quellen und ihre Kritik eingegangen werden kann (vgl die Monogramiddot pruen von SCHWARZBACH und LAMB)

Die erste wichtige Warmphase ist das frUhe Mittelalter etwa die Periode 900 - 1050 un serer Zeitrechnung Sie ist zwar in Mitteleuropa durch historische Daten wenig bemiddot legt das umfangreiche Werk von H LAMB enthalt eine Zusammenstellung aller erreichbarer Daten die inzwischen fortlaufend erganzt werden In dieser Zeit scheinen sich (die vorsichtige Ausdrucksweise ist wegen der noch allmiddot zuoft unkri tischen Auswertung historischer Quellen notmiddot wendig) in weiten Teilen Europas warme Sommer und DUrreperioden zu haufen Die wichtigsten Befunde ergeben sich ausder Siedlungsgescruchte der Wikinger in Island und Gronland mit ihren klihnen Vorstoampn nach Labrador und Neufundland Diese Auswanderer (aus politischen GrUnden) trafen ab 874 Island zu etwa 60 bewaldet an sie trieben dort nicht nur Schafzucht sondern auch Getreidebau (wie Ubrigens damals in Norwegen bis zum 65 Breitengrad) Sie Uberquerten die DanemarkstraBe an der schmalsten Stelle ohne den heutigen TreibeisgUrtel anzutreffen und errichteten Siedlungen in Siidmiddot und Westgronland die FriedhOfe dieser Siedlungen liegen heute im Dauermiddot frostboden War der OstgronlandstrOin damals in 65degN eisfrei dann muB das bei dessen hoher Geschwindigkeit Om Vergleich zur Abschmelzzeit der Eisschollen) fUr seimiddot ne gesamte Lange zutreffen die arktische Treibeisgrenze lag also damals an der Nordkiiste Grbnlands dh in 80-shy

o8I N Breite Erst urn 1330 liegt ein zeitgenbssischer Bemiddot richt vor daB das vorgeriickte Eis zur Aufgabe dieses Scruffmiddot fahrtsweges gefiihrt hat zugleich verschlechterten sich die Klimabedingungen in Gronland und Island wo der Getreimiddot debau aufgegeben werden muBte Archaologische For schung hat zeigen konnen daB urn 1000 die Eskimos den ganzen arktischen Arcrupel Kanadas besiedelt hatmiddot

13

ten ebenso die Neusibirisehen Inseln In diesen heute mensehenleeren Einoden lebten sie von Walfang ~ dieshyser setzt offenes Wasser im Sommer voraus Die gleiche Klimaversehlechterung zwang sie ZUIll Ausweichen nach Sliden und ZusammenstoJ)e mit den durch Hunger und Seuchen dezimierten norwegisehen Siedlern in StidgrOn land filhrten zu deren Verniehtung

Die Waldgesehichte Kanadas und Europas die Gletschershygesehichte der Alpen beJegen um J 000 eine Erwarmung lim etwa 1deg( das Kaspische Meer erreichte einen seiner tiefsten Stande bel ~3~ m dh niedriger als heute wo viel Wasser zu Bewaserungszwecken verwendet wird Der Nordteil der Sahara war feuehter als heute arabische Reishysende beriehteten sogar aus dem heute trockensten Geshybiet (Kufra) von einer gerade erst aufgegebenen Rindershyzucht man wird die Niederschlage damals doch auf 150-~00 mmiJahr schatzen mussen gegeniiber 3~5 mm heute Aber aus dem Mittelmeerraum wird von einzelnen uberaus kalten Wintern berichtet ebenso hatten China und Japan warme Sommer aber auch strenge Winter in denen die gro~en F1u~-Seen am Jangtsekiang zufroren 1m mittleren Westen der USA herrschten giinstige Bedinshygungen fur Ackerbau Jagd und sogar stadtische Kuhur wah rend urn 1200 Serien von Durren zur Aufgabe von Gebieten zwangen Da~ diese Dtirreperiode hier im heutishygen Maisanbaugtirtel 200 Jahre anhielt (Bryson und Murshyray) mu~ besonders beachtet werden Der mittlere Westen Nordamerikas ist zZ das einzige Gebiet mit Getreidetibershyschuf~ wahrend viele andere Lander von Importen dh von der Hand in den Mund Jeben

Eine Zusammenschau dieser (und anderer) Daten fUhrt zu der Vorstellung (LAMB) da~ wie in den hei6esten Somshymem der Periode 1931-60 die Zyklonenzugbahnen der Westdrift durch quasi-stationare Hochdruckgebiete urn 300~500 km nach N verlagert waren Auch im Winter ergab sich eine iihnliche Situation die aber mit blockierenshyden Hochs zu hiiufigen Kaiteperioden ftihrte Wahrend im Eis Gronlands bereits eine vortibergehende Abktihlung urn 1160 eintrat die auch von Schweizer Gletschern beJegt ist war die nachste Kaltewelle mit dem Hohepunkt urn 1320 noch nachhaitiger wirksam alle Warmphasen seit dieser Zeit haben nieht die Andauer und Intensitat derjeshynigen urn die Jahrtausendwende erreicht Ftir sie kann ein Anstieg der reprasentativen Temperaturen urn etwa 1degC angesetzt werden die in der Arktis vermutlich 2-3degC erreicht haben diirfte Von der Sudhalbkugel Jiegen kaum Daten vor au~er einer Trockenperiode in Neuseeland zur Zeit der Maori-Einwanderung

62 Die holozane Warmeperiode vor 6000 (bzw 4000) Jabren

Nach dem Hohepunkt der letzten Eiszeit (18000 vh = vor heute) dauerte der Eisrtickzug in den beiden Nord-Kontishynenten verschieden lang das Skandinavische Inlandeis verschwand endgilltig kurz vor 8000 vh wiihrend zugleich das Laurentische Eis Nordamerikas noch die Hudsonshybucht mit allen Nachbarliindern bedeckte mit noch etwa 50 Prozent seiner urspriinglichen Flache Nach einem katashystrophalen Einbruch des Meeres in die Hudsonbucht vershyschwand das Eis im Westen relativ rasch in Labrador anshyscheinend erst urn 4500 vh wah rend in Baffinland ausgeshydehnte Plateaugletscher bis heute tiberlebten Das ftihrte

14

in der Zeit 8000-4500 vh zu einer permanenten Anomashylie der Zirkulation von Atmosphare und Ozean tiber Euroshypa zu einer zusatzlichen advektiven Erwarmung mit einem ersten Hohepunkt urn 6000 vh einem zweiten ab etwa 4500 vh nach einer kurzen intensiven Abktihlung urn 4800 vh wahrend das ostliche und zentrale Nordamerika noch relativ ktihl blieb Offenbar lagen auch Alaska und das westliche Nordamerika unter dem Einfiu~ eines warmen Hochdruckrtickens langs 1000W dehnte sich der boreale Wald etwa 300 km weiter nach N aus als heute ja vor 4800 vh sogar bis zur Banks-Insel (74degN) Ahnliche Beshyfunde Iiegen von Nordnorwegen und der westsibirischen Taiga vor die eine Erwarmung urn 2 bis 3degC andeuten im globalen Mittel ergibt sich eine Erwarmung urn etwa I 5degC In der inneren Arktis waren selbst die Nordktisten von Spitzbergen Gronland und Ellesmere-Land im Somshymer eisfrei wahrend der Kernbereich des arktischen Treibshyeises zwischen N ordkanada und Ostsibirien sieher erhalten blieb

Die Vegetationsgeschichte von Eurasien (FRENZEL) zeigt diese Warmphase klar Werbei darf man nlcht vergesshysen daB die Einwanderung von Waldbaumen erheblich Ianshygere Zeit benotigt als die daftir verantwortliche Klimaiindeshyrung Von besonderer Bedeutung ist dabei in Ostsibirien a offenbar auch in Kanada und Alaska ein Rtickzug des Dauerfrostbodens urn mehrere 100 km nach Norden in den Gebirgen rtickte die Waldgrenze tiberaIl urn 100-150 m aufwarts In den Alpen lli~t sich das mit vielen Einzelheiten belegen (pATZELT) aber im Gegensatz zur Subarktis kam es hier in der Periode zwischen 8000 vh und 800 vh zu mindestens vier Warmeperioden und zwischengeschalteshyten Kaltphasen mit Gletschervorstii~n von jeweils fast gleieher Intensitat Ftir die TemperaturverhaItnisse der Ozeane sind nur wenige Angaben vorhanden - die zeitshyliche Aufiosung der Ozeanbohrkerne liegt meist bei 3-5000 Jahren als Folge der geringen Sedimentationsrate und der biogenen Durchwtihlung des Meeresbodens Nur fUr den Kuroshio zwischen Taiwan und der japanischen Stidktiste wird eine Erwarmung urn 6degC angegeben

Die auffaIligste Erscheinung ist eine verbreitete Zunahme der Niederschliige mit nur zwei sicheren Ausnahmen In Westsibirien sowie im Mittelwesten der USA (Wisconshysin - Illinois) weitete sich das trockene Grasland nach N bzw E hin aus Oberall sonst besonders auWillig 1m Trok- ~ kengtirtel der Alten Welt von Mauretanien (l7degW) bis nach Rajasthan (77degE) herrschte ein feuchteres Klima als heute in der Sahara ist es an mehr als 30 fossilen Seen und Fltisshysen einwandfrei belegt eben so in der Danakilwtiste in der arabischen Wtiste aber auch im SW Nordamerikas im ostafrikanischen Graben und in weiten Teilen Australiens Zwei Gebiete sind besonders gut belegt in Rajasthan (BRYSON) schwankte die Regenmenge zwischen 400-600 mm (zeitweise fiber 800 mm) von etwa 10500 vh bis rund 3700 vh gegeniiber rund 250 mm heute und der Tschadshysee heute ein naches von Diinen durchsetztes Seebecken von maximal 23000 km2 dehnte sich zweimal (urn 8500 und urn 5800 vh) auf tiber 320000 km2 aus (MALEY) mit einem Spiegel tiber 40 m hoher als heutc und einer maximamiddot len Tiefe von etwa 200 m Das zentrale Trockengebiet zwischen Kufra und Tibesti heute mit weniger als 5 mml Jabr war zT von dauernd flie~nden Fltissen durchzogen Das Grasland wurde genutzt von offenbar zahlreichen rinderztichtenden Nomaden und die jahrlichen Niedershy

schlage werden auf 200-400 mm geschatzt (PACHUR GABRIEL) im Tibestigebirge (heute 100 mm) auf tiber 800 mm Besonders auffallig ist da~ in dieser Feuchteperiode sowohl die Nord- wie die Stidflanke der Sahara starker tiberregnet wurden im Sahelgebiet schlieBt ROGNON auf eine ganzjahrige Regenzeit mit haufigen Dauerregen an stelle der kurzen Sommer-Regenzeit mit ihren heftigen Schauern Das ist nicht vertraglich mit der Lehrbuch-Vorstellung von einer meridionalen Verschiebung aller Klimagtirtel die im Stiden und Norden der Sahara alternierende Feuchtshyphasen auslosen m~te Nur bn Winterregengebiet nordlich 36degN find en wir in Anatolien und Iran (so am Van-See) eine markante Trockenperiode gleichzeitig mit der Feuchtshyphase der ganzen Sahara Diese Feuchtphase schon einmal urn 7500 vh unterbrochen wurde ab 5500 vh durch eine allmiihliche Austrocknung abgelost die urn 4000 vh in der Sahara etwas spater auch in Rajasthan zu einem ariden Klima ahnlich wie heute fOOrte Diese Austrocknung haben die frOOeren Hochkulturen miterlebt das Alte Reich Agyptens die Stadtkulturen zwischen Jericho und Ur die Indus-Kultur ilire Krisen oder ihr Untergang hiingen offen bar von diesen Klimaanderungen starker ab als von dem Einfall fremder Volksstamme

Die Interpretation dieser Befunde aus dem Holoziin (=Nachshyeiszeit) erfordert eine genaue Synchronisation des Ablaufs der Klimageschichte in weit entfernten Raumen sowie ein meteorologisches Verstiindnis dieser raumlichen Bezieshyhungen anhand rezenter Befunde Zunlichst ergibt sich auch heute in den Obergangsjahreszeiten wie im Winter die Existenz quasi-permanenter Hohentr6ge die sich in 150-300 mbar jeweils weit zurtick nach SW bis in die innemiddot ren Tropen hinein erstrecken (FLOHN 1975) Ahnlich existieren diese diagonaien Hdhentrdge auch tiber der Stidhalbkugel wo sie bis zum Aquator gelegentlich auch dartiber hinaus reichen In ihrem Bereich kommt es zu einer Wechselwirkung der tropischen und aulkrtropischen Storungen (Abb 9) die zu kraftigen Wirbeln mit Gewittermiddot schauern und Sandsttirmen ftihren dies sind die schon urn

Interaction Upper Troughs-low level Tropical Vortices Lat

300

fIlA 200

10middot

omiddot Abb 9 Diagonale Hohentroge (200 mb) und ihre Wechshy

selwirkung mit Storungen der tropischen Oststroshymung (700 mb)

1935 bekannten Saharadepressionen 1m westlichen und zentralen Nordafrika laBt sich an heutigen Statistiken die simultane Schrumpfung bzw Ausweitung des Trokshykengtirtels und die Rolle der Frtibjahrsregen hierbei nachshyweisen dasselbe ergab sich aus historischen Studien der Regenverhaitnisse im 17-19 Jahrhundert (NICHOLshySON)

Wahrend der ersten Feuchtphase 10500 8000 vh existiershyten noch ausgedehnte EisfHichen in Nordeuropa und Nordmiddot amerika Das ganze Jahr tiber reichte die glob ale Kaltshyluft und die von ihr ausgehenden Kaltetroge weiter stidmiddot warts als heute wahrend sich Uber den Tropen bereits die heutige Zirkulation herstellte Die Befunde deuten im Atlantik wie im Pazifik auf eine Abschwachung der subtroshypischen Hochdruckgebiete und damit der Intensitlit der Passatwinde Dies fiihrt notwendig zu einer Abschwachung des Aufquellens von Kaltwasser sowohl an den Westktisten (NWmiddotAfrika Kalifornien) wie am Aquator hier also zur Vorherrschaft der EI-Nino-Zirkulation mit Warmwasser starker Verdun stung und aquatorialen Regen auf dem Meer die geophysikalische Rolle dieses Wechsels ist kaum zu tiberschatzen Urn 8000 - 7300 vh kam es nach Vermiddot schwinden des skandinavischen Eises zu einer Unterbremiddot chung der Feuchtphase Diese stellte sichjedoch wieder her solange noch tiber Labrador - Baffinland ausgedehnte Eisfelder auch im Sommer tiefe weit ausgreifende Hohenmiddot troge zur Folge hatten diese traten offenbar in Nordamerishyka sowie in EuropaAfrika in den Obergangszeiten haufishyger auf als heute 5-10 faile dieser Art pro Jahr gentigen urn insgesamt 150-250 mm zusatzlichen Niederschlag hervorzubringen Die endgultige Austrocknung vollzog sich erst urn etwa 4500 vh mit dem Verschwinden der Eisreste aus Labrador

Die fUr den Klimaablauf entscheidenden physikaischen Randbedingungen in der Subpolarzone waren also urn 6000 vh noch wesentlich anders als heute erst urn 4500 vh entwickelten sie sich offenbar mit einer noch starkeren Reduktion des arktischen Eises Die ebenfalls noch wanne Phase urn 4000 vh deren regionale Einzelheiten weniger gut bekannt sind war im Trockengtirtel der Alten Welt wie im SW Nordamerikas in Stidafrika und in Australien ahnlich trocken wie heute Noch eine weltcre Randbedinshygung sollte nicht vergessen werden die bereits erwahnte (Abschn 43) Vegetationszerstorung und Desertifikation die mit der Zunahme der Obertlachenalbedo tiber den Meshychanismus des Charney-Modells zu einer Verstarkung des Absinkens fUhrt Sie wird wahrscheinlich bei einem Ruck gang des ArktismiddotEises eine Zunahme der Niederschlage im Sahel hinausz6gern jedenfalls solange bis durch geeigshynete SchutzmaBnahmen eine geschlossene GraslandmiddotVege tation in den Randgebieten der Sahara wieder hergestellt werden kann Das aber ist ein okonomisch-soziales Pro blem

63 Letztes Interglazial EemmiddotWannzeit 120000 vb

Die EntwickIung quantitativer Arbeitsmethoden in der Geo logie hat in den letzten Jahren einige aufregende Entdek kungen innerhalb der Erdgeschichte erm6glicht Hierzu zahlt die Entdeckung eines 17-18maligen Wechsels zwi schen Eiszeit und Warmzeit (Interglazial) in den letzten 2 Millionen Jahren in zeitlicher Obereinstimmung datiert mittels der Umkehrung des erdmagnetischen Feldes gefunshyden in Ozeanbohrkernen aus dem aquatorialen Pazifik (SHACKLETON - OPDYKE) und in L6Bprofilen in Mahmiddot ren und Niederosterreich (KUKLA und FINK) Damit ergab sich eine gesicherte Chronologie der Kalt- und Warmshyzeiten ftir die palaomagnetische BrunhesmiddotEpoche der letzten 700 000 Jahre In allen geeigneten Ozean-Bohrkernen finshydet man in der Zeit zwischen 127 000 und 75 000 vh (mit einer Fehlergrenze unterhalb plusmn 5000 Jahren) drei

15

Warmphasen mit zwei kurzen Kaltphasen dazwischen genauere Untersuchung in Barbados auf Mallorca Neuguishynea und an der Themsemtindung belegen auch die zugeshyhOrigen eustatischen Schwankungen des Meeresspieshygels da in den Kaltphasen gro6e Wassennengen als konshytinentales Eis gespeichert werden Auf dem Festland sind bisher zwei nahezu vollstandige Moorbohrkerne untershysucht worden (in Mazedonien und sudlich der Vogesen) die die gleichen Schwankungen zeigen aber in wesentlich hOherer zeitlicher Auflosung Noch weiter auflasbar sind die Diatomeenablagerungen Nordwestdeutschlands mit ihren tiber 10 000 Jahre reichenden Jahresschichten (H MOLLER) die eine pollenanalytische Analyse von Abshyschnitten von nur 15 Jahre Lange erlauben

Nach allen vorliegenden Befunden ist die friiheste der drei Warmphasen mit deutlichem Abstand die warmste noch etwas warmer als die erarterte holozane Warmphase offenbar auch warmer als die vorhergegangenen Interglashyziale Sie reichte von 127000 bis etwa 115000 vh die warmste Phase umfa~te in den Vogesen mindestens 10000 Jahre dagegen die beiden Kaltphasen nur jeweils 1600 bzw 1000 Jahre Ftir Europa und die Sowjetunion existiert eine detaillierte Vegetationsanalyse (FRENZEL) dieser Warmzeit die mit dem hollandischen Lokalnamen Eem (im engeren Sinne) bezeichnet wird nach dieser Anashylyse miissen die Temperaturen 2-3degC haher gelegen haben als heute in Sibirien sogar bis 6degC Xhnlich wie im Holoshyzan miissen die Niederschlage hoher gewesen sein zumal die hOhere Temperatur schon an sich zu einer Zunahme der Ozean-Verdunstung fiihrt Neben der oben erorterten Dominanz der EI-Nifio-Zirkulation am Xquator ist eine weitere Ursache der Verstarkung des hydrologischen ZykshyIus der eustatische Meeresspiegelanstieg auf + 5-7 m der durch einen breiten Meeresarm zwischen Ostsee und Wei~em Meer Fennoskandien zur Insel macht und im Mtindungsgebiet von Ob und Jenissei bis tiber 1000 km weit ins Binnenland eingreift (FRENZEL) Zugleich kam es zu einem drastischen Riickzug des Dauerfrostbodens in Ostsibirien bis etwa 57deg Breite (heute etwa 49deg) Auch bei einem Anstieg der Temperaturen urn 6degC erlebte Sibishyrien auch damals sehr kalte Winter doch miissen im Sommiddot mer die Ktisten weitgehend eisfrei gewesen sein Anderermiddot seits ergeben die Bohrkerne im Arktischen Ozean daB der zentrale Kern des arktischen Eises zwischen Gronland Alaska und Ostsibirien aile Warmzeiten seit mindestens 700000 Jahren ohne Unterbrechung uberdauert hat die gleiche Annahme erscheint fUr das Gronlandeis immershyhin wahrscheinlich (wenn auch nicht belegt)

Mit dem starker mariti men Klima Europas reiehten warmiddot meliebende Walder weit nach Ru6land hinein Das Vorshykommen von Lowen FluBpferden und Waldelefanten in GroBbritannien ist ein besonders auffallendes Anzeimiddot chen warmerer Bedingungen wenn auch der SchluB auf tropisches Klima nach Ausweis der Vegetation sicher unshygerechtfertigt ware Aus den tropischen Kontinenten lieshygen bisher nur wenige Befunde vor eine lange humide Phase an der westafrikanischen Kiiste und in der Afar-Senke am Roten Meer entsprechen den Befunden der holozanen Warmzeit

Diese Eem-Warmzeit war offenbar die wiirmste Phase seit Beginn der Brunhes-Epoche vor 700000 Jahren abet das gesamte letzte Interglazial dauerte wesentlich langer

es umfaBte zwei weitere etwas kiihlere Warmphasen geshytrennt durch zwei intensive Kaltphasen urn etwa 110 000 und 90 000 vh Die zugehorigen Schwankungen des Meemiddot resspiegels zwischen -70 und -80 m in den Kaltphasen (letzte Eiszeit -100 m) und etwa -5 m in den beiden spateren Warmphasen zeigen daB die Schwankung des globalen Eisvolumens immerhin 70-75 derjenigen zwishyschen letzter Eiszeit und heute betrug Diese Anderunshygen der Massenbilanz in den beiden Kaltphasen drang ten sich jeweils auf weniger als 10 000 Jahre zusammen die entsprechenden Klimaanderungen auf dem Festland liefen nach Ausweis der (verzogerten) Vegetationsschwanshykungen in den europaischen Mooren in wenigen 100 Jahshyren in Wirklichkeit also vermutlich in lt 100 Jahren abo Das wird bestatigt durch den Gronland-Blitz eine in ihrem Mechanismus noch nieht einwandfrei geklarshyte Abkiihlung in weniger als 100 Jahren (DANSGAARD) die im Eis Nord-Gronlands in tiber 1300 m Tiefe seit minshydestens 90000 Jahren tiefgefroren aufbewahrt ist

Gewi~ sind noch nieht alle Fragen geklart Offenbar haben sich im mittleren Europa die beiden Kaltphasen trotz globalen Charakters nur kurzfristig in Form abrupter Abkiihlungen in der und hier allein interessierenden humashynen Zeitskala ausgewirkt Xhnliche Ereignisse haben sich nach den heute vorliegenden Befunden in allen jtingeren Y Interglazialzeiten (und im Holozan) abgespielt - auf dieshyses Problem muB noch (Abschn 8) eingegangen werden

Der eustatische Meeresspiegelanstieg im Eem ist in seiner Ursache noch nicht geklart ein Anstieg urn 5-7 m entmiddot spricht entweder dem Abrutschen des Eises der Westantshyarktis oder dem Verschwinden des Gronlandeises oder eishynem entsprechenden Wasserverlust der sehr stabilen Ostantshyarktis Wabrend das zuerst genannte Ereignis uU recht rasch vor sich gehen konnte (genauere Vorstellungen tiber die Zeitskala liegen allerdings nicht vor) laufen die beiden anderen Ereignisse so langsam ab daB der zugehoshyrige weltweite Meeresspiegeianstieg in der GroBenordnung weniger mm pro Jahr (heute 11 mm) bleibt

64 Eisfreie Arktis vereiste Antarktis (12-25 Mill vh)

Wahrend die bisher dargestellten Klimaphasen keine grundshysatzlichen Abweichungen gegentiber dem heutigen Klimashybild zeigen trifft dies fUr den extremsten Fall eines vOl- ~ ligen Verschwindens der arktischen Treibeisdecke nicht zu Die Idee eines Verschwindens des arktischen Treibshyeises hat zuerst BUDYKO urn 1962 entwickelt und zwar als Endergebnis einer gezielten Umwandlung des Klimas wie sie 1959 auf einem der Kongresse der KPdSU proklashymiert worden war - im Einklang mit der marxistischen These von def Umwandlung der Natur durch den Menshyschen Bei naheren Untersuchungen stellte sich heraus daB dieses Projekt (schon wegen der Ausdehnung der Eisdecke tiber 10 bull 106 km2 ) nicht nur extrem aufwendig war sondem auch sehr weitreichende Nebenwirkungen zur Foige haben konnte Spater erkannte man daB die im Gange befindliche Zunahme des CO2 -Gehaltes zu dem gleiehen Ergebnis fiihren konnte Die Sensitivitat dieses Systems wurde bereits besprochen (vergl Abschn 21) ein vereinfachtes eindimensionales Klimamodell (BUDYKO 1969) ergab bei wachsendem CO2 -Gehalt und zunehmender Erwarmung ein immer rascheres Ruckshyweichen der EisSchneegrenze zum Nordpol hin

16

Ein solches scheinbar jeder Erfahrung widersprechendes Modell konnte nieht ohne Widerspruch hingenommen werden Schon die Frage ob unter den heutigen Klimashybedingungen die Eisdecke irreversibel verschwinden kann oder ob sie sich im nachsten Winter neu bildet mu~te eingehend erortert werden wir konnen sie offen lassen da nunmehr ein Verschwinden des Treibeises unter extreshymen von den heutigen abweichenden Klimabedingungen zur Erorterung steht Diese Frage kann nur mit umfangreishychen Modellrechnungen beantwortet werden unter weishychen Bedingungen ist das dynamische System Meer Treibeis (mit Polynyas) - Schneedecke - Atmosphiire tiber den jahreszeitlichen Wechsel der Strahlungsbilanz hin stabil bzw instabil Solche Rechnungen sind im Gang eine ganze Familie von stufenweise immer komplexerer Modelle mu~ unter verschiedenen Randbedingungen geshytestet werden eine umfangreiche Arbeit die nicht heute oder morgen zu Ende geftihrt werden kann

Einer der vielen Einwande war die Frage ob ein eisfreier ~ Arktischer Ozean gleichzeitig mit einer vereisten Antarkshy

tis existieren konne dies ergibt eine schwer vorstellbare Asymmetrie der beiden Halbkugeln Aber auch heute existiert eine deutliche Asymmetrie die Troposphiire tiber der Antarktis ist im gleichen Niveau im Jahresmittel 11shy

12degC kalter als tiber der Arktis im NordsommerlStidwinter sogar um tiber 26degC Da nach einfachen OberJegungen die durch die Modellversuche von FULTZ (1959) bestiishytigt wurden die Zirkulation der Atmosphiire von dem Temperaturgeflille zwischen Aquator und Pol abhiingt (KORFF und FLOHN 1969) ist die Zirkulation auf der Stidhemisphiire starker als auf der Nordhalbkugel und greift tiber den Aquator hintiber im Jahresdurchschnitt bis etwa 6deg Nordbreite im Juli (Januar) auf rund 12deg N (1 deg S) Das zirkulationserzeugende meridionale Temperaturgefalle ist heute tiber der Stidhalbkugel im lahresdurchschnitt 42 gro~er als tiber der Nordhalbkugel

Tatasachlich hat aber - das ist eine der grundlegenden Erkenntnisse die wir dem Deep Sea Drilling Programm mit der Glomar Challenger verdanken - ein derart krasser Gegensatz der beiden Pole im jtingeren Tertiar viele Millionen Jahre lang existiert (KENNETf 1977) Der Antarktische Kontinent war erstmals vor 38 Ma (= 106

Jahre) mindestens teilweise vereist schon damals bildete sich das antarktische Bodenwasser der Ozeane mit einer

Abktihlung um etwa 5degC Eine vollstandige Vereisung der Antarktis besteht seit dem mittleren Miozan vor 12shy14 Ma sie war seither nur noch sekundaren Schwankungen unterworfen Vor etwa 55 Ma bildete sich dieses zuniichst noch relativ flache Eis mit Temperaturen um OdegC in ein kaltes stabiles Eis (der Ostantarktis) um noch 200shy300 m mach tiger als heute begleitet von einer globalen Abktihlung und einer eustatischen Absenkung des Meeshyresspiegels Diese ftihrte an der Schwelle von Gibraltar zu einer (mehrfach wiederhoJten) Abschntirung und Ausshytrocknung des westlichen Mitteimeeres (HSU) auf deren regionaie klimatische Bedeutung nicht weiter eingegangen werden kann

Die allmiihliche Abktihlung wiihrend des mittleren und junshygeren Tertiars hangt offenbar mit der Bildung des kalten von der Antarktis sich ausbreitenden Bodenwassers zusamshymen durch Mischung sanken auch in mittleren Schichshyten die Wassertemperaturen langsam ab und mit der Vershy

starkung der atmosphiirisch-ozeanischen Zirkulation kam es zum Aufquellen dieser ktihlen Schichten am Aquator und an den subtropischen WestkUsten Eine Vereisung der Gebirge der Nordhalbkugel trat erst lange nach der Antshyark tis ein in Alaska vor etwa 9 Ma in Island und im kalimiddot fornischen Hochgebirge vor etwa 28 Ma Eine Bildung von arktischem Treibeis war erst moglich nachdem diese konshytinentalen Gletscher allmahlich beim sommerlichen Schmelshyzen eine dUnne salzarme Deckschicht des Arktischen Ozeans gebildet hatten dies geschah offenbar erstmals vor 23 Ma zuerst sicher noch als jahreszeitliches Eis

Damit steht also fest da~ in der Zeit zwischen 12 und 25 Ma gleichzeitig ein vollstandig vereister antarktischer Konshytinent und ein offener eisfreier arktischer Ozean existiermiddot ten In dieser Zeit miampte (aus theoretischen GrUnden) der meteorologische Aquator im Jahresmittei in etwa 9-10deg Nordbreite gelegen haben dafUr gibt es in Afrika auch Belege Als weitere Fol~e ware eine Verlagerung des Trockengtirtels bis 40-50 N zu erwarten die im ostlichen Europa auch belegt ist (zB im Wiener Becken s Abb 10) die subtropische Flora jener Zeit ist vielfach beschrieben worden (SCHWARZBACH MAGDEFRAU)

Northern Boundary of NHem Evaporite Zone

Oucternary (0-2 Ma) Late Tertiary 15-15 Ma) Early Tertiary (30-50Ma)

Abb 10 Mittlere Nordgrenze des Trockengiirtels (Ablashygerungen von Salz Gips usw) im Quartar (0 shy2 Ma) JungterWir (5 IS Ma) und Alttertilir (30 - 50 Ma) nach LOTZE

und Walder der gema~igten Zone reichten bis Nordgronshyland Nach SCHWARZBACH lagen im rheinischen Braunmiddot kohlengebiet die Temperaturen in allen Jahreszeiten urn 5-8degC hOher als heute Der stidhemisphiirische Trocken gtirtel reichte bis in die Nahe des Aquators Es ist unmogmiddot lich in diesem Rahmen auf Einzelheiten einzugehen zumal hierzu eine vollstiindige Auswertung der neueren geologimiddot schen Literatur notwendig ist

Nach BUDYKOs Modell kann der Obergang zu einem solchen Klima dh das Verschwinden des arktischen Eises bei einer allgemeinen Erwarmung urn ca 4degC eintreten (vgl auch KELLOGG) Das entsprache (je nach Modellannahme) einem virtueJlen CO2 -Gehalt von 800 shy1100 ppm der reale CO2 -Wert liegt bei 750 ppm (plusmn 15jd (Abschn 42) Ob und wann solche Werte erreicht werden hangt von Entscheidungen auf energiepolitisch-okonomisch sozialem Gebiet ab (Abschn 8)

17

7 Kaltphasen in der Klimageschichte

71 Kleine Eiszeit (1550-1850)

Dal~ das Klima im 20 Jahrhundert nieht das einzig mogliche ist ja dreg es selbst im Rahmen der [etzten 500 Jahre ausgesprochen anormal ist gehort zu den Tatsachen die selbst den meisten Meteorologen unbekannt sind Tatsachmiddot Hch haben wir in Europa - wie das am besten bekannte Verhalten der AJpengletscher zeigt seit rund lO 000 Jahmiddot ren immer wieder einen Wechsel zwischen Warmphasen (wie in Absehn 61 geschildert) ulld Kaltpllasen erlebt Hierbei sind die Phasen innerhalb dec beiden Gruppen untereinander recht iihnlich ihre Dauer aber variabel irgendwekhe persistenten Perioden existieren offenbar nieht oder ihr Anteil an der gesamten Varianz ist vernachmiddot liissigbar gering Wahrend die Gletscherstande der Zeit 1930-60 offenbar nahezu identisch sind mit denen frOherer Warmphasen l diese A ussage ist etwas unsieher) liegen die Moranen der GletschervorstoBe urn 1820 und urn 1855 fast genau auf denen frtiherer Gletscherhochstande (PATZELT) Die letzte Kaltphase kann uns also als Modell fUr aIle frOhemiddot ren seit dem RUckzug der grofben Inlandeise dienen ihre Bezeiehnung als Kleine Eiszeit ist allerdings bewufbt Ubermiddot trieben Ihr Beginn ist nieht eindeutig festlegbar schon urn 1160 urn 1320 und urn 1430 kam es zu kUrzeren aber marmiddot kanten GletschervorstoBen in den AJpen und fUr die beimiddot den 1etztgenannten Termine liegen viele Nachriehten Uber ganz ungewohnhche Klimaanomalien vor (LAMB von RUDLOFF) Von langerer Dauer war die Klimaverschlechmiddot terung ab 1560 die in ZUrich einen Rtickgang der Wintermiddot temperaturen urn 2degC brachte wahrend bei Kopenhagen das ganze Jahr Uber Winde aus SUdost und Ost - als Anzeimiddot chen blockierender Antizyklonen vorherrschten Die Witshyterungsabliiufe ahneln sehr denen die wir heute in Einzelmiddot jahren mit strengen Wintern (1939-42 19467 19623) erleben haufig blockierende Antizyklonen Wetter1agen mit anhaltend starker meridionaler Komponente - unmiddot gewohnlich kalt aber auch ungewohnlich warm haufige Dtirremiddot und Niisseperioden schneereiche und bis tief in das Frtihjahr anhaltende Winter mit nachfolgenden MiBernmiddot ten

FUr die Beurteilung der Klimabedingungen jener Zeit sind nieht nur die Gletscher der Hochgebirge sondern vor aHem die Under nahe der Polargrenze des besiedelten Landes wesentlich Island Sehottland die Faroer und Skandinamiddot vien Die Nachriehten vom Verhalten des arktischen Treibmiddot eises - mit seiner entscheidenden Rolle fiir Albedo und Wdrmehaushalt haufen sieh jetzt Island viele Jahre hinmiddot durch 6-9 Monate lang von Treibeis blockiert massive Eismiddot vorstoBe nach den Faroern (mit Wassertemperaturen 3_4degC unter den heutigen) und selbst nach Norwegen (wo die Fischerei jahrelang fast ohne Ertrag blieb) Rtickgang der Vegetationsgrenzen und schwere Nahrungskrisen in Schottmiddot land Besonders eindrucksvoHe Beispiele aus der Zeit 1755shy1790 schildert die durch genaue meteorologische und landwirtschaftliehe Daten ausgezeiehnete Arbeit von PFISTER aus dem Kanton Bern auf die weltweite Zusammiddot menschau von H LAMB (VoL II) sei nochmals hingemiddot wiesen

Eine voriaufige Zusammenstellung der jahrlichen Getreishydepreise in der Zeit von 1500-1860 gibt Abbildung 6 die aus den fast vollstandigen Reihen von 5 deutschen Stlidten

18

gemittel t wurde von einem langjiihrigen Trend abgesehen zeigt sie zahlreiche meist gruppenweise auftretenden Jahre mit Preisanstiegen urn das dreimiddot bis sechsfache Das absomiddot lute Maximum (bis 1950) waren die weitweiten Hunger jahre J81617 nach dem Vulkanausbruch des Tambora 1815

1m Gebiet der mediterranen Winterregen existieren widershyspruchsvolle Nachrichten einmal stimmen die kiiltesten Abschnitte (genannt seien die Zeiten urn 1570 1630 vor aHem 1680-1700 nach 1770 1816 f 1845 t) mit Feuchtjahren Uberein einmal mit Diirren Das gilt fUr Algemiddot rien die Seen Mittelitaliens ebenso wie fur das Tote Meer und das Kaspische Meer aber auch (nach Sh NICHOLSON) fUr die Sahelzone Systematische Studien Uber die Telekonmiddot nektionen der Niederschliige im Mittelmeergebiet brinmiddot gen die Lasung (HELBIG) die Maxima der mediterranen Winterregen konzentrieren sieh im Bereich quasistationarer Hahentroge und negative KorreIationen g1eichzeitiger Werte mit Abstanden von 700-1000 km ( = halbe Rossbymiddot Wellenlange) sind haufig Daher ist es hier sinnlos eine ganmiddot _ ze Klimazone zusammenzufassen die Abhangigkeit der KlimamiddotAnomalien von der Lange ist mindestens ebenso groB wie die von der Breite Die regionale Verteilung der entmiddot gegengesetzten Witterungsanomalien wird beherrscht von der jeweils quasistationaren Lage des bloekierenden Hoch C

zentrums und der begleitenden Hohentroge bzw Kaltluftmiddot tropfen - das kennt jeder erfahrene Synoptiker und das ist auch das zentrale Problem jeder iangfristigen Vorhermiddot sage Auch in Nordamerika hangen die kalten Zeitabschnitmiddot te dieser Periode mit bloekierenden Antizyklonen zusammiddot men wie die Auswertung von Baumringen (FRITTS) geshyzeigt haben

Was ist nun die Ursache des Vorherrschens meridionaler Zirkulationstypen in dieser Klimaphase was die Ursache dominierender zonaler Zirkulationstypen mit polwarts vermiddot schobenen subtropischen Hochzellen in den Warmphasen Beim VergIeieh etwa der Abschnitte 1815-1855 (nochshymals urn 1890) und 1930-1960 fall t sofort die verschiemiddot dene Lage der arktischen Treibeisgrenze im Atlantik auf im Raume urn Island-Norwegen handelt es sich urn Vermiddot schiebungen von der GroBenordnung 1500 km Was aber verursachte diese Ausweitung des arktischen Treibeises die maximal 2 Mill km2 erreicht haben dtirfte

Auf diese Frage existieren zZ zwei Antworten von demiddot nen wenigstens eine geophysikaJiseh einwandfrei begrtinshydet ist Sie bezieht sich auf eine von LAMB zusammengemiddot faBte Statistik von VulkanausbrUchen (s Abschn 32) bei der in der Tat ein Zusammenhang zwischen den Hohemiddot punkten der kleinen Eiszeit und besonders schweren Vulmiddot kaneruptionen (oder Gruppen) auffall 1 Andererseits hat EDDY darauf hingewiesen daB die auffallige lange Periode geringster SonnenaktivWit der Zeit 1643 -1710 mit ihrem Maximalstadium tibereinstimmt - dieser Zusammenhang ist jedoch bisher physikalisch noch ganz ungek1art und muB daher offen bleiben Wegen der Unvorhersagbarkeit beimiddot der Ursachen kann das erneute Auftreten einer solchen Kaltphase in den nachsten 50-100 J ahren weder bejaht noeh ausgeschlossen werden auch eine statistische Aussage tiber die Wahrscheinlichkeit bleibt unsicher da zahlenmaBige Unterlagen in beiden Fallen nur wenige Jahrshyhunderte umfassen und subjektive Beurteilungen nieht ausmiddot schlieBen konnen Sofern sich aber die glob ale Erwiirmung

(etwa ab 2000) durchsetzt werden Wahrscheinlichkeit und AusmaB einer Wiederholung der Kaltphase sHindig zurUckmiddot gehen

72 Ubergang zu einer Eiszeit

Keine Frage wird dem KJimatologen Ofter von Repormiddot tern gestellt als die nach der nachten Eiszeit Umso merkmiddot wUrdiger ist die geringe Rolle die der mogliche obergang vom heutigen (interglazialen) zu einem glazialen Klima in der wissenschaftlichen Literatur spielt Das mag zwei Grtinde haben Geologen und andere an der Klimageschichmiddot te interessierte Wissenschaftler wagen sich nicht (mit einimiddot gem Recht) auf ein ihnen fremdes Feld und die meisten Meteorologen halten dieses Problem fUr ebenso unwissenmiddot schaftlich wie das der Sintflut Diese Einstellung ist aber heute nieht mehr gerechtfertigt nachdem in einer Reihe von Fallen einwandfrei abrupte Klimaiinderungen mit einer in humanen MaBstaben ganz kurzen Zeitmiddot skala nachgewiesen wurden die samtlich aus den Interglamiddot zialen oder den - hier nieht interessierenden - tJbermiddot gangsstadien zwischen Glazial und Interglazial stammen Einwandfreie Belege beruhen entweder auf Untersuchunmiddot gen an fossilen Mooren mit Jahresschichten (Varven)

fln Seen mit hoher Sedimentationsrate oder von Baummiddot ringen Aus Raumgrtinden ist es nieht moglich auf einzelmiddot

ne Befunde einzugehen (FLOHN 1974 1978) Einer der besten stammt aus der Liineburger Heide (H MOLLER 1974 1978) wo vor tiber 300 000 Jahren ein Wald der einem etwas warmeren Klima als heute entsprach binnen 30 Jahren () verschwand urn nach einer Pause - die Zeit reicht nicht aus urn eine arktische Tundra hervorzubrinmiddot gen durch subarktischen Birkenwald ersetzt zu werden darauf folgte in 300-400 Jahren eine Sequenz von Waldo typen wie man sie heute auf einer Bahnfahrt von Narvik (68deg N) nach Siidschweden sehen kann Dauert die Reakmiddot tion eines Waldes auf eine Klimaanderung sieher Jahrzehnte oder Jahrhunderte so gibt es schnell ere Indikatoren In Mittelengland wurde nach Ende der letzten Eiszeit eine subarktische Kaferfauna in etwa 50 Jahren durch eine warmmiddotgemaBigte Fauna ersetzt aquivalent einer Erhohung der JulimiddotTemperatur urn 8-9degC (COOPE 1977)

Das sind nur zwei niichterne Befunde gewonnen mit neumiddot zeitlichen Arbeitsmethoden die in ihrer Gesamtheit nicht

~ehr anzweifelbar sind die wenigen Klimahistoriker memiddot teorologischer Herkunft haben sich inzwischen von der Bedeutung dieser Zeit skala abrupter KJimaanderungen laquo 100 Jahre) tiberzeugen lassen Mogliche U rsachen fUr die (haufigeren) rapiden Abklihlungen sind schon in den Abschnitten 2 und 7 erortert worden fUr Erwarmungen stehen sie noch aus In jtingster Zeit ist auch kIar geworden daB solche Ereignisse sieh nicht notwendig synchron aus wirken sondern wegen der nur allmahlichen Verlage rung barokliner Frontalzonen im Ozean oder dem regional verschieden raschen Ablauf der kontinentalen Vereisunshygen - diachron dh mit erheblichen Zeitunterschieden in der Horizontalen Das bedeutet auch eine Grenze fUr die Vorstellung eines fast-intransitiven Klimas im Sinne von ELORENZ

Nehmen wir die Moglichkeit einer abrupten Abklihlung dieser Zeitskala als gegeben an wie und wo konnte sie sieh abspielen Zweifellos kann eine kontinentale Gletshyscherbildung nur mit einem wiederholten Uberdauern

der Winterschneedecke tiber den Sommer hin beginnen in den kritischen Gebieten der Subarktis - so die 750000 km2 groBe Baffin-Insel mit ihren Hochplateaus Labrador auch Lappland und die norwegischen Gebirge - schmilzt auch heute die meterdicke Schneedecke erst Anfang oder Mitte Juni endgilltig ab urn sieh Ende August oder im Sepshytember neu zu bilden Hierzu gemigt in Baffinland ein Absinken der Sommertemperaturen urn nur etwa 2dege wahrend in den anderen Gebieten 4-6degC notwendig wamiddot ren oder zugleieh eine massive Zunahme der Schneenieshyderschlage Die kritische Stellung Baffinlands erhellt auch daraus daB in der kIeinen Eiszeit - nach Ausweis von FlechtenUntersuchungen die heute insgesamt 37 000 km 2 einnehmenden Plateau-Eisfelder sich auf 140000 km2 vergroBert hatten (IVES) entsprechende Untersumiddot chungen in Fennoskandien stehen noch aus

Eine Modelluntersuchung (ANDREWS - MAHAFFY) ftir Baffinland hat in zwei Experimenten gezeigt wie sich eine urn einen Faktor 3 erhohte Sehneebilanz in einer langsashymen Zunahme von Flache und Volumen einer Eisdecke auswirkt langsamer als die Beobachtungen des eusta tishyschen Sinkens des Meeresspiegels in den interglazialen Kaltmiddot phasen anzeigen Aber in diesem Modell ist die machtvolle Rtickkopplung zwischen Schneedecke Albedo und Tempeshyratur nieht voll und zu spat in Reehnung gestellt worden Jedenfalls ist es hochst unwahrscheinlich daB in den nachsten 100 Jahren nachdem zuerst eine Kaltphase im obigen Sinne eintrat dieser ProzeB sich tiber die unmittdshybare Umgebung hinaus weltweit auswirken konnte Hiermiddot gegen sprechen aueh die langperiodischen Effektr der Erdmiddot bahneIemente deren nachstes Minimum (kiihle Sommer in der Arktis kalte Winter zugleieh in der Antarktis) erst in rund 10 000 Jahren fallig ist (BERGER)

Bei dieser Sachlage ist hOchstens - bei einer Kombination mehrerer ungtinstiger Voraussetzungen etwa dem Zusamshymentreffen mehrerer sehr schwerer Vulkaneruptionen von der Intensitat des Tambora (1815) oder wenigstens Krakatau (1883) innerhalb der jetzigen Phase relativ ausgedehnten polaren Treibeises vor Wirksamwerden der erwarteten anthropogenen Erwarmung mit einer abortiven Vershygletscherung zu rechnen die nieht zu einer vollen Eiszeit auswachsen wUrde In unserer humanen Zeitskala ware das aber schon schlimm genug Serien von Jahren mit sehr kaIten Wintern kiihlen und nassen Sommern schwere MiBshyernten in weiten Teilen der gemaBigten Zone zeitweise auch in den Tropen die sieher nieht ausgeglichen werden konnen durch Feuchtejahre in Teilgebieten von Nordafrika und dem Nahen Osten Die Wahrscheinlichkeit hierfUr ist aber gering - sie betragt nach verschiedenen Kriterien tibereinstimmend zwischen 01 und 1 Prozent in den nachshysten 100 Jahren AuBerdem waren fUr diesen Fall gezielmiddot te GegenmaBnahmen denkbar die hier nieht volig utopishyscher Natur sind

8 Wahrscheinlichkeit und Risiken die Rolle der Energieshypolitik

Die Wahrscheinlichkeit einer globalen Warm phase ist nach allem was wir wissen erheblich groBer als die einer Kaltshyphase Die Schwierigkeit bei der Abschatzung liegt darin daB Entscheidungen und Entwicklungen auf politischer sozialer und 6konomischer Ebene hier eingreifen konnen

19

die vorherzusagen nicht nur dem Meteorologen schwer fallt Wenn wir diese einmal versuchsweise vernachHissigen dann dUrfte in den nachsten 100 Jahren die Wahrscheinmiddot Iichkeit fur das Auftreten einer Kaltpflase vom Typ der kleinen Eiszeit nieht mehr als hochstens 20k betragen (und naeh etwa 2000) weiter abnehmen) FUr das Auftreshyten einer Warmpllase im Sinne der Beispiele in den Abmiddot sdmitten 61 und 62 mUssen wir aber hohere WahrscheinshyIichkeiten ansetzen wenn auch erst nach der Jahrhundertmiddot wende danach steigen sie das ist die in vielen Diskusmiddot sionen erworbene Oberzeugung des Verfassers unter den hier und in Abschnitt 5 gegebenen Voraussetzungen auf Uber 50 an

1st ill diesem Faile aber eine Entwieklung zu einem eismiddot freien arktischen Ozean (Absehnitt 64) mit ihren fast unshyvorstellbaren Konsequenzen fUr Wasserversorgung und Ernahrung noch vermeidbar Damit libersehreiten wir die Grenze des Fachwissens des Meteorologen der sich nur allmiddot zu getne in den akademisehen Elfenbeinturm zurlickziemiddot hen moehte Aber die Dinge sind zu wichtig eine Wende auf Grund politischer Entscheidung auf internationaler Ebene ist noch moglieh aber dann und nur dann wenn das Dogma von der Notwendigkeit standig zunehmenden wirtschaftliehen Wachstums das bei begrenzten Vorshyraten (Resourcen) mit den Naturgesetzen unvereinbar ist shyzugunsten einer besseren Einsicht aufgegeben wird (GRUHl) Ebenso ist eine Stabilisierung des Bevolkerungsshywaehstums nOlwendig - ohne einen hoheren Lebensstanmiddot dard in den Entwicklungslandern ist das unrealisierbar

Gleichzeitig mu~ aber die Energiepolitik sich frei machen von dec sinnlosen Verschwendung fossiler EnergiequeIIen die in 400 Ma durch biologische Prozesse aus der Sonnenmiddot energie aufgebaut und gespeichert wurden (s a Beitrag JUNGE) Ein Obergang zu erneuerbaren Energiequellen (Sonne Wind Gezeiten - auch die kaum erschopfbare Geothermik) ist moglich erfordert aber eine Kombination neuartiger (und kostspieliger) Technologien wie sie etwa am International Institut for Applied Systems Analysis in Laxenburg bei Wien von einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von W HAFELE (frtiher Karlsruhe) entwiekelt werden Aueh die Kernenergie mul1 in diesen Rahmenshyjedenfalls fUr eine Obergangszeit - einbezogen werden Das mit ihr verbundene Risiko ist auf jeden Fall geringer als das Risiko einer Verlagerung aller Klimazonen Da ein Obergang zu neuen Technologien sieher tiber 30 wahrshyscheinlieh 50 Jahre benotigt drangt die Zeit Neue Priorimiddot taten mlissen gesetzt werden Es geht urn das Wohl der naehsten Generationen

Literaturauswahl

ANDREWS T1 MAHAFFY MAW Quaternary Research 6 (1976) S 167-183

AUGUSTSSON T RAMANATHAN V J atmos Sci 34(1977) S 448-451

BERGER AL Quaternary Research 9 (1978) S 139~-167

BJERKNES J Monthly Weather Review 97 (1969) S 163-172

BROWNLR Worldwatch Papers Washington DC 8 (I 976)

BRYSON RA MURRAY Th1 Climates of Hunger MadisonWis 1977

o

BUDD WF J Glaciol 14 (1975) S 3-21

BUDYKO MJ TeHus 21 (1969) S 611-619 29 (1977) S 193-204

CESS RD J atmos Sci 33 (1976) S 1831-1843

CHARNEY JG Quart J Roy Meteorol Soc 101 (1975) S 193-202

COOPEGR Phios Transact Roy Soc London 280 (1977) S 313 shy340

DANSGAARD W et al Quaternary Research 2 (1972) S 396-398

DOBERITZ R Ber d Deutschen Wetterd 112 (1968)

EDDYJA Science 192 (1976) S 1189-1202 198 (1977) S 824 829

FINK J KUKLA GJ Quaternary Research 7 (1977) S 363-37 L ~

FLOHN H III Bonner Meteorol Abhandl 15 (1971) 21 (1975) Quaternary ReseJrch 4 (1974) S 385-404 in print (1978)

FRENZEL B Die Klimaschwankungen des Eiszeitalters Braunschweig~ 1967 ErdwissForschungen 1(1968)

FRITTS HC Tree Rings and Climate London New York 1976

GABRIELB Berliner Geoge Abh 27 (1977)

GATES WL J atmos Sci 33 (1976) S 1844-1873

GRUHLH Ein Planet wird geplUndert Frankfurt aM 1978

HAFELE W SASSIN W Ann Rev Energy 2 (1977) S 1-30

HAHN J JUNGE ChL Z f Naturforsch 32a (1977) S 190-214

HASSELMANN K u Mitarb TeHus 28 (1976) S 473-485 29 (1977) S 289-305 385-392

HAYS JD IMBRIE J SHACKLETON N Science 194 (1976) S 1121-1132

HELBIGM Diplomarbeit Univ Bonn (1976)

HSO K et al Nature 242 (1973) S 240-244 267 (1977) S 399-403 Naturwissensch61 (1974)S137-142

HUGHES T Rev Geophys and Space Phys 13 (1975) S 502-526 15 (I977) S 1-46

HUMMEL J RECK RA General Motors Res Lab Publ 2607 (1978)

HUNT BG Monthly Weather Review 105 (1977) S 247-260

IVES JD et al Naturwissensch 62 (1975) S 118-125

KELLOGG WW WMOmiddotBull 26 (1977) S 229-240 27 (1978) S 3-10

KENNETTJP J geophys Res 82 (1977) S 3843-3860

KONDRATIEV G Ya NIKOLSKY GA Quart J Roy Meteorol Soc 96 (1970) S 509-522

l

KORFF HC FLOHN H Ann Meteorol N F 4 (1969) S 163-164

LAMBHH Climate Present Past and Future Vol I (1972) Vo Il (I 977) London Methuen

LORENZE J appl Meteorol 9 (1970) S 325-329

MAGEDEFRAU K Palaobiologie der Pflanzen 4 Aufl Stuttgart 1968

MANABE S BRYAN K Monthly Weather Review 97 (1969) S 739-827 J phys Oceanogr 5 (1975) S 3-29

MANABE S WETHERALD RT atmos Sci 24 (1967) S 241 ~-259 32 ( 1975) S 3-15

MASON BJ Promet 7 (1977) H 4 S 1-26

MASS Cl SCHNEIDER StH J atmos Sci 34 (1977) S 1995-2004

MAYKUT GA UNTERSTEINER N Jgeophys Res 76 (1971)S 1550-1575

MOLLERH Geologisches Jahrbuch 83 (1965) S 327-352 A 21 (1974) S 107-140 im Druck (1978)

NAMIAS J Short Period Climatic Variations 1934-1974 2 Vol F-- Univ of California 1975

NEWELL R et al Pure and appl Geophysics 116 (1978) S 351-371

NICHOLSON Sh Ph D Thesis Departm Meteor Univ Wisconsin (1976)

OLIVER RC J appl Meteorol 15 (1976) S 933--950

PACHUR HJ Die Erde 106 (1975) S 21-46

PATZELT G Coil Internal CN RS No 219 (1973) S 51-59

PFISTER Chr Beiheft 2 Jb Geogr Ges Bern (1975)

POLLOCK JP et al Jgeophys Res 81 (1976)S 1071 1083

RODEWALD M Dt Hydrogr Z 20 (1967) S 269 25 (1972) S 97-117

ROGNONP Rev Geogr Phys Geol Dynam 18 (1976) S 251-282

ROWNTREE PR Quart J Roy Meteorol Soc 98 (1972) S 290-321

RUDLOFF H v Die Schwankungen und Pendelungen des Klimas in Eushyropa Braunschweig 1967

SCHWARZBACH M Das Klima der Vorzeit 3 Aufl Stuttgart 1974

SHACKLETON NJ OPDYKE ND Quaternary Research 3 ( 1973) S 39-55

STROBING K Der Seewart 35 (1974) S 1-1436 (1975) S 28-29

TREMPEL U Diplomarbeit Univ Bonn (1978)

VOWINCKEL E ORVIG S World Survey of Climatology 14 (1970) S 129-252

WANG WC et al Science 194 (1976) S 685-690

WETHERALD RT MANABE S Monthly Weather Review 100 (1972) S 42-59 J atshymos Sci 32 (1975) S 2044-2059

YAMAMOTO R J Meteor Soc Japan 53 (1975) S 482-486

21

Page 4: :SBWU>t S9J9SUn ijun>tnz 9!a 9W91qOJd pun U9l>tB,:j · 2 Wechselwirkungen im klimatischen System . 2.1 Die Rolle des polaren Treibeises 2.2 Das El Nino-Phanomen . 2.3 Kontinentale

se auftretenden) Anomalien von der Zeitdauer einiger vor allem abrupte Dbergange und GleichgewichtsstOrungen Monate bis wenige Jahre mit umfaf~t llnd nur fUr Zeitraushy mit einer Zeitskala in der Gro6enordnung von 100 Jahshyme von lahrzehnten anwendbar ist Ahnliches gilt auch reno Hier in diesem fast intransitiven Verhalten (LOshyfiir jede Modellierung des Klimas da wir das komplexe RENZ) liegt das eigentliche Problem der Klimatologie Verhalten des Ozeans mit seinen zahlreichen Wirbeln (mit das nur einer interdisziplinaren Betrachtung unter voller einelll DurdlllleSSer von 100 - 300 km und einer Lebensshy Berticksichtigung der allzulange vernachlassigten historishydauer von mehreren Monaten) noch keinesfalls genUgend schen Aspekte zuganglich ist Hier mtissen die Ergebnisse genau kennen sind die bisher vorliegenden Modelle der vielen beteiligten Wissenschaften (zB Ozeanographie deren eindrucksvolle Ergebnisse meist auf der Annahme Glaziologie Okologie Geologie und Geophysik der festen konstanter Ozeantemperatur beruhen und damit jede Erde aber auch einiger hlstorischer Disziplinen) berUcksichshyWechselwirkung ausschalten noch nicht in der Lage tigt werden jede Besehrankung auf die Physik der Atshydas heutige Klima mit seinen jahreszeitIichen Schwankunshy mosphare (so wichtig sie ist) ftibrt notwendig zu partieller gen in genUgend feiner (regionaier) Auflosung zu erfassen Kurzsich tigkeit (s Absehn 51)

An dieser Stelle sollte ein Wort tiber die heute wieder vielshyEin solches Reglersystem das mi t ganz verschledenen fach ubliche Suche nach Perioden gesagt werden (Abb 2) Dbersetzungen (=Zeitkonstanten) mit nicht ausgewuehteshy Diese nach Einftibrung des Computers wieder neu aufgeshyten Sehwungradern (=quasiperiodische Vorgange) und mit lebte Suche ist offensichtlich zum Scheitern verurteilt einer Anzahl hoehst wirksamer Rtickkopplungen - teils Denn in dem uns interessierenden Bereich von 1 100 verstarkend teils dampfend - arbeitet erzeugt notwenshy Jahren gibt es keine wirklich durchlaufenden Perioden mit dig einen von Jahr zu Jahr variablen Ablauf Man kann genUgend hohem Anteil an der gesamten Varlanz (Abb 2) diesen als statistisches Rauschen auffassen - das ist die auch die vielfach fur kUrzere oder tangere Zeit in regional Betrachtungsweise der klassischen Klimatologie die die begrenzten Absehnitten nachgewiesenen Perioden (bevorshyindividuellen Vorgange die Witterungsanomalien vernaeh- zugte Langen ca 26 Monate 5 11 und 22-23 Jahre)

~assigt Gerade diese Extreme die sich seit etwa 1960 ahnshy enthalten entweder einen zu kleinen Antell an der Varianz r-1ich wie im 19 lahrhundert wieder haufen sind aber fLir oder ihre Amplitude und Phase unterliegt unerklarlichen

Energie- und Wasserversorgung fUr Landwirtschaft und Anderungen und Sprungen Erfahrene Prognostiker kennen Fischerei von aussehlaggebender Bedeutung sie sind bis eine Art von Gesetz jede gerade aufgefundene Periode heute einer Vorhersage auf empirisch-synoptischer Basis neigt daw im Augenblick ihrer Entdeckung wieder zu vershyunzuganglich Dartiber hlnaus mtissen wir auch ganz klar ershy schwinden Der zweifellos wichtige Nachweis der Perloshykennen daB das heutige Quasi-Gleichgewicht der Prozesshy den der Erdbahnelemente in Tiefseesedimenten (HAYS se wie es seit etwa 5000 Jahren besteht nicht das einzishy IMBRIE SHACKLETON 1976) ist wegen der Zeitskala ge mbgliche ist die 200 - 300 Jahre instrumenteller Beshy 20 - 100000 Jahre ftir unsere Betrachtung ohne Belang obachtungen stellen weniger als 1 ppm (part pro Million) Klimatologie ist heute Hingst keine beschreibende Wissenshyder gesamten zuganglichen Klimageschichte seit dem Beshy schaft mehr sie ist eine Aufgabe die urn so wichtiger wird ginn des Palaozoikums vor 550 MUlionen Jahren dar Dieshy je starker wir selbst in die Randbedingungen dieses semishyse kennt aber ganz andere Gleichgewichtszustande - die tiven klimatischen Systems (Boden und Vegetation Zusamshy17 20 (~) Eiszeiten der letzten 2 Millionen Jahre kennt mensetzung der Atmosphare) eingreifen

Tentative Spectrum of Climatic Variations

104 PLANETARY

ANNUALEVOLUT ION ORBITAL REVOLUTION DIURNAL

CUAR VARIATIONS ROTATIONTECTONIC~ 10 3 bull CHAR TI ME 111 TIME-SCALE I I I DEEP OCEAN ARCTIC SEA-ICE c 10 8 bull ANTARCTIC + + THERMOHALINE n 111 z leE n CIRCULATIONS THERM RelAXATIONtgt 102 -----t -100 42 23 I SOLAR ~CTI VI TVi IIJ M IX LAVER -10 3 bull t 60 a 22 a Sa 22gt OCEAN ATMOSPH

111 r-l n~ ~ ~ ~ IIJ 10

0

1

1010

A bb 2 Spektrum der Klimaschwankungen (l0-3 bis 1010 Jahre relative Einheiten)

3

-2500middot -200 1 f 05 24-30 d4- Sd

--_-----shy

1 Time in years

50

2 Wechselwirkungen im klimatischen System

Dber die Ursachen der eben erwahnten Witterungs- oder Kli rna an omalien darunter verstehen wir statistisch definierte extreme Abweichungen yom Normalwert mit einer Andauer zwischen einem Monat und wenigen Jahren

sind in den letzten 20 Jahren wesentliche BeHrage geshyliefert worden (NAMIAS und J BJERKNES RODEWALD J FLETCHER und Mitarbeiter) die die Wechselwirkungen zwischen der kurzlebigen Troposphare und den langlebigen Gliedern des klimatischen Systems besonders Ozeane (obemiddot re Mischungsschicht) und Treibeis in den Vordergrund geruckt haben Damit ergeben sich auch Aussichten fUr eine geophysikalisch begriindete Langfristvorhersage die endshylich tiber die bisher ublichen zT allzu einfachen engraumishygen OberJegungen hinausgehen Fur Zeitraume von I - 6 Monaten erscheint eine brauchbare Losung auf halb-empishyrischer bzw statistisch-dynamischer Basis durchaus mogshylich wenn auch hier sicher noch eine Menge Entwicklungsshyarbeit auf globaler Basis geJeistet werden mullgt

Von diesen Wechselwirkungen sollen hier nur die beiden wichtigsten behandelt werden die Rolle des arktischen Treibeises sowie die des aquatorialen Aufquellens von kaltem Tiefenwasser 1m Anhang daran soll noch auf die seltene aber doch mogliche Rolle des kontinentalen Antshyarktis-Eisschildes hingewiesen werden

21 Die Rolle des po]aren Treibeises

Die Rolle des arktischen Treibeises fUr die Gestaltung unshyseres Klimas kann kaum uberschatzt werden es bildet sich in einer nur wenige Dekameter machtigen salzarmen und daher weniger dichten Deckschicht des mehrschichtigen arktischen Ozeans (Abb 3) Es handelt sich urn einen typischen Wechselwirkungsvorgang innerhalb des klimatishyschen Systems AbkOOlung verstarkt das Treibeis das sich

fiffyen (m)

DECKSCH 1 CHT T=-11degC 5= 28-32deg00

UBERGANGS5CHICHT WASSER T=_-(t7degC Sl32 3Jo

535deg100 S 35deg00

5 35deg00

PAZIFiSCHES

TlOSOC

w

TlEFENWA5SER

Abb3 Vertikalschichtung und Wassermassen (schemashytisiert) im Arktischen Ozean (T = Temperatur S = Salzgehillt)

- den variablen Windstromungen folgend ausbreitet und seinerseits wieder zu weiterer AbkOOlung fOOrt Dabei ist der entscheidende Faktor das Reflexvermogen (Albedo) betragt die Albedo offenen Wassers bei niedrigem Sonnenshystand etwa 8-12 so liegt diejenige einer schneebedeckshyten Eisscholle bei 80 selbst wahrend der Schmelzperiode (mi t oberflachlichen Schmelzwasserpfiitzen) immer noch bei 60 Allerdings nimmt in dieser Jahreszeit der Anteil der offenen Stellen (Waken russischer Fachausdruck Polynyas) von 2-3 auf I 5 -2or~ zu Die reprasentativen

Warmemiddot und Strahlungsstrome an der Oberflache sind wegen dieser horizontalen Inhomogenitat sehr schwer abshyzuschatzen besonders im Winter wo der Gegensatz zwishyschen einer Lufttemperatur von - 30degC bis 35degC und der Gefriertemperatur von Meereswasser ( -I 9deg C) am starksten ist und den Massenhaushalt der dUnnen Eisschollen (im Mittel etwa 3 m im Einzelfall je nach Alter SO cm bis 6 m) empfindlich beeinflullgtt (VOWINCKEL und ORshyVIG) In einer offenen Wake finden wir enorme Strome ftihlbarer und latenter Warme (Verdunstung) die das mehrshyfache der Solarkonstante erreichen konnen Selbst im Hochmiddot sommer kann es vorkommen wie der Verfasser Ende Juli 1972 beobachtet hat daB mehrere Kilometer breite Wasserflachen infolge dieses standigen Warmeverlustes an die advektiv herangeflihrte kaitere Luft tiberfrieren In einem Modell das zur Vereinfachung eine horizontal homiddot mogene Eisdicke annimmt (MAYKUT und UNTERSTEIshyNER) ftihren zwei besonders sensitive Vorgange zu einer Abnahme der Eisdicke eine verringerte Albedo der Eisshyoberflache (zB durch Verschmutzung auch durch (1) und eine Zunahme der Wassertemperatur Dieser Effekt wurde noch erhoht werden durch eine Zunahme des Salzshygehaltes als Foige der Ableitung der SuBwasserzufuhr der groBen Flusse Sibiriens und Kanadas zu Bewasserungsmiddot zwecken dies ftihrt notwendig zu einer Dichteabnahme- damit zu geringerer Stabilitat der ozeanischen Schichtung- zu starkerem Vertikalaustausch und ebenfalls zu einer Abshynahme der Eisproduktion_

Kommt es (s Abschn 32) wahrend eines oder mehrerer Sommer zur Ausbildung einer stratospharischen Staubwolshyke dann sinkt die direkte Sonnenstrahlung aber auch die Globalstrahlung (wegen der erhOhten RuckwartsshyStreuung) ab die Schmelzperiode (Mitte Juni - Ende Aushygust) verkurzt sich im Sommer schmilzt weniger Eis oben ab und in der ubrigen Zeit gefriert unten etwas mehr an das ist ein (wegen der Dicke des Eises gedampfter) Rtickshykopplungseffekt Bleibt im Kustengebiet und im kanadishyschen ArchipeJ der Schnee langer liegen erhal ten sich mehr Schneereste tiber den Sommer hin (wie 1972) dann ist die advektive Temperatur in der Luft niedriger mit dem gleishychen Effekt im Winter losen tiefere advektive Temperashyturen etwa durch friihzeitiges Einschneien wie im SepshytemberOktober 1971 eine verstarkte Bildung von Neushyeis ein Nach verschiedenen Modelluntersuchungen nimmt die Eisdicke im Winter unter sonst gleichen Bedingungeqa umgekehrt proportional zur Eisdicke zu diinnes einjah--~ riges Eis (50-100 cm machtig) wachst rascher als mehrshyjahriges und mit 5-6 mist je nach Schneedecke die maxishymale Dicke etwa erreicht Nach den Ergebnissen der U-Boot-Fahrten ist die Angabe einer mittleren Eisdicke sinnlos diese variiert je nach Alter statistisch zwischen 05 und 6 m auch die Satellitenaufnahmen der thermishyschen Mikrowellenstrahlung zeigen ein ganz unregeImaBiges Mosaik als Funktion der Eisdicke

In dieser Sensitivitiit des Massenhaushalts der dunnen vielshyfach durchbrochenen arktischen Treibeisdecke liegt offenshysichtlich eines der Schliisselprobleme der Klimaentwickshylung Etwa 70 der Eisdecke besteht aus mehrjahrigem Eis bei dem jeweils etwa SO cm in der kurzen sommerlichen Schmelzperiode oben abschmilzt in der tibrigen Zeit unten anfriert - auf diese Weise wandert jeder Eiskristall von un ten nach oben in 5-10 Jahren durch die Scholle hinshydurch Wird nun zB das sommerliche Abschmelzen urn

4

----- ------ -

10 erhoht dann nimmt die Dicke des Eises (nieht-linear) ab und der Antell der offenen Stellen zu was wiederum eine Anderung der Warmebilanz zur Folge hat Zweifellos brauehen wir realistisehe Modelle dieses komplizierten horizontal homogenen Vierphasensystems (Ozean Eis Sehneedeeke Luft) die auch die vom Wind angetriebene Dynamik (vier-dimensional) berueksichtigen urn absehatzen zu konnen unter welchen Bedingungen diese dUnne Treibmiddot eisdeeke sich verstarkt abschwacht oder gar (was zuerst BUDYKO ab 1962 ernsthaft untersucht hat) verschwinmiddot det

In diesem Zusammenhang sei nur erwahnt dafl dieses Treibeis im Schwimmgleichgewicht ist sein Verschwinmiddot den sich also auf den Meeresspiegel ebenso wenig auswirshyken kann wie das Schmelzen eines Eiswiirfels im WhiskyshyGlas

Wahrend die Flache des arktischen Treibeises zZ im Friihshyjahr etwa 118 im Spatsommer etwa 82 Mill km2 betragt belauft sieh die des antarktischen Treibeises im Friihjahr auf rund 22 im Spatsommer nur auf 36 Mill km2

bier hanshydelt es sich also ganz uberwiegend urn einjlihriges jahresshyzeitlich-advektiv neugebildetes Eis mit einer mittleren

Alicke von 120-150 cm Dieser markante Gegensatz ist die r olge der urn den Pol konzentrierten Lage des antarktishy

schen Kontinents (wahrend Gronland sich zwischen 59deg und 82degN erstreckt) die so viel tiefere Temperaturen (im Mittel der Troposphare II-12degC) zur Folge hat als uber der Arktis mit ihrer dUnnen Treibeisdecke

Warmehaushalt und Dicke des arktischen Treibeises wirshyken sich wiederum unmittelbar aus in der Ausdehnung und Intensitat des sommerlichen Kaitezentrums uber dem inneren Polargebiet Das mag eine der Ursachen sein fur den unerwarteten Vorsto~ arktischen Treibeises in denshyJahren nach 1963 mit dem Maximum in der Eisperiode 1965 - 72 im Raume Island (Abb 4) wlihrend der erstmals seit vielen Iahrzehnten wieder die Nordkuste Islands im Friihjahr monatelang vom Eis blockiert war Noch wichtiger war der Vorsto~ arktischen Treibeises verbunden mit der Hochstzahl von Eisbergen aus Westgronland (RODEWALD STROBING) in den Raum Neufundland-Labradorsee mit dem Maximum 1971-73 die hier eingeleitete Abkiihlung des westlichen Nordatlantiks hat die atmospharische Zirkushylation umgeschaltet mit einer resultierenden Stromung warmiddot men Wassers und warmer Luft an den KUsten Europas die wiederum mit beteiligt war an der Vorherrschaft milder Winter und an der Entstehung der ungewohnlich hiiufimiddot gen und schweren Sturmzyklonen der I ahre 1972 - 76 uber den Britischen Inseln und der Nordsee Diese nordatlanshytische Warmeschaukel war schon Ende vorigen lahrhunshyderts wohlbekannt

22 Das ElmiddotNiiiomiddotPhiinomen (Konvergenzen und Divergenshyzen der ozeanischen Ekman-Drift am Aquator)

Eines der interessantesten Phanomene das erst spat als Folge der Wechselwirkung an der Grenzflache Ozean -Atmosphare erkannt wurde lauft in der Literatur unter dem Begriff El Nino = das Kind (spanisch) dh das Christmiddot

11901--~-~10- I bull middot20middot Imiddot bull middot30 bull I bullbull middot40middot I bullbull middot50 bull I bullbullbull middot60middot bullbull I middot70middot - Imiddot middot80middot I 90 IOkt F shy

- - bull -Noy

- - -Dt -shyJon I Imiddot shy I - shyfrb uMo_

Apr Moi

Jim -Jul

bull I shybull bull IA9

sept 1901 10middot bullbull I bull middot20middot Imiddot middot30middotmiddotmiddotmiddot I middot40middot middot50 I middot60middot I bull - -70 I bull -eomiddot 90-

bull In bull -c bull bull IIbull I U bull _ middot1 r-~ - -

bull ----- bullbull -Ii

bull bull I

bull bull - bull bull II _I - bull- ---IJ- bull-

~Orl------------------------------------------------------------------------------~----------------

2~5rl------------------------------------------------------------------~ EIS6EOECkUNG ISLAND 1901middot76

2QoL1 --------------------------~~~~~~~~~~~~----------------------------------~ 1~1 bull -

1~0 I ---------------- shy1~5 ~___ 1---________

-1QO t--I- shy bull

ISr---shy

~Ol

i5 t

-deg1~- 60shy

bull

bull bull

bull bull bull bull ____

Abb4 Treibeis an Islands KUsten 1901 - 1976 (nach SIGTRYGSSON) Oben Andauer un ten Eis-Index in Wochen x Zahl def betroffenen (9) Sektoren

5

- --

kind weil es an der Ktiste Perus meist urn Weihnachten beshyginnt es kann dann mehrere Monate bis zu einem Jahr hin anhalten Zunachst handelt es sich nur urn das vortibergeshyhende Ausfallen der kilstennahen Aufquellphlinomene das wie auch an den Kilsten Kaliforniens und Nordwestshyafrikas regeImaBig im Sommer auftritt ahnlich an der Somalikilste und im Stidosten Arabiens Auf der Stidhalbshykugel reicht in Stidamerika und Stidwestafrika das KtistenshyAufquellen yom Wendekreis bis annahernd zum Aquashytor hier aber im Stidsommer mit mehr oder minder haushyfigen StOrungen die yom Aquator ausgehen und in manshychen Jahren nur bis 5_7deg Stidbreite reichen in extremen Jahren aber bis 15-18deg Breite Dabei verschwindet das kalte nahrstoffreiche Ktistenwasser mit seinem Fischreichshytum tiberdeckt von warmem fischarmem Wasser aquatoshyrialer Herkunft dieses El-Niiio-Phanomen hat 1972 den Fischfang Perus - der fOOrenden Nation auf diesem Geshybiet auf 10 reduziert und tritt in ahnlicher Form auch gelegentlich an den Kilsten von Angola-Zaire-Gabun auf In der Atmosphare fOOrt das anstelle der yom Kal twasser erzeugten Stabilitat der Schichtung zu instabiler Tropikshyluft die in der Ktistenwilste schwere Schauer und Hochshywasser hervorruft wobei die Temperaturen yon 20-22degC auf 26degC ansteigen

Die Ursache liegt in ganz groBraumigen Vorgangen nicht in der Antarktis wie falschlich angenommen Vielshymehr tritt das gleiche Phanomen auch in einem Streifen langs des Aquators auf geringfUgig nach S verschoben hier liegt normalerweise eine Zunge ka1ten Aufquellwasshysers die sich von der Ecuadorkilste her tiber die Galapagos (mit ihren Pinguinen) tiber den groBten Teil des Pazifiks bis tiber die Datumsgrenze (I800 W) hinaus mehr als i 2000 km bis nach der Phosphatinsel Nauru erstreckt Das ist die trockene Aquatorzone der klassischen KIishymatologie (SCHOTT 1938) normalerweise flihrt hier aquatoriales Aufquellen zu Stabilitat und Ariditat umso mehr je starker die tropischen Ostwinde beiderseits des Aquators wehen je starker also die tropischen HadleyshyZellen der Atmosphare ausgepragt sind Als Folge der Reibungskrafte entsteht beiderseits des Aquators im Ozean eine Oberflachenstromung die auf jeder Halbkugel polwarts gerichtet ist und divergiert sodaB das kOOle Tiefenwasser aufquellen muB Abbildung 5 zeigt hier in diesem Gebiet den Normalfall bei dem schon stidlich des Aquators die (im Mittel tiber die ganze Reibungs-Schicht urn 90deg abo weichende) Ekman-Drift eine Divergenz hervorruft Hauptshyursache ist der Vorzeichenwechsel der Coriolisbeschleushynigung am Aquator Schwacht sich nun diese tropische Oststromung ab so entstehen - das haben neuere Modelmiddot Ie gezeigt - Keivinwellen die zu einer Umkehr der Ekshyman-Drift und zur Konvergenz des warmen Oberflachenmiddot wassers am Aquator fOOren Auch hier kommt es bei norshymalen tropischen Wassertemperaturen (26-27degC) jetzt zu kraftigen haufigen Regenfallen nicht selten zu ausgeshydehnten Cumulonimbusherden mit mehreren 100 km Durehmesser (Hmesosealar clusters) in Nauru ist der typische Monatsniedersehlag bei dieser Situation 300 shy800 mm bei aufquellendem Kaltwasser dagegen i 0-15 mm in den Galapagos (ca 90

0 W) ist der Unterschied

noeh sHirker DOBERITZ hat gezeigt wie dieseAnomalien gleichzeitig tiber der ganzen Aquatorzone des Pazifiks aufmiddot treten weitere Arbeiten haben ihre Ausdehnung tangs der WestkUste Amerikas zugleich nach Peru und Siidkalishyfomien hin nachgewiesen

6

Equatorial Flow Patterns and Upwell ing

oJ b) 4

N gt- -- - CONY

omiddot 81 BI~ omiddot S ~ -- ~ OIV

N omiddot s N 0- S

w+- C w -+ W +- IC C-+W t l It t

Wind- Ekman - Drift (Ocean) Thermocline

Abb 5 Divergenz der ozeanischen Ekman-Drift am Aquator (a symmetrischer Fall b = asymmeshytrischer Fall) nach J BJERKNES und FLOHN

Untersuchungen von J BJERKNES und Modellrechnungen von ROWNTREE haben die groBraumige Auswirkung dieser Anomalien nachgewiesen die Ursache liegt in den enormen Schwankungen des Warmehaushalts tiber Flachea von 6 x 110 Meridiangrad -81 Mill km2 bull Neuere Detaf9 Untersuchungen (TREMPEL) zeigten einen Rilckgang der Verdunstung in der AufquelIzone stidIich der Galapagos auf 30 cma () gegentiber rund 120 cma auf beiden Flanken der Strom fiihlbarer Warme kehrt sich (wie beim Oaseneffekt auf Land) urn und fOOrt (geringe) Energiebeshytrage dem Meer zu das den groampren Teil der im wolkenshyfreien Raum ungehinderten Einstrahlung zur Erwarmung des mit ca 50 cmd aufquellenden Tiefenwassers benotigt Die Umkehr dieses Mechanismus bedeutet allein bei der Verdunstung der tropischen Ozeane eine Anderung um 5 ftir aIle Ozeane allerdings nur 2 ein regionaler Efmiddot fekt erscheint ziemlich wahrscheinlich Neueste Untershysuchungen (NEWELL) machen es wahrscheinlich daB auch die Aufnahme von CO2 durch den Ozean durch den plotzlichen Dbergang von nahrstoffreichem CO2 middotgesattigmiddot ten Tiefenwasser zu nahrstoffarmem Warmwasser sich flachenhaft urn einige Prozent andert das mag eine der Ursachen ftir die Variabilitat der atmospharischen Zunahme des C02 GehaIts sein (Abschn 42) 23 Kontinentale Eisschilde

Wahrend die Flache des arktischen Treibeises (s Abschn 21) zwischen etwa 8 und 12 Mill km2 schwankt besteht das antarktische Treibeis zu tiber 80 aus jahreszeitlichem Treibeis Beide Treibeisgebiete nehmen im lahresmittel mi t rund 23 Mill km2 nahezu 5 der Erdoberflache ein Dicke und Volumen sind aber minimal gegenUber den kontinental en Eisdomen von Gronland und Antarkshytika mit einer Flache von knapp 2 bzw 13 Mill km2

und einer mittleren Eisdicke von i 200 bzw 2200 m Wahshyrend das gronlandische Inlandeis in einer groBen Gebirgsshyschilssel Iiegt und seinen MassentiberschuB in vielen Gletshyscheff in Form zahlreicher einzelner Eisberge abgibt ruht das antarktische Eis tiberwiegend auf einem festen Felsshysockel oberhalb des Meeresspiegels sein AbfluB geschieht tiber riesige Schelfeise in Form ausgedehnter Tafeleisberge Jedoch liegt ein Tei - die sogenannte Westantarktis die sich von der antarktischen Halbinsel siidlich Sildamerika

zum Pazifik erstreckt - Uberwiegend auf einem Felssockel unter dem Meeresspiegel Neuere Untersuchungen (HUGHES) haben ergeben daiJ dieser Sektor schon mehrshyfach aufgeschwommen und dann abgeschmolzen ist mit einem weltweiten Anstieg des Meeresspiegels urn 5-7 m das sind die in Fachkreisen neuerdings viel erorterten antarktischen Ausbrtiche (surges) die - in Analogie zu den in Alaska und in anderen Gebieten beobachteten rapiden GletschervorstoiJen rasch ablaufen konnen Ein mathematisches Modell dieser AusbrUche hat BUDD (Melshybourne) entwickelt offenbar handelt es sichjedoch urn sehr seltene Ereignisse (zuletzt vor ca 115 000 Jahren im letzshyten Interglazial) tiber deren Zeitskala und Ablauf noch sehr wenig bekannt ist

Die mogliche Bedeutung eines solchen Ereignisses liegt in dem Ansteigen des Meeresspiegels eine detaillierte Unshytersuchung (auch in dem bisher fast unzuganglichen Beshyreich des Weddellmeeres) ist dringend erwiinscht auch wenn das derzeitige Eisprofil im untersuchten Gebiet des Roill-Schelfs noch nicht den Gleichgewichtsstand ershyreicht hat Kleinere Vorgange dieser Art (wobei Eismasshysen von maximal 1-2 bull lOS km3 beteiligt sein mogen statt gt 106 km3 ) sind wahrscheinlich auch in der Nachshy

alszeit aufgetreten beim Kalben der Schelfeise entsteshyren riesige Tafeleisberge bis zur Gro~e Hollands oder

Belgiens In Gronland sind aile diese Vorgange von viel geringerem AusmaiJ

3 Narurliche Ursachen der Klimaschwankungen

31 Variabilitat der Sonnenstrahlung

Abgesehen von solchen im internen klimatischen Regiershysystem begriindeten kurzfristigen Schwankungen werden immer wieder auampre (externe) Faktoren als Ursache von klimatischen Schwankungen bezeichnet Zuerst miissen wir die Frage aufwerfen ist unsere primare EnergiequeUe die Sonnen-Strahlung wirklich konstant oder fUhrt der Beshygriff der Solarkonstanten in die Irre Diese Frage ist zZ leider noch vollig offen wir verfUgen tiber keine einwandfreien Messungen zu ihrer Entscheidung (MASON) Messungen von hochfliegenden Ballonen in 23 30 km Hoshyhe die KONDRATIEV wahrend 6 Jahren in der Sowjetshy

rIlion durchftihrte konnen auch in dieser Hohe noch von r ~ratospharischem Staub vulkanischer Herkunft beeinflu~t

worden sein indirekte Belege wie sie durch Beobachtung der Albedo anderer Planeten (so Uranus) gewonnen wershyden konnen sind etwas unsicher An der AusrUstung von Satelliten mit hochempfindlichen vom Boden her kontrolshylierbaren MeMiihlern (mit einer tiber Jahre festzuhaltenshyden Me~genauigkeit von 1 Promille) wird intensiv gearbeishytet Neue Daten tiber das nahezu vollige Fehlen von Sonnenshyflecken in der Zeitspanne 1645 - 1710 und tiber Schwanshykungen der Rotationsdauer der Sonne in dieser Zeit (EDDY) scheinen doch entgegen dem Votum der Mehrzahl der Astronomen - fUr eine hOhere Variabilitat der Sonne zu sprechen Da~ eine Anderung von nur 1-2 Prozent bereits erhebliche Auswirkungen auf das Klima haben kann ergibt sich aus Rechnungen mit einfachen (BUDYKO) oder fortgeschrittenen Klimamodellen die jedenfalls die Dynamik der Atmosphare und den Wassershykreislauf in Rechnung stellen (WETHERALD und MAshyNABE)

Die Rolle der solaren Aktivitat ist inzwischen wieder akshytuell geworden aber sicher handelt es sich nicht urn einshyfache zyklische Vorgange wenn auch fUr eine etwa 23jahrishyge Peri ode mehr Belegmaterial existiert als fUr die klassische I1-Jahresperiode Aber der Anteil an der gesamten Varianz ist im allgemeinen gering und unerklarliche Phasensprtinge (MASON) untersti1tzen nur die weitverbreitete Skepsis gegentiber der Ntitzlichkeit flir praktische Zwecke Auch sorgfaltige empirische Studien (OLIVER MASS und SCHNEIDER) konnten keinen Beweis flir ihre Rolle im Klimageschehen Hefem (s a Abschn 1)

32 Vulkaneruptionen

Sicher belegt ist dagegen durch neue statistische Untersumiddot chungen (YAMAMOTO MASS und SCHNEIDER) und Modelle (HUNT POLLOCK) die globale Wirkung von groiJen Vulkanausbruchen deren Exhalationen in die Stratosphare gelangen und in Hohen zwischen 20 und 50 km Partikel bilden die die sHindig vorhandene JUNGEshySchicht urn einen Faktor 10 100 verstarken und farbenshyprach tige Dammerungserscheinungen hervorrufen Diese stratosphiirischen Staubwolken (zuletzt nach AusbrUchen des Agungmiddot auf Bali 1963 und des Fuego in Guatemala 1974 auch in Mitteleuropa sichtbar) absorbieren einen Tell der Sonnenstrahlung und streuen einen anderen TeB zushyruck in den Weltraum hierdurch kommt es im Mittel tiber die ganze Erde zu einer AbkUhlung urn bis 1-15degCdie allerdings selten mehr als 1-2 Jahre hindurch anhalt Sie tiberlagert sich den wesentlich starkeren Temperaturandeshyrungen die standig advektiv durch den Transport von Warmluft oder Kaltluft entstehen und tiber Monate hinweg ziemlich ortsfest sein konnen derartigen Transportvorshygangen verdanken wir in Westeuropa jetzt eine ~ehr auenishylige Foige von 7-8 zu mild en Wintern im Gegensatz zu extrem kalten Winterabschnitten in Nordamerika (Januar 1977 zT der kalteste dieses Jahrhunderts) oder Ostshyeuropa Die Haufigkeit gro~er VulkanausbrUche die vor allem LAMB fUr die Zeit seit 1500 untersucht hat schwankt sehr stark wahrend in einzelnen Zeitabschnitten (so urn 1690 oder 1815-1835) viele grofiJe Ausbrtiche in den verschieshydensten Gegenden der Erde sich haufen gibt es auch lanshygere Zeitraume (so 1912-1948) in denen sie ganz fehlen oder doch nur vereinzel t auftreten Seit etwa 1955 leben wir in einem Abschnitt wiederauflebender aber nur masshysiger Vulkantatigkeit Aber die auffallige Haufung sehr schwerer Erdbeben in den letzten Jahren laBt erkennen dafiJ auch mit schweren Vulkanausbrtichen jederzeit geshyrechnet werden mu~ Denn diese beiden Ereignisse sind wie wir heute sicher wissen kollektiv miteinander gekopshypelt es sind die langsamen Dritbewegungen der grofSen tektonischen Platten die einerseits im Bereich der gro~en meist ozeanischen Ri~-Zonen Vulkanausbrtiche auslosen andererseits unter die grofiJen Kontinentalschollen untershytauchen und dabei schwere Erdbeben mit tiefsitzendem Herd auslosen Ein direkt sichtbarer Tei des grofben atlanmiddot tischen Spaltensystems zieht quer durch Island in diesem Bereich traten in den letzten Jahren mehrfach Vulkanausmiddot brtiche (Surtsey Heimaey Kraftla) auf 1m Bereich des letzteren kam es am Myvatn-See in N-Island im April 1977 zu einem Aufrei~en von zwei parallelen Spalten mit einer Zerrung des Gelandes von 2 m auf 1 km mit anhaltenden Dampfexhalationen die ein fast vollendetes geotherrnisches Kraftwerk auBer Funktion setzten

7

1649

h i~v4lWv

Das episodische diskontinuierliche Auftreten vulkanischer Ereignisse gilt nicht nur fUr die (hier unmittelbar interessiemiddot rende) Zeitskala 101

- 102 Jahre sondern auch in der Zeitskala 103 104 Jahre ja sogar wie aus den Ergebshynissen des Deep Sea Drilling Programms hervorgeht im Bereich 106 107 Jahre

Die Klimageschichte lehrt uns wie groBe Vulkanausbrliche g10baJe Abkiihlungen fiir 1-3 Jahre auslbsen die natiirlich in einigen Gebieten durch advektive Erwarmung iiberlagert werden kbnnen Der starkste noch gut belegte Fall dieser Art ereignete sich nach dem grbBten historischen Ausshybruch des Tambora auf Sumbawa im Friihjahr 1815 die Sommer 1816 und 1817 waren in Europa Japan und Nordmiddot amerika ungewbhnlich kiihl zT feucht und von schwemiddot ren MiBernten begleitet die im Rheinland (mi t seinen durch Erbteilung zersplitterten Bauernhbfen) eine erste Welle von Auswanderungen nach Amerika einleiteten Die Getreimiddot depreise Mitteleuropas erreichten ihr absolutes Maximum vor 1950 ~Abb 6 und in den Vereinigten Staaten war 1816 das Jahrohne Sommer

4 Anthropogene Vrsachen die Rolle der Eingriffe des Menschen

41 Energiezufuhr und Luftverschmutzung

GegenUber der iiberragenden Rolle der Sonnenstrahlung (lie an der Obergrenze der Erdatmosphare rund 340 Watt auf jeden m2 der rotierenden Erde abgibt - und ihren Umsetzungen innerhalb der Atmosphare die als Strahlungsshybilanz oder Nettostrahlung an der Erdoberflache im Mitmiddot tel noch rund 100Wm2 liefern ist der Anteil der direkten Energiezufuhr als primarer Beitrag des Menschen mit 0015 Wm2 verschwindend gering hbchstens vergleieh bar mit dem geothermischen Warmestrom aus dem Erdmiddot innern (006 Wm2) oder dem Anteil der photosynthetimiddot schen Prozesse in der Biosphare (02 Wm2

) Diese g10balen

100

80

60

40

20

ROGGENPRE ISmiddot INDEX 16167

(19501001

1805 1771 1655

1847

~ 1622

1795

17621740 18311693 III 1634 bull 1~626 1699

17891712

Ii

middot

Mittelwerte geben jedoch ein vbllig falsches Bild tatsachshylich ist der Energieverbrauch in den groBen Industriezenmiddot tren konzentriert und erreieht dort lokal 10-50 Wm2

iiber Flachen von der Gro6enordnung 100 - 1000 km2 bull

Diese Energiezufuhr erzeugt die Warmeinseln der gro6en Stadte mit einer zusatzlichen thermischen Zirkulation und einer statistisch gesieherten Haufung konvektiver Starkregen

Auf der anderen Seite ist der Wirkungsgrad der Sonnenmiddot energie in der Erdatmosphare mit 07 sehr gering dh der Energieumsatz im klimatischen System die Erzeugung verfiigbarer potentieller Energie und die Vernichtung kinetischer Energie liegt auch nur bel 24 Wm2 Da Enermiddot gie ja nicht verbraucht sondern nur umgewandelt werden kann dringen diese vergleiehenden Oberlegungen nicht in die Tiefe des Problems das hier nur angedeutet wermiddot den kann hierzu benbtigen wir Grundbegriffe der heutimiddot gen Thermodynamik Nach ihrem zweiten Hauptsatz kann die Entropie (das Integral iiber aile Zufuhren und Abgaben von Warme im VerhaItnis zur Temperatur) nur zunehmen Umgekehrt nieht Energie sondern negative Entropie (Negentropie) wird verbraucht das bedeutet zugleich einen Verbrauch von Information (im abstrakshyten Sinne des Wortes) Von solchen OberJegungen gehen einige neuere Klimamodelle aus (PALTRIDGE FORTAK)

Die regionale Verteilung dieser anthropogenen Energiezushyfuhr pro Kopf der Bevblkerung ist interessant genug bei allen Industriestaaten Europas (einschlieBlich DDR und Tschechoslowakei) etwa 5-6 KW pro Kopf in USA und Kanada 11-12 KW in Afrika und Stidamerika 04 KW im g10baIen Mittel rund 2 KW Die letzten Zahlen sind sieher zu gering da der Verbrauch an Feuerholz in den Entwicklungslandern statistisch kaum erfa6bar ist wenn dieser sieh auf etwa 15 Tonnen pro Kopf und Jahr bemiddot lauft dann entspricht das weiteren 07 KWKopf oder flir etwa 28 Milliarden weiteren rund 2 TW (TW =Teramiddot watt = 1012 W)

01500 20 40 60 80 1600 20 40 60 80 1700 20 40 60 80 1800 20 40 60 80 1900

Abb 6 Roggenpreisindex 1500 1860 Mittel aus 5 deutschen Stiidten nach PHILIPPI

8

Seit 100 Jahren ist der Energieverbrauch urn einen Fakshytor von mehr als 30 gestiegen eine Angleichung der LeshybenshaJtung der Entwicklungslander ist zwangsHiufig notshywendig selbst wenn in den lndustrielandern die Wachsshytumsraten abnehmen werden Nachdem der derzeitige Weltverbrauch 8+2 TW betragt mu~ - bei einer (hofshyfentlich eintretenden) Stabilisierung der WeltbevOlkerung in der Nahe von 10 Milliarden im Laufe des 21 Jahrshyhunderts mit einem Ansteigen auf 35-50 TW (nASA) entsprechend 35-5 KWKopf gerechnet werden

In diesem Zusammenhang ist ein kurzer Blick auf die Beshyvdlkerungsentwicklung notwendig bei der jetzt erstmals Anzeichen einer Trend-Umkehr deutlich werden (Zahlen zusammengefa~t nach LR BROWN 1976)

Weltbevolkerung und Wachstumsrate

Bevolkerung (106 ) Zunahme pro Jahr ()

1970 1975 1970 1975

Nordamerika 226 236 090 060 West-Europa 333 343 056 032

Ost-Europa 368 384 084 086

Ost-Asien 941 1005 185 118 Stidasien Nahost 1123 1263 257 225 Afrika Stidamerika 588 672 269 268

Gesamte Erde 3594 3920 190 164

Diese ZaWen sind au~rst wichtig ftir aile Vberlegungen tiber ein kiinftiges Energiesystem das wahrend der bereits beginnenden Erschopfung der 61- und Erdgasreserven der Erde das heutige ablosen kann auf diese un sere wirtschaftshyHche Zukunft entscheidende Frage kann bier nicht naher eingegangen werden JedenfaJls ist der Energieverbrauch an sich nur in 10kaJem Ma~stab klimagenetisch wirksam

bei einer kiinftig wohl notwendigen Konzentration von Kraftwerken spielt diese Umweltvertraglichkeit eine wesentliche Rolle

Die Luftverschmutzung - hier zunachst die Emission von Aerosolpartikeln in die unteren Schichten (l 3 km) shy

~ist in ihrer klimagenetischen Wirkung oft ilberbewertet rworden Die hervorragenden Aufnahmen des Landsatshy

Satelliten mit einer raumHchen Auflosung bis herab zu 80 m (aus 960 km Hohe) zeigen da~ eine wirksame Trilshybung der Atmosphilre durch Industriezentren Gro~stadte oder Waldbrilnde tiber Entfernungen von einigen 100 km hervorgerufen wird Ober den Trockengebieten der Erde wird mineraHscher Staub durch Wind hoch aufgewirbelt eine Folge der seit Jahrtausenden betriebenen Zerstorung der Vegetation Diese Staubschleier sieht man im Satellishytenbild von der Sahara aus quer tiber den Atlantik bis in die Karibik ziehen Die KIimawirkung dieser Aerosolparshytikel ist komplex grobere Teilchen (gt 10 11m) absorbieshyren hauptsilchlich die langwellige Ausstrahiung der Erde erhohen die Gegenstrahlung der Atmosphilre und erwarshymen so die unteren Schichten fallen aber relativ rasch aus Feine Teilchen laquo 2 11m) absorbieren mehr die Sonnenstrahshylung mit ahnlicher Wirkung - gleichzeitig streuen sie aber auch gemaB den Gesetzen der Mie-Streuung einen kleinen Teil der Sonnenstrahlung zurtick in den

Weltraum die so dem Erdboden verloren geht Das Vershyhilltnis AbsorptionRtickstreuung hangt zT von der Zusammensetzung der Partikel ab das Rilckstrahlungsshyvermogen (Albedo) der Erdoberflilche spielt eine erhehshyliche Rolle 1m ganzen tiberwiegt aber doch offenbar der Erwarmungseffekt das zeigt sich besonders im Bereich der Staubdome der Gro~stadte in deren Bereich zu jeder Tages- und J ahreszeit die Temperatur hoher liegt als in der Umgebung das gleiche gilt ftir staubreiche Wilstenshygebiete wie in Pakistan_

Inzwischen scheinen die gesetzlichen MaBnahmen gegen die Luftverschmutzung wenigstens bei dem groberen Aeroso) ihre Wirkung nicht verfehlt zu haben in London haben sich die Nebel- und Sichtbedingungen seit dem Clean Air Act deutlich verbessert in den USA ist die Staubbelastung in den GroBstadten zurtickgegangen auf dem Lande allerdings leicht angestiegen Auch in Deutschshyland und Japan haben sich die Verhaltnisse in den schlimmshysten Fallen (Mannheim-Ludwigshafen Tokyo) offensichtshyIich gebessert jedenfalls ist der S02 middotGehalt etwas abgeshysunken

Wesentlich ftir die Beurteilung ist der Zeitfaktor Die Zumiddot fuhr ftihlbarer Wilrme (Enthalpie) wird schon in 24 - 48 Stunden durch erhohte Ausstrahlung wieder ausgeglichen Grobe Aerosolpartikel verbleiben im Mittel nur 2-3 Tage in den unteren Luftschichten feine Partikel in mittleren und hoheren Schichten einige Wochen bevor sie durch Wolken und Niederschlag wieder ausgeschieden werden 1m Rahmen des globalen Wasserhaushalts liegt die mittieshyre Verweilzeit eines Wasserdampfmolekills in der Atmosshyphilre dh die Zeitspanne zwischen Verdunstung und Niederschlag bei 9 Tagen Ganz anders liegen die Vershyhaltnisse bei den langlebigen Gasen so verbleibt Kohlendioshyxid im Mittel 6 Jahre in der Atmosphiire

42 Kohiendioxid und Spurengase

Kohlendioxid (C02) stellt heute einen Anteil von rund 330 ppm (10-6 Volumenteile) der Atmosphilre gegenilber 295 plusmn 5 ppm urn 1880 Der Anteil des Sauerstoffs (02 )

betragt in der gleichen Einheit 208100 dieses Reservoir kann also durch eine Zunahme des CO2 -Gehalts selbst urn einen Faktor 10 nicht nennenswert beeinfluBt wershyden Ober die komplexen Fragen des nattirlichen und vom Menschen gestorten Kohlenstoffkreislaufsystems sowie ilber die m6glichen klimatischen Auswirkungen einer weishyteren CO2-Zunahme berichtet in diesem Heft ausftihrlich C JUNGE (S 21 ff) hier mOgen wenige Bemerkungen ge ntigen Das Speichervermogen von Ozean und Biosphare wird oft tiberschatzt die Masse des Ozeans unterhalb der Thermokline bzw der Zwischenschicht in 400-600 m Tiefe nimmt nur sehr langsam an dem CO2 -Austausch teil und kann daher auch nur geringe Mengen speichern Eine Schiitzung der Food and Agricultural Organisation (FAO) ergibt einen Rtickgang des ilquatorialen Regenwaldes von urspriinglich 1592 auf 935106 km2 heute mit einer Rate von 11 0000 km2 (=112) pro Jahr (1) Die Zunahme der Photosynthese und damit der Netto-Produktivitilt der Willshyder kann nur einen Bruchteil dieser Verluste wettmachen

Die Verbrennung fossiler Brennstoffe (Kohle Erdol Erdshygas) liefert zur Zeit jahrlich rund 51 01 5 g CO2 von dem nach neuesten Daten 53 in der Atmosphilre verbleiben

9

ihr Gehalt steigt zur Zeit urn 1-2 ppm pro Jahr an wobei die Ursache der interannuellen Anderungen wahrscheinlich in der thermischen Veranderlichkeit des Ozeans in Aquatorshynahe zu suchen ist (s Abschn 22) Nach dem heutigen Stand der Diskussion (Marz 1978) wird dieser Antell der Atmosphare in den nachsten 3 - 4 lahrzehnten etwa konmiddot stant bleiben dartiber Wnaus ist eine Abschatzung schwierig

Die klimatische Bedeutung des CO2 liegt darin daB es im langwelligen Infrarot bei Wellenliingen zwischen 12 und 15 pm eine breite Absorptionsbande besitzt Es laBt also die Sonnenstrahlung ungehindert durch absorbiert aber die von Erdoberflache und Wolken abgegebene Warmestrahlung mit ihrem Maximum bei 10 pm Das ist der sogenannte Glashauseffekt dieser Begriff ist physikalisch etwas scWef wei ein Glasfenster nicht nur fur infrarote Strahshylung sondern auch fur den turbulenten Warmeaustausch undurchllissig ist (was erst die Warmespeicherung im Glasshyhaus erkUirt) aber er laBt sich wegen seiner Anschaulichshykeit kaum mehr ausrotten Die klimatische Folge einer Zunahme des CO2 -Gehalts ist eine Erwarmung der Troposshyphare die nach oben abnimmt und in der Stratosphare

Abb 7 Temperaturanderung bei Verdoppeung des CO2 shy

Gehaites Modell MANABE-WETHERALD 1975

degC bull degC C02 Concentration (ppm) and Temperature 14

0 0 l I

4 u

8

6

4

2 Model Augustsson-

Ramanathan 1977

10

8

6

4

- 0 l I

u

2

400 800 1200 1600 2000 2400 2800 3200ppm

Abb8 Temperaturanderung (au8er Po1argebiet) mit zushynehmendem CO~ -Gehalt Skala links mit konshystanter Hahe (CT A) rechts mit konstanter Temshyperatur (CTT) der Wolkenobergrenze Modell AUGUSTSSON-RAMANATHAN 1977

in eine Abktih1ung libergeht Zahlreiche immer weiter verfeinerte Modelle haben diesen Effekt bestiitigt altere mtissen wegen unrealistischer Annahmen ausgeschaltet werden Der Betrag der Erwiirmung hangt von der Zunahmiddot me des Wasserdampfgehaltes (dessen Absorptionsbanden zT die des CO2 tiberdecken) mit steigender Temperamiddot tur und von der (nicht genau bekannten) Wechselwirkung

mit der Bewolkung ab Aber die besten Modelle (MAshyNABE-WETHERALD 1975 AUGUSTSSON-RAMANAmiddot THAN 1977) die den Wasserdampfeffekt mit berticksichshytigen (Abb 78) geben tiber einstimmend fUr eine Verdopshypelung des CO2 -Gehaltes (von 300 auf 600 ppm) eine mittlere Erwiirmung in Bodennahe urn 2--3degC an die im Poshylargebiet (wenn man die Rtickkopplung zwischen Rtickstrahshylung (Albedo) Schneedecke und Temperatur in Rechshynung stellt) auf 7-10degC anwachst Diese Erwarmung ershyfolgt anfangs nahezu linear bei weiter steigendem CO2 -

Gehalt etwas langsamer aber selbst bei einer Zunahme urn den Faktor 10 tritt noch keine Sattigung auf die Ershywarmung betragt dann schon auBerhalb der Polargebiete 8-12degC Eine CO2 -Zunahme auf das 5-lOfache ist nicht unrealistisch bei unkontrolliert steigendem Gebrauch fossimiddot ler Brennstoffe insbesondere bei einem erzwungenem Verzicht auf Kernenergie konnen soIche Werte durchaus erreicht werden wie aIle Modellrechnungen aus neuester Zeit libereinstimmend ergeben

Die Situation die von den ftihrenden Energiefachleuten J der Welt sehr ernst genommen wird verscharft sich noch durch den Befund daB einige andere von Menschen promiddot duzierten Spurengase ebenfalls im Infrarot absorbieren und zwar ausgerechnet in dem noch durchlassigen Fenshyster zwischen 75 und 12 pm Zu diesen Spurengasen ~ zlih1t nicht nur das Ozon (03) - auf dieses (mE etwas tibershyschatzte) Problem kann Wer nicht naher eingegangen wershyden - sondern auch Distickstoffoxid (N 20) Methan (CH4 ) die Frigene (C Ch F2 und C ChF) Schwefeldioxid (S02) Ammoniak (NH3) ua die aile in steigendem AusmaB vom Menschen erzeugt werden Am wichtigsten erscheint das N2 0 (HAHN und JUNGE) aIs ein Endprodukt der stickstoftbaltigen Dtingemittel deren Produktion in den letzten 15 Jahren jahrlich urn tiber 10 zugenommen hat ihnen verdanken wir in der Hauptsache daB die Nahmiddot rungsmittelproduktion bisher noch mit der Bev6lkerungsshyzunahme Schritt halten konnte Die Frigene (Chlorofluorshymethane) sind die Treibstoffe der Aerosolsprtihdosen und werden auch in Ktih1schranken verwertet ihre Jahresshyproduktion nahert sich 106 Tonnen und ihre Verweilzeit in der Atmosphare liegt infolge ihIer chemischen Tragheit bei 30-70 Jahren In Schweden und Oregon sind sie inzwishyschen verboten weitere Lander dlirften folgen

Aile diese Gase addieren sich - da ihre schmalen Absorp-~ tionsbanden sich nicht tiberlagern (WANG 1976) - zumiddot dem Glashauseffekt des CO2 eine konservative () ScMtmiddot zung ergibt eine Verstarkung des CO2-Effektes urn 50 Der Verbrauch fossilel Brennstoffe nimmt sicher nicht mehr lange exponentiell zu da als Foige der beginnenden Erschopfung der ErdOl- und Erdgaslager die Preise steigen werden Bei begrenzten Vorraten ergibt sich eine Zunahme des Verbrauchs nach einer logistischen Funktion ist ein Vorrat F (hier gleich 100 gesetzt) begrenzt dann kann man annehmen daB der Verbrauch sich (mit wachsenshydem Preis) proportional zu dem noch vorhandenen Vorrat I-F andert (c Konstante)

1 dF = c(l-F)

F dt

Daraus ergibt sich die logistische Funktion

rl = 1 + exp [ c (t to 5) ]

10

mit dem Zeitpunkt tos in dem 50 von F aufgebraucht ist fhr Verlauf ahnelt einem in die Breite verzerrten S (Sigshymoid) und wir nahern uns offenbar rasch dem Wendeshypunkt

Da die Intensitat des Glashauseffektes in erster Linie von der Zunahme des CO2 -Gehaltes abhangen wird kann man diese mit der der erwahnten Spurengase kombinieren es ergibt sich ein virtueller CO 2 -Gehalt Dann kann die K1imawirkung in Abhangigkeit vom realen CO2 -Gehalt ausshygedrtickt werden das erlaubt eine Abschiitzung der repriishysentativen Temperaturzunahme (mit Ausnahme der Polarshygebiete) als Funktion des COrGehalts bzw der Zeit Zu den Voraussetzungen gehort daU die CO2 -Wachstumsrashyte unteT Einbeziehung der Entwicklungsllinder mit ihrem Nachholbedarf nicht rasch sinken kann und da~ keine anshydere Energiepolitik das CO2 -Risiko ganz ausschalten wird Unter diesen Voraussetzungen lli~t sich abschatzen da~ eine Temperaturzunahme urn 1 5degC (entsprechend der warmsten Periode der Nacheiszeit vor rund 6000 Jahren) schon zwishyschen 2005 und 2015 eine solche urn 25degC (entsprechend dem warmsten Abschnitt der letzten Zwischeneiszeit s Abschn 6) schon in etwa 50 Jahren erreicht werden kann Die kritische Phase bei der bel einer Erwarmung urn 4degC

m6glicherweise das arktische Treibeis wegschmelzen wird konnte trotz verlangsamter Wachstumsrate zwischen

2040 und 2075 dh in weniger als 100 Jahren eintreten Die entsprechenden Schwellenwerte des realen CO2 -Geshyhalts Jiegen flir eine Erwarmung urn 1 5degC (25deg4deg) bei rund 450 (550 750) ppm mit einer Fehlerbreite von plusmn 10 15

43 Die Albedo und das WiistenprobIem

Eine der wichtigsten Gr6Uen im Warmehaushalt der Erdshyoberflache ist die Albedo der Erdoberfliiche AE der Antellmiddot der reflektierten Strahlung an der einfallenden Globalstrahshylung G der Summe aus der direkten Sonnenstrahlung und der diffus gestreuten Strahlung des Himmels und der Wolken Hiertiber berichten in diesem Heft BAUMGARTshyNER KIRCHNER und MAYER (S 32 ft) Die mittlere Alshybedo der Erdoberflache liegt (nach einer besonders grtindlishychen Auswertung von Landsat-Aufuahmen in mehreren Spekshytralbereichen durch HUMMEL und RECK) bei 14 plusmn 05 Proshy

~ zent Aus einem der besten Strahlungsmodelle (MANABE und WETHERALD 1967) ergibt sich bei einer Zunahme

der mittleren Albedo von 1 eine Abnahme der Gleichshygewichtstemperatur urn 13degC Fast immer flihrt die Umshywand lung bzw Zerstorung der urspriinglichen Vegetation zu einer Zunahme der Albedo dies ist offenbar der einshyzige wichtige Eingriff des Menschen der zu einer Abkiihshylung flihren kann Diese Prozesse erfassen zwar riesige Flachen (landwirtschaftliche Nutzflache und Weideland zusammen 38 der Kontinente) aber sie vollziehen sich langsam schon seit def neolithischen Revolution vor 5-7000 Jahren heute beschleunigen sie sich mit der Bevolkerungszunahme

Eine entscheidende Rolle spielen die Vorgange die a1s Desertiikation bezeichnet werden ein passendes Wort in deutscher Sprache hierfLir mOOte erst neu gebildet werden Die Vegetationszerstorung an den Randern der Sahara ist in der Tat alarmierend die UN-Konferenz tiber Desertishyfication (Nairobi 1977) hat sie der WeltOffentlichkeit

klar vor Augen geflihrt Oberall in den Tropengebieten auch in den semiarid en und semihumiden Gebieten mit einer mehrmonatigen Regenzeit geht die Vegetation in den Weidegebieten rasch zurtick In den Liindern des Maghreb (Tunesien Algerien Marokko) in Lybien und im Sudan liegen verla~liche Schatzungen vor im Mittel rUckt die Wtiste urn 1 2 km jahrlich VOL Das bedeutet allein bei der Sahara in jedem Jahr eine Zunahme urn tiber 20000 km2 bull Dies ist keinesfalls die Foige einer Klimaiinshyderung - das konnte in Tunesien in Rajasthan im Sahelshygtirtel einwandfrei nachgewiesen werden Es ist vielmehr das Resultat der vom Menschen veranlaf3ten tiber Jahrtausende fortgesetzten Eingriffe in die natiirlichen Haushalte erst die Vernichtung der Gro~tierherden und der Raubtiere dann die Nutzung der nattirlichen Savannen und Graslander als Weideland flir Rinder Kamele Schafe und Ziegen dazu das jahrlich wiederholte Abbrennen des Grases shyso wurden die TrockenwaIder in Dornsavannen umgewanshydelt - zuletzt die Oberstockung der Graslander mit wachshysender Bev61kerungsdichte In den Liindem der Sahel zone ist die Zahl des Weideviehs in den Jahren 1949 - 68 auf das Sechsfache vermehrt worden hier treten Feucht- und Dtirrejahre meist in Gruppen auf und die Dtirre 1969 - 73 hat sieh 1977 wiederholt Die gro~e natiirliche Verandershylichkeit der Regenfalle von Jahr zu Jahr fUhrt immer wieshyder zu einer Vermehrung des Weideviehs tiber das 6kologishysche Gleichgewicht hinaus das damit nachhaltig gestort wird Hierzu kommt noch die Nutzung der letzten Baume und Straucher als Feuerholz (s Abschn 41) Da~ hierdurch selbst in semihumiden Gebirgslandern wie im Hindukusch oder in Nepal eine vollige Waldzerstorung in Gang kommt ergibt der Augenschein schon bei fltichtigem Besuch

Eine Modellrechnung von CHARNEY (1975) hat nun gezeigt da~ in dem Wtistengiirtel der Erde wegen der hohen Albedo der Erdoberflache der extraterrestrische Strahlungshaushalt negativ wird da~ dieses Defizit durch advektive Warmezufuhr und Absinken der Luft ersetzt werden mu~ und da~ die Zunahme der Albedo durch VeshygetationszerstOrung dieses Absinken nur noch verstarkt Das flihrt zu einem weiteren Rtickgang der Niederschlashyge und zu verstarkter Wtistenbildung Sicher handelt es sich hier urn einen schwachen erst in langen Zeitraumen und tiber gro~n Gebieten wirksamen Prozess der die naturbedingte Trockenheit im Bereich der subtropischen Hochdruckzellen noch verstarkt andere Modellrechshynungen und Auswertungen von Satellitenbildern haben diese Oberlegungen bestatigt Sieher sind die gro~en Wtishysten der Erde nicht erst vom Menschen geschaffen worden aber ihre Intensivierung und Ausweitung ist ein Produkt menschlicher Eingriffe An mindestens drei Stellen (bei Jodhpur mit rund 270 mm Regen im Jahr bei KhartumshyOmdurman mit 160 mm und bei Nefta in Tunesien mit 70 mm) zeigen eingezaunte Gebiete daU die vor den Weideshytieren geschtitzte ursprtingliehe Vegetation eine v61lig andeshyre Albedo hat a1s die umgebende Wtiste Ein Effekt auf die Niederschlage lli~t sich aus den (erst nach 1900 einsetzenshyden) Messungen zwar nicht nachweisen wohl aber aus den historischen Nachrichten aus dem Wtistengiirtel aus den Berichten der frUhen Reisenden tiber die Dauer der Regenshyzeit tiber die Existenz von Brunnen und regelma~ig abkomshymend en Fltissen noch im frUhen Mittelalter sind arabische Reisende quer durch die Sahara mit Pferden gezogen (tiber historische Klimaschwankungen natiirlicher Herkunft s Abschn 6 und 8)

11

5 Das Problem der Klimavorhersage Stand und Aufgaben

51 M odeUrechnungen

Was konnen wir tiber die Zukunft unseres Klimas vorausshysagen Was wissen wir tiber die Ursachen der Klimaschwanshykungen der Vergangenheit Immerhin wachsen unsere empirischen Kenntnisse tiber die Klimageschichte rasch an und erfassen die letzten 10000 Jahre schon recht gut die letzten 700000 Jahre immerhin schon in den Grundmiddot zUgen die Umrisse der Geschichte der letzten 500 Millionen Jahre beginnen ebenfalls sichtbar zu werden (SCHWARZshyBACH) Eindeutige Zusammenhiinge mit den nattirlichen Ursachen sind bisher hochstens vereinzelt nachgewiesen eine Vorhersage dieser extremen Ursachen (Abschn 3) ist bisher unmoglich

Physikalisch-mathematische Klimamodelle sind bisher vielshyfach nur in der einfachsten Form (0- oder I-dimensional) erortert worden 2- oder 3-dimensionale ZirkulationsmoshydelIe der Atmosphiire gibt es in den verschiedensten Formiddot men Gemeinsam ist ihnen die Ableitung der Felder Wind Luftdruck Temperatur auf der Grundlage vorgegebener Randbedingungen so der Temperatur der Ozeanoberfliishyche der mittleren Bewolkung ua Damit sind aber die fUr das Klima entscheidenden Wechselwirkungen fest vorgegeshyben schon die Behandlung des jiihrlichen Ganges ist mit einem so1chen Ansatz unmoglich erst recht natlirlich die Vorhersage von interannuellen Anderungen oder Klimashyschwankungen Die Wechselwirkung Atmosphiire - Ozean ist bisher in nur einem stark idealisierten Modell (MANABE und BRYAN) einbezogen worden andere Modelle behanshydeln den Ozean als beyregungslosen Sumpf der Wiirme und Wasserdampf abgibt bzw aufnimmt Sieher sind diese Ansiitze vielversprechend sie Hefem immerhin ein ziemlich realistisches BUd der groBen Stromungssysteme der Atmosshyphiire der hydrologischen BUanz Niederschlag - Verdunshystung und der Energieumsetzungen innerhalb der Atmosshyphiire Aber schon eine Umsetzung der Zahlenwerte flir die Landoberfliiche in regionalen Klimatypen zeigt die UnvoIlkommenheit dieser Art von Modellen da erhalten Texas und Stidchina ein Wtistenklima oder in der Sahara fallen 1500 mm Niederschlag am Rande des Himalaya dashygegen weniger als 50 mm Natiirlich geben solche Fehler AnlaB zur Verbesserung der Modelle diese aber finden heute weniger inder Physik als vielmehr in der Leistungsshyfahigkeit der Computer und dem Aufwand an Rechenzeit ilire Grenze Auch wissen wir heute daB die meisten Moshydelle (wegen in ihnen enthaltenen mathematischen Niiheshyrungen) auch bei gleichen Anfangsbedingungen verschieshydene Ergebnisse Hefem Modellexperimente Iiefem daher keine Abbilder der Wirklichkeit sondem sind Testversushyche tiber die Sensitivitiit der Modelle selbst Der entscheishydende Einwand ist aber daB es bisher noch nieht gelungen ist die Summe der zeitabhangigen Vorgiinge in Ozean Eis und Atmosphiire und ihre wesentlichen Wechselwirkunshygen in ein Modell einzubauen Keiner der hervorragenden Modellbauer macht sieh lIlusionen tiber die Schwierigshykeiten im Detail eine befriedigende Losung wird wohl kaum vor 10 Jahren gefunden werden konnen und auch dieses Datum mag noch zu optimistisch sein

Andere Modelltypen sind vorgeschJagen worden statishystisch-dynamische Modelle die zeitabhiingige Parameter unter Verzicht auf Detail als Statistiken behandeln und

12

stochastische Modelle bei denen die wirksamen langfristishygen Prozesse im Ozean und im Eis von der kurzlebigen Atshymosphiire her angetrieben werden (HASSELMANN und Mitarbeiter )

Aile diese Versuche sind notwendig und nUtzlich soweit sie unsere Kenntnisse tiber die Wechselwirkungen im klimatimiddot schen System und ihre Auswirkung erweitem erst wenn wir diesen komplexen Wirkungsmechanismus voll versteshyhen konnen wir ihn so vereinfachen dafll wir ein gentigend realistisches und doch noch traktables Klimamodell aufshybauen konnen Ein entscheidender Test ist die Simulation des jiihrlichen Ganges (zB WETHERALD - MANABE 1972) diese jahreszeitliche Anderung der Zirkulation ist eher noch groBartiger als die starks ten Klimaschwankunshygen der Vergangenheit wie etwa eine Eiszeit ftir die GAshyTES (1976) ein Zirkulationsmodell mit gegebenen Randbemiddot dingungen entwickelt hat

S2 Zur Frage der Vorhersagbarkeit

Solange die Hauptursachen der Klimaschwankungen in der Vergangenheit - zuniichst jedenfalls als unvorshyhersagbar geJten mUssen bleibt eine ernstzunehmende Prognose etwa flir das Klima der Periode 2100-2150 AD unmoglich Das muB ganz nilchtem gesehen werden selbst ~ wenn die eben erorterten Schwierigkeiten beim Aufbau eines geeigneten Modells voll befriedigend gelost werden konnen Aber ein Ausweg ist moglich der immerhin eine bedingte Vorhersage - in der Literatur als Vorhersage zweiter Art bezeichnet ermoglicht Setzen wir eillshymal voraus daB die unvorhersagbaren Prozesse so weltershylaufen wie in den letzten (rund) 5000 Jahren - genauer seit dem Verschwinden der letzten Reste der kontinentalen Inlandeisdome auf Labrador Dann konnen wir mit Modellshyrechnungen untersuchen wie dieses klimatische System auf Anderungen der Randbedingungen - zB auf eine Anderung des CO2 -Gehalts des Aerosolgehalts der unteren Troposphare oder der Stratosphiire (Vulkane) der Oberfliishychenalbedo - reagiert Solange kein wirklich komprehenshysives aile Untersysteme mitumfassendes Modell des klimashytischen Systems existiert sollte das in sorgfaltig geplanten Parallelversuchen mi t den heute verfUgbaren Modellen bzw den noch verbesserten Versionen durchgefilhrt werden

Parallel hierzu muB aber ein vertieftes Studium charakshyteristischer Stadien der Klimate der Vergangenheit treten ~ das Iiegt auch im Interesse der Modellbauer Es gibt nur eine Mogliehkei1 die Eignung eines Modells zur Klimavormiddot hersage zu erproben die Simulation der Klimate der Vershygangenheit und ihrer zeitlichen Entwicklung Aber auch unabhiingig davon geben uns diese Paliioklimate Hinweise darauf wie das Klima unserer Erde auch aussehen konnshyteo Denn hier versagt offenbar - jedenfalls gilt dies ftir die Mehrzahl der Meteorologen unser Vorstellungsshyvermogen nur so ist das (fast irrationale) Festhalten an der Oberzeugung von der Konstanz unseres Klimas zu erkliiren trotz all unserer Erfahrung mit extremen Wetterlagen

Stellen wir nur die in der Vergangenheit wirksamen Klimashyfaktoren in Rechnung dann mtissen wir uns fragen wie sah das Klima aus als unsere AlpengJetscher den vielerorts im Gelande noch siehtbaren Hochststand (mehrfach in def Zeit zwischen 1610 und 1855) erreicht hatten Das war die kleine Eiszeit (s Abschn 7) sieher mtiBte def Obershy

gang zu der nachsten Eiszeit von einem solchen Stadium ausgehen und wir mtissen die Frage nach der Natur dieses Obergangs erortern Stellen wir im Gegensatz hierzu die anthropogenen Faktoren in den Vordergrund die offenmiddot bar in ihrer Gesamtheit zu einer globalen Erwarmung flihren (s Absdm 41 42) dann kbnnen wir die Warmmiddot phasen der Vorzeitklimate untersuchen und als Beispiel fUr die in Zukunft zu erwartenden Zustande nehmen NatUrJich mtissen wir uns auch die Frage stellen kann sich das Klima der Vergangenheit wiederholen oder haben sich die Randbedingungen inzwischen geandert Nachdem wir heute wissen daf~ es in jtingerer Vergangenheit nicht eine oder vier sondern mindestens 17 Eiszeiten und ebensoviele Warmzeiten g10balen AusmaBes in 18 Milliomiddot nen lahren gegeben hat (FINK und KUKLA) stellt sich dieses Problem in aller Scharfe Auch die Geschichte des Menschen wiederholt sich nie aufvbllig g1eiche Art

Solange wir also keine physikalisch einwandfreien genUmiddot gend realistischen Klimamodelle zur Verftigung haben mUsmiddot sen wir uns mit dem Vergleich vergangener Zustande aber mit aller gebotener Kritik und Vorsicht behelfen Diese Art der Darstellung moglicher aber keinesfalls gesimiddot cherter Zustande bezeichnet man (in der sehr umfang reichen Literatur Uber Zukunftsfragen) als Szenarium als Drehbuch fUr einen Film Das ist eine auBerst unglUckmiddot liche Bezeichnung unsere Darstellung entspringt niemals allein schbpferischer Phantasie sondern beruht ausschlieBmiddot Hch auf den kritisch durchgeprUften Grabungsergebnissen der Vergangenheit alles was frliher schon einmal gesche hen ist kann wieder geschehen sofern die g1eichen Randmiddot bedingungen gegeben sind HierfUr geben uns die vorliemiddot genden Modelle wertvolle Hinweise Andererseits mUsmiddot sen wir stets die natiirlichen Schwankungen des Klimas (mit einer GroBenordnung von plusmn 06degC fUr die g10bale Mitteltemperatur gegeben fUr einen zB IOOjahrigen Mitmiddot telwert) mit in Rechnung stellen sie addieren sich zu den anthropogen verursachten Schwankungen ledem mit der Klimavergangenheit nicht vertrauten Leser sollte das Studium des groBen zweibandigen Werkes Climates Past Present and Future von H LAMB dringend empfoh len werden

FUr den folgenden Abschnitt 6 die Erorterung globaler Warmphasen als Beispiele [iir m6gliche Klimazustiinde unter anthropogenem Einftuj3 mUssen wir folgende einmiddot schrankende Voraussetzungen machen (s Abschn 23 und 3)

a) Konstanz der Solarkonstanten (innerhalb der heutigen MeBgenauigke it)

b) keine Haufung starkerer VulkanausbrUche c) kein groBskaliger Ausbruch des WestantarktismiddotEises d) keine Anderung der mittleren Bewolkung

Die letzte Einschrankung bezieht sich auf unsere mangelmiddot haften Kenntnisse tiber die Rolle der BewOlkung im Strahmiddot lungshaushalt Zweifellos ware schon eine geringe Zunahmiddot me der Bewolkung (zZ nach Bodenbeobachtungen ca 52 nach Satellitendaten ca 30 beides mit sysmiddot tematischen gegeneinander wirkenden Fehlern behaftet) fUr den Warmehaushalt von entscheidender Bedeutung Doeh ist das unwahrscheinlich (CESS) der gro~te Teil der Wolken entsteht in aufsteigenden Luftstromungen und lost sich bei Absinken auf bleibt also als Foige des Kontinuitiitssatzes etwa erhalten Die stabilen Inversionen

aber dUrften bei einer CO2 middotZunahme wegen der waehsenden LabiliHit der Schichtung eher abnehmen

6 Warmphasen in der Klimageschichte

61 Friihmittelalterliche Wiinneperiode

Da eine Riickkehr zu einer rein naturbedingten Klimaentmiddot wicklung ebenso unmoglich ist wie eine RUckkehr zu den Lebensbedingungen der lungsteinzeit fUr eine Erdbevolkemiddot rung von Uber 4 Milliarden miissen wir mit einer g10balen Erwarmung rechnen Dem widerspricht die Abklihlung der Periode 1945-72 in mittleren und hohen Breiten der Nordhalbkugel nur scheinbar in niedrigen Breiten blieben die Temparaturen fast konstant in gemaBigten Breiten der SUdhalbkugel und am Rande der Antarktis sind sie sogar leicht angestiegen Einer CO2 middotZunahme von 12-13 entspricht eihe g10bale Temperaturzunahme urn a2degC dies liegt noch ganz im Bereich des statistischen Rauschens dh der interannuellen Variabilitat Die bemiddot obachtete AbkUhlung kann offenbar mindestens teilweise auf die seit 1955 wieder auflebende Vulkantatigkeit (nach einer Pause 1912-1948) zuruckgefUhrt werden Das Argumiddot ment daB ohne die inzwischen erfolgte CO2 middotZunahme die AbkUhlung entspreehend starker gewesen ware la~t sich weder beweisen noch widerlegen es steht jedenfalls im Einklang mit den zuveriassigsten Strahlungsmodellen Wir betrachten also zunachst als Beispiel fUr eine kUnftimiddot ge Klimaentwicklung - einige Warmphasen aus der Klimamiddot geschichte ohne daB ruer auf die Art der Quellen und ihre Kritik eingegangen werden kann (vgl die Monogramiddot pruen von SCHWARZBACH und LAMB)

Die erste wichtige Warmphase ist das frUhe Mittelalter etwa die Periode 900 - 1050 un serer Zeitrechnung Sie ist zwar in Mitteleuropa durch historische Daten wenig bemiddot legt das umfangreiche Werk von H LAMB enthalt eine Zusammenstellung aller erreichbarer Daten die inzwischen fortlaufend erganzt werden In dieser Zeit scheinen sich (die vorsichtige Ausdrucksweise ist wegen der noch allmiddot zuoft unkri tischen Auswertung historischer Quellen notmiddot wendig) in weiten Teilen Europas warme Sommer und DUrreperioden zu haufen Die wichtigsten Befunde ergeben sich ausder Siedlungsgescruchte der Wikinger in Island und Gronland mit ihren klihnen Vorstoampn nach Labrador und Neufundland Diese Auswanderer (aus politischen GrUnden) trafen ab 874 Island zu etwa 60 bewaldet an sie trieben dort nicht nur Schafzucht sondern auch Getreidebau (wie Ubrigens damals in Norwegen bis zum 65 Breitengrad) Sie Uberquerten die DanemarkstraBe an der schmalsten Stelle ohne den heutigen TreibeisgUrtel anzutreffen und errichteten Siedlungen in Siidmiddot und Westgronland die FriedhOfe dieser Siedlungen liegen heute im Dauermiddot frostboden War der OstgronlandstrOin damals in 65degN eisfrei dann muB das bei dessen hoher Geschwindigkeit Om Vergleich zur Abschmelzzeit der Eisschollen) fUr seimiddot ne gesamte Lange zutreffen die arktische Treibeisgrenze lag also damals an der Nordkiiste Grbnlands dh in 80-shy

o8I N Breite Erst urn 1330 liegt ein zeitgenbssischer Bemiddot richt vor daB das vorgeriickte Eis zur Aufgabe dieses Scruffmiddot fahrtsweges gefiihrt hat zugleich verschlechterten sich die Klimabedingungen in Gronland und Island wo der Getreimiddot debau aufgegeben werden muBte Archaologische For schung hat zeigen konnen daB urn 1000 die Eskimos den ganzen arktischen Arcrupel Kanadas besiedelt hatmiddot

13

ten ebenso die Neusibirisehen Inseln In diesen heute mensehenleeren Einoden lebten sie von Walfang ~ dieshyser setzt offenes Wasser im Sommer voraus Die gleiche Klimaversehlechterung zwang sie ZUIll Ausweichen nach Sliden und ZusammenstoJ)e mit den durch Hunger und Seuchen dezimierten norwegisehen Siedlern in StidgrOn land filhrten zu deren Verniehtung

Die Waldgesehichte Kanadas und Europas die Gletschershygesehichte der Alpen beJegen um J 000 eine Erwarmung lim etwa 1deg( das Kaspische Meer erreichte einen seiner tiefsten Stande bel ~3~ m dh niedriger als heute wo viel Wasser zu Bewaserungszwecken verwendet wird Der Nordteil der Sahara war feuehter als heute arabische Reishysende beriehteten sogar aus dem heute trockensten Geshybiet (Kufra) von einer gerade erst aufgegebenen Rindershyzucht man wird die Niederschlage damals doch auf 150-~00 mmiJahr schatzen mussen gegeniiber 3~5 mm heute Aber aus dem Mittelmeerraum wird von einzelnen uberaus kalten Wintern berichtet ebenso hatten China und Japan warme Sommer aber auch strenge Winter in denen die gro~en F1u~-Seen am Jangtsekiang zufroren 1m mittleren Westen der USA herrschten giinstige Bedinshygungen fur Ackerbau Jagd und sogar stadtische Kuhur wah rend urn 1200 Serien von Durren zur Aufgabe von Gebieten zwangen Da~ diese Dtirreperiode hier im heutishygen Maisanbaugtirtel 200 Jahre anhielt (Bryson und Murshyray) mu~ besonders beachtet werden Der mittlere Westen Nordamerikas ist zZ das einzige Gebiet mit Getreidetibershyschuf~ wahrend viele andere Lander von Importen dh von der Hand in den Mund Jeben

Eine Zusammenschau dieser (und anderer) Daten fUhrt zu der Vorstellung (LAMB) da~ wie in den hei6esten Somshymem der Periode 1931-60 die Zyklonenzugbahnen der Westdrift durch quasi-stationare Hochdruckgebiete urn 300~500 km nach N verlagert waren Auch im Winter ergab sich eine iihnliche Situation die aber mit blockierenshyden Hochs zu hiiufigen Kaiteperioden ftihrte Wahrend im Eis Gronlands bereits eine vortibergehende Abktihlung urn 1160 eintrat die auch von Schweizer Gletschern beJegt ist war die nachste Kaltewelle mit dem Hohepunkt urn 1320 noch nachhaitiger wirksam alle Warmphasen seit dieser Zeit haben nieht die Andauer und Intensitat derjeshynigen urn die Jahrtausendwende erreicht Ftir sie kann ein Anstieg der reprasentativen Temperaturen urn etwa 1degC angesetzt werden die in der Arktis vermutlich 2-3degC erreicht haben diirfte Von der Sudhalbkugel Jiegen kaum Daten vor au~er einer Trockenperiode in Neuseeland zur Zeit der Maori-Einwanderung

62 Die holozane Warmeperiode vor 6000 (bzw 4000) Jabren

Nach dem Hohepunkt der letzten Eiszeit (18000 vh = vor heute) dauerte der Eisrtickzug in den beiden Nord-Kontishynenten verschieden lang das Skandinavische Inlandeis verschwand endgilltig kurz vor 8000 vh wiihrend zugleich das Laurentische Eis Nordamerikas noch die Hudsonshybucht mit allen Nachbarliindern bedeckte mit noch etwa 50 Prozent seiner urspriinglichen Flache Nach einem katashystrophalen Einbruch des Meeres in die Hudsonbucht vershyschwand das Eis im Westen relativ rasch in Labrador anshyscheinend erst urn 4500 vh wah rend in Baffinland ausgeshydehnte Plateaugletscher bis heute tiberlebten Das ftihrte

14

in der Zeit 8000-4500 vh zu einer permanenten Anomashylie der Zirkulation von Atmosphare und Ozean tiber Euroshypa zu einer zusatzlichen advektiven Erwarmung mit einem ersten Hohepunkt urn 6000 vh einem zweiten ab etwa 4500 vh nach einer kurzen intensiven Abktihlung urn 4800 vh wahrend das ostliche und zentrale Nordamerika noch relativ ktihl blieb Offenbar lagen auch Alaska und das westliche Nordamerika unter dem Einfiu~ eines warmen Hochdruckrtickens langs 1000W dehnte sich der boreale Wald etwa 300 km weiter nach N aus als heute ja vor 4800 vh sogar bis zur Banks-Insel (74degN) Ahnliche Beshyfunde Iiegen von Nordnorwegen und der westsibirischen Taiga vor die eine Erwarmung urn 2 bis 3degC andeuten im globalen Mittel ergibt sich eine Erwarmung urn etwa I 5degC In der inneren Arktis waren selbst die Nordktisten von Spitzbergen Gronland und Ellesmere-Land im Somshymer eisfrei wahrend der Kernbereich des arktischen Treibshyeises zwischen N ordkanada und Ostsibirien sieher erhalten blieb

Die Vegetationsgeschichte von Eurasien (FRENZEL) zeigt diese Warmphase klar Werbei darf man nlcht vergesshysen daB die Einwanderung von Waldbaumen erheblich Ianshygere Zeit benotigt als die daftir verantwortliche Klimaiindeshyrung Von besonderer Bedeutung ist dabei in Ostsibirien a offenbar auch in Kanada und Alaska ein Rtickzug des Dauerfrostbodens urn mehrere 100 km nach Norden in den Gebirgen rtickte die Waldgrenze tiberaIl urn 100-150 m aufwarts In den Alpen lli~t sich das mit vielen Einzelheiten belegen (pATZELT) aber im Gegensatz zur Subarktis kam es hier in der Periode zwischen 8000 vh und 800 vh zu mindestens vier Warmeperioden und zwischengeschalteshyten Kaltphasen mit Gletschervorstii~n von jeweils fast gleieher Intensitat Ftir die TemperaturverhaItnisse der Ozeane sind nur wenige Angaben vorhanden - die zeitshyliche Aufiosung der Ozeanbohrkerne liegt meist bei 3-5000 Jahren als Folge der geringen Sedimentationsrate und der biogenen Durchwtihlung des Meeresbodens Nur fUr den Kuroshio zwischen Taiwan und der japanischen Stidktiste wird eine Erwarmung urn 6degC angegeben

Die auffaIligste Erscheinung ist eine verbreitete Zunahme der Niederschliige mit nur zwei sicheren Ausnahmen In Westsibirien sowie im Mittelwesten der USA (Wisconshysin - Illinois) weitete sich das trockene Grasland nach N bzw E hin aus Oberall sonst besonders auWillig 1m Trok- ~ kengtirtel der Alten Welt von Mauretanien (l7degW) bis nach Rajasthan (77degE) herrschte ein feuchteres Klima als heute in der Sahara ist es an mehr als 30 fossilen Seen und Fltisshysen einwandfrei belegt eben so in der Danakilwtiste in der arabischen Wtiste aber auch im SW Nordamerikas im ostafrikanischen Graben und in weiten Teilen Australiens Zwei Gebiete sind besonders gut belegt in Rajasthan (BRYSON) schwankte die Regenmenge zwischen 400-600 mm (zeitweise fiber 800 mm) von etwa 10500 vh bis rund 3700 vh gegeniiber rund 250 mm heute und der Tschadshysee heute ein naches von Diinen durchsetztes Seebecken von maximal 23000 km2 dehnte sich zweimal (urn 8500 und urn 5800 vh) auf tiber 320000 km2 aus (MALEY) mit einem Spiegel tiber 40 m hoher als heutc und einer maximamiddot len Tiefe von etwa 200 m Das zentrale Trockengebiet zwischen Kufra und Tibesti heute mit weniger als 5 mml Jabr war zT von dauernd flie~nden Fltissen durchzogen Das Grasland wurde genutzt von offenbar zahlreichen rinderztichtenden Nomaden und die jahrlichen Niedershy

schlage werden auf 200-400 mm geschatzt (PACHUR GABRIEL) im Tibestigebirge (heute 100 mm) auf tiber 800 mm Besonders auffallig ist da~ in dieser Feuchteperiode sowohl die Nord- wie die Stidflanke der Sahara starker tiberregnet wurden im Sahelgebiet schlieBt ROGNON auf eine ganzjahrige Regenzeit mit haufigen Dauerregen an stelle der kurzen Sommer-Regenzeit mit ihren heftigen Schauern Das ist nicht vertraglich mit der Lehrbuch-Vorstellung von einer meridionalen Verschiebung aller Klimagtirtel die im Stiden und Norden der Sahara alternierende Feuchtshyphasen auslosen m~te Nur bn Winterregengebiet nordlich 36degN find en wir in Anatolien und Iran (so am Van-See) eine markante Trockenperiode gleichzeitig mit der Feuchtshyphase der ganzen Sahara Diese Feuchtphase schon einmal urn 7500 vh unterbrochen wurde ab 5500 vh durch eine allmiihliche Austrocknung abgelost die urn 4000 vh in der Sahara etwas spater auch in Rajasthan zu einem ariden Klima ahnlich wie heute fOOrte Diese Austrocknung haben die frOOeren Hochkulturen miterlebt das Alte Reich Agyptens die Stadtkulturen zwischen Jericho und Ur die Indus-Kultur ilire Krisen oder ihr Untergang hiingen offen bar von diesen Klimaanderungen starker ab als von dem Einfall fremder Volksstamme

Die Interpretation dieser Befunde aus dem Holoziin (=Nachshyeiszeit) erfordert eine genaue Synchronisation des Ablaufs der Klimageschichte in weit entfernten Raumen sowie ein meteorologisches Verstiindnis dieser raumlichen Bezieshyhungen anhand rezenter Befunde Zunlichst ergibt sich auch heute in den Obergangsjahreszeiten wie im Winter die Existenz quasi-permanenter Hohentr6ge die sich in 150-300 mbar jeweils weit zurtick nach SW bis in die innemiddot ren Tropen hinein erstrecken (FLOHN 1975) Ahnlich existieren diese diagonaien Hdhentrdge auch tiber der Stidhalbkugel wo sie bis zum Aquator gelegentlich auch dartiber hinaus reichen In ihrem Bereich kommt es zu einer Wechselwirkung der tropischen und aulkrtropischen Storungen (Abb 9) die zu kraftigen Wirbeln mit Gewittermiddot schauern und Sandsttirmen ftihren dies sind die schon urn

Interaction Upper Troughs-low level Tropical Vortices Lat

300

fIlA 200

10middot

omiddot Abb 9 Diagonale Hohentroge (200 mb) und ihre Wechshy

selwirkung mit Storungen der tropischen Oststroshymung (700 mb)

1935 bekannten Saharadepressionen 1m westlichen und zentralen Nordafrika laBt sich an heutigen Statistiken die simultane Schrumpfung bzw Ausweitung des Trokshykengtirtels und die Rolle der Frtibjahrsregen hierbei nachshyweisen dasselbe ergab sich aus historischen Studien der Regenverhaitnisse im 17-19 Jahrhundert (NICHOLshySON)

Wahrend der ersten Feuchtphase 10500 8000 vh existiershyten noch ausgedehnte EisfHichen in Nordeuropa und Nordmiddot amerika Das ganze Jahr tiber reichte die glob ale Kaltshyluft und die von ihr ausgehenden Kaltetroge weiter stidmiddot warts als heute wahrend sich Uber den Tropen bereits die heutige Zirkulation herstellte Die Befunde deuten im Atlantik wie im Pazifik auf eine Abschwachung der subtroshypischen Hochdruckgebiete und damit der Intensitlit der Passatwinde Dies fiihrt notwendig zu einer Abschwachung des Aufquellens von Kaltwasser sowohl an den Westktisten (NWmiddotAfrika Kalifornien) wie am Aquator hier also zur Vorherrschaft der EI-Nino-Zirkulation mit Warmwasser starker Verdun stung und aquatorialen Regen auf dem Meer die geophysikalische Rolle dieses Wechsels ist kaum zu tiberschatzen Urn 8000 - 7300 vh kam es nach Vermiddot schwinden des skandinavischen Eises zu einer Unterbremiddot chung der Feuchtphase Diese stellte sichjedoch wieder her solange noch tiber Labrador - Baffinland ausgedehnte Eisfelder auch im Sommer tiefe weit ausgreifende Hohenmiddot troge zur Folge hatten diese traten offenbar in Nordamerishyka sowie in EuropaAfrika in den Obergangszeiten haufishyger auf als heute 5-10 faile dieser Art pro Jahr gentigen urn insgesamt 150-250 mm zusatzlichen Niederschlag hervorzubringen Die endgultige Austrocknung vollzog sich erst urn etwa 4500 vh mit dem Verschwinden der Eisreste aus Labrador

Die fUr den Klimaablauf entscheidenden physikaischen Randbedingungen in der Subpolarzone waren also urn 6000 vh noch wesentlich anders als heute erst urn 4500 vh entwickelten sie sich offenbar mit einer noch starkeren Reduktion des arktischen Eises Die ebenfalls noch wanne Phase urn 4000 vh deren regionale Einzelheiten weniger gut bekannt sind war im Trockengtirtel der Alten Welt wie im SW Nordamerikas in Stidafrika und in Australien ahnlich trocken wie heute Noch eine weltcre Randbedinshygung sollte nicht vergessen werden die bereits erwahnte (Abschn 43) Vegetationszerstorung und Desertifikation die mit der Zunahme der Obertlachenalbedo tiber den Meshychanismus des Charney-Modells zu einer Verstarkung des Absinkens fUhrt Sie wird wahrscheinlich bei einem Ruck gang des ArktismiddotEises eine Zunahme der Niederschlage im Sahel hinausz6gern jedenfalls solange bis durch geeigshynete SchutzmaBnahmen eine geschlossene GraslandmiddotVege tation in den Randgebieten der Sahara wieder hergestellt werden kann Das aber ist ein okonomisch-soziales Pro blem

63 Letztes Interglazial EemmiddotWannzeit 120000 vb

Die EntwickIung quantitativer Arbeitsmethoden in der Geo logie hat in den letzten Jahren einige aufregende Entdek kungen innerhalb der Erdgeschichte erm6glicht Hierzu zahlt die Entdeckung eines 17-18maligen Wechsels zwi schen Eiszeit und Warmzeit (Interglazial) in den letzten 2 Millionen Jahren in zeitlicher Obereinstimmung datiert mittels der Umkehrung des erdmagnetischen Feldes gefunshyden in Ozeanbohrkernen aus dem aquatorialen Pazifik (SHACKLETON - OPDYKE) und in L6Bprofilen in Mahmiddot ren und Niederosterreich (KUKLA und FINK) Damit ergab sich eine gesicherte Chronologie der Kalt- und Warmshyzeiten ftir die palaomagnetische BrunhesmiddotEpoche der letzten 700 000 Jahre In allen geeigneten Ozean-Bohrkernen finshydet man in der Zeit zwischen 127 000 und 75 000 vh (mit einer Fehlergrenze unterhalb plusmn 5000 Jahren) drei

15

Warmphasen mit zwei kurzen Kaltphasen dazwischen genauere Untersuchung in Barbados auf Mallorca Neuguishynea und an der Themsemtindung belegen auch die zugeshyhOrigen eustatischen Schwankungen des Meeresspieshygels da in den Kaltphasen gro6e Wassennengen als konshytinentales Eis gespeichert werden Auf dem Festland sind bisher zwei nahezu vollstandige Moorbohrkerne untershysucht worden (in Mazedonien und sudlich der Vogesen) die die gleichen Schwankungen zeigen aber in wesentlich hOherer zeitlicher Auflosung Noch weiter auflasbar sind die Diatomeenablagerungen Nordwestdeutschlands mit ihren tiber 10 000 Jahre reichenden Jahresschichten (H MOLLER) die eine pollenanalytische Analyse von Abshyschnitten von nur 15 Jahre Lange erlauben

Nach allen vorliegenden Befunden ist die friiheste der drei Warmphasen mit deutlichem Abstand die warmste noch etwas warmer als die erarterte holozane Warmphase offenbar auch warmer als die vorhergegangenen Interglashyziale Sie reichte von 127000 bis etwa 115000 vh die warmste Phase umfa~te in den Vogesen mindestens 10000 Jahre dagegen die beiden Kaltphasen nur jeweils 1600 bzw 1000 Jahre Ftir Europa und die Sowjetunion existiert eine detaillierte Vegetationsanalyse (FRENZEL) dieser Warmzeit die mit dem hollandischen Lokalnamen Eem (im engeren Sinne) bezeichnet wird nach dieser Anashylyse miissen die Temperaturen 2-3degC haher gelegen haben als heute in Sibirien sogar bis 6degC Xhnlich wie im Holoshyzan miissen die Niederschlage hoher gewesen sein zumal die hOhere Temperatur schon an sich zu einer Zunahme der Ozean-Verdunstung fiihrt Neben der oben erorterten Dominanz der EI-Nifio-Zirkulation am Xquator ist eine weitere Ursache der Verstarkung des hydrologischen ZykshyIus der eustatische Meeresspiegelanstieg auf + 5-7 m der durch einen breiten Meeresarm zwischen Ostsee und Wei~em Meer Fennoskandien zur Insel macht und im Mtindungsgebiet von Ob und Jenissei bis tiber 1000 km weit ins Binnenland eingreift (FRENZEL) Zugleich kam es zu einem drastischen Riickzug des Dauerfrostbodens in Ostsibirien bis etwa 57deg Breite (heute etwa 49deg) Auch bei einem Anstieg der Temperaturen urn 6degC erlebte Sibishyrien auch damals sehr kalte Winter doch miissen im Sommiddot mer die Ktisten weitgehend eisfrei gewesen sein Anderermiddot seits ergeben die Bohrkerne im Arktischen Ozean daB der zentrale Kern des arktischen Eises zwischen Gronland Alaska und Ostsibirien aile Warmzeiten seit mindestens 700000 Jahren ohne Unterbrechung uberdauert hat die gleiche Annahme erscheint fUr das Gronlandeis immershyhin wahrscheinlich (wenn auch nicht belegt)

Mit dem starker mariti men Klima Europas reiehten warmiddot meliebende Walder weit nach Ru6land hinein Das Vorshykommen von Lowen FluBpferden und Waldelefanten in GroBbritannien ist ein besonders auffallendes Anzeimiddot chen warmerer Bedingungen wenn auch der SchluB auf tropisches Klima nach Ausweis der Vegetation sicher unshygerechtfertigt ware Aus den tropischen Kontinenten lieshygen bisher nur wenige Befunde vor eine lange humide Phase an der westafrikanischen Kiiste und in der Afar-Senke am Roten Meer entsprechen den Befunden der holozanen Warmzeit

Diese Eem-Warmzeit war offenbar die wiirmste Phase seit Beginn der Brunhes-Epoche vor 700000 Jahren abet das gesamte letzte Interglazial dauerte wesentlich langer

es umfaBte zwei weitere etwas kiihlere Warmphasen geshytrennt durch zwei intensive Kaltphasen urn etwa 110 000 und 90 000 vh Die zugehorigen Schwankungen des Meemiddot resspiegels zwischen -70 und -80 m in den Kaltphasen (letzte Eiszeit -100 m) und etwa -5 m in den beiden spateren Warmphasen zeigen daB die Schwankung des globalen Eisvolumens immerhin 70-75 derjenigen zwishyschen letzter Eiszeit und heute betrug Diese Anderunshygen der Massenbilanz in den beiden Kaltphasen drang ten sich jeweils auf weniger als 10 000 Jahre zusammen die entsprechenden Klimaanderungen auf dem Festland liefen nach Ausweis der (verzogerten) Vegetationsschwanshykungen in den europaischen Mooren in wenigen 100 Jahshyren in Wirklichkeit also vermutlich in lt 100 Jahren abo Das wird bestatigt durch den Gronland-Blitz eine in ihrem Mechanismus noch nieht einwandfrei geklarshyte Abkiihlung in weniger als 100 Jahren (DANSGAARD) die im Eis Nord-Gronlands in tiber 1300 m Tiefe seit minshydestens 90000 Jahren tiefgefroren aufbewahrt ist

Gewi~ sind noch nieht alle Fragen geklart Offenbar haben sich im mittleren Europa die beiden Kaltphasen trotz globalen Charakters nur kurzfristig in Form abrupter Abkiihlungen in der und hier allein interessierenden humashynen Zeitskala ausgewirkt Xhnliche Ereignisse haben sich nach den heute vorliegenden Befunden in allen jtingeren Y Interglazialzeiten (und im Holozan) abgespielt - auf dieshyses Problem muB noch (Abschn 8) eingegangen werden

Der eustatische Meeresspiegelanstieg im Eem ist in seiner Ursache noch nicht geklart ein Anstieg urn 5-7 m entmiddot spricht entweder dem Abrutschen des Eises der Westantshyarktis oder dem Verschwinden des Gronlandeises oder eishynem entsprechenden Wasserverlust der sehr stabilen Ostantshyarktis Wabrend das zuerst genannte Ereignis uU recht rasch vor sich gehen konnte (genauere Vorstellungen tiber die Zeitskala liegen allerdings nicht vor) laufen die beiden anderen Ereignisse so langsam ab daB der zugehoshyrige weltweite Meeresspiegeianstieg in der GroBenordnung weniger mm pro Jahr (heute 11 mm) bleibt

64 Eisfreie Arktis vereiste Antarktis (12-25 Mill vh)

Wahrend die bisher dargestellten Klimaphasen keine grundshysatzlichen Abweichungen gegentiber dem heutigen Klimashybild zeigen trifft dies fUr den extremsten Fall eines vOl- ~ ligen Verschwindens der arktischen Treibeisdecke nicht zu Die Idee eines Verschwindens des arktischen Treibshyeises hat zuerst BUDYKO urn 1962 entwickelt und zwar als Endergebnis einer gezielten Umwandlung des Klimas wie sie 1959 auf einem der Kongresse der KPdSU proklashymiert worden war - im Einklang mit der marxistischen These von def Umwandlung der Natur durch den Menshyschen Bei naheren Untersuchungen stellte sich heraus daB dieses Projekt (schon wegen der Ausdehnung der Eisdecke tiber 10 bull 106 km2 ) nicht nur extrem aufwendig war sondem auch sehr weitreichende Nebenwirkungen zur Foige haben konnte Spater erkannte man daB die im Gange befindliche Zunahme des CO2 -Gehaltes zu dem gleiehen Ergebnis fiihren konnte Die Sensitivitat dieses Systems wurde bereits besprochen (vergl Abschn 21) ein vereinfachtes eindimensionales Klimamodell (BUDYKO 1969) ergab bei wachsendem CO2 -Gehalt und zunehmender Erwarmung ein immer rascheres Ruckshyweichen der EisSchneegrenze zum Nordpol hin

16

Ein solches scheinbar jeder Erfahrung widersprechendes Modell konnte nieht ohne Widerspruch hingenommen werden Schon die Frage ob unter den heutigen Klimashybedingungen die Eisdecke irreversibel verschwinden kann oder ob sie sich im nachsten Winter neu bildet mu~te eingehend erortert werden wir konnen sie offen lassen da nunmehr ein Verschwinden des Treibeises unter extreshymen von den heutigen abweichenden Klimabedingungen zur Erorterung steht Diese Frage kann nur mit umfangreishychen Modellrechnungen beantwortet werden unter weishychen Bedingungen ist das dynamische System Meer Treibeis (mit Polynyas) - Schneedecke - Atmosphiire tiber den jahreszeitlichen Wechsel der Strahlungsbilanz hin stabil bzw instabil Solche Rechnungen sind im Gang eine ganze Familie von stufenweise immer komplexerer Modelle mu~ unter verschiedenen Randbedingungen geshytestet werden eine umfangreiche Arbeit die nicht heute oder morgen zu Ende geftihrt werden kann

Einer der vielen Einwande war die Frage ob ein eisfreier ~ Arktischer Ozean gleichzeitig mit einer vereisten Antarkshy

tis existieren konne dies ergibt eine schwer vorstellbare Asymmetrie der beiden Halbkugeln Aber auch heute existiert eine deutliche Asymmetrie die Troposphiire tiber der Antarktis ist im gleichen Niveau im Jahresmittel 11shy

12degC kalter als tiber der Arktis im NordsommerlStidwinter sogar um tiber 26degC Da nach einfachen OberJegungen die durch die Modellversuche von FULTZ (1959) bestiishytigt wurden die Zirkulation der Atmosphiire von dem Temperaturgeflille zwischen Aquator und Pol abhiingt (KORFF und FLOHN 1969) ist die Zirkulation auf der Stidhemisphiire starker als auf der Nordhalbkugel und greift tiber den Aquator hintiber im Jahresdurchschnitt bis etwa 6deg Nordbreite im Juli (Januar) auf rund 12deg N (1 deg S) Das zirkulationserzeugende meridionale Temperaturgefalle ist heute tiber der Stidhalbkugel im lahresdurchschnitt 42 gro~er als tiber der Nordhalbkugel

Tatasachlich hat aber - das ist eine der grundlegenden Erkenntnisse die wir dem Deep Sea Drilling Programm mit der Glomar Challenger verdanken - ein derart krasser Gegensatz der beiden Pole im jtingeren Tertiar viele Millionen Jahre lang existiert (KENNETf 1977) Der Antarktische Kontinent war erstmals vor 38 Ma (= 106

Jahre) mindestens teilweise vereist schon damals bildete sich das antarktische Bodenwasser der Ozeane mit einer

Abktihlung um etwa 5degC Eine vollstandige Vereisung der Antarktis besteht seit dem mittleren Miozan vor 12shy14 Ma sie war seither nur noch sekundaren Schwankungen unterworfen Vor etwa 55 Ma bildete sich dieses zuniichst noch relativ flache Eis mit Temperaturen um OdegC in ein kaltes stabiles Eis (der Ostantarktis) um noch 200shy300 m mach tiger als heute begleitet von einer globalen Abktihlung und einer eustatischen Absenkung des Meeshyresspiegels Diese ftihrte an der Schwelle von Gibraltar zu einer (mehrfach wiederhoJten) Abschntirung und Ausshytrocknung des westlichen Mitteimeeres (HSU) auf deren regionaie klimatische Bedeutung nicht weiter eingegangen werden kann

Die allmiihliche Abktihlung wiihrend des mittleren und junshygeren Tertiars hangt offenbar mit der Bildung des kalten von der Antarktis sich ausbreitenden Bodenwassers zusamshymen durch Mischung sanken auch in mittleren Schichshyten die Wassertemperaturen langsam ab und mit der Vershy

starkung der atmosphiirisch-ozeanischen Zirkulation kam es zum Aufquellen dieser ktihlen Schichten am Aquator und an den subtropischen WestkUsten Eine Vereisung der Gebirge der Nordhalbkugel trat erst lange nach der Antshyark tis ein in Alaska vor etwa 9 Ma in Island und im kalimiddot fornischen Hochgebirge vor etwa 28 Ma Eine Bildung von arktischem Treibeis war erst moglich nachdem diese konshytinentalen Gletscher allmahlich beim sommerlichen Schmelshyzen eine dUnne salzarme Deckschicht des Arktischen Ozeans gebildet hatten dies geschah offenbar erstmals vor 23 Ma zuerst sicher noch als jahreszeitliches Eis

Damit steht also fest da~ in der Zeit zwischen 12 und 25 Ma gleichzeitig ein vollstandig vereister antarktischer Konshytinent und ein offener eisfreier arktischer Ozean existiermiddot ten In dieser Zeit miampte (aus theoretischen GrUnden) der meteorologische Aquator im Jahresmittei in etwa 9-10deg Nordbreite gelegen haben dafUr gibt es in Afrika auch Belege Als weitere Fol~e ware eine Verlagerung des Trockengtirtels bis 40-50 N zu erwarten die im ostlichen Europa auch belegt ist (zB im Wiener Becken s Abb 10) die subtropische Flora jener Zeit ist vielfach beschrieben worden (SCHWARZBACH MAGDEFRAU)

Northern Boundary of NHem Evaporite Zone

Oucternary (0-2 Ma) Late Tertiary 15-15 Ma) Early Tertiary (30-50Ma)

Abb 10 Mittlere Nordgrenze des Trockengiirtels (Ablashygerungen von Salz Gips usw) im Quartar (0 shy2 Ma) JungterWir (5 IS Ma) und Alttertilir (30 - 50 Ma) nach LOTZE

und Walder der gema~igten Zone reichten bis Nordgronshyland Nach SCHWARZBACH lagen im rheinischen Braunmiddot kohlengebiet die Temperaturen in allen Jahreszeiten urn 5-8degC hOher als heute Der stidhemisphiirische Trocken gtirtel reichte bis in die Nahe des Aquators Es ist unmogmiddot lich in diesem Rahmen auf Einzelheiten einzugehen zumal hierzu eine vollstiindige Auswertung der neueren geologimiddot schen Literatur notwendig ist

Nach BUDYKOs Modell kann der Obergang zu einem solchen Klima dh das Verschwinden des arktischen Eises bei einer allgemeinen Erwarmung urn ca 4degC eintreten (vgl auch KELLOGG) Das entsprache (je nach Modellannahme) einem virtueJlen CO2 -Gehalt von 800 shy1100 ppm der reale CO2 -Wert liegt bei 750 ppm (plusmn 15jd (Abschn 42) Ob und wann solche Werte erreicht werden hangt von Entscheidungen auf energiepolitisch-okonomisch sozialem Gebiet ab (Abschn 8)

17

7 Kaltphasen in der Klimageschichte

71 Kleine Eiszeit (1550-1850)

Dal~ das Klima im 20 Jahrhundert nieht das einzig mogliche ist ja dreg es selbst im Rahmen der [etzten 500 Jahre ausgesprochen anormal ist gehort zu den Tatsachen die selbst den meisten Meteorologen unbekannt sind Tatsachmiddot Hch haben wir in Europa - wie das am besten bekannte Verhalten der AJpengletscher zeigt seit rund lO 000 Jahmiddot ren immer wieder einen Wechsel zwischen Warmphasen (wie in Absehn 61 geschildert) ulld Kaltpllasen erlebt Hierbei sind die Phasen innerhalb dec beiden Gruppen untereinander recht iihnlich ihre Dauer aber variabel irgendwekhe persistenten Perioden existieren offenbar nieht oder ihr Anteil an der gesamten Varianz ist vernachmiddot liissigbar gering Wahrend die Gletscherstande der Zeit 1930-60 offenbar nahezu identisch sind mit denen frOherer Warmphasen l diese A ussage ist etwas unsieher) liegen die Moranen der GletschervorstoBe urn 1820 und urn 1855 fast genau auf denen frtiherer Gletscherhochstande (PATZELT) Die letzte Kaltphase kann uns also als Modell fUr aIle frOhemiddot ren seit dem RUckzug der grofben Inlandeise dienen ihre Bezeiehnung als Kleine Eiszeit ist allerdings bewufbt Ubermiddot trieben Ihr Beginn ist nieht eindeutig festlegbar schon urn 1160 urn 1320 und urn 1430 kam es zu kUrzeren aber marmiddot kanten GletschervorstoBen in den AJpen und fUr die beimiddot den 1etztgenannten Termine liegen viele Nachriehten Uber ganz ungewohnhche Klimaanomalien vor (LAMB von RUDLOFF) Von langerer Dauer war die Klimaverschlechmiddot terung ab 1560 die in ZUrich einen Rtickgang der Wintermiddot temperaturen urn 2degC brachte wahrend bei Kopenhagen das ganze Jahr Uber Winde aus SUdost und Ost - als Anzeimiddot chen blockierender Antizyklonen vorherrschten Die Witshyterungsabliiufe ahneln sehr denen die wir heute in Einzelmiddot jahren mit strengen Wintern (1939-42 19467 19623) erleben haufig blockierende Antizyklonen Wetter1agen mit anhaltend starker meridionaler Komponente - unmiddot gewohnlich kalt aber auch ungewohnlich warm haufige Dtirremiddot und Niisseperioden schneereiche und bis tief in das Frtihjahr anhaltende Winter mit nachfolgenden MiBernmiddot ten

FUr die Beurteilung der Klimabedingungen jener Zeit sind nieht nur die Gletscher der Hochgebirge sondern vor aHem die Under nahe der Polargrenze des besiedelten Landes wesentlich Island Sehottland die Faroer und Skandinamiddot vien Die Nachriehten vom Verhalten des arktischen Treibmiddot eises - mit seiner entscheidenden Rolle fiir Albedo und Wdrmehaushalt haufen sieh jetzt Island viele Jahre hinmiddot durch 6-9 Monate lang von Treibeis blockiert massive Eismiddot vorstoBe nach den Faroern (mit Wassertemperaturen 3_4degC unter den heutigen) und selbst nach Norwegen (wo die Fischerei jahrelang fast ohne Ertrag blieb) Rtickgang der Vegetationsgrenzen und schwere Nahrungskrisen in Schottmiddot land Besonders eindrucksvoHe Beispiele aus der Zeit 1755shy1790 schildert die durch genaue meteorologische und landwirtschaftliehe Daten ausgezeiehnete Arbeit von PFISTER aus dem Kanton Bern auf die weltweite Zusammiddot menschau von H LAMB (VoL II) sei nochmals hingemiddot wiesen

Eine voriaufige Zusammenstellung der jahrlichen Getreishydepreise in der Zeit von 1500-1860 gibt Abbildung 6 die aus den fast vollstandigen Reihen von 5 deutschen Stlidten

18

gemittel t wurde von einem langjiihrigen Trend abgesehen zeigt sie zahlreiche meist gruppenweise auftretenden Jahre mit Preisanstiegen urn das dreimiddot bis sechsfache Das absomiddot lute Maximum (bis 1950) waren die weitweiten Hunger jahre J81617 nach dem Vulkanausbruch des Tambora 1815

1m Gebiet der mediterranen Winterregen existieren widershyspruchsvolle Nachrichten einmal stimmen die kiiltesten Abschnitte (genannt seien die Zeiten urn 1570 1630 vor aHem 1680-1700 nach 1770 1816 f 1845 t) mit Feuchtjahren Uberein einmal mit Diirren Das gilt fUr Algemiddot rien die Seen Mittelitaliens ebenso wie fur das Tote Meer und das Kaspische Meer aber auch (nach Sh NICHOLSON) fUr die Sahelzone Systematische Studien Uber die Telekonmiddot nektionen der Niederschliige im Mittelmeergebiet brinmiddot gen die Lasung (HELBIG) die Maxima der mediterranen Winterregen konzentrieren sieh im Bereich quasistationarer Hahentroge und negative KorreIationen g1eichzeitiger Werte mit Abstanden von 700-1000 km ( = halbe Rossbymiddot Wellenlange) sind haufig Daher ist es hier sinnlos eine ganmiddot _ ze Klimazone zusammenzufassen die Abhangigkeit der KlimamiddotAnomalien von der Lange ist mindestens ebenso groB wie die von der Breite Die regionale Verteilung der entmiddot gegengesetzten Witterungsanomalien wird beherrscht von der jeweils quasistationaren Lage des bloekierenden Hoch C

zentrums und der begleitenden Hohentroge bzw Kaltluftmiddot tropfen - das kennt jeder erfahrene Synoptiker und das ist auch das zentrale Problem jeder iangfristigen Vorhermiddot sage Auch in Nordamerika hangen die kalten Zeitabschnitmiddot te dieser Periode mit bloekierenden Antizyklonen zusammiddot men wie die Auswertung von Baumringen (FRITTS) geshyzeigt haben

Was ist nun die Ursache des Vorherrschens meridionaler Zirkulationstypen in dieser Klimaphase was die Ursache dominierender zonaler Zirkulationstypen mit polwarts vermiddot schobenen subtropischen Hochzellen in den Warmphasen Beim VergIeieh etwa der Abschnitte 1815-1855 (nochshymals urn 1890) und 1930-1960 fall t sofort die verschiemiddot dene Lage der arktischen Treibeisgrenze im Atlantik auf im Raume urn Island-Norwegen handelt es sich urn Vermiddot schiebungen von der GroBenordnung 1500 km Was aber verursachte diese Ausweitung des arktischen Treibeises die maximal 2 Mill km2 erreicht haben dtirfte

Auf diese Frage existieren zZ zwei Antworten von demiddot nen wenigstens eine geophysikaJiseh einwandfrei begrtinshydet ist Sie bezieht sich auf eine von LAMB zusammengemiddot faBte Statistik von VulkanausbrUchen (s Abschn 32) bei der in der Tat ein Zusammenhang zwischen den Hohemiddot punkten der kleinen Eiszeit und besonders schweren Vulmiddot kaneruptionen (oder Gruppen) auffall 1 Andererseits hat EDDY darauf hingewiesen daB die auffallige lange Periode geringster SonnenaktivWit der Zeit 1643 -1710 mit ihrem Maximalstadium tibereinstimmt - dieser Zusammenhang ist jedoch bisher physikalisch noch ganz ungek1art und muB daher offen bleiben Wegen der Unvorhersagbarkeit beimiddot der Ursachen kann das erneute Auftreten einer solchen Kaltphase in den nachsten 50-100 J ahren weder bejaht noeh ausgeschlossen werden auch eine statistische Aussage tiber die Wahrscheinlichkeit bleibt unsicher da zahlenmaBige Unterlagen in beiden Fallen nur wenige Jahrshyhunderte umfassen und subjektive Beurteilungen nieht ausmiddot schlieBen konnen Sofern sich aber die glob ale Erwiirmung

(etwa ab 2000) durchsetzt werden Wahrscheinlichkeit und AusmaB einer Wiederholung der Kaltphase sHindig zurUckmiddot gehen

72 Ubergang zu einer Eiszeit

Keine Frage wird dem KJimatologen Ofter von Repormiddot tern gestellt als die nach der nachten Eiszeit Umso merkmiddot wUrdiger ist die geringe Rolle die der mogliche obergang vom heutigen (interglazialen) zu einem glazialen Klima in der wissenschaftlichen Literatur spielt Das mag zwei Grtinde haben Geologen und andere an der Klimageschichmiddot te interessierte Wissenschaftler wagen sich nicht (mit einimiddot gem Recht) auf ein ihnen fremdes Feld und die meisten Meteorologen halten dieses Problem fUr ebenso unwissenmiddot schaftlich wie das der Sintflut Diese Einstellung ist aber heute nieht mehr gerechtfertigt nachdem in einer Reihe von Fallen einwandfrei abrupte Klimaiinderungen mit einer in humanen MaBstaben ganz kurzen Zeitmiddot skala nachgewiesen wurden die samtlich aus den Interglamiddot zialen oder den - hier nieht interessierenden - tJbermiddot gangsstadien zwischen Glazial und Interglazial stammen Einwandfreie Belege beruhen entweder auf Untersuchunmiddot gen an fossilen Mooren mit Jahresschichten (Varven)

fln Seen mit hoher Sedimentationsrate oder von Baummiddot ringen Aus Raumgrtinden ist es nieht moglich auf einzelmiddot

ne Befunde einzugehen (FLOHN 1974 1978) Einer der besten stammt aus der Liineburger Heide (H MOLLER 1974 1978) wo vor tiber 300 000 Jahren ein Wald der einem etwas warmeren Klima als heute entsprach binnen 30 Jahren () verschwand urn nach einer Pause - die Zeit reicht nicht aus urn eine arktische Tundra hervorzubrinmiddot gen durch subarktischen Birkenwald ersetzt zu werden darauf folgte in 300-400 Jahren eine Sequenz von Waldo typen wie man sie heute auf einer Bahnfahrt von Narvik (68deg N) nach Siidschweden sehen kann Dauert die Reakmiddot tion eines Waldes auf eine Klimaanderung sieher Jahrzehnte oder Jahrhunderte so gibt es schnell ere Indikatoren In Mittelengland wurde nach Ende der letzten Eiszeit eine subarktische Kaferfauna in etwa 50 Jahren durch eine warmmiddotgemaBigte Fauna ersetzt aquivalent einer Erhohung der JulimiddotTemperatur urn 8-9degC (COOPE 1977)

Das sind nur zwei niichterne Befunde gewonnen mit neumiddot zeitlichen Arbeitsmethoden die in ihrer Gesamtheit nicht

~ehr anzweifelbar sind die wenigen Klimahistoriker memiddot teorologischer Herkunft haben sich inzwischen von der Bedeutung dieser Zeit skala abrupter KJimaanderungen laquo 100 Jahre) tiberzeugen lassen Mogliche U rsachen fUr die (haufigeren) rapiden Abklihlungen sind schon in den Abschnitten 2 und 7 erortert worden fUr Erwarmungen stehen sie noch aus In jtingster Zeit ist auch kIar geworden daB solche Ereignisse sieh nicht notwendig synchron aus wirken sondern wegen der nur allmahlichen Verlage rung barokliner Frontalzonen im Ozean oder dem regional verschieden raschen Ablauf der kontinentalen Vereisunshygen - diachron dh mit erheblichen Zeitunterschieden in der Horizontalen Das bedeutet auch eine Grenze fUr die Vorstellung eines fast-intransitiven Klimas im Sinne von ELORENZ

Nehmen wir die Moglichkeit einer abrupten Abklihlung dieser Zeitskala als gegeben an wie und wo konnte sie sieh abspielen Zweifellos kann eine kontinentale Gletshyscherbildung nur mit einem wiederholten Uberdauern

der Winterschneedecke tiber den Sommer hin beginnen in den kritischen Gebieten der Subarktis - so die 750000 km2 groBe Baffin-Insel mit ihren Hochplateaus Labrador auch Lappland und die norwegischen Gebirge - schmilzt auch heute die meterdicke Schneedecke erst Anfang oder Mitte Juni endgilltig ab urn sieh Ende August oder im Sepshytember neu zu bilden Hierzu gemigt in Baffinland ein Absinken der Sommertemperaturen urn nur etwa 2dege wahrend in den anderen Gebieten 4-6degC notwendig wamiddot ren oder zugleieh eine massive Zunahme der Schneenieshyderschlage Die kritische Stellung Baffinlands erhellt auch daraus daB in der kIeinen Eiszeit - nach Ausweis von FlechtenUntersuchungen die heute insgesamt 37 000 km 2 einnehmenden Plateau-Eisfelder sich auf 140000 km2 vergroBert hatten (IVES) entsprechende Untersumiddot chungen in Fennoskandien stehen noch aus

Eine Modelluntersuchung (ANDREWS - MAHAFFY) ftir Baffinland hat in zwei Experimenten gezeigt wie sich eine urn einen Faktor 3 erhohte Sehneebilanz in einer langsashymen Zunahme von Flache und Volumen einer Eisdecke auswirkt langsamer als die Beobachtungen des eusta tishyschen Sinkens des Meeresspiegels in den interglazialen Kaltmiddot phasen anzeigen Aber in diesem Modell ist die machtvolle Rtickkopplung zwischen Schneedecke Albedo und Tempeshyratur nieht voll und zu spat in Reehnung gestellt worden Jedenfalls ist es hochst unwahrscheinlich daB in den nachsten 100 Jahren nachdem zuerst eine Kaltphase im obigen Sinne eintrat dieser ProzeB sich tiber die unmittdshybare Umgebung hinaus weltweit auswirken konnte Hiermiddot gegen sprechen aueh die langperiodischen Effektr der Erdmiddot bahneIemente deren nachstes Minimum (kiihle Sommer in der Arktis kalte Winter zugleieh in der Antarktis) erst in rund 10 000 Jahren fallig ist (BERGER)

Bei dieser Sachlage ist hOchstens - bei einer Kombination mehrerer ungtinstiger Voraussetzungen etwa dem Zusamshymentreffen mehrerer sehr schwerer Vulkaneruptionen von der Intensitat des Tambora (1815) oder wenigstens Krakatau (1883) innerhalb der jetzigen Phase relativ ausgedehnten polaren Treibeises vor Wirksamwerden der erwarteten anthropogenen Erwarmung mit einer abortiven Vershygletscherung zu rechnen die nieht zu einer vollen Eiszeit auswachsen wUrde In unserer humanen Zeitskala ware das aber schon schlimm genug Serien von Jahren mit sehr kaIten Wintern kiihlen und nassen Sommern schwere MiBshyernten in weiten Teilen der gemaBigten Zone zeitweise auch in den Tropen die sieher nieht ausgeglichen werden konnen durch Feuchtejahre in Teilgebieten von Nordafrika und dem Nahen Osten Die Wahrscheinlichkeit hierfUr ist aber gering - sie betragt nach verschiedenen Kriterien tibereinstimmend zwischen 01 und 1 Prozent in den nachshysten 100 Jahren AuBerdem waren fUr diesen Fall gezielmiddot te GegenmaBnahmen denkbar die hier nieht volig utopishyscher Natur sind

8 Wahrscheinlichkeit und Risiken die Rolle der Energieshypolitik

Die Wahrscheinlichkeit einer globalen Warm phase ist nach allem was wir wissen erheblich groBer als die einer Kaltshyphase Die Schwierigkeit bei der Abschatzung liegt darin daB Entscheidungen und Entwicklungen auf politischer sozialer und 6konomischer Ebene hier eingreifen konnen

19

die vorherzusagen nicht nur dem Meteorologen schwer fallt Wenn wir diese einmal versuchsweise vernachHissigen dann dUrfte in den nachsten 100 Jahren die Wahrscheinmiddot Iichkeit fur das Auftreten einer Kaltpflase vom Typ der kleinen Eiszeit nieht mehr als hochstens 20k betragen (und naeh etwa 2000) weiter abnehmen) FUr das Auftreshyten einer Warmpllase im Sinne der Beispiele in den Abmiddot sdmitten 61 und 62 mUssen wir aber hohere WahrscheinshyIichkeiten ansetzen wenn auch erst nach der Jahrhundertmiddot wende danach steigen sie das ist die in vielen Diskusmiddot sionen erworbene Oberzeugung des Verfassers unter den hier und in Abschnitt 5 gegebenen Voraussetzungen auf Uber 50 an

1st ill diesem Faile aber eine Entwieklung zu einem eismiddot freien arktischen Ozean (Absehnitt 64) mit ihren fast unshyvorstellbaren Konsequenzen fUr Wasserversorgung und Ernahrung noch vermeidbar Damit libersehreiten wir die Grenze des Fachwissens des Meteorologen der sich nur allmiddot zu getne in den akademisehen Elfenbeinturm zurlickziemiddot hen moehte Aber die Dinge sind zu wichtig eine Wende auf Grund politischer Entscheidung auf internationaler Ebene ist noch moglieh aber dann und nur dann wenn das Dogma von der Notwendigkeit standig zunehmenden wirtschaftliehen Wachstums das bei begrenzten Vorshyraten (Resourcen) mit den Naturgesetzen unvereinbar ist shyzugunsten einer besseren Einsicht aufgegeben wird (GRUHl) Ebenso ist eine Stabilisierung des Bevolkerungsshywaehstums nOlwendig - ohne einen hoheren Lebensstanmiddot dard in den Entwicklungslandern ist das unrealisierbar

Gleichzeitig mu~ aber die Energiepolitik sich frei machen von dec sinnlosen Verschwendung fossiler EnergiequeIIen die in 400 Ma durch biologische Prozesse aus der Sonnenmiddot energie aufgebaut und gespeichert wurden (s a Beitrag JUNGE) Ein Obergang zu erneuerbaren Energiequellen (Sonne Wind Gezeiten - auch die kaum erschopfbare Geothermik) ist moglich erfordert aber eine Kombination neuartiger (und kostspieliger) Technologien wie sie etwa am International Institut for Applied Systems Analysis in Laxenburg bei Wien von einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von W HAFELE (frtiher Karlsruhe) entwiekelt werden Aueh die Kernenergie mul1 in diesen Rahmenshyjedenfalls fUr eine Obergangszeit - einbezogen werden Das mit ihr verbundene Risiko ist auf jeden Fall geringer als das Risiko einer Verlagerung aller Klimazonen Da ein Obergang zu neuen Technologien sieher tiber 30 wahrshyscheinlieh 50 Jahre benotigt drangt die Zeit Neue Priorimiddot taten mlissen gesetzt werden Es geht urn das Wohl der naehsten Generationen

Literaturauswahl

ANDREWS T1 MAHAFFY MAW Quaternary Research 6 (1976) S 167-183

AUGUSTSSON T RAMANATHAN V J atmos Sci 34(1977) S 448-451

BERGER AL Quaternary Research 9 (1978) S 139~-167

BJERKNES J Monthly Weather Review 97 (1969) S 163-172

BROWNLR Worldwatch Papers Washington DC 8 (I 976)

BRYSON RA MURRAY Th1 Climates of Hunger MadisonWis 1977

o

BUDD WF J Glaciol 14 (1975) S 3-21

BUDYKO MJ TeHus 21 (1969) S 611-619 29 (1977) S 193-204

CESS RD J atmos Sci 33 (1976) S 1831-1843

CHARNEY JG Quart J Roy Meteorol Soc 101 (1975) S 193-202

COOPEGR Phios Transact Roy Soc London 280 (1977) S 313 shy340

DANSGAARD W et al Quaternary Research 2 (1972) S 396-398

DOBERITZ R Ber d Deutschen Wetterd 112 (1968)

EDDYJA Science 192 (1976) S 1189-1202 198 (1977) S 824 829

FINK J KUKLA GJ Quaternary Research 7 (1977) S 363-37 L ~

FLOHN H III Bonner Meteorol Abhandl 15 (1971) 21 (1975) Quaternary ReseJrch 4 (1974) S 385-404 in print (1978)

FRENZEL B Die Klimaschwankungen des Eiszeitalters Braunschweig~ 1967 ErdwissForschungen 1(1968)

FRITTS HC Tree Rings and Climate London New York 1976

GABRIELB Berliner Geoge Abh 27 (1977)

GATES WL J atmos Sci 33 (1976) S 1844-1873

GRUHLH Ein Planet wird geplUndert Frankfurt aM 1978

HAFELE W SASSIN W Ann Rev Energy 2 (1977) S 1-30

HAHN J JUNGE ChL Z f Naturforsch 32a (1977) S 190-214

HASSELMANN K u Mitarb TeHus 28 (1976) S 473-485 29 (1977) S 289-305 385-392

HAYS JD IMBRIE J SHACKLETON N Science 194 (1976) S 1121-1132

HELBIGM Diplomarbeit Univ Bonn (1976)

HSO K et al Nature 242 (1973) S 240-244 267 (1977) S 399-403 Naturwissensch61 (1974)S137-142

HUGHES T Rev Geophys and Space Phys 13 (1975) S 502-526 15 (I977) S 1-46

HUMMEL J RECK RA General Motors Res Lab Publ 2607 (1978)

HUNT BG Monthly Weather Review 105 (1977) S 247-260

IVES JD et al Naturwissensch 62 (1975) S 118-125

KELLOGG WW WMOmiddotBull 26 (1977) S 229-240 27 (1978) S 3-10

KENNETTJP J geophys Res 82 (1977) S 3843-3860

KONDRATIEV G Ya NIKOLSKY GA Quart J Roy Meteorol Soc 96 (1970) S 509-522

l

KORFF HC FLOHN H Ann Meteorol N F 4 (1969) S 163-164

LAMBHH Climate Present Past and Future Vol I (1972) Vo Il (I 977) London Methuen

LORENZE J appl Meteorol 9 (1970) S 325-329

MAGEDEFRAU K Palaobiologie der Pflanzen 4 Aufl Stuttgart 1968

MANABE S BRYAN K Monthly Weather Review 97 (1969) S 739-827 J phys Oceanogr 5 (1975) S 3-29

MANABE S WETHERALD RT atmos Sci 24 (1967) S 241 ~-259 32 ( 1975) S 3-15

MASON BJ Promet 7 (1977) H 4 S 1-26

MASS Cl SCHNEIDER StH J atmos Sci 34 (1977) S 1995-2004

MAYKUT GA UNTERSTEINER N Jgeophys Res 76 (1971)S 1550-1575

MOLLERH Geologisches Jahrbuch 83 (1965) S 327-352 A 21 (1974) S 107-140 im Druck (1978)

NAMIAS J Short Period Climatic Variations 1934-1974 2 Vol F-- Univ of California 1975

NEWELL R et al Pure and appl Geophysics 116 (1978) S 351-371

NICHOLSON Sh Ph D Thesis Departm Meteor Univ Wisconsin (1976)

OLIVER RC J appl Meteorol 15 (1976) S 933--950

PACHUR HJ Die Erde 106 (1975) S 21-46

PATZELT G Coil Internal CN RS No 219 (1973) S 51-59

PFISTER Chr Beiheft 2 Jb Geogr Ges Bern (1975)

POLLOCK JP et al Jgeophys Res 81 (1976)S 1071 1083

RODEWALD M Dt Hydrogr Z 20 (1967) S 269 25 (1972) S 97-117

ROGNONP Rev Geogr Phys Geol Dynam 18 (1976) S 251-282

ROWNTREE PR Quart J Roy Meteorol Soc 98 (1972) S 290-321

RUDLOFF H v Die Schwankungen und Pendelungen des Klimas in Eushyropa Braunschweig 1967

SCHWARZBACH M Das Klima der Vorzeit 3 Aufl Stuttgart 1974

SHACKLETON NJ OPDYKE ND Quaternary Research 3 ( 1973) S 39-55

STROBING K Der Seewart 35 (1974) S 1-1436 (1975) S 28-29

TREMPEL U Diplomarbeit Univ Bonn (1978)

VOWINCKEL E ORVIG S World Survey of Climatology 14 (1970) S 129-252

WANG WC et al Science 194 (1976) S 685-690

WETHERALD RT MANABE S Monthly Weather Review 100 (1972) S 42-59 J atshymos Sci 32 (1975) S 2044-2059

YAMAMOTO R J Meteor Soc Japan 53 (1975) S 482-486

21

Page 5: :SBWU>t S9J9SUn ijun>tnz 9!a 9W91qOJd pun U9l>tB,:j · 2 Wechselwirkungen im klimatischen System . 2.1 Die Rolle des polaren Treibeises 2.2 Das El Nino-Phanomen . 2.3 Kontinentale

50

2 Wechselwirkungen im klimatischen System

Dber die Ursachen der eben erwahnten Witterungs- oder Kli rna an omalien darunter verstehen wir statistisch definierte extreme Abweichungen yom Normalwert mit einer Andauer zwischen einem Monat und wenigen Jahren

sind in den letzten 20 Jahren wesentliche BeHrage geshyliefert worden (NAMIAS und J BJERKNES RODEWALD J FLETCHER und Mitarbeiter) die die Wechselwirkungen zwischen der kurzlebigen Troposphare und den langlebigen Gliedern des klimatischen Systems besonders Ozeane (obemiddot re Mischungsschicht) und Treibeis in den Vordergrund geruckt haben Damit ergeben sich auch Aussichten fUr eine geophysikalisch begriindete Langfristvorhersage die endshylich tiber die bisher ublichen zT allzu einfachen engraumishygen OberJegungen hinausgehen Fur Zeitraume von I - 6 Monaten erscheint eine brauchbare Losung auf halb-empishyrischer bzw statistisch-dynamischer Basis durchaus mogshylich wenn auch hier sicher noch eine Menge Entwicklungsshyarbeit auf globaler Basis geJeistet werden mullgt

Von diesen Wechselwirkungen sollen hier nur die beiden wichtigsten behandelt werden die Rolle des arktischen Treibeises sowie die des aquatorialen Aufquellens von kaltem Tiefenwasser 1m Anhang daran soll noch auf die seltene aber doch mogliche Rolle des kontinentalen Antshyarktis-Eisschildes hingewiesen werden

21 Die Rolle des po]aren Treibeises

Die Rolle des arktischen Treibeises fUr die Gestaltung unshyseres Klimas kann kaum uberschatzt werden es bildet sich in einer nur wenige Dekameter machtigen salzarmen und daher weniger dichten Deckschicht des mehrschichtigen arktischen Ozeans (Abb 3) Es handelt sich urn einen typischen Wechselwirkungsvorgang innerhalb des klimatishyschen Systems AbkOOlung verstarkt das Treibeis das sich

fiffyen (m)

DECKSCH 1 CHT T=-11degC 5= 28-32deg00

UBERGANGS5CHICHT WASSER T=_-(t7degC Sl32 3Jo

535deg100 S 35deg00

5 35deg00

PAZIFiSCHES

TlOSOC

w

TlEFENWA5SER

Abb3 Vertikalschichtung und Wassermassen (schemashytisiert) im Arktischen Ozean (T = Temperatur S = Salzgehillt)

- den variablen Windstromungen folgend ausbreitet und seinerseits wieder zu weiterer AbkOOlung fOOrt Dabei ist der entscheidende Faktor das Reflexvermogen (Albedo) betragt die Albedo offenen Wassers bei niedrigem Sonnenshystand etwa 8-12 so liegt diejenige einer schneebedeckshyten Eisscholle bei 80 selbst wahrend der Schmelzperiode (mi t oberflachlichen Schmelzwasserpfiitzen) immer noch bei 60 Allerdings nimmt in dieser Jahreszeit der Anteil der offenen Stellen (Waken russischer Fachausdruck Polynyas) von 2-3 auf I 5 -2or~ zu Die reprasentativen

Warmemiddot und Strahlungsstrome an der Oberflache sind wegen dieser horizontalen Inhomogenitat sehr schwer abshyzuschatzen besonders im Winter wo der Gegensatz zwishyschen einer Lufttemperatur von - 30degC bis 35degC und der Gefriertemperatur von Meereswasser ( -I 9deg C) am starksten ist und den Massenhaushalt der dUnnen Eisschollen (im Mittel etwa 3 m im Einzelfall je nach Alter SO cm bis 6 m) empfindlich beeinflullgtt (VOWINCKEL und ORshyVIG) In einer offenen Wake finden wir enorme Strome ftihlbarer und latenter Warme (Verdunstung) die das mehrshyfache der Solarkonstante erreichen konnen Selbst im Hochmiddot sommer kann es vorkommen wie der Verfasser Ende Juli 1972 beobachtet hat daB mehrere Kilometer breite Wasserflachen infolge dieses standigen Warmeverlustes an die advektiv herangeflihrte kaitere Luft tiberfrieren In einem Modell das zur Vereinfachung eine horizontal homiddot mogene Eisdicke annimmt (MAYKUT und UNTERSTEIshyNER) ftihren zwei besonders sensitive Vorgange zu einer Abnahme der Eisdicke eine verringerte Albedo der Eisshyoberflache (zB durch Verschmutzung auch durch (1) und eine Zunahme der Wassertemperatur Dieser Effekt wurde noch erhoht werden durch eine Zunahme des Salzshygehaltes als Foige der Ableitung der SuBwasserzufuhr der groBen Flusse Sibiriens und Kanadas zu Bewasserungsmiddot zwecken dies ftihrt notwendig zu einer Dichteabnahme- damit zu geringerer Stabilitat der ozeanischen Schichtung- zu starkerem Vertikalaustausch und ebenfalls zu einer Abshynahme der Eisproduktion_

Kommt es (s Abschn 32) wahrend eines oder mehrerer Sommer zur Ausbildung einer stratospharischen Staubwolshyke dann sinkt die direkte Sonnenstrahlung aber auch die Globalstrahlung (wegen der erhOhten RuckwartsshyStreuung) ab die Schmelzperiode (Mitte Juni - Ende Aushygust) verkurzt sich im Sommer schmilzt weniger Eis oben ab und in der ubrigen Zeit gefriert unten etwas mehr an das ist ein (wegen der Dicke des Eises gedampfter) Rtickshykopplungseffekt Bleibt im Kustengebiet und im kanadishyschen ArchipeJ der Schnee langer liegen erhal ten sich mehr Schneereste tiber den Sommer hin (wie 1972) dann ist die advektive Temperatur in der Luft niedriger mit dem gleishychen Effekt im Winter losen tiefere advektive Temperashyturen etwa durch friihzeitiges Einschneien wie im SepshytemberOktober 1971 eine verstarkte Bildung von Neushyeis ein Nach verschiedenen Modelluntersuchungen nimmt die Eisdicke im Winter unter sonst gleichen Bedingungeqa umgekehrt proportional zur Eisdicke zu diinnes einjah--~ riges Eis (50-100 cm machtig) wachst rascher als mehrshyjahriges und mit 5-6 mist je nach Schneedecke die maxishymale Dicke etwa erreicht Nach den Ergebnissen der U-Boot-Fahrten ist die Angabe einer mittleren Eisdicke sinnlos diese variiert je nach Alter statistisch zwischen 05 und 6 m auch die Satellitenaufnahmen der thermishyschen Mikrowellenstrahlung zeigen ein ganz unregeImaBiges Mosaik als Funktion der Eisdicke

In dieser Sensitivitiit des Massenhaushalts der dunnen vielshyfach durchbrochenen arktischen Treibeisdecke liegt offenshysichtlich eines der Schliisselprobleme der Klimaentwickshylung Etwa 70 der Eisdecke besteht aus mehrjahrigem Eis bei dem jeweils etwa SO cm in der kurzen sommerlichen Schmelzperiode oben abschmilzt in der tibrigen Zeit unten anfriert - auf diese Weise wandert jeder Eiskristall von un ten nach oben in 5-10 Jahren durch die Scholle hinshydurch Wird nun zB das sommerliche Abschmelzen urn

4

----- ------ -

10 erhoht dann nimmt die Dicke des Eises (nieht-linear) ab und der Antell der offenen Stellen zu was wiederum eine Anderung der Warmebilanz zur Folge hat Zweifellos brauehen wir realistisehe Modelle dieses komplizierten horizontal homogenen Vierphasensystems (Ozean Eis Sehneedeeke Luft) die auch die vom Wind angetriebene Dynamik (vier-dimensional) berueksichtigen urn absehatzen zu konnen unter welchen Bedingungen diese dUnne Treibmiddot eisdeeke sich verstarkt abschwacht oder gar (was zuerst BUDYKO ab 1962 ernsthaft untersucht hat) verschwinmiddot det

In diesem Zusammenhang sei nur erwahnt dafl dieses Treibeis im Schwimmgleichgewicht ist sein Verschwinmiddot den sich also auf den Meeresspiegel ebenso wenig auswirshyken kann wie das Schmelzen eines Eiswiirfels im WhiskyshyGlas

Wahrend die Flache des arktischen Treibeises zZ im Friihshyjahr etwa 118 im Spatsommer etwa 82 Mill km2 betragt belauft sieh die des antarktischen Treibeises im Friihjahr auf rund 22 im Spatsommer nur auf 36 Mill km2

bier hanshydelt es sich also ganz uberwiegend urn einjlihriges jahresshyzeitlich-advektiv neugebildetes Eis mit einer mittleren

Alicke von 120-150 cm Dieser markante Gegensatz ist die r olge der urn den Pol konzentrierten Lage des antarktishy

schen Kontinents (wahrend Gronland sich zwischen 59deg und 82degN erstreckt) die so viel tiefere Temperaturen (im Mittel der Troposphare II-12degC) zur Folge hat als uber der Arktis mit ihrer dUnnen Treibeisdecke

Warmehaushalt und Dicke des arktischen Treibeises wirshyken sich wiederum unmittelbar aus in der Ausdehnung und Intensitat des sommerlichen Kaitezentrums uber dem inneren Polargebiet Das mag eine der Ursachen sein fur den unerwarteten Vorsto~ arktischen Treibeises in denshyJahren nach 1963 mit dem Maximum in der Eisperiode 1965 - 72 im Raume Island (Abb 4) wlihrend der erstmals seit vielen Iahrzehnten wieder die Nordkuste Islands im Friihjahr monatelang vom Eis blockiert war Noch wichtiger war der Vorsto~ arktischen Treibeises verbunden mit der Hochstzahl von Eisbergen aus Westgronland (RODEWALD STROBING) in den Raum Neufundland-Labradorsee mit dem Maximum 1971-73 die hier eingeleitete Abkiihlung des westlichen Nordatlantiks hat die atmospharische Zirkushylation umgeschaltet mit einer resultierenden Stromung warmiddot men Wassers und warmer Luft an den KUsten Europas die wiederum mit beteiligt war an der Vorherrschaft milder Winter und an der Entstehung der ungewohnlich hiiufimiddot gen und schweren Sturmzyklonen der I ahre 1972 - 76 uber den Britischen Inseln und der Nordsee Diese nordatlanshytische Warmeschaukel war schon Ende vorigen lahrhunshyderts wohlbekannt

22 Das ElmiddotNiiiomiddotPhiinomen (Konvergenzen und Divergenshyzen der ozeanischen Ekman-Drift am Aquator)

Eines der interessantesten Phanomene das erst spat als Folge der Wechselwirkung an der Grenzflache Ozean -Atmosphare erkannt wurde lauft in der Literatur unter dem Begriff El Nino = das Kind (spanisch) dh das Christmiddot

11901--~-~10- I bull middot20middot Imiddot bull middot30 bull I bullbull middot40middot I bullbull middot50 bull I bullbullbull middot60middot bullbull I middot70middot - Imiddot middot80middot I 90 IOkt F shy

- - bull -Noy

- - -Dt -shyJon I Imiddot shy I - shyfrb uMo_

Apr Moi

Jim -Jul

bull I shybull bull IA9

sept 1901 10middot bullbull I bull middot20middot Imiddot middot30middotmiddotmiddotmiddot I middot40middot middot50 I middot60middot I bull - -70 I bull -eomiddot 90-

bull In bull -c bull bull IIbull I U bull _ middot1 r-~ - -

bull ----- bullbull -Ii

bull bull I

bull bull - bull bull II _I - bull- ---IJ- bull-

~Orl------------------------------------------------------------------------------~----------------

2~5rl------------------------------------------------------------------~ EIS6EOECkUNG ISLAND 1901middot76

2QoL1 --------------------------~~~~~~~~~~~~----------------------------------~ 1~1 bull -

1~0 I ---------------- shy1~5 ~___ 1---________

-1QO t--I- shy bull

ISr---shy

~Ol

i5 t

-deg1~- 60shy

bull

bull bull

bull bull bull bull ____

Abb4 Treibeis an Islands KUsten 1901 - 1976 (nach SIGTRYGSSON) Oben Andauer un ten Eis-Index in Wochen x Zahl def betroffenen (9) Sektoren

5

- --

kind weil es an der Ktiste Perus meist urn Weihnachten beshyginnt es kann dann mehrere Monate bis zu einem Jahr hin anhalten Zunachst handelt es sich nur urn das vortibergeshyhende Ausfallen der kilstennahen Aufquellphlinomene das wie auch an den Kilsten Kaliforniens und Nordwestshyafrikas regeImaBig im Sommer auftritt ahnlich an der Somalikilste und im Stidosten Arabiens Auf der Stidhalbshykugel reicht in Stidamerika und Stidwestafrika das KtistenshyAufquellen yom Wendekreis bis annahernd zum Aquashytor hier aber im Stidsommer mit mehr oder minder haushyfigen StOrungen die yom Aquator ausgehen und in manshychen Jahren nur bis 5_7deg Stidbreite reichen in extremen Jahren aber bis 15-18deg Breite Dabei verschwindet das kalte nahrstoffreiche Ktistenwasser mit seinem Fischreichshytum tiberdeckt von warmem fischarmem Wasser aquatoshyrialer Herkunft dieses El-Niiio-Phanomen hat 1972 den Fischfang Perus - der fOOrenden Nation auf diesem Geshybiet auf 10 reduziert und tritt in ahnlicher Form auch gelegentlich an den Kilsten von Angola-Zaire-Gabun auf In der Atmosphare fOOrt das anstelle der yom Kal twasser erzeugten Stabilitat der Schichtung zu instabiler Tropikshyluft die in der Ktistenwilste schwere Schauer und Hochshywasser hervorruft wobei die Temperaturen yon 20-22degC auf 26degC ansteigen

Die Ursache liegt in ganz groBraumigen Vorgangen nicht in der Antarktis wie falschlich angenommen Vielshymehr tritt das gleiche Phanomen auch in einem Streifen langs des Aquators auf geringfUgig nach S verschoben hier liegt normalerweise eine Zunge ka1ten Aufquellwasshysers die sich von der Ecuadorkilste her tiber die Galapagos (mit ihren Pinguinen) tiber den groBten Teil des Pazifiks bis tiber die Datumsgrenze (I800 W) hinaus mehr als i 2000 km bis nach der Phosphatinsel Nauru erstreckt Das ist die trockene Aquatorzone der klassischen KIishymatologie (SCHOTT 1938) normalerweise flihrt hier aquatoriales Aufquellen zu Stabilitat und Ariditat umso mehr je starker die tropischen Ostwinde beiderseits des Aquators wehen je starker also die tropischen HadleyshyZellen der Atmosphare ausgepragt sind Als Folge der Reibungskrafte entsteht beiderseits des Aquators im Ozean eine Oberflachenstromung die auf jeder Halbkugel polwarts gerichtet ist und divergiert sodaB das kOOle Tiefenwasser aufquellen muB Abbildung 5 zeigt hier in diesem Gebiet den Normalfall bei dem schon stidlich des Aquators die (im Mittel tiber die ganze Reibungs-Schicht urn 90deg abo weichende) Ekman-Drift eine Divergenz hervorruft Hauptshyursache ist der Vorzeichenwechsel der Coriolisbeschleushynigung am Aquator Schwacht sich nun diese tropische Oststromung ab so entstehen - das haben neuere Modelmiddot Ie gezeigt - Keivinwellen die zu einer Umkehr der Ekshyman-Drift und zur Konvergenz des warmen Oberflachenmiddot wassers am Aquator fOOren Auch hier kommt es bei norshymalen tropischen Wassertemperaturen (26-27degC) jetzt zu kraftigen haufigen Regenfallen nicht selten zu ausgeshydehnten Cumulonimbusherden mit mehreren 100 km Durehmesser (Hmesosealar clusters) in Nauru ist der typische Monatsniedersehlag bei dieser Situation 300 shy800 mm bei aufquellendem Kaltwasser dagegen i 0-15 mm in den Galapagos (ca 90

0 W) ist der Unterschied

noeh sHirker DOBERITZ hat gezeigt wie dieseAnomalien gleichzeitig tiber der ganzen Aquatorzone des Pazifiks aufmiddot treten weitere Arbeiten haben ihre Ausdehnung tangs der WestkUste Amerikas zugleich nach Peru und Siidkalishyfomien hin nachgewiesen

6

Equatorial Flow Patterns and Upwell ing

oJ b) 4

N gt- -- - CONY

omiddot 81 BI~ omiddot S ~ -- ~ OIV

N omiddot s N 0- S

w+- C w -+ W +- IC C-+W t l It t

Wind- Ekman - Drift (Ocean) Thermocline

Abb 5 Divergenz der ozeanischen Ekman-Drift am Aquator (a symmetrischer Fall b = asymmeshytrischer Fall) nach J BJERKNES und FLOHN

Untersuchungen von J BJERKNES und Modellrechnungen von ROWNTREE haben die groBraumige Auswirkung dieser Anomalien nachgewiesen die Ursache liegt in den enormen Schwankungen des Warmehaushalts tiber Flachea von 6 x 110 Meridiangrad -81 Mill km2 bull Neuere Detaf9 Untersuchungen (TREMPEL) zeigten einen Rilckgang der Verdunstung in der AufquelIzone stidIich der Galapagos auf 30 cma () gegentiber rund 120 cma auf beiden Flanken der Strom fiihlbarer Warme kehrt sich (wie beim Oaseneffekt auf Land) urn und fOOrt (geringe) Energiebeshytrage dem Meer zu das den groampren Teil der im wolkenshyfreien Raum ungehinderten Einstrahlung zur Erwarmung des mit ca 50 cmd aufquellenden Tiefenwassers benotigt Die Umkehr dieses Mechanismus bedeutet allein bei der Verdunstung der tropischen Ozeane eine Anderung um 5 ftir aIle Ozeane allerdings nur 2 ein regionaler Efmiddot fekt erscheint ziemlich wahrscheinlich Neueste Untershysuchungen (NEWELL) machen es wahrscheinlich daB auch die Aufnahme von CO2 durch den Ozean durch den plotzlichen Dbergang von nahrstoffreichem CO2 middotgesattigmiddot ten Tiefenwasser zu nahrstoffarmem Warmwasser sich flachenhaft urn einige Prozent andert das mag eine der Ursachen ftir die Variabilitat der atmospharischen Zunahme des C02 GehaIts sein (Abschn 42) 23 Kontinentale Eisschilde

Wahrend die Flache des arktischen Treibeises (s Abschn 21) zwischen etwa 8 und 12 Mill km2 schwankt besteht das antarktische Treibeis zu tiber 80 aus jahreszeitlichem Treibeis Beide Treibeisgebiete nehmen im lahresmittel mi t rund 23 Mill km2 nahezu 5 der Erdoberflache ein Dicke und Volumen sind aber minimal gegenUber den kontinental en Eisdomen von Gronland und Antarkshytika mit einer Flache von knapp 2 bzw 13 Mill km2

und einer mittleren Eisdicke von i 200 bzw 2200 m Wahshyrend das gronlandische Inlandeis in einer groBen Gebirgsshyschilssel Iiegt und seinen MassentiberschuB in vielen Gletshyscheff in Form zahlreicher einzelner Eisberge abgibt ruht das antarktische Eis tiberwiegend auf einem festen Felsshysockel oberhalb des Meeresspiegels sein AbfluB geschieht tiber riesige Schelfeise in Form ausgedehnter Tafeleisberge Jedoch liegt ein Tei - die sogenannte Westantarktis die sich von der antarktischen Halbinsel siidlich Sildamerika

zum Pazifik erstreckt - Uberwiegend auf einem Felssockel unter dem Meeresspiegel Neuere Untersuchungen (HUGHES) haben ergeben daiJ dieser Sektor schon mehrshyfach aufgeschwommen und dann abgeschmolzen ist mit einem weltweiten Anstieg des Meeresspiegels urn 5-7 m das sind die in Fachkreisen neuerdings viel erorterten antarktischen Ausbrtiche (surges) die - in Analogie zu den in Alaska und in anderen Gebieten beobachteten rapiden GletschervorstoiJen rasch ablaufen konnen Ein mathematisches Modell dieser AusbrUche hat BUDD (Melshybourne) entwickelt offenbar handelt es sichjedoch urn sehr seltene Ereignisse (zuletzt vor ca 115 000 Jahren im letzshyten Interglazial) tiber deren Zeitskala und Ablauf noch sehr wenig bekannt ist

Die mogliche Bedeutung eines solchen Ereignisses liegt in dem Ansteigen des Meeresspiegels eine detaillierte Unshytersuchung (auch in dem bisher fast unzuganglichen Beshyreich des Weddellmeeres) ist dringend erwiinscht auch wenn das derzeitige Eisprofil im untersuchten Gebiet des Roill-Schelfs noch nicht den Gleichgewichtsstand ershyreicht hat Kleinere Vorgange dieser Art (wobei Eismasshysen von maximal 1-2 bull lOS km3 beteiligt sein mogen statt gt 106 km3 ) sind wahrscheinlich auch in der Nachshy

alszeit aufgetreten beim Kalben der Schelfeise entsteshyren riesige Tafeleisberge bis zur Gro~e Hollands oder

Belgiens In Gronland sind aile diese Vorgange von viel geringerem AusmaiJ

3 Narurliche Ursachen der Klimaschwankungen

31 Variabilitat der Sonnenstrahlung

Abgesehen von solchen im internen klimatischen Regiershysystem begriindeten kurzfristigen Schwankungen werden immer wieder auampre (externe) Faktoren als Ursache von klimatischen Schwankungen bezeichnet Zuerst miissen wir die Frage aufwerfen ist unsere primare EnergiequeUe die Sonnen-Strahlung wirklich konstant oder fUhrt der Beshygriff der Solarkonstanten in die Irre Diese Frage ist zZ leider noch vollig offen wir verfUgen tiber keine einwandfreien Messungen zu ihrer Entscheidung (MASON) Messungen von hochfliegenden Ballonen in 23 30 km Hoshyhe die KONDRATIEV wahrend 6 Jahren in der Sowjetshy

rIlion durchftihrte konnen auch in dieser Hohe noch von r ~ratospharischem Staub vulkanischer Herkunft beeinflu~t

worden sein indirekte Belege wie sie durch Beobachtung der Albedo anderer Planeten (so Uranus) gewonnen wershyden konnen sind etwas unsicher An der AusrUstung von Satelliten mit hochempfindlichen vom Boden her kontrolshylierbaren MeMiihlern (mit einer tiber Jahre festzuhaltenshyden Me~genauigkeit von 1 Promille) wird intensiv gearbeishytet Neue Daten tiber das nahezu vollige Fehlen von Sonnenshyflecken in der Zeitspanne 1645 - 1710 und tiber Schwanshykungen der Rotationsdauer der Sonne in dieser Zeit (EDDY) scheinen doch entgegen dem Votum der Mehrzahl der Astronomen - fUr eine hOhere Variabilitat der Sonne zu sprechen Da~ eine Anderung von nur 1-2 Prozent bereits erhebliche Auswirkungen auf das Klima haben kann ergibt sich aus Rechnungen mit einfachen (BUDYKO) oder fortgeschrittenen Klimamodellen die jedenfalls die Dynamik der Atmosphare und den Wassershykreislauf in Rechnung stellen (WETHERALD und MAshyNABE)

Die Rolle der solaren Aktivitat ist inzwischen wieder akshytuell geworden aber sicher handelt es sich nicht urn einshyfache zyklische Vorgange wenn auch fUr eine etwa 23jahrishyge Peri ode mehr Belegmaterial existiert als fUr die klassische I1-Jahresperiode Aber der Anteil an der gesamten Varianz ist im allgemeinen gering und unerklarliche Phasensprtinge (MASON) untersti1tzen nur die weitverbreitete Skepsis gegentiber der Ntitzlichkeit flir praktische Zwecke Auch sorgfaltige empirische Studien (OLIVER MASS und SCHNEIDER) konnten keinen Beweis flir ihre Rolle im Klimageschehen Hefem (s a Abschn 1)

32 Vulkaneruptionen

Sicher belegt ist dagegen durch neue statistische Untersumiddot chungen (YAMAMOTO MASS und SCHNEIDER) und Modelle (HUNT POLLOCK) die globale Wirkung von groiJen Vulkanausbruchen deren Exhalationen in die Stratosphare gelangen und in Hohen zwischen 20 und 50 km Partikel bilden die die sHindig vorhandene JUNGEshySchicht urn einen Faktor 10 100 verstarken und farbenshyprach tige Dammerungserscheinungen hervorrufen Diese stratosphiirischen Staubwolken (zuletzt nach AusbrUchen des Agungmiddot auf Bali 1963 und des Fuego in Guatemala 1974 auch in Mitteleuropa sichtbar) absorbieren einen Tell der Sonnenstrahlung und streuen einen anderen TeB zushyruck in den Weltraum hierdurch kommt es im Mittel tiber die ganze Erde zu einer AbkUhlung urn bis 1-15degCdie allerdings selten mehr als 1-2 Jahre hindurch anhalt Sie tiberlagert sich den wesentlich starkeren Temperaturandeshyrungen die standig advektiv durch den Transport von Warmluft oder Kaltluft entstehen und tiber Monate hinweg ziemlich ortsfest sein konnen derartigen Transportvorshygangen verdanken wir in Westeuropa jetzt eine ~ehr auenishylige Foige von 7-8 zu mild en Wintern im Gegensatz zu extrem kalten Winterabschnitten in Nordamerika (Januar 1977 zT der kalteste dieses Jahrhunderts) oder Ostshyeuropa Die Haufigkeit gro~er VulkanausbrUche die vor allem LAMB fUr die Zeit seit 1500 untersucht hat schwankt sehr stark wahrend in einzelnen Zeitabschnitten (so urn 1690 oder 1815-1835) viele grofiJe Ausbrtiche in den verschieshydensten Gegenden der Erde sich haufen gibt es auch lanshygere Zeitraume (so 1912-1948) in denen sie ganz fehlen oder doch nur vereinzel t auftreten Seit etwa 1955 leben wir in einem Abschnitt wiederauflebender aber nur masshysiger Vulkantatigkeit Aber die auffallige Haufung sehr schwerer Erdbeben in den letzten Jahren laBt erkennen dafiJ auch mit schweren Vulkanausbrtichen jederzeit geshyrechnet werden mu~ Denn diese beiden Ereignisse sind wie wir heute sicher wissen kollektiv miteinander gekopshypelt es sind die langsamen Dritbewegungen der grofSen tektonischen Platten die einerseits im Bereich der gro~en meist ozeanischen Ri~-Zonen Vulkanausbrtiche auslosen andererseits unter die grofiJen Kontinentalschollen untershytauchen und dabei schwere Erdbeben mit tiefsitzendem Herd auslosen Ein direkt sichtbarer Tei des grofben atlanmiddot tischen Spaltensystems zieht quer durch Island in diesem Bereich traten in den letzten Jahren mehrfach Vulkanausmiddot brtiche (Surtsey Heimaey Kraftla) auf 1m Bereich des letzteren kam es am Myvatn-See in N-Island im April 1977 zu einem Aufrei~en von zwei parallelen Spalten mit einer Zerrung des Gelandes von 2 m auf 1 km mit anhaltenden Dampfexhalationen die ein fast vollendetes geotherrnisches Kraftwerk auBer Funktion setzten

7

1649

h i~v4lWv

Das episodische diskontinuierliche Auftreten vulkanischer Ereignisse gilt nicht nur fUr die (hier unmittelbar interessiemiddot rende) Zeitskala 101

- 102 Jahre sondern auch in der Zeitskala 103 104 Jahre ja sogar wie aus den Ergebshynissen des Deep Sea Drilling Programms hervorgeht im Bereich 106 107 Jahre

Die Klimageschichte lehrt uns wie groBe Vulkanausbrliche g10baJe Abkiihlungen fiir 1-3 Jahre auslbsen die natiirlich in einigen Gebieten durch advektive Erwarmung iiberlagert werden kbnnen Der starkste noch gut belegte Fall dieser Art ereignete sich nach dem grbBten historischen Ausshybruch des Tambora auf Sumbawa im Friihjahr 1815 die Sommer 1816 und 1817 waren in Europa Japan und Nordmiddot amerika ungewbhnlich kiihl zT feucht und von schwemiddot ren MiBernten begleitet die im Rheinland (mi t seinen durch Erbteilung zersplitterten Bauernhbfen) eine erste Welle von Auswanderungen nach Amerika einleiteten Die Getreimiddot depreise Mitteleuropas erreichten ihr absolutes Maximum vor 1950 ~Abb 6 und in den Vereinigten Staaten war 1816 das Jahrohne Sommer

4 Anthropogene Vrsachen die Rolle der Eingriffe des Menschen

41 Energiezufuhr und Luftverschmutzung

GegenUber der iiberragenden Rolle der Sonnenstrahlung (lie an der Obergrenze der Erdatmosphare rund 340 Watt auf jeden m2 der rotierenden Erde abgibt - und ihren Umsetzungen innerhalb der Atmosphare die als Strahlungsshybilanz oder Nettostrahlung an der Erdoberflache im Mitmiddot tel noch rund 100Wm2 liefern ist der Anteil der direkten Energiezufuhr als primarer Beitrag des Menschen mit 0015 Wm2 verschwindend gering hbchstens vergleieh bar mit dem geothermischen Warmestrom aus dem Erdmiddot innern (006 Wm2) oder dem Anteil der photosynthetimiddot schen Prozesse in der Biosphare (02 Wm2

) Diese g10balen

100

80

60

40

20

ROGGENPRE ISmiddot INDEX 16167

(19501001

1805 1771 1655

1847

~ 1622

1795

17621740 18311693 III 1634 bull 1~626 1699

17891712

Ii

middot

Mittelwerte geben jedoch ein vbllig falsches Bild tatsachshylich ist der Energieverbrauch in den groBen Industriezenmiddot tren konzentriert und erreieht dort lokal 10-50 Wm2

iiber Flachen von der Gro6enordnung 100 - 1000 km2 bull

Diese Energiezufuhr erzeugt die Warmeinseln der gro6en Stadte mit einer zusatzlichen thermischen Zirkulation und einer statistisch gesieherten Haufung konvektiver Starkregen

Auf der anderen Seite ist der Wirkungsgrad der Sonnenmiddot energie in der Erdatmosphare mit 07 sehr gering dh der Energieumsatz im klimatischen System die Erzeugung verfiigbarer potentieller Energie und die Vernichtung kinetischer Energie liegt auch nur bel 24 Wm2 Da Enermiddot gie ja nicht verbraucht sondern nur umgewandelt werden kann dringen diese vergleiehenden Oberlegungen nicht in die Tiefe des Problems das hier nur angedeutet wermiddot den kann hierzu benbtigen wir Grundbegriffe der heutimiddot gen Thermodynamik Nach ihrem zweiten Hauptsatz kann die Entropie (das Integral iiber aile Zufuhren und Abgaben von Warme im VerhaItnis zur Temperatur) nur zunehmen Umgekehrt nieht Energie sondern negative Entropie (Negentropie) wird verbraucht das bedeutet zugleich einen Verbrauch von Information (im abstrakshyten Sinne des Wortes) Von solchen OberJegungen gehen einige neuere Klimamodelle aus (PALTRIDGE FORTAK)

Die regionale Verteilung dieser anthropogenen Energiezushyfuhr pro Kopf der Bevblkerung ist interessant genug bei allen Industriestaaten Europas (einschlieBlich DDR und Tschechoslowakei) etwa 5-6 KW pro Kopf in USA und Kanada 11-12 KW in Afrika und Stidamerika 04 KW im g10baIen Mittel rund 2 KW Die letzten Zahlen sind sieher zu gering da der Verbrauch an Feuerholz in den Entwicklungslandern statistisch kaum erfa6bar ist wenn dieser sieh auf etwa 15 Tonnen pro Kopf und Jahr bemiddot lauft dann entspricht das weiteren 07 KWKopf oder flir etwa 28 Milliarden weiteren rund 2 TW (TW =Teramiddot watt = 1012 W)

01500 20 40 60 80 1600 20 40 60 80 1700 20 40 60 80 1800 20 40 60 80 1900

Abb 6 Roggenpreisindex 1500 1860 Mittel aus 5 deutschen Stiidten nach PHILIPPI

8

Seit 100 Jahren ist der Energieverbrauch urn einen Fakshytor von mehr als 30 gestiegen eine Angleichung der LeshybenshaJtung der Entwicklungslander ist zwangsHiufig notshywendig selbst wenn in den lndustrielandern die Wachsshytumsraten abnehmen werden Nachdem der derzeitige Weltverbrauch 8+2 TW betragt mu~ - bei einer (hofshyfentlich eintretenden) Stabilisierung der WeltbevOlkerung in der Nahe von 10 Milliarden im Laufe des 21 Jahrshyhunderts mit einem Ansteigen auf 35-50 TW (nASA) entsprechend 35-5 KWKopf gerechnet werden

In diesem Zusammenhang ist ein kurzer Blick auf die Beshyvdlkerungsentwicklung notwendig bei der jetzt erstmals Anzeichen einer Trend-Umkehr deutlich werden (Zahlen zusammengefa~t nach LR BROWN 1976)

Weltbevolkerung und Wachstumsrate

Bevolkerung (106 ) Zunahme pro Jahr ()

1970 1975 1970 1975

Nordamerika 226 236 090 060 West-Europa 333 343 056 032

Ost-Europa 368 384 084 086

Ost-Asien 941 1005 185 118 Stidasien Nahost 1123 1263 257 225 Afrika Stidamerika 588 672 269 268

Gesamte Erde 3594 3920 190 164

Diese ZaWen sind au~rst wichtig ftir aile Vberlegungen tiber ein kiinftiges Energiesystem das wahrend der bereits beginnenden Erschopfung der 61- und Erdgasreserven der Erde das heutige ablosen kann auf diese un sere wirtschaftshyHche Zukunft entscheidende Frage kann bier nicht naher eingegangen werden JedenfaJls ist der Energieverbrauch an sich nur in 10kaJem Ma~stab klimagenetisch wirksam

bei einer kiinftig wohl notwendigen Konzentration von Kraftwerken spielt diese Umweltvertraglichkeit eine wesentliche Rolle

Die Luftverschmutzung - hier zunachst die Emission von Aerosolpartikeln in die unteren Schichten (l 3 km) shy

~ist in ihrer klimagenetischen Wirkung oft ilberbewertet rworden Die hervorragenden Aufnahmen des Landsatshy

Satelliten mit einer raumHchen Auflosung bis herab zu 80 m (aus 960 km Hohe) zeigen da~ eine wirksame Trilshybung der Atmosphilre durch Industriezentren Gro~stadte oder Waldbrilnde tiber Entfernungen von einigen 100 km hervorgerufen wird Ober den Trockengebieten der Erde wird mineraHscher Staub durch Wind hoch aufgewirbelt eine Folge der seit Jahrtausenden betriebenen Zerstorung der Vegetation Diese Staubschleier sieht man im Satellishytenbild von der Sahara aus quer tiber den Atlantik bis in die Karibik ziehen Die KIimawirkung dieser Aerosolparshytikel ist komplex grobere Teilchen (gt 10 11m) absorbieshyren hauptsilchlich die langwellige Ausstrahiung der Erde erhohen die Gegenstrahlung der Atmosphilre und erwarshymen so die unteren Schichten fallen aber relativ rasch aus Feine Teilchen laquo 2 11m) absorbieren mehr die Sonnenstrahshylung mit ahnlicher Wirkung - gleichzeitig streuen sie aber auch gemaB den Gesetzen der Mie-Streuung einen kleinen Teil der Sonnenstrahlung zurtick in den

Weltraum die so dem Erdboden verloren geht Das Vershyhilltnis AbsorptionRtickstreuung hangt zT von der Zusammensetzung der Partikel ab das Rilckstrahlungsshyvermogen (Albedo) der Erdoberflilche spielt eine erhehshyliche Rolle 1m ganzen tiberwiegt aber doch offenbar der Erwarmungseffekt das zeigt sich besonders im Bereich der Staubdome der Gro~stadte in deren Bereich zu jeder Tages- und J ahreszeit die Temperatur hoher liegt als in der Umgebung das gleiche gilt ftir staubreiche Wilstenshygebiete wie in Pakistan_

Inzwischen scheinen die gesetzlichen MaBnahmen gegen die Luftverschmutzung wenigstens bei dem groberen Aeroso) ihre Wirkung nicht verfehlt zu haben in London haben sich die Nebel- und Sichtbedingungen seit dem Clean Air Act deutlich verbessert in den USA ist die Staubbelastung in den GroBstadten zurtickgegangen auf dem Lande allerdings leicht angestiegen Auch in Deutschshyland und Japan haben sich die Verhaltnisse in den schlimmshysten Fallen (Mannheim-Ludwigshafen Tokyo) offensichtshyIich gebessert jedenfalls ist der S02 middotGehalt etwas abgeshysunken

Wesentlich ftir die Beurteilung ist der Zeitfaktor Die Zumiddot fuhr ftihlbarer Wilrme (Enthalpie) wird schon in 24 - 48 Stunden durch erhohte Ausstrahlung wieder ausgeglichen Grobe Aerosolpartikel verbleiben im Mittel nur 2-3 Tage in den unteren Luftschichten feine Partikel in mittleren und hoheren Schichten einige Wochen bevor sie durch Wolken und Niederschlag wieder ausgeschieden werden 1m Rahmen des globalen Wasserhaushalts liegt die mittieshyre Verweilzeit eines Wasserdampfmolekills in der Atmosshyphilre dh die Zeitspanne zwischen Verdunstung und Niederschlag bei 9 Tagen Ganz anders liegen die Vershyhaltnisse bei den langlebigen Gasen so verbleibt Kohlendioshyxid im Mittel 6 Jahre in der Atmosphiire

42 Kohiendioxid und Spurengase

Kohlendioxid (C02) stellt heute einen Anteil von rund 330 ppm (10-6 Volumenteile) der Atmosphilre gegenilber 295 plusmn 5 ppm urn 1880 Der Anteil des Sauerstoffs (02 )

betragt in der gleichen Einheit 208100 dieses Reservoir kann also durch eine Zunahme des CO2 -Gehalts selbst urn einen Faktor 10 nicht nennenswert beeinfluBt wershyden Ober die komplexen Fragen des nattirlichen und vom Menschen gestorten Kohlenstoffkreislaufsystems sowie ilber die m6glichen klimatischen Auswirkungen einer weishyteren CO2-Zunahme berichtet in diesem Heft ausftihrlich C JUNGE (S 21 ff) hier mOgen wenige Bemerkungen ge ntigen Das Speichervermogen von Ozean und Biosphare wird oft tiberschatzt die Masse des Ozeans unterhalb der Thermokline bzw der Zwischenschicht in 400-600 m Tiefe nimmt nur sehr langsam an dem CO2 -Austausch teil und kann daher auch nur geringe Mengen speichern Eine Schiitzung der Food and Agricultural Organisation (FAO) ergibt einen Rtickgang des ilquatorialen Regenwaldes von urspriinglich 1592 auf 935106 km2 heute mit einer Rate von 11 0000 km2 (=112) pro Jahr (1) Die Zunahme der Photosynthese und damit der Netto-Produktivitilt der Willshyder kann nur einen Bruchteil dieser Verluste wettmachen

Die Verbrennung fossiler Brennstoffe (Kohle Erdol Erdshygas) liefert zur Zeit jahrlich rund 51 01 5 g CO2 von dem nach neuesten Daten 53 in der Atmosphilre verbleiben

9

ihr Gehalt steigt zur Zeit urn 1-2 ppm pro Jahr an wobei die Ursache der interannuellen Anderungen wahrscheinlich in der thermischen Veranderlichkeit des Ozeans in Aquatorshynahe zu suchen ist (s Abschn 22) Nach dem heutigen Stand der Diskussion (Marz 1978) wird dieser Antell der Atmosphare in den nachsten 3 - 4 lahrzehnten etwa konmiddot stant bleiben dartiber Wnaus ist eine Abschatzung schwierig

Die klimatische Bedeutung des CO2 liegt darin daB es im langwelligen Infrarot bei Wellenliingen zwischen 12 und 15 pm eine breite Absorptionsbande besitzt Es laBt also die Sonnenstrahlung ungehindert durch absorbiert aber die von Erdoberflache und Wolken abgegebene Warmestrahlung mit ihrem Maximum bei 10 pm Das ist der sogenannte Glashauseffekt dieser Begriff ist physikalisch etwas scWef wei ein Glasfenster nicht nur fur infrarote Strahshylung sondern auch fur den turbulenten Warmeaustausch undurchllissig ist (was erst die Warmespeicherung im Glasshyhaus erkUirt) aber er laBt sich wegen seiner Anschaulichshykeit kaum mehr ausrotten Die klimatische Folge einer Zunahme des CO2 -Gehalts ist eine Erwarmung der Troposshyphare die nach oben abnimmt und in der Stratosphare

Abb 7 Temperaturanderung bei Verdoppeung des CO2 shy

Gehaites Modell MANABE-WETHERALD 1975

degC bull degC C02 Concentration (ppm) and Temperature 14

0 0 l I

4 u

8

6

4

2 Model Augustsson-

Ramanathan 1977

10

8

6

4

- 0 l I

u

2

400 800 1200 1600 2000 2400 2800 3200ppm

Abb8 Temperaturanderung (au8er Po1argebiet) mit zushynehmendem CO~ -Gehalt Skala links mit konshystanter Hahe (CT A) rechts mit konstanter Temshyperatur (CTT) der Wolkenobergrenze Modell AUGUSTSSON-RAMANATHAN 1977

in eine Abktih1ung libergeht Zahlreiche immer weiter verfeinerte Modelle haben diesen Effekt bestiitigt altere mtissen wegen unrealistischer Annahmen ausgeschaltet werden Der Betrag der Erwiirmung hangt von der Zunahmiddot me des Wasserdampfgehaltes (dessen Absorptionsbanden zT die des CO2 tiberdecken) mit steigender Temperamiddot tur und von der (nicht genau bekannten) Wechselwirkung

mit der Bewolkung ab Aber die besten Modelle (MAshyNABE-WETHERALD 1975 AUGUSTSSON-RAMANAmiddot THAN 1977) die den Wasserdampfeffekt mit berticksichshytigen (Abb 78) geben tiber einstimmend fUr eine Verdopshypelung des CO2 -Gehaltes (von 300 auf 600 ppm) eine mittlere Erwiirmung in Bodennahe urn 2--3degC an die im Poshylargebiet (wenn man die Rtickkopplung zwischen Rtickstrahshylung (Albedo) Schneedecke und Temperatur in Rechshynung stellt) auf 7-10degC anwachst Diese Erwarmung ershyfolgt anfangs nahezu linear bei weiter steigendem CO2 -

Gehalt etwas langsamer aber selbst bei einer Zunahme urn den Faktor 10 tritt noch keine Sattigung auf die Ershywarmung betragt dann schon auBerhalb der Polargebiete 8-12degC Eine CO2 -Zunahme auf das 5-lOfache ist nicht unrealistisch bei unkontrolliert steigendem Gebrauch fossimiddot ler Brennstoffe insbesondere bei einem erzwungenem Verzicht auf Kernenergie konnen soIche Werte durchaus erreicht werden wie aIle Modellrechnungen aus neuester Zeit libereinstimmend ergeben

Die Situation die von den ftihrenden Energiefachleuten J der Welt sehr ernst genommen wird verscharft sich noch durch den Befund daB einige andere von Menschen promiddot duzierten Spurengase ebenfalls im Infrarot absorbieren und zwar ausgerechnet in dem noch durchlassigen Fenshyster zwischen 75 und 12 pm Zu diesen Spurengasen ~ zlih1t nicht nur das Ozon (03) - auf dieses (mE etwas tibershyschatzte) Problem kann Wer nicht naher eingegangen wershyden - sondern auch Distickstoffoxid (N 20) Methan (CH4 ) die Frigene (C Ch F2 und C ChF) Schwefeldioxid (S02) Ammoniak (NH3) ua die aile in steigendem AusmaB vom Menschen erzeugt werden Am wichtigsten erscheint das N2 0 (HAHN und JUNGE) aIs ein Endprodukt der stickstoftbaltigen Dtingemittel deren Produktion in den letzten 15 Jahren jahrlich urn tiber 10 zugenommen hat ihnen verdanken wir in der Hauptsache daB die Nahmiddot rungsmittelproduktion bisher noch mit der Bev6lkerungsshyzunahme Schritt halten konnte Die Frigene (Chlorofluorshymethane) sind die Treibstoffe der Aerosolsprtihdosen und werden auch in Ktih1schranken verwertet ihre Jahresshyproduktion nahert sich 106 Tonnen und ihre Verweilzeit in der Atmosphare liegt infolge ihIer chemischen Tragheit bei 30-70 Jahren In Schweden und Oregon sind sie inzwishyschen verboten weitere Lander dlirften folgen

Aile diese Gase addieren sich - da ihre schmalen Absorp-~ tionsbanden sich nicht tiberlagern (WANG 1976) - zumiddot dem Glashauseffekt des CO2 eine konservative () ScMtmiddot zung ergibt eine Verstarkung des CO2-Effektes urn 50 Der Verbrauch fossilel Brennstoffe nimmt sicher nicht mehr lange exponentiell zu da als Foige der beginnenden Erschopfung der ErdOl- und Erdgaslager die Preise steigen werden Bei begrenzten Vorraten ergibt sich eine Zunahme des Verbrauchs nach einer logistischen Funktion ist ein Vorrat F (hier gleich 100 gesetzt) begrenzt dann kann man annehmen daB der Verbrauch sich (mit wachsenshydem Preis) proportional zu dem noch vorhandenen Vorrat I-F andert (c Konstante)

1 dF = c(l-F)

F dt

Daraus ergibt sich die logistische Funktion

rl = 1 + exp [ c (t to 5) ]

10

mit dem Zeitpunkt tos in dem 50 von F aufgebraucht ist fhr Verlauf ahnelt einem in die Breite verzerrten S (Sigshymoid) und wir nahern uns offenbar rasch dem Wendeshypunkt

Da die Intensitat des Glashauseffektes in erster Linie von der Zunahme des CO2 -Gehaltes abhangen wird kann man diese mit der der erwahnten Spurengase kombinieren es ergibt sich ein virtueller CO 2 -Gehalt Dann kann die K1imawirkung in Abhangigkeit vom realen CO2 -Gehalt ausshygedrtickt werden das erlaubt eine Abschiitzung der repriishysentativen Temperaturzunahme (mit Ausnahme der Polarshygebiete) als Funktion des COrGehalts bzw der Zeit Zu den Voraussetzungen gehort daU die CO2 -Wachstumsrashyte unteT Einbeziehung der Entwicklungsllinder mit ihrem Nachholbedarf nicht rasch sinken kann und da~ keine anshydere Energiepolitik das CO2 -Risiko ganz ausschalten wird Unter diesen Voraussetzungen lli~t sich abschatzen da~ eine Temperaturzunahme urn 1 5degC (entsprechend der warmsten Periode der Nacheiszeit vor rund 6000 Jahren) schon zwishyschen 2005 und 2015 eine solche urn 25degC (entsprechend dem warmsten Abschnitt der letzten Zwischeneiszeit s Abschn 6) schon in etwa 50 Jahren erreicht werden kann Die kritische Phase bei der bel einer Erwarmung urn 4degC

m6glicherweise das arktische Treibeis wegschmelzen wird konnte trotz verlangsamter Wachstumsrate zwischen

2040 und 2075 dh in weniger als 100 Jahren eintreten Die entsprechenden Schwellenwerte des realen CO2 -Geshyhalts Jiegen flir eine Erwarmung urn 1 5degC (25deg4deg) bei rund 450 (550 750) ppm mit einer Fehlerbreite von plusmn 10 15

43 Die Albedo und das WiistenprobIem

Eine der wichtigsten Gr6Uen im Warmehaushalt der Erdshyoberflache ist die Albedo der Erdoberfliiche AE der Antellmiddot der reflektierten Strahlung an der einfallenden Globalstrahshylung G der Summe aus der direkten Sonnenstrahlung und der diffus gestreuten Strahlung des Himmels und der Wolken Hiertiber berichten in diesem Heft BAUMGARTshyNER KIRCHNER und MAYER (S 32 ft) Die mittlere Alshybedo der Erdoberflache liegt (nach einer besonders grtindlishychen Auswertung von Landsat-Aufuahmen in mehreren Spekshytralbereichen durch HUMMEL und RECK) bei 14 plusmn 05 Proshy

~ zent Aus einem der besten Strahlungsmodelle (MANABE und WETHERALD 1967) ergibt sich bei einer Zunahme

der mittleren Albedo von 1 eine Abnahme der Gleichshygewichtstemperatur urn 13degC Fast immer flihrt die Umshywand lung bzw Zerstorung der urspriinglichen Vegetation zu einer Zunahme der Albedo dies ist offenbar der einshyzige wichtige Eingriff des Menschen der zu einer Abkiihshylung flihren kann Diese Prozesse erfassen zwar riesige Flachen (landwirtschaftliche Nutzflache und Weideland zusammen 38 der Kontinente) aber sie vollziehen sich langsam schon seit def neolithischen Revolution vor 5-7000 Jahren heute beschleunigen sie sich mit der Bevolkerungszunahme

Eine entscheidende Rolle spielen die Vorgange die a1s Desertiikation bezeichnet werden ein passendes Wort in deutscher Sprache hierfLir mOOte erst neu gebildet werden Die Vegetationszerstorung an den Randern der Sahara ist in der Tat alarmierend die UN-Konferenz tiber Desertishyfication (Nairobi 1977) hat sie der WeltOffentlichkeit

klar vor Augen geflihrt Oberall in den Tropengebieten auch in den semiarid en und semihumiden Gebieten mit einer mehrmonatigen Regenzeit geht die Vegetation in den Weidegebieten rasch zurtick In den Liindern des Maghreb (Tunesien Algerien Marokko) in Lybien und im Sudan liegen verla~liche Schatzungen vor im Mittel rUckt die Wtiste urn 1 2 km jahrlich VOL Das bedeutet allein bei der Sahara in jedem Jahr eine Zunahme urn tiber 20000 km2 bull Dies ist keinesfalls die Foige einer Klimaiinshyderung - das konnte in Tunesien in Rajasthan im Sahelshygtirtel einwandfrei nachgewiesen werden Es ist vielmehr das Resultat der vom Menschen veranlaf3ten tiber Jahrtausende fortgesetzten Eingriffe in die natiirlichen Haushalte erst die Vernichtung der Gro~tierherden und der Raubtiere dann die Nutzung der nattirlichen Savannen und Graslander als Weideland flir Rinder Kamele Schafe und Ziegen dazu das jahrlich wiederholte Abbrennen des Grases shyso wurden die TrockenwaIder in Dornsavannen umgewanshydelt - zuletzt die Oberstockung der Graslander mit wachshysender Bev61kerungsdichte In den Liindem der Sahel zone ist die Zahl des Weideviehs in den Jahren 1949 - 68 auf das Sechsfache vermehrt worden hier treten Feucht- und Dtirrejahre meist in Gruppen auf und die Dtirre 1969 - 73 hat sieh 1977 wiederholt Die gro~e natiirliche Verandershylichkeit der Regenfalle von Jahr zu Jahr fUhrt immer wieshyder zu einer Vermehrung des Weideviehs tiber das 6kologishysche Gleichgewicht hinaus das damit nachhaltig gestort wird Hierzu kommt noch die Nutzung der letzten Baume und Straucher als Feuerholz (s Abschn 41) Da~ hierdurch selbst in semihumiden Gebirgslandern wie im Hindukusch oder in Nepal eine vollige Waldzerstorung in Gang kommt ergibt der Augenschein schon bei fltichtigem Besuch

Eine Modellrechnung von CHARNEY (1975) hat nun gezeigt da~ in dem Wtistengiirtel der Erde wegen der hohen Albedo der Erdoberflache der extraterrestrische Strahlungshaushalt negativ wird da~ dieses Defizit durch advektive Warmezufuhr und Absinken der Luft ersetzt werden mu~ und da~ die Zunahme der Albedo durch VeshygetationszerstOrung dieses Absinken nur noch verstarkt Das flihrt zu einem weiteren Rtickgang der Niederschlashyge und zu verstarkter Wtistenbildung Sicher handelt es sich hier urn einen schwachen erst in langen Zeitraumen und tiber gro~n Gebieten wirksamen Prozess der die naturbedingte Trockenheit im Bereich der subtropischen Hochdruckzellen noch verstarkt andere Modellrechshynungen und Auswertungen von Satellitenbildern haben diese Oberlegungen bestatigt Sieher sind die gro~en Wtishysten der Erde nicht erst vom Menschen geschaffen worden aber ihre Intensivierung und Ausweitung ist ein Produkt menschlicher Eingriffe An mindestens drei Stellen (bei Jodhpur mit rund 270 mm Regen im Jahr bei KhartumshyOmdurman mit 160 mm und bei Nefta in Tunesien mit 70 mm) zeigen eingezaunte Gebiete daU die vor den Weideshytieren geschtitzte ursprtingliehe Vegetation eine v61lig andeshyre Albedo hat a1s die umgebende Wtiste Ein Effekt auf die Niederschlage lli~t sich aus den (erst nach 1900 einsetzenshyden) Messungen zwar nicht nachweisen wohl aber aus den historischen Nachrichten aus dem Wtistengiirtel aus den Berichten der frUhen Reisenden tiber die Dauer der Regenshyzeit tiber die Existenz von Brunnen und regelma~ig abkomshymend en Fltissen noch im frUhen Mittelalter sind arabische Reisende quer durch die Sahara mit Pferden gezogen (tiber historische Klimaschwankungen natiirlicher Herkunft s Abschn 6 und 8)

11

5 Das Problem der Klimavorhersage Stand und Aufgaben

51 M odeUrechnungen

Was konnen wir tiber die Zukunft unseres Klimas vorausshysagen Was wissen wir tiber die Ursachen der Klimaschwanshykungen der Vergangenheit Immerhin wachsen unsere empirischen Kenntnisse tiber die Klimageschichte rasch an und erfassen die letzten 10000 Jahre schon recht gut die letzten 700000 Jahre immerhin schon in den Grundmiddot zUgen die Umrisse der Geschichte der letzten 500 Millionen Jahre beginnen ebenfalls sichtbar zu werden (SCHWARZshyBACH) Eindeutige Zusammenhiinge mit den nattirlichen Ursachen sind bisher hochstens vereinzelt nachgewiesen eine Vorhersage dieser extremen Ursachen (Abschn 3) ist bisher unmoglich

Physikalisch-mathematische Klimamodelle sind bisher vielshyfach nur in der einfachsten Form (0- oder I-dimensional) erortert worden 2- oder 3-dimensionale ZirkulationsmoshydelIe der Atmosphiire gibt es in den verschiedensten Formiddot men Gemeinsam ist ihnen die Ableitung der Felder Wind Luftdruck Temperatur auf der Grundlage vorgegebener Randbedingungen so der Temperatur der Ozeanoberfliishyche der mittleren Bewolkung ua Damit sind aber die fUr das Klima entscheidenden Wechselwirkungen fest vorgegeshyben schon die Behandlung des jiihrlichen Ganges ist mit einem so1chen Ansatz unmoglich erst recht natlirlich die Vorhersage von interannuellen Anderungen oder Klimashyschwankungen Die Wechselwirkung Atmosphiire - Ozean ist bisher in nur einem stark idealisierten Modell (MANABE und BRYAN) einbezogen worden andere Modelle behanshydeln den Ozean als beyregungslosen Sumpf der Wiirme und Wasserdampf abgibt bzw aufnimmt Sieher sind diese Ansiitze vielversprechend sie Hefem immerhin ein ziemlich realistisches BUd der groBen Stromungssysteme der Atmosshyphiire der hydrologischen BUanz Niederschlag - Verdunshystung und der Energieumsetzungen innerhalb der Atmosshyphiire Aber schon eine Umsetzung der Zahlenwerte flir die Landoberfliiche in regionalen Klimatypen zeigt die UnvoIlkommenheit dieser Art von Modellen da erhalten Texas und Stidchina ein Wtistenklima oder in der Sahara fallen 1500 mm Niederschlag am Rande des Himalaya dashygegen weniger als 50 mm Natiirlich geben solche Fehler AnlaB zur Verbesserung der Modelle diese aber finden heute weniger inder Physik als vielmehr in der Leistungsshyfahigkeit der Computer und dem Aufwand an Rechenzeit ilire Grenze Auch wissen wir heute daB die meisten Moshydelle (wegen in ihnen enthaltenen mathematischen Niiheshyrungen) auch bei gleichen Anfangsbedingungen verschieshydene Ergebnisse Hefem Modellexperimente Iiefem daher keine Abbilder der Wirklichkeit sondem sind Testversushyche tiber die Sensitivitiit der Modelle selbst Der entscheishydende Einwand ist aber daB es bisher noch nieht gelungen ist die Summe der zeitabhangigen Vorgiinge in Ozean Eis und Atmosphiire und ihre wesentlichen Wechselwirkunshygen in ein Modell einzubauen Keiner der hervorragenden Modellbauer macht sieh lIlusionen tiber die Schwierigshykeiten im Detail eine befriedigende Losung wird wohl kaum vor 10 Jahren gefunden werden konnen und auch dieses Datum mag noch zu optimistisch sein

Andere Modelltypen sind vorgeschJagen worden statishystisch-dynamische Modelle die zeitabhiingige Parameter unter Verzicht auf Detail als Statistiken behandeln und

12

stochastische Modelle bei denen die wirksamen langfristishygen Prozesse im Ozean und im Eis von der kurzlebigen Atshymosphiire her angetrieben werden (HASSELMANN und Mitarbeiter )

Aile diese Versuche sind notwendig und nUtzlich soweit sie unsere Kenntnisse tiber die Wechselwirkungen im klimatimiddot schen System und ihre Auswirkung erweitem erst wenn wir diesen komplexen Wirkungsmechanismus voll versteshyhen konnen wir ihn so vereinfachen dafll wir ein gentigend realistisches und doch noch traktables Klimamodell aufshybauen konnen Ein entscheidender Test ist die Simulation des jiihrlichen Ganges (zB WETHERALD - MANABE 1972) diese jahreszeitliche Anderung der Zirkulation ist eher noch groBartiger als die starks ten Klimaschwankunshygen der Vergangenheit wie etwa eine Eiszeit ftir die GAshyTES (1976) ein Zirkulationsmodell mit gegebenen Randbemiddot dingungen entwickelt hat

S2 Zur Frage der Vorhersagbarkeit

Solange die Hauptursachen der Klimaschwankungen in der Vergangenheit - zuniichst jedenfalls als unvorshyhersagbar geJten mUssen bleibt eine ernstzunehmende Prognose etwa flir das Klima der Periode 2100-2150 AD unmoglich Das muB ganz nilchtem gesehen werden selbst ~ wenn die eben erorterten Schwierigkeiten beim Aufbau eines geeigneten Modells voll befriedigend gelost werden konnen Aber ein Ausweg ist moglich der immerhin eine bedingte Vorhersage - in der Literatur als Vorhersage zweiter Art bezeichnet ermoglicht Setzen wir eillshymal voraus daB die unvorhersagbaren Prozesse so weltershylaufen wie in den letzten (rund) 5000 Jahren - genauer seit dem Verschwinden der letzten Reste der kontinentalen Inlandeisdome auf Labrador Dann konnen wir mit Modellshyrechnungen untersuchen wie dieses klimatische System auf Anderungen der Randbedingungen - zB auf eine Anderung des CO2 -Gehalts des Aerosolgehalts der unteren Troposphare oder der Stratosphiire (Vulkane) der Oberfliishychenalbedo - reagiert Solange kein wirklich komprehenshysives aile Untersysteme mitumfassendes Modell des klimashytischen Systems existiert sollte das in sorgfaltig geplanten Parallelversuchen mi t den heute verfUgbaren Modellen bzw den noch verbesserten Versionen durchgefilhrt werden

Parallel hierzu muB aber ein vertieftes Studium charakshyteristischer Stadien der Klimate der Vergangenheit treten ~ das Iiegt auch im Interesse der Modellbauer Es gibt nur eine Mogliehkei1 die Eignung eines Modells zur Klimavormiddot hersage zu erproben die Simulation der Klimate der Vershygangenheit und ihrer zeitlichen Entwicklung Aber auch unabhiingig davon geben uns diese Paliioklimate Hinweise darauf wie das Klima unserer Erde auch aussehen konnshyteo Denn hier versagt offenbar - jedenfalls gilt dies ftir die Mehrzahl der Meteorologen unser Vorstellungsshyvermogen nur so ist das (fast irrationale) Festhalten an der Oberzeugung von der Konstanz unseres Klimas zu erkliiren trotz all unserer Erfahrung mit extremen Wetterlagen

Stellen wir nur die in der Vergangenheit wirksamen Klimashyfaktoren in Rechnung dann mtissen wir uns fragen wie sah das Klima aus als unsere AlpengJetscher den vielerorts im Gelande noch siehtbaren Hochststand (mehrfach in def Zeit zwischen 1610 und 1855) erreicht hatten Das war die kleine Eiszeit (s Abschn 7) sieher mtiBte def Obershy

gang zu der nachsten Eiszeit von einem solchen Stadium ausgehen und wir mtissen die Frage nach der Natur dieses Obergangs erortern Stellen wir im Gegensatz hierzu die anthropogenen Faktoren in den Vordergrund die offenmiddot bar in ihrer Gesamtheit zu einer globalen Erwarmung flihren (s Absdm 41 42) dann kbnnen wir die Warmmiddot phasen der Vorzeitklimate untersuchen und als Beispiel fUr die in Zukunft zu erwartenden Zustande nehmen NatUrJich mtissen wir uns auch die Frage stellen kann sich das Klima der Vergangenheit wiederholen oder haben sich die Randbedingungen inzwischen geandert Nachdem wir heute wissen daf~ es in jtingerer Vergangenheit nicht eine oder vier sondern mindestens 17 Eiszeiten und ebensoviele Warmzeiten g10balen AusmaBes in 18 Milliomiddot nen lahren gegeben hat (FINK und KUKLA) stellt sich dieses Problem in aller Scharfe Auch die Geschichte des Menschen wiederholt sich nie aufvbllig g1eiche Art

Solange wir also keine physikalisch einwandfreien genUmiddot gend realistischen Klimamodelle zur Verftigung haben mUsmiddot sen wir uns mit dem Vergleich vergangener Zustande aber mit aller gebotener Kritik und Vorsicht behelfen Diese Art der Darstellung moglicher aber keinesfalls gesimiddot cherter Zustande bezeichnet man (in der sehr umfang reichen Literatur Uber Zukunftsfragen) als Szenarium als Drehbuch fUr einen Film Das ist eine auBerst unglUckmiddot liche Bezeichnung unsere Darstellung entspringt niemals allein schbpferischer Phantasie sondern beruht ausschlieBmiddot Hch auf den kritisch durchgeprUften Grabungsergebnissen der Vergangenheit alles was frliher schon einmal gesche hen ist kann wieder geschehen sofern die g1eichen Randmiddot bedingungen gegeben sind HierfUr geben uns die vorliemiddot genden Modelle wertvolle Hinweise Andererseits mUsmiddot sen wir stets die natiirlichen Schwankungen des Klimas (mit einer GroBenordnung von plusmn 06degC fUr die g10bale Mitteltemperatur gegeben fUr einen zB IOOjahrigen Mitmiddot telwert) mit in Rechnung stellen sie addieren sich zu den anthropogen verursachten Schwankungen ledem mit der Klimavergangenheit nicht vertrauten Leser sollte das Studium des groBen zweibandigen Werkes Climates Past Present and Future von H LAMB dringend empfoh len werden

FUr den folgenden Abschnitt 6 die Erorterung globaler Warmphasen als Beispiele [iir m6gliche Klimazustiinde unter anthropogenem Einftuj3 mUssen wir folgende einmiddot schrankende Voraussetzungen machen (s Abschn 23 und 3)

a) Konstanz der Solarkonstanten (innerhalb der heutigen MeBgenauigke it)

b) keine Haufung starkerer VulkanausbrUche c) kein groBskaliger Ausbruch des WestantarktismiddotEises d) keine Anderung der mittleren Bewolkung

Die letzte Einschrankung bezieht sich auf unsere mangelmiddot haften Kenntnisse tiber die Rolle der BewOlkung im Strahmiddot lungshaushalt Zweifellos ware schon eine geringe Zunahmiddot me der Bewolkung (zZ nach Bodenbeobachtungen ca 52 nach Satellitendaten ca 30 beides mit sysmiddot tematischen gegeneinander wirkenden Fehlern behaftet) fUr den Warmehaushalt von entscheidender Bedeutung Doeh ist das unwahrscheinlich (CESS) der gro~te Teil der Wolken entsteht in aufsteigenden Luftstromungen und lost sich bei Absinken auf bleibt also als Foige des Kontinuitiitssatzes etwa erhalten Die stabilen Inversionen

aber dUrften bei einer CO2 middotZunahme wegen der waehsenden LabiliHit der Schichtung eher abnehmen

6 Warmphasen in der Klimageschichte

61 Friihmittelalterliche Wiinneperiode

Da eine Riickkehr zu einer rein naturbedingten Klimaentmiddot wicklung ebenso unmoglich ist wie eine RUckkehr zu den Lebensbedingungen der lungsteinzeit fUr eine Erdbevolkemiddot rung von Uber 4 Milliarden miissen wir mit einer g10balen Erwarmung rechnen Dem widerspricht die Abklihlung der Periode 1945-72 in mittleren und hohen Breiten der Nordhalbkugel nur scheinbar in niedrigen Breiten blieben die Temparaturen fast konstant in gemaBigten Breiten der SUdhalbkugel und am Rande der Antarktis sind sie sogar leicht angestiegen Einer CO2 middotZunahme von 12-13 entspricht eihe g10bale Temperaturzunahme urn a2degC dies liegt noch ganz im Bereich des statistischen Rauschens dh der interannuellen Variabilitat Die bemiddot obachtete AbkUhlung kann offenbar mindestens teilweise auf die seit 1955 wieder auflebende Vulkantatigkeit (nach einer Pause 1912-1948) zuruckgefUhrt werden Das Argumiddot ment daB ohne die inzwischen erfolgte CO2 middotZunahme die AbkUhlung entspreehend starker gewesen ware la~t sich weder beweisen noch widerlegen es steht jedenfalls im Einklang mit den zuveriassigsten Strahlungsmodellen Wir betrachten also zunachst als Beispiel fUr eine kUnftimiddot ge Klimaentwicklung - einige Warmphasen aus der Klimamiddot geschichte ohne daB ruer auf die Art der Quellen und ihre Kritik eingegangen werden kann (vgl die Monogramiddot pruen von SCHWARZBACH und LAMB)

Die erste wichtige Warmphase ist das frUhe Mittelalter etwa die Periode 900 - 1050 un serer Zeitrechnung Sie ist zwar in Mitteleuropa durch historische Daten wenig bemiddot legt das umfangreiche Werk von H LAMB enthalt eine Zusammenstellung aller erreichbarer Daten die inzwischen fortlaufend erganzt werden In dieser Zeit scheinen sich (die vorsichtige Ausdrucksweise ist wegen der noch allmiddot zuoft unkri tischen Auswertung historischer Quellen notmiddot wendig) in weiten Teilen Europas warme Sommer und DUrreperioden zu haufen Die wichtigsten Befunde ergeben sich ausder Siedlungsgescruchte der Wikinger in Island und Gronland mit ihren klihnen Vorstoampn nach Labrador und Neufundland Diese Auswanderer (aus politischen GrUnden) trafen ab 874 Island zu etwa 60 bewaldet an sie trieben dort nicht nur Schafzucht sondern auch Getreidebau (wie Ubrigens damals in Norwegen bis zum 65 Breitengrad) Sie Uberquerten die DanemarkstraBe an der schmalsten Stelle ohne den heutigen TreibeisgUrtel anzutreffen und errichteten Siedlungen in Siidmiddot und Westgronland die FriedhOfe dieser Siedlungen liegen heute im Dauermiddot frostboden War der OstgronlandstrOin damals in 65degN eisfrei dann muB das bei dessen hoher Geschwindigkeit Om Vergleich zur Abschmelzzeit der Eisschollen) fUr seimiddot ne gesamte Lange zutreffen die arktische Treibeisgrenze lag also damals an der Nordkiiste Grbnlands dh in 80-shy

o8I N Breite Erst urn 1330 liegt ein zeitgenbssischer Bemiddot richt vor daB das vorgeriickte Eis zur Aufgabe dieses Scruffmiddot fahrtsweges gefiihrt hat zugleich verschlechterten sich die Klimabedingungen in Gronland und Island wo der Getreimiddot debau aufgegeben werden muBte Archaologische For schung hat zeigen konnen daB urn 1000 die Eskimos den ganzen arktischen Arcrupel Kanadas besiedelt hatmiddot

13

ten ebenso die Neusibirisehen Inseln In diesen heute mensehenleeren Einoden lebten sie von Walfang ~ dieshyser setzt offenes Wasser im Sommer voraus Die gleiche Klimaversehlechterung zwang sie ZUIll Ausweichen nach Sliden und ZusammenstoJ)e mit den durch Hunger und Seuchen dezimierten norwegisehen Siedlern in StidgrOn land filhrten zu deren Verniehtung

Die Waldgesehichte Kanadas und Europas die Gletschershygesehichte der Alpen beJegen um J 000 eine Erwarmung lim etwa 1deg( das Kaspische Meer erreichte einen seiner tiefsten Stande bel ~3~ m dh niedriger als heute wo viel Wasser zu Bewaserungszwecken verwendet wird Der Nordteil der Sahara war feuehter als heute arabische Reishysende beriehteten sogar aus dem heute trockensten Geshybiet (Kufra) von einer gerade erst aufgegebenen Rindershyzucht man wird die Niederschlage damals doch auf 150-~00 mmiJahr schatzen mussen gegeniiber 3~5 mm heute Aber aus dem Mittelmeerraum wird von einzelnen uberaus kalten Wintern berichtet ebenso hatten China und Japan warme Sommer aber auch strenge Winter in denen die gro~en F1u~-Seen am Jangtsekiang zufroren 1m mittleren Westen der USA herrschten giinstige Bedinshygungen fur Ackerbau Jagd und sogar stadtische Kuhur wah rend urn 1200 Serien von Durren zur Aufgabe von Gebieten zwangen Da~ diese Dtirreperiode hier im heutishygen Maisanbaugtirtel 200 Jahre anhielt (Bryson und Murshyray) mu~ besonders beachtet werden Der mittlere Westen Nordamerikas ist zZ das einzige Gebiet mit Getreidetibershyschuf~ wahrend viele andere Lander von Importen dh von der Hand in den Mund Jeben

Eine Zusammenschau dieser (und anderer) Daten fUhrt zu der Vorstellung (LAMB) da~ wie in den hei6esten Somshymem der Periode 1931-60 die Zyklonenzugbahnen der Westdrift durch quasi-stationare Hochdruckgebiete urn 300~500 km nach N verlagert waren Auch im Winter ergab sich eine iihnliche Situation die aber mit blockierenshyden Hochs zu hiiufigen Kaiteperioden ftihrte Wahrend im Eis Gronlands bereits eine vortibergehende Abktihlung urn 1160 eintrat die auch von Schweizer Gletschern beJegt ist war die nachste Kaltewelle mit dem Hohepunkt urn 1320 noch nachhaitiger wirksam alle Warmphasen seit dieser Zeit haben nieht die Andauer und Intensitat derjeshynigen urn die Jahrtausendwende erreicht Ftir sie kann ein Anstieg der reprasentativen Temperaturen urn etwa 1degC angesetzt werden die in der Arktis vermutlich 2-3degC erreicht haben diirfte Von der Sudhalbkugel Jiegen kaum Daten vor au~er einer Trockenperiode in Neuseeland zur Zeit der Maori-Einwanderung

62 Die holozane Warmeperiode vor 6000 (bzw 4000) Jabren

Nach dem Hohepunkt der letzten Eiszeit (18000 vh = vor heute) dauerte der Eisrtickzug in den beiden Nord-Kontishynenten verschieden lang das Skandinavische Inlandeis verschwand endgilltig kurz vor 8000 vh wiihrend zugleich das Laurentische Eis Nordamerikas noch die Hudsonshybucht mit allen Nachbarliindern bedeckte mit noch etwa 50 Prozent seiner urspriinglichen Flache Nach einem katashystrophalen Einbruch des Meeres in die Hudsonbucht vershyschwand das Eis im Westen relativ rasch in Labrador anshyscheinend erst urn 4500 vh wah rend in Baffinland ausgeshydehnte Plateaugletscher bis heute tiberlebten Das ftihrte

14

in der Zeit 8000-4500 vh zu einer permanenten Anomashylie der Zirkulation von Atmosphare und Ozean tiber Euroshypa zu einer zusatzlichen advektiven Erwarmung mit einem ersten Hohepunkt urn 6000 vh einem zweiten ab etwa 4500 vh nach einer kurzen intensiven Abktihlung urn 4800 vh wahrend das ostliche und zentrale Nordamerika noch relativ ktihl blieb Offenbar lagen auch Alaska und das westliche Nordamerika unter dem Einfiu~ eines warmen Hochdruckrtickens langs 1000W dehnte sich der boreale Wald etwa 300 km weiter nach N aus als heute ja vor 4800 vh sogar bis zur Banks-Insel (74degN) Ahnliche Beshyfunde Iiegen von Nordnorwegen und der westsibirischen Taiga vor die eine Erwarmung urn 2 bis 3degC andeuten im globalen Mittel ergibt sich eine Erwarmung urn etwa I 5degC In der inneren Arktis waren selbst die Nordktisten von Spitzbergen Gronland und Ellesmere-Land im Somshymer eisfrei wahrend der Kernbereich des arktischen Treibshyeises zwischen N ordkanada und Ostsibirien sieher erhalten blieb

Die Vegetationsgeschichte von Eurasien (FRENZEL) zeigt diese Warmphase klar Werbei darf man nlcht vergesshysen daB die Einwanderung von Waldbaumen erheblich Ianshygere Zeit benotigt als die daftir verantwortliche Klimaiindeshyrung Von besonderer Bedeutung ist dabei in Ostsibirien a offenbar auch in Kanada und Alaska ein Rtickzug des Dauerfrostbodens urn mehrere 100 km nach Norden in den Gebirgen rtickte die Waldgrenze tiberaIl urn 100-150 m aufwarts In den Alpen lli~t sich das mit vielen Einzelheiten belegen (pATZELT) aber im Gegensatz zur Subarktis kam es hier in der Periode zwischen 8000 vh und 800 vh zu mindestens vier Warmeperioden und zwischengeschalteshyten Kaltphasen mit Gletschervorstii~n von jeweils fast gleieher Intensitat Ftir die TemperaturverhaItnisse der Ozeane sind nur wenige Angaben vorhanden - die zeitshyliche Aufiosung der Ozeanbohrkerne liegt meist bei 3-5000 Jahren als Folge der geringen Sedimentationsrate und der biogenen Durchwtihlung des Meeresbodens Nur fUr den Kuroshio zwischen Taiwan und der japanischen Stidktiste wird eine Erwarmung urn 6degC angegeben

Die auffaIligste Erscheinung ist eine verbreitete Zunahme der Niederschliige mit nur zwei sicheren Ausnahmen In Westsibirien sowie im Mittelwesten der USA (Wisconshysin - Illinois) weitete sich das trockene Grasland nach N bzw E hin aus Oberall sonst besonders auWillig 1m Trok- ~ kengtirtel der Alten Welt von Mauretanien (l7degW) bis nach Rajasthan (77degE) herrschte ein feuchteres Klima als heute in der Sahara ist es an mehr als 30 fossilen Seen und Fltisshysen einwandfrei belegt eben so in der Danakilwtiste in der arabischen Wtiste aber auch im SW Nordamerikas im ostafrikanischen Graben und in weiten Teilen Australiens Zwei Gebiete sind besonders gut belegt in Rajasthan (BRYSON) schwankte die Regenmenge zwischen 400-600 mm (zeitweise fiber 800 mm) von etwa 10500 vh bis rund 3700 vh gegeniiber rund 250 mm heute und der Tschadshysee heute ein naches von Diinen durchsetztes Seebecken von maximal 23000 km2 dehnte sich zweimal (urn 8500 und urn 5800 vh) auf tiber 320000 km2 aus (MALEY) mit einem Spiegel tiber 40 m hoher als heutc und einer maximamiddot len Tiefe von etwa 200 m Das zentrale Trockengebiet zwischen Kufra und Tibesti heute mit weniger als 5 mml Jabr war zT von dauernd flie~nden Fltissen durchzogen Das Grasland wurde genutzt von offenbar zahlreichen rinderztichtenden Nomaden und die jahrlichen Niedershy

schlage werden auf 200-400 mm geschatzt (PACHUR GABRIEL) im Tibestigebirge (heute 100 mm) auf tiber 800 mm Besonders auffallig ist da~ in dieser Feuchteperiode sowohl die Nord- wie die Stidflanke der Sahara starker tiberregnet wurden im Sahelgebiet schlieBt ROGNON auf eine ganzjahrige Regenzeit mit haufigen Dauerregen an stelle der kurzen Sommer-Regenzeit mit ihren heftigen Schauern Das ist nicht vertraglich mit der Lehrbuch-Vorstellung von einer meridionalen Verschiebung aller Klimagtirtel die im Stiden und Norden der Sahara alternierende Feuchtshyphasen auslosen m~te Nur bn Winterregengebiet nordlich 36degN find en wir in Anatolien und Iran (so am Van-See) eine markante Trockenperiode gleichzeitig mit der Feuchtshyphase der ganzen Sahara Diese Feuchtphase schon einmal urn 7500 vh unterbrochen wurde ab 5500 vh durch eine allmiihliche Austrocknung abgelost die urn 4000 vh in der Sahara etwas spater auch in Rajasthan zu einem ariden Klima ahnlich wie heute fOOrte Diese Austrocknung haben die frOOeren Hochkulturen miterlebt das Alte Reich Agyptens die Stadtkulturen zwischen Jericho und Ur die Indus-Kultur ilire Krisen oder ihr Untergang hiingen offen bar von diesen Klimaanderungen starker ab als von dem Einfall fremder Volksstamme

Die Interpretation dieser Befunde aus dem Holoziin (=Nachshyeiszeit) erfordert eine genaue Synchronisation des Ablaufs der Klimageschichte in weit entfernten Raumen sowie ein meteorologisches Verstiindnis dieser raumlichen Bezieshyhungen anhand rezenter Befunde Zunlichst ergibt sich auch heute in den Obergangsjahreszeiten wie im Winter die Existenz quasi-permanenter Hohentr6ge die sich in 150-300 mbar jeweils weit zurtick nach SW bis in die innemiddot ren Tropen hinein erstrecken (FLOHN 1975) Ahnlich existieren diese diagonaien Hdhentrdge auch tiber der Stidhalbkugel wo sie bis zum Aquator gelegentlich auch dartiber hinaus reichen In ihrem Bereich kommt es zu einer Wechselwirkung der tropischen und aulkrtropischen Storungen (Abb 9) die zu kraftigen Wirbeln mit Gewittermiddot schauern und Sandsttirmen ftihren dies sind die schon urn

Interaction Upper Troughs-low level Tropical Vortices Lat

300

fIlA 200

10middot

omiddot Abb 9 Diagonale Hohentroge (200 mb) und ihre Wechshy

selwirkung mit Storungen der tropischen Oststroshymung (700 mb)

1935 bekannten Saharadepressionen 1m westlichen und zentralen Nordafrika laBt sich an heutigen Statistiken die simultane Schrumpfung bzw Ausweitung des Trokshykengtirtels und die Rolle der Frtibjahrsregen hierbei nachshyweisen dasselbe ergab sich aus historischen Studien der Regenverhaitnisse im 17-19 Jahrhundert (NICHOLshySON)

Wahrend der ersten Feuchtphase 10500 8000 vh existiershyten noch ausgedehnte EisfHichen in Nordeuropa und Nordmiddot amerika Das ganze Jahr tiber reichte die glob ale Kaltshyluft und die von ihr ausgehenden Kaltetroge weiter stidmiddot warts als heute wahrend sich Uber den Tropen bereits die heutige Zirkulation herstellte Die Befunde deuten im Atlantik wie im Pazifik auf eine Abschwachung der subtroshypischen Hochdruckgebiete und damit der Intensitlit der Passatwinde Dies fiihrt notwendig zu einer Abschwachung des Aufquellens von Kaltwasser sowohl an den Westktisten (NWmiddotAfrika Kalifornien) wie am Aquator hier also zur Vorherrschaft der EI-Nino-Zirkulation mit Warmwasser starker Verdun stung und aquatorialen Regen auf dem Meer die geophysikalische Rolle dieses Wechsels ist kaum zu tiberschatzen Urn 8000 - 7300 vh kam es nach Vermiddot schwinden des skandinavischen Eises zu einer Unterbremiddot chung der Feuchtphase Diese stellte sichjedoch wieder her solange noch tiber Labrador - Baffinland ausgedehnte Eisfelder auch im Sommer tiefe weit ausgreifende Hohenmiddot troge zur Folge hatten diese traten offenbar in Nordamerishyka sowie in EuropaAfrika in den Obergangszeiten haufishyger auf als heute 5-10 faile dieser Art pro Jahr gentigen urn insgesamt 150-250 mm zusatzlichen Niederschlag hervorzubringen Die endgultige Austrocknung vollzog sich erst urn etwa 4500 vh mit dem Verschwinden der Eisreste aus Labrador

Die fUr den Klimaablauf entscheidenden physikaischen Randbedingungen in der Subpolarzone waren also urn 6000 vh noch wesentlich anders als heute erst urn 4500 vh entwickelten sie sich offenbar mit einer noch starkeren Reduktion des arktischen Eises Die ebenfalls noch wanne Phase urn 4000 vh deren regionale Einzelheiten weniger gut bekannt sind war im Trockengtirtel der Alten Welt wie im SW Nordamerikas in Stidafrika und in Australien ahnlich trocken wie heute Noch eine weltcre Randbedinshygung sollte nicht vergessen werden die bereits erwahnte (Abschn 43) Vegetationszerstorung und Desertifikation die mit der Zunahme der Obertlachenalbedo tiber den Meshychanismus des Charney-Modells zu einer Verstarkung des Absinkens fUhrt Sie wird wahrscheinlich bei einem Ruck gang des ArktismiddotEises eine Zunahme der Niederschlage im Sahel hinausz6gern jedenfalls solange bis durch geeigshynete SchutzmaBnahmen eine geschlossene GraslandmiddotVege tation in den Randgebieten der Sahara wieder hergestellt werden kann Das aber ist ein okonomisch-soziales Pro blem

63 Letztes Interglazial EemmiddotWannzeit 120000 vb

Die EntwickIung quantitativer Arbeitsmethoden in der Geo logie hat in den letzten Jahren einige aufregende Entdek kungen innerhalb der Erdgeschichte erm6glicht Hierzu zahlt die Entdeckung eines 17-18maligen Wechsels zwi schen Eiszeit und Warmzeit (Interglazial) in den letzten 2 Millionen Jahren in zeitlicher Obereinstimmung datiert mittels der Umkehrung des erdmagnetischen Feldes gefunshyden in Ozeanbohrkernen aus dem aquatorialen Pazifik (SHACKLETON - OPDYKE) und in L6Bprofilen in Mahmiddot ren und Niederosterreich (KUKLA und FINK) Damit ergab sich eine gesicherte Chronologie der Kalt- und Warmshyzeiten ftir die palaomagnetische BrunhesmiddotEpoche der letzten 700 000 Jahre In allen geeigneten Ozean-Bohrkernen finshydet man in der Zeit zwischen 127 000 und 75 000 vh (mit einer Fehlergrenze unterhalb plusmn 5000 Jahren) drei

15

Warmphasen mit zwei kurzen Kaltphasen dazwischen genauere Untersuchung in Barbados auf Mallorca Neuguishynea und an der Themsemtindung belegen auch die zugeshyhOrigen eustatischen Schwankungen des Meeresspieshygels da in den Kaltphasen gro6e Wassennengen als konshytinentales Eis gespeichert werden Auf dem Festland sind bisher zwei nahezu vollstandige Moorbohrkerne untershysucht worden (in Mazedonien und sudlich der Vogesen) die die gleichen Schwankungen zeigen aber in wesentlich hOherer zeitlicher Auflosung Noch weiter auflasbar sind die Diatomeenablagerungen Nordwestdeutschlands mit ihren tiber 10 000 Jahre reichenden Jahresschichten (H MOLLER) die eine pollenanalytische Analyse von Abshyschnitten von nur 15 Jahre Lange erlauben

Nach allen vorliegenden Befunden ist die friiheste der drei Warmphasen mit deutlichem Abstand die warmste noch etwas warmer als die erarterte holozane Warmphase offenbar auch warmer als die vorhergegangenen Interglashyziale Sie reichte von 127000 bis etwa 115000 vh die warmste Phase umfa~te in den Vogesen mindestens 10000 Jahre dagegen die beiden Kaltphasen nur jeweils 1600 bzw 1000 Jahre Ftir Europa und die Sowjetunion existiert eine detaillierte Vegetationsanalyse (FRENZEL) dieser Warmzeit die mit dem hollandischen Lokalnamen Eem (im engeren Sinne) bezeichnet wird nach dieser Anashylyse miissen die Temperaturen 2-3degC haher gelegen haben als heute in Sibirien sogar bis 6degC Xhnlich wie im Holoshyzan miissen die Niederschlage hoher gewesen sein zumal die hOhere Temperatur schon an sich zu einer Zunahme der Ozean-Verdunstung fiihrt Neben der oben erorterten Dominanz der EI-Nifio-Zirkulation am Xquator ist eine weitere Ursache der Verstarkung des hydrologischen ZykshyIus der eustatische Meeresspiegelanstieg auf + 5-7 m der durch einen breiten Meeresarm zwischen Ostsee und Wei~em Meer Fennoskandien zur Insel macht und im Mtindungsgebiet von Ob und Jenissei bis tiber 1000 km weit ins Binnenland eingreift (FRENZEL) Zugleich kam es zu einem drastischen Riickzug des Dauerfrostbodens in Ostsibirien bis etwa 57deg Breite (heute etwa 49deg) Auch bei einem Anstieg der Temperaturen urn 6degC erlebte Sibishyrien auch damals sehr kalte Winter doch miissen im Sommiddot mer die Ktisten weitgehend eisfrei gewesen sein Anderermiddot seits ergeben die Bohrkerne im Arktischen Ozean daB der zentrale Kern des arktischen Eises zwischen Gronland Alaska und Ostsibirien aile Warmzeiten seit mindestens 700000 Jahren ohne Unterbrechung uberdauert hat die gleiche Annahme erscheint fUr das Gronlandeis immershyhin wahrscheinlich (wenn auch nicht belegt)

Mit dem starker mariti men Klima Europas reiehten warmiddot meliebende Walder weit nach Ru6land hinein Das Vorshykommen von Lowen FluBpferden und Waldelefanten in GroBbritannien ist ein besonders auffallendes Anzeimiddot chen warmerer Bedingungen wenn auch der SchluB auf tropisches Klima nach Ausweis der Vegetation sicher unshygerechtfertigt ware Aus den tropischen Kontinenten lieshygen bisher nur wenige Befunde vor eine lange humide Phase an der westafrikanischen Kiiste und in der Afar-Senke am Roten Meer entsprechen den Befunden der holozanen Warmzeit

Diese Eem-Warmzeit war offenbar die wiirmste Phase seit Beginn der Brunhes-Epoche vor 700000 Jahren abet das gesamte letzte Interglazial dauerte wesentlich langer

es umfaBte zwei weitere etwas kiihlere Warmphasen geshytrennt durch zwei intensive Kaltphasen urn etwa 110 000 und 90 000 vh Die zugehorigen Schwankungen des Meemiddot resspiegels zwischen -70 und -80 m in den Kaltphasen (letzte Eiszeit -100 m) und etwa -5 m in den beiden spateren Warmphasen zeigen daB die Schwankung des globalen Eisvolumens immerhin 70-75 derjenigen zwishyschen letzter Eiszeit und heute betrug Diese Anderunshygen der Massenbilanz in den beiden Kaltphasen drang ten sich jeweils auf weniger als 10 000 Jahre zusammen die entsprechenden Klimaanderungen auf dem Festland liefen nach Ausweis der (verzogerten) Vegetationsschwanshykungen in den europaischen Mooren in wenigen 100 Jahshyren in Wirklichkeit also vermutlich in lt 100 Jahren abo Das wird bestatigt durch den Gronland-Blitz eine in ihrem Mechanismus noch nieht einwandfrei geklarshyte Abkiihlung in weniger als 100 Jahren (DANSGAARD) die im Eis Nord-Gronlands in tiber 1300 m Tiefe seit minshydestens 90000 Jahren tiefgefroren aufbewahrt ist

Gewi~ sind noch nieht alle Fragen geklart Offenbar haben sich im mittleren Europa die beiden Kaltphasen trotz globalen Charakters nur kurzfristig in Form abrupter Abkiihlungen in der und hier allein interessierenden humashynen Zeitskala ausgewirkt Xhnliche Ereignisse haben sich nach den heute vorliegenden Befunden in allen jtingeren Y Interglazialzeiten (und im Holozan) abgespielt - auf dieshyses Problem muB noch (Abschn 8) eingegangen werden

Der eustatische Meeresspiegelanstieg im Eem ist in seiner Ursache noch nicht geklart ein Anstieg urn 5-7 m entmiddot spricht entweder dem Abrutschen des Eises der Westantshyarktis oder dem Verschwinden des Gronlandeises oder eishynem entsprechenden Wasserverlust der sehr stabilen Ostantshyarktis Wabrend das zuerst genannte Ereignis uU recht rasch vor sich gehen konnte (genauere Vorstellungen tiber die Zeitskala liegen allerdings nicht vor) laufen die beiden anderen Ereignisse so langsam ab daB der zugehoshyrige weltweite Meeresspiegeianstieg in der GroBenordnung weniger mm pro Jahr (heute 11 mm) bleibt

64 Eisfreie Arktis vereiste Antarktis (12-25 Mill vh)

Wahrend die bisher dargestellten Klimaphasen keine grundshysatzlichen Abweichungen gegentiber dem heutigen Klimashybild zeigen trifft dies fUr den extremsten Fall eines vOl- ~ ligen Verschwindens der arktischen Treibeisdecke nicht zu Die Idee eines Verschwindens des arktischen Treibshyeises hat zuerst BUDYKO urn 1962 entwickelt und zwar als Endergebnis einer gezielten Umwandlung des Klimas wie sie 1959 auf einem der Kongresse der KPdSU proklashymiert worden war - im Einklang mit der marxistischen These von def Umwandlung der Natur durch den Menshyschen Bei naheren Untersuchungen stellte sich heraus daB dieses Projekt (schon wegen der Ausdehnung der Eisdecke tiber 10 bull 106 km2 ) nicht nur extrem aufwendig war sondem auch sehr weitreichende Nebenwirkungen zur Foige haben konnte Spater erkannte man daB die im Gange befindliche Zunahme des CO2 -Gehaltes zu dem gleiehen Ergebnis fiihren konnte Die Sensitivitat dieses Systems wurde bereits besprochen (vergl Abschn 21) ein vereinfachtes eindimensionales Klimamodell (BUDYKO 1969) ergab bei wachsendem CO2 -Gehalt und zunehmender Erwarmung ein immer rascheres Ruckshyweichen der EisSchneegrenze zum Nordpol hin

16

Ein solches scheinbar jeder Erfahrung widersprechendes Modell konnte nieht ohne Widerspruch hingenommen werden Schon die Frage ob unter den heutigen Klimashybedingungen die Eisdecke irreversibel verschwinden kann oder ob sie sich im nachsten Winter neu bildet mu~te eingehend erortert werden wir konnen sie offen lassen da nunmehr ein Verschwinden des Treibeises unter extreshymen von den heutigen abweichenden Klimabedingungen zur Erorterung steht Diese Frage kann nur mit umfangreishychen Modellrechnungen beantwortet werden unter weishychen Bedingungen ist das dynamische System Meer Treibeis (mit Polynyas) - Schneedecke - Atmosphiire tiber den jahreszeitlichen Wechsel der Strahlungsbilanz hin stabil bzw instabil Solche Rechnungen sind im Gang eine ganze Familie von stufenweise immer komplexerer Modelle mu~ unter verschiedenen Randbedingungen geshytestet werden eine umfangreiche Arbeit die nicht heute oder morgen zu Ende geftihrt werden kann

Einer der vielen Einwande war die Frage ob ein eisfreier ~ Arktischer Ozean gleichzeitig mit einer vereisten Antarkshy

tis existieren konne dies ergibt eine schwer vorstellbare Asymmetrie der beiden Halbkugeln Aber auch heute existiert eine deutliche Asymmetrie die Troposphiire tiber der Antarktis ist im gleichen Niveau im Jahresmittel 11shy

12degC kalter als tiber der Arktis im NordsommerlStidwinter sogar um tiber 26degC Da nach einfachen OberJegungen die durch die Modellversuche von FULTZ (1959) bestiishytigt wurden die Zirkulation der Atmosphiire von dem Temperaturgeflille zwischen Aquator und Pol abhiingt (KORFF und FLOHN 1969) ist die Zirkulation auf der Stidhemisphiire starker als auf der Nordhalbkugel und greift tiber den Aquator hintiber im Jahresdurchschnitt bis etwa 6deg Nordbreite im Juli (Januar) auf rund 12deg N (1 deg S) Das zirkulationserzeugende meridionale Temperaturgefalle ist heute tiber der Stidhalbkugel im lahresdurchschnitt 42 gro~er als tiber der Nordhalbkugel

Tatasachlich hat aber - das ist eine der grundlegenden Erkenntnisse die wir dem Deep Sea Drilling Programm mit der Glomar Challenger verdanken - ein derart krasser Gegensatz der beiden Pole im jtingeren Tertiar viele Millionen Jahre lang existiert (KENNETf 1977) Der Antarktische Kontinent war erstmals vor 38 Ma (= 106

Jahre) mindestens teilweise vereist schon damals bildete sich das antarktische Bodenwasser der Ozeane mit einer

Abktihlung um etwa 5degC Eine vollstandige Vereisung der Antarktis besteht seit dem mittleren Miozan vor 12shy14 Ma sie war seither nur noch sekundaren Schwankungen unterworfen Vor etwa 55 Ma bildete sich dieses zuniichst noch relativ flache Eis mit Temperaturen um OdegC in ein kaltes stabiles Eis (der Ostantarktis) um noch 200shy300 m mach tiger als heute begleitet von einer globalen Abktihlung und einer eustatischen Absenkung des Meeshyresspiegels Diese ftihrte an der Schwelle von Gibraltar zu einer (mehrfach wiederhoJten) Abschntirung und Ausshytrocknung des westlichen Mitteimeeres (HSU) auf deren regionaie klimatische Bedeutung nicht weiter eingegangen werden kann

Die allmiihliche Abktihlung wiihrend des mittleren und junshygeren Tertiars hangt offenbar mit der Bildung des kalten von der Antarktis sich ausbreitenden Bodenwassers zusamshymen durch Mischung sanken auch in mittleren Schichshyten die Wassertemperaturen langsam ab und mit der Vershy

starkung der atmosphiirisch-ozeanischen Zirkulation kam es zum Aufquellen dieser ktihlen Schichten am Aquator und an den subtropischen WestkUsten Eine Vereisung der Gebirge der Nordhalbkugel trat erst lange nach der Antshyark tis ein in Alaska vor etwa 9 Ma in Island und im kalimiddot fornischen Hochgebirge vor etwa 28 Ma Eine Bildung von arktischem Treibeis war erst moglich nachdem diese konshytinentalen Gletscher allmahlich beim sommerlichen Schmelshyzen eine dUnne salzarme Deckschicht des Arktischen Ozeans gebildet hatten dies geschah offenbar erstmals vor 23 Ma zuerst sicher noch als jahreszeitliches Eis

Damit steht also fest da~ in der Zeit zwischen 12 und 25 Ma gleichzeitig ein vollstandig vereister antarktischer Konshytinent und ein offener eisfreier arktischer Ozean existiermiddot ten In dieser Zeit miampte (aus theoretischen GrUnden) der meteorologische Aquator im Jahresmittei in etwa 9-10deg Nordbreite gelegen haben dafUr gibt es in Afrika auch Belege Als weitere Fol~e ware eine Verlagerung des Trockengtirtels bis 40-50 N zu erwarten die im ostlichen Europa auch belegt ist (zB im Wiener Becken s Abb 10) die subtropische Flora jener Zeit ist vielfach beschrieben worden (SCHWARZBACH MAGDEFRAU)

Northern Boundary of NHem Evaporite Zone

Oucternary (0-2 Ma) Late Tertiary 15-15 Ma) Early Tertiary (30-50Ma)

Abb 10 Mittlere Nordgrenze des Trockengiirtels (Ablashygerungen von Salz Gips usw) im Quartar (0 shy2 Ma) JungterWir (5 IS Ma) und Alttertilir (30 - 50 Ma) nach LOTZE

und Walder der gema~igten Zone reichten bis Nordgronshyland Nach SCHWARZBACH lagen im rheinischen Braunmiddot kohlengebiet die Temperaturen in allen Jahreszeiten urn 5-8degC hOher als heute Der stidhemisphiirische Trocken gtirtel reichte bis in die Nahe des Aquators Es ist unmogmiddot lich in diesem Rahmen auf Einzelheiten einzugehen zumal hierzu eine vollstiindige Auswertung der neueren geologimiddot schen Literatur notwendig ist

Nach BUDYKOs Modell kann der Obergang zu einem solchen Klima dh das Verschwinden des arktischen Eises bei einer allgemeinen Erwarmung urn ca 4degC eintreten (vgl auch KELLOGG) Das entsprache (je nach Modellannahme) einem virtueJlen CO2 -Gehalt von 800 shy1100 ppm der reale CO2 -Wert liegt bei 750 ppm (plusmn 15jd (Abschn 42) Ob und wann solche Werte erreicht werden hangt von Entscheidungen auf energiepolitisch-okonomisch sozialem Gebiet ab (Abschn 8)

17

7 Kaltphasen in der Klimageschichte

71 Kleine Eiszeit (1550-1850)

Dal~ das Klima im 20 Jahrhundert nieht das einzig mogliche ist ja dreg es selbst im Rahmen der [etzten 500 Jahre ausgesprochen anormal ist gehort zu den Tatsachen die selbst den meisten Meteorologen unbekannt sind Tatsachmiddot Hch haben wir in Europa - wie das am besten bekannte Verhalten der AJpengletscher zeigt seit rund lO 000 Jahmiddot ren immer wieder einen Wechsel zwischen Warmphasen (wie in Absehn 61 geschildert) ulld Kaltpllasen erlebt Hierbei sind die Phasen innerhalb dec beiden Gruppen untereinander recht iihnlich ihre Dauer aber variabel irgendwekhe persistenten Perioden existieren offenbar nieht oder ihr Anteil an der gesamten Varianz ist vernachmiddot liissigbar gering Wahrend die Gletscherstande der Zeit 1930-60 offenbar nahezu identisch sind mit denen frOherer Warmphasen l diese A ussage ist etwas unsieher) liegen die Moranen der GletschervorstoBe urn 1820 und urn 1855 fast genau auf denen frtiherer Gletscherhochstande (PATZELT) Die letzte Kaltphase kann uns also als Modell fUr aIle frOhemiddot ren seit dem RUckzug der grofben Inlandeise dienen ihre Bezeiehnung als Kleine Eiszeit ist allerdings bewufbt Ubermiddot trieben Ihr Beginn ist nieht eindeutig festlegbar schon urn 1160 urn 1320 und urn 1430 kam es zu kUrzeren aber marmiddot kanten GletschervorstoBen in den AJpen und fUr die beimiddot den 1etztgenannten Termine liegen viele Nachriehten Uber ganz ungewohnhche Klimaanomalien vor (LAMB von RUDLOFF) Von langerer Dauer war die Klimaverschlechmiddot terung ab 1560 die in ZUrich einen Rtickgang der Wintermiddot temperaturen urn 2degC brachte wahrend bei Kopenhagen das ganze Jahr Uber Winde aus SUdost und Ost - als Anzeimiddot chen blockierender Antizyklonen vorherrschten Die Witshyterungsabliiufe ahneln sehr denen die wir heute in Einzelmiddot jahren mit strengen Wintern (1939-42 19467 19623) erleben haufig blockierende Antizyklonen Wetter1agen mit anhaltend starker meridionaler Komponente - unmiddot gewohnlich kalt aber auch ungewohnlich warm haufige Dtirremiddot und Niisseperioden schneereiche und bis tief in das Frtihjahr anhaltende Winter mit nachfolgenden MiBernmiddot ten

FUr die Beurteilung der Klimabedingungen jener Zeit sind nieht nur die Gletscher der Hochgebirge sondern vor aHem die Under nahe der Polargrenze des besiedelten Landes wesentlich Island Sehottland die Faroer und Skandinamiddot vien Die Nachriehten vom Verhalten des arktischen Treibmiddot eises - mit seiner entscheidenden Rolle fiir Albedo und Wdrmehaushalt haufen sieh jetzt Island viele Jahre hinmiddot durch 6-9 Monate lang von Treibeis blockiert massive Eismiddot vorstoBe nach den Faroern (mit Wassertemperaturen 3_4degC unter den heutigen) und selbst nach Norwegen (wo die Fischerei jahrelang fast ohne Ertrag blieb) Rtickgang der Vegetationsgrenzen und schwere Nahrungskrisen in Schottmiddot land Besonders eindrucksvoHe Beispiele aus der Zeit 1755shy1790 schildert die durch genaue meteorologische und landwirtschaftliehe Daten ausgezeiehnete Arbeit von PFISTER aus dem Kanton Bern auf die weltweite Zusammiddot menschau von H LAMB (VoL II) sei nochmals hingemiddot wiesen

Eine voriaufige Zusammenstellung der jahrlichen Getreishydepreise in der Zeit von 1500-1860 gibt Abbildung 6 die aus den fast vollstandigen Reihen von 5 deutschen Stlidten

18

gemittel t wurde von einem langjiihrigen Trend abgesehen zeigt sie zahlreiche meist gruppenweise auftretenden Jahre mit Preisanstiegen urn das dreimiddot bis sechsfache Das absomiddot lute Maximum (bis 1950) waren die weitweiten Hunger jahre J81617 nach dem Vulkanausbruch des Tambora 1815

1m Gebiet der mediterranen Winterregen existieren widershyspruchsvolle Nachrichten einmal stimmen die kiiltesten Abschnitte (genannt seien die Zeiten urn 1570 1630 vor aHem 1680-1700 nach 1770 1816 f 1845 t) mit Feuchtjahren Uberein einmal mit Diirren Das gilt fUr Algemiddot rien die Seen Mittelitaliens ebenso wie fur das Tote Meer und das Kaspische Meer aber auch (nach Sh NICHOLSON) fUr die Sahelzone Systematische Studien Uber die Telekonmiddot nektionen der Niederschliige im Mittelmeergebiet brinmiddot gen die Lasung (HELBIG) die Maxima der mediterranen Winterregen konzentrieren sieh im Bereich quasistationarer Hahentroge und negative KorreIationen g1eichzeitiger Werte mit Abstanden von 700-1000 km ( = halbe Rossbymiddot Wellenlange) sind haufig Daher ist es hier sinnlos eine ganmiddot _ ze Klimazone zusammenzufassen die Abhangigkeit der KlimamiddotAnomalien von der Lange ist mindestens ebenso groB wie die von der Breite Die regionale Verteilung der entmiddot gegengesetzten Witterungsanomalien wird beherrscht von der jeweils quasistationaren Lage des bloekierenden Hoch C

zentrums und der begleitenden Hohentroge bzw Kaltluftmiddot tropfen - das kennt jeder erfahrene Synoptiker und das ist auch das zentrale Problem jeder iangfristigen Vorhermiddot sage Auch in Nordamerika hangen die kalten Zeitabschnitmiddot te dieser Periode mit bloekierenden Antizyklonen zusammiddot men wie die Auswertung von Baumringen (FRITTS) geshyzeigt haben

Was ist nun die Ursache des Vorherrschens meridionaler Zirkulationstypen in dieser Klimaphase was die Ursache dominierender zonaler Zirkulationstypen mit polwarts vermiddot schobenen subtropischen Hochzellen in den Warmphasen Beim VergIeieh etwa der Abschnitte 1815-1855 (nochshymals urn 1890) und 1930-1960 fall t sofort die verschiemiddot dene Lage der arktischen Treibeisgrenze im Atlantik auf im Raume urn Island-Norwegen handelt es sich urn Vermiddot schiebungen von der GroBenordnung 1500 km Was aber verursachte diese Ausweitung des arktischen Treibeises die maximal 2 Mill km2 erreicht haben dtirfte

Auf diese Frage existieren zZ zwei Antworten von demiddot nen wenigstens eine geophysikaJiseh einwandfrei begrtinshydet ist Sie bezieht sich auf eine von LAMB zusammengemiddot faBte Statistik von VulkanausbrUchen (s Abschn 32) bei der in der Tat ein Zusammenhang zwischen den Hohemiddot punkten der kleinen Eiszeit und besonders schweren Vulmiddot kaneruptionen (oder Gruppen) auffall 1 Andererseits hat EDDY darauf hingewiesen daB die auffallige lange Periode geringster SonnenaktivWit der Zeit 1643 -1710 mit ihrem Maximalstadium tibereinstimmt - dieser Zusammenhang ist jedoch bisher physikalisch noch ganz ungek1art und muB daher offen bleiben Wegen der Unvorhersagbarkeit beimiddot der Ursachen kann das erneute Auftreten einer solchen Kaltphase in den nachsten 50-100 J ahren weder bejaht noeh ausgeschlossen werden auch eine statistische Aussage tiber die Wahrscheinlichkeit bleibt unsicher da zahlenmaBige Unterlagen in beiden Fallen nur wenige Jahrshyhunderte umfassen und subjektive Beurteilungen nieht ausmiddot schlieBen konnen Sofern sich aber die glob ale Erwiirmung

(etwa ab 2000) durchsetzt werden Wahrscheinlichkeit und AusmaB einer Wiederholung der Kaltphase sHindig zurUckmiddot gehen

72 Ubergang zu einer Eiszeit

Keine Frage wird dem KJimatologen Ofter von Repormiddot tern gestellt als die nach der nachten Eiszeit Umso merkmiddot wUrdiger ist die geringe Rolle die der mogliche obergang vom heutigen (interglazialen) zu einem glazialen Klima in der wissenschaftlichen Literatur spielt Das mag zwei Grtinde haben Geologen und andere an der Klimageschichmiddot te interessierte Wissenschaftler wagen sich nicht (mit einimiddot gem Recht) auf ein ihnen fremdes Feld und die meisten Meteorologen halten dieses Problem fUr ebenso unwissenmiddot schaftlich wie das der Sintflut Diese Einstellung ist aber heute nieht mehr gerechtfertigt nachdem in einer Reihe von Fallen einwandfrei abrupte Klimaiinderungen mit einer in humanen MaBstaben ganz kurzen Zeitmiddot skala nachgewiesen wurden die samtlich aus den Interglamiddot zialen oder den - hier nieht interessierenden - tJbermiddot gangsstadien zwischen Glazial und Interglazial stammen Einwandfreie Belege beruhen entweder auf Untersuchunmiddot gen an fossilen Mooren mit Jahresschichten (Varven)

fln Seen mit hoher Sedimentationsrate oder von Baummiddot ringen Aus Raumgrtinden ist es nieht moglich auf einzelmiddot

ne Befunde einzugehen (FLOHN 1974 1978) Einer der besten stammt aus der Liineburger Heide (H MOLLER 1974 1978) wo vor tiber 300 000 Jahren ein Wald der einem etwas warmeren Klima als heute entsprach binnen 30 Jahren () verschwand urn nach einer Pause - die Zeit reicht nicht aus urn eine arktische Tundra hervorzubrinmiddot gen durch subarktischen Birkenwald ersetzt zu werden darauf folgte in 300-400 Jahren eine Sequenz von Waldo typen wie man sie heute auf einer Bahnfahrt von Narvik (68deg N) nach Siidschweden sehen kann Dauert die Reakmiddot tion eines Waldes auf eine Klimaanderung sieher Jahrzehnte oder Jahrhunderte so gibt es schnell ere Indikatoren In Mittelengland wurde nach Ende der letzten Eiszeit eine subarktische Kaferfauna in etwa 50 Jahren durch eine warmmiddotgemaBigte Fauna ersetzt aquivalent einer Erhohung der JulimiddotTemperatur urn 8-9degC (COOPE 1977)

Das sind nur zwei niichterne Befunde gewonnen mit neumiddot zeitlichen Arbeitsmethoden die in ihrer Gesamtheit nicht

~ehr anzweifelbar sind die wenigen Klimahistoriker memiddot teorologischer Herkunft haben sich inzwischen von der Bedeutung dieser Zeit skala abrupter KJimaanderungen laquo 100 Jahre) tiberzeugen lassen Mogliche U rsachen fUr die (haufigeren) rapiden Abklihlungen sind schon in den Abschnitten 2 und 7 erortert worden fUr Erwarmungen stehen sie noch aus In jtingster Zeit ist auch kIar geworden daB solche Ereignisse sieh nicht notwendig synchron aus wirken sondern wegen der nur allmahlichen Verlage rung barokliner Frontalzonen im Ozean oder dem regional verschieden raschen Ablauf der kontinentalen Vereisunshygen - diachron dh mit erheblichen Zeitunterschieden in der Horizontalen Das bedeutet auch eine Grenze fUr die Vorstellung eines fast-intransitiven Klimas im Sinne von ELORENZ

Nehmen wir die Moglichkeit einer abrupten Abklihlung dieser Zeitskala als gegeben an wie und wo konnte sie sieh abspielen Zweifellos kann eine kontinentale Gletshyscherbildung nur mit einem wiederholten Uberdauern

der Winterschneedecke tiber den Sommer hin beginnen in den kritischen Gebieten der Subarktis - so die 750000 km2 groBe Baffin-Insel mit ihren Hochplateaus Labrador auch Lappland und die norwegischen Gebirge - schmilzt auch heute die meterdicke Schneedecke erst Anfang oder Mitte Juni endgilltig ab urn sieh Ende August oder im Sepshytember neu zu bilden Hierzu gemigt in Baffinland ein Absinken der Sommertemperaturen urn nur etwa 2dege wahrend in den anderen Gebieten 4-6degC notwendig wamiddot ren oder zugleieh eine massive Zunahme der Schneenieshyderschlage Die kritische Stellung Baffinlands erhellt auch daraus daB in der kIeinen Eiszeit - nach Ausweis von FlechtenUntersuchungen die heute insgesamt 37 000 km 2 einnehmenden Plateau-Eisfelder sich auf 140000 km2 vergroBert hatten (IVES) entsprechende Untersumiddot chungen in Fennoskandien stehen noch aus

Eine Modelluntersuchung (ANDREWS - MAHAFFY) ftir Baffinland hat in zwei Experimenten gezeigt wie sich eine urn einen Faktor 3 erhohte Sehneebilanz in einer langsashymen Zunahme von Flache und Volumen einer Eisdecke auswirkt langsamer als die Beobachtungen des eusta tishyschen Sinkens des Meeresspiegels in den interglazialen Kaltmiddot phasen anzeigen Aber in diesem Modell ist die machtvolle Rtickkopplung zwischen Schneedecke Albedo und Tempeshyratur nieht voll und zu spat in Reehnung gestellt worden Jedenfalls ist es hochst unwahrscheinlich daB in den nachsten 100 Jahren nachdem zuerst eine Kaltphase im obigen Sinne eintrat dieser ProzeB sich tiber die unmittdshybare Umgebung hinaus weltweit auswirken konnte Hiermiddot gegen sprechen aueh die langperiodischen Effektr der Erdmiddot bahneIemente deren nachstes Minimum (kiihle Sommer in der Arktis kalte Winter zugleieh in der Antarktis) erst in rund 10 000 Jahren fallig ist (BERGER)

Bei dieser Sachlage ist hOchstens - bei einer Kombination mehrerer ungtinstiger Voraussetzungen etwa dem Zusamshymentreffen mehrerer sehr schwerer Vulkaneruptionen von der Intensitat des Tambora (1815) oder wenigstens Krakatau (1883) innerhalb der jetzigen Phase relativ ausgedehnten polaren Treibeises vor Wirksamwerden der erwarteten anthropogenen Erwarmung mit einer abortiven Vershygletscherung zu rechnen die nieht zu einer vollen Eiszeit auswachsen wUrde In unserer humanen Zeitskala ware das aber schon schlimm genug Serien von Jahren mit sehr kaIten Wintern kiihlen und nassen Sommern schwere MiBshyernten in weiten Teilen der gemaBigten Zone zeitweise auch in den Tropen die sieher nieht ausgeglichen werden konnen durch Feuchtejahre in Teilgebieten von Nordafrika und dem Nahen Osten Die Wahrscheinlichkeit hierfUr ist aber gering - sie betragt nach verschiedenen Kriterien tibereinstimmend zwischen 01 und 1 Prozent in den nachshysten 100 Jahren AuBerdem waren fUr diesen Fall gezielmiddot te GegenmaBnahmen denkbar die hier nieht volig utopishyscher Natur sind

8 Wahrscheinlichkeit und Risiken die Rolle der Energieshypolitik

Die Wahrscheinlichkeit einer globalen Warm phase ist nach allem was wir wissen erheblich groBer als die einer Kaltshyphase Die Schwierigkeit bei der Abschatzung liegt darin daB Entscheidungen und Entwicklungen auf politischer sozialer und 6konomischer Ebene hier eingreifen konnen

19

die vorherzusagen nicht nur dem Meteorologen schwer fallt Wenn wir diese einmal versuchsweise vernachHissigen dann dUrfte in den nachsten 100 Jahren die Wahrscheinmiddot Iichkeit fur das Auftreten einer Kaltpflase vom Typ der kleinen Eiszeit nieht mehr als hochstens 20k betragen (und naeh etwa 2000) weiter abnehmen) FUr das Auftreshyten einer Warmpllase im Sinne der Beispiele in den Abmiddot sdmitten 61 und 62 mUssen wir aber hohere WahrscheinshyIichkeiten ansetzen wenn auch erst nach der Jahrhundertmiddot wende danach steigen sie das ist die in vielen Diskusmiddot sionen erworbene Oberzeugung des Verfassers unter den hier und in Abschnitt 5 gegebenen Voraussetzungen auf Uber 50 an

1st ill diesem Faile aber eine Entwieklung zu einem eismiddot freien arktischen Ozean (Absehnitt 64) mit ihren fast unshyvorstellbaren Konsequenzen fUr Wasserversorgung und Ernahrung noch vermeidbar Damit libersehreiten wir die Grenze des Fachwissens des Meteorologen der sich nur allmiddot zu getne in den akademisehen Elfenbeinturm zurlickziemiddot hen moehte Aber die Dinge sind zu wichtig eine Wende auf Grund politischer Entscheidung auf internationaler Ebene ist noch moglieh aber dann und nur dann wenn das Dogma von der Notwendigkeit standig zunehmenden wirtschaftliehen Wachstums das bei begrenzten Vorshyraten (Resourcen) mit den Naturgesetzen unvereinbar ist shyzugunsten einer besseren Einsicht aufgegeben wird (GRUHl) Ebenso ist eine Stabilisierung des Bevolkerungsshywaehstums nOlwendig - ohne einen hoheren Lebensstanmiddot dard in den Entwicklungslandern ist das unrealisierbar

Gleichzeitig mu~ aber die Energiepolitik sich frei machen von dec sinnlosen Verschwendung fossiler EnergiequeIIen die in 400 Ma durch biologische Prozesse aus der Sonnenmiddot energie aufgebaut und gespeichert wurden (s a Beitrag JUNGE) Ein Obergang zu erneuerbaren Energiequellen (Sonne Wind Gezeiten - auch die kaum erschopfbare Geothermik) ist moglich erfordert aber eine Kombination neuartiger (und kostspieliger) Technologien wie sie etwa am International Institut for Applied Systems Analysis in Laxenburg bei Wien von einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von W HAFELE (frtiher Karlsruhe) entwiekelt werden Aueh die Kernenergie mul1 in diesen Rahmenshyjedenfalls fUr eine Obergangszeit - einbezogen werden Das mit ihr verbundene Risiko ist auf jeden Fall geringer als das Risiko einer Verlagerung aller Klimazonen Da ein Obergang zu neuen Technologien sieher tiber 30 wahrshyscheinlieh 50 Jahre benotigt drangt die Zeit Neue Priorimiddot taten mlissen gesetzt werden Es geht urn das Wohl der naehsten Generationen

Literaturauswahl

ANDREWS T1 MAHAFFY MAW Quaternary Research 6 (1976) S 167-183

AUGUSTSSON T RAMANATHAN V J atmos Sci 34(1977) S 448-451

BERGER AL Quaternary Research 9 (1978) S 139~-167

BJERKNES J Monthly Weather Review 97 (1969) S 163-172

BROWNLR Worldwatch Papers Washington DC 8 (I 976)

BRYSON RA MURRAY Th1 Climates of Hunger MadisonWis 1977

o

BUDD WF J Glaciol 14 (1975) S 3-21

BUDYKO MJ TeHus 21 (1969) S 611-619 29 (1977) S 193-204

CESS RD J atmos Sci 33 (1976) S 1831-1843

CHARNEY JG Quart J Roy Meteorol Soc 101 (1975) S 193-202

COOPEGR Phios Transact Roy Soc London 280 (1977) S 313 shy340

DANSGAARD W et al Quaternary Research 2 (1972) S 396-398

DOBERITZ R Ber d Deutschen Wetterd 112 (1968)

EDDYJA Science 192 (1976) S 1189-1202 198 (1977) S 824 829

FINK J KUKLA GJ Quaternary Research 7 (1977) S 363-37 L ~

FLOHN H III Bonner Meteorol Abhandl 15 (1971) 21 (1975) Quaternary ReseJrch 4 (1974) S 385-404 in print (1978)

FRENZEL B Die Klimaschwankungen des Eiszeitalters Braunschweig~ 1967 ErdwissForschungen 1(1968)

FRITTS HC Tree Rings and Climate London New York 1976

GABRIELB Berliner Geoge Abh 27 (1977)

GATES WL J atmos Sci 33 (1976) S 1844-1873

GRUHLH Ein Planet wird geplUndert Frankfurt aM 1978

HAFELE W SASSIN W Ann Rev Energy 2 (1977) S 1-30

HAHN J JUNGE ChL Z f Naturforsch 32a (1977) S 190-214

HASSELMANN K u Mitarb TeHus 28 (1976) S 473-485 29 (1977) S 289-305 385-392

HAYS JD IMBRIE J SHACKLETON N Science 194 (1976) S 1121-1132

HELBIGM Diplomarbeit Univ Bonn (1976)

HSO K et al Nature 242 (1973) S 240-244 267 (1977) S 399-403 Naturwissensch61 (1974)S137-142

HUGHES T Rev Geophys and Space Phys 13 (1975) S 502-526 15 (I977) S 1-46

HUMMEL J RECK RA General Motors Res Lab Publ 2607 (1978)

HUNT BG Monthly Weather Review 105 (1977) S 247-260

IVES JD et al Naturwissensch 62 (1975) S 118-125

KELLOGG WW WMOmiddotBull 26 (1977) S 229-240 27 (1978) S 3-10

KENNETTJP J geophys Res 82 (1977) S 3843-3860

KONDRATIEV G Ya NIKOLSKY GA Quart J Roy Meteorol Soc 96 (1970) S 509-522

l

KORFF HC FLOHN H Ann Meteorol N F 4 (1969) S 163-164

LAMBHH Climate Present Past and Future Vol I (1972) Vo Il (I 977) London Methuen

LORENZE J appl Meteorol 9 (1970) S 325-329

MAGEDEFRAU K Palaobiologie der Pflanzen 4 Aufl Stuttgart 1968

MANABE S BRYAN K Monthly Weather Review 97 (1969) S 739-827 J phys Oceanogr 5 (1975) S 3-29

MANABE S WETHERALD RT atmos Sci 24 (1967) S 241 ~-259 32 ( 1975) S 3-15

MASON BJ Promet 7 (1977) H 4 S 1-26

MASS Cl SCHNEIDER StH J atmos Sci 34 (1977) S 1995-2004

MAYKUT GA UNTERSTEINER N Jgeophys Res 76 (1971)S 1550-1575

MOLLERH Geologisches Jahrbuch 83 (1965) S 327-352 A 21 (1974) S 107-140 im Druck (1978)

NAMIAS J Short Period Climatic Variations 1934-1974 2 Vol F-- Univ of California 1975

NEWELL R et al Pure and appl Geophysics 116 (1978) S 351-371

NICHOLSON Sh Ph D Thesis Departm Meteor Univ Wisconsin (1976)

OLIVER RC J appl Meteorol 15 (1976) S 933--950

PACHUR HJ Die Erde 106 (1975) S 21-46

PATZELT G Coil Internal CN RS No 219 (1973) S 51-59

PFISTER Chr Beiheft 2 Jb Geogr Ges Bern (1975)

POLLOCK JP et al Jgeophys Res 81 (1976)S 1071 1083

RODEWALD M Dt Hydrogr Z 20 (1967) S 269 25 (1972) S 97-117

ROGNONP Rev Geogr Phys Geol Dynam 18 (1976) S 251-282

ROWNTREE PR Quart J Roy Meteorol Soc 98 (1972) S 290-321

RUDLOFF H v Die Schwankungen und Pendelungen des Klimas in Eushyropa Braunschweig 1967

SCHWARZBACH M Das Klima der Vorzeit 3 Aufl Stuttgart 1974

SHACKLETON NJ OPDYKE ND Quaternary Research 3 ( 1973) S 39-55

STROBING K Der Seewart 35 (1974) S 1-1436 (1975) S 28-29

TREMPEL U Diplomarbeit Univ Bonn (1978)

VOWINCKEL E ORVIG S World Survey of Climatology 14 (1970) S 129-252

WANG WC et al Science 194 (1976) S 685-690

WETHERALD RT MANABE S Monthly Weather Review 100 (1972) S 42-59 J atshymos Sci 32 (1975) S 2044-2059

YAMAMOTO R J Meteor Soc Japan 53 (1975) S 482-486

21

Page 6: :SBWU>t S9J9SUn ijun>tnz 9!a 9W91qOJd pun U9l>tB,:j · 2 Wechselwirkungen im klimatischen System . 2.1 Die Rolle des polaren Treibeises 2.2 Das El Nino-Phanomen . 2.3 Kontinentale

----- ------ -

10 erhoht dann nimmt die Dicke des Eises (nieht-linear) ab und der Antell der offenen Stellen zu was wiederum eine Anderung der Warmebilanz zur Folge hat Zweifellos brauehen wir realistisehe Modelle dieses komplizierten horizontal homogenen Vierphasensystems (Ozean Eis Sehneedeeke Luft) die auch die vom Wind angetriebene Dynamik (vier-dimensional) berueksichtigen urn absehatzen zu konnen unter welchen Bedingungen diese dUnne Treibmiddot eisdeeke sich verstarkt abschwacht oder gar (was zuerst BUDYKO ab 1962 ernsthaft untersucht hat) verschwinmiddot det

In diesem Zusammenhang sei nur erwahnt dafl dieses Treibeis im Schwimmgleichgewicht ist sein Verschwinmiddot den sich also auf den Meeresspiegel ebenso wenig auswirshyken kann wie das Schmelzen eines Eiswiirfels im WhiskyshyGlas

Wahrend die Flache des arktischen Treibeises zZ im Friihshyjahr etwa 118 im Spatsommer etwa 82 Mill km2 betragt belauft sieh die des antarktischen Treibeises im Friihjahr auf rund 22 im Spatsommer nur auf 36 Mill km2

bier hanshydelt es sich also ganz uberwiegend urn einjlihriges jahresshyzeitlich-advektiv neugebildetes Eis mit einer mittleren

Alicke von 120-150 cm Dieser markante Gegensatz ist die r olge der urn den Pol konzentrierten Lage des antarktishy

schen Kontinents (wahrend Gronland sich zwischen 59deg und 82degN erstreckt) die so viel tiefere Temperaturen (im Mittel der Troposphare II-12degC) zur Folge hat als uber der Arktis mit ihrer dUnnen Treibeisdecke

Warmehaushalt und Dicke des arktischen Treibeises wirshyken sich wiederum unmittelbar aus in der Ausdehnung und Intensitat des sommerlichen Kaitezentrums uber dem inneren Polargebiet Das mag eine der Ursachen sein fur den unerwarteten Vorsto~ arktischen Treibeises in denshyJahren nach 1963 mit dem Maximum in der Eisperiode 1965 - 72 im Raume Island (Abb 4) wlihrend der erstmals seit vielen Iahrzehnten wieder die Nordkuste Islands im Friihjahr monatelang vom Eis blockiert war Noch wichtiger war der Vorsto~ arktischen Treibeises verbunden mit der Hochstzahl von Eisbergen aus Westgronland (RODEWALD STROBING) in den Raum Neufundland-Labradorsee mit dem Maximum 1971-73 die hier eingeleitete Abkiihlung des westlichen Nordatlantiks hat die atmospharische Zirkushylation umgeschaltet mit einer resultierenden Stromung warmiddot men Wassers und warmer Luft an den KUsten Europas die wiederum mit beteiligt war an der Vorherrschaft milder Winter und an der Entstehung der ungewohnlich hiiufimiddot gen und schweren Sturmzyklonen der I ahre 1972 - 76 uber den Britischen Inseln und der Nordsee Diese nordatlanshytische Warmeschaukel war schon Ende vorigen lahrhunshyderts wohlbekannt

22 Das ElmiddotNiiiomiddotPhiinomen (Konvergenzen und Divergenshyzen der ozeanischen Ekman-Drift am Aquator)

Eines der interessantesten Phanomene das erst spat als Folge der Wechselwirkung an der Grenzflache Ozean -Atmosphare erkannt wurde lauft in der Literatur unter dem Begriff El Nino = das Kind (spanisch) dh das Christmiddot

11901--~-~10- I bull middot20middot Imiddot bull middot30 bull I bullbull middot40middot I bullbull middot50 bull I bullbullbull middot60middot bullbull I middot70middot - Imiddot middot80middot I 90 IOkt F shy

- - bull -Noy

- - -Dt -shyJon I Imiddot shy I - shyfrb uMo_

Apr Moi

Jim -Jul

bull I shybull bull IA9

sept 1901 10middot bullbull I bull middot20middot Imiddot middot30middotmiddotmiddotmiddot I middot40middot middot50 I middot60middot I bull - -70 I bull -eomiddot 90-

bull In bull -c bull bull IIbull I U bull _ middot1 r-~ - -

bull ----- bullbull -Ii

bull bull I

bull bull - bull bull II _I - bull- ---IJ- bull-

~Orl------------------------------------------------------------------------------~----------------

2~5rl------------------------------------------------------------------~ EIS6EOECkUNG ISLAND 1901middot76

2QoL1 --------------------------~~~~~~~~~~~~----------------------------------~ 1~1 bull -

1~0 I ---------------- shy1~5 ~___ 1---________

-1QO t--I- shy bull

ISr---shy

~Ol

i5 t

-deg1~- 60shy

bull

bull bull

bull bull bull bull ____

Abb4 Treibeis an Islands KUsten 1901 - 1976 (nach SIGTRYGSSON) Oben Andauer un ten Eis-Index in Wochen x Zahl def betroffenen (9) Sektoren

5

- --

kind weil es an der Ktiste Perus meist urn Weihnachten beshyginnt es kann dann mehrere Monate bis zu einem Jahr hin anhalten Zunachst handelt es sich nur urn das vortibergeshyhende Ausfallen der kilstennahen Aufquellphlinomene das wie auch an den Kilsten Kaliforniens und Nordwestshyafrikas regeImaBig im Sommer auftritt ahnlich an der Somalikilste und im Stidosten Arabiens Auf der Stidhalbshykugel reicht in Stidamerika und Stidwestafrika das KtistenshyAufquellen yom Wendekreis bis annahernd zum Aquashytor hier aber im Stidsommer mit mehr oder minder haushyfigen StOrungen die yom Aquator ausgehen und in manshychen Jahren nur bis 5_7deg Stidbreite reichen in extremen Jahren aber bis 15-18deg Breite Dabei verschwindet das kalte nahrstoffreiche Ktistenwasser mit seinem Fischreichshytum tiberdeckt von warmem fischarmem Wasser aquatoshyrialer Herkunft dieses El-Niiio-Phanomen hat 1972 den Fischfang Perus - der fOOrenden Nation auf diesem Geshybiet auf 10 reduziert und tritt in ahnlicher Form auch gelegentlich an den Kilsten von Angola-Zaire-Gabun auf In der Atmosphare fOOrt das anstelle der yom Kal twasser erzeugten Stabilitat der Schichtung zu instabiler Tropikshyluft die in der Ktistenwilste schwere Schauer und Hochshywasser hervorruft wobei die Temperaturen yon 20-22degC auf 26degC ansteigen

Die Ursache liegt in ganz groBraumigen Vorgangen nicht in der Antarktis wie falschlich angenommen Vielshymehr tritt das gleiche Phanomen auch in einem Streifen langs des Aquators auf geringfUgig nach S verschoben hier liegt normalerweise eine Zunge ka1ten Aufquellwasshysers die sich von der Ecuadorkilste her tiber die Galapagos (mit ihren Pinguinen) tiber den groBten Teil des Pazifiks bis tiber die Datumsgrenze (I800 W) hinaus mehr als i 2000 km bis nach der Phosphatinsel Nauru erstreckt Das ist die trockene Aquatorzone der klassischen KIishymatologie (SCHOTT 1938) normalerweise flihrt hier aquatoriales Aufquellen zu Stabilitat und Ariditat umso mehr je starker die tropischen Ostwinde beiderseits des Aquators wehen je starker also die tropischen HadleyshyZellen der Atmosphare ausgepragt sind Als Folge der Reibungskrafte entsteht beiderseits des Aquators im Ozean eine Oberflachenstromung die auf jeder Halbkugel polwarts gerichtet ist und divergiert sodaB das kOOle Tiefenwasser aufquellen muB Abbildung 5 zeigt hier in diesem Gebiet den Normalfall bei dem schon stidlich des Aquators die (im Mittel tiber die ganze Reibungs-Schicht urn 90deg abo weichende) Ekman-Drift eine Divergenz hervorruft Hauptshyursache ist der Vorzeichenwechsel der Coriolisbeschleushynigung am Aquator Schwacht sich nun diese tropische Oststromung ab so entstehen - das haben neuere Modelmiddot Ie gezeigt - Keivinwellen die zu einer Umkehr der Ekshyman-Drift und zur Konvergenz des warmen Oberflachenmiddot wassers am Aquator fOOren Auch hier kommt es bei norshymalen tropischen Wassertemperaturen (26-27degC) jetzt zu kraftigen haufigen Regenfallen nicht selten zu ausgeshydehnten Cumulonimbusherden mit mehreren 100 km Durehmesser (Hmesosealar clusters) in Nauru ist der typische Monatsniedersehlag bei dieser Situation 300 shy800 mm bei aufquellendem Kaltwasser dagegen i 0-15 mm in den Galapagos (ca 90

0 W) ist der Unterschied

noeh sHirker DOBERITZ hat gezeigt wie dieseAnomalien gleichzeitig tiber der ganzen Aquatorzone des Pazifiks aufmiddot treten weitere Arbeiten haben ihre Ausdehnung tangs der WestkUste Amerikas zugleich nach Peru und Siidkalishyfomien hin nachgewiesen

6

Equatorial Flow Patterns and Upwell ing

oJ b) 4

N gt- -- - CONY

omiddot 81 BI~ omiddot S ~ -- ~ OIV

N omiddot s N 0- S

w+- C w -+ W +- IC C-+W t l It t

Wind- Ekman - Drift (Ocean) Thermocline

Abb 5 Divergenz der ozeanischen Ekman-Drift am Aquator (a symmetrischer Fall b = asymmeshytrischer Fall) nach J BJERKNES und FLOHN

Untersuchungen von J BJERKNES und Modellrechnungen von ROWNTREE haben die groBraumige Auswirkung dieser Anomalien nachgewiesen die Ursache liegt in den enormen Schwankungen des Warmehaushalts tiber Flachea von 6 x 110 Meridiangrad -81 Mill km2 bull Neuere Detaf9 Untersuchungen (TREMPEL) zeigten einen Rilckgang der Verdunstung in der AufquelIzone stidIich der Galapagos auf 30 cma () gegentiber rund 120 cma auf beiden Flanken der Strom fiihlbarer Warme kehrt sich (wie beim Oaseneffekt auf Land) urn und fOOrt (geringe) Energiebeshytrage dem Meer zu das den groampren Teil der im wolkenshyfreien Raum ungehinderten Einstrahlung zur Erwarmung des mit ca 50 cmd aufquellenden Tiefenwassers benotigt Die Umkehr dieses Mechanismus bedeutet allein bei der Verdunstung der tropischen Ozeane eine Anderung um 5 ftir aIle Ozeane allerdings nur 2 ein regionaler Efmiddot fekt erscheint ziemlich wahrscheinlich Neueste Untershysuchungen (NEWELL) machen es wahrscheinlich daB auch die Aufnahme von CO2 durch den Ozean durch den plotzlichen Dbergang von nahrstoffreichem CO2 middotgesattigmiddot ten Tiefenwasser zu nahrstoffarmem Warmwasser sich flachenhaft urn einige Prozent andert das mag eine der Ursachen ftir die Variabilitat der atmospharischen Zunahme des C02 GehaIts sein (Abschn 42) 23 Kontinentale Eisschilde

Wahrend die Flache des arktischen Treibeises (s Abschn 21) zwischen etwa 8 und 12 Mill km2 schwankt besteht das antarktische Treibeis zu tiber 80 aus jahreszeitlichem Treibeis Beide Treibeisgebiete nehmen im lahresmittel mi t rund 23 Mill km2 nahezu 5 der Erdoberflache ein Dicke und Volumen sind aber minimal gegenUber den kontinental en Eisdomen von Gronland und Antarkshytika mit einer Flache von knapp 2 bzw 13 Mill km2

und einer mittleren Eisdicke von i 200 bzw 2200 m Wahshyrend das gronlandische Inlandeis in einer groBen Gebirgsshyschilssel Iiegt und seinen MassentiberschuB in vielen Gletshyscheff in Form zahlreicher einzelner Eisberge abgibt ruht das antarktische Eis tiberwiegend auf einem festen Felsshysockel oberhalb des Meeresspiegels sein AbfluB geschieht tiber riesige Schelfeise in Form ausgedehnter Tafeleisberge Jedoch liegt ein Tei - die sogenannte Westantarktis die sich von der antarktischen Halbinsel siidlich Sildamerika

zum Pazifik erstreckt - Uberwiegend auf einem Felssockel unter dem Meeresspiegel Neuere Untersuchungen (HUGHES) haben ergeben daiJ dieser Sektor schon mehrshyfach aufgeschwommen und dann abgeschmolzen ist mit einem weltweiten Anstieg des Meeresspiegels urn 5-7 m das sind die in Fachkreisen neuerdings viel erorterten antarktischen Ausbrtiche (surges) die - in Analogie zu den in Alaska und in anderen Gebieten beobachteten rapiden GletschervorstoiJen rasch ablaufen konnen Ein mathematisches Modell dieser AusbrUche hat BUDD (Melshybourne) entwickelt offenbar handelt es sichjedoch urn sehr seltene Ereignisse (zuletzt vor ca 115 000 Jahren im letzshyten Interglazial) tiber deren Zeitskala und Ablauf noch sehr wenig bekannt ist

Die mogliche Bedeutung eines solchen Ereignisses liegt in dem Ansteigen des Meeresspiegels eine detaillierte Unshytersuchung (auch in dem bisher fast unzuganglichen Beshyreich des Weddellmeeres) ist dringend erwiinscht auch wenn das derzeitige Eisprofil im untersuchten Gebiet des Roill-Schelfs noch nicht den Gleichgewichtsstand ershyreicht hat Kleinere Vorgange dieser Art (wobei Eismasshysen von maximal 1-2 bull lOS km3 beteiligt sein mogen statt gt 106 km3 ) sind wahrscheinlich auch in der Nachshy

alszeit aufgetreten beim Kalben der Schelfeise entsteshyren riesige Tafeleisberge bis zur Gro~e Hollands oder

Belgiens In Gronland sind aile diese Vorgange von viel geringerem AusmaiJ

3 Narurliche Ursachen der Klimaschwankungen

31 Variabilitat der Sonnenstrahlung

Abgesehen von solchen im internen klimatischen Regiershysystem begriindeten kurzfristigen Schwankungen werden immer wieder auampre (externe) Faktoren als Ursache von klimatischen Schwankungen bezeichnet Zuerst miissen wir die Frage aufwerfen ist unsere primare EnergiequeUe die Sonnen-Strahlung wirklich konstant oder fUhrt der Beshygriff der Solarkonstanten in die Irre Diese Frage ist zZ leider noch vollig offen wir verfUgen tiber keine einwandfreien Messungen zu ihrer Entscheidung (MASON) Messungen von hochfliegenden Ballonen in 23 30 km Hoshyhe die KONDRATIEV wahrend 6 Jahren in der Sowjetshy

rIlion durchftihrte konnen auch in dieser Hohe noch von r ~ratospharischem Staub vulkanischer Herkunft beeinflu~t

worden sein indirekte Belege wie sie durch Beobachtung der Albedo anderer Planeten (so Uranus) gewonnen wershyden konnen sind etwas unsicher An der AusrUstung von Satelliten mit hochempfindlichen vom Boden her kontrolshylierbaren MeMiihlern (mit einer tiber Jahre festzuhaltenshyden Me~genauigkeit von 1 Promille) wird intensiv gearbeishytet Neue Daten tiber das nahezu vollige Fehlen von Sonnenshyflecken in der Zeitspanne 1645 - 1710 und tiber Schwanshykungen der Rotationsdauer der Sonne in dieser Zeit (EDDY) scheinen doch entgegen dem Votum der Mehrzahl der Astronomen - fUr eine hOhere Variabilitat der Sonne zu sprechen Da~ eine Anderung von nur 1-2 Prozent bereits erhebliche Auswirkungen auf das Klima haben kann ergibt sich aus Rechnungen mit einfachen (BUDYKO) oder fortgeschrittenen Klimamodellen die jedenfalls die Dynamik der Atmosphare und den Wassershykreislauf in Rechnung stellen (WETHERALD und MAshyNABE)

Die Rolle der solaren Aktivitat ist inzwischen wieder akshytuell geworden aber sicher handelt es sich nicht urn einshyfache zyklische Vorgange wenn auch fUr eine etwa 23jahrishyge Peri ode mehr Belegmaterial existiert als fUr die klassische I1-Jahresperiode Aber der Anteil an der gesamten Varianz ist im allgemeinen gering und unerklarliche Phasensprtinge (MASON) untersti1tzen nur die weitverbreitete Skepsis gegentiber der Ntitzlichkeit flir praktische Zwecke Auch sorgfaltige empirische Studien (OLIVER MASS und SCHNEIDER) konnten keinen Beweis flir ihre Rolle im Klimageschehen Hefem (s a Abschn 1)

32 Vulkaneruptionen

Sicher belegt ist dagegen durch neue statistische Untersumiddot chungen (YAMAMOTO MASS und SCHNEIDER) und Modelle (HUNT POLLOCK) die globale Wirkung von groiJen Vulkanausbruchen deren Exhalationen in die Stratosphare gelangen und in Hohen zwischen 20 und 50 km Partikel bilden die die sHindig vorhandene JUNGEshySchicht urn einen Faktor 10 100 verstarken und farbenshyprach tige Dammerungserscheinungen hervorrufen Diese stratosphiirischen Staubwolken (zuletzt nach AusbrUchen des Agungmiddot auf Bali 1963 und des Fuego in Guatemala 1974 auch in Mitteleuropa sichtbar) absorbieren einen Tell der Sonnenstrahlung und streuen einen anderen TeB zushyruck in den Weltraum hierdurch kommt es im Mittel tiber die ganze Erde zu einer AbkUhlung urn bis 1-15degCdie allerdings selten mehr als 1-2 Jahre hindurch anhalt Sie tiberlagert sich den wesentlich starkeren Temperaturandeshyrungen die standig advektiv durch den Transport von Warmluft oder Kaltluft entstehen und tiber Monate hinweg ziemlich ortsfest sein konnen derartigen Transportvorshygangen verdanken wir in Westeuropa jetzt eine ~ehr auenishylige Foige von 7-8 zu mild en Wintern im Gegensatz zu extrem kalten Winterabschnitten in Nordamerika (Januar 1977 zT der kalteste dieses Jahrhunderts) oder Ostshyeuropa Die Haufigkeit gro~er VulkanausbrUche die vor allem LAMB fUr die Zeit seit 1500 untersucht hat schwankt sehr stark wahrend in einzelnen Zeitabschnitten (so urn 1690 oder 1815-1835) viele grofiJe Ausbrtiche in den verschieshydensten Gegenden der Erde sich haufen gibt es auch lanshygere Zeitraume (so 1912-1948) in denen sie ganz fehlen oder doch nur vereinzel t auftreten Seit etwa 1955 leben wir in einem Abschnitt wiederauflebender aber nur masshysiger Vulkantatigkeit Aber die auffallige Haufung sehr schwerer Erdbeben in den letzten Jahren laBt erkennen dafiJ auch mit schweren Vulkanausbrtichen jederzeit geshyrechnet werden mu~ Denn diese beiden Ereignisse sind wie wir heute sicher wissen kollektiv miteinander gekopshypelt es sind die langsamen Dritbewegungen der grofSen tektonischen Platten die einerseits im Bereich der gro~en meist ozeanischen Ri~-Zonen Vulkanausbrtiche auslosen andererseits unter die grofiJen Kontinentalschollen untershytauchen und dabei schwere Erdbeben mit tiefsitzendem Herd auslosen Ein direkt sichtbarer Tei des grofben atlanmiddot tischen Spaltensystems zieht quer durch Island in diesem Bereich traten in den letzten Jahren mehrfach Vulkanausmiddot brtiche (Surtsey Heimaey Kraftla) auf 1m Bereich des letzteren kam es am Myvatn-See in N-Island im April 1977 zu einem Aufrei~en von zwei parallelen Spalten mit einer Zerrung des Gelandes von 2 m auf 1 km mit anhaltenden Dampfexhalationen die ein fast vollendetes geotherrnisches Kraftwerk auBer Funktion setzten

7

1649

h i~v4lWv

Das episodische diskontinuierliche Auftreten vulkanischer Ereignisse gilt nicht nur fUr die (hier unmittelbar interessiemiddot rende) Zeitskala 101

- 102 Jahre sondern auch in der Zeitskala 103 104 Jahre ja sogar wie aus den Ergebshynissen des Deep Sea Drilling Programms hervorgeht im Bereich 106 107 Jahre

Die Klimageschichte lehrt uns wie groBe Vulkanausbrliche g10baJe Abkiihlungen fiir 1-3 Jahre auslbsen die natiirlich in einigen Gebieten durch advektive Erwarmung iiberlagert werden kbnnen Der starkste noch gut belegte Fall dieser Art ereignete sich nach dem grbBten historischen Ausshybruch des Tambora auf Sumbawa im Friihjahr 1815 die Sommer 1816 und 1817 waren in Europa Japan und Nordmiddot amerika ungewbhnlich kiihl zT feucht und von schwemiddot ren MiBernten begleitet die im Rheinland (mi t seinen durch Erbteilung zersplitterten Bauernhbfen) eine erste Welle von Auswanderungen nach Amerika einleiteten Die Getreimiddot depreise Mitteleuropas erreichten ihr absolutes Maximum vor 1950 ~Abb 6 und in den Vereinigten Staaten war 1816 das Jahrohne Sommer

4 Anthropogene Vrsachen die Rolle der Eingriffe des Menschen

41 Energiezufuhr und Luftverschmutzung

GegenUber der iiberragenden Rolle der Sonnenstrahlung (lie an der Obergrenze der Erdatmosphare rund 340 Watt auf jeden m2 der rotierenden Erde abgibt - und ihren Umsetzungen innerhalb der Atmosphare die als Strahlungsshybilanz oder Nettostrahlung an der Erdoberflache im Mitmiddot tel noch rund 100Wm2 liefern ist der Anteil der direkten Energiezufuhr als primarer Beitrag des Menschen mit 0015 Wm2 verschwindend gering hbchstens vergleieh bar mit dem geothermischen Warmestrom aus dem Erdmiddot innern (006 Wm2) oder dem Anteil der photosynthetimiddot schen Prozesse in der Biosphare (02 Wm2

) Diese g10balen

100

80

60

40

20

ROGGENPRE ISmiddot INDEX 16167

(19501001

1805 1771 1655

1847

~ 1622

1795

17621740 18311693 III 1634 bull 1~626 1699

17891712

Ii

middot

Mittelwerte geben jedoch ein vbllig falsches Bild tatsachshylich ist der Energieverbrauch in den groBen Industriezenmiddot tren konzentriert und erreieht dort lokal 10-50 Wm2

iiber Flachen von der Gro6enordnung 100 - 1000 km2 bull

Diese Energiezufuhr erzeugt die Warmeinseln der gro6en Stadte mit einer zusatzlichen thermischen Zirkulation und einer statistisch gesieherten Haufung konvektiver Starkregen

Auf der anderen Seite ist der Wirkungsgrad der Sonnenmiddot energie in der Erdatmosphare mit 07 sehr gering dh der Energieumsatz im klimatischen System die Erzeugung verfiigbarer potentieller Energie und die Vernichtung kinetischer Energie liegt auch nur bel 24 Wm2 Da Enermiddot gie ja nicht verbraucht sondern nur umgewandelt werden kann dringen diese vergleiehenden Oberlegungen nicht in die Tiefe des Problems das hier nur angedeutet wermiddot den kann hierzu benbtigen wir Grundbegriffe der heutimiddot gen Thermodynamik Nach ihrem zweiten Hauptsatz kann die Entropie (das Integral iiber aile Zufuhren und Abgaben von Warme im VerhaItnis zur Temperatur) nur zunehmen Umgekehrt nieht Energie sondern negative Entropie (Negentropie) wird verbraucht das bedeutet zugleich einen Verbrauch von Information (im abstrakshyten Sinne des Wortes) Von solchen OberJegungen gehen einige neuere Klimamodelle aus (PALTRIDGE FORTAK)

Die regionale Verteilung dieser anthropogenen Energiezushyfuhr pro Kopf der Bevblkerung ist interessant genug bei allen Industriestaaten Europas (einschlieBlich DDR und Tschechoslowakei) etwa 5-6 KW pro Kopf in USA und Kanada 11-12 KW in Afrika und Stidamerika 04 KW im g10baIen Mittel rund 2 KW Die letzten Zahlen sind sieher zu gering da der Verbrauch an Feuerholz in den Entwicklungslandern statistisch kaum erfa6bar ist wenn dieser sieh auf etwa 15 Tonnen pro Kopf und Jahr bemiddot lauft dann entspricht das weiteren 07 KWKopf oder flir etwa 28 Milliarden weiteren rund 2 TW (TW =Teramiddot watt = 1012 W)

01500 20 40 60 80 1600 20 40 60 80 1700 20 40 60 80 1800 20 40 60 80 1900

Abb 6 Roggenpreisindex 1500 1860 Mittel aus 5 deutschen Stiidten nach PHILIPPI

8

Seit 100 Jahren ist der Energieverbrauch urn einen Fakshytor von mehr als 30 gestiegen eine Angleichung der LeshybenshaJtung der Entwicklungslander ist zwangsHiufig notshywendig selbst wenn in den lndustrielandern die Wachsshytumsraten abnehmen werden Nachdem der derzeitige Weltverbrauch 8+2 TW betragt mu~ - bei einer (hofshyfentlich eintretenden) Stabilisierung der WeltbevOlkerung in der Nahe von 10 Milliarden im Laufe des 21 Jahrshyhunderts mit einem Ansteigen auf 35-50 TW (nASA) entsprechend 35-5 KWKopf gerechnet werden

In diesem Zusammenhang ist ein kurzer Blick auf die Beshyvdlkerungsentwicklung notwendig bei der jetzt erstmals Anzeichen einer Trend-Umkehr deutlich werden (Zahlen zusammengefa~t nach LR BROWN 1976)

Weltbevolkerung und Wachstumsrate

Bevolkerung (106 ) Zunahme pro Jahr ()

1970 1975 1970 1975

Nordamerika 226 236 090 060 West-Europa 333 343 056 032

Ost-Europa 368 384 084 086

Ost-Asien 941 1005 185 118 Stidasien Nahost 1123 1263 257 225 Afrika Stidamerika 588 672 269 268

Gesamte Erde 3594 3920 190 164

Diese ZaWen sind au~rst wichtig ftir aile Vberlegungen tiber ein kiinftiges Energiesystem das wahrend der bereits beginnenden Erschopfung der 61- und Erdgasreserven der Erde das heutige ablosen kann auf diese un sere wirtschaftshyHche Zukunft entscheidende Frage kann bier nicht naher eingegangen werden JedenfaJls ist der Energieverbrauch an sich nur in 10kaJem Ma~stab klimagenetisch wirksam

bei einer kiinftig wohl notwendigen Konzentration von Kraftwerken spielt diese Umweltvertraglichkeit eine wesentliche Rolle

Die Luftverschmutzung - hier zunachst die Emission von Aerosolpartikeln in die unteren Schichten (l 3 km) shy

~ist in ihrer klimagenetischen Wirkung oft ilberbewertet rworden Die hervorragenden Aufnahmen des Landsatshy

Satelliten mit einer raumHchen Auflosung bis herab zu 80 m (aus 960 km Hohe) zeigen da~ eine wirksame Trilshybung der Atmosphilre durch Industriezentren Gro~stadte oder Waldbrilnde tiber Entfernungen von einigen 100 km hervorgerufen wird Ober den Trockengebieten der Erde wird mineraHscher Staub durch Wind hoch aufgewirbelt eine Folge der seit Jahrtausenden betriebenen Zerstorung der Vegetation Diese Staubschleier sieht man im Satellishytenbild von der Sahara aus quer tiber den Atlantik bis in die Karibik ziehen Die KIimawirkung dieser Aerosolparshytikel ist komplex grobere Teilchen (gt 10 11m) absorbieshyren hauptsilchlich die langwellige Ausstrahiung der Erde erhohen die Gegenstrahlung der Atmosphilre und erwarshymen so die unteren Schichten fallen aber relativ rasch aus Feine Teilchen laquo 2 11m) absorbieren mehr die Sonnenstrahshylung mit ahnlicher Wirkung - gleichzeitig streuen sie aber auch gemaB den Gesetzen der Mie-Streuung einen kleinen Teil der Sonnenstrahlung zurtick in den

Weltraum die so dem Erdboden verloren geht Das Vershyhilltnis AbsorptionRtickstreuung hangt zT von der Zusammensetzung der Partikel ab das Rilckstrahlungsshyvermogen (Albedo) der Erdoberflilche spielt eine erhehshyliche Rolle 1m ganzen tiberwiegt aber doch offenbar der Erwarmungseffekt das zeigt sich besonders im Bereich der Staubdome der Gro~stadte in deren Bereich zu jeder Tages- und J ahreszeit die Temperatur hoher liegt als in der Umgebung das gleiche gilt ftir staubreiche Wilstenshygebiete wie in Pakistan_

Inzwischen scheinen die gesetzlichen MaBnahmen gegen die Luftverschmutzung wenigstens bei dem groberen Aeroso) ihre Wirkung nicht verfehlt zu haben in London haben sich die Nebel- und Sichtbedingungen seit dem Clean Air Act deutlich verbessert in den USA ist die Staubbelastung in den GroBstadten zurtickgegangen auf dem Lande allerdings leicht angestiegen Auch in Deutschshyland und Japan haben sich die Verhaltnisse in den schlimmshysten Fallen (Mannheim-Ludwigshafen Tokyo) offensichtshyIich gebessert jedenfalls ist der S02 middotGehalt etwas abgeshysunken

Wesentlich ftir die Beurteilung ist der Zeitfaktor Die Zumiddot fuhr ftihlbarer Wilrme (Enthalpie) wird schon in 24 - 48 Stunden durch erhohte Ausstrahlung wieder ausgeglichen Grobe Aerosolpartikel verbleiben im Mittel nur 2-3 Tage in den unteren Luftschichten feine Partikel in mittleren und hoheren Schichten einige Wochen bevor sie durch Wolken und Niederschlag wieder ausgeschieden werden 1m Rahmen des globalen Wasserhaushalts liegt die mittieshyre Verweilzeit eines Wasserdampfmolekills in der Atmosshyphilre dh die Zeitspanne zwischen Verdunstung und Niederschlag bei 9 Tagen Ganz anders liegen die Vershyhaltnisse bei den langlebigen Gasen so verbleibt Kohlendioshyxid im Mittel 6 Jahre in der Atmosphiire

42 Kohiendioxid und Spurengase

Kohlendioxid (C02) stellt heute einen Anteil von rund 330 ppm (10-6 Volumenteile) der Atmosphilre gegenilber 295 plusmn 5 ppm urn 1880 Der Anteil des Sauerstoffs (02 )

betragt in der gleichen Einheit 208100 dieses Reservoir kann also durch eine Zunahme des CO2 -Gehalts selbst urn einen Faktor 10 nicht nennenswert beeinfluBt wershyden Ober die komplexen Fragen des nattirlichen und vom Menschen gestorten Kohlenstoffkreislaufsystems sowie ilber die m6glichen klimatischen Auswirkungen einer weishyteren CO2-Zunahme berichtet in diesem Heft ausftihrlich C JUNGE (S 21 ff) hier mOgen wenige Bemerkungen ge ntigen Das Speichervermogen von Ozean und Biosphare wird oft tiberschatzt die Masse des Ozeans unterhalb der Thermokline bzw der Zwischenschicht in 400-600 m Tiefe nimmt nur sehr langsam an dem CO2 -Austausch teil und kann daher auch nur geringe Mengen speichern Eine Schiitzung der Food and Agricultural Organisation (FAO) ergibt einen Rtickgang des ilquatorialen Regenwaldes von urspriinglich 1592 auf 935106 km2 heute mit einer Rate von 11 0000 km2 (=112) pro Jahr (1) Die Zunahme der Photosynthese und damit der Netto-Produktivitilt der Willshyder kann nur einen Bruchteil dieser Verluste wettmachen

Die Verbrennung fossiler Brennstoffe (Kohle Erdol Erdshygas) liefert zur Zeit jahrlich rund 51 01 5 g CO2 von dem nach neuesten Daten 53 in der Atmosphilre verbleiben

9

ihr Gehalt steigt zur Zeit urn 1-2 ppm pro Jahr an wobei die Ursache der interannuellen Anderungen wahrscheinlich in der thermischen Veranderlichkeit des Ozeans in Aquatorshynahe zu suchen ist (s Abschn 22) Nach dem heutigen Stand der Diskussion (Marz 1978) wird dieser Antell der Atmosphare in den nachsten 3 - 4 lahrzehnten etwa konmiddot stant bleiben dartiber Wnaus ist eine Abschatzung schwierig

Die klimatische Bedeutung des CO2 liegt darin daB es im langwelligen Infrarot bei Wellenliingen zwischen 12 und 15 pm eine breite Absorptionsbande besitzt Es laBt also die Sonnenstrahlung ungehindert durch absorbiert aber die von Erdoberflache und Wolken abgegebene Warmestrahlung mit ihrem Maximum bei 10 pm Das ist der sogenannte Glashauseffekt dieser Begriff ist physikalisch etwas scWef wei ein Glasfenster nicht nur fur infrarote Strahshylung sondern auch fur den turbulenten Warmeaustausch undurchllissig ist (was erst die Warmespeicherung im Glasshyhaus erkUirt) aber er laBt sich wegen seiner Anschaulichshykeit kaum mehr ausrotten Die klimatische Folge einer Zunahme des CO2 -Gehalts ist eine Erwarmung der Troposshyphare die nach oben abnimmt und in der Stratosphare

Abb 7 Temperaturanderung bei Verdoppeung des CO2 shy

Gehaites Modell MANABE-WETHERALD 1975

degC bull degC C02 Concentration (ppm) and Temperature 14

0 0 l I

4 u

8

6

4

2 Model Augustsson-

Ramanathan 1977

10

8

6

4

- 0 l I

u

2

400 800 1200 1600 2000 2400 2800 3200ppm

Abb8 Temperaturanderung (au8er Po1argebiet) mit zushynehmendem CO~ -Gehalt Skala links mit konshystanter Hahe (CT A) rechts mit konstanter Temshyperatur (CTT) der Wolkenobergrenze Modell AUGUSTSSON-RAMANATHAN 1977

in eine Abktih1ung libergeht Zahlreiche immer weiter verfeinerte Modelle haben diesen Effekt bestiitigt altere mtissen wegen unrealistischer Annahmen ausgeschaltet werden Der Betrag der Erwiirmung hangt von der Zunahmiddot me des Wasserdampfgehaltes (dessen Absorptionsbanden zT die des CO2 tiberdecken) mit steigender Temperamiddot tur und von der (nicht genau bekannten) Wechselwirkung

mit der Bewolkung ab Aber die besten Modelle (MAshyNABE-WETHERALD 1975 AUGUSTSSON-RAMANAmiddot THAN 1977) die den Wasserdampfeffekt mit berticksichshytigen (Abb 78) geben tiber einstimmend fUr eine Verdopshypelung des CO2 -Gehaltes (von 300 auf 600 ppm) eine mittlere Erwiirmung in Bodennahe urn 2--3degC an die im Poshylargebiet (wenn man die Rtickkopplung zwischen Rtickstrahshylung (Albedo) Schneedecke und Temperatur in Rechshynung stellt) auf 7-10degC anwachst Diese Erwarmung ershyfolgt anfangs nahezu linear bei weiter steigendem CO2 -

Gehalt etwas langsamer aber selbst bei einer Zunahme urn den Faktor 10 tritt noch keine Sattigung auf die Ershywarmung betragt dann schon auBerhalb der Polargebiete 8-12degC Eine CO2 -Zunahme auf das 5-lOfache ist nicht unrealistisch bei unkontrolliert steigendem Gebrauch fossimiddot ler Brennstoffe insbesondere bei einem erzwungenem Verzicht auf Kernenergie konnen soIche Werte durchaus erreicht werden wie aIle Modellrechnungen aus neuester Zeit libereinstimmend ergeben

Die Situation die von den ftihrenden Energiefachleuten J der Welt sehr ernst genommen wird verscharft sich noch durch den Befund daB einige andere von Menschen promiddot duzierten Spurengase ebenfalls im Infrarot absorbieren und zwar ausgerechnet in dem noch durchlassigen Fenshyster zwischen 75 und 12 pm Zu diesen Spurengasen ~ zlih1t nicht nur das Ozon (03) - auf dieses (mE etwas tibershyschatzte) Problem kann Wer nicht naher eingegangen wershyden - sondern auch Distickstoffoxid (N 20) Methan (CH4 ) die Frigene (C Ch F2 und C ChF) Schwefeldioxid (S02) Ammoniak (NH3) ua die aile in steigendem AusmaB vom Menschen erzeugt werden Am wichtigsten erscheint das N2 0 (HAHN und JUNGE) aIs ein Endprodukt der stickstoftbaltigen Dtingemittel deren Produktion in den letzten 15 Jahren jahrlich urn tiber 10 zugenommen hat ihnen verdanken wir in der Hauptsache daB die Nahmiddot rungsmittelproduktion bisher noch mit der Bev6lkerungsshyzunahme Schritt halten konnte Die Frigene (Chlorofluorshymethane) sind die Treibstoffe der Aerosolsprtihdosen und werden auch in Ktih1schranken verwertet ihre Jahresshyproduktion nahert sich 106 Tonnen und ihre Verweilzeit in der Atmosphare liegt infolge ihIer chemischen Tragheit bei 30-70 Jahren In Schweden und Oregon sind sie inzwishyschen verboten weitere Lander dlirften folgen

Aile diese Gase addieren sich - da ihre schmalen Absorp-~ tionsbanden sich nicht tiberlagern (WANG 1976) - zumiddot dem Glashauseffekt des CO2 eine konservative () ScMtmiddot zung ergibt eine Verstarkung des CO2-Effektes urn 50 Der Verbrauch fossilel Brennstoffe nimmt sicher nicht mehr lange exponentiell zu da als Foige der beginnenden Erschopfung der ErdOl- und Erdgaslager die Preise steigen werden Bei begrenzten Vorraten ergibt sich eine Zunahme des Verbrauchs nach einer logistischen Funktion ist ein Vorrat F (hier gleich 100 gesetzt) begrenzt dann kann man annehmen daB der Verbrauch sich (mit wachsenshydem Preis) proportional zu dem noch vorhandenen Vorrat I-F andert (c Konstante)

1 dF = c(l-F)

F dt

Daraus ergibt sich die logistische Funktion

rl = 1 + exp [ c (t to 5) ]

10

mit dem Zeitpunkt tos in dem 50 von F aufgebraucht ist fhr Verlauf ahnelt einem in die Breite verzerrten S (Sigshymoid) und wir nahern uns offenbar rasch dem Wendeshypunkt

Da die Intensitat des Glashauseffektes in erster Linie von der Zunahme des CO2 -Gehaltes abhangen wird kann man diese mit der der erwahnten Spurengase kombinieren es ergibt sich ein virtueller CO 2 -Gehalt Dann kann die K1imawirkung in Abhangigkeit vom realen CO2 -Gehalt ausshygedrtickt werden das erlaubt eine Abschiitzung der repriishysentativen Temperaturzunahme (mit Ausnahme der Polarshygebiete) als Funktion des COrGehalts bzw der Zeit Zu den Voraussetzungen gehort daU die CO2 -Wachstumsrashyte unteT Einbeziehung der Entwicklungsllinder mit ihrem Nachholbedarf nicht rasch sinken kann und da~ keine anshydere Energiepolitik das CO2 -Risiko ganz ausschalten wird Unter diesen Voraussetzungen lli~t sich abschatzen da~ eine Temperaturzunahme urn 1 5degC (entsprechend der warmsten Periode der Nacheiszeit vor rund 6000 Jahren) schon zwishyschen 2005 und 2015 eine solche urn 25degC (entsprechend dem warmsten Abschnitt der letzten Zwischeneiszeit s Abschn 6) schon in etwa 50 Jahren erreicht werden kann Die kritische Phase bei der bel einer Erwarmung urn 4degC

m6glicherweise das arktische Treibeis wegschmelzen wird konnte trotz verlangsamter Wachstumsrate zwischen

2040 und 2075 dh in weniger als 100 Jahren eintreten Die entsprechenden Schwellenwerte des realen CO2 -Geshyhalts Jiegen flir eine Erwarmung urn 1 5degC (25deg4deg) bei rund 450 (550 750) ppm mit einer Fehlerbreite von plusmn 10 15

43 Die Albedo und das WiistenprobIem

Eine der wichtigsten Gr6Uen im Warmehaushalt der Erdshyoberflache ist die Albedo der Erdoberfliiche AE der Antellmiddot der reflektierten Strahlung an der einfallenden Globalstrahshylung G der Summe aus der direkten Sonnenstrahlung und der diffus gestreuten Strahlung des Himmels und der Wolken Hiertiber berichten in diesem Heft BAUMGARTshyNER KIRCHNER und MAYER (S 32 ft) Die mittlere Alshybedo der Erdoberflache liegt (nach einer besonders grtindlishychen Auswertung von Landsat-Aufuahmen in mehreren Spekshytralbereichen durch HUMMEL und RECK) bei 14 plusmn 05 Proshy

~ zent Aus einem der besten Strahlungsmodelle (MANABE und WETHERALD 1967) ergibt sich bei einer Zunahme

der mittleren Albedo von 1 eine Abnahme der Gleichshygewichtstemperatur urn 13degC Fast immer flihrt die Umshywand lung bzw Zerstorung der urspriinglichen Vegetation zu einer Zunahme der Albedo dies ist offenbar der einshyzige wichtige Eingriff des Menschen der zu einer Abkiihshylung flihren kann Diese Prozesse erfassen zwar riesige Flachen (landwirtschaftliche Nutzflache und Weideland zusammen 38 der Kontinente) aber sie vollziehen sich langsam schon seit def neolithischen Revolution vor 5-7000 Jahren heute beschleunigen sie sich mit der Bevolkerungszunahme

Eine entscheidende Rolle spielen die Vorgange die a1s Desertiikation bezeichnet werden ein passendes Wort in deutscher Sprache hierfLir mOOte erst neu gebildet werden Die Vegetationszerstorung an den Randern der Sahara ist in der Tat alarmierend die UN-Konferenz tiber Desertishyfication (Nairobi 1977) hat sie der WeltOffentlichkeit

klar vor Augen geflihrt Oberall in den Tropengebieten auch in den semiarid en und semihumiden Gebieten mit einer mehrmonatigen Regenzeit geht die Vegetation in den Weidegebieten rasch zurtick In den Liindern des Maghreb (Tunesien Algerien Marokko) in Lybien und im Sudan liegen verla~liche Schatzungen vor im Mittel rUckt die Wtiste urn 1 2 km jahrlich VOL Das bedeutet allein bei der Sahara in jedem Jahr eine Zunahme urn tiber 20000 km2 bull Dies ist keinesfalls die Foige einer Klimaiinshyderung - das konnte in Tunesien in Rajasthan im Sahelshygtirtel einwandfrei nachgewiesen werden Es ist vielmehr das Resultat der vom Menschen veranlaf3ten tiber Jahrtausende fortgesetzten Eingriffe in die natiirlichen Haushalte erst die Vernichtung der Gro~tierherden und der Raubtiere dann die Nutzung der nattirlichen Savannen und Graslander als Weideland flir Rinder Kamele Schafe und Ziegen dazu das jahrlich wiederholte Abbrennen des Grases shyso wurden die TrockenwaIder in Dornsavannen umgewanshydelt - zuletzt die Oberstockung der Graslander mit wachshysender Bev61kerungsdichte In den Liindem der Sahel zone ist die Zahl des Weideviehs in den Jahren 1949 - 68 auf das Sechsfache vermehrt worden hier treten Feucht- und Dtirrejahre meist in Gruppen auf und die Dtirre 1969 - 73 hat sieh 1977 wiederholt Die gro~e natiirliche Verandershylichkeit der Regenfalle von Jahr zu Jahr fUhrt immer wieshyder zu einer Vermehrung des Weideviehs tiber das 6kologishysche Gleichgewicht hinaus das damit nachhaltig gestort wird Hierzu kommt noch die Nutzung der letzten Baume und Straucher als Feuerholz (s Abschn 41) Da~ hierdurch selbst in semihumiden Gebirgslandern wie im Hindukusch oder in Nepal eine vollige Waldzerstorung in Gang kommt ergibt der Augenschein schon bei fltichtigem Besuch

Eine Modellrechnung von CHARNEY (1975) hat nun gezeigt da~ in dem Wtistengiirtel der Erde wegen der hohen Albedo der Erdoberflache der extraterrestrische Strahlungshaushalt negativ wird da~ dieses Defizit durch advektive Warmezufuhr und Absinken der Luft ersetzt werden mu~ und da~ die Zunahme der Albedo durch VeshygetationszerstOrung dieses Absinken nur noch verstarkt Das flihrt zu einem weiteren Rtickgang der Niederschlashyge und zu verstarkter Wtistenbildung Sicher handelt es sich hier urn einen schwachen erst in langen Zeitraumen und tiber gro~n Gebieten wirksamen Prozess der die naturbedingte Trockenheit im Bereich der subtropischen Hochdruckzellen noch verstarkt andere Modellrechshynungen und Auswertungen von Satellitenbildern haben diese Oberlegungen bestatigt Sieher sind die gro~en Wtishysten der Erde nicht erst vom Menschen geschaffen worden aber ihre Intensivierung und Ausweitung ist ein Produkt menschlicher Eingriffe An mindestens drei Stellen (bei Jodhpur mit rund 270 mm Regen im Jahr bei KhartumshyOmdurman mit 160 mm und bei Nefta in Tunesien mit 70 mm) zeigen eingezaunte Gebiete daU die vor den Weideshytieren geschtitzte ursprtingliehe Vegetation eine v61lig andeshyre Albedo hat a1s die umgebende Wtiste Ein Effekt auf die Niederschlage lli~t sich aus den (erst nach 1900 einsetzenshyden) Messungen zwar nicht nachweisen wohl aber aus den historischen Nachrichten aus dem Wtistengiirtel aus den Berichten der frUhen Reisenden tiber die Dauer der Regenshyzeit tiber die Existenz von Brunnen und regelma~ig abkomshymend en Fltissen noch im frUhen Mittelalter sind arabische Reisende quer durch die Sahara mit Pferden gezogen (tiber historische Klimaschwankungen natiirlicher Herkunft s Abschn 6 und 8)

11

5 Das Problem der Klimavorhersage Stand und Aufgaben

51 M odeUrechnungen

Was konnen wir tiber die Zukunft unseres Klimas vorausshysagen Was wissen wir tiber die Ursachen der Klimaschwanshykungen der Vergangenheit Immerhin wachsen unsere empirischen Kenntnisse tiber die Klimageschichte rasch an und erfassen die letzten 10000 Jahre schon recht gut die letzten 700000 Jahre immerhin schon in den Grundmiddot zUgen die Umrisse der Geschichte der letzten 500 Millionen Jahre beginnen ebenfalls sichtbar zu werden (SCHWARZshyBACH) Eindeutige Zusammenhiinge mit den nattirlichen Ursachen sind bisher hochstens vereinzelt nachgewiesen eine Vorhersage dieser extremen Ursachen (Abschn 3) ist bisher unmoglich

Physikalisch-mathematische Klimamodelle sind bisher vielshyfach nur in der einfachsten Form (0- oder I-dimensional) erortert worden 2- oder 3-dimensionale ZirkulationsmoshydelIe der Atmosphiire gibt es in den verschiedensten Formiddot men Gemeinsam ist ihnen die Ableitung der Felder Wind Luftdruck Temperatur auf der Grundlage vorgegebener Randbedingungen so der Temperatur der Ozeanoberfliishyche der mittleren Bewolkung ua Damit sind aber die fUr das Klima entscheidenden Wechselwirkungen fest vorgegeshyben schon die Behandlung des jiihrlichen Ganges ist mit einem so1chen Ansatz unmoglich erst recht natlirlich die Vorhersage von interannuellen Anderungen oder Klimashyschwankungen Die Wechselwirkung Atmosphiire - Ozean ist bisher in nur einem stark idealisierten Modell (MANABE und BRYAN) einbezogen worden andere Modelle behanshydeln den Ozean als beyregungslosen Sumpf der Wiirme und Wasserdampf abgibt bzw aufnimmt Sieher sind diese Ansiitze vielversprechend sie Hefem immerhin ein ziemlich realistisches BUd der groBen Stromungssysteme der Atmosshyphiire der hydrologischen BUanz Niederschlag - Verdunshystung und der Energieumsetzungen innerhalb der Atmosshyphiire Aber schon eine Umsetzung der Zahlenwerte flir die Landoberfliiche in regionalen Klimatypen zeigt die UnvoIlkommenheit dieser Art von Modellen da erhalten Texas und Stidchina ein Wtistenklima oder in der Sahara fallen 1500 mm Niederschlag am Rande des Himalaya dashygegen weniger als 50 mm Natiirlich geben solche Fehler AnlaB zur Verbesserung der Modelle diese aber finden heute weniger inder Physik als vielmehr in der Leistungsshyfahigkeit der Computer und dem Aufwand an Rechenzeit ilire Grenze Auch wissen wir heute daB die meisten Moshydelle (wegen in ihnen enthaltenen mathematischen Niiheshyrungen) auch bei gleichen Anfangsbedingungen verschieshydene Ergebnisse Hefem Modellexperimente Iiefem daher keine Abbilder der Wirklichkeit sondem sind Testversushyche tiber die Sensitivitiit der Modelle selbst Der entscheishydende Einwand ist aber daB es bisher noch nieht gelungen ist die Summe der zeitabhangigen Vorgiinge in Ozean Eis und Atmosphiire und ihre wesentlichen Wechselwirkunshygen in ein Modell einzubauen Keiner der hervorragenden Modellbauer macht sieh lIlusionen tiber die Schwierigshykeiten im Detail eine befriedigende Losung wird wohl kaum vor 10 Jahren gefunden werden konnen und auch dieses Datum mag noch zu optimistisch sein

Andere Modelltypen sind vorgeschJagen worden statishystisch-dynamische Modelle die zeitabhiingige Parameter unter Verzicht auf Detail als Statistiken behandeln und

12

stochastische Modelle bei denen die wirksamen langfristishygen Prozesse im Ozean und im Eis von der kurzlebigen Atshymosphiire her angetrieben werden (HASSELMANN und Mitarbeiter )

Aile diese Versuche sind notwendig und nUtzlich soweit sie unsere Kenntnisse tiber die Wechselwirkungen im klimatimiddot schen System und ihre Auswirkung erweitem erst wenn wir diesen komplexen Wirkungsmechanismus voll versteshyhen konnen wir ihn so vereinfachen dafll wir ein gentigend realistisches und doch noch traktables Klimamodell aufshybauen konnen Ein entscheidender Test ist die Simulation des jiihrlichen Ganges (zB WETHERALD - MANABE 1972) diese jahreszeitliche Anderung der Zirkulation ist eher noch groBartiger als die starks ten Klimaschwankunshygen der Vergangenheit wie etwa eine Eiszeit ftir die GAshyTES (1976) ein Zirkulationsmodell mit gegebenen Randbemiddot dingungen entwickelt hat

S2 Zur Frage der Vorhersagbarkeit

Solange die Hauptursachen der Klimaschwankungen in der Vergangenheit - zuniichst jedenfalls als unvorshyhersagbar geJten mUssen bleibt eine ernstzunehmende Prognose etwa flir das Klima der Periode 2100-2150 AD unmoglich Das muB ganz nilchtem gesehen werden selbst ~ wenn die eben erorterten Schwierigkeiten beim Aufbau eines geeigneten Modells voll befriedigend gelost werden konnen Aber ein Ausweg ist moglich der immerhin eine bedingte Vorhersage - in der Literatur als Vorhersage zweiter Art bezeichnet ermoglicht Setzen wir eillshymal voraus daB die unvorhersagbaren Prozesse so weltershylaufen wie in den letzten (rund) 5000 Jahren - genauer seit dem Verschwinden der letzten Reste der kontinentalen Inlandeisdome auf Labrador Dann konnen wir mit Modellshyrechnungen untersuchen wie dieses klimatische System auf Anderungen der Randbedingungen - zB auf eine Anderung des CO2 -Gehalts des Aerosolgehalts der unteren Troposphare oder der Stratosphiire (Vulkane) der Oberfliishychenalbedo - reagiert Solange kein wirklich komprehenshysives aile Untersysteme mitumfassendes Modell des klimashytischen Systems existiert sollte das in sorgfaltig geplanten Parallelversuchen mi t den heute verfUgbaren Modellen bzw den noch verbesserten Versionen durchgefilhrt werden

Parallel hierzu muB aber ein vertieftes Studium charakshyteristischer Stadien der Klimate der Vergangenheit treten ~ das Iiegt auch im Interesse der Modellbauer Es gibt nur eine Mogliehkei1 die Eignung eines Modells zur Klimavormiddot hersage zu erproben die Simulation der Klimate der Vershygangenheit und ihrer zeitlichen Entwicklung Aber auch unabhiingig davon geben uns diese Paliioklimate Hinweise darauf wie das Klima unserer Erde auch aussehen konnshyteo Denn hier versagt offenbar - jedenfalls gilt dies ftir die Mehrzahl der Meteorologen unser Vorstellungsshyvermogen nur so ist das (fast irrationale) Festhalten an der Oberzeugung von der Konstanz unseres Klimas zu erkliiren trotz all unserer Erfahrung mit extremen Wetterlagen

Stellen wir nur die in der Vergangenheit wirksamen Klimashyfaktoren in Rechnung dann mtissen wir uns fragen wie sah das Klima aus als unsere AlpengJetscher den vielerorts im Gelande noch siehtbaren Hochststand (mehrfach in def Zeit zwischen 1610 und 1855) erreicht hatten Das war die kleine Eiszeit (s Abschn 7) sieher mtiBte def Obershy

gang zu der nachsten Eiszeit von einem solchen Stadium ausgehen und wir mtissen die Frage nach der Natur dieses Obergangs erortern Stellen wir im Gegensatz hierzu die anthropogenen Faktoren in den Vordergrund die offenmiddot bar in ihrer Gesamtheit zu einer globalen Erwarmung flihren (s Absdm 41 42) dann kbnnen wir die Warmmiddot phasen der Vorzeitklimate untersuchen und als Beispiel fUr die in Zukunft zu erwartenden Zustande nehmen NatUrJich mtissen wir uns auch die Frage stellen kann sich das Klima der Vergangenheit wiederholen oder haben sich die Randbedingungen inzwischen geandert Nachdem wir heute wissen daf~ es in jtingerer Vergangenheit nicht eine oder vier sondern mindestens 17 Eiszeiten und ebensoviele Warmzeiten g10balen AusmaBes in 18 Milliomiddot nen lahren gegeben hat (FINK und KUKLA) stellt sich dieses Problem in aller Scharfe Auch die Geschichte des Menschen wiederholt sich nie aufvbllig g1eiche Art

Solange wir also keine physikalisch einwandfreien genUmiddot gend realistischen Klimamodelle zur Verftigung haben mUsmiddot sen wir uns mit dem Vergleich vergangener Zustande aber mit aller gebotener Kritik und Vorsicht behelfen Diese Art der Darstellung moglicher aber keinesfalls gesimiddot cherter Zustande bezeichnet man (in der sehr umfang reichen Literatur Uber Zukunftsfragen) als Szenarium als Drehbuch fUr einen Film Das ist eine auBerst unglUckmiddot liche Bezeichnung unsere Darstellung entspringt niemals allein schbpferischer Phantasie sondern beruht ausschlieBmiddot Hch auf den kritisch durchgeprUften Grabungsergebnissen der Vergangenheit alles was frliher schon einmal gesche hen ist kann wieder geschehen sofern die g1eichen Randmiddot bedingungen gegeben sind HierfUr geben uns die vorliemiddot genden Modelle wertvolle Hinweise Andererseits mUsmiddot sen wir stets die natiirlichen Schwankungen des Klimas (mit einer GroBenordnung von plusmn 06degC fUr die g10bale Mitteltemperatur gegeben fUr einen zB IOOjahrigen Mitmiddot telwert) mit in Rechnung stellen sie addieren sich zu den anthropogen verursachten Schwankungen ledem mit der Klimavergangenheit nicht vertrauten Leser sollte das Studium des groBen zweibandigen Werkes Climates Past Present and Future von H LAMB dringend empfoh len werden

FUr den folgenden Abschnitt 6 die Erorterung globaler Warmphasen als Beispiele [iir m6gliche Klimazustiinde unter anthropogenem Einftuj3 mUssen wir folgende einmiddot schrankende Voraussetzungen machen (s Abschn 23 und 3)

a) Konstanz der Solarkonstanten (innerhalb der heutigen MeBgenauigke it)

b) keine Haufung starkerer VulkanausbrUche c) kein groBskaliger Ausbruch des WestantarktismiddotEises d) keine Anderung der mittleren Bewolkung

Die letzte Einschrankung bezieht sich auf unsere mangelmiddot haften Kenntnisse tiber die Rolle der BewOlkung im Strahmiddot lungshaushalt Zweifellos ware schon eine geringe Zunahmiddot me der Bewolkung (zZ nach Bodenbeobachtungen ca 52 nach Satellitendaten ca 30 beides mit sysmiddot tematischen gegeneinander wirkenden Fehlern behaftet) fUr den Warmehaushalt von entscheidender Bedeutung Doeh ist das unwahrscheinlich (CESS) der gro~te Teil der Wolken entsteht in aufsteigenden Luftstromungen und lost sich bei Absinken auf bleibt also als Foige des Kontinuitiitssatzes etwa erhalten Die stabilen Inversionen

aber dUrften bei einer CO2 middotZunahme wegen der waehsenden LabiliHit der Schichtung eher abnehmen

6 Warmphasen in der Klimageschichte

61 Friihmittelalterliche Wiinneperiode

Da eine Riickkehr zu einer rein naturbedingten Klimaentmiddot wicklung ebenso unmoglich ist wie eine RUckkehr zu den Lebensbedingungen der lungsteinzeit fUr eine Erdbevolkemiddot rung von Uber 4 Milliarden miissen wir mit einer g10balen Erwarmung rechnen Dem widerspricht die Abklihlung der Periode 1945-72 in mittleren und hohen Breiten der Nordhalbkugel nur scheinbar in niedrigen Breiten blieben die Temparaturen fast konstant in gemaBigten Breiten der SUdhalbkugel und am Rande der Antarktis sind sie sogar leicht angestiegen Einer CO2 middotZunahme von 12-13 entspricht eihe g10bale Temperaturzunahme urn a2degC dies liegt noch ganz im Bereich des statistischen Rauschens dh der interannuellen Variabilitat Die bemiddot obachtete AbkUhlung kann offenbar mindestens teilweise auf die seit 1955 wieder auflebende Vulkantatigkeit (nach einer Pause 1912-1948) zuruckgefUhrt werden Das Argumiddot ment daB ohne die inzwischen erfolgte CO2 middotZunahme die AbkUhlung entspreehend starker gewesen ware la~t sich weder beweisen noch widerlegen es steht jedenfalls im Einklang mit den zuveriassigsten Strahlungsmodellen Wir betrachten also zunachst als Beispiel fUr eine kUnftimiddot ge Klimaentwicklung - einige Warmphasen aus der Klimamiddot geschichte ohne daB ruer auf die Art der Quellen und ihre Kritik eingegangen werden kann (vgl die Monogramiddot pruen von SCHWARZBACH und LAMB)

Die erste wichtige Warmphase ist das frUhe Mittelalter etwa die Periode 900 - 1050 un serer Zeitrechnung Sie ist zwar in Mitteleuropa durch historische Daten wenig bemiddot legt das umfangreiche Werk von H LAMB enthalt eine Zusammenstellung aller erreichbarer Daten die inzwischen fortlaufend erganzt werden In dieser Zeit scheinen sich (die vorsichtige Ausdrucksweise ist wegen der noch allmiddot zuoft unkri tischen Auswertung historischer Quellen notmiddot wendig) in weiten Teilen Europas warme Sommer und DUrreperioden zu haufen Die wichtigsten Befunde ergeben sich ausder Siedlungsgescruchte der Wikinger in Island und Gronland mit ihren klihnen Vorstoampn nach Labrador und Neufundland Diese Auswanderer (aus politischen GrUnden) trafen ab 874 Island zu etwa 60 bewaldet an sie trieben dort nicht nur Schafzucht sondern auch Getreidebau (wie Ubrigens damals in Norwegen bis zum 65 Breitengrad) Sie Uberquerten die DanemarkstraBe an der schmalsten Stelle ohne den heutigen TreibeisgUrtel anzutreffen und errichteten Siedlungen in Siidmiddot und Westgronland die FriedhOfe dieser Siedlungen liegen heute im Dauermiddot frostboden War der OstgronlandstrOin damals in 65degN eisfrei dann muB das bei dessen hoher Geschwindigkeit Om Vergleich zur Abschmelzzeit der Eisschollen) fUr seimiddot ne gesamte Lange zutreffen die arktische Treibeisgrenze lag also damals an der Nordkiiste Grbnlands dh in 80-shy

o8I N Breite Erst urn 1330 liegt ein zeitgenbssischer Bemiddot richt vor daB das vorgeriickte Eis zur Aufgabe dieses Scruffmiddot fahrtsweges gefiihrt hat zugleich verschlechterten sich die Klimabedingungen in Gronland und Island wo der Getreimiddot debau aufgegeben werden muBte Archaologische For schung hat zeigen konnen daB urn 1000 die Eskimos den ganzen arktischen Arcrupel Kanadas besiedelt hatmiddot

13

ten ebenso die Neusibirisehen Inseln In diesen heute mensehenleeren Einoden lebten sie von Walfang ~ dieshyser setzt offenes Wasser im Sommer voraus Die gleiche Klimaversehlechterung zwang sie ZUIll Ausweichen nach Sliden und ZusammenstoJ)e mit den durch Hunger und Seuchen dezimierten norwegisehen Siedlern in StidgrOn land filhrten zu deren Verniehtung

Die Waldgesehichte Kanadas und Europas die Gletschershygesehichte der Alpen beJegen um J 000 eine Erwarmung lim etwa 1deg( das Kaspische Meer erreichte einen seiner tiefsten Stande bel ~3~ m dh niedriger als heute wo viel Wasser zu Bewaserungszwecken verwendet wird Der Nordteil der Sahara war feuehter als heute arabische Reishysende beriehteten sogar aus dem heute trockensten Geshybiet (Kufra) von einer gerade erst aufgegebenen Rindershyzucht man wird die Niederschlage damals doch auf 150-~00 mmiJahr schatzen mussen gegeniiber 3~5 mm heute Aber aus dem Mittelmeerraum wird von einzelnen uberaus kalten Wintern berichtet ebenso hatten China und Japan warme Sommer aber auch strenge Winter in denen die gro~en F1u~-Seen am Jangtsekiang zufroren 1m mittleren Westen der USA herrschten giinstige Bedinshygungen fur Ackerbau Jagd und sogar stadtische Kuhur wah rend urn 1200 Serien von Durren zur Aufgabe von Gebieten zwangen Da~ diese Dtirreperiode hier im heutishygen Maisanbaugtirtel 200 Jahre anhielt (Bryson und Murshyray) mu~ besonders beachtet werden Der mittlere Westen Nordamerikas ist zZ das einzige Gebiet mit Getreidetibershyschuf~ wahrend viele andere Lander von Importen dh von der Hand in den Mund Jeben

Eine Zusammenschau dieser (und anderer) Daten fUhrt zu der Vorstellung (LAMB) da~ wie in den hei6esten Somshymem der Periode 1931-60 die Zyklonenzugbahnen der Westdrift durch quasi-stationare Hochdruckgebiete urn 300~500 km nach N verlagert waren Auch im Winter ergab sich eine iihnliche Situation die aber mit blockierenshyden Hochs zu hiiufigen Kaiteperioden ftihrte Wahrend im Eis Gronlands bereits eine vortibergehende Abktihlung urn 1160 eintrat die auch von Schweizer Gletschern beJegt ist war die nachste Kaltewelle mit dem Hohepunkt urn 1320 noch nachhaitiger wirksam alle Warmphasen seit dieser Zeit haben nieht die Andauer und Intensitat derjeshynigen urn die Jahrtausendwende erreicht Ftir sie kann ein Anstieg der reprasentativen Temperaturen urn etwa 1degC angesetzt werden die in der Arktis vermutlich 2-3degC erreicht haben diirfte Von der Sudhalbkugel Jiegen kaum Daten vor au~er einer Trockenperiode in Neuseeland zur Zeit der Maori-Einwanderung

62 Die holozane Warmeperiode vor 6000 (bzw 4000) Jabren

Nach dem Hohepunkt der letzten Eiszeit (18000 vh = vor heute) dauerte der Eisrtickzug in den beiden Nord-Kontishynenten verschieden lang das Skandinavische Inlandeis verschwand endgilltig kurz vor 8000 vh wiihrend zugleich das Laurentische Eis Nordamerikas noch die Hudsonshybucht mit allen Nachbarliindern bedeckte mit noch etwa 50 Prozent seiner urspriinglichen Flache Nach einem katashystrophalen Einbruch des Meeres in die Hudsonbucht vershyschwand das Eis im Westen relativ rasch in Labrador anshyscheinend erst urn 4500 vh wah rend in Baffinland ausgeshydehnte Plateaugletscher bis heute tiberlebten Das ftihrte

14

in der Zeit 8000-4500 vh zu einer permanenten Anomashylie der Zirkulation von Atmosphare und Ozean tiber Euroshypa zu einer zusatzlichen advektiven Erwarmung mit einem ersten Hohepunkt urn 6000 vh einem zweiten ab etwa 4500 vh nach einer kurzen intensiven Abktihlung urn 4800 vh wahrend das ostliche und zentrale Nordamerika noch relativ ktihl blieb Offenbar lagen auch Alaska und das westliche Nordamerika unter dem Einfiu~ eines warmen Hochdruckrtickens langs 1000W dehnte sich der boreale Wald etwa 300 km weiter nach N aus als heute ja vor 4800 vh sogar bis zur Banks-Insel (74degN) Ahnliche Beshyfunde Iiegen von Nordnorwegen und der westsibirischen Taiga vor die eine Erwarmung urn 2 bis 3degC andeuten im globalen Mittel ergibt sich eine Erwarmung urn etwa I 5degC In der inneren Arktis waren selbst die Nordktisten von Spitzbergen Gronland und Ellesmere-Land im Somshymer eisfrei wahrend der Kernbereich des arktischen Treibshyeises zwischen N ordkanada und Ostsibirien sieher erhalten blieb

Die Vegetationsgeschichte von Eurasien (FRENZEL) zeigt diese Warmphase klar Werbei darf man nlcht vergesshysen daB die Einwanderung von Waldbaumen erheblich Ianshygere Zeit benotigt als die daftir verantwortliche Klimaiindeshyrung Von besonderer Bedeutung ist dabei in Ostsibirien a offenbar auch in Kanada und Alaska ein Rtickzug des Dauerfrostbodens urn mehrere 100 km nach Norden in den Gebirgen rtickte die Waldgrenze tiberaIl urn 100-150 m aufwarts In den Alpen lli~t sich das mit vielen Einzelheiten belegen (pATZELT) aber im Gegensatz zur Subarktis kam es hier in der Periode zwischen 8000 vh und 800 vh zu mindestens vier Warmeperioden und zwischengeschalteshyten Kaltphasen mit Gletschervorstii~n von jeweils fast gleieher Intensitat Ftir die TemperaturverhaItnisse der Ozeane sind nur wenige Angaben vorhanden - die zeitshyliche Aufiosung der Ozeanbohrkerne liegt meist bei 3-5000 Jahren als Folge der geringen Sedimentationsrate und der biogenen Durchwtihlung des Meeresbodens Nur fUr den Kuroshio zwischen Taiwan und der japanischen Stidktiste wird eine Erwarmung urn 6degC angegeben

Die auffaIligste Erscheinung ist eine verbreitete Zunahme der Niederschliige mit nur zwei sicheren Ausnahmen In Westsibirien sowie im Mittelwesten der USA (Wisconshysin - Illinois) weitete sich das trockene Grasland nach N bzw E hin aus Oberall sonst besonders auWillig 1m Trok- ~ kengtirtel der Alten Welt von Mauretanien (l7degW) bis nach Rajasthan (77degE) herrschte ein feuchteres Klima als heute in der Sahara ist es an mehr als 30 fossilen Seen und Fltisshysen einwandfrei belegt eben so in der Danakilwtiste in der arabischen Wtiste aber auch im SW Nordamerikas im ostafrikanischen Graben und in weiten Teilen Australiens Zwei Gebiete sind besonders gut belegt in Rajasthan (BRYSON) schwankte die Regenmenge zwischen 400-600 mm (zeitweise fiber 800 mm) von etwa 10500 vh bis rund 3700 vh gegeniiber rund 250 mm heute und der Tschadshysee heute ein naches von Diinen durchsetztes Seebecken von maximal 23000 km2 dehnte sich zweimal (urn 8500 und urn 5800 vh) auf tiber 320000 km2 aus (MALEY) mit einem Spiegel tiber 40 m hoher als heutc und einer maximamiddot len Tiefe von etwa 200 m Das zentrale Trockengebiet zwischen Kufra und Tibesti heute mit weniger als 5 mml Jabr war zT von dauernd flie~nden Fltissen durchzogen Das Grasland wurde genutzt von offenbar zahlreichen rinderztichtenden Nomaden und die jahrlichen Niedershy

schlage werden auf 200-400 mm geschatzt (PACHUR GABRIEL) im Tibestigebirge (heute 100 mm) auf tiber 800 mm Besonders auffallig ist da~ in dieser Feuchteperiode sowohl die Nord- wie die Stidflanke der Sahara starker tiberregnet wurden im Sahelgebiet schlieBt ROGNON auf eine ganzjahrige Regenzeit mit haufigen Dauerregen an stelle der kurzen Sommer-Regenzeit mit ihren heftigen Schauern Das ist nicht vertraglich mit der Lehrbuch-Vorstellung von einer meridionalen Verschiebung aller Klimagtirtel die im Stiden und Norden der Sahara alternierende Feuchtshyphasen auslosen m~te Nur bn Winterregengebiet nordlich 36degN find en wir in Anatolien und Iran (so am Van-See) eine markante Trockenperiode gleichzeitig mit der Feuchtshyphase der ganzen Sahara Diese Feuchtphase schon einmal urn 7500 vh unterbrochen wurde ab 5500 vh durch eine allmiihliche Austrocknung abgelost die urn 4000 vh in der Sahara etwas spater auch in Rajasthan zu einem ariden Klima ahnlich wie heute fOOrte Diese Austrocknung haben die frOOeren Hochkulturen miterlebt das Alte Reich Agyptens die Stadtkulturen zwischen Jericho und Ur die Indus-Kultur ilire Krisen oder ihr Untergang hiingen offen bar von diesen Klimaanderungen starker ab als von dem Einfall fremder Volksstamme

Die Interpretation dieser Befunde aus dem Holoziin (=Nachshyeiszeit) erfordert eine genaue Synchronisation des Ablaufs der Klimageschichte in weit entfernten Raumen sowie ein meteorologisches Verstiindnis dieser raumlichen Bezieshyhungen anhand rezenter Befunde Zunlichst ergibt sich auch heute in den Obergangsjahreszeiten wie im Winter die Existenz quasi-permanenter Hohentr6ge die sich in 150-300 mbar jeweils weit zurtick nach SW bis in die innemiddot ren Tropen hinein erstrecken (FLOHN 1975) Ahnlich existieren diese diagonaien Hdhentrdge auch tiber der Stidhalbkugel wo sie bis zum Aquator gelegentlich auch dartiber hinaus reichen In ihrem Bereich kommt es zu einer Wechselwirkung der tropischen und aulkrtropischen Storungen (Abb 9) die zu kraftigen Wirbeln mit Gewittermiddot schauern und Sandsttirmen ftihren dies sind die schon urn

Interaction Upper Troughs-low level Tropical Vortices Lat

300

fIlA 200

10middot

omiddot Abb 9 Diagonale Hohentroge (200 mb) und ihre Wechshy

selwirkung mit Storungen der tropischen Oststroshymung (700 mb)

1935 bekannten Saharadepressionen 1m westlichen und zentralen Nordafrika laBt sich an heutigen Statistiken die simultane Schrumpfung bzw Ausweitung des Trokshykengtirtels und die Rolle der Frtibjahrsregen hierbei nachshyweisen dasselbe ergab sich aus historischen Studien der Regenverhaitnisse im 17-19 Jahrhundert (NICHOLshySON)

Wahrend der ersten Feuchtphase 10500 8000 vh existiershyten noch ausgedehnte EisfHichen in Nordeuropa und Nordmiddot amerika Das ganze Jahr tiber reichte die glob ale Kaltshyluft und die von ihr ausgehenden Kaltetroge weiter stidmiddot warts als heute wahrend sich Uber den Tropen bereits die heutige Zirkulation herstellte Die Befunde deuten im Atlantik wie im Pazifik auf eine Abschwachung der subtroshypischen Hochdruckgebiete und damit der Intensitlit der Passatwinde Dies fiihrt notwendig zu einer Abschwachung des Aufquellens von Kaltwasser sowohl an den Westktisten (NWmiddotAfrika Kalifornien) wie am Aquator hier also zur Vorherrschaft der EI-Nino-Zirkulation mit Warmwasser starker Verdun stung und aquatorialen Regen auf dem Meer die geophysikalische Rolle dieses Wechsels ist kaum zu tiberschatzen Urn 8000 - 7300 vh kam es nach Vermiddot schwinden des skandinavischen Eises zu einer Unterbremiddot chung der Feuchtphase Diese stellte sichjedoch wieder her solange noch tiber Labrador - Baffinland ausgedehnte Eisfelder auch im Sommer tiefe weit ausgreifende Hohenmiddot troge zur Folge hatten diese traten offenbar in Nordamerishyka sowie in EuropaAfrika in den Obergangszeiten haufishyger auf als heute 5-10 faile dieser Art pro Jahr gentigen urn insgesamt 150-250 mm zusatzlichen Niederschlag hervorzubringen Die endgultige Austrocknung vollzog sich erst urn etwa 4500 vh mit dem Verschwinden der Eisreste aus Labrador

Die fUr den Klimaablauf entscheidenden physikaischen Randbedingungen in der Subpolarzone waren also urn 6000 vh noch wesentlich anders als heute erst urn 4500 vh entwickelten sie sich offenbar mit einer noch starkeren Reduktion des arktischen Eises Die ebenfalls noch wanne Phase urn 4000 vh deren regionale Einzelheiten weniger gut bekannt sind war im Trockengtirtel der Alten Welt wie im SW Nordamerikas in Stidafrika und in Australien ahnlich trocken wie heute Noch eine weltcre Randbedinshygung sollte nicht vergessen werden die bereits erwahnte (Abschn 43) Vegetationszerstorung und Desertifikation die mit der Zunahme der Obertlachenalbedo tiber den Meshychanismus des Charney-Modells zu einer Verstarkung des Absinkens fUhrt Sie wird wahrscheinlich bei einem Ruck gang des ArktismiddotEises eine Zunahme der Niederschlage im Sahel hinausz6gern jedenfalls solange bis durch geeigshynete SchutzmaBnahmen eine geschlossene GraslandmiddotVege tation in den Randgebieten der Sahara wieder hergestellt werden kann Das aber ist ein okonomisch-soziales Pro blem

63 Letztes Interglazial EemmiddotWannzeit 120000 vb

Die EntwickIung quantitativer Arbeitsmethoden in der Geo logie hat in den letzten Jahren einige aufregende Entdek kungen innerhalb der Erdgeschichte erm6glicht Hierzu zahlt die Entdeckung eines 17-18maligen Wechsels zwi schen Eiszeit und Warmzeit (Interglazial) in den letzten 2 Millionen Jahren in zeitlicher Obereinstimmung datiert mittels der Umkehrung des erdmagnetischen Feldes gefunshyden in Ozeanbohrkernen aus dem aquatorialen Pazifik (SHACKLETON - OPDYKE) und in L6Bprofilen in Mahmiddot ren und Niederosterreich (KUKLA und FINK) Damit ergab sich eine gesicherte Chronologie der Kalt- und Warmshyzeiten ftir die palaomagnetische BrunhesmiddotEpoche der letzten 700 000 Jahre In allen geeigneten Ozean-Bohrkernen finshydet man in der Zeit zwischen 127 000 und 75 000 vh (mit einer Fehlergrenze unterhalb plusmn 5000 Jahren) drei

15

Warmphasen mit zwei kurzen Kaltphasen dazwischen genauere Untersuchung in Barbados auf Mallorca Neuguishynea und an der Themsemtindung belegen auch die zugeshyhOrigen eustatischen Schwankungen des Meeresspieshygels da in den Kaltphasen gro6e Wassennengen als konshytinentales Eis gespeichert werden Auf dem Festland sind bisher zwei nahezu vollstandige Moorbohrkerne untershysucht worden (in Mazedonien und sudlich der Vogesen) die die gleichen Schwankungen zeigen aber in wesentlich hOherer zeitlicher Auflosung Noch weiter auflasbar sind die Diatomeenablagerungen Nordwestdeutschlands mit ihren tiber 10 000 Jahre reichenden Jahresschichten (H MOLLER) die eine pollenanalytische Analyse von Abshyschnitten von nur 15 Jahre Lange erlauben

Nach allen vorliegenden Befunden ist die friiheste der drei Warmphasen mit deutlichem Abstand die warmste noch etwas warmer als die erarterte holozane Warmphase offenbar auch warmer als die vorhergegangenen Interglashyziale Sie reichte von 127000 bis etwa 115000 vh die warmste Phase umfa~te in den Vogesen mindestens 10000 Jahre dagegen die beiden Kaltphasen nur jeweils 1600 bzw 1000 Jahre Ftir Europa und die Sowjetunion existiert eine detaillierte Vegetationsanalyse (FRENZEL) dieser Warmzeit die mit dem hollandischen Lokalnamen Eem (im engeren Sinne) bezeichnet wird nach dieser Anashylyse miissen die Temperaturen 2-3degC haher gelegen haben als heute in Sibirien sogar bis 6degC Xhnlich wie im Holoshyzan miissen die Niederschlage hoher gewesen sein zumal die hOhere Temperatur schon an sich zu einer Zunahme der Ozean-Verdunstung fiihrt Neben der oben erorterten Dominanz der EI-Nifio-Zirkulation am Xquator ist eine weitere Ursache der Verstarkung des hydrologischen ZykshyIus der eustatische Meeresspiegelanstieg auf + 5-7 m der durch einen breiten Meeresarm zwischen Ostsee und Wei~em Meer Fennoskandien zur Insel macht und im Mtindungsgebiet von Ob und Jenissei bis tiber 1000 km weit ins Binnenland eingreift (FRENZEL) Zugleich kam es zu einem drastischen Riickzug des Dauerfrostbodens in Ostsibirien bis etwa 57deg Breite (heute etwa 49deg) Auch bei einem Anstieg der Temperaturen urn 6degC erlebte Sibishyrien auch damals sehr kalte Winter doch miissen im Sommiddot mer die Ktisten weitgehend eisfrei gewesen sein Anderermiddot seits ergeben die Bohrkerne im Arktischen Ozean daB der zentrale Kern des arktischen Eises zwischen Gronland Alaska und Ostsibirien aile Warmzeiten seit mindestens 700000 Jahren ohne Unterbrechung uberdauert hat die gleiche Annahme erscheint fUr das Gronlandeis immershyhin wahrscheinlich (wenn auch nicht belegt)

Mit dem starker mariti men Klima Europas reiehten warmiddot meliebende Walder weit nach Ru6land hinein Das Vorshykommen von Lowen FluBpferden und Waldelefanten in GroBbritannien ist ein besonders auffallendes Anzeimiddot chen warmerer Bedingungen wenn auch der SchluB auf tropisches Klima nach Ausweis der Vegetation sicher unshygerechtfertigt ware Aus den tropischen Kontinenten lieshygen bisher nur wenige Befunde vor eine lange humide Phase an der westafrikanischen Kiiste und in der Afar-Senke am Roten Meer entsprechen den Befunden der holozanen Warmzeit

Diese Eem-Warmzeit war offenbar die wiirmste Phase seit Beginn der Brunhes-Epoche vor 700000 Jahren abet das gesamte letzte Interglazial dauerte wesentlich langer

es umfaBte zwei weitere etwas kiihlere Warmphasen geshytrennt durch zwei intensive Kaltphasen urn etwa 110 000 und 90 000 vh Die zugehorigen Schwankungen des Meemiddot resspiegels zwischen -70 und -80 m in den Kaltphasen (letzte Eiszeit -100 m) und etwa -5 m in den beiden spateren Warmphasen zeigen daB die Schwankung des globalen Eisvolumens immerhin 70-75 derjenigen zwishyschen letzter Eiszeit und heute betrug Diese Anderunshygen der Massenbilanz in den beiden Kaltphasen drang ten sich jeweils auf weniger als 10 000 Jahre zusammen die entsprechenden Klimaanderungen auf dem Festland liefen nach Ausweis der (verzogerten) Vegetationsschwanshykungen in den europaischen Mooren in wenigen 100 Jahshyren in Wirklichkeit also vermutlich in lt 100 Jahren abo Das wird bestatigt durch den Gronland-Blitz eine in ihrem Mechanismus noch nieht einwandfrei geklarshyte Abkiihlung in weniger als 100 Jahren (DANSGAARD) die im Eis Nord-Gronlands in tiber 1300 m Tiefe seit minshydestens 90000 Jahren tiefgefroren aufbewahrt ist

Gewi~ sind noch nieht alle Fragen geklart Offenbar haben sich im mittleren Europa die beiden Kaltphasen trotz globalen Charakters nur kurzfristig in Form abrupter Abkiihlungen in der und hier allein interessierenden humashynen Zeitskala ausgewirkt Xhnliche Ereignisse haben sich nach den heute vorliegenden Befunden in allen jtingeren Y Interglazialzeiten (und im Holozan) abgespielt - auf dieshyses Problem muB noch (Abschn 8) eingegangen werden

Der eustatische Meeresspiegelanstieg im Eem ist in seiner Ursache noch nicht geklart ein Anstieg urn 5-7 m entmiddot spricht entweder dem Abrutschen des Eises der Westantshyarktis oder dem Verschwinden des Gronlandeises oder eishynem entsprechenden Wasserverlust der sehr stabilen Ostantshyarktis Wabrend das zuerst genannte Ereignis uU recht rasch vor sich gehen konnte (genauere Vorstellungen tiber die Zeitskala liegen allerdings nicht vor) laufen die beiden anderen Ereignisse so langsam ab daB der zugehoshyrige weltweite Meeresspiegeianstieg in der GroBenordnung weniger mm pro Jahr (heute 11 mm) bleibt

64 Eisfreie Arktis vereiste Antarktis (12-25 Mill vh)

Wahrend die bisher dargestellten Klimaphasen keine grundshysatzlichen Abweichungen gegentiber dem heutigen Klimashybild zeigen trifft dies fUr den extremsten Fall eines vOl- ~ ligen Verschwindens der arktischen Treibeisdecke nicht zu Die Idee eines Verschwindens des arktischen Treibshyeises hat zuerst BUDYKO urn 1962 entwickelt und zwar als Endergebnis einer gezielten Umwandlung des Klimas wie sie 1959 auf einem der Kongresse der KPdSU proklashymiert worden war - im Einklang mit der marxistischen These von def Umwandlung der Natur durch den Menshyschen Bei naheren Untersuchungen stellte sich heraus daB dieses Projekt (schon wegen der Ausdehnung der Eisdecke tiber 10 bull 106 km2 ) nicht nur extrem aufwendig war sondem auch sehr weitreichende Nebenwirkungen zur Foige haben konnte Spater erkannte man daB die im Gange befindliche Zunahme des CO2 -Gehaltes zu dem gleiehen Ergebnis fiihren konnte Die Sensitivitat dieses Systems wurde bereits besprochen (vergl Abschn 21) ein vereinfachtes eindimensionales Klimamodell (BUDYKO 1969) ergab bei wachsendem CO2 -Gehalt und zunehmender Erwarmung ein immer rascheres Ruckshyweichen der EisSchneegrenze zum Nordpol hin

16

Ein solches scheinbar jeder Erfahrung widersprechendes Modell konnte nieht ohne Widerspruch hingenommen werden Schon die Frage ob unter den heutigen Klimashybedingungen die Eisdecke irreversibel verschwinden kann oder ob sie sich im nachsten Winter neu bildet mu~te eingehend erortert werden wir konnen sie offen lassen da nunmehr ein Verschwinden des Treibeises unter extreshymen von den heutigen abweichenden Klimabedingungen zur Erorterung steht Diese Frage kann nur mit umfangreishychen Modellrechnungen beantwortet werden unter weishychen Bedingungen ist das dynamische System Meer Treibeis (mit Polynyas) - Schneedecke - Atmosphiire tiber den jahreszeitlichen Wechsel der Strahlungsbilanz hin stabil bzw instabil Solche Rechnungen sind im Gang eine ganze Familie von stufenweise immer komplexerer Modelle mu~ unter verschiedenen Randbedingungen geshytestet werden eine umfangreiche Arbeit die nicht heute oder morgen zu Ende geftihrt werden kann

Einer der vielen Einwande war die Frage ob ein eisfreier ~ Arktischer Ozean gleichzeitig mit einer vereisten Antarkshy

tis existieren konne dies ergibt eine schwer vorstellbare Asymmetrie der beiden Halbkugeln Aber auch heute existiert eine deutliche Asymmetrie die Troposphiire tiber der Antarktis ist im gleichen Niveau im Jahresmittel 11shy

12degC kalter als tiber der Arktis im NordsommerlStidwinter sogar um tiber 26degC Da nach einfachen OberJegungen die durch die Modellversuche von FULTZ (1959) bestiishytigt wurden die Zirkulation der Atmosphiire von dem Temperaturgeflille zwischen Aquator und Pol abhiingt (KORFF und FLOHN 1969) ist die Zirkulation auf der Stidhemisphiire starker als auf der Nordhalbkugel und greift tiber den Aquator hintiber im Jahresdurchschnitt bis etwa 6deg Nordbreite im Juli (Januar) auf rund 12deg N (1 deg S) Das zirkulationserzeugende meridionale Temperaturgefalle ist heute tiber der Stidhalbkugel im lahresdurchschnitt 42 gro~er als tiber der Nordhalbkugel

Tatasachlich hat aber - das ist eine der grundlegenden Erkenntnisse die wir dem Deep Sea Drilling Programm mit der Glomar Challenger verdanken - ein derart krasser Gegensatz der beiden Pole im jtingeren Tertiar viele Millionen Jahre lang existiert (KENNETf 1977) Der Antarktische Kontinent war erstmals vor 38 Ma (= 106

Jahre) mindestens teilweise vereist schon damals bildete sich das antarktische Bodenwasser der Ozeane mit einer

Abktihlung um etwa 5degC Eine vollstandige Vereisung der Antarktis besteht seit dem mittleren Miozan vor 12shy14 Ma sie war seither nur noch sekundaren Schwankungen unterworfen Vor etwa 55 Ma bildete sich dieses zuniichst noch relativ flache Eis mit Temperaturen um OdegC in ein kaltes stabiles Eis (der Ostantarktis) um noch 200shy300 m mach tiger als heute begleitet von einer globalen Abktihlung und einer eustatischen Absenkung des Meeshyresspiegels Diese ftihrte an der Schwelle von Gibraltar zu einer (mehrfach wiederhoJten) Abschntirung und Ausshytrocknung des westlichen Mitteimeeres (HSU) auf deren regionaie klimatische Bedeutung nicht weiter eingegangen werden kann

Die allmiihliche Abktihlung wiihrend des mittleren und junshygeren Tertiars hangt offenbar mit der Bildung des kalten von der Antarktis sich ausbreitenden Bodenwassers zusamshymen durch Mischung sanken auch in mittleren Schichshyten die Wassertemperaturen langsam ab und mit der Vershy

starkung der atmosphiirisch-ozeanischen Zirkulation kam es zum Aufquellen dieser ktihlen Schichten am Aquator und an den subtropischen WestkUsten Eine Vereisung der Gebirge der Nordhalbkugel trat erst lange nach der Antshyark tis ein in Alaska vor etwa 9 Ma in Island und im kalimiddot fornischen Hochgebirge vor etwa 28 Ma Eine Bildung von arktischem Treibeis war erst moglich nachdem diese konshytinentalen Gletscher allmahlich beim sommerlichen Schmelshyzen eine dUnne salzarme Deckschicht des Arktischen Ozeans gebildet hatten dies geschah offenbar erstmals vor 23 Ma zuerst sicher noch als jahreszeitliches Eis

Damit steht also fest da~ in der Zeit zwischen 12 und 25 Ma gleichzeitig ein vollstandig vereister antarktischer Konshytinent und ein offener eisfreier arktischer Ozean existiermiddot ten In dieser Zeit miampte (aus theoretischen GrUnden) der meteorologische Aquator im Jahresmittei in etwa 9-10deg Nordbreite gelegen haben dafUr gibt es in Afrika auch Belege Als weitere Fol~e ware eine Verlagerung des Trockengtirtels bis 40-50 N zu erwarten die im ostlichen Europa auch belegt ist (zB im Wiener Becken s Abb 10) die subtropische Flora jener Zeit ist vielfach beschrieben worden (SCHWARZBACH MAGDEFRAU)

Northern Boundary of NHem Evaporite Zone

Oucternary (0-2 Ma) Late Tertiary 15-15 Ma) Early Tertiary (30-50Ma)

Abb 10 Mittlere Nordgrenze des Trockengiirtels (Ablashygerungen von Salz Gips usw) im Quartar (0 shy2 Ma) JungterWir (5 IS Ma) und Alttertilir (30 - 50 Ma) nach LOTZE

und Walder der gema~igten Zone reichten bis Nordgronshyland Nach SCHWARZBACH lagen im rheinischen Braunmiddot kohlengebiet die Temperaturen in allen Jahreszeiten urn 5-8degC hOher als heute Der stidhemisphiirische Trocken gtirtel reichte bis in die Nahe des Aquators Es ist unmogmiddot lich in diesem Rahmen auf Einzelheiten einzugehen zumal hierzu eine vollstiindige Auswertung der neueren geologimiddot schen Literatur notwendig ist

Nach BUDYKOs Modell kann der Obergang zu einem solchen Klima dh das Verschwinden des arktischen Eises bei einer allgemeinen Erwarmung urn ca 4degC eintreten (vgl auch KELLOGG) Das entsprache (je nach Modellannahme) einem virtueJlen CO2 -Gehalt von 800 shy1100 ppm der reale CO2 -Wert liegt bei 750 ppm (plusmn 15jd (Abschn 42) Ob und wann solche Werte erreicht werden hangt von Entscheidungen auf energiepolitisch-okonomisch sozialem Gebiet ab (Abschn 8)

17

7 Kaltphasen in der Klimageschichte

71 Kleine Eiszeit (1550-1850)

Dal~ das Klima im 20 Jahrhundert nieht das einzig mogliche ist ja dreg es selbst im Rahmen der [etzten 500 Jahre ausgesprochen anormal ist gehort zu den Tatsachen die selbst den meisten Meteorologen unbekannt sind Tatsachmiddot Hch haben wir in Europa - wie das am besten bekannte Verhalten der AJpengletscher zeigt seit rund lO 000 Jahmiddot ren immer wieder einen Wechsel zwischen Warmphasen (wie in Absehn 61 geschildert) ulld Kaltpllasen erlebt Hierbei sind die Phasen innerhalb dec beiden Gruppen untereinander recht iihnlich ihre Dauer aber variabel irgendwekhe persistenten Perioden existieren offenbar nieht oder ihr Anteil an der gesamten Varianz ist vernachmiddot liissigbar gering Wahrend die Gletscherstande der Zeit 1930-60 offenbar nahezu identisch sind mit denen frOherer Warmphasen l diese A ussage ist etwas unsieher) liegen die Moranen der GletschervorstoBe urn 1820 und urn 1855 fast genau auf denen frtiherer Gletscherhochstande (PATZELT) Die letzte Kaltphase kann uns also als Modell fUr aIle frOhemiddot ren seit dem RUckzug der grofben Inlandeise dienen ihre Bezeiehnung als Kleine Eiszeit ist allerdings bewufbt Ubermiddot trieben Ihr Beginn ist nieht eindeutig festlegbar schon urn 1160 urn 1320 und urn 1430 kam es zu kUrzeren aber marmiddot kanten GletschervorstoBen in den AJpen und fUr die beimiddot den 1etztgenannten Termine liegen viele Nachriehten Uber ganz ungewohnhche Klimaanomalien vor (LAMB von RUDLOFF) Von langerer Dauer war die Klimaverschlechmiddot terung ab 1560 die in ZUrich einen Rtickgang der Wintermiddot temperaturen urn 2degC brachte wahrend bei Kopenhagen das ganze Jahr Uber Winde aus SUdost und Ost - als Anzeimiddot chen blockierender Antizyklonen vorherrschten Die Witshyterungsabliiufe ahneln sehr denen die wir heute in Einzelmiddot jahren mit strengen Wintern (1939-42 19467 19623) erleben haufig blockierende Antizyklonen Wetter1agen mit anhaltend starker meridionaler Komponente - unmiddot gewohnlich kalt aber auch ungewohnlich warm haufige Dtirremiddot und Niisseperioden schneereiche und bis tief in das Frtihjahr anhaltende Winter mit nachfolgenden MiBernmiddot ten

FUr die Beurteilung der Klimabedingungen jener Zeit sind nieht nur die Gletscher der Hochgebirge sondern vor aHem die Under nahe der Polargrenze des besiedelten Landes wesentlich Island Sehottland die Faroer und Skandinamiddot vien Die Nachriehten vom Verhalten des arktischen Treibmiddot eises - mit seiner entscheidenden Rolle fiir Albedo und Wdrmehaushalt haufen sieh jetzt Island viele Jahre hinmiddot durch 6-9 Monate lang von Treibeis blockiert massive Eismiddot vorstoBe nach den Faroern (mit Wassertemperaturen 3_4degC unter den heutigen) und selbst nach Norwegen (wo die Fischerei jahrelang fast ohne Ertrag blieb) Rtickgang der Vegetationsgrenzen und schwere Nahrungskrisen in Schottmiddot land Besonders eindrucksvoHe Beispiele aus der Zeit 1755shy1790 schildert die durch genaue meteorologische und landwirtschaftliehe Daten ausgezeiehnete Arbeit von PFISTER aus dem Kanton Bern auf die weltweite Zusammiddot menschau von H LAMB (VoL II) sei nochmals hingemiddot wiesen

Eine voriaufige Zusammenstellung der jahrlichen Getreishydepreise in der Zeit von 1500-1860 gibt Abbildung 6 die aus den fast vollstandigen Reihen von 5 deutschen Stlidten

18

gemittel t wurde von einem langjiihrigen Trend abgesehen zeigt sie zahlreiche meist gruppenweise auftretenden Jahre mit Preisanstiegen urn das dreimiddot bis sechsfache Das absomiddot lute Maximum (bis 1950) waren die weitweiten Hunger jahre J81617 nach dem Vulkanausbruch des Tambora 1815

1m Gebiet der mediterranen Winterregen existieren widershyspruchsvolle Nachrichten einmal stimmen die kiiltesten Abschnitte (genannt seien die Zeiten urn 1570 1630 vor aHem 1680-1700 nach 1770 1816 f 1845 t) mit Feuchtjahren Uberein einmal mit Diirren Das gilt fUr Algemiddot rien die Seen Mittelitaliens ebenso wie fur das Tote Meer und das Kaspische Meer aber auch (nach Sh NICHOLSON) fUr die Sahelzone Systematische Studien Uber die Telekonmiddot nektionen der Niederschliige im Mittelmeergebiet brinmiddot gen die Lasung (HELBIG) die Maxima der mediterranen Winterregen konzentrieren sieh im Bereich quasistationarer Hahentroge und negative KorreIationen g1eichzeitiger Werte mit Abstanden von 700-1000 km ( = halbe Rossbymiddot Wellenlange) sind haufig Daher ist es hier sinnlos eine ganmiddot _ ze Klimazone zusammenzufassen die Abhangigkeit der KlimamiddotAnomalien von der Lange ist mindestens ebenso groB wie die von der Breite Die regionale Verteilung der entmiddot gegengesetzten Witterungsanomalien wird beherrscht von der jeweils quasistationaren Lage des bloekierenden Hoch C

zentrums und der begleitenden Hohentroge bzw Kaltluftmiddot tropfen - das kennt jeder erfahrene Synoptiker und das ist auch das zentrale Problem jeder iangfristigen Vorhermiddot sage Auch in Nordamerika hangen die kalten Zeitabschnitmiddot te dieser Periode mit bloekierenden Antizyklonen zusammiddot men wie die Auswertung von Baumringen (FRITTS) geshyzeigt haben

Was ist nun die Ursache des Vorherrschens meridionaler Zirkulationstypen in dieser Klimaphase was die Ursache dominierender zonaler Zirkulationstypen mit polwarts vermiddot schobenen subtropischen Hochzellen in den Warmphasen Beim VergIeieh etwa der Abschnitte 1815-1855 (nochshymals urn 1890) und 1930-1960 fall t sofort die verschiemiddot dene Lage der arktischen Treibeisgrenze im Atlantik auf im Raume urn Island-Norwegen handelt es sich urn Vermiddot schiebungen von der GroBenordnung 1500 km Was aber verursachte diese Ausweitung des arktischen Treibeises die maximal 2 Mill km2 erreicht haben dtirfte

Auf diese Frage existieren zZ zwei Antworten von demiddot nen wenigstens eine geophysikaJiseh einwandfrei begrtinshydet ist Sie bezieht sich auf eine von LAMB zusammengemiddot faBte Statistik von VulkanausbrUchen (s Abschn 32) bei der in der Tat ein Zusammenhang zwischen den Hohemiddot punkten der kleinen Eiszeit und besonders schweren Vulmiddot kaneruptionen (oder Gruppen) auffall 1 Andererseits hat EDDY darauf hingewiesen daB die auffallige lange Periode geringster SonnenaktivWit der Zeit 1643 -1710 mit ihrem Maximalstadium tibereinstimmt - dieser Zusammenhang ist jedoch bisher physikalisch noch ganz ungek1art und muB daher offen bleiben Wegen der Unvorhersagbarkeit beimiddot der Ursachen kann das erneute Auftreten einer solchen Kaltphase in den nachsten 50-100 J ahren weder bejaht noeh ausgeschlossen werden auch eine statistische Aussage tiber die Wahrscheinlichkeit bleibt unsicher da zahlenmaBige Unterlagen in beiden Fallen nur wenige Jahrshyhunderte umfassen und subjektive Beurteilungen nieht ausmiddot schlieBen konnen Sofern sich aber die glob ale Erwiirmung

(etwa ab 2000) durchsetzt werden Wahrscheinlichkeit und AusmaB einer Wiederholung der Kaltphase sHindig zurUckmiddot gehen

72 Ubergang zu einer Eiszeit

Keine Frage wird dem KJimatologen Ofter von Repormiddot tern gestellt als die nach der nachten Eiszeit Umso merkmiddot wUrdiger ist die geringe Rolle die der mogliche obergang vom heutigen (interglazialen) zu einem glazialen Klima in der wissenschaftlichen Literatur spielt Das mag zwei Grtinde haben Geologen und andere an der Klimageschichmiddot te interessierte Wissenschaftler wagen sich nicht (mit einimiddot gem Recht) auf ein ihnen fremdes Feld und die meisten Meteorologen halten dieses Problem fUr ebenso unwissenmiddot schaftlich wie das der Sintflut Diese Einstellung ist aber heute nieht mehr gerechtfertigt nachdem in einer Reihe von Fallen einwandfrei abrupte Klimaiinderungen mit einer in humanen MaBstaben ganz kurzen Zeitmiddot skala nachgewiesen wurden die samtlich aus den Interglamiddot zialen oder den - hier nieht interessierenden - tJbermiddot gangsstadien zwischen Glazial und Interglazial stammen Einwandfreie Belege beruhen entweder auf Untersuchunmiddot gen an fossilen Mooren mit Jahresschichten (Varven)

fln Seen mit hoher Sedimentationsrate oder von Baummiddot ringen Aus Raumgrtinden ist es nieht moglich auf einzelmiddot

ne Befunde einzugehen (FLOHN 1974 1978) Einer der besten stammt aus der Liineburger Heide (H MOLLER 1974 1978) wo vor tiber 300 000 Jahren ein Wald der einem etwas warmeren Klima als heute entsprach binnen 30 Jahren () verschwand urn nach einer Pause - die Zeit reicht nicht aus urn eine arktische Tundra hervorzubrinmiddot gen durch subarktischen Birkenwald ersetzt zu werden darauf folgte in 300-400 Jahren eine Sequenz von Waldo typen wie man sie heute auf einer Bahnfahrt von Narvik (68deg N) nach Siidschweden sehen kann Dauert die Reakmiddot tion eines Waldes auf eine Klimaanderung sieher Jahrzehnte oder Jahrhunderte so gibt es schnell ere Indikatoren In Mittelengland wurde nach Ende der letzten Eiszeit eine subarktische Kaferfauna in etwa 50 Jahren durch eine warmmiddotgemaBigte Fauna ersetzt aquivalent einer Erhohung der JulimiddotTemperatur urn 8-9degC (COOPE 1977)

Das sind nur zwei niichterne Befunde gewonnen mit neumiddot zeitlichen Arbeitsmethoden die in ihrer Gesamtheit nicht

~ehr anzweifelbar sind die wenigen Klimahistoriker memiddot teorologischer Herkunft haben sich inzwischen von der Bedeutung dieser Zeit skala abrupter KJimaanderungen laquo 100 Jahre) tiberzeugen lassen Mogliche U rsachen fUr die (haufigeren) rapiden Abklihlungen sind schon in den Abschnitten 2 und 7 erortert worden fUr Erwarmungen stehen sie noch aus In jtingster Zeit ist auch kIar geworden daB solche Ereignisse sieh nicht notwendig synchron aus wirken sondern wegen der nur allmahlichen Verlage rung barokliner Frontalzonen im Ozean oder dem regional verschieden raschen Ablauf der kontinentalen Vereisunshygen - diachron dh mit erheblichen Zeitunterschieden in der Horizontalen Das bedeutet auch eine Grenze fUr die Vorstellung eines fast-intransitiven Klimas im Sinne von ELORENZ

Nehmen wir die Moglichkeit einer abrupten Abklihlung dieser Zeitskala als gegeben an wie und wo konnte sie sieh abspielen Zweifellos kann eine kontinentale Gletshyscherbildung nur mit einem wiederholten Uberdauern

der Winterschneedecke tiber den Sommer hin beginnen in den kritischen Gebieten der Subarktis - so die 750000 km2 groBe Baffin-Insel mit ihren Hochplateaus Labrador auch Lappland und die norwegischen Gebirge - schmilzt auch heute die meterdicke Schneedecke erst Anfang oder Mitte Juni endgilltig ab urn sieh Ende August oder im Sepshytember neu zu bilden Hierzu gemigt in Baffinland ein Absinken der Sommertemperaturen urn nur etwa 2dege wahrend in den anderen Gebieten 4-6degC notwendig wamiddot ren oder zugleieh eine massive Zunahme der Schneenieshyderschlage Die kritische Stellung Baffinlands erhellt auch daraus daB in der kIeinen Eiszeit - nach Ausweis von FlechtenUntersuchungen die heute insgesamt 37 000 km 2 einnehmenden Plateau-Eisfelder sich auf 140000 km2 vergroBert hatten (IVES) entsprechende Untersumiddot chungen in Fennoskandien stehen noch aus

Eine Modelluntersuchung (ANDREWS - MAHAFFY) ftir Baffinland hat in zwei Experimenten gezeigt wie sich eine urn einen Faktor 3 erhohte Sehneebilanz in einer langsashymen Zunahme von Flache und Volumen einer Eisdecke auswirkt langsamer als die Beobachtungen des eusta tishyschen Sinkens des Meeresspiegels in den interglazialen Kaltmiddot phasen anzeigen Aber in diesem Modell ist die machtvolle Rtickkopplung zwischen Schneedecke Albedo und Tempeshyratur nieht voll und zu spat in Reehnung gestellt worden Jedenfalls ist es hochst unwahrscheinlich daB in den nachsten 100 Jahren nachdem zuerst eine Kaltphase im obigen Sinne eintrat dieser ProzeB sich tiber die unmittdshybare Umgebung hinaus weltweit auswirken konnte Hiermiddot gegen sprechen aueh die langperiodischen Effektr der Erdmiddot bahneIemente deren nachstes Minimum (kiihle Sommer in der Arktis kalte Winter zugleieh in der Antarktis) erst in rund 10 000 Jahren fallig ist (BERGER)

Bei dieser Sachlage ist hOchstens - bei einer Kombination mehrerer ungtinstiger Voraussetzungen etwa dem Zusamshymentreffen mehrerer sehr schwerer Vulkaneruptionen von der Intensitat des Tambora (1815) oder wenigstens Krakatau (1883) innerhalb der jetzigen Phase relativ ausgedehnten polaren Treibeises vor Wirksamwerden der erwarteten anthropogenen Erwarmung mit einer abortiven Vershygletscherung zu rechnen die nieht zu einer vollen Eiszeit auswachsen wUrde In unserer humanen Zeitskala ware das aber schon schlimm genug Serien von Jahren mit sehr kaIten Wintern kiihlen und nassen Sommern schwere MiBshyernten in weiten Teilen der gemaBigten Zone zeitweise auch in den Tropen die sieher nieht ausgeglichen werden konnen durch Feuchtejahre in Teilgebieten von Nordafrika und dem Nahen Osten Die Wahrscheinlichkeit hierfUr ist aber gering - sie betragt nach verschiedenen Kriterien tibereinstimmend zwischen 01 und 1 Prozent in den nachshysten 100 Jahren AuBerdem waren fUr diesen Fall gezielmiddot te GegenmaBnahmen denkbar die hier nieht volig utopishyscher Natur sind

8 Wahrscheinlichkeit und Risiken die Rolle der Energieshypolitik

Die Wahrscheinlichkeit einer globalen Warm phase ist nach allem was wir wissen erheblich groBer als die einer Kaltshyphase Die Schwierigkeit bei der Abschatzung liegt darin daB Entscheidungen und Entwicklungen auf politischer sozialer und 6konomischer Ebene hier eingreifen konnen

19

die vorherzusagen nicht nur dem Meteorologen schwer fallt Wenn wir diese einmal versuchsweise vernachHissigen dann dUrfte in den nachsten 100 Jahren die Wahrscheinmiddot Iichkeit fur das Auftreten einer Kaltpflase vom Typ der kleinen Eiszeit nieht mehr als hochstens 20k betragen (und naeh etwa 2000) weiter abnehmen) FUr das Auftreshyten einer Warmpllase im Sinne der Beispiele in den Abmiddot sdmitten 61 und 62 mUssen wir aber hohere WahrscheinshyIichkeiten ansetzen wenn auch erst nach der Jahrhundertmiddot wende danach steigen sie das ist die in vielen Diskusmiddot sionen erworbene Oberzeugung des Verfassers unter den hier und in Abschnitt 5 gegebenen Voraussetzungen auf Uber 50 an

1st ill diesem Faile aber eine Entwieklung zu einem eismiddot freien arktischen Ozean (Absehnitt 64) mit ihren fast unshyvorstellbaren Konsequenzen fUr Wasserversorgung und Ernahrung noch vermeidbar Damit libersehreiten wir die Grenze des Fachwissens des Meteorologen der sich nur allmiddot zu getne in den akademisehen Elfenbeinturm zurlickziemiddot hen moehte Aber die Dinge sind zu wichtig eine Wende auf Grund politischer Entscheidung auf internationaler Ebene ist noch moglieh aber dann und nur dann wenn das Dogma von der Notwendigkeit standig zunehmenden wirtschaftliehen Wachstums das bei begrenzten Vorshyraten (Resourcen) mit den Naturgesetzen unvereinbar ist shyzugunsten einer besseren Einsicht aufgegeben wird (GRUHl) Ebenso ist eine Stabilisierung des Bevolkerungsshywaehstums nOlwendig - ohne einen hoheren Lebensstanmiddot dard in den Entwicklungslandern ist das unrealisierbar

Gleichzeitig mu~ aber die Energiepolitik sich frei machen von dec sinnlosen Verschwendung fossiler EnergiequeIIen die in 400 Ma durch biologische Prozesse aus der Sonnenmiddot energie aufgebaut und gespeichert wurden (s a Beitrag JUNGE) Ein Obergang zu erneuerbaren Energiequellen (Sonne Wind Gezeiten - auch die kaum erschopfbare Geothermik) ist moglich erfordert aber eine Kombination neuartiger (und kostspieliger) Technologien wie sie etwa am International Institut for Applied Systems Analysis in Laxenburg bei Wien von einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von W HAFELE (frtiher Karlsruhe) entwiekelt werden Aueh die Kernenergie mul1 in diesen Rahmenshyjedenfalls fUr eine Obergangszeit - einbezogen werden Das mit ihr verbundene Risiko ist auf jeden Fall geringer als das Risiko einer Verlagerung aller Klimazonen Da ein Obergang zu neuen Technologien sieher tiber 30 wahrshyscheinlieh 50 Jahre benotigt drangt die Zeit Neue Priorimiddot taten mlissen gesetzt werden Es geht urn das Wohl der naehsten Generationen

Literaturauswahl

ANDREWS T1 MAHAFFY MAW Quaternary Research 6 (1976) S 167-183

AUGUSTSSON T RAMANATHAN V J atmos Sci 34(1977) S 448-451

BERGER AL Quaternary Research 9 (1978) S 139~-167

BJERKNES J Monthly Weather Review 97 (1969) S 163-172

BROWNLR Worldwatch Papers Washington DC 8 (I 976)

BRYSON RA MURRAY Th1 Climates of Hunger MadisonWis 1977

o

BUDD WF J Glaciol 14 (1975) S 3-21

BUDYKO MJ TeHus 21 (1969) S 611-619 29 (1977) S 193-204

CESS RD J atmos Sci 33 (1976) S 1831-1843

CHARNEY JG Quart J Roy Meteorol Soc 101 (1975) S 193-202

COOPEGR Phios Transact Roy Soc London 280 (1977) S 313 shy340

DANSGAARD W et al Quaternary Research 2 (1972) S 396-398

DOBERITZ R Ber d Deutschen Wetterd 112 (1968)

EDDYJA Science 192 (1976) S 1189-1202 198 (1977) S 824 829

FINK J KUKLA GJ Quaternary Research 7 (1977) S 363-37 L ~

FLOHN H III Bonner Meteorol Abhandl 15 (1971) 21 (1975) Quaternary ReseJrch 4 (1974) S 385-404 in print (1978)

FRENZEL B Die Klimaschwankungen des Eiszeitalters Braunschweig~ 1967 ErdwissForschungen 1(1968)

FRITTS HC Tree Rings and Climate London New York 1976

GABRIELB Berliner Geoge Abh 27 (1977)

GATES WL J atmos Sci 33 (1976) S 1844-1873

GRUHLH Ein Planet wird geplUndert Frankfurt aM 1978

HAFELE W SASSIN W Ann Rev Energy 2 (1977) S 1-30

HAHN J JUNGE ChL Z f Naturforsch 32a (1977) S 190-214

HASSELMANN K u Mitarb TeHus 28 (1976) S 473-485 29 (1977) S 289-305 385-392

HAYS JD IMBRIE J SHACKLETON N Science 194 (1976) S 1121-1132

HELBIGM Diplomarbeit Univ Bonn (1976)

HSO K et al Nature 242 (1973) S 240-244 267 (1977) S 399-403 Naturwissensch61 (1974)S137-142

HUGHES T Rev Geophys and Space Phys 13 (1975) S 502-526 15 (I977) S 1-46

HUMMEL J RECK RA General Motors Res Lab Publ 2607 (1978)

HUNT BG Monthly Weather Review 105 (1977) S 247-260

IVES JD et al Naturwissensch 62 (1975) S 118-125

KELLOGG WW WMOmiddotBull 26 (1977) S 229-240 27 (1978) S 3-10

KENNETTJP J geophys Res 82 (1977) S 3843-3860

KONDRATIEV G Ya NIKOLSKY GA Quart J Roy Meteorol Soc 96 (1970) S 509-522

l

KORFF HC FLOHN H Ann Meteorol N F 4 (1969) S 163-164

LAMBHH Climate Present Past and Future Vol I (1972) Vo Il (I 977) London Methuen

LORENZE J appl Meteorol 9 (1970) S 325-329

MAGEDEFRAU K Palaobiologie der Pflanzen 4 Aufl Stuttgart 1968

MANABE S BRYAN K Monthly Weather Review 97 (1969) S 739-827 J phys Oceanogr 5 (1975) S 3-29

MANABE S WETHERALD RT atmos Sci 24 (1967) S 241 ~-259 32 ( 1975) S 3-15

MASON BJ Promet 7 (1977) H 4 S 1-26

MASS Cl SCHNEIDER StH J atmos Sci 34 (1977) S 1995-2004

MAYKUT GA UNTERSTEINER N Jgeophys Res 76 (1971)S 1550-1575

MOLLERH Geologisches Jahrbuch 83 (1965) S 327-352 A 21 (1974) S 107-140 im Druck (1978)

NAMIAS J Short Period Climatic Variations 1934-1974 2 Vol F-- Univ of California 1975

NEWELL R et al Pure and appl Geophysics 116 (1978) S 351-371

NICHOLSON Sh Ph D Thesis Departm Meteor Univ Wisconsin (1976)

OLIVER RC J appl Meteorol 15 (1976) S 933--950

PACHUR HJ Die Erde 106 (1975) S 21-46

PATZELT G Coil Internal CN RS No 219 (1973) S 51-59

PFISTER Chr Beiheft 2 Jb Geogr Ges Bern (1975)

POLLOCK JP et al Jgeophys Res 81 (1976)S 1071 1083

RODEWALD M Dt Hydrogr Z 20 (1967) S 269 25 (1972) S 97-117

ROGNONP Rev Geogr Phys Geol Dynam 18 (1976) S 251-282

ROWNTREE PR Quart J Roy Meteorol Soc 98 (1972) S 290-321

RUDLOFF H v Die Schwankungen und Pendelungen des Klimas in Eushyropa Braunschweig 1967

SCHWARZBACH M Das Klima der Vorzeit 3 Aufl Stuttgart 1974

SHACKLETON NJ OPDYKE ND Quaternary Research 3 ( 1973) S 39-55

STROBING K Der Seewart 35 (1974) S 1-1436 (1975) S 28-29

TREMPEL U Diplomarbeit Univ Bonn (1978)

VOWINCKEL E ORVIG S World Survey of Climatology 14 (1970) S 129-252

WANG WC et al Science 194 (1976) S 685-690

WETHERALD RT MANABE S Monthly Weather Review 100 (1972) S 42-59 J atshymos Sci 32 (1975) S 2044-2059

YAMAMOTO R J Meteor Soc Japan 53 (1975) S 482-486

21

Page 7: :SBWU>t S9J9SUn ijun>tnz 9!a 9W91qOJd pun U9l>tB,:j · 2 Wechselwirkungen im klimatischen System . 2.1 Die Rolle des polaren Treibeises 2.2 Das El Nino-Phanomen . 2.3 Kontinentale

- --

kind weil es an der Ktiste Perus meist urn Weihnachten beshyginnt es kann dann mehrere Monate bis zu einem Jahr hin anhalten Zunachst handelt es sich nur urn das vortibergeshyhende Ausfallen der kilstennahen Aufquellphlinomene das wie auch an den Kilsten Kaliforniens und Nordwestshyafrikas regeImaBig im Sommer auftritt ahnlich an der Somalikilste und im Stidosten Arabiens Auf der Stidhalbshykugel reicht in Stidamerika und Stidwestafrika das KtistenshyAufquellen yom Wendekreis bis annahernd zum Aquashytor hier aber im Stidsommer mit mehr oder minder haushyfigen StOrungen die yom Aquator ausgehen und in manshychen Jahren nur bis 5_7deg Stidbreite reichen in extremen Jahren aber bis 15-18deg Breite Dabei verschwindet das kalte nahrstoffreiche Ktistenwasser mit seinem Fischreichshytum tiberdeckt von warmem fischarmem Wasser aquatoshyrialer Herkunft dieses El-Niiio-Phanomen hat 1972 den Fischfang Perus - der fOOrenden Nation auf diesem Geshybiet auf 10 reduziert und tritt in ahnlicher Form auch gelegentlich an den Kilsten von Angola-Zaire-Gabun auf In der Atmosphare fOOrt das anstelle der yom Kal twasser erzeugten Stabilitat der Schichtung zu instabiler Tropikshyluft die in der Ktistenwilste schwere Schauer und Hochshywasser hervorruft wobei die Temperaturen yon 20-22degC auf 26degC ansteigen

Die Ursache liegt in ganz groBraumigen Vorgangen nicht in der Antarktis wie falschlich angenommen Vielshymehr tritt das gleiche Phanomen auch in einem Streifen langs des Aquators auf geringfUgig nach S verschoben hier liegt normalerweise eine Zunge ka1ten Aufquellwasshysers die sich von der Ecuadorkilste her tiber die Galapagos (mit ihren Pinguinen) tiber den groBten Teil des Pazifiks bis tiber die Datumsgrenze (I800 W) hinaus mehr als i 2000 km bis nach der Phosphatinsel Nauru erstreckt Das ist die trockene Aquatorzone der klassischen KIishymatologie (SCHOTT 1938) normalerweise flihrt hier aquatoriales Aufquellen zu Stabilitat und Ariditat umso mehr je starker die tropischen Ostwinde beiderseits des Aquators wehen je starker also die tropischen HadleyshyZellen der Atmosphare ausgepragt sind Als Folge der Reibungskrafte entsteht beiderseits des Aquators im Ozean eine Oberflachenstromung die auf jeder Halbkugel polwarts gerichtet ist und divergiert sodaB das kOOle Tiefenwasser aufquellen muB Abbildung 5 zeigt hier in diesem Gebiet den Normalfall bei dem schon stidlich des Aquators die (im Mittel tiber die ganze Reibungs-Schicht urn 90deg abo weichende) Ekman-Drift eine Divergenz hervorruft Hauptshyursache ist der Vorzeichenwechsel der Coriolisbeschleushynigung am Aquator Schwacht sich nun diese tropische Oststromung ab so entstehen - das haben neuere Modelmiddot Ie gezeigt - Keivinwellen die zu einer Umkehr der Ekshyman-Drift und zur Konvergenz des warmen Oberflachenmiddot wassers am Aquator fOOren Auch hier kommt es bei norshymalen tropischen Wassertemperaturen (26-27degC) jetzt zu kraftigen haufigen Regenfallen nicht selten zu ausgeshydehnten Cumulonimbusherden mit mehreren 100 km Durehmesser (Hmesosealar clusters) in Nauru ist der typische Monatsniedersehlag bei dieser Situation 300 shy800 mm bei aufquellendem Kaltwasser dagegen i 0-15 mm in den Galapagos (ca 90

0 W) ist der Unterschied

noeh sHirker DOBERITZ hat gezeigt wie dieseAnomalien gleichzeitig tiber der ganzen Aquatorzone des Pazifiks aufmiddot treten weitere Arbeiten haben ihre Ausdehnung tangs der WestkUste Amerikas zugleich nach Peru und Siidkalishyfomien hin nachgewiesen

6

Equatorial Flow Patterns and Upwell ing

oJ b) 4

N gt- -- - CONY

omiddot 81 BI~ omiddot S ~ -- ~ OIV

N omiddot s N 0- S

w+- C w -+ W +- IC C-+W t l It t

Wind- Ekman - Drift (Ocean) Thermocline

Abb 5 Divergenz der ozeanischen Ekman-Drift am Aquator (a symmetrischer Fall b = asymmeshytrischer Fall) nach J BJERKNES und FLOHN

Untersuchungen von J BJERKNES und Modellrechnungen von ROWNTREE haben die groBraumige Auswirkung dieser Anomalien nachgewiesen die Ursache liegt in den enormen Schwankungen des Warmehaushalts tiber Flachea von 6 x 110 Meridiangrad -81 Mill km2 bull Neuere Detaf9 Untersuchungen (TREMPEL) zeigten einen Rilckgang der Verdunstung in der AufquelIzone stidIich der Galapagos auf 30 cma () gegentiber rund 120 cma auf beiden Flanken der Strom fiihlbarer Warme kehrt sich (wie beim Oaseneffekt auf Land) urn und fOOrt (geringe) Energiebeshytrage dem Meer zu das den groampren Teil der im wolkenshyfreien Raum ungehinderten Einstrahlung zur Erwarmung des mit ca 50 cmd aufquellenden Tiefenwassers benotigt Die Umkehr dieses Mechanismus bedeutet allein bei der Verdunstung der tropischen Ozeane eine Anderung um 5 ftir aIle Ozeane allerdings nur 2 ein regionaler Efmiddot fekt erscheint ziemlich wahrscheinlich Neueste Untershysuchungen (NEWELL) machen es wahrscheinlich daB auch die Aufnahme von CO2 durch den Ozean durch den plotzlichen Dbergang von nahrstoffreichem CO2 middotgesattigmiddot ten Tiefenwasser zu nahrstoffarmem Warmwasser sich flachenhaft urn einige Prozent andert das mag eine der Ursachen ftir die Variabilitat der atmospharischen Zunahme des C02 GehaIts sein (Abschn 42) 23 Kontinentale Eisschilde

Wahrend die Flache des arktischen Treibeises (s Abschn 21) zwischen etwa 8 und 12 Mill km2 schwankt besteht das antarktische Treibeis zu tiber 80 aus jahreszeitlichem Treibeis Beide Treibeisgebiete nehmen im lahresmittel mi t rund 23 Mill km2 nahezu 5 der Erdoberflache ein Dicke und Volumen sind aber minimal gegenUber den kontinental en Eisdomen von Gronland und Antarkshytika mit einer Flache von knapp 2 bzw 13 Mill km2

und einer mittleren Eisdicke von i 200 bzw 2200 m Wahshyrend das gronlandische Inlandeis in einer groBen Gebirgsshyschilssel Iiegt und seinen MassentiberschuB in vielen Gletshyscheff in Form zahlreicher einzelner Eisberge abgibt ruht das antarktische Eis tiberwiegend auf einem festen Felsshysockel oberhalb des Meeresspiegels sein AbfluB geschieht tiber riesige Schelfeise in Form ausgedehnter Tafeleisberge Jedoch liegt ein Tei - die sogenannte Westantarktis die sich von der antarktischen Halbinsel siidlich Sildamerika

zum Pazifik erstreckt - Uberwiegend auf einem Felssockel unter dem Meeresspiegel Neuere Untersuchungen (HUGHES) haben ergeben daiJ dieser Sektor schon mehrshyfach aufgeschwommen und dann abgeschmolzen ist mit einem weltweiten Anstieg des Meeresspiegels urn 5-7 m das sind die in Fachkreisen neuerdings viel erorterten antarktischen Ausbrtiche (surges) die - in Analogie zu den in Alaska und in anderen Gebieten beobachteten rapiden GletschervorstoiJen rasch ablaufen konnen Ein mathematisches Modell dieser AusbrUche hat BUDD (Melshybourne) entwickelt offenbar handelt es sichjedoch urn sehr seltene Ereignisse (zuletzt vor ca 115 000 Jahren im letzshyten Interglazial) tiber deren Zeitskala und Ablauf noch sehr wenig bekannt ist

Die mogliche Bedeutung eines solchen Ereignisses liegt in dem Ansteigen des Meeresspiegels eine detaillierte Unshytersuchung (auch in dem bisher fast unzuganglichen Beshyreich des Weddellmeeres) ist dringend erwiinscht auch wenn das derzeitige Eisprofil im untersuchten Gebiet des Roill-Schelfs noch nicht den Gleichgewichtsstand ershyreicht hat Kleinere Vorgange dieser Art (wobei Eismasshysen von maximal 1-2 bull lOS km3 beteiligt sein mogen statt gt 106 km3 ) sind wahrscheinlich auch in der Nachshy

alszeit aufgetreten beim Kalben der Schelfeise entsteshyren riesige Tafeleisberge bis zur Gro~e Hollands oder

Belgiens In Gronland sind aile diese Vorgange von viel geringerem AusmaiJ

3 Narurliche Ursachen der Klimaschwankungen

31 Variabilitat der Sonnenstrahlung

Abgesehen von solchen im internen klimatischen Regiershysystem begriindeten kurzfristigen Schwankungen werden immer wieder auampre (externe) Faktoren als Ursache von klimatischen Schwankungen bezeichnet Zuerst miissen wir die Frage aufwerfen ist unsere primare EnergiequeUe die Sonnen-Strahlung wirklich konstant oder fUhrt der Beshygriff der Solarkonstanten in die Irre Diese Frage ist zZ leider noch vollig offen wir verfUgen tiber keine einwandfreien Messungen zu ihrer Entscheidung (MASON) Messungen von hochfliegenden Ballonen in 23 30 km Hoshyhe die KONDRATIEV wahrend 6 Jahren in der Sowjetshy

rIlion durchftihrte konnen auch in dieser Hohe noch von r ~ratospharischem Staub vulkanischer Herkunft beeinflu~t

worden sein indirekte Belege wie sie durch Beobachtung der Albedo anderer Planeten (so Uranus) gewonnen wershyden konnen sind etwas unsicher An der AusrUstung von Satelliten mit hochempfindlichen vom Boden her kontrolshylierbaren MeMiihlern (mit einer tiber Jahre festzuhaltenshyden Me~genauigkeit von 1 Promille) wird intensiv gearbeishytet Neue Daten tiber das nahezu vollige Fehlen von Sonnenshyflecken in der Zeitspanne 1645 - 1710 und tiber Schwanshykungen der Rotationsdauer der Sonne in dieser Zeit (EDDY) scheinen doch entgegen dem Votum der Mehrzahl der Astronomen - fUr eine hOhere Variabilitat der Sonne zu sprechen Da~ eine Anderung von nur 1-2 Prozent bereits erhebliche Auswirkungen auf das Klima haben kann ergibt sich aus Rechnungen mit einfachen (BUDYKO) oder fortgeschrittenen Klimamodellen die jedenfalls die Dynamik der Atmosphare und den Wassershykreislauf in Rechnung stellen (WETHERALD und MAshyNABE)

Die Rolle der solaren Aktivitat ist inzwischen wieder akshytuell geworden aber sicher handelt es sich nicht urn einshyfache zyklische Vorgange wenn auch fUr eine etwa 23jahrishyge Peri ode mehr Belegmaterial existiert als fUr die klassische I1-Jahresperiode Aber der Anteil an der gesamten Varianz ist im allgemeinen gering und unerklarliche Phasensprtinge (MASON) untersti1tzen nur die weitverbreitete Skepsis gegentiber der Ntitzlichkeit flir praktische Zwecke Auch sorgfaltige empirische Studien (OLIVER MASS und SCHNEIDER) konnten keinen Beweis flir ihre Rolle im Klimageschehen Hefem (s a Abschn 1)

32 Vulkaneruptionen

Sicher belegt ist dagegen durch neue statistische Untersumiddot chungen (YAMAMOTO MASS und SCHNEIDER) und Modelle (HUNT POLLOCK) die globale Wirkung von groiJen Vulkanausbruchen deren Exhalationen in die Stratosphare gelangen und in Hohen zwischen 20 und 50 km Partikel bilden die die sHindig vorhandene JUNGEshySchicht urn einen Faktor 10 100 verstarken und farbenshyprach tige Dammerungserscheinungen hervorrufen Diese stratosphiirischen Staubwolken (zuletzt nach AusbrUchen des Agungmiddot auf Bali 1963 und des Fuego in Guatemala 1974 auch in Mitteleuropa sichtbar) absorbieren einen Tell der Sonnenstrahlung und streuen einen anderen TeB zushyruck in den Weltraum hierdurch kommt es im Mittel tiber die ganze Erde zu einer AbkUhlung urn bis 1-15degCdie allerdings selten mehr als 1-2 Jahre hindurch anhalt Sie tiberlagert sich den wesentlich starkeren Temperaturandeshyrungen die standig advektiv durch den Transport von Warmluft oder Kaltluft entstehen und tiber Monate hinweg ziemlich ortsfest sein konnen derartigen Transportvorshygangen verdanken wir in Westeuropa jetzt eine ~ehr auenishylige Foige von 7-8 zu mild en Wintern im Gegensatz zu extrem kalten Winterabschnitten in Nordamerika (Januar 1977 zT der kalteste dieses Jahrhunderts) oder Ostshyeuropa Die Haufigkeit gro~er VulkanausbrUche die vor allem LAMB fUr die Zeit seit 1500 untersucht hat schwankt sehr stark wahrend in einzelnen Zeitabschnitten (so urn 1690 oder 1815-1835) viele grofiJe Ausbrtiche in den verschieshydensten Gegenden der Erde sich haufen gibt es auch lanshygere Zeitraume (so 1912-1948) in denen sie ganz fehlen oder doch nur vereinzel t auftreten Seit etwa 1955 leben wir in einem Abschnitt wiederauflebender aber nur masshysiger Vulkantatigkeit Aber die auffallige Haufung sehr schwerer Erdbeben in den letzten Jahren laBt erkennen dafiJ auch mit schweren Vulkanausbrtichen jederzeit geshyrechnet werden mu~ Denn diese beiden Ereignisse sind wie wir heute sicher wissen kollektiv miteinander gekopshypelt es sind die langsamen Dritbewegungen der grofSen tektonischen Platten die einerseits im Bereich der gro~en meist ozeanischen Ri~-Zonen Vulkanausbrtiche auslosen andererseits unter die grofiJen Kontinentalschollen untershytauchen und dabei schwere Erdbeben mit tiefsitzendem Herd auslosen Ein direkt sichtbarer Tei des grofben atlanmiddot tischen Spaltensystems zieht quer durch Island in diesem Bereich traten in den letzten Jahren mehrfach Vulkanausmiddot brtiche (Surtsey Heimaey Kraftla) auf 1m Bereich des letzteren kam es am Myvatn-See in N-Island im April 1977 zu einem Aufrei~en von zwei parallelen Spalten mit einer Zerrung des Gelandes von 2 m auf 1 km mit anhaltenden Dampfexhalationen die ein fast vollendetes geotherrnisches Kraftwerk auBer Funktion setzten

7

1649

h i~v4lWv

Das episodische diskontinuierliche Auftreten vulkanischer Ereignisse gilt nicht nur fUr die (hier unmittelbar interessiemiddot rende) Zeitskala 101

- 102 Jahre sondern auch in der Zeitskala 103 104 Jahre ja sogar wie aus den Ergebshynissen des Deep Sea Drilling Programms hervorgeht im Bereich 106 107 Jahre

Die Klimageschichte lehrt uns wie groBe Vulkanausbrliche g10baJe Abkiihlungen fiir 1-3 Jahre auslbsen die natiirlich in einigen Gebieten durch advektive Erwarmung iiberlagert werden kbnnen Der starkste noch gut belegte Fall dieser Art ereignete sich nach dem grbBten historischen Ausshybruch des Tambora auf Sumbawa im Friihjahr 1815 die Sommer 1816 und 1817 waren in Europa Japan und Nordmiddot amerika ungewbhnlich kiihl zT feucht und von schwemiddot ren MiBernten begleitet die im Rheinland (mi t seinen durch Erbteilung zersplitterten Bauernhbfen) eine erste Welle von Auswanderungen nach Amerika einleiteten Die Getreimiddot depreise Mitteleuropas erreichten ihr absolutes Maximum vor 1950 ~Abb 6 und in den Vereinigten Staaten war 1816 das Jahrohne Sommer

4 Anthropogene Vrsachen die Rolle der Eingriffe des Menschen

41 Energiezufuhr und Luftverschmutzung

GegenUber der iiberragenden Rolle der Sonnenstrahlung (lie an der Obergrenze der Erdatmosphare rund 340 Watt auf jeden m2 der rotierenden Erde abgibt - und ihren Umsetzungen innerhalb der Atmosphare die als Strahlungsshybilanz oder Nettostrahlung an der Erdoberflache im Mitmiddot tel noch rund 100Wm2 liefern ist der Anteil der direkten Energiezufuhr als primarer Beitrag des Menschen mit 0015 Wm2 verschwindend gering hbchstens vergleieh bar mit dem geothermischen Warmestrom aus dem Erdmiddot innern (006 Wm2) oder dem Anteil der photosynthetimiddot schen Prozesse in der Biosphare (02 Wm2

) Diese g10balen

100

80

60

40

20

ROGGENPRE ISmiddot INDEX 16167

(19501001

1805 1771 1655

1847

~ 1622

1795

17621740 18311693 III 1634 bull 1~626 1699

17891712

Ii

middot

Mittelwerte geben jedoch ein vbllig falsches Bild tatsachshylich ist der Energieverbrauch in den groBen Industriezenmiddot tren konzentriert und erreieht dort lokal 10-50 Wm2

iiber Flachen von der Gro6enordnung 100 - 1000 km2 bull

Diese Energiezufuhr erzeugt die Warmeinseln der gro6en Stadte mit einer zusatzlichen thermischen Zirkulation und einer statistisch gesieherten Haufung konvektiver Starkregen

Auf der anderen Seite ist der Wirkungsgrad der Sonnenmiddot energie in der Erdatmosphare mit 07 sehr gering dh der Energieumsatz im klimatischen System die Erzeugung verfiigbarer potentieller Energie und die Vernichtung kinetischer Energie liegt auch nur bel 24 Wm2 Da Enermiddot gie ja nicht verbraucht sondern nur umgewandelt werden kann dringen diese vergleiehenden Oberlegungen nicht in die Tiefe des Problems das hier nur angedeutet wermiddot den kann hierzu benbtigen wir Grundbegriffe der heutimiddot gen Thermodynamik Nach ihrem zweiten Hauptsatz kann die Entropie (das Integral iiber aile Zufuhren und Abgaben von Warme im VerhaItnis zur Temperatur) nur zunehmen Umgekehrt nieht Energie sondern negative Entropie (Negentropie) wird verbraucht das bedeutet zugleich einen Verbrauch von Information (im abstrakshyten Sinne des Wortes) Von solchen OberJegungen gehen einige neuere Klimamodelle aus (PALTRIDGE FORTAK)

Die regionale Verteilung dieser anthropogenen Energiezushyfuhr pro Kopf der Bevblkerung ist interessant genug bei allen Industriestaaten Europas (einschlieBlich DDR und Tschechoslowakei) etwa 5-6 KW pro Kopf in USA und Kanada 11-12 KW in Afrika und Stidamerika 04 KW im g10baIen Mittel rund 2 KW Die letzten Zahlen sind sieher zu gering da der Verbrauch an Feuerholz in den Entwicklungslandern statistisch kaum erfa6bar ist wenn dieser sieh auf etwa 15 Tonnen pro Kopf und Jahr bemiddot lauft dann entspricht das weiteren 07 KWKopf oder flir etwa 28 Milliarden weiteren rund 2 TW (TW =Teramiddot watt = 1012 W)

01500 20 40 60 80 1600 20 40 60 80 1700 20 40 60 80 1800 20 40 60 80 1900

Abb 6 Roggenpreisindex 1500 1860 Mittel aus 5 deutschen Stiidten nach PHILIPPI

8

Seit 100 Jahren ist der Energieverbrauch urn einen Fakshytor von mehr als 30 gestiegen eine Angleichung der LeshybenshaJtung der Entwicklungslander ist zwangsHiufig notshywendig selbst wenn in den lndustrielandern die Wachsshytumsraten abnehmen werden Nachdem der derzeitige Weltverbrauch 8+2 TW betragt mu~ - bei einer (hofshyfentlich eintretenden) Stabilisierung der WeltbevOlkerung in der Nahe von 10 Milliarden im Laufe des 21 Jahrshyhunderts mit einem Ansteigen auf 35-50 TW (nASA) entsprechend 35-5 KWKopf gerechnet werden

In diesem Zusammenhang ist ein kurzer Blick auf die Beshyvdlkerungsentwicklung notwendig bei der jetzt erstmals Anzeichen einer Trend-Umkehr deutlich werden (Zahlen zusammengefa~t nach LR BROWN 1976)

Weltbevolkerung und Wachstumsrate

Bevolkerung (106 ) Zunahme pro Jahr ()

1970 1975 1970 1975

Nordamerika 226 236 090 060 West-Europa 333 343 056 032

Ost-Europa 368 384 084 086

Ost-Asien 941 1005 185 118 Stidasien Nahost 1123 1263 257 225 Afrika Stidamerika 588 672 269 268

Gesamte Erde 3594 3920 190 164

Diese ZaWen sind au~rst wichtig ftir aile Vberlegungen tiber ein kiinftiges Energiesystem das wahrend der bereits beginnenden Erschopfung der 61- und Erdgasreserven der Erde das heutige ablosen kann auf diese un sere wirtschaftshyHche Zukunft entscheidende Frage kann bier nicht naher eingegangen werden JedenfaJls ist der Energieverbrauch an sich nur in 10kaJem Ma~stab klimagenetisch wirksam

bei einer kiinftig wohl notwendigen Konzentration von Kraftwerken spielt diese Umweltvertraglichkeit eine wesentliche Rolle

Die Luftverschmutzung - hier zunachst die Emission von Aerosolpartikeln in die unteren Schichten (l 3 km) shy

~ist in ihrer klimagenetischen Wirkung oft ilberbewertet rworden Die hervorragenden Aufnahmen des Landsatshy

Satelliten mit einer raumHchen Auflosung bis herab zu 80 m (aus 960 km Hohe) zeigen da~ eine wirksame Trilshybung der Atmosphilre durch Industriezentren Gro~stadte oder Waldbrilnde tiber Entfernungen von einigen 100 km hervorgerufen wird Ober den Trockengebieten der Erde wird mineraHscher Staub durch Wind hoch aufgewirbelt eine Folge der seit Jahrtausenden betriebenen Zerstorung der Vegetation Diese Staubschleier sieht man im Satellishytenbild von der Sahara aus quer tiber den Atlantik bis in die Karibik ziehen Die KIimawirkung dieser Aerosolparshytikel ist komplex grobere Teilchen (gt 10 11m) absorbieshyren hauptsilchlich die langwellige Ausstrahiung der Erde erhohen die Gegenstrahlung der Atmosphilre und erwarshymen so die unteren Schichten fallen aber relativ rasch aus Feine Teilchen laquo 2 11m) absorbieren mehr die Sonnenstrahshylung mit ahnlicher Wirkung - gleichzeitig streuen sie aber auch gemaB den Gesetzen der Mie-Streuung einen kleinen Teil der Sonnenstrahlung zurtick in den

Weltraum die so dem Erdboden verloren geht Das Vershyhilltnis AbsorptionRtickstreuung hangt zT von der Zusammensetzung der Partikel ab das Rilckstrahlungsshyvermogen (Albedo) der Erdoberflilche spielt eine erhehshyliche Rolle 1m ganzen tiberwiegt aber doch offenbar der Erwarmungseffekt das zeigt sich besonders im Bereich der Staubdome der Gro~stadte in deren Bereich zu jeder Tages- und J ahreszeit die Temperatur hoher liegt als in der Umgebung das gleiche gilt ftir staubreiche Wilstenshygebiete wie in Pakistan_

Inzwischen scheinen die gesetzlichen MaBnahmen gegen die Luftverschmutzung wenigstens bei dem groberen Aeroso) ihre Wirkung nicht verfehlt zu haben in London haben sich die Nebel- und Sichtbedingungen seit dem Clean Air Act deutlich verbessert in den USA ist die Staubbelastung in den GroBstadten zurtickgegangen auf dem Lande allerdings leicht angestiegen Auch in Deutschshyland und Japan haben sich die Verhaltnisse in den schlimmshysten Fallen (Mannheim-Ludwigshafen Tokyo) offensichtshyIich gebessert jedenfalls ist der S02 middotGehalt etwas abgeshysunken

Wesentlich ftir die Beurteilung ist der Zeitfaktor Die Zumiddot fuhr ftihlbarer Wilrme (Enthalpie) wird schon in 24 - 48 Stunden durch erhohte Ausstrahlung wieder ausgeglichen Grobe Aerosolpartikel verbleiben im Mittel nur 2-3 Tage in den unteren Luftschichten feine Partikel in mittleren und hoheren Schichten einige Wochen bevor sie durch Wolken und Niederschlag wieder ausgeschieden werden 1m Rahmen des globalen Wasserhaushalts liegt die mittieshyre Verweilzeit eines Wasserdampfmolekills in der Atmosshyphilre dh die Zeitspanne zwischen Verdunstung und Niederschlag bei 9 Tagen Ganz anders liegen die Vershyhaltnisse bei den langlebigen Gasen so verbleibt Kohlendioshyxid im Mittel 6 Jahre in der Atmosphiire

42 Kohiendioxid und Spurengase

Kohlendioxid (C02) stellt heute einen Anteil von rund 330 ppm (10-6 Volumenteile) der Atmosphilre gegenilber 295 plusmn 5 ppm urn 1880 Der Anteil des Sauerstoffs (02 )

betragt in der gleichen Einheit 208100 dieses Reservoir kann also durch eine Zunahme des CO2 -Gehalts selbst urn einen Faktor 10 nicht nennenswert beeinfluBt wershyden Ober die komplexen Fragen des nattirlichen und vom Menschen gestorten Kohlenstoffkreislaufsystems sowie ilber die m6glichen klimatischen Auswirkungen einer weishyteren CO2-Zunahme berichtet in diesem Heft ausftihrlich C JUNGE (S 21 ff) hier mOgen wenige Bemerkungen ge ntigen Das Speichervermogen von Ozean und Biosphare wird oft tiberschatzt die Masse des Ozeans unterhalb der Thermokline bzw der Zwischenschicht in 400-600 m Tiefe nimmt nur sehr langsam an dem CO2 -Austausch teil und kann daher auch nur geringe Mengen speichern Eine Schiitzung der Food and Agricultural Organisation (FAO) ergibt einen Rtickgang des ilquatorialen Regenwaldes von urspriinglich 1592 auf 935106 km2 heute mit einer Rate von 11 0000 km2 (=112) pro Jahr (1) Die Zunahme der Photosynthese und damit der Netto-Produktivitilt der Willshyder kann nur einen Bruchteil dieser Verluste wettmachen

Die Verbrennung fossiler Brennstoffe (Kohle Erdol Erdshygas) liefert zur Zeit jahrlich rund 51 01 5 g CO2 von dem nach neuesten Daten 53 in der Atmosphilre verbleiben

9

ihr Gehalt steigt zur Zeit urn 1-2 ppm pro Jahr an wobei die Ursache der interannuellen Anderungen wahrscheinlich in der thermischen Veranderlichkeit des Ozeans in Aquatorshynahe zu suchen ist (s Abschn 22) Nach dem heutigen Stand der Diskussion (Marz 1978) wird dieser Antell der Atmosphare in den nachsten 3 - 4 lahrzehnten etwa konmiddot stant bleiben dartiber Wnaus ist eine Abschatzung schwierig

Die klimatische Bedeutung des CO2 liegt darin daB es im langwelligen Infrarot bei Wellenliingen zwischen 12 und 15 pm eine breite Absorptionsbande besitzt Es laBt also die Sonnenstrahlung ungehindert durch absorbiert aber die von Erdoberflache und Wolken abgegebene Warmestrahlung mit ihrem Maximum bei 10 pm Das ist der sogenannte Glashauseffekt dieser Begriff ist physikalisch etwas scWef wei ein Glasfenster nicht nur fur infrarote Strahshylung sondern auch fur den turbulenten Warmeaustausch undurchllissig ist (was erst die Warmespeicherung im Glasshyhaus erkUirt) aber er laBt sich wegen seiner Anschaulichshykeit kaum mehr ausrotten Die klimatische Folge einer Zunahme des CO2 -Gehalts ist eine Erwarmung der Troposshyphare die nach oben abnimmt und in der Stratosphare

Abb 7 Temperaturanderung bei Verdoppeung des CO2 shy

Gehaites Modell MANABE-WETHERALD 1975

degC bull degC C02 Concentration (ppm) and Temperature 14

0 0 l I

4 u

8

6

4

2 Model Augustsson-

Ramanathan 1977

10

8

6

4

- 0 l I

u

2

400 800 1200 1600 2000 2400 2800 3200ppm

Abb8 Temperaturanderung (au8er Po1argebiet) mit zushynehmendem CO~ -Gehalt Skala links mit konshystanter Hahe (CT A) rechts mit konstanter Temshyperatur (CTT) der Wolkenobergrenze Modell AUGUSTSSON-RAMANATHAN 1977

in eine Abktih1ung libergeht Zahlreiche immer weiter verfeinerte Modelle haben diesen Effekt bestiitigt altere mtissen wegen unrealistischer Annahmen ausgeschaltet werden Der Betrag der Erwiirmung hangt von der Zunahmiddot me des Wasserdampfgehaltes (dessen Absorptionsbanden zT die des CO2 tiberdecken) mit steigender Temperamiddot tur und von der (nicht genau bekannten) Wechselwirkung

mit der Bewolkung ab Aber die besten Modelle (MAshyNABE-WETHERALD 1975 AUGUSTSSON-RAMANAmiddot THAN 1977) die den Wasserdampfeffekt mit berticksichshytigen (Abb 78) geben tiber einstimmend fUr eine Verdopshypelung des CO2 -Gehaltes (von 300 auf 600 ppm) eine mittlere Erwiirmung in Bodennahe urn 2--3degC an die im Poshylargebiet (wenn man die Rtickkopplung zwischen Rtickstrahshylung (Albedo) Schneedecke und Temperatur in Rechshynung stellt) auf 7-10degC anwachst Diese Erwarmung ershyfolgt anfangs nahezu linear bei weiter steigendem CO2 -

Gehalt etwas langsamer aber selbst bei einer Zunahme urn den Faktor 10 tritt noch keine Sattigung auf die Ershywarmung betragt dann schon auBerhalb der Polargebiete 8-12degC Eine CO2 -Zunahme auf das 5-lOfache ist nicht unrealistisch bei unkontrolliert steigendem Gebrauch fossimiddot ler Brennstoffe insbesondere bei einem erzwungenem Verzicht auf Kernenergie konnen soIche Werte durchaus erreicht werden wie aIle Modellrechnungen aus neuester Zeit libereinstimmend ergeben

Die Situation die von den ftihrenden Energiefachleuten J der Welt sehr ernst genommen wird verscharft sich noch durch den Befund daB einige andere von Menschen promiddot duzierten Spurengase ebenfalls im Infrarot absorbieren und zwar ausgerechnet in dem noch durchlassigen Fenshyster zwischen 75 und 12 pm Zu diesen Spurengasen ~ zlih1t nicht nur das Ozon (03) - auf dieses (mE etwas tibershyschatzte) Problem kann Wer nicht naher eingegangen wershyden - sondern auch Distickstoffoxid (N 20) Methan (CH4 ) die Frigene (C Ch F2 und C ChF) Schwefeldioxid (S02) Ammoniak (NH3) ua die aile in steigendem AusmaB vom Menschen erzeugt werden Am wichtigsten erscheint das N2 0 (HAHN und JUNGE) aIs ein Endprodukt der stickstoftbaltigen Dtingemittel deren Produktion in den letzten 15 Jahren jahrlich urn tiber 10 zugenommen hat ihnen verdanken wir in der Hauptsache daB die Nahmiddot rungsmittelproduktion bisher noch mit der Bev6lkerungsshyzunahme Schritt halten konnte Die Frigene (Chlorofluorshymethane) sind die Treibstoffe der Aerosolsprtihdosen und werden auch in Ktih1schranken verwertet ihre Jahresshyproduktion nahert sich 106 Tonnen und ihre Verweilzeit in der Atmosphare liegt infolge ihIer chemischen Tragheit bei 30-70 Jahren In Schweden und Oregon sind sie inzwishyschen verboten weitere Lander dlirften folgen

Aile diese Gase addieren sich - da ihre schmalen Absorp-~ tionsbanden sich nicht tiberlagern (WANG 1976) - zumiddot dem Glashauseffekt des CO2 eine konservative () ScMtmiddot zung ergibt eine Verstarkung des CO2-Effektes urn 50 Der Verbrauch fossilel Brennstoffe nimmt sicher nicht mehr lange exponentiell zu da als Foige der beginnenden Erschopfung der ErdOl- und Erdgaslager die Preise steigen werden Bei begrenzten Vorraten ergibt sich eine Zunahme des Verbrauchs nach einer logistischen Funktion ist ein Vorrat F (hier gleich 100 gesetzt) begrenzt dann kann man annehmen daB der Verbrauch sich (mit wachsenshydem Preis) proportional zu dem noch vorhandenen Vorrat I-F andert (c Konstante)

1 dF = c(l-F)

F dt

Daraus ergibt sich die logistische Funktion

rl = 1 + exp [ c (t to 5) ]

10

mit dem Zeitpunkt tos in dem 50 von F aufgebraucht ist fhr Verlauf ahnelt einem in die Breite verzerrten S (Sigshymoid) und wir nahern uns offenbar rasch dem Wendeshypunkt

Da die Intensitat des Glashauseffektes in erster Linie von der Zunahme des CO2 -Gehaltes abhangen wird kann man diese mit der der erwahnten Spurengase kombinieren es ergibt sich ein virtueller CO 2 -Gehalt Dann kann die K1imawirkung in Abhangigkeit vom realen CO2 -Gehalt ausshygedrtickt werden das erlaubt eine Abschiitzung der repriishysentativen Temperaturzunahme (mit Ausnahme der Polarshygebiete) als Funktion des COrGehalts bzw der Zeit Zu den Voraussetzungen gehort daU die CO2 -Wachstumsrashyte unteT Einbeziehung der Entwicklungsllinder mit ihrem Nachholbedarf nicht rasch sinken kann und da~ keine anshydere Energiepolitik das CO2 -Risiko ganz ausschalten wird Unter diesen Voraussetzungen lli~t sich abschatzen da~ eine Temperaturzunahme urn 1 5degC (entsprechend der warmsten Periode der Nacheiszeit vor rund 6000 Jahren) schon zwishyschen 2005 und 2015 eine solche urn 25degC (entsprechend dem warmsten Abschnitt der letzten Zwischeneiszeit s Abschn 6) schon in etwa 50 Jahren erreicht werden kann Die kritische Phase bei der bel einer Erwarmung urn 4degC

m6glicherweise das arktische Treibeis wegschmelzen wird konnte trotz verlangsamter Wachstumsrate zwischen

2040 und 2075 dh in weniger als 100 Jahren eintreten Die entsprechenden Schwellenwerte des realen CO2 -Geshyhalts Jiegen flir eine Erwarmung urn 1 5degC (25deg4deg) bei rund 450 (550 750) ppm mit einer Fehlerbreite von plusmn 10 15

43 Die Albedo und das WiistenprobIem

Eine der wichtigsten Gr6Uen im Warmehaushalt der Erdshyoberflache ist die Albedo der Erdoberfliiche AE der Antellmiddot der reflektierten Strahlung an der einfallenden Globalstrahshylung G der Summe aus der direkten Sonnenstrahlung und der diffus gestreuten Strahlung des Himmels und der Wolken Hiertiber berichten in diesem Heft BAUMGARTshyNER KIRCHNER und MAYER (S 32 ft) Die mittlere Alshybedo der Erdoberflache liegt (nach einer besonders grtindlishychen Auswertung von Landsat-Aufuahmen in mehreren Spekshytralbereichen durch HUMMEL und RECK) bei 14 plusmn 05 Proshy

~ zent Aus einem der besten Strahlungsmodelle (MANABE und WETHERALD 1967) ergibt sich bei einer Zunahme

der mittleren Albedo von 1 eine Abnahme der Gleichshygewichtstemperatur urn 13degC Fast immer flihrt die Umshywand lung bzw Zerstorung der urspriinglichen Vegetation zu einer Zunahme der Albedo dies ist offenbar der einshyzige wichtige Eingriff des Menschen der zu einer Abkiihshylung flihren kann Diese Prozesse erfassen zwar riesige Flachen (landwirtschaftliche Nutzflache und Weideland zusammen 38 der Kontinente) aber sie vollziehen sich langsam schon seit def neolithischen Revolution vor 5-7000 Jahren heute beschleunigen sie sich mit der Bevolkerungszunahme

Eine entscheidende Rolle spielen die Vorgange die a1s Desertiikation bezeichnet werden ein passendes Wort in deutscher Sprache hierfLir mOOte erst neu gebildet werden Die Vegetationszerstorung an den Randern der Sahara ist in der Tat alarmierend die UN-Konferenz tiber Desertishyfication (Nairobi 1977) hat sie der WeltOffentlichkeit

klar vor Augen geflihrt Oberall in den Tropengebieten auch in den semiarid en und semihumiden Gebieten mit einer mehrmonatigen Regenzeit geht die Vegetation in den Weidegebieten rasch zurtick In den Liindern des Maghreb (Tunesien Algerien Marokko) in Lybien und im Sudan liegen verla~liche Schatzungen vor im Mittel rUckt die Wtiste urn 1 2 km jahrlich VOL Das bedeutet allein bei der Sahara in jedem Jahr eine Zunahme urn tiber 20000 km2 bull Dies ist keinesfalls die Foige einer Klimaiinshyderung - das konnte in Tunesien in Rajasthan im Sahelshygtirtel einwandfrei nachgewiesen werden Es ist vielmehr das Resultat der vom Menschen veranlaf3ten tiber Jahrtausende fortgesetzten Eingriffe in die natiirlichen Haushalte erst die Vernichtung der Gro~tierherden und der Raubtiere dann die Nutzung der nattirlichen Savannen und Graslander als Weideland flir Rinder Kamele Schafe und Ziegen dazu das jahrlich wiederholte Abbrennen des Grases shyso wurden die TrockenwaIder in Dornsavannen umgewanshydelt - zuletzt die Oberstockung der Graslander mit wachshysender Bev61kerungsdichte In den Liindem der Sahel zone ist die Zahl des Weideviehs in den Jahren 1949 - 68 auf das Sechsfache vermehrt worden hier treten Feucht- und Dtirrejahre meist in Gruppen auf und die Dtirre 1969 - 73 hat sieh 1977 wiederholt Die gro~e natiirliche Verandershylichkeit der Regenfalle von Jahr zu Jahr fUhrt immer wieshyder zu einer Vermehrung des Weideviehs tiber das 6kologishysche Gleichgewicht hinaus das damit nachhaltig gestort wird Hierzu kommt noch die Nutzung der letzten Baume und Straucher als Feuerholz (s Abschn 41) Da~ hierdurch selbst in semihumiden Gebirgslandern wie im Hindukusch oder in Nepal eine vollige Waldzerstorung in Gang kommt ergibt der Augenschein schon bei fltichtigem Besuch

Eine Modellrechnung von CHARNEY (1975) hat nun gezeigt da~ in dem Wtistengiirtel der Erde wegen der hohen Albedo der Erdoberflache der extraterrestrische Strahlungshaushalt negativ wird da~ dieses Defizit durch advektive Warmezufuhr und Absinken der Luft ersetzt werden mu~ und da~ die Zunahme der Albedo durch VeshygetationszerstOrung dieses Absinken nur noch verstarkt Das flihrt zu einem weiteren Rtickgang der Niederschlashyge und zu verstarkter Wtistenbildung Sicher handelt es sich hier urn einen schwachen erst in langen Zeitraumen und tiber gro~n Gebieten wirksamen Prozess der die naturbedingte Trockenheit im Bereich der subtropischen Hochdruckzellen noch verstarkt andere Modellrechshynungen und Auswertungen von Satellitenbildern haben diese Oberlegungen bestatigt Sieher sind die gro~en Wtishysten der Erde nicht erst vom Menschen geschaffen worden aber ihre Intensivierung und Ausweitung ist ein Produkt menschlicher Eingriffe An mindestens drei Stellen (bei Jodhpur mit rund 270 mm Regen im Jahr bei KhartumshyOmdurman mit 160 mm und bei Nefta in Tunesien mit 70 mm) zeigen eingezaunte Gebiete daU die vor den Weideshytieren geschtitzte ursprtingliehe Vegetation eine v61lig andeshyre Albedo hat a1s die umgebende Wtiste Ein Effekt auf die Niederschlage lli~t sich aus den (erst nach 1900 einsetzenshyden) Messungen zwar nicht nachweisen wohl aber aus den historischen Nachrichten aus dem Wtistengiirtel aus den Berichten der frUhen Reisenden tiber die Dauer der Regenshyzeit tiber die Existenz von Brunnen und regelma~ig abkomshymend en Fltissen noch im frUhen Mittelalter sind arabische Reisende quer durch die Sahara mit Pferden gezogen (tiber historische Klimaschwankungen natiirlicher Herkunft s Abschn 6 und 8)

11

5 Das Problem der Klimavorhersage Stand und Aufgaben

51 M odeUrechnungen

Was konnen wir tiber die Zukunft unseres Klimas vorausshysagen Was wissen wir tiber die Ursachen der Klimaschwanshykungen der Vergangenheit Immerhin wachsen unsere empirischen Kenntnisse tiber die Klimageschichte rasch an und erfassen die letzten 10000 Jahre schon recht gut die letzten 700000 Jahre immerhin schon in den Grundmiddot zUgen die Umrisse der Geschichte der letzten 500 Millionen Jahre beginnen ebenfalls sichtbar zu werden (SCHWARZshyBACH) Eindeutige Zusammenhiinge mit den nattirlichen Ursachen sind bisher hochstens vereinzelt nachgewiesen eine Vorhersage dieser extremen Ursachen (Abschn 3) ist bisher unmoglich

Physikalisch-mathematische Klimamodelle sind bisher vielshyfach nur in der einfachsten Form (0- oder I-dimensional) erortert worden 2- oder 3-dimensionale ZirkulationsmoshydelIe der Atmosphiire gibt es in den verschiedensten Formiddot men Gemeinsam ist ihnen die Ableitung der Felder Wind Luftdruck Temperatur auf der Grundlage vorgegebener Randbedingungen so der Temperatur der Ozeanoberfliishyche der mittleren Bewolkung ua Damit sind aber die fUr das Klima entscheidenden Wechselwirkungen fest vorgegeshyben schon die Behandlung des jiihrlichen Ganges ist mit einem so1chen Ansatz unmoglich erst recht natlirlich die Vorhersage von interannuellen Anderungen oder Klimashyschwankungen Die Wechselwirkung Atmosphiire - Ozean ist bisher in nur einem stark idealisierten Modell (MANABE und BRYAN) einbezogen worden andere Modelle behanshydeln den Ozean als beyregungslosen Sumpf der Wiirme und Wasserdampf abgibt bzw aufnimmt Sieher sind diese Ansiitze vielversprechend sie Hefem immerhin ein ziemlich realistisches BUd der groBen Stromungssysteme der Atmosshyphiire der hydrologischen BUanz Niederschlag - Verdunshystung und der Energieumsetzungen innerhalb der Atmosshyphiire Aber schon eine Umsetzung der Zahlenwerte flir die Landoberfliiche in regionalen Klimatypen zeigt die UnvoIlkommenheit dieser Art von Modellen da erhalten Texas und Stidchina ein Wtistenklima oder in der Sahara fallen 1500 mm Niederschlag am Rande des Himalaya dashygegen weniger als 50 mm Natiirlich geben solche Fehler AnlaB zur Verbesserung der Modelle diese aber finden heute weniger inder Physik als vielmehr in der Leistungsshyfahigkeit der Computer und dem Aufwand an Rechenzeit ilire Grenze Auch wissen wir heute daB die meisten Moshydelle (wegen in ihnen enthaltenen mathematischen Niiheshyrungen) auch bei gleichen Anfangsbedingungen verschieshydene Ergebnisse Hefem Modellexperimente Iiefem daher keine Abbilder der Wirklichkeit sondem sind Testversushyche tiber die Sensitivitiit der Modelle selbst Der entscheishydende Einwand ist aber daB es bisher noch nieht gelungen ist die Summe der zeitabhangigen Vorgiinge in Ozean Eis und Atmosphiire und ihre wesentlichen Wechselwirkunshygen in ein Modell einzubauen Keiner der hervorragenden Modellbauer macht sieh lIlusionen tiber die Schwierigshykeiten im Detail eine befriedigende Losung wird wohl kaum vor 10 Jahren gefunden werden konnen und auch dieses Datum mag noch zu optimistisch sein

Andere Modelltypen sind vorgeschJagen worden statishystisch-dynamische Modelle die zeitabhiingige Parameter unter Verzicht auf Detail als Statistiken behandeln und

12

stochastische Modelle bei denen die wirksamen langfristishygen Prozesse im Ozean und im Eis von der kurzlebigen Atshymosphiire her angetrieben werden (HASSELMANN und Mitarbeiter )

Aile diese Versuche sind notwendig und nUtzlich soweit sie unsere Kenntnisse tiber die Wechselwirkungen im klimatimiddot schen System und ihre Auswirkung erweitem erst wenn wir diesen komplexen Wirkungsmechanismus voll versteshyhen konnen wir ihn so vereinfachen dafll wir ein gentigend realistisches und doch noch traktables Klimamodell aufshybauen konnen Ein entscheidender Test ist die Simulation des jiihrlichen Ganges (zB WETHERALD - MANABE 1972) diese jahreszeitliche Anderung der Zirkulation ist eher noch groBartiger als die starks ten Klimaschwankunshygen der Vergangenheit wie etwa eine Eiszeit ftir die GAshyTES (1976) ein Zirkulationsmodell mit gegebenen Randbemiddot dingungen entwickelt hat

S2 Zur Frage der Vorhersagbarkeit

Solange die Hauptursachen der Klimaschwankungen in der Vergangenheit - zuniichst jedenfalls als unvorshyhersagbar geJten mUssen bleibt eine ernstzunehmende Prognose etwa flir das Klima der Periode 2100-2150 AD unmoglich Das muB ganz nilchtem gesehen werden selbst ~ wenn die eben erorterten Schwierigkeiten beim Aufbau eines geeigneten Modells voll befriedigend gelost werden konnen Aber ein Ausweg ist moglich der immerhin eine bedingte Vorhersage - in der Literatur als Vorhersage zweiter Art bezeichnet ermoglicht Setzen wir eillshymal voraus daB die unvorhersagbaren Prozesse so weltershylaufen wie in den letzten (rund) 5000 Jahren - genauer seit dem Verschwinden der letzten Reste der kontinentalen Inlandeisdome auf Labrador Dann konnen wir mit Modellshyrechnungen untersuchen wie dieses klimatische System auf Anderungen der Randbedingungen - zB auf eine Anderung des CO2 -Gehalts des Aerosolgehalts der unteren Troposphare oder der Stratosphiire (Vulkane) der Oberfliishychenalbedo - reagiert Solange kein wirklich komprehenshysives aile Untersysteme mitumfassendes Modell des klimashytischen Systems existiert sollte das in sorgfaltig geplanten Parallelversuchen mi t den heute verfUgbaren Modellen bzw den noch verbesserten Versionen durchgefilhrt werden

Parallel hierzu muB aber ein vertieftes Studium charakshyteristischer Stadien der Klimate der Vergangenheit treten ~ das Iiegt auch im Interesse der Modellbauer Es gibt nur eine Mogliehkei1 die Eignung eines Modells zur Klimavormiddot hersage zu erproben die Simulation der Klimate der Vershygangenheit und ihrer zeitlichen Entwicklung Aber auch unabhiingig davon geben uns diese Paliioklimate Hinweise darauf wie das Klima unserer Erde auch aussehen konnshyteo Denn hier versagt offenbar - jedenfalls gilt dies ftir die Mehrzahl der Meteorologen unser Vorstellungsshyvermogen nur so ist das (fast irrationale) Festhalten an der Oberzeugung von der Konstanz unseres Klimas zu erkliiren trotz all unserer Erfahrung mit extremen Wetterlagen

Stellen wir nur die in der Vergangenheit wirksamen Klimashyfaktoren in Rechnung dann mtissen wir uns fragen wie sah das Klima aus als unsere AlpengJetscher den vielerorts im Gelande noch siehtbaren Hochststand (mehrfach in def Zeit zwischen 1610 und 1855) erreicht hatten Das war die kleine Eiszeit (s Abschn 7) sieher mtiBte def Obershy

gang zu der nachsten Eiszeit von einem solchen Stadium ausgehen und wir mtissen die Frage nach der Natur dieses Obergangs erortern Stellen wir im Gegensatz hierzu die anthropogenen Faktoren in den Vordergrund die offenmiddot bar in ihrer Gesamtheit zu einer globalen Erwarmung flihren (s Absdm 41 42) dann kbnnen wir die Warmmiddot phasen der Vorzeitklimate untersuchen und als Beispiel fUr die in Zukunft zu erwartenden Zustande nehmen NatUrJich mtissen wir uns auch die Frage stellen kann sich das Klima der Vergangenheit wiederholen oder haben sich die Randbedingungen inzwischen geandert Nachdem wir heute wissen daf~ es in jtingerer Vergangenheit nicht eine oder vier sondern mindestens 17 Eiszeiten und ebensoviele Warmzeiten g10balen AusmaBes in 18 Milliomiddot nen lahren gegeben hat (FINK und KUKLA) stellt sich dieses Problem in aller Scharfe Auch die Geschichte des Menschen wiederholt sich nie aufvbllig g1eiche Art

Solange wir also keine physikalisch einwandfreien genUmiddot gend realistischen Klimamodelle zur Verftigung haben mUsmiddot sen wir uns mit dem Vergleich vergangener Zustande aber mit aller gebotener Kritik und Vorsicht behelfen Diese Art der Darstellung moglicher aber keinesfalls gesimiddot cherter Zustande bezeichnet man (in der sehr umfang reichen Literatur Uber Zukunftsfragen) als Szenarium als Drehbuch fUr einen Film Das ist eine auBerst unglUckmiddot liche Bezeichnung unsere Darstellung entspringt niemals allein schbpferischer Phantasie sondern beruht ausschlieBmiddot Hch auf den kritisch durchgeprUften Grabungsergebnissen der Vergangenheit alles was frliher schon einmal gesche hen ist kann wieder geschehen sofern die g1eichen Randmiddot bedingungen gegeben sind HierfUr geben uns die vorliemiddot genden Modelle wertvolle Hinweise Andererseits mUsmiddot sen wir stets die natiirlichen Schwankungen des Klimas (mit einer GroBenordnung von plusmn 06degC fUr die g10bale Mitteltemperatur gegeben fUr einen zB IOOjahrigen Mitmiddot telwert) mit in Rechnung stellen sie addieren sich zu den anthropogen verursachten Schwankungen ledem mit der Klimavergangenheit nicht vertrauten Leser sollte das Studium des groBen zweibandigen Werkes Climates Past Present and Future von H LAMB dringend empfoh len werden

FUr den folgenden Abschnitt 6 die Erorterung globaler Warmphasen als Beispiele [iir m6gliche Klimazustiinde unter anthropogenem Einftuj3 mUssen wir folgende einmiddot schrankende Voraussetzungen machen (s Abschn 23 und 3)

a) Konstanz der Solarkonstanten (innerhalb der heutigen MeBgenauigke it)

b) keine Haufung starkerer VulkanausbrUche c) kein groBskaliger Ausbruch des WestantarktismiddotEises d) keine Anderung der mittleren Bewolkung

Die letzte Einschrankung bezieht sich auf unsere mangelmiddot haften Kenntnisse tiber die Rolle der BewOlkung im Strahmiddot lungshaushalt Zweifellos ware schon eine geringe Zunahmiddot me der Bewolkung (zZ nach Bodenbeobachtungen ca 52 nach Satellitendaten ca 30 beides mit sysmiddot tematischen gegeneinander wirkenden Fehlern behaftet) fUr den Warmehaushalt von entscheidender Bedeutung Doeh ist das unwahrscheinlich (CESS) der gro~te Teil der Wolken entsteht in aufsteigenden Luftstromungen und lost sich bei Absinken auf bleibt also als Foige des Kontinuitiitssatzes etwa erhalten Die stabilen Inversionen

aber dUrften bei einer CO2 middotZunahme wegen der waehsenden LabiliHit der Schichtung eher abnehmen

6 Warmphasen in der Klimageschichte

61 Friihmittelalterliche Wiinneperiode

Da eine Riickkehr zu einer rein naturbedingten Klimaentmiddot wicklung ebenso unmoglich ist wie eine RUckkehr zu den Lebensbedingungen der lungsteinzeit fUr eine Erdbevolkemiddot rung von Uber 4 Milliarden miissen wir mit einer g10balen Erwarmung rechnen Dem widerspricht die Abklihlung der Periode 1945-72 in mittleren und hohen Breiten der Nordhalbkugel nur scheinbar in niedrigen Breiten blieben die Temparaturen fast konstant in gemaBigten Breiten der SUdhalbkugel und am Rande der Antarktis sind sie sogar leicht angestiegen Einer CO2 middotZunahme von 12-13 entspricht eihe g10bale Temperaturzunahme urn a2degC dies liegt noch ganz im Bereich des statistischen Rauschens dh der interannuellen Variabilitat Die bemiddot obachtete AbkUhlung kann offenbar mindestens teilweise auf die seit 1955 wieder auflebende Vulkantatigkeit (nach einer Pause 1912-1948) zuruckgefUhrt werden Das Argumiddot ment daB ohne die inzwischen erfolgte CO2 middotZunahme die AbkUhlung entspreehend starker gewesen ware la~t sich weder beweisen noch widerlegen es steht jedenfalls im Einklang mit den zuveriassigsten Strahlungsmodellen Wir betrachten also zunachst als Beispiel fUr eine kUnftimiddot ge Klimaentwicklung - einige Warmphasen aus der Klimamiddot geschichte ohne daB ruer auf die Art der Quellen und ihre Kritik eingegangen werden kann (vgl die Monogramiddot pruen von SCHWARZBACH und LAMB)

Die erste wichtige Warmphase ist das frUhe Mittelalter etwa die Periode 900 - 1050 un serer Zeitrechnung Sie ist zwar in Mitteleuropa durch historische Daten wenig bemiddot legt das umfangreiche Werk von H LAMB enthalt eine Zusammenstellung aller erreichbarer Daten die inzwischen fortlaufend erganzt werden In dieser Zeit scheinen sich (die vorsichtige Ausdrucksweise ist wegen der noch allmiddot zuoft unkri tischen Auswertung historischer Quellen notmiddot wendig) in weiten Teilen Europas warme Sommer und DUrreperioden zu haufen Die wichtigsten Befunde ergeben sich ausder Siedlungsgescruchte der Wikinger in Island und Gronland mit ihren klihnen Vorstoampn nach Labrador und Neufundland Diese Auswanderer (aus politischen GrUnden) trafen ab 874 Island zu etwa 60 bewaldet an sie trieben dort nicht nur Schafzucht sondern auch Getreidebau (wie Ubrigens damals in Norwegen bis zum 65 Breitengrad) Sie Uberquerten die DanemarkstraBe an der schmalsten Stelle ohne den heutigen TreibeisgUrtel anzutreffen und errichteten Siedlungen in Siidmiddot und Westgronland die FriedhOfe dieser Siedlungen liegen heute im Dauermiddot frostboden War der OstgronlandstrOin damals in 65degN eisfrei dann muB das bei dessen hoher Geschwindigkeit Om Vergleich zur Abschmelzzeit der Eisschollen) fUr seimiddot ne gesamte Lange zutreffen die arktische Treibeisgrenze lag also damals an der Nordkiiste Grbnlands dh in 80-shy

o8I N Breite Erst urn 1330 liegt ein zeitgenbssischer Bemiddot richt vor daB das vorgeriickte Eis zur Aufgabe dieses Scruffmiddot fahrtsweges gefiihrt hat zugleich verschlechterten sich die Klimabedingungen in Gronland und Island wo der Getreimiddot debau aufgegeben werden muBte Archaologische For schung hat zeigen konnen daB urn 1000 die Eskimos den ganzen arktischen Arcrupel Kanadas besiedelt hatmiddot

13

ten ebenso die Neusibirisehen Inseln In diesen heute mensehenleeren Einoden lebten sie von Walfang ~ dieshyser setzt offenes Wasser im Sommer voraus Die gleiche Klimaversehlechterung zwang sie ZUIll Ausweichen nach Sliden und ZusammenstoJ)e mit den durch Hunger und Seuchen dezimierten norwegisehen Siedlern in StidgrOn land filhrten zu deren Verniehtung

Die Waldgesehichte Kanadas und Europas die Gletschershygesehichte der Alpen beJegen um J 000 eine Erwarmung lim etwa 1deg( das Kaspische Meer erreichte einen seiner tiefsten Stande bel ~3~ m dh niedriger als heute wo viel Wasser zu Bewaserungszwecken verwendet wird Der Nordteil der Sahara war feuehter als heute arabische Reishysende beriehteten sogar aus dem heute trockensten Geshybiet (Kufra) von einer gerade erst aufgegebenen Rindershyzucht man wird die Niederschlage damals doch auf 150-~00 mmiJahr schatzen mussen gegeniiber 3~5 mm heute Aber aus dem Mittelmeerraum wird von einzelnen uberaus kalten Wintern berichtet ebenso hatten China und Japan warme Sommer aber auch strenge Winter in denen die gro~en F1u~-Seen am Jangtsekiang zufroren 1m mittleren Westen der USA herrschten giinstige Bedinshygungen fur Ackerbau Jagd und sogar stadtische Kuhur wah rend urn 1200 Serien von Durren zur Aufgabe von Gebieten zwangen Da~ diese Dtirreperiode hier im heutishygen Maisanbaugtirtel 200 Jahre anhielt (Bryson und Murshyray) mu~ besonders beachtet werden Der mittlere Westen Nordamerikas ist zZ das einzige Gebiet mit Getreidetibershyschuf~ wahrend viele andere Lander von Importen dh von der Hand in den Mund Jeben

Eine Zusammenschau dieser (und anderer) Daten fUhrt zu der Vorstellung (LAMB) da~ wie in den hei6esten Somshymem der Periode 1931-60 die Zyklonenzugbahnen der Westdrift durch quasi-stationare Hochdruckgebiete urn 300~500 km nach N verlagert waren Auch im Winter ergab sich eine iihnliche Situation die aber mit blockierenshyden Hochs zu hiiufigen Kaiteperioden ftihrte Wahrend im Eis Gronlands bereits eine vortibergehende Abktihlung urn 1160 eintrat die auch von Schweizer Gletschern beJegt ist war die nachste Kaltewelle mit dem Hohepunkt urn 1320 noch nachhaitiger wirksam alle Warmphasen seit dieser Zeit haben nieht die Andauer und Intensitat derjeshynigen urn die Jahrtausendwende erreicht Ftir sie kann ein Anstieg der reprasentativen Temperaturen urn etwa 1degC angesetzt werden die in der Arktis vermutlich 2-3degC erreicht haben diirfte Von der Sudhalbkugel Jiegen kaum Daten vor au~er einer Trockenperiode in Neuseeland zur Zeit der Maori-Einwanderung

62 Die holozane Warmeperiode vor 6000 (bzw 4000) Jabren

Nach dem Hohepunkt der letzten Eiszeit (18000 vh = vor heute) dauerte der Eisrtickzug in den beiden Nord-Kontishynenten verschieden lang das Skandinavische Inlandeis verschwand endgilltig kurz vor 8000 vh wiihrend zugleich das Laurentische Eis Nordamerikas noch die Hudsonshybucht mit allen Nachbarliindern bedeckte mit noch etwa 50 Prozent seiner urspriinglichen Flache Nach einem katashystrophalen Einbruch des Meeres in die Hudsonbucht vershyschwand das Eis im Westen relativ rasch in Labrador anshyscheinend erst urn 4500 vh wah rend in Baffinland ausgeshydehnte Plateaugletscher bis heute tiberlebten Das ftihrte

14

in der Zeit 8000-4500 vh zu einer permanenten Anomashylie der Zirkulation von Atmosphare und Ozean tiber Euroshypa zu einer zusatzlichen advektiven Erwarmung mit einem ersten Hohepunkt urn 6000 vh einem zweiten ab etwa 4500 vh nach einer kurzen intensiven Abktihlung urn 4800 vh wahrend das ostliche und zentrale Nordamerika noch relativ ktihl blieb Offenbar lagen auch Alaska und das westliche Nordamerika unter dem Einfiu~ eines warmen Hochdruckrtickens langs 1000W dehnte sich der boreale Wald etwa 300 km weiter nach N aus als heute ja vor 4800 vh sogar bis zur Banks-Insel (74degN) Ahnliche Beshyfunde Iiegen von Nordnorwegen und der westsibirischen Taiga vor die eine Erwarmung urn 2 bis 3degC andeuten im globalen Mittel ergibt sich eine Erwarmung urn etwa I 5degC In der inneren Arktis waren selbst die Nordktisten von Spitzbergen Gronland und Ellesmere-Land im Somshymer eisfrei wahrend der Kernbereich des arktischen Treibshyeises zwischen N ordkanada und Ostsibirien sieher erhalten blieb

Die Vegetationsgeschichte von Eurasien (FRENZEL) zeigt diese Warmphase klar Werbei darf man nlcht vergesshysen daB die Einwanderung von Waldbaumen erheblich Ianshygere Zeit benotigt als die daftir verantwortliche Klimaiindeshyrung Von besonderer Bedeutung ist dabei in Ostsibirien a offenbar auch in Kanada und Alaska ein Rtickzug des Dauerfrostbodens urn mehrere 100 km nach Norden in den Gebirgen rtickte die Waldgrenze tiberaIl urn 100-150 m aufwarts In den Alpen lli~t sich das mit vielen Einzelheiten belegen (pATZELT) aber im Gegensatz zur Subarktis kam es hier in der Periode zwischen 8000 vh und 800 vh zu mindestens vier Warmeperioden und zwischengeschalteshyten Kaltphasen mit Gletschervorstii~n von jeweils fast gleieher Intensitat Ftir die TemperaturverhaItnisse der Ozeane sind nur wenige Angaben vorhanden - die zeitshyliche Aufiosung der Ozeanbohrkerne liegt meist bei 3-5000 Jahren als Folge der geringen Sedimentationsrate und der biogenen Durchwtihlung des Meeresbodens Nur fUr den Kuroshio zwischen Taiwan und der japanischen Stidktiste wird eine Erwarmung urn 6degC angegeben

Die auffaIligste Erscheinung ist eine verbreitete Zunahme der Niederschliige mit nur zwei sicheren Ausnahmen In Westsibirien sowie im Mittelwesten der USA (Wisconshysin - Illinois) weitete sich das trockene Grasland nach N bzw E hin aus Oberall sonst besonders auWillig 1m Trok- ~ kengtirtel der Alten Welt von Mauretanien (l7degW) bis nach Rajasthan (77degE) herrschte ein feuchteres Klima als heute in der Sahara ist es an mehr als 30 fossilen Seen und Fltisshysen einwandfrei belegt eben so in der Danakilwtiste in der arabischen Wtiste aber auch im SW Nordamerikas im ostafrikanischen Graben und in weiten Teilen Australiens Zwei Gebiete sind besonders gut belegt in Rajasthan (BRYSON) schwankte die Regenmenge zwischen 400-600 mm (zeitweise fiber 800 mm) von etwa 10500 vh bis rund 3700 vh gegeniiber rund 250 mm heute und der Tschadshysee heute ein naches von Diinen durchsetztes Seebecken von maximal 23000 km2 dehnte sich zweimal (urn 8500 und urn 5800 vh) auf tiber 320000 km2 aus (MALEY) mit einem Spiegel tiber 40 m hoher als heutc und einer maximamiddot len Tiefe von etwa 200 m Das zentrale Trockengebiet zwischen Kufra und Tibesti heute mit weniger als 5 mml Jabr war zT von dauernd flie~nden Fltissen durchzogen Das Grasland wurde genutzt von offenbar zahlreichen rinderztichtenden Nomaden und die jahrlichen Niedershy

schlage werden auf 200-400 mm geschatzt (PACHUR GABRIEL) im Tibestigebirge (heute 100 mm) auf tiber 800 mm Besonders auffallig ist da~ in dieser Feuchteperiode sowohl die Nord- wie die Stidflanke der Sahara starker tiberregnet wurden im Sahelgebiet schlieBt ROGNON auf eine ganzjahrige Regenzeit mit haufigen Dauerregen an stelle der kurzen Sommer-Regenzeit mit ihren heftigen Schauern Das ist nicht vertraglich mit der Lehrbuch-Vorstellung von einer meridionalen Verschiebung aller Klimagtirtel die im Stiden und Norden der Sahara alternierende Feuchtshyphasen auslosen m~te Nur bn Winterregengebiet nordlich 36degN find en wir in Anatolien und Iran (so am Van-See) eine markante Trockenperiode gleichzeitig mit der Feuchtshyphase der ganzen Sahara Diese Feuchtphase schon einmal urn 7500 vh unterbrochen wurde ab 5500 vh durch eine allmiihliche Austrocknung abgelost die urn 4000 vh in der Sahara etwas spater auch in Rajasthan zu einem ariden Klima ahnlich wie heute fOOrte Diese Austrocknung haben die frOOeren Hochkulturen miterlebt das Alte Reich Agyptens die Stadtkulturen zwischen Jericho und Ur die Indus-Kultur ilire Krisen oder ihr Untergang hiingen offen bar von diesen Klimaanderungen starker ab als von dem Einfall fremder Volksstamme

Die Interpretation dieser Befunde aus dem Holoziin (=Nachshyeiszeit) erfordert eine genaue Synchronisation des Ablaufs der Klimageschichte in weit entfernten Raumen sowie ein meteorologisches Verstiindnis dieser raumlichen Bezieshyhungen anhand rezenter Befunde Zunlichst ergibt sich auch heute in den Obergangsjahreszeiten wie im Winter die Existenz quasi-permanenter Hohentr6ge die sich in 150-300 mbar jeweils weit zurtick nach SW bis in die innemiddot ren Tropen hinein erstrecken (FLOHN 1975) Ahnlich existieren diese diagonaien Hdhentrdge auch tiber der Stidhalbkugel wo sie bis zum Aquator gelegentlich auch dartiber hinaus reichen In ihrem Bereich kommt es zu einer Wechselwirkung der tropischen und aulkrtropischen Storungen (Abb 9) die zu kraftigen Wirbeln mit Gewittermiddot schauern und Sandsttirmen ftihren dies sind die schon urn

Interaction Upper Troughs-low level Tropical Vortices Lat

300

fIlA 200

10middot

omiddot Abb 9 Diagonale Hohentroge (200 mb) und ihre Wechshy

selwirkung mit Storungen der tropischen Oststroshymung (700 mb)

1935 bekannten Saharadepressionen 1m westlichen und zentralen Nordafrika laBt sich an heutigen Statistiken die simultane Schrumpfung bzw Ausweitung des Trokshykengtirtels und die Rolle der Frtibjahrsregen hierbei nachshyweisen dasselbe ergab sich aus historischen Studien der Regenverhaitnisse im 17-19 Jahrhundert (NICHOLshySON)

Wahrend der ersten Feuchtphase 10500 8000 vh existiershyten noch ausgedehnte EisfHichen in Nordeuropa und Nordmiddot amerika Das ganze Jahr tiber reichte die glob ale Kaltshyluft und die von ihr ausgehenden Kaltetroge weiter stidmiddot warts als heute wahrend sich Uber den Tropen bereits die heutige Zirkulation herstellte Die Befunde deuten im Atlantik wie im Pazifik auf eine Abschwachung der subtroshypischen Hochdruckgebiete und damit der Intensitlit der Passatwinde Dies fiihrt notwendig zu einer Abschwachung des Aufquellens von Kaltwasser sowohl an den Westktisten (NWmiddotAfrika Kalifornien) wie am Aquator hier also zur Vorherrschaft der EI-Nino-Zirkulation mit Warmwasser starker Verdun stung und aquatorialen Regen auf dem Meer die geophysikalische Rolle dieses Wechsels ist kaum zu tiberschatzen Urn 8000 - 7300 vh kam es nach Vermiddot schwinden des skandinavischen Eises zu einer Unterbremiddot chung der Feuchtphase Diese stellte sichjedoch wieder her solange noch tiber Labrador - Baffinland ausgedehnte Eisfelder auch im Sommer tiefe weit ausgreifende Hohenmiddot troge zur Folge hatten diese traten offenbar in Nordamerishyka sowie in EuropaAfrika in den Obergangszeiten haufishyger auf als heute 5-10 faile dieser Art pro Jahr gentigen urn insgesamt 150-250 mm zusatzlichen Niederschlag hervorzubringen Die endgultige Austrocknung vollzog sich erst urn etwa 4500 vh mit dem Verschwinden der Eisreste aus Labrador

Die fUr den Klimaablauf entscheidenden physikaischen Randbedingungen in der Subpolarzone waren also urn 6000 vh noch wesentlich anders als heute erst urn 4500 vh entwickelten sie sich offenbar mit einer noch starkeren Reduktion des arktischen Eises Die ebenfalls noch wanne Phase urn 4000 vh deren regionale Einzelheiten weniger gut bekannt sind war im Trockengtirtel der Alten Welt wie im SW Nordamerikas in Stidafrika und in Australien ahnlich trocken wie heute Noch eine weltcre Randbedinshygung sollte nicht vergessen werden die bereits erwahnte (Abschn 43) Vegetationszerstorung und Desertifikation die mit der Zunahme der Obertlachenalbedo tiber den Meshychanismus des Charney-Modells zu einer Verstarkung des Absinkens fUhrt Sie wird wahrscheinlich bei einem Ruck gang des ArktismiddotEises eine Zunahme der Niederschlage im Sahel hinausz6gern jedenfalls solange bis durch geeigshynete SchutzmaBnahmen eine geschlossene GraslandmiddotVege tation in den Randgebieten der Sahara wieder hergestellt werden kann Das aber ist ein okonomisch-soziales Pro blem

63 Letztes Interglazial EemmiddotWannzeit 120000 vb

Die EntwickIung quantitativer Arbeitsmethoden in der Geo logie hat in den letzten Jahren einige aufregende Entdek kungen innerhalb der Erdgeschichte erm6glicht Hierzu zahlt die Entdeckung eines 17-18maligen Wechsels zwi schen Eiszeit und Warmzeit (Interglazial) in den letzten 2 Millionen Jahren in zeitlicher Obereinstimmung datiert mittels der Umkehrung des erdmagnetischen Feldes gefunshyden in Ozeanbohrkernen aus dem aquatorialen Pazifik (SHACKLETON - OPDYKE) und in L6Bprofilen in Mahmiddot ren und Niederosterreich (KUKLA und FINK) Damit ergab sich eine gesicherte Chronologie der Kalt- und Warmshyzeiten ftir die palaomagnetische BrunhesmiddotEpoche der letzten 700 000 Jahre In allen geeigneten Ozean-Bohrkernen finshydet man in der Zeit zwischen 127 000 und 75 000 vh (mit einer Fehlergrenze unterhalb plusmn 5000 Jahren) drei

15

Warmphasen mit zwei kurzen Kaltphasen dazwischen genauere Untersuchung in Barbados auf Mallorca Neuguishynea und an der Themsemtindung belegen auch die zugeshyhOrigen eustatischen Schwankungen des Meeresspieshygels da in den Kaltphasen gro6e Wassennengen als konshytinentales Eis gespeichert werden Auf dem Festland sind bisher zwei nahezu vollstandige Moorbohrkerne untershysucht worden (in Mazedonien und sudlich der Vogesen) die die gleichen Schwankungen zeigen aber in wesentlich hOherer zeitlicher Auflosung Noch weiter auflasbar sind die Diatomeenablagerungen Nordwestdeutschlands mit ihren tiber 10 000 Jahre reichenden Jahresschichten (H MOLLER) die eine pollenanalytische Analyse von Abshyschnitten von nur 15 Jahre Lange erlauben

Nach allen vorliegenden Befunden ist die friiheste der drei Warmphasen mit deutlichem Abstand die warmste noch etwas warmer als die erarterte holozane Warmphase offenbar auch warmer als die vorhergegangenen Interglashyziale Sie reichte von 127000 bis etwa 115000 vh die warmste Phase umfa~te in den Vogesen mindestens 10000 Jahre dagegen die beiden Kaltphasen nur jeweils 1600 bzw 1000 Jahre Ftir Europa und die Sowjetunion existiert eine detaillierte Vegetationsanalyse (FRENZEL) dieser Warmzeit die mit dem hollandischen Lokalnamen Eem (im engeren Sinne) bezeichnet wird nach dieser Anashylyse miissen die Temperaturen 2-3degC haher gelegen haben als heute in Sibirien sogar bis 6degC Xhnlich wie im Holoshyzan miissen die Niederschlage hoher gewesen sein zumal die hOhere Temperatur schon an sich zu einer Zunahme der Ozean-Verdunstung fiihrt Neben der oben erorterten Dominanz der EI-Nifio-Zirkulation am Xquator ist eine weitere Ursache der Verstarkung des hydrologischen ZykshyIus der eustatische Meeresspiegelanstieg auf + 5-7 m der durch einen breiten Meeresarm zwischen Ostsee und Wei~em Meer Fennoskandien zur Insel macht und im Mtindungsgebiet von Ob und Jenissei bis tiber 1000 km weit ins Binnenland eingreift (FRENZEL) Zugleich kam es zu einem drastischen Riickzug des Dauerfrostbodens in Ostsibirien bis etwa 57deg Breite (heute etwa 49deg) Auch bei einem Anstieg der Temperaturen urn 6degC erlebte Sibishyrien auch damals sehr kalte Winter doch miissen im Sommiddot mer die Ktisten weitgehend eisfrei gewesen sein Anderermiddot seits ergeben die Bohrkerne im Arktischen Ozean daB der zentrale Kern des arktischen Eises zwischen Gronland Alaska und Ostsibirien aile Warmzeiten seit mindestens 700000 Jahren ohne Unterbrechung uberdauert hat die gleiche Annahme erscheint fUr das Gronlandeis immershyhin wahrscheinlich (wenn auch nicht belegt)

Mit dem starker mariti men Klima Europas reiehten warmiddot meliebende Walder weit nach Ru6land hinein Das Vorshykommen von Lowen FluBpferden und Waldelefanten in GroBbritannien ist ein besonders auffallendes Anzeimiddot chen warmerer Bedingungen wenn auch der SchluB auf tropisches Klima nach Ausweis der Vegetation sicher unshygerechtfertigt ware Aus den tropischen Kontinenten lieshygen bisher nur wenige Befunde vor eine lange humide Phase an der westafrikanischen Kiiste und in der Afar-Senke am Roten Meer entsprechen den Befunden der holozanen Warmzeit

Diese Eem-Warmzeit war offenbar die wiirmste Phase seit Beginn der Brunhes-Epoche vor 700000 Jahren abet das gesamte letzte Interglazial dauerte wesentlich langer

es umfaBte zwei weitere etwas kiihlere Warmphasen geshytrennt durch zwei intensive Kaltphasen urn etwa 110 000 und 90 000 vh Die zugehorigen Schwankungen des Meemiddot resspiegels zwischen -70 und -80 m in den Kaltphasen (letzte Eiszeit -100 m) und etwa -5 m in den beiden spateren Warmphasen zeigen daB die Schwankung des globalen Eisvolumens immerhin 70-75 derjenigen zwishyschen letzter Eiszeit und heute betrug Diese Anderunshygen der Massenbilanz in den beiden Kaltphasen drang ten sich jeweils auf weniger als 10 000 Jahre zusammen die entsprechenden Klimaanderungen auf dem Festland liefen nach Ausweis der (verzogerten) Vegetationsschwanshykungen in den europaischen Mooren in wenigen 100 Jahshyren in Wirklichkeit also vermutlich in lt 100 Jahren abo Das wird bestatigt durch den Gronland-Blitz eine in ihrem Mechanismus noch nieht einwandfrei geklarshyte Abkiihlung in weniger als 100 Jahren (DANSGAARD) die im Eis Nord-Gronlands in tiber 1300 m Tiefe seit minshydestens 90000 Jahren tiefgefroren aufbewahrt ist

Gewi~ sind noch nieht alle Fragen geklart Offenbar haben sich im mittleren Europa die beiden Kaltphasen trotz globalen Charakters nur kurzfristig in Form abrupter Abkiihlungen in der und hier allein interessierenden humashynen Zeitskala ausgewirkt Xhnliche Ereignisse haben sich nach den heute vorliegenden Befunden in allen jtingeren Y Interglazialzeiten (und im Holozan) abgespielt - auf dieshyses Problem muB noch (Abschn 8) eingegangen werden

Der eustatische Meeresspiegelanstieg im Eem ist in seiner Ursache noch nicht geklart ein Anstieg urn 5-7 m entmiddot spricht entweder dem Abrutschen des Eises der Westantshyarktis oder dem Verschwinden des Gronlandeises oder eishynem entsprechenden Wasserverlust der sehr stabilen Ostantshyarktis Wabrend das zuerst genannte Ereignis uU recht rasch vor sich gehen konnte (genauere Vorstellungen tiber die Zeitskala liegen allerdings nicht vor) laufen die beiden anderen Ereignisse so langsam ab daB der zugehoshyrige weltweite Meeresspiegeianstieg in der GroBenordnung weniger mm pro Jahr (heute 11 mm) bleibt

64 Eisfreie Arktis vereiste Antarktis (12-25 Mill vh)

Wahrend die bisher dargestellten Klimaphasen keine grundshysatzlichen Abweichungen gegentiber dem heutigen Klimashybild zeigen trifft dies fUr den extremsten Fall eines vOl- ~ ligen Verschwindens der arktischen Treibeisdecke nicht zu Die Idee eines Verschwindens des arktischen Treibshyeises hat zuerst BUDYKO urn 1962 entwickelt und zwar als Endergebnis einer gezielten Umwandlung des Klimas wie sie 1959 auf einem der Kongresse der KPdSU proklashymiert worden war - im Einklang mit der marxistischen These von def Umwandlung der Natur durch den Menshyschen Bei naheren Untersuchungen stellte sich heraus daB dieses Projekt (schon wegen der Ausdehnung der Eisdecke tiber 10 bull 106 km2 ) nicht nur extrem aufwendig war sondem auch sehr weitreichende Nebenwirkungen zur Foige haben konnte Spater erkannte man daB die im Gange befindliche Zunahme des CO2 -Gehaltes zu dem gleiehen Ergebnis fiihren konnte Die Sensitivitat dieses Systems wurde bereits besprochen (vergl Abschn 21) ein vereinfachtes eindimensionales Klimamodell (BUDYKO 1969) ergab bei wachsendem CO2 -Gehalt und zunehmender Erwarmung ein immer rascheres Ruckshyweichen der EisSchneegrenze zum Nordpol hin

16

Ein solches scheinbar jeder Erfahrung widersprechendes Modell konnte nieht ohne Widerspruch hingenommen werden Schon die Frage ob unter den heutigen Klimashybedingungen die Eisdecke irreversibel verschwinden kann oder ob sie sich im nachsten Winter neu bildet mu~te eingehend erortert werden wir konnen sie offen lassen da nunmehr ein Verschwinden des Treibeises unter extreshymen von den heutigen abweichenden Klimabedingungen zur Erorterung steht Diese Frage kann nur mit umfangreishychen Modellrechnungen beantwortet werden unter weishychen Bedingungen ist das dynamische System Meer Treibeis (mit Polynyas) - Schneedecke - Atmosphiire tiber den jahreszeitlichen Wechsel der Strahlungsbilanz hin stabil bzw instabil Solche Rechnungen sind im Gang eine ganze Familie von stufenweise immer komplexerer Modelle mu~ unter verschiedenen Randbedingungen geshytestet werden eine umfangreiche Arbeit die nicht heute oder morgen zu Ende geftihrt werden kann

Einer der vielen Einwande war die Frage ob ein eisfreier ~ Arktischer Ozean gleichzeitig mit einer vereisten Antarkshy

tis existieren konne dies ergibt eine schwer vorstellbare Asymmetrie der beiden Halbkugeln Aber auch heute existiert eine deutliche Asymmetrie die Troposphiire tiber der Antarktis ist im gleichen Niveau im Jahresmittel 11shy

12degC kalter als tiber der Arktis im NordsommerlStidwinter sogar um tiber 26degC Da nach einfachen OberJegungen die durch die Modellversuche von FULTZ (1959) bestiishytigt wurden die Zirkulation der Atmosphiire von dem Temperaturgeflille zwischen Aquator und Pol abhiingt (KORFF und FLOHN 1969) ist die Zirkulation auf der Stidhemisphiire starker als auf der Nordhalbkugel und greift tiber den Aquator hintiber im Jahresdurchschnitt bis etwa 6deg Nordbreite im Juli (Januar) auf rund 12deg N (1 deg S) Das zirkulationserzeugende meridionale Temperaturgefalle ist heute tiber der Stidhalbkugel im lahresdurchschnitt 42 gro~er als tiber der Nordhalbkugel

Tatasachlich hat aber - das ist eine der grundlegenden Erkenntnisse die wir dem Deep Sea Drilling Programm mit der Glomar Challenger verdanken - ein derart krasser Gegensatz der beiden Pole im jtingeren Tertiar viele Millionen Jahre lang existiert (KENNETf 1977) Der Antarktische Kontinent war erstmals vor 38 Ma (= 106

Jahre) mindestens teilweise vereist schon damals bildete sich das antarktische Bodenwasser der Ozeane mit einer

Abktihlung um etwa 5degC Eine vollstandige Vereisung der Antarktis besteht seit dem mittleren Miozan vor 12shy14 Ma sie war seither nur noch sekundaren Schwankungen unterworfen Vor etwa 55 Ma bildete sich dieses zuniichst noch relativ flache Eis mit Temperaturen um OdegC in ein kaltes stabiles Eis (der Ostantarktis) um noch 200shy300 m mach tiger als heute begleitet von einer globalen Abktihlung und einer eustatischen Absenkung des Meeshyresspiegels Diese ftihrte an der Schwelle von Gibraltar zu einer (mehrfach wiederhoJten) Abschntirung und Ausshytrocknung des westlichen Mitteimeeres (HSU) auf deren regionaie klimatische Bedeutung nicht weiter eingegangen werden kann

Die allmiihliche Abktihlung wiihrend des mittleren und junshygeren Tertiars hangt offenbar mit der Bildung des kalten von der Antarktis sich ausbreitenden Bodenwassers zusamshymen durch Mischung sanken auch in mittleren Schichshyten die Wassertemperaturen langsam ab und mit der Vershy

starkung der atmosphiirisch-ozeanischen Zirkulation kam es zum Aufquellen dieser ktihlen Schichten am Aquator und an den subtropischen WestkUsten Eine Vereisung der Gebirge der Nordhalbkugel trat erst lange nach der Antshyark tis ein in Alaska vor etwa 9 Ma in Island und im kalimiddot fornischen Hochgebirge vor etwa 28 Ma Eine Bildung von arktischem Treibeis war erst moglich nachdem diese konshytinentalen Gletscher allmahlich beim sommerlichen Schmelshyzen eine dUnne salzarme Deckschicht des Arktischen Ozeans gebildet hatten dies geschah offenbar erstmals vor 23 Ma zuerst sicher noch als jahreszeitliches Eis

Damit steht also fest da~ in der Zeit zwischen 12 und 25 Ma gleichzeitig ein vollstandig vereister antarktischer Konshytinent und ein offener eisfreier arktischer Ozean existiermiddot ten In dieser Zeit miampte (aus theoretischen GrUnden) der meteorologische Aquator im Jahresmittei in etwa 9-10deg Nordbreite gelegen haben dafUr gibt es in Afrika auch Belege Als weitere Fol~e ware eine Verlagerung des Trockengtirtels bis 40-50 N zu erwarten die im ostlichen Europa auch belegt ist (zB im Wiener Becken s Abb 10) die subtropische Flora jener Zeit ist vielfach beschrieben worden (SCHWARZBACH MAGDEFRAU)

Northern Boundary of NHem Evaporite Zone

Oucternary (0-2 Ma) Late Tertiary 15-15 Ma) Early Tertiary (30-50Ma)

Abb 10 Mittlere Nordgrenze des Trockengiirtels (Ablashygerungen von Salz Gips usw) im Quartar (0 shy2 Ma) JungterWir (5 IS Ma) und Alttertilir (30 - 50 Ma) nach LOTZE

und Walder der gema~igten Zone reichten bis Nordgronshyland Nach SCHWARZBACH lagen im rheinischen Braunmiddot kohlengebiet die Temperaturen in allen Jahreszeiten urn 5-8degC hOher als heute Der stidhemisphiirische Trocken gtirtel reichte bis in die Nahe des Aquators Es ist unmogmiddot lich in diesem Rahmen auf Einzelheiten einzugehen zumal hierzu eine vollstiindige Auswertung der neueren geologimiddot schen Literatur notwendig ist

Nach BUDYKOs Modell kann der Obergang zu einem solchen Klima dh das Verschwinden des arktischen Eises bei einer allgemeinen Erwarmung urn ca 4degC eintreten (vgl auch KELLOGG) Das entsprache (je nach Modellannahme) einem virtueJlen CO2 -Gehalt von 800 shy1100 ppm der reale CO2 -Wert liegt bei 750 ppm (plusmn 15jd (Abschn 42) Ob und wann solche Werte erreicht werden hangt von Entscheidungen auf energiepolitisch-okonomisch sozialem Gebiet ab (Abschn 8)

17

7 Kaltphasen in der Klimageschichte

71 Kleine Eiszeit (1550-1850)

Dal~ das Klima im 20 Jahrhundert nieht das einzig mogliche ist ja dreg es selbst im Rahmen der [etzten 500 Jahre ausgesprochen anormal ist gehort zu den Tatsachen die selbst den meisten Meteorologen unbekannt sind Tatsachmiddot Hch haben wir in Europa - wie das am besten bekannte Verhalten der AJpengletscher zeigt seit rund lO 000 Jahmiddot ren immer wieder einen Wechsel zwischen Warmphasen (wie in Absehn 61 geschildert) ulld Kaltpllasen erlebt Hierbei sind die Phasen innerhalb dec beiden Gruppen untereinander recht iihnlich ihre Dauer aber variabel irgendwekhe persistenten Perioden existieren offenbar nieht oder ihr Anteil an der gesamten Varianz ist vernachmiddot liissigbar gering Wahrend die Gletscherstande der Zeit 1930-60 offenbar nahezu identisch sind mit denen frOherer Warmphasen l diese A ussage ist etwas unsieher) liegen die Moranen der GletschervorstoBe urn 1820 und urn 1855 fast genau auf denen frtiherer Gletscherhochstande (PATZELT) Die letzte Kaltphase kann uns also als Modell fUr aIle frOhemiddot ren seit dem RUckzug der grofben Inlandeise dienen ihre Bezeiehnung als Kleine Eiszeit ist allerdings bewufbt Ubermiddot trieben Ihr Beginn ist nieht eindeutig festlegbar schon urn 1160 urn 1320 und urn 1430 kam es zu kUrzeren aber marmiddot kanten GletschervorstoBen in den AJpen und fUr die beimiddot den 1etztgenannten Termine liegen viele Nachriehten Uber ganz ungewohnhche Klimaanomalien vor (LAMB von RUDLOFF) Von langerer Dauer war die Klimaverschlechmiddot terung ab 1560 die in ZUrich einen Rtickgang der Wintermiddot temperaturen urn 2degC brachte wahrend bei Kopenhagen das ganze Jahr Uber Winde aus SUdost und Ost - als Anzeimiddot chen blockierender Antizyklonen vorherrschten Die Witshyterungsabliiufe ahneln sehr denen die wir heute in Einzelmiddot jahren mit strengen Wintern (1939-42 19467 19623) erleben haufig blockierende Antizyklonen Wetter1agen mit anhaltend starker meridionaler Komponente - unmiddot gewohnlich kalt aber auch ungewohnlich warm haufige Dtirremiddot und Niisseperioden schneereiche und bis tief in das Frtihjahr anhaltende Winter mit nachfolgenden MiBernmiddot ten

FUr die Beurteilung der Klimabedingungen jener Zeit sind nieht nur die Gletscher der Hochgebirge sondern vor aHem die Under nahe der Polargrenze des besiedelten Landes wesentlich Island Sehottland die Faroer und Skandinamiddot vien Die Nachriehten vom Verhalten des arktischen Treibmiddot eises - mit seiner entscheidenden Rolle fiir Albedo und Wdrmehaushalt haufen sieh jetzt Island viele Jahre hinmiddot durch 6-9 Monate lang von Treibeis blockiert massive Eismiddot vorstoBe nach den Faroern (mit Wassertemperaturen 3_4degC unter den heutigen) und selbst nach Norwegen (wo die Fischerei jahrelang fast ohne Ertrag blieb) Rtickgang der Vegetationsgrenzen und schwere Nahrungskrisen in Schottmiddot land Besonders eindrucksvoHe Beispiele aus der Zeit 1755shy1790 schildert die durch genaue meteorologische und landwirtschaftliehe Daten ausgezeiehnete Arbeit von PFISTER aus dem Kanton Bern auf die weltweite Zusammiddot menschau von H LAMB (VoL II) sei nochmals hingemiddot wiesen

Eine voriaufige Zusammenstellung der jahrlichen Getreishydepreise in der Zeit von 1500-1860 gibt Abbildung 6 die aus den fast vollstandigen Reihen von 5 deutschen Stlidten

18

gemittel t wurde von einem langjiihrigen Trend abgesehen zeigt sie zahlreiche meist gruppenweise auftretenden Jahre mit Preisanstiegen urn das dreimiddot bis sechsfache Das absomiddot lute Maximum (bis 1950) waren die weitweiten Hunger jahre J81617 nach dem Vulkanausbruch des Tambora 1815

1m Gebiet der mediterranen Winterregen existieren widershyspruchsvolle Nachrichten einmal stimmen die kiiltesten Abschnitte (genannt seien die Zeiten urn 1570 1630 vor aHem 1680-1700 nach 1770 1816 f 1845 t) mit Feuchtjahren Uberein einmal mit Diirren Das gilt fUr Algemiddot rien die Seen Mittelitaliens ebenso wie fur das Tote Meer und das Kaspische Meer aber auch (nach Sh NICHOLSON) fUr die Sahelzone Systematische Studien Uber die Telekonmiddot nektionen der Niederschliige im Mittelmeergebiet brinmiddot gen die Lasung (HELBIG) die Maxima der mediterranen Winterregen konzentrieren sieh im Bereich quasistationarer Hahentroge und negative KorreIationen g1eichzeitiger Werte mit Abstanden von 700-1000 km ( = halbe Rossbymiddot Wellenlange) sind haufig Daher ist es hier sinnlos eine ganmiddot _ ze Klimazone zusammenzufassen die Abhangigkeit der KlimamiddotAnomalien von der Lange ist mindestens ebenso groB wie die von der Breite Die regionale Verteilung der entmiddot gegengesetzten Witterungsanomalien wird beherrscht von der jeweils quasistationaren Lage des bloekierenden Hoch C

zentrums und der begleitenden Hohentroge bzw Kaltluftmiddot tropfen - das kennt jeder erfahrene Synoptiker und das ist auch das zentrale Problem jeder iangfristigen Vorhermiddot sage Auch in Nordamerika hangen die kalten Zeitabschnitmiddot te dieser Periode mit bloekierenden Antizyklonen zusammiddot men wie die Auswertung von Baumringen (FRITTS) geshyzeigt haben

Was ist nun die Ursache des Vorherrschens meridionaler Zirkulationstypen in dieser Klimaphase was die Ursache dominierender zonaler Zirkulationstypen mit polwarts vermiddot schobenen subtropischen Hochzellen in den Warmphasen Beim VergIeieh etwa der Abschnitte 1815-1855 (nochshymals urn 1890) und 1930-1960 fall t sofort die verschiemiddot dene Lage der arktischen Treibeisgrenze im Atlantik auf im Raume urn Island-Norwegen handelt es sich urn Vermiddot schiebungen von der GroBenordnung 1500 km Was aber verursachte diese Ausweitung des arktischen Treibeises die maximal 2 Mill km2 erreicht haben dtirfte

Auf diese Frage existieren zZ zwei Antworten von demiddot nen wenigstens eine geophysikaJiseh einwandfrei begrtinshydet ist Sie bezieht sich auf eine von LAMB zusammengemiddot faBte Statistik von VulkanausbrUchen (s Abschn 32) bei der in der Tat ein Zusammenhang zwischen den Hohemiddot punkten der kleinen Eiszeit und besonders schweren Vulmiddot kaneruptionen (oder Gruppen) auffall 1 Andererseits hat EDDY darauf hingewiesen daB die auffallige lange Periode geringster SonnenaktivWit der Zeit 1643 -1710 mit ihrem Maximalstadium tibereinstimmt - dieser Zusammenhang ist jedoch bisher physikalisch noch ganz ungek1art und muB daher offen bleiben Wegen der Unvorhersagbarkeit beimiddot der Ursachen kann das erneute Auftreten einer solchen Kaltphase in den nachsten 50-100 J ahren weder bejaht noeh ausgeschlossen werden auch eine statistische Aussage tiber die Wahrscheinlichkeit bleibt unsicher da zahlenmaBige Unterlagen in beiden Fallen nur wenige Jahrshyhunderte umfassen und subjektive Beurteilungen nieht ausmiddot schlieBen konnen Sofern sich aber die glob ale Erwiirmung

(etwa ab 2000) durchsetzt werden Wahrscheinlichkeit und AusmaB einer Wiederholung der Kaltphase sHindig zurUckmiddot gehen

72 Ubergang zu einer Eiszeit

Keine Frage wird dem KJimatologen Ofter von Repormiddot tern gestellt als die nach der nachten Eiszeit Umso merkmiddot wUrdiger ist die geringe Rolle die der mogliche obergang vom heutigen (interglazialen) zu einem glazialen Klima in der wissenschaftlichen Literatur spielt Das mag zwei Grtinde haben Geologen und andere an der Klimageschichmiddot te interessierte Wissenschaftler wagen sich nicht (mit einimiddot gem Recht) auf ein ihnen fremdes Feld und die meisten Meteorologen halten dieses Problem fUr ebenso unwissenmiddot schaftlich wie das der Sintflut Diese Einstellung ist aber heute nieht mehr gerechtfertigt nachdem in einer Reihe von Fallen einwandfrei abrupte Klimaiinderungen mit einer in humanen MaBstaben ganz kurzen Zeitmiddot skala nachgewiesen wurden die samtlich aus den Interglamiddot zialen oder den - hier nieht interessierenden - tJbermiddot gangsstadien zwischen Glazial und Interglazial stammen Einwandfreie Belege beruhen entweder auf Untersuchunmiddot gen an fossilen Mooren mit Jahresschichten (Varven)

fln Seen mit hoher Sedimentationsrate oder von Baummiddot ringen Aus Raumgrtinden ist es nieht moglich auf einzelmiddot

ne Befunde einzugehen (FLOHN 1974 1978) Einer der besten stammt aus der Liineburger Heide (H MOLLER 1974 1978) wo vor tiber 300 000 Jahren ein Wald der einem etwas warmeren Klima als heute entsprach binnen 30 Jahren () verschwand urn nach einer Pause - die Zeit reicht nicht aus urn eine arktische Tundra hervorzubrinmiddot gen durch subarktischen Birkenwald ersetzt zu werden darauf folgte in 300-400 Jahren eine Sequenz von Waldo typen wie man sie heute auf einer Bahnfahrt von Narvik (68deg N) nach Siidschweden sehen kann Dauert die Reakmiddot tion eines Waldes auf eine Klimaanderung sieher Jahrzehnte oder Jahrhunderte so gibt es schnell ere Indikatoren In Mittelengland wurde nach Ende der letzten Eiszeit eine subarktische Kaferfauna in etwa 50 Jahren durch eine warmmiddotgemaBigte Fauna ersetzt aquivalent einer Erhohung der JulimiddotTemperatur urn 8-9degC (COOPE 1977)

Das sind nur zwei niichterne Befunde gewonnen mit neumiddot zeitlichen Arbeitsmethoden die in ihrer Gesamtheit nicht

~ehr anzweifelbar sind die wenigen Klimahistoriker memiddot teorologischer Herkunft haben sich inzwischen von der Bedeutung dieser Zeit skala abrupter KJimaanderungen laquo 100 Jahre) tiberzeugen lassen Mogliche U rsachen fUr die (haufigeren) rapiden Abklihlungen sind schon in den Abschnitten 2 und 7 erortert worden fUr Erwarmungen stehen sie noch aus In jtingster Zeit ist auch kIar geworden daB solche Ereignisse sieh nicht notwendig synchron aus wirken sondern wegen der nur allmahlichen Verlage rung barokliner Frontalzonen im Ozean oder dem regional verschieden raschen Ablauf der kontinentalen Vereisunshygen - diachron dh mit erheblichen Zeitunterschieden in der Horizontalen Das bedeutet auch eine Grenze fUr die Vorstellung eines fast-intransitiven Klimas im Sinne von ELORENZ

Nehmen wir die Moglichkeit einer abrupten Abklihlung dieser Zeitskala als gegeben an wie und wo konnte sie sieh abspielen Zweifellos kann eine kontinentale Gletshyscherbildung nur mit einem wiederholten Uberdauern

der Winterschneedecke tiber den Sommer hin beginnen in den kritischen Gebieten der Subarktis - so die 750000 km2 groBe Baffin-Insel mit ihren Hochplateaus Labrador auch Lappland und die norwegischen Gebirge - schmilzt auch heute die meterdicke Schneedecke erst Anfang oder Mitte Juni endgilltig ab urn sieh Ende August oder im Sepshytember neu zu bilden Hierzu gemigt in Baffinland ein Absinken der Sommertemperaturen urn nur etwa 2dege wahrend in den anderen Gebieten 4-6degC notwendig wamiddot ren oder zugleieh eine massive Zunahme der Schneenieshyderschlage Die kritische Stellung Baffinlands erhellt auch daraus daB in der kIeinen Eiszeit - nach Ausweis von FlechtenUntersuchungen die heute insgesamt 37 000 km 2 einnehmenden Plateau-Eisfelder sich auf 140000 km2 vergroBert hatten (IVES) entsprechende Untersumiddot chungen in Fennoskandien stehen noch aus

Eine Modelluntersuchung (ANDREWS - MAHAFFY) ftir Baffinland hat in zwei Experimenten gezeigt wie sich eine urn einen Faktor 3 erhohte Sehneebilanz in einer langsashymen Zunahme von Flache und Volumen einer Eisdecke auswirkt langsamer als die Beobachtungen des eusta tishyschen Sinkens des Meeresspiegels in den interglazialen Kaltmiddot phasen anzeigen Aber in diesem Modell ist die machtvolle Rtickkopplung zwischen Schneedecke Albedo und Tempeshyratur nieht voll und zu spat in Reehnung gestellt worden Jedenfalls ist es hochst unwahrscheinlich daB in den nachsten 100 Jahren nachdem zuerst eine Kaltphase im obigen Sinne eintrat dieser ProzeB sich tiber die unmittdshybare Umgebung hinaus weltweit auswirken konnte Hiermiddot gegen sprechen aueh die langperiodischen Effektr der Erdmiddot bahneIemente deren nachstes Minimum (kiihle Sommer in der Arktis kalte Winter zugleieh in der Antarktis) erst in rund 10 000 Jahren fallig ist (BERGER)

Bei dieser Sachlage ist hOchstens - bei einer Kombination mehrerer ungtinstiger Voraussetzungen etwa dem Zusamshymentreffen mehrerer sehr schwerer Vulkaneruptionen von der Intensitat des Tambora (1815) oder wenigstens Krakatau (1883) innerhalb der jetzigen Phase relativ ausgedehnten polaren Treibeises vor Wirksamwerden der erwarteten anthropogenen Erwarmung mit einer abortiven Vershygletscherung zu rechnen die nieht zu einer vollen Eiszeit auswachsen wUrde In unserer humanen Zeitskala ware das aber schon schlimm genug Serien von Jahren mit sehr kaIten Wintern kiihlen und nassen Sommern schwere MiBshyernten in weiten Teilen der gemaBigten Zone zeitweise auch in den Tropen die sieher nieht ausgeglichen werden konnen durch Feuchtejahre in Teilgebieten von Nordafrika und dem Nahen Osten Die Wahrscheinlichkeit hierfUr ist aber gering - sie betragt nach verschiedenen Kriterien tibereinstimmend zwischen 01 und 1 Prozent in den nachshysten 100 Jahren AuBerdem waren fUr diesen Fall gezielmiddot te GegenmaBnahmen denkbar die hier nieht volig utopishyscher Natur sind

8 Wahrscheinlichkeit und Risiken die Rolle der Energieshypolitik

Die Wahrscheinlichkeit einer globalen Warm phase ist nach allem was wir wissen erheblich groBer als die einer Kaltshyphase Die Schwierigkeit bei der Abschatzung liegt darin daB Entscheidungen und Entwicklungen auf politischer sozialer und 6konomischer Ebene hier eingreifen konnen

19

die vorherzusagen nicht nur dem Meteorologen schwer fallt Wenn wir diese einmal versuchsweise vernachHissigen dann dUrfte in den nachsten 100 Jahren die Wahrscheinmiddot Iichkeit fur das Auftreten einer Kaltpflase vom Typ der kleinen Eiszeit nieht mehr als hochstens 20k betragen (und naeh etwa 2000) weiter abnehmen) FUr das Auftreshyten einer Warmpllase im Sinne der Beispiele in den Abmiddot sdmitten 61 und 62 mUssen wir aber hohere WahrscheinshyIichkeiten ansetzen wenn auch erst nach der Jahrhundertmiddot wende danach steigen sie das ist die in vielen Diskusmiddot sionen erworbene Oberzeugung des Verfassers unter den hier und in Abschnitt 5 gegebenen Voraussetzungen auf Uber 50 an

1st ill diesem Faile aber eine Entwieklung zu einem eismiddot freien arktischen Ozean (Absehnitt 64) mit ihren fast unshyvorstellbaren Konsequenzen fUr Wasserversorgung und Ernahrung noch vermeidbar Damit libersehreiten wir die Grenze des Fachwissens des Meteorologen der sich nur allmiddot zu getne in den akademisehen Elfenbeinturm zurlickziemiddot hen moehte Aber die Dinge sind zu wichtig eine Wende auf Grund politischer Entscheidung auf internationaler Ebene ist noch moglieh aber dann und nur dann wenn das Dogma von der Notwendigkeit standig zunehmenden wirtschaftliehen Wachstums das bei begrenzten Vorshyraten (Resourcen) mit den Naturgesetzen unvereinbar ist shyzugunsten einer besseren Einsicht aufgegeben wird (GRUHl) Ebenso ist eine Stabilisierung des Bevolkerungsshywaehstums nOlwendig - ohne einen hoheren Lebensstanmiddot dard in den Entwicklungslandern ist das unrealisierbar

Gleichzeitig mu~ aber die Energiepolitik sich frei machen von dec sinnlosen Verschwendung fossiler EnergiequeIIen die in 400 Ma durch biologische Prozesse aus der Sonnenmiddot energie aufgebaut und gespeichert wurden (s a Beitrag JUNGE) Ein Obergang zu erneuerbaren Energiequellen (Sonne Wind Gezeiten - auch die kaum erschopfbare Geothermik) ist moglich erfordert aber eine Kombination neuartiger (und kostspieliger) Technologien wie sie etwa am International Institut for Applied Systems Analysis in Laxenburg bei Wien von einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von W HAFELE (frtiher Karlsruhe) entwiekelt werden Aueh die Kernenergie mul1 in diesen Rahmenshyjedenfalls fUr eine Obergangszeit - einbezogen werden Das mit ihr verbundene Risiko ist auf jeden Fall geringer als das Risiko einer Verlagerung aller Klimazonen Da ein Obergang zu neuen Technologien sieher tiber 30 wahrshyscheinlieh 50 Jahre benotigt drangt die Zeit Neue Priorimiddot taten mlissen gesetzt werden Es geht urn das Wohl der naehsten Generationen

Literaturauswahl

ANDREWS T1 MAHAFFY MAW Quaternary Research 6 (1976) S 167-183

AUGUSTSSON T RAMANATHAN V J atmos Sci 34(1977) S 448-451

BERGER AL Quaternary Research 9 (1978) S 139~-167

BJERKNES J Monthly Weather Review 97 (1969) S 163-172

BROWNLR Worldwatch Papers Washington DC 8 (I 976)

BRYSON RA MURRAY Th1 Climates of Hunger MadisonWis 1977

o

BUDD WF J Glaciol 14 (1975) S 3-21

BUDYKO MJ TeHus 21 (1969) S 611-619 29 (1977) S 193-204

CESS RD J atmos Sci 33 (1976) S 1831-1843

CHARNEY JG Quart J Roy Meteorol Soc 101 (1975) S 193-202

COOPEGR Phios Transact Roy Soc London 280 (1977) S 313 shy340

DANSGAARD W et al Quaternary Research 2 (1972) S 396-398

DOBERITZ R Ber d Deutschen Wetterd 112 (1968)

EDDYJA Science 192 (1976) S 1189-1202 198 (1977) S 824 829

FINK J KUKLA GJ Quaternary Research 7 (1977) S 363-37 L ~

FLOHN H III Bonner Meteorol Abhandl 15 (1971) 21 (1975) Quaternary ReseJrch 4 (1974) S 385-404 in print (1978)

FRENZEL B Die Klimaschwankungen des Eiszeitalters Braunschweig~ 1967 ErdwissForschungen 1(1968)

FRITTS HC Tree Rings and Climate London New York 1976

GABRIELB Berliner Geoge Abh 27 (1977)

GATES WL J atmos Sci 33 (1976) S 1844-1873

GRUHLH Ein Planet wird geplUndert Frankfurt aM 1978

HAFELE W SASSIN W Ann Rev Energy 2 (1977) S 1-30

HAHN J JUNGE ChL Z f Naturforsch 32a (1977) S 190-214

HASSELMANN K u Mitarb TeHus 28 (1976) S 473-485 29 (1977) S 289-305 385-392

HAYS JD IMBRIE J SHACKLETON N Science 194 (1976) S 1121-1132

HELBIGM Diplomarbeit Univ Bonn (1976)

HSO K et al Nature 242 (1973) S 240-244 267 (1977) S 399-403 Naturwissensch61 (1974)S137-142

HUGHES T Rev Geophys and Space Phys 13 (1975) S 502-526 15 (I977) S 1-46

HUMMEL J RECK RA General Motors Res Lab Publ 2607 (1978)

HUNT BG Monthly Weather Review 105 (1977) S 247-260

IVES JD et al Naturwissensch 62 (1975) S 118-125

KELLOGG WW WMOmiddotBull 26 (1977) S 229-240 27 (1978) S 3-10

KENNETTJP J geophys Res 82 (1977) S 3843-3860

KONDRATIEV G Ya NIKOLSKY GA Quart J Roy Meteorol Soc 96 (1970) S 509-522

l

KORFF HC FLOHN H Ann Meteorol N F 4 (1969) S 163-164

LAMBHH Climate Present Past and Future Vol I (1972) Vo Il (I 977) London Methuen

LORENZE J appl Meteorol 9 (1970) S 325-329

MAGEDEFRAU K Palaobiologie der Pflanzen 4 Aufl Stuttgart 1968

MANABE S BRYAN K Monthly Weather Review 97 (1969) S 739-827 J phys Oceanogr 5 (1975) S 3-29

MANABE S WETHERALD RT atmos Sci 24 (1967) S 241 ~-259 32 ( 1975) S 3-15

MASON BJ Promet 7 (1977) H 4 S 1-26

MASS Cl SCHNEIDER StH J atmos Sci 34 (1977) S 1995-2004

MAYKUT GA UNTERSTEINER N Jgeophys Res 76 (1971)S 1550-1575

MOLLERH Geologisches Jahrbuch 83 (1965) S 327-352 A 21 (1974) S 107-140 im Druck (1978)

NAMIAS J Short Period Climatic Variations 1934-1974 2 Vol F-- Univ of California 1975

NEWELL R et al Pure and appl Geophysics 116 (1978) S 351-371

NICHOLSON Sh Ph D Thesis Departm Meteor Univ Wisconsin (1976)

OLIVER RC J appl Meteorol 15 (1976) S 933--950

PACHUR HJ Die Erde 106 (1975) S 21-46

PATZELT G Coil Internal CN RS No 219 (1973) S 51-59

PFISTER Chr Beiheft 2 Jb Geogr Ges Bern (1975)

POLLOCK JP et al Jgeophys Res 81 (1976)S 1071 1083

RODEWALD M Dt Hydrogr Z 20 (1967) S 269 25 (1972) S 97-117

ROGNONP Rev Geogr Phys Geol Dynam 18 (1976) S 251-282

ROWNTREE PR Quart J Roy Meteorol Soc 98 (1972) S 290-321

RUDLOFF H v Die Schwankungen und Pendelungen des Klimas in Eushyropa Braunschweig 1967

SCHWARZBACH M Das Klima der Vorzeit 3 Aufl Stuttgart 1974

SHACKLETON NJ OPDYKE ND Quaternary Research 3 ( 1973) S 39-55

STROBING K Der Seewart 35 (1974) S 1-1436 (1975) S 28-29

TREMPEL U Diplomarbeit Univ Bonn (1978)

VOWINCKEL E ORVIG S World Survey of Climatology 14 (1970) S 129-252

WANG WC et al Science 194 (1976) S 685-690

WETHERALD RT MANABE S Monthly Weather Review 100 (1972) S 42-59 J atshymos Sci 32 (1975) S 2044-2059

YAMAMOTO R J Meteor Soc Japan 53 (1975) S 482-486

21

Page 8: :SBWU>t S9J9SUn ijun>tnz 9!a 9W91qOJd pun U9l>tB,:j · 2 Wechselwirkungen im klimatischen System . 2.1 Die Rolle des polaren Treibeises 2.2 Das El Nino-Phanomen . 2.3 Kontinentale

zum Pazifik erstreckt - Uberwiegend auf einem Felssockel unter dem Meeresspiegel Neuere Untersuchungen (HUGHES) haben ergeben daiJ dieser Sektor schon mehrshyfach aufgeschwommen und dann abgeschmolzen ist mit einem weltweiten Anstieg des Meeresspiegels urn 5-7 m das sind die in Fachkreisen neuerdings viel erorterten antarktischen Ausbrtiche (surges) die - in Analogie zu den in Alaska und in anderen Gebieten beobachteten rapiden GletschervorstoiJen rasch ablaufen konnen Ein mathematisches Modell dieser AusbrUche hat BUDD (Melshybourne) entwickelt offenbar handelt es sichjedoch urn sehr seltene Ereignisse (zuletzt vor ca 115 000 Jahren im letzshyten Interglazial) tiber deren Zeitskala und Ablauf noch sehr wenig bekannt ist

Die mogliche Bedeutung eines solchen Ereignisses liegt in dem Ansteigen des Meeresspiegels eine detaillierte Unshytersuchung (auch in dem bisher fast unzuganglichen Beshyreich des Weddellmeeres) ist dringend erwiinscht auch wenn das derzeitige Eisprofil im untersuchten Gebiet des Roill-Schelfs noch nicht den Gleichgewichtsstand ershyreicht hat Kleinere Vorgange dieser Art (wobei Eismasshysen von maximal 1-2 bull lOS km3 beteiligt sein mogen statt gt 106 km3 ) sind wahrscheinlich auch in der Nachshy

alszeit aufgetreten beim Kalben der Schelfeise entsteshyren riesige Tafeleisberge bis zur Gro~e Hollands oder

Belgiens In Gronland sind aile diese Vorgange von viel geringerem AusmaiJ

3 Narurliche Ursachen der Klimaschwankungen

31 Variabilitat der Sonnenstrahlung

Abgesehen von solchen im internen klimatischen Regiershysystem begriindeten kurzfristigen Schwankungen werden immer wieder auampre (externe) Faktoren als Ursache von klimatischen Schwankungen bezeichnet Zuerst miissen wir die Frage aufwerfen ist unsere primare EnergiequeUe die Sonnen-Strahlung wirklich konstant oder fUhrt der Beshygriff der Solarkonstanten in die Irre Diese Frage ist zZ leider noch vollig offen wir verfUgen tiber keine einwandfreien Messungen zu ihrer Entscheidung (MASON) Messungen von hochfliegenden Ballonen in 23 30 km Hoshyhe die KONDRATIEV wahrend 6 Jahren in der Sowjetshy

rIlion durchftihrte konnen auch in dieser Hohe noch von r ~ratospharischem Staub vulkanischer Herkunft beeinflu~t

worden sein indirekte Belege wie sie durch Beobachtung der Albedo anderer Planeten (so Uranus) gewonnen wershyden konnen sind etwas unsicher An der AusrUstung von Satelliten mit hochempfindlichen vom Boden her kontrolshylierbaren MeMiihlern (mit einer tiber Jahre festzuhaltenshyden Me~genauigkeit von 1 Promille) wird intensiv gearbeishytet Neue Daten tiber das nahezu vollige Fehlen von Sonnenshyflecken in der Zeitspanne 1645 - 1710 und tiber Schwanshykungen der Rotationsdauer der Sonne in dieser Zeit (EDDY) scheinen doch entgegen dem Votum der Mehrzahl der Astronomen - fUr eine hOhere Variabilitat der Sonne zu sprechen Da~ eine Anderung von nur 1-2 Prozent bereits erhebliche Auswirkungen auf das Klima haben kann ergibt sich aus Rechnungen mit einfachen (BUDYKO) oder fortgeschrittenen Klimamodellen die jedenfalls die Dynamik der Atmosphare und den Wassershykreislauf in Rechnung stellen (WETHERALD und MAshyNABE)

Die Rolle der solaren Aktivitat ist inzwischen wieder akshytuell geworden aber sicher handelt es sich nicht urn einshyfache zyklische Vorgange wenn auch fUr eine etwa 23jahrishyge Peri ode mehr Belegmaterial existiert als fUr die klassische I1-Jahresperiode Aber der Anteil an der gesamten Varianz ist im allgemeinen gering und unerklarliche Phasensprtinge (MASON) untersti1tzen nur die weitverbreitete Skepsis gegentiber der Ntitzlichkeit flir praktische Zwecke Auch sorgfaltige empirische Studien (OLIVER MASS und SCHNEIDER) konnten keinen Beweis flir ihre Rolle im Klimageschehen Hefem (s a Abschn 1)

32 Vulkaneruptionen

Sicher belegt ist dagegen durch neue statistische Untersumiddot chungen (YAMAMOTO MASS und SCHNEIDER) und Modelle (HUNT POLLOCK) die globale Wirkung von groiJen Vulkanausbruchen deren Exhalationen in die Stratosphare gelangen und in Hohen zwischen 20 und 50 km Partikel bilden die die sHindig vorhandene JUNGEshySchicht urn einen Faktor 10 100 verstarken und farbenshyprach tige Dammerungserscheinungen hervorrufen Diese stratosphiirischen Staubwolken (zuletzt nach AusbrUchen des Agungmiddot auf Bali 1963 und des Fuego in Guatemala 1974 auch in Mitteleuropa sichtbar) absorbieren einen Tell der Sonnenstrahlung und streuen einen anderen TeB zushyruck in den Weltraum hierdurch kommt es im Mittel tiber die ganze Erde zu einer AbkUhlung urn bis 1-15degCdie allerdings selten mehr als 1-2 Jahre hindurch anhalt Sie tiberlagert sich den wesentlich starkeren Temperaturandeshyrungen die standig advektiv durch den Transport von Warmluft oder Kaltluft entstehen und tiber Monate hinweg ziemlich ortsfest sein konnen derartigen Transportvorshygangen verdanken wir in Westeuropa jetzt eine ~ehr auenishylige Foige von 7-8 zu mild en Wintern im Gegensatz zu extrem kalten Winterabschnitten in Nordamerika (Januar 1977 zT der kalteste dieses Jahrhunderts) oder Ostshyeuropa Die Haufigkeit gro~er VulkanausbrUche die vor allem LAMB fUr die Zeit seit 1500 untersucht hat schwankt sehr stark wahrend in einzelnen Zeitabschnitten (so urn 1690 oder 1815-1835) viele grofiJe Ausbrtiche in den verschieshydensten Gegenden der Erde sich haufen gibt es auch lanshygere Zeitraume (so 1912-1948) in denen sie ganz fehlen oder doch nur vereinzel t auftreten Seit etwa 1955 leben wir in einem Abschnitt wiederauflebender aber nur masshysiger Vulkantatigkeit Aber die auffallige Haufung sehr schwerer Erdbeben in den letzten Jahren laBt erkennen dafiJ auch mit schweren Vulkanausbrtichen jederzeit geshyrechnet werden mu~ Denn diese beiden Ereignisse sind wie wir heute sicher wissen kollektiv miteinander gekopshypelt es sind die langsamen Dritbewegungen der grofSen tektonischen Platten die einerseits im Bereich der gro~en meist ozeanischen Ri~-Zonen Vulkanausbrtiche auslosen andererseits unter die grofiJen Kontinentalschollen untershytauchen und dabei schwere Erdbeben mit tiefsitzendem Herd auslosen Ein direkt sichtbarer Tei des grofben atlanmiddot tischen Spaltensystems zieht quer durch Island in diesem Bereich traten in den letzten Jahren mehrfach Vulkanausmiddot brtiche (Surtsey Heimaey Kraftla) auf 1m Bereich des letzteren kam es am Myvatn-See in N-Island im April 1977 zu einem Aufrei~en von zwei parallelen Spalten mit einer Zerrung des Gelandes von 2 m auf 1 km mit anhaltenden Dampfexhalationen die ein fast vollendetes geotherrnisches Kraftwerk auBer Funktion setzten

7

1649

h i~v4lWv

Das episodische diskontinuierliche Auftreten vulkanischer Ereignisse gilt nicht nur fUr die (hier unmittelbar interessiemiddot rende) Zeitskala 101

- 102 Jahre sondern auch in der Zeitskala 103 104 Jahre ja sogar wie aus den Ergebshynissen des Deep Sea Drilling Programms hervorgeht im Bereich 106 107 Jahre

Die Klimageschichte lehrt uns wie groBe Vulkanausbrliche g10baJe Abkiihlungen fiir 1-3 Jahre auslbsen die natiirlich in einigen Gebieten durch advektive Erwarmung iiberlagert werden kbnnen Der starkste noch gut belegte Fall dieser Art ereignete sich nach dem grbBten historischen Ausshybruch des Tambora auf Sumbawa im Friihjahr 1815 die Sommer 1816 und 1817 waren in Europa Japan und Nordmiddot amerika ungewbhnlich kiihl zT feucht und von schwemiddot ren MiBernten begleitet die im Rheinland (mi t seinen durch Erbteilung zersplitterten Bauernhbfen) eine erste Welle von Auswanderungen nach Amerika einleiteten Die Getreimiddot depreise Mitteleuropas erreichten ihr absolutes Maximum vor 1950 ~Abb 6 und in den Vereinigten Staaten war 1816 das Jahrohne Sommer

4 Anthropogene Vrsachen die Rolle der Eingriffe des Menschen

41 Energiezufuhr und Luftverschmutzung

GegenUber der iiberragenden Rolle der Sonnenstrahlung (lie an der Obergrenze der Erdatmosphare rund 340 Watt auf jeden m2 der rotierenden Erde abgibt - und ihren Umsetzungen innerhalb der Atmosphare die als Strahlungsshybilanz oder Nettostrahlung an der Erdoberflache im Mitmiddot tel noch rund 100Wm2 liefern ist der Anteil der direkten Energiezufuhr als primarer Beitrag des Menschen mit 0015 Wm2 verschwindend gering hbchstens vergleieh bar mit dem geothermischen Warmestrom aus dem Erdmiddot innern (006 Wm2) oder dem Anteil der photosynthetimiddot schen Prozesse in der Biosphare (02 Wm2

) Diese g10balen

100

80

60

40

20

ROGGENPRE ISmiddot INDEX 16167

(19501001

1805 1771 1655

1847

~ 1622

1795

17621740 18311693 III 1634 bull 1~626 1699

17891712

Ii

middot

Mittelwerte geben jedoch ein vbllig falsches Bild tatsachshylich ist der Energieverbrauch in den groBen Industriezenmiddot tren konzentriert und erreieht dort lokal 10-50 Wm2

iiber Flachen von der Gro6enordnung 100 - 1000 km2 bull

Diese Energiezufuhr erzeugt die Warmeinseln der gro6en Stadte mit einer zusatzlichen thermischen Zirkulation und einer statistisch gesieherten Haufung konvektiver Starkregen

Auf der anderen Seite ist der Wirkungsgrad der Sonnenmiddot energie in der Erdatmosphare mit 07 sehr gering dh der Energieumsatz im klimatischen System die Erzeugung verfiigbarer potentieller Energie und die Vernichtung kinetischer Energie liegt auch nur bel 24 Wm2 Da Enermiddot gie ja nicht verbraucht sondern nur umgewandelt werden kann dringen diese vergleiehenden Oberlegungen nicht in die Tiefe des Problems das hier nur angedeutet wermiddot den kann hierzu benbtigen wir Grundbegriffe der heutimiddot gen Thermodynamik Nach ihrem zweiten Hauptsatz kann die Entropie (das Integral iiber aile Zufuhren und Abgaben von Warme im VerhaItnis zur Temperatur) nur zunehmen Umgekehrt nieht Energie sondern negative Entropie (Negentropie) wird verbraucht das bedeutet zugleich einen Verbrauch von Information (im abstrakshyten Sinne des Wortes) Von solchen OberJegungen gehen einige neuere Klimamodelle aus (PALTRIDGE FORTAK)

Die regionale Verteilung dieser anthropogenen Energiezushyfuhr pro Kopf der Bevblkerung ist interessant genug bei allen Industriestaaten Europas (einschlieBlich DDR und Tschechoslowakei) etwa 5-6 KW pro Kopf in USA und Kanada 11-12 KW in Afrika und Stidamerika 04 KW im g10baIen Mittel rund 2 KW Die letzten Zahlen sind sieher zu gering da der Verbrauch an Feuerholz in den Entwicklungslandern statistisch kaum erfa6bar ist wenn dieser sieh auf etwa 15 Tonnen pro Kopf und Jahr bemiddot lauft dann entspricht das weiteren 07 KWKopf oder flir etwa 28 Milliarden weiteren rund 2 TW (TW =Teramiddot watt = 1012 W)

01500 20 40 60 80 1600 20 40 60 80 1700 20 40 60 80 1800 20 40 60 80 1900

Abb 6 Roggenpreisindex 1500 1860 Mittel aus 5 deutschen Stiidten nach PHILIPPI

8

Seit 100 Jahren ist der Energieverbrauch urn einen Fakshytor von mehr als 30 gestiegen eine Angleichung der LeshybenshaJtung der Entwicklungslander ist zwangsHiufig notshywendig selbst wenn in den lndustrielandern die Wachsshytumsraten abnehmen werden Nachdem der derzeitige Weltverbrauch 8+2 TW betragt mu~ - bei einer (hofshyfentlich eintretenden) Stabilisierung der WeltbevOlkerung in der Nahe von 10 Milliarden im Laufe des 21 Jahrshyhunderts mit einem Ansteigen auf 35-50 TW (nASA) entsprechend 35-5 KWKopf gerechnet werden

In diesem Zusammenhang ist ein kurzer Blick auf die Beshyvdlkerungsentwicklung notwendig bei der jetzt erstmals Anzeichen einer Trend-Umkehr deutlich werden (Zahlen zusammengefa~t nach LR BROWN 1976)

Weltbevolkerung und Wachstumsrate

Bevolkerung (106 ) Zunahme pro Jahr ()

1970 1975 1970 1975

Nordamerika 226 236 090 060 West-Europa 333 343 056 032

Ost-Europa 368 384 084 086

Ost-Asien 941 1005 185 118 Stidasien Nahost 1123 1263 257 225 Afrika Stidamerika 588 672 269 268

Gesamte Erde 3594 3920 190 164

Diese ZaWen sind au~rst wichtig ftir aile Vberlegungen tiber ein kiinftiges Energiesystem das wahrend der bereits beginnenden Erschopfung der 61- und Erdgasreserven der Erde das heutige ablosen kann auf diese un sere wirtschaftshyHche Zukunft entscheidende Frage kann bier nicht naher eingegangen werden JedenfaJls ist der Energieverbrauch an sich nur in 10kaJem Ma~stab klimagenetisch wirksam

bei einer kiinftig wohl notwendigen Konzentration von Kraftwerken spielt diese Umweltvertraglichkeit eine wesentliche Rolle

Die Luftverschmutzung - hier zunachst die Emission von Aerosolpartikeln in die unteren Schichten (l 3 km) shy

~ist in ihrer klimagenetischen Wirkung oft ilberbewertet rworden Die hervorragenden Aufnahmen des Landsatshy

Satelliten mit einer raumHchen Auflosung bis herab zu 80 m (aus 960 km Hohe) zeigen da~ eine wirksame Trilshybung der Atmosphilre durch Industriezentren Gro~stadte oder Waldbrilnde tiber Entfernungen von einigen 100 km hervorgerufen wird Ober den Trockengebieten der Erde wird mineraHscher Staub durch Wind hoch aufgewirbelt eine Folge der seit Jahrtausenden betriebenen Zerstorung der Vegetation Diese Staubschleier sieht man im Satellishytenbild von der Sahara aus quer tiber den Atlantik bis in die Karibik ziehen Die KIimawirkung dieser Aerosolparshytikel ist komplex grobere Teilchen (gt 10 11m) absorbieshyren hauptsilchlich die langwellige Ausstrahiung der Erde erhohen die Gegenstrahlung der Atmosphilre und erwarshymen so die unteren Schichten fallen aber relativ rasch aus Feine Teilchen laquo 2 11m) absorbieren mehr die Sonnenstrahshylung mit ahnlicher Wirkung - gleichzeitig streuen sie aber auch gemaB den Gesetzen der Mie-Streuung einen kleinen Teil der Sonnenstrahlung zurtick in den

Weltraum die so dem Erdboden verloren geht Das Vershyhilltnis AbsorptionRtickstreuung hangt zT von der Zusammensetzung der Partikel ab das Rilckstrahlungsshyvermogen (Albedo) der Erdoberflilche spielt eine erhehshyliche Rolle 1m ganzen tiberwiegt aber doch offenbar der Erwarmungseffekt das zeigt sich besonders im Bereich der Staubdome der Gro~stadte in deren Bereich zu jeder Tages- und J ahreszeit die Temperatur hoher liegt als in der Umgebung das gleiche gilt ftir staubreiche Wilstenshygebiete wie in Pakistan_

Inzwischen scheinen die gesetzlichen MaBnahmen gegen die Luftverschmutzung wenigstens bei dem groberen Aeroso) ihre Wirkung nicht verfehlt zu haben in London haben sich die Nebel- und Sichtbedingungen seit dem Clean Air Act deutlich verbessert in den USA ist die Staubbelastung in den GroBstadten zurtickgegangen auf dem Lande allerdings leicht angestiegen Auch in Deutschshyland und Japan haben sich die Verhaltnisse in den schlimmshysten Fallen (Mannheim-Ludwigshafen Tokyo) offensichtshyIich gebessert jedenfalls ist der S02 middotGehalt etwas abgeshysunken

Wesentlich ftir die Beurteilung ist der Zeitfaktor Die Zumiddot fuhr ftihlbarer Wilrme (Enthalpie) wird schon in 24 - 48 Stunden durch erhohte Ausstrahlung wieder ausgeglichen Grobe Aerosolpartikel verbleiben im Mittel nur 2-3 Tage in den unteren Luftschichten feine Partikel in mittleren und hoheren Schichten einige Wochen bevor sie durch Wolken und Niederschlag wieder ausgeschieden werden 1m Rahmen des globalen Wasserhaushalts liegt die mittieshyre Verweilzeit eines Wasserdampfmolekills in der Atmosshyphilre dh die Zeitspanne zwischen Verdunstung und Niederschlag bei 9 Tagen Ganz anders liegen die Vershyhaltnisse bei den langlebigen Gasen so verbleibt Kohlendioshyxid im Mittel 6 Jahre in der Atmosphiire

42 Kohiendioxid und Spurengase

Kohlendioxid (C02) stellt heute einen Anteil von rund 330 ppm (10-6 Volumenteile) der Atmosphilre gegenilber 295 plusmn 5 ppm urn 1880 Der Anteil des Sauerstoffs (02 )

betragt in der gleichen Einheit 208100 dieses Reservoir kann also durch eine Zunahme des CO2 -Gehalts selbst urn einen Faktor 10 nicht nennenswert beeinfluBt wershyden Ober die komplexen Fragen des nattirlichen und vom Menschen gestorten Kohlenstoffkreislaufsystems sowie ilber die m6glichen klimatischen Auswirkungen einer weishyteren CO2-Zunahme berichtet in diesem Heft ausftihrlich C JUNGE (S 21 ff) hier mOgen wenige Bemerkungen ge ntigen Das Speichervermogen von Ozean und Biosphare wird oft tiberschatzt die Masse des Ozeans unterhalb der Thermokline bzw der Zwischenschicht in 400-600 m Tiefe nimmt nur sehr langsam an dem CO2 -Austausch teil und kann daher auch nur geringe Mengen speichern Eine Schiitzung der Food and Agricultural Organisation (FAO) ergibt einen Rtickgang des ilquatorialen Regenwaldes von urspriinglich 1592 auf 935106 km2 heute mit einer Rate von 11 0000 km2 (=112) pro Jahr (1) Die Zunahme der Photosynthese und damit der Netto-Produktivitilt der Willshyder kann nur einen Bruchteil dieser Verluste wettmachen

Die Verbrennung fossiler Brennstoffe (Kohle Erdol Erdshygas) liefert zur Zeit jahrlich rund 51 01 5 g CO2 von dem nach neuesten Daten 53 in der Atmosphilre verbleiben

9

ihr Gehalt steigt zur Zeit urn 1-2 ppm pro Jahr an wobei die Ursache der interannuellen Anderungen wahrscheinlich in der thermischen Veranderlichkeit des Ozeans in Aquatorshynahe zu suchen ist (s Abschn 22) Nach dem heutigen Stand der Diskussion (Marz 1978) wird dieser Antell der Atmosphare in den nachsten 3 - 4 lahrzehnten etwa konmiddot stant bleiben dartiber Wnaus ist eine Abschatzung schwierig

Die klimatische Bedeutung des CO2 liegt darin daB es im langwelligen Infrarot bei Wellenliingen zwischen 12 und 15 pm eine breite Absorptionsbande besitzt Es laBt also die Sonnenstrahlung ungehindert durch absorbiert aber die von Erdoberflache und Wolken abgegebene Warmestrahlung mit ihrem Maximum bei 10 pm Das ist der sogenannte Glashauseffekt dieser Begriff ist physikalisch etwas scWef wei ein Glasfenster nicht nur fur infrarote Strahshylung sondern auch fur den turbulenten Warmeaustausch undurchllissig ist (was erst die Warmespeicherung im Glasshyhaus erkUirt) aber er laBt sich wegen seiner Anschaulichshykeit kaum mehr ausrotten Die klimatische Folge einer Zunahme des CO2 -Gehalts ist eine Erwarmung der Troposshyphare die nach oben abnimmt und in der Stratosphare

Abb 7 Temperaturanderung bei Verdoppeung des CO2 shy

Gehaites Modell MANABE-WETHERALD 1975

degC bull degC C02 Concentration (ppm) and Temperature 14

0 0 l I

4 u

8

6

4

2 Model Augustsson-

Ramanathan 1977

10

8

6

4

- 0 l I

u

2

400 800 1200 1600 2000 2400 2800 3200ppm

Abb8 Temperaturanderung (au8er Po1argebiet) mit zushynehmendem CO~ -Gehalt Skala links mit konshystanter Hahe (CT A) rechts mit konstanter Temshyperatur (CTT) der Wolkenobergrenze Modell AUGUSTSSON-RAMANATHAN 1977

in eine Abktih1ung libergeht Zahlreiche immer weiter verfeinerte Modelle haben diesen Effekt bestiitigt altere mtissen wegen unrealistischer Annahmen ausgeschaltet werden Der Betrag der Erwiirmung hangt von der Zunahmiddot me des Wasserdampfgehaltes (dessen Absorptionsbanden zT die des CO2 tiberdecken) mit steigender Temperamiddot tur und von der (nicht genau bekannten) Wechselwirkung

mit der Bewolkung ab Aber die besten Modelle (MAshyNABE-WETHERALD 1975 AUGUSTSSON-RAMANAmiddot THAN 1977) die den Wasserdampfeffekt mit berticksichshytigen (Abb 78) geben tiber einstimmend fUr eine Verdopshypelung des CO2 -Gehaltes (von 300 auf 600 ppm) eine mittlere Erwiirmung in Bodennahe urn 2--3degC an die im Poshylargebiet (wenn man die Rtickkopplung zwischen Rtickstrahshylung (Albedo) Schneedecke und Temperatur in Rechshynung stellt) auf 7-10degC anwachst Diese Erwarmung ershyfolgt anfangs nahezu linear bei weiter steigendem CO2 -

Gehalt etwas langsamer aber selbst bei einer Zunahme urn den Faktor 10 tritt noch keine Sattigung auf die Ershywarmung betragt dann schon auBerhalb der Polargebiete 8-12degC Eine CO2 -Zunahme auf das 5-lOfache ist nicht unrealistisch bei unkontrolliert steigendem Gebrauch fossimiddot ler Brennstoffe insbesondere bei einem erzwungenem Verzicht auf Kernenergie konnen soIche Werte durchaus erreicht werden wie aIle Modellrechnungen aus neuester Zeit libereinstimmend ergeben

Die Situation die von den ftihrenden Energiefachleuten J der Welt sehr ernst genommen wird verscharft sich noch durch den Befund daB einige andere von Menschen promiddot duzierten Spurengase ebenfalls im Infrarot absorbieren und zwar ausgerechnet in dem noch durchlassigen Fenshyster zwischen 75 und 12 pm Zu diesen Spurengasen ~ zlih1t nicht nur das Ozon (03) - auf dieses (mE etwas tibershyschatzte) Problem kann Wer nicht naher eingegangen wershyden - sondern auch Distickstoffoxid (N 20) Methan (CH4 ) die Frigene (C Ch F2 und C ChF) Schwefeldioxid (S02) Ammoniak (NH3) ua die aile in steigendem AusmaB vom Menschen erzeugt werden Am wichtigsten erscheint das N2 0 (HAHN und JUNGE) aIs ein Endprodukt der stickstoftbaltigen Dtingemittel deren Produktion in den letzten 15 Jahren jahrlich urn tiber 10 zugenommen hat ihnen verdanken wir in der Hauptsache daB die Nahmiddot rungsmittelproduktion bisher noch mit der Bev6lkerungsshyzunahme Schritt halten konnte Die Frigene (Chlorofluorshymethane) sind die Treibstoffe der Aerosolsprtihdosen und werden auch in Ktih1schranken verwertet ihre Jahresshyproduktion nahert sich 106 Tonnen und ihre Verweilzeit in der Atmosphare liegt infolge ihIer chemischen Tragheit bei 30-70 Jahren In Schweden und Oregon sind sie inzwishyschen verboten weitere Lander dlirften folgen

Aile diese Gase addieren sich - da ihre schmalen Absorp-~ tionsbanden sich nicht tiberlagern (WANG 1976) - zumiddot dem Glashauseffekt des CO2 eine konservative () ScMtmiddot zung ergibt eine Verstarkung des CO2-Effektes urn 50 Der Verbrauch fossilel Brennstoffe nimmt sicher nicht mehr lange exponentiell zu da als Foige der beginnenden Erschopfung der ErdOl- und Erdgaslager die Preise steigen werden Bei begrenzten Vorraten ergibt sich eine Zunahme des Verbrauchs nach einer logistischen Funktion ist ein Vorrat F (hier gleich 100 gesetzt) begrenzt dann kann man annehmen daB der Verbrauch sich (mit wachsenshydem Preis) proportional zu dem noch vorhandenen Vorrat I-F andert (c Konstante)

1 dF = c(l-F)

F dt

Daraus ergibt sich die logistische Funktion

rl = 1 + exp [ c (t to 5) ]

10

mit dem Zeitpunkt tos in dem 50 von F aufgebraucht ist fhr Verlauf ahnelt einem in die Breite verzerrten S (Sigshymoid) und wir nahern uns offenbar rasch dem Wendeshypunkt

Da die Intensitat des Glashauseffektes in erster Linie von der Zunahme des CO2 -Gehaltes abhangen wird kann man diese mit der der erwahnten Spurengase kombinieren es ergibt sich ein virtueller CO 2 -Gehalt Dann kann die K1imawirkung in Abhangigkeit vom realen CO2 -Gehalt ausshygedrtickt werden das erlaubt eine Abschiitzung der repriishysentativen Temperaturzunahme (mit Ausnahme der Polarshygebiete) als Funktion des COrGehalts bzw der Zeit Zu den Voraussetzungen gehort daU die CO2 -Wachstumsrashyte unteT Einbeziehung der Entwicklungsllinder mit ihrem Nachholbedarf nicht rasch sinken kann und da~ keine anshydere Energiepolitik das CO2 -Risiko ganz ausschalten wird Unter diesen Voraussetzungen lli~t sich abschatzen da~ eine Temperaturzunahme urn 1 5degC (entsprechend der warmsten Periode der Nacheiszeit vor rund 6000 Jahren) schon zwishyschen 2005 und 2015 eine solche urn 25degC (entsprechend dem warmsten Abschnitt der letzten Zwischeneiszeit s Abschn 6) schon in etwa 50 Jahren erreicht werden kann Die kritische Phase bei der bel einer Erwarmung urn 4degC

m6glicherweise das arktische Treibeis wegschmelzen wird konnte trotz verlangsamter Wachstumsrate zwischen

2040 und 2075 dh in weniger als 100 Jahren eintreten Die entsprechenden Schwellenwerte des realen CO2 -Geshyhalts Jiegen flir eine Erwarmung urn 1 5degC (25deg4deg) bei rund 450 (550 750) ppm mit einer Fehlerbreite von plusmn 10 15

43 Die Albedo und das WiistenprobIem

Eine der wichtigsten Gr6Uen im Warmehaushalt der Erdshyoberflache ist die Albedo der Erdoberfliiche AE der Antellmiddot der reflektierten Strahlung an der einfallenden Globalstrahshylung G der Summe aus der direkten Sonnenstrahlung und der diffus gestreuten Strahlung des Himmels und der Wolken Hiertiber berichten in diesem Heft BAUMGARTshyNER KIRCHNER und MAYER (S 32 ft) Die mittlere Alshybedo der Erdoberflache liegt (nach einer besonders grtindlishychen Auswertung von Landsat-Aufuahmen in mehreren Spekshytralbereichen durch HUMMEL und RECK) bei 14 plusmn 05 Proshy

~ zent Aus einem der besten Strahlungsmodelle (MANABE und WETHERALD 1967) ergibt sich bei einer Zunahme

der mittleren Albedo von 1 eine Abnahme der Gleichshygewichtstemperatur urn 13degC Fast immer flihrt die Umshywand lung bzw Zerstorung der urspriinglichen Vegetation zu einer Zunahme der Albedo dies ist offenbar der einshyzige wichtige Eingriff des Menschen der zu einer Abkiihshylung flihren kann Diese Prozesse erfassen zwar riesige Flachen (landwirtschaftliche Nutzflache und Weideland zusammen 38 der Kontinente) aber sie vollziehen sich langsam schon seit def neolithischen Revolution vor 5-7000 Jahren heute beschleunigen sie sich mit der Bevolkerungszunahme

Eine entscheidende Rolle spielen die Vorgange die a1s Desertiikation bezeichnet werden ein passendes Wort in deutscher Sprache hierfLir mOOte erst neu gebildet werden Die Vegetationszerstorung an den Randern der Sahara ist in der Tat alarmierend die UN-Konferenz tiber Desertishyfication (Nairobi 1977) hat sie der WeltOffentlichkeit

klar vor Augen geflihrt Oberall in den Tropengebieten auch in den semiarid en und semihumiden Gebieten mit einer mehrmonatigen Regenzeit geht die Vegetation in den Weidegebieten rasch zurtick In den Liindern des Maghreb (Tunesien Algerien Marokko) in Lybien und im Sudan liegen verla~liche Schatzungen vor im Mittel rUckt die Wtiste urn 1 2 km jahrlich VOL Das bedeutet allein bei der Sahara in jedem Jahr eine Zunahme urn tiber 20000 km2 bull Dies ist keinesfalls die Foige einer Klimaiinshyderung - das konnte in Tunesien in Rajasthan im Sahelshygtirtel einwandfrei nachgewiesen werden Es ist vielmehr das Resultat der vom Menschen veranlaf3ten tiber Jahrtausende fortgesetzten Eingriffe in die natiirlichen Haushalte erst die Vernichtung der Gro~tierherden und der Raubtiere dann die Nutzung der nattirlichen Savannen und Graslander als Weideland flir Rinder Kamele Schafe und Ziegen dazu das jahrlich wiederholte Abbrennen des Grases shyso wurden die TrockenwaIder in Dornsavannen umgewanshydelt - zuletzt die Oberstockung der Graslander mit wachshysender Bev61kerungsdichte In den Liindem der Sahel zone ist die Zahl des Weideviehs in den Jahren 1949 - 68 auf das Sechsfache vermehrt worden hier treten Feucht- und Dtirrejahre meist in Gruppen auf und die Dtirre 1969 - 73 hat sieh 1977 wiederholt Die gro~e natiirliche Verandershylichkeit der Regenfalle von Jahr zu Jahr fUhrt immer wieshyder zu einer Vermehrung des Weideviehs tiber das 6kologishysche Gleichgewicht hinaus das damit nachhaltig gestort wird Hierzu kommt noch die Nutzung der letzten Baume und Straucher als Feuerholz (s Abschn 41) Da~ hierdurch selbst in semihumiden Gebirgslandern wie im Hindukusch oder in Nepal eine vollige Waldzerstorung in Gang kommt ergibt der Augenschein schon bei fltichtigem Besuch

Eine Modellrechnung von CHARNEY (1975) hat nun gezeigt da~ in dem Wtistengiirtel der Erde wegen der hohen Albedo der Erdoberflache der extraterrestrische Strahlungshaushalt negativ wird da~ dieses Defizit durch advektive Warmezufuhr und Absinken der Luft ersetzt werden mu~ und da~ die Zunahme der Albedo durch VeshygetationszerstOrung dieses Absinken nur noch verstarkt Das flihrt zu einem weiteren Rtickgang der Niederschlashyge und zu verstarkter Wtistenbildung Sicher handelt es sich hier urn einen schwachen erst in langen Zeitraumen und tiber gro~n Gebieten wirksamen Prozess der die naturbedingte Trockenheit im Bereich der subtropischen Hochdruckzellen noch verstarkt andere Modellrechshynungen und Auswertungen von Satellitenbildern haben diese Oberlegungen bestatigt Sieher sind die gro~en Wtishysten der Erde nicht erst vom Menschen geschaffen worden aber ihre Intensivierung und Ausweitung ist ein Produkt menschlicher Eingriffe An mindestens drei Stellen (bei Jodhpur mit rund 270 mm Regen im Jahr bei KhartumshyOmdurman mit 160 mm und bei Nefta in Tunesien mit 70 mm) zeigen eingezaunte Gebiete daU die vor den Weideshytieren geschtitzte ursprtingliehe Vegetation eine v61lig andeshyre Albedo hat a1s die umgebende Wtiste Ein Effekt auf die Niederschlage lli~t sich aus den (erst nach 1900 einsetzenshyden) Messungen zwar nicht nachweisen wohl aber aus den historischen Nachrichten aus dem Wtistengiirtel aus den Berichten der frUhen Reisenden tiber die Dauer der Regenshyzeit tiber die Existenz von Brunnen und regelma~ig abkomshymend en Fltissen noch im frUhen Mittelalter sind arabische Reisende quer durch die Sahara mit Pferden gezogen (tiber historische Klimaschwankungen natiirlicher Herkunft s Abschn 6 und 8)

11

5 Das Problem der Klimavorhersage Stand und Aufgaben

51 M odeUrechnungen

Was konnen wir tiber die Zukunft unseres Klimas vorausshysagen Was wissen wir tiber die Ursachen der Klimaschwanshykungen der Vergangenheit Immerhin wachsen unsere empirischen Kenntnisse tiber die Klimageschichte rasch an und erfassen die letzten 10000 Jahre schon recht gut die letzten 700000 Jahre immerhin schon in den Grundmiddot zUgen die Umrisse der Geschichte der letzten 500 Millionen Jahre beginnen ebenfalls sichtbar zu werden (SCHWARZshyBACH) Eindeutige Zusammenhiinge mit den nattirlichen Ursachen sind bisher hochstens vereinzelt nachgewiesen eine Vorhersage dieser extremen Ursachen (Abschn 3) ist bisher unmoglich

Physikalisch-mathematische Klimamodelle sind bisher vielshyfach nur in der einfachsten Form (0- oder I-dimensional) erortert worden 2- oder 3-dimensionale ZirkulationsmoshydelIe der Atmosphiire gibt es in den verschiedensten Formiddot men Gemeinsam ist ihnen die Ableitung der Felder Wind Luftdruck Temperatur auf der Grundlage vorgegebener Randbedingungen so der Temperatur der Ozeanoberfliishyche der mittleren Bewolkung ua Damit sind aber die fUr das Klima entscheidenden Wechselwirkungen fest vorgegeshyben schon die Behandlung des jiihrlichen Ganges ist mit einem so1chen Ansatz unmoglich erst recht natlirlich die Vorhersage von interannuellen Anderungen oder Klimashyschwankungen Die Wechselwirkung Atmosphiire - Ozean ist bisher in nur einem stark idealisierten Modell (MANABE und BRYAN) einbezogen worden andere Modelle behanshydeln den Ozean als beyregungslosen Sumpf der Wiirme und Wasserdampf abgibt bzw aufnimmt Sieher sind diese Ansiitze vielversprechend sie Hefem immerhin ein ziemlich realistisches BUd der groBen Stromungssysteme der Atmosshyphiire der hydrologischen BUanz Niederschlag - Verdunshystung und der Energieumsetzungen innerhalb der Atmosshyphiire Aber schon eine Umsetzung der Zahlenwerte flir die Landoberfliiche in regionalen Klimatypen zeigt die UnvoIlkommenheit dieser Art von Modellen da erhalten Texas und Stidchina ein Wtistenklima oder in der Sahara fallen 1500 mm Niederschlag am Rande des Himalaya dashygegen weniger als 50 mm Natiirlich geben solche Fehler AnlaB zur Verbesserung der Modelle diese aber finden heute weniger inder Physik als vielmehr in der Leistungsshyfahigkeit der Computer und dem Aufwand an Rechenzeit ilire Grenze Auch wissen wir heute daB die meisten Moshydelle (wegen in ihnen enthaltenen mathematischen Niiheshyrungen) auch bei gleichen Anfangsbedingungen verschieshydene Ergebnisse Hefem Modellexperimente Iiefem daher keine Abbilder der Wirklichkeit sondem sind Testversushyche tiber die Sensitivitiit der Modelle selbst Der entscheishydende Einwand ist aber daB es bisher noch nieht gelungen ist die Summe der zeitabhangigen Vorgiinge in Ozean Eis und Atmosphiire und ihre wesentlichen Wechselwirkunshygen in ein Modell einzubauen Keiner der hervorragenden Modellbauer macht sieh lIlusionen tiber die Schwierigshykeiten im Detail eine befriedigende Losung wird wohl kaum vor 10 Jahren gefunden werden konnen und auch dieses Datum mag noch zu optimistisch sein

Andere Modelltypen sind vorgeschJagen worden statishystisch-dynamische Modelle die zeitabhiingige Parameter unter Verzicht auf Detail als Statistiken behandeln und

12

stochastische Modelle bei denen die wirksamen langfristishygen Prozesse im Ozean und im Eis von der kurzlebigen Atshymosphiire her angetrieben werden (HASSELMANN und Mitarbeiter )

Aile diese Versuche sind notwendig und nUtzlich soweit sie unsere Kenntnisse tiber die Wechselwirkungen im klimatimiddot schen System und ihre Auswirkung erweitem erst wenn wir diesen komplexen Wirkungsmechanismus voll versteshyhen konnen wir ihn so vereinfachen dafll wir ein gentigend realistisches und doch noch traktables Klimamodell aufshybauen konnen Ein entscheidender Test ist die Simulation des jiihrlichen Ganges (zB WETHERALD - MANABE 1972) diese jahreszeitliche Anderung der Zirkulation ist eher noch groBartiger als die starks ten Klimaschwankunshygen der Vergangenheit wie etwa eine Eiszeit ftir die GAshyTES (1976) ein Zirkulationsmodell mit gegebenen Randbemiddot dingungen entwickelt hat

S2 Zur Frage der Vorhersagbarkeit

Solange die Hauptursachen der Klimaschwankungen in der Vergangenheit - zuniichst jedenfalls als unvorshyhersagbar geJten mUssen bleibt eine ernstzunehmende Prognose etwa flir das Klima der Periode 2100-2150 AD unmoglich Das muB ganz nilchtem gesehen werden selbst ~ wenn die eben erorterten Schwierigkeiten beim Aufbau eines geeigneten Modells voll befriedigend gelost werden konnen Aber ein Ausweg ist moglich der immerhin eine bedingte Vorhersage - in der Literatur als Vorhersage zweiter Art bezeichnet ermoglicht Setzen wir eillshymal voraus daB die unvorhersagbaren Prozesse so weltershylaufen wie in den letzten (rund) 5000 Jahren - genauer seit dem Verschwinden der letzten Reste der kontinentalen Inlandeisdome auf Labrador Dann konnen wir mit Modellshyrechnungen untersuchen wie dieses klimatische System auf Anderungen der Randbedingungen - zB auf eine Anderung des CO2 -Gehalts des Aerosolgehalts der unteren Troposphare oder der Stratosphiire (Vulkane) der Oberfliishychenalbedo - reagiert Solange kein wirklich komprehenshysives aile Untersysteme mitumfassendes Modell des klimashytischen Systems existiert sollte das in sorgfaltig geplanten Parallelversuchen mi t den heute verfUgbaren Modellen bzw den noch verbesserten Versionen durchgefilhrt werden

Parallel hierzu muB aber ein vertieftes Studium charakshyteristischer Stadien der Klimate der Vergangenheit treten ~ das Iiegt auch im Interesse der Modellbauer Es gibt nur eine Mogliehkei1 die Eignung eines Modells zur Klimavormiddot hersage zu erproben die Simulation der Klimate der Vershygangenheit und ihrer zeitlichen Entwicklung Aber auch unabhiingig davon geben uns diese Paliioklimate Hinweise darauf wie das Klima unserer Erde auch aussehen konnshyteo Denn hier versagt offenbar - jedenfalls gilt dies ftir die Mehrzahl der Meteorologen unser Vorstellungsshyvermogen nur so ist das (fast irrationale) Festhalten an der Oberzeugung von der Konstanz unseres Klimas zu erkliiren trotz all unserer Erfahrung mit extremen Wetterlagen

Stellen wir nur die in der Vergangenheit wirksamen Klimashyfaktoren in Rechnung dann mtissen wir uns fragen wie sah das Klima aus als unsere AlpengJetscher den vielerorts im Gelande noch siehtbaren Hochststand (mehrfach in def Zeit zwischen 1610 und 1855) erreicht hatten Das war die kleine Eiszeit (s Abschn 7) sieher mtiBte def Obershy

gang zu der nachsten Eiszeit von einem solchen Stadium ausgehen und wir mtissen die Frage nach der Natur dieses Obergangs erortern Stellen wir im Gegensatz hierzu die anthropogenen Faktoren in den Vordergrund die offenmiddot bar in ihrer Gesamtheit zu einer globalen Erwarmung flihren (s Absdm 41 42) dann kbnnen wir die Warmmiddot phasen der Vorzeitklimate untersuchen und als Beispiel fUr die in Zukunft zu erwartenden Zustande nehmen NatUrJich mtissen wir uns auch die Frage stellen kann sich das Klima der Vergangenheit wiederholen oder haben sich die Randbedingungen inzwischen geandert Nachdem wir heute wissen daf~ es in jtingerer Vergangenheit nicht eine oder vier sondern mindestens 17 Eiszeiten und ebensoviele Warmzeiten g10balen AusmaBes in 18 Milliomiddot nen lahren gegeben hat (FINK und KUKLA) stellt sich dieses Problem in aller Scharfe Auch die Geschichte des Menschen wiederholt sich nie aufvbllig g1eiche Art

Solange wir also keine physikalisch einwandfreien genUmiddot gend realistischen Klimamodelle zur Verftigung haben mUsmiddot sen wir uns mit dem Vergleich vergangener Zustande aber mit aller gebotener Kritik und Vorsicht behelfen Diese Art der Darstellung moglicher aber keinesfalls gesimiddot cherter Zustande bezeichnet man (in der sehr umfang reichen Literatur Uber Zukunftsfragen) als Szenarium als Drehbuch fUr einen Film Das ist eine auBerst unglUckmiddot liche Bezeichnung unsere Darstellung entspringt niemals allein schbpferischer Phantasie sondern beruht ausschlieBmiddot Hch auf den kritisch durchgeprUften Grabungsergebnissen der Vergangenheit alles was frliher schon einmal gesche hen ist kann wieder geschehen sofern die g1eichen Randmiddot bedingungen gegeben sind HierfUr geben uns die vorliemiddot genden Modelle wertvolle Hinweise Andererseits mUsmiddot sen wir stets die natiirlichen Schwankungen des Klimas (mit einer GroBenordnung von plusmn 06degC fUr die g10bale Mitteltemperatur gegeben fUr einen zB IOOjahrigen Mitmiddot telwert) mit in Rechnung stellen sie addieren sich zu den anthropogen verursachten Schwankungen ledem mit der Klimavergangenheit nicht vertrauten Leser sollte das Studium des groBen zweibandigen Werkes Climates Past Present and Future von H LAMB dringend empfoh len werden

FUr den folgenden Abschnitt 6 die Erorterung globaler Warmphasen als Beispiele [iir m6gliche Klimazustiinde unter anthropogenem Einftuj3 mUssen wir folgende einmiddot schrankende Voraussetzungen machen (s Abschn 23 und 3)

a) Konstanz der Solarkonstanten (innerhalb der heutigen MeBgenauigke it)

b) keine Haufung starkerer VulkanausbrUche c) kein groBskaliger Ausbruch des WestantarktismiddotEises d) keine Anderung der mittleren Bewolkung

Die letzte Einschrankung bezieht sich auf unsere mangelmiddot haften Kenntnisse tiber die Rolle der BewOlkung im Strahmiddot lungshaushalt Zweifellos ware schon eine geringe Zunahmiddot me der Bewolkung (zZ nach Bodenbeobachtungen ca 52 nach Satellitendaten ca 30 beides mit sysmiddot tematischen gegeneinander wirkenden Fehlern behaftet) fUr den Warmehaushalt von entscheidender Bedeutung Doeh ist das unwahrscheinlich (CESS) der gro~te Teil der Wolken entsteht in aufsteigenden Luftstromungen und lost sich bei Absinken auf bleibt also als Foige des Kontinuitiitssatzes etwa erhalten Die stabilen Inversionen

aber dUrften bei einer CO2 middotZunahme wegen der waehsenden LabiliHit der Schichtung eher abnehmen

6 Warmphasen in der Klimageschichte

61 Friihmittelalterliche Wiinneperiode

Da eine Riickkehr zu einer rein naturbedingten Klimaentmiddot wicklung ebenso unmoglich ist wie eine RUckkehr zu den Lebensbedingungen der lungsteinzeit fUr eine Erdbevolkemiddot rung von Uber 4 Milliarden miissen wir mit einer g10balen Erwarmung rechnen Dem widerspricht die Abklihlung der Periode 1945-72 in mittleren und hohen Breiten der Nordhalbkugel nur scheinbar in niedrigen Breiten blieben die Temparaturen fast konstant in gemaBigten Breiten der SUdhalbkugel und am Rande der Antarktis sind sie sogar leicht angestiegen Einer CO2 middotZunahme von 12-13 entspricht eihe g10bale Temperaturzunahme urn a2degC dies liegt noch ganz im Bereich des statistischen Rauschens dh der interannuellen Variabilitat Die bemiddot obachtete AbkUhlung kann offenbar mindestens teilweise auf die seit 1955 wieder auflebende Vulkantatigkeit (nach einer Pause 1912-1948) zuruckgefUhrt werden Das Argumiddot ment daB ohne die inzwischen erfolgte CO2 middotZunahme die AbkUhlung entspreehend starker gewesen ware la~t sich weder beweisen noch widerlegen es steht jedenfalls im Einklang mit den zuveriassigsten Strahlungsmodellen Wir betrachten also zunachst als Beispiel fUr eine kUnftimiddot ge Klimaentwicklung - einige Warmphasen aus der Klimamiddot geschichte ohne daB ruer auf die Art der Quellen und ihre Kritik eingegangen werden kann (vgl die Monogramiddot pruen von SCHWARZBACH und LAMB)

Die erste wichtige Warmphase ist das frUhe Mittelalter etwa die Periode 900 - 1050 un serer Zeitrechnung Sie ist zwar in Mitteleuropa durch historische Daten wenig bemiddot legt das umfangreiche Werk von H LAMB enthalt eine Zusammenstellung aller erreichbarer Daten die inzwischen fortlaufend erganzt werden In dieser Zeit scheinen sich (die vorsichtige Ausdrucksweise ist wegen der noch allmiddot zuoft unkri tischen Auswertung historischer Quellen notmiddot wendig) in weiten Teilen Europas warme Sommer und DUrreperioden zu haufen Die wichtigsten Befunde ergeben sich ausder Siedlungsgescruchte der Wikinger in Island und Gronland mit ihren klihnen Vorstoampn nach Labrador und Neufundland Diese Auswanderer (aus politischen GrUnden) trafen ab 874 Island zu etwa 60 bewaldet an sie trieben dort nicht nur Schafzucht sondern auch Getreidebau (wie Ubrigens damals in Norwegen bis zum 65 Breitengrad) Sie Uberquerten die DanemarkstraBe an der schmalsten Stelle ohne den heutigen TreibeisgUrtel anzutreffen und errichteten Siedlungen in Siidmiddot und Westgronland die FriedhOfe dieser Siedlungen liegen heute im Dauermiddot frostboden War der OstgronlandstrOin damals in 65degN eisfrei dann muB das bei dessen hoher Geschwindigkeit Om Vergleich zur Abschmelzzeit der Eisschollen) fUr seimiddot ne gesamte Lange zutreffen die arktische Treibeisgrenze lag also damals an der Nordkiiste Grbnlands dh in 80-shy

o8I N Breite Erst urn 1330 liegt ein zeitgenbssischer Bemiddot richt vor daB das vorgeriickte Eis zur Aufgabe dieses Scruffmiddot fahrtsweges gefiihrt hat zugleich verschlechterten sich die Klimabedingungen in Gronland und Island wo der Getreimiddot debau aufgegeben werden muBte Archaologische For schung hat zeigen konnen daB urn 1000 die Eskimos den ganzen arktischen Arcrupel Kanadas besiedelt hatmiddot

13

ten ebenso die Neusibirisehen Inseln In diesen heute mensehenleeren Einoden lebten sie von Walfang ~ dieshyser setzt offenes Wasser im Sommer voraus Die gleiche Klimaversehlechterung zwang sie ZUIll Ausweichen nach Sliden und ZusammenstoJ)e mit den durch Hunger und Seuchen dezimierten norwegisehen Siedlern in StidgrOn land filhrten zu deren Verniehtung

Die Waldgesehichte Kanadas und Europas die Gletschershygesehichte der Alpen beJegen um J 000 eine Erwarmung lim etwa 1deg( das Kaspische Meer erreichte einen seiner tiefsten Stande bel ~3~ m dh niedriger als heute wo viel Wasser zu Bewaserungszwecken verwendet wird Der Nordteil der Sahara war feuehter als heute arabische Reishysende beriehteten sogar aus dem heute trockensten Geshybiet (Kufra) von einer gerade erst aufgegebenen Rindershyzucht man wird die Niederschlage damals doch auf 150-~00 mmiJahr schatzen mussen gegeniiber 3~5 mm heute Aber aus dem Mittelmeerraum wird von einzelnen uberaus kalten Wintern berichtet ebenso hatten China und Japan warme Sommer aber auch strenge Winter in denen die gro~en F1u~-Seen am Jangtsekiang zufroren 1m mittleren Westen der USA herrschten giinstige Bedinshygungen fur Ackerbau Jagd und sogar stadtische Kuhur wah rend urn 1200 Serien von Durren zur Aufgabe von Gebieten zwangen Da~ diese Dtirreperiode hier im heutishygen Maisanbaugtirtel 200 Jahre anhielt (Bryson und Murshyray) mu~ besonders beachtet werden Der mittlere Westen Nordamerikas ist zZ das einzige Gebiet mit Getreidetibershyschuf~ wahrend viele andere Lander von Importen dh von der Hand in den Mund Jeben

Eine Zusammenschau dieser (und anderer) Daten fUhrt zu der Vorstellung (LAMB) da~ wie in den hei6esten Somshymem der Periode 1931-60 die Zyklonenzugbahnen der Westdrift durch quasi-stationare Hochdruckgebiete urn 300~500 km nach N verlagert waren Auch im Winter ergab sich eine iihnliche Situation die aber mit blockierenshyden Hochs zu hiiufigen Kaiteperioden ftihrte Wahrend im Eis Gronlands bereits eine vortibergehende Abktihlung urn 1160 eintrat die auch von Schweizer Gletschern beJegt ist war die nachste Kaltewelle mit dem Hohepunkt urn 1320 noch nachhaitiger wirksam alle Warmphasen seit dieser Zeit haben nieht die Andauer und Intensitat derjeshynigen urn die Jahrtausendwende erreicht Ftir sie kann ein Anstieg der reprasentativen Temperaturen urn etwa 1degC angesetzt werden die in der Arktis vermutlich 2-3degC erreicht haben diirfte Von der Sudhalbkugel Jiegen kaum Daten vor au~er einer Trockenperiode in Neuseeland zur Zeit der Maori-Einwanderung

62 Die holozane Warmeperiode vor 6000 (bzw 4000) Jabren

Nach dem Hohepunkt der letzten Eiszeit (18000 vh = vor heute) dauerte der Eisrtickzug in den beiden Nord-Kontishynenten verschieden lang das Skandinavische Inlandeis verschwand endgilltig kurz vor 8000 vh wiihrend zugleich das Laurentische Eis Nordamerikas noch die Hudsonshybucht mit allen Nachbarliindern bedeckte mit noch etwa 50 Prozent seiner urspriinglichen Flache Nach einem katashystrophalen Einbruch des Meeres in die Hudsonbucht vershyschwand das Eis im Westen relativ rasch in Labrador anshyscheinend erst urn 4500 vh wah rend in Baffinland ausgeshydehnte Plateaugletscher bis heute tiberlebten Das ftihrte

14

in der Zeit 8000-4500 vh zu einer permanenten Anomashylie der Zirkulation von Atmosphare und Ozean tiber Euroshypa zu einer zusatzlichen advektiven Erwarmung mit einem ersten Hohepunkt urn 6000 vh einem zweiten ab etwa 4500 vh nach einer kurzen intensiven Abktihlung urn 4800 vh wahrend das ostliche und zentrale Nordamerika noch relativ ktihl blieb Offenbar lagen auch Alaska und das westliche Nordamerika unter dem Einfiu~ eines warmen Hochdruckrtickens langs 1000W dehnte sich der boreale Wald etwa 300 km weiter nach N aus als heute ja vor 4800 vh sogar bis zur Banks-Insel (74degN) Ahnliche Beshyfunde Iiegen von Nordnorwegen und der westsibirischen Taiga vor die eine Erwarmung urn 2 bis 3degC andeuten im globalen Mittel ergibt sich eine Erwarmung urn etwa I 5degC In der inneren Arktis waren selbst die Nordktisten von Spitzbergen Gronland und Ellesmere-Land im Somshymer eisfrei wahrend der Kernbereich des arktischen Treibshyeises zwischen N ordkanada und Ostsibirien sieher erhalten blieb

Die Vegetationsgeschichte von Eurasien (FRENZEL) zeigt diese Warmphase klar Werbei darf man nlcht vergesshysen daB die Einwanderung von Waldbaumen erheblich Ianshygere Zeit benotigt als die daftir verantwortliche Klimaiindeshyrung Von besonderer Bedeutung ist dabei in Ostsibirien a offenbar auch in Kanada und Alaska ein Rtickzug des Dauerfrostbodens urn mehrere 100 km nach Norden in den Gebirgen rtickte die Waldgrenze tiberaIl urn 100-150 m aufwarts In den Alpen lli~t sich das mit vielen Einzelheiten belegen (pATZELT) aber im Gegensatz zur Subarktis kam es hier in der Periode zwischen 8000 vh und 800 vh zu mindestens vier Warmeperioden und zwischengeschalteshyten Kaltphasen mit Gletschervorstii~n von jeweils fast gleieher Intensitat Ftir die TemperaturverhaItnisse der Ozeane sind nur wenige Angaben vorhanden - die zeitshyliche Aufiosung der Ozeanbohrkerne liegt meist bei 3-5000 Jahren als Folge der geringen Sedimentationsrate und der biogenen Durchwtihlung des Meeresbodens Nur fUr den Kuroshio zwischen Taiwan und der japanischen Stidktiste wird eine Erwarmung urn 6degC angegeben

Die auffaIligste Erscheinung ist eine verbreitete Zunahme der Niederschliige mit nur zwei sicheren Ausnahmen In Westsibirien sowie im Mittelwesten der USA (Wisconshysin - Illinois) weitete sich das trockene Grasland nach N bzw E hin aus Oberall sonst besonders auWillig 1m Trok- ~ kengtirtel der Alten Welt von Mauretanien (l7degW) bis nach Rajasthan (77degE) herrschte ein feuchteres Klima als heute in der Sahara ist es an mehr als 30 fossilen Seen und Fltisshysen einwandfrei belegt eben so in der Danakilwtiste in der arabischen Wtiste aber auch im SW Nordamerikas im ostafrikanischen Graben und in weiten Teilen Australiens Zwei Gebiete sind besonders gut belegt in Rajasthan (BRYSON) schwankte die Regenmenge zwischen 400-600 mm (zeitweise fiber 800 mm) von etwa 10500 vh bis rund 3700 vh gegeniiber rund 250 mm heute und der Tschadshysee heute ein naches von Diinen durchsetztes Seebecken von maximal 23000 km2 dehnte sich zweimal (urn 8500 und urn 5800 vh) auf tiber 320000 km2 aus (MALEY) mit einem Spiegel tiber 40 m hoher als heutc und einer maximamiddot len Tiefe von etwa 200 m Das zentrale Trockengebiet zwischen Kufra und Tibesti heute mit weniger als 5 mml Jabr war zT von dauernd flie~nden Fltissen durchzogen Das Grasland wurde genutzt von offenbar zahlreichen rinderztichtenden Nomaden und die jahrlichen Niedershy

schlage werden auf 200-400 mm geschatzt (PACHUR GABRIEL) im Tibestigebirge (heute 100 mm) auf tiber 800 mm Besonders auffallig ist da~ in dieser Feuchteperiode sowohl die Nord- wie die Stidflanke der Sahara starker tiberregnet wurden im Sahelgebiet schlieBt ROGNON auf eine ganzjahrige Regenzeit mit haufigen Dauerregen an stelle der kurzen Sommer-Regenzeit mit ihren heftigen Schauern Das ist nicht vertraglich mit der Lehrbuch-Vorstellung von einer meridionalen Verschiebung aller Klimagtirtel die im Stiden und Norden der Sahara alternierende Feuchtshyphasen auslosen m~te Nur bn Winterregengebiet nordlich 36degN find en wir in Anatolien und Iran (so am Van-See) eine markante Trockenperiode gleichzeitig mit der Feuchtshyphase der ganzen Sahara Diese Feuchtphase schon einmal urn 7500 vh unterbrochen wurde ab 5500 vh durch eine allmiihliche Austrocknung abgelost die urn 4000 vh in der Sahara etwas spater auch in Rajasthan zu einem ariden Klima ahnlich wie heute fOOrte Diese Austrocknung haben die frOOeren Hochkulturen miterlebt das Alte Reich Agyptens die Stadtkulturen zwischen Jericho und Ur die Indus-Kultur ilire Krisen oder ihr Untergang hiingen offen bar von diesen Klimaanderungen starker ab als von dem Einfall fremder Volksstamme

Die Interpretation dieser Befunde aus dem Holoziin (=Nachshyeiszeit) erfordert eine genaue Synchronisation des Ablaufs der Klimageschichte in weit entfernten Raumen sowie ein meteorologisches Verstiindnis dieser raumlichen Bezieshyhungen anhand rezenter Befunde Zunlichst ergibt sich auch heute in den Obergangsjahreszeiten wie im Winter die Existenz quasi-permanenter Hohentr6ge die sich in 150-300 mbar jeweils weit zurtick nach SW bis in die innemiddot ren Tropen hinein erstrecken (FLOHN 1975) Ahnlich existieren diese diagonaien Hdhentrdge auch tiber der Stidhalbkugel wo sie bis zum Aquator gelegentlich auch dartiber hinaus reichen In ihrem Bereich kommt es zu einer Wechselwirkung der tropischen und aulkrtropischen Storungen (Abb 9) die zu kraftigen Wirbeln mit Gewittermiddot schauern und Sandsttirmen ftihren dies sind die schon urn

Interaction Upper Troughs-low level Tropical Vortices Lat

300

fIlA 200

10middot

omiddot Abb 9 Diagonale Hohentroge (200 mb) und ihre Wechshy

selwirkung mit Storungen der tropischen Oststroshymung (700 mb)

1935 bekannten Saharadepressionen 1m westlichen und zentralen Nordafrika laBt sich an heutigen Statistiken die simultane Schrumpfung bzw Ausweitung des Trokshykengtirtels und die Rolle der Frtibjahrsregen hierbei nachshyweisen dasselbe ergab sich aus historischen Studien der Regenverhaitnisse im 17-19 Jahrhundert (NICHOLshySON)

Wahrend der ersten Feuchtphase 10500 8000 vh existiershyten noch ausgedehnte EisfHichen in Nordeuropa und Nordmiddot amerika Das ganze Jahr tiber reichte die glob ale Kaltshyluft und die von ihr ausgehenden Kaltetroge weiter stidmiddot warts als heute wahrend sich Uber den Tropen bereits die heutige Zirkulation herstellte Die Befunde deuten im Atlantik wie im Pazifik auf eine Abschwachung der subtroshypischen Hochdruckgebiete und damit der Intensitlit der Passatwinde Dies fiihrt notwendig zu einer Abschwachung des Aufquellens von Kaltwasser sowohl an den Westktisten (NWmiddotAfrika Kalifornien) wie am Aquator hier also zur Vorherrschaft der EI-Nino-Zirkulation mit Warmwasser starker Verdun stung und aquatorialen Regen auf dem Meer die geophysikalische Rolle dieses Wechsels ist kaum zu tiberschatzen Urn 8000 - 7300 vh kam es nach Vermiddot schwinden des skandinavischen Eises zu einer Unterbremiddot chung der Feuchtphase Diese stellte sichjedoch wieder her solange noch tiber Labrador - Baffinland ausgedehnte Eisfelder auch im Sommer tiefe weit ausgreifende Hohenmiddot troge zur Folge hatten diese traten offenbar in Nordamerishyka sowie in EuropaAfrika in den Obergangszeiten haufishyger auf als heute 5-10 faile dieser Art pro Jahr gentigen urn insgesamt 150-250 mm zusatzlichen Niederschlag hervorzubringen Die endgultige Austrocknung vollzog sich erst urn etwa 4500 vh mit dem Verschwinden der Eisreste aus Labrador

Die fUr den Klimaablauf entscheidenden physikaischen Randbedingungen in der Subpolarzone waren also urn 6000 vh noch wesentlich anders als heute erst urn 4500 vh entwickelten sie sich offenbar mit einer noch starkeren Reduktion des arktischen Eises Die ebenfalls noch wanne Phase urn 4000 vh deren regionale Einzelheiten weniger gut bekannt sind war im Trockengtirtel der Alten Welt wie im SW Nordamerikas in Stidafrika und in Australien ahnlich trocken wie heute Noch eine weltcre Randbedinshygung sollte nicht vergessen werden die bereits erwahnte (Abschn 43) Vegetationszerstorung und Desertifikation die mit der Zunahme der Obertlachenalbedo tiber den Meshychanismus des Charney-Modells zu einer Verstarkung des Absinkens fUhrt Sie wird wahrscheinlich bei einem Ruck gang des ArktismiddotEises eine Zunahme der Niederschlage im Sahel hinausz6gern jedenfalls solange bis durch geeigshynete SchutzmaBnahmen eine geschlossene GraslandmiddotVege tation in den Randgebieten der Sahara wieder hergestellt werden kann Das aber ist ein okonomisch-soziales Pro blem

63 Letztes Interglazial EemmiddotWannzeit 120000 vb

Die EntwickIung quantitativer Arbeitsmethoden in der Geo logie hat in den letzten Jahren einige aufregende Entdek kungen innerhalb der Erdgeschichte erm6glicht Hierzu zahlt die Entdeckung eines 17-18maligen Wechsels zwi schen Eiszeit und Warmzeit (Interglazial) in den letzten 2 Millionen Jahren in zeitlicher Obereinstimmung datiert mittels der Umkehrung des erdmagnetischen Feldes gefunshyden in Ozeanbohrkernen aus dem aquatorialen Pazifik (SHACKLETON - OPDYKE) und in L6Bprofilen in Mahmiddot ren und Niederosterreich (KUKLA und FINK) Damit ergab sich eine gesicherte Chronologie der Kalt- und Warmshyzeiten ftir die palaomagnetische BrunhesmiddotEpoche der letzten 700 000 Jahre In allen geeigneten Ozean-Bohrkernen finshydet man in der Zeit zwischen 127 000 und 75 000 vh (mit einer Fehlergrenze unterhalb plusmn 5000 Jahren) drei

15

Warmphasen mit zwei kurzen Kaltphasen dazwischen genauere Untersuchung in Barbados auf Mallorca Neuguishynea und an der Themsemtindung belegen auch die zugeshyhOrigen eustatischen Schwankungen des Meeresspieshygels da in den Kaltphasen gro6e Wassennengen als konshytinentales Eis gespeichert werden Auf dem Festland sind bisher zwei nahezu vollstandige Moorbohrkerne untershysucht worden (in Mazedonien und sudlich der Vogesen) die die gleichen Schwankungen zeigen aber in wesentlich hOherer zeitlicher Auflosung Noch weiter auflasbar sind die Diatomeenablagerungen Nordwestdeutschlands mit ihren tiber 10 000 Jahre reichenden Jahresschichten (H MOLLER) die eine pollenanalytische Analyse von Abshyschnitten von nur 15 Jahre Lange erlauben

Nach allen vorliegenden Befunden ist die friiheste der drei Warmphasen mit deutlichem Abstand die warmste noch etwas warmer als die erarterte holozane Warmphase offenbar auch warmer als die vorhergegangenen Interglashyziale Sie reichte von 127000 bis etwa 115000 vh die warmste Phase umfa~te in den Vogesen mindestens 10000 Jahre dagegen die beiden Kaltphasen nur jeweils 1600 bzw 1000 Jahre Ftir Europa und die Sowjetunion existiert eine detaillierte Vegetationsanalyse (FRENZEL) dieser Warmzeit die mit dem hollandischen Lokalnamen Eem (im engeren Sinne) bezeichnet wird nach dieser Anashylyse miissen die Temperaturen 2-3degC haher gelegen haben als heute in Sibirien sogar bis 6degC Xhnlich wie im Holoshyzan miissen die Niederschlage hoher gewesen sein zumal die hOhere Temperatur schon an sich zu einer Zunahme der Ozean-Verdunstung fiihrt Neben der oben erorterten Dominanz der EI-Nifio-Zirkulation am Xquator ist eine weitere Ursache der Verstarkung des hydrologischen ZykshyIus der eustatische Meeresspiegelanstieg auf + 5-7 m der durch einen breiten Meeresarm zwischen Ostsee und Wei~em Meer Fennoskandien zur Insel macht und im Mtindungsgebiet von Ob und Jenissei bis tiber 1000 km weit ins Binnenland eingreift (FRENZEL) Zugleich kam es zu einem drastischen Riickzug des Dauerfrostbodens in Ostsibirien bis etwa 57deg Breite (heute etwa 49deg) Auch bei einem Anstieg der Temperaturen urn 6degC erlebte Sibishyrien auch damals sehr kalte Winter doch miissen im Sommiddot mer die Ktisten weitgehend eisfrei gewesen sein Anderermiddot seits ergeben die Bohrkerne im Arktischen Ozean daB der zentrale Kern des arktischen Eises zwischen Gronland Alaska und Ostsibirien aile Warmzeiten seit mindestens 700000 Jahren ohne Unterbrechung uberdauert hat die gleiche Annahme erscheint fUr das Gronlandeis immershyhin wahrscheinlich (wenn auch nicht belegt)

Mit dem starker mariti men Klima Europas reiehten warmiddot meliebende Walder weit nach Ru6land hinein Das Vorshykommen von Lowen FluBpferden und Waldelefanten in GroBbritannien ist ein besonders auffallendes Anzeimiddot chen warmerer Bedingungen wenn auch der SchluB auf tropisches Klima nach Ausweis der Vegetation sicher unshygerechtfertigt ware Aus den tropischen Kontinenten lieshygen bisher nur wenige Befunde vor eine lange humide Phase an der westafrikanischen Kiiste und in der Afar-Senke am Roten Meer entsprechen den Befunden der holozanen Warmzeit

Diese Eem-Warmzeit war offenbar die wiirmste Phase seit Beginn der Brunhes-Epoche vor 700000 Jahren abet das gesamte letzte Interglazial dauerte wesentlich langer

es umfaBte zwei weitere etwas kiihlere Warmphasen geshytrennt durch zwei intensive Kaltphasen urn etwa 110 000 und 90 000 vh Die zugehorigen Schwankungen des Meemiddot resspiegels zwischen -70 und -80 m in den Kaltphasen (letzte Eiszeit -100 m) und etwa -5 m in den beiden spateren Warmphasen zeigen daB die Schwankung des globalen Eisvolumens immerhin 70-75 derjenigen zwishyschen letzter Eiszeit und heute betrug Diese Anderunshygen der Massenbilanz in den beiden Kaltphasen drang ten sich jeweils auf weniger als 10 000 Jahre zusammen die entsprechenden Klimaanderungen auf dem Festland liefen nach Ausweis der (verzogerten) Vegetationsschwanshykungen in den europaischen Mooren in wenigen 100 Jahshyren in Wirklichkeit also vermutlich in lt 100 Jahren abo Das wird bestatigt durch den Gronland-Blitz eine in ihrem Mechanismus noch nieht einwandfrei geklarshyte Abkiihlung in weniger als 100 Jahren (DANSGAARD) die im Eis Nord-Gronlands in tiber 1300 m Tiefe seit minshydestens 90000 Jahren tiefgefroren aufbewahrt ist

Gewi~ sind noch nieht alle Fragen geklart Offenbar haben sich im mittleren Europa die beiden Kaltphasen trotz globalen Charakters nur kurzfristig in Form abrupter Abkiihlungen in der und hier allein interessierenden humashynen Zeitskala ausgewirkt Xhnliche Ereignisse haben sich nach den heute vorliegenden Befunden in allen jtingeren Y Interglazialzeiten (und im Holozan) abgespielt - auf dieshyses Problem muB noch (Abschn 8) eingegangen werden

Der eustatische Meeresspiegelanstieg im Eem ist in seiner Ursache noch nicht geklart ein Anstieg urn 5-7 m entmiddot spricht entweder dem Abrutschen des Eises der Westantshyarktis oder dem Verschwinden des Gronlandeises oder eishynem entsprechenden Wasserverlust der sehr stabilen Ostantshyarktis Wabrend das zuerst genannte Ereignis uU recht rasch vor sich gehen konnte (genauere Vorstellungen tiber die Zeitskala liegen allerdings nicht vor) laufen die beiden anderen Ereignisse so langsam ab daB der zugehoshyrige weltweite Meeresspiegeianstieg in der GroBenordnung weniger mm pro Jahr (heute 11 mm) bleibt

64 Eisfreie Arktis vereiste Antarktis (12-25 Mill vh)

Wahrend die bisher dargestellten Klimaphasen keine grundshysatzlichen Abweichungen gegentiber dem heutigen Klimashybild zeigen trifft dies fUr den extremsten Fall eines vOl- ~ ligen Verschwindens der arktischen Treibeisdecke nicht zu Die Idee eines Verschwindens des arktischen Treibshyeises hat zuerst BUDYKO urn 1962 entwickelt und zwar als Endergebnis einer gezielten Umwandlung des Klimas wie sie 1959 auf einem der Kongresse der KPdSU proklashymiert worden war - im Einklang mit der marxistischen These von def Umwandlung der Natur durch den Menshyschen Bei naheren Untersuchungen stellte sich heraus daB dieses Projekt (schon wegen der Ausdehnung der Eisdecke tiber 10 bull 106 km2 ) nicht nur extrem aufwendig war sondem auch sehr weitreichende Nebenwirkungen zur Foige haben konnte Spater erkannte man daB die im Gange befindliche Zunahme des CO2 -Gehaltes zu dem gleiehen Ergebnis fiihren konnte Die Sensitivitat dieses Systems wurde bereits besprochen (vergl Abschn 21) ein vereinfachtes eindimensionales Klimamodell (BUDYKO 1969) ergab bei wachsendem CO2 -Gehalt und zunehmender Erwarmung ein immer rascheres Ruckshyweichen der EisSchneegrenze zum Nordpol hin

16

Ein solches scheinbar jeder Erfahrung widersprechendes Modell konnte nieht ohne Widerspruch hingenommen werden Schon die Frage ob unter den heutigen Klimashybedingungen die Eisdecke irreversibel verschwinden kann oder ob sie sich im nachsten Winter neu bildet mu~te eingehend erortert werden wir konnen sie offen lassen da nunmehr ein Verschwinden des Treibeises unter extreshymen von den heutigen abweichenden Klimabedingungen zur Erorterung steht Diese Frage kann nur mit umfangreishychen Modellrechnungen beantwortet werden unter weishychen Bedingungen ist das dynamische System Meer Treibeis (mit Polynyas) - Schneedecke - Atmosphiire tiber den jahreszeitlichen Wechsel der Strahlungsbilanz hin stabil bzw instabil Solche Rechnungen sind im Gang eine ganze Familie von stufenweise immer komplexerer Modelle mu~ unter verschiedenen Randbedingungen geshytestet werden eine umfangreiche Arbeit die nicht heute oder morgen zu Ende geftihrt werden kann

Einer der vielen Einwande war die Frage ob ein eisfreier ~ Arktischer Ozean gleichzeitig mit einer vereisten Antarkshy

tis existieren konne dies ergibt eine schwer vorstellbare Asymmetrie der beiden Halbkugeln Aber auch heute existiert eine deutliche Asymmetrie die Troposphiire tiber der Antarktis ist im gleichen Niveau im Jahresmittel 11shy

12degC kalter als tiber der Arktis im NordsommerlStidwinter sogar um tiber 26degC Da nach einfachen OberJegungen die durch die Modellversuche von FULTZ (1959) bestiishytigt wurden die Zirkulation der Atmosphiire von dem Temperaturgeflille zwischen Aquator und Pol abhiingt (KORFF und FLOHN 1969) ist die Zirkulation auf der Stidhemisphiire starker als auf der Nordhalbkugel und greift tiber den Aquator hintiber im Jahresdurchschnitt bis etwa 6deg Nordbreite im Juli (Januar) auf rund 12deg N (1 deg S) Das zirkulationserzeugende meridionale Temperaturgefalle ist heute tiber der Stidhalbkugel im lahresdurchschnitt 42 gro~er als tiber der Nordhalbkugel

Tatasachlich hat aber - das ist eine der grundlegenden Erkenntnisse die wir dem Deep Sea Drilling Programm mit der Glomar Challenger verdanken - ein derart krasser Gegensatz der beiden Pole im jtingeren Tertiar viele Millionen Jahre lang existiert (KENNETf 1977) Der Antarktische Kontinent war erstmals vor 38 Ma (= 106

Jahre) mindestens teilweise vereist schon damals bildete sich das antarktische Bodenwasser der Ozeane mit einer

Abktihlung um etwa 5degC Eine vollstandige Vereisung der Antarktis besteht seit dem mittleren Miozan vor 12shy14 Ma sie war seither nur noch sekundaren Schwankungen unterworfen Vor etwa 55 Ma bildete sich dieses zuniichst noch relativ flache Eis mit Temperaturen um OdegC in ein kaltes stabiles Eis (der Ostantarktis) um noch 200shy300 m mach tiger als heute begleitet von einer globalen Abktihlung und einer eustatischen Absenkung des Meeshyresspiegels Diese ftihrte an der Schwelle von Gibraltar zu einer (mehrfach wiederhoJten) Abschntirung und Ausshytrocknung des westlichen Mitteimeeres (HSU) auf deren regionaie klimatische Bedeutung nicht weiter eingegangen werden kann

Die allmiihliche Abktihlung wiihrend des mittleren und junshygeren Tertiars hangt offenbar mit der Bildung des kalten von der Antarktis sich ausbreitenden Bodenwassers zusamshymen durch Mischung sanken auch in mittleren Schichshyten die Wassertemperaturen langsam ab und mit der Vershy

starkung der atmosphiirisch-ozeanischen Zirkulation kam es zum Aufquellen dieser ktihlen Schichten am Aquator und an den subtropischen WestkUsten Eine Vereisung der Gebirge der Nordhalbkugel trat erst lange nach der Antshyark tis ein in Alaska vor etwa 9 Ma in Island und im kalimiddot fornischen Hochgebirge vor etwa 28 Ma Eine Bildung von arktischem Treibeis war erst moglich nachdem diese konshytinentalen Gletscher allmahlich beim sommerlichen Schmelshyzen eine dUnne salzarme Deckschicht des Arktischen Ozeans gebildet hatten dies geschah offenbar erstmals vor 23 Ma zuerst sicher noch als jahreszeitliches Eis

Damit steht also fest da~ in der Zeit zwischen 12 und 25 Ma gleichzeitig ein vollstandig vereister antarktischer Konshytinent und ein offener eisfreier arktischer Ozean existiermiddot ten In dieser Zeit miampte (aus theoretischen GrUnden) der meteorologische Aquator im Jahresmittei in etwa 9-10deg Nordbreite gelegen haben dafUr gibt es in Afrika auch Belege Als weitere Fol~e ware eine Verlagerung des Trockengtirtels bis 40-50 N zu erwarten die im ostlichen Europa auch belegt ist (zB im Wiener Becken s Abb 10) die subtropische Flora jener Zeit ist vielfach beschrieben worden (SCHWARZBACH MAGDEFRAU)

Northern Boundary of NHem Evaporite Zone

Oucternary (0-2 Ma) Late Tertiary 15-15 Ma) Early Tertiary (30-50Ma)

Abb 10 Mittlere Nordgrenze des Trockengiirtels (Ablashygerungen von Salz Gips usw) im Quartar (0 shy2 Ma) JungterWir (5 IS Ma) und Alttertilir (30 - 50 Ma) nach LOTZE

und Walder der gema~igten Zone reichten bis Nordgronshyland Nach SCHWARZBACH lagen im rheinischen Braunmiddot kohlengebiet die Temperaturen in allen Jahreszeiten urn 5-8degC hOher als heute Der stidhemisphiirische Trocken gtirtel reichte bis in die Nahe des Aquators Es ist unmogmiddot lich in diesem Rahmen auf Einzelheiten einzugehen zumal hierzu eine vollstiindige Auswertung der neueren geologimiddot schen Literatur notwendig ist

Nach BUDYKOs Modell kann der Obergang zu einem solchen Klima dh das Verschwinden des arktischen Eises bei einer allgemeinen Erwarmung urn ca 4degC eintreten (vgl auch KELLOGG) Das entsprache (je nach Modellannahme) einem virtueJlen CO2 -Gehalt von 800 shy1100 ppm der reale CO2 -Wert liegt bei 750 ppm (plusmn 15jd (Abschn 42) Ob und wann solche Werte erreicht werden hangt von Entscheidungen auf energiepolitisch-okonomisch sozialem Gebiet ab (Abschn 8)

17

7 Kaltphasen in der Klimageschichte

71 Kleine Eiszeit (1550-1850)

Dal~ das Klima im 20 Jahrhundert nieht das einzig mogliche ist ja dreg es selbst im Rahmen der [etzten 500 Jahre ausgesprochen anormal ist gehort zu den Tatsachen die selbst den meisten Meteorologen unbekannt sind Tatsachmiddot Hch haben wir in Europa - wie das am besten bekannte Verhalten der AJpengletscher zeigt seit rund lO 000 Jahmiddot ren immer wieder einen Wechsel zwischen Warmphasen (wie in Absehn 61 geschildert) ulld Kaltpllasen erlebt Hierbei sind die Phasen innerhalb dec beiden Gruppen untereinander recht iihnlich ihre Dauer aber variabel irgendwekhe persistenten Perioden existieren offenbar nieht oder ihr Anteil an der gesamten Varianz ist vernachmiddot liissigbar gering Wahrend die Gletscherstande der Zeit 1930-60 offenbar nahezu identisch sind mit denen frOherer Warmphasen l diese A ussage ist etwas unsieher) liegen die Moranen der GletschervorstoBe urn 1820 und urn 1855 fast genau auf denen frtiherer Gletscherhochstande (PATZELT) Die letzte Kaltphase kann uns also als Modell fUr aIle frOhemiddot ren seit dem RUckzug der grofben Inlandeise dienen ihre Bezeiehnung als Kleine Eiszeit ist allerdings bewufbt Ubermiddot trieben Ihr Beginn ist nieht eindeutig festlegbar schon urn 1160 urn 1320 und urn 1430 kam es zu kUrzeren aber marmiddot kanten GletschervorstoBen in den AJpen und fUr die beimiddot den 1etztgenannten Termine liegen viele Nachriehten Uber ganz ungewohnhche Klimaanomalien vor (LAMB von RUDLOFF) Von langerer Dauer war die Klimaverschlechmiddot terung ab 1560 die in ZUrich einen Rtickgang der Wintermiddot temperaturen urn 2degC brachte wahrend bei Kopenhagen das ganze Jahr Uber Winde aus SUdost und Ost - als Anzeimiddot chen blockierender Antizyklonen vorherrschten Die Witshyterungsabliiufe ahneln sehr denen die wir heute in Einzelmiddot jahren mit strengen Wintern (1939-42 19467 19623) erleben haufig blockierende Antizyklonen Wetter1agen mit anhaltend starker meridionaler Komponente - unmiddot gewohnlich kalt aber auch ungewohnlich warm haufige Dtirremiddot und Niisseperioden schneereiche und bis tief in das Frtihjahr anhaltende Winter mit nachfolgenden MiBernmiddot ten

FUr die Beurteilung der Klimabedingungen jener Zeit sind nieht nur die Gletscher der Hochgebirge sondern vor aHem die Under nahe der Polargrenze des besiedelten Landes wesentlich Island Sehottland die Faroer und Skandinamiddot vien Die Nachriehten vom Verhalten des arktischen Treibmiddot eises - mit seiner entscheidenden Rolle fiir Albedo und Wdrmehaushalt haufen sieh jetzt Island viele Jahre hinmiddot durch 6-9 Monate lang von Treibeis blockiert massive Eismiddot vorstoBe nach den Faroern (mit Wassertemperaturen 3_4degC unter den heutigen) und selbst nach Norwegen (wo die Fischerei jahrelang fast ohne Ertrag blieb) Rtickgang der Vegetationsgrenzen und schwere Nahrungskrisen in Schottmiddot land Besonders eindrucksvoHe Beispiele aus der Zeit 1755shy1790 schildert die durch genaue meteorologische und landwirtschaftliehe Daten ausgezeiehnete Arbeit von PFISTER aus dem Kanton Bern auf die weltweite Zusammiddot menschau von H LAMB (VoL II) sei nochmals hingemiddot wiesen

Eine voriaufige Zusammenstellung der jahrlichen Getreishydepreise in der Zeit von 1500-1860 gibt Abbildung 6 die aus den fast vollstandigen Reihen von 5 deutschen Stlidten

18

gemittel t wurde von einem langjiihrigen Trend abgesehen zeigt sie zahlreiche meist gruppenweise auftretenden Jahre mit Preisanstiegen urn das dreimiddot bis sechsfache Das absomiddot lute Maximum (bis 1950) waren die weitweiten Hunger jahre J81617 nach dem Vulkanausbruch des Tambora 1815

1m Gebiet der mediterranen Winterregen existieren widershyspruchsvolle Nachrichten einmal stimmen die kiiltesten Abschnitte (genannt seien die Zeiten urn 1570 1630 vor aHem 1680-1700 nach 1770 1816 f 1845 t) mit Feuchtjahren Uberein einmal mit Diirren Das gilt fUr Algemiddot rien die Seen Mittelitaliens ebenso wie fur das Tote Meer und das Kaspische Meer aber auch (nach Sh NICHOLSON) fUr die Sahelzone Systematische Studien Uber die Telekonmiddot nektionen der Niederschliige im Mittelmeergebiet brinmiddot gen die Lasung (HELBIG) die Maxima der mediterranen Winterregen konzentrieren sieh im Bereich quasistationarer Hahentroge und negative KorreIationen g1eichzeitiger Werte mit Abstanden von 700-1000 km ( = halbe Rossbymiddot Wellenlange) sind haufig Daher ist es hier sinnlos eine ganmiddot _ ze Klimazone zusammenzufassen die Abhangigkeit der KlimamiddotAnomalien von der Lange ist mindestens ebenso groB wie die von der Breite Die regionale Verteilung der entmiddot gegengesetzten Witterungsanomalien wird beherrscht von der jeweils quasistationaren Lage des bloekierenden Hoch C

zentrums und der begleitenden Hohentroge bzw Kaltluftmiddot tropfen - das kennt jeder erfahrene Synoptiker und das ist auch das zentrale Problem jeder iangfristigen Vorhermiddot sage Auch in Nordamerika hangen die kalten Zeitabschnitmiddot te dieser Periode mit bloekierenden Antizyklonen zusammiddot men wie die Auswertung von Baumringen (FRITTS) geshyzeigt haben

Was ist nun die Ursache des Vorherrschens meridionaler Zirkulationstypen in dieser Klimaphase was die Ursache dominierender zonaler Zirkulationstypen mit polwarts vermiddot schobenen subtropischen Hochzellen in den Warmphasen Beim VergIeieh etwa der Abschnitte 1815-1855 (nochshymals urn 1890) und 1930-1960 fall t sofort die verschiemiddot dene Lage der arktischen Treibeisgrenze im Atlantik auf im Raume urn Island-Norwegen handelt es sich urn Vermiddot schiebungen von der GroBenordnung 1500 km Was aber verursachte diese Ausweitung des arktischen Treibeises die maximal 2 Mill km2 erreicht haben dtirfte

Auf diese Frage existieren zZ zwei Antworten von demiddot nen wenigstens eine geophysikaJiseh einwandfrei begrtinshydet ist Sie bezieht sich auf eine von LAMB zusammengemiddot faBte Statistik von VulkanausbrUchen (s Abschn 32) bei der in der Tat ein Zusammenhang zwischen den Hohemiddot punkten der kleinen Eiszeit und besonders schweren Vulmiddot kaneruptionen (oder Gruppen) auffall 1 Andererseits hat EDDY darauf hingewiesen daB die auffallige lange Periode geringster SonnenaktivWit der Zeit 1643 -1710 mit ihrem Maximalstadium tibereinstimmt - dieser Zusammenhang ist jedoch bisher physikalisch noch ganz ungek1art und muB daher offen bleiben Wegen der Unvorhersagbarkeit beimiddot der Ursachen kann das erneute Auftreten einer solchen Kaltphase in den nachsten 50-100 J ahren weder bejaht noeh ausgeschlossen werden auch eine statistische Aussage tiber die Wahrscheinlichkeit bleibt unsicher da zahlenmaBige Unterlagen in beiden Fallen nur wenige Jahrshyhunderte umfassen und subjektive Beurteilungen nieht ausmiddot schlieBen konnen Sofern sich aber die glob ale Erwiirmung

(etwa ab 2000) durchsetzt werden Wahrscheinlichkeit und AusmaB einer Wiederholung der Kaltphase sHindig zurUckmiddot gehen

72 Ubergang zu einer Eiszeit

Keine Frage wird dem KJimatologen Ofter von Repormiddot tern gestellt als die nach der nachten Eiszeit Umso merkmiddot wUrdiger ist die geringe Rolle die der mogliche obergang vom heutigen (interglazialen) zu einem glazialen Klima in der wissenschaftlichen Literatur spielt Das mag zwei Grtinde haben Geologen und andere an der Klimageschichmiddot te interessierte Wissenschaftler wagen sich nicht (mit einimiddot gem Recht) auf ein ihnen fremdes Feld und die meisten Meteorologen halten dieses Problem fUr ebenso unwissenmiddot schaftlich wie das der Sintflut Diese Einstellung ist aber heute nieht mehr gerechtfertigt nachdem in einer Reihe von Fallen einwandfrei abrupte Klimaiinderungen mit einer in humanen MaBstaben ganz kurzen Zeitmiddot skala nachgewiesen wurden die samtlich aus den Interglamiddot zialen oder den - hier nieht interessierenden - tJbermiddot gangsstadien zwischen Glazial und Interglazial stammen Einwandfreie Belege beruhen entweder auf Untersuchunmiddot gen an fossilen Mooren mit Jahresschichten (Varven)

fln Seen mit hoher Sedimentationsrate oder von Baummiddot ringen Aus Raumgrtinden ist es nieht moglich auf einzelmiddot

ne Befunde einzugehen (FLOHN 1974 1978) Einer der besten stammt aus der Liineburger Heide (H MOLLER 1974 1978) wo vor tiber 300 000 Jahren ein Wald der einem etwas warmeren Klima als heute entsprach binnen 30 Jahren () verschwand urn nach einer Pause - die Zeit reicht nicht aus urn eine arktische Tundra hervorzubrinmiddot gen durch subarktischen Birkenwald ersetzt zu werden darauf folgte in 300-400 Jahren eine Sequenz von Waldo typen wie man sie heute auf einer Bahnfahrt von Narvik (68deg N) nach Siidschweden sehen kann Dauert die Reakmiddot tion eines Waldes auf eine Klimaanderung sieher Jahrzehnte oder Jahrhunderte so gibt es schnell ere Indikatoren In Mittelengland wurde nach Ende der letzten Eiszeit eine subarktische Kaferfauna in etwa 50 Jahren durch eine warmmiddotgemaBigte Fauna ersetzt aquivalent einer Erhohung der JulimiddotTemperatur urn 8-9degC (COOPE 1977)

Das sind nur zwei niichterne Befunde gewonnen mit neumiddot zeitlichen Arbeitsmethoden die in ihrer Gesamtheit nicht

~ehr anzweifelbar sind die wenigen Klimahistoriker memiddot teorologischer Herkunft haben sich inzwischen von der Bedeutung dieser Zeit skala abrupter KJimaanderungen laquo 100 Jahre) tiberzeugen lassen Mogliche U rsachen fUr die (haufigeren) rapiden Abklihlungen sind schon in den Abschnitten 2 und 7 erortert worden fUr Erwarmungen stehen sie noch aus In jtingster Zeit ist auch kIar geworden daB solche Ereignisse sieh nicht notwendig synchron aus wirken sondern wegen der nur allmahlichen Verlage rung barokliner Frontalzonen im Ozean oder dem regional verschieden raschen Ablauf der kontinentalen Vereisunshygen - diachron dh mit erheblichen Zeitunterschieden in der Horizontalen Das bedeutet auch eine Grenze fUr die Vorstellung eines fast-intransitiven Klimas im Sinne von ELORENZ

Nehmen wir die Moglichkeit einer abrupten Abklihlung dieser Zeitskala als gegeben an wie und wo konnte sie sieh abspielen Zweifellos kann eine kontinentale Gletshyscherbildung nur mit einem wiederholten Uberdauern

der Winterschneedecke tiber den Sommer hin beginnen in den kritischen Gebieten der Subarktis - so die 750000 km2 groBe Baffin-Insel mit ihren Hochplateaus Labrador auch Lappland und die norwegischen Gebirge - schmilzt auch heute die meterdicke Schneedecke erst Anfang oder Mitte Juni endgilltig ab urn sieh Ende August oder im Sepshytember neu zu bilden Hierzu gemigt in Baffinland ein Absinken der Sommertemperaturen urn nur etwa 2dege wahrend in den anderen Gebieten 4-6degC notwendig wamiddot ren oder zugleieh eine massive Zunahme der Schneenieshyderschlage Die kritische Stellung Baffinlands erhellt auch daraus daB in der kIeinen Eiszeit - nach Ausweis von FlechtenUntersuchungen die heute insgesamt 37 000 km 2 einnehmenden Plateau-Eisfelder sich auf 140000 km2 vergroBert hatten (IVES) entsprechende Untersumiddot chungen in Fennoskandien stehen noch aus

Eine Modelluntersuchung (ANDREWS - MAHAFFY) ftir Baffinland hat in zwei Experimenten gezeigt wie sich eine urn einen Faktor 3 erhohte Sehneebilanz in einer langsashymen Zunahme von Flache und Volumen einer Eisdecke auswirkt langsamer als die Beobachtungen des eusta tishyschen Sinkens des Meeresspiegels in den interglazialen Kaltmiddot phasen anzeigen Aber in diesem Modell ist die machtvolle Rtickkopplung zwischen Schneedecke Albedo und Tempeshyratur nieht voll und zu spat in Reehnung gestellt worden Jedenfalls ist es hochst unwahrscheinlich daB in den nachsten 100 Jahren nachdem zuerst eine Kaltphase im obigen Sinne eintrat dieser ProzeB sich tiber die unmittdshybare Umgebung hinaus weltweit auswirken konnte Hiermiddot gegen sprechen aueh die langperiodischen Effektr der Erdmiddot bahneIemente deren nachstes Minimum (kiihle Sommer in der Arktis kalte Winter zugleieh in der Antarktis) erst in rund 10 000 Jahren fallig ist (BERGER)

Bei dieser Sachlage ist hOchstens - bei einer Kombination mehrerer ungtinstiger Voraussetzungen etwa dem Zusamshymentreffen mehrerer sehr schwerer Vulkaneruptionen von der Intensitat des Tambora (1815) oder wenigstens Krakatau (1883) innerhalb der jetzigen Phase relativ ausgedehnten polaren Treibeises vor Wirksamwerden der erwarteten anthropogenen Erwarmung mit einer abortiven Vershygletscherung zu rechnen die nieht zu einer vollen Eiszeit auswachsen wUrde In unserer humanen Zeitskala ware das aber schon schlimm genug Serien von Jahren mit sehr kaIten Wintern kiihlen und nassen Sommern schwere MiBshyernten in weiten Teilen der gemaBigten Zone zeitweise auch in den Tropen die sieher nieht ausgeglichen werden konnen durch Feuchtejahre in Teilgebieten von Nordafrika und dem Nahen Osten Die Wahrscheinlichkeit hierfUr ist aber gering - sie betragt nach verschiedenen Kriterien tibereinstimmend zwischen 01 und 1 Prozent in den nachshysten 100 Jahren AuBerdem waren fUr diesen Fall gezielmiddot te GegenmaBnahmen denkbar die hier nieht volig utopishyscher Natur sind

8 Wahrscheinlichkeit und Risiken die Rolle der Energieshypolitik

Die Wahrscheinlichkeit einer globalen Warm phase ist nach allem was wir wissen erheblich groBer als die einer Kaltshyphase Die Schwierigkeit bei der Abschatzung liegt darin daB Entscheidungen und Entwicklungen auf politischer sozialer und 6konomischer Ebene hier eingreifen konnen

19

die vorherzusagen nicht nur dem Meteorologen schwer fallt Wenn wir diese einmal versuchsweise vernachHissigen dann dUrfte in den nachsten 100 Jahren die Wahrscheinmiddot Iichkeit fur das Auftreten einer Kaltpflase vom Typ der kleinen Eiszeit nieht mehr als hochstens 20k betragen (und naeh etwa 2000) weiter abnehmen) FUr das Auftreshyten einer Warmpllase im Sinne der Beispiele in den Abmiddot sdmitten 61 und 62 mUssen wir aber hohere WahrscheinshyIichkeiten ansetzen wenn auch erst nach der Jahrhundertmiddot wende danach steigen sie das ist die in vielen Diskusmiddot sionen erworbene Oberzeugung des Verfassers unter den hier und in Abschnitt 5 gegebenen Voraussetzungen auf Uber 50 an

1st ill diesem Faile aber eine Entwieklung zu einem eismiddot freien arktischen Ozean (Absehnitt 64) mit ihren fast unshyvorstellbaren Konsequenzen fUr Wasserversorgung und Ernahrung noch vermeidbar Damit libersehreiten wir die Grenze des Fachwissens des Meteorologen der sich nur allmiddot zu getne in den akademisehen Elfenbeinturm zurlickziemiddot hen moehte Aber die Dinge sind zu wichtig eine Wende auf Grund politischer Entscheidung auf internationaler Ebene ist noch moglieh aber dann und nur dann wenn das Dogma von der Notwendigkeit standig zunehmenden wirtschaftliehen Wachstums das bei begrenzten Vorshyraten (Resourcen) mit den Naturgesetzen unvereinbar ist shyzugunsten einer besseren Einsicht aufgegeben wird (GRUHl) Ebenso ist eine Stabilisierung des Bevolkerungsshywaehstums nOlwendig - ohne einen hoheren Lebensstanmiddot dard in den Entwicklungslandern ist das unrealisierbar

Gleichzeitig mu~ aber die Energiepolitik sich frei machen von dec sinnlosen Verschwendung fossiler EnergiequeIIen die in 400 Ma durch biologische Prozesse aus der Sonnenmiddot energie aufgebaut und gespeichert wurden (s a Beitrag JUNGE) Ein Obergang zu erneuerbaren Energiequellen (Sonne Wind Gezeiten - auch die kaum erschopfbare Geothermik) ist moglich erfordert aber eine Kombination neuartiger (und kostspieliger) Technologien wie sie etwa am International Institut for Applied Systems Analysis in Laxenburg bei Wien von einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von W HAFELE (frtiher Karlsruhe) entwiekelt werden Aueh die Kernenergie mul1 in diesen Rahmenshyjedenfalls fUr eine Obergangszeit - einbezogen werden Das mit ihr verbundene Risiko ist auf jeden Fall geringer als das Risiko einer Verlagerung aller Klimazonen Da ein Obergang zu neuen Technologien sieher tiber 30 wahrshyscheinlieh 50 Jahre benotigt drangt die Zeit Neue Priorimiddot taten mlissen gesetzt werden Es geht urn das Wohl der naehsten Generationen

Literaturauswahl

ANDREWS T1 MAHAFFY MAW Quaternary Research 6 (1976) S 167-183

AUGUSTSSON T RAMANATHAN V J atmos Sci 34(1977) S 448-451

BERGER AL Quaternary Research 9 (1978) S 139~-167

BJERKNES J Monthly Weather Review 97 (1969) S 163-172

BROWNLR Worldwatch Papers Washington DC 8 (I 976)

BRYSON RA MURRAY Th1 Climates of Hunger MadisonWis 1977

o

BUDD WF J Glaciol 14 (1975) S 3-21

BUDYKO MJ TeHus 21 (1969) S 611-619 29 (1977) S 193-204

CESS RD J atmos Sci 33 (1976) S 1831-1843

CHARNEY JG Quart J Roy Meteorol Soc 101 (1975) S 193-202

COOPEGR Phios Transact Roy Soc London 280 (1977) S 313 shy340

DANSGAARD W et al Quaternary Research 2 (1972) S 396-398

DOBERITZ R Ber d Deutschen Wetterd 112 (1968)

EDDYJA Science 192 (1976) S 1189-1202 198 (1977) S 824 829

FINK J KUKLA GJ Quaternary Research 7 (1977) S 363-37 L ~

FLOHN H III Bonner Meteorol Abhandl 15 (1971) 21 (1975) Quaternary ReseJrch 4 (1974) S 385-404 in print (1978)

FRENZEL B Die Klimaschwankungen des Eiszeitalters Braunschweig~ 1967 ErdwissForschungen 1(1968)

FRITTS HC Tree Rings and Climate London New York 1976

GABRIELB Berliner Geoge Abh 27 (1977)

GATES WL J atmos Sci 33 (1976) S 1844-1873

GRUHLH Ein Planet wird geplUndert Frankfurt aM 1978

HAFELE W SASSIN W Ann Rev Energy 2 (1977) S 1-30

HAHN J JUNGE ChL Z f Naturforsch 32a (1977) S 190-214

HASSELMANN K u Mitarb TeHus 28 (1976) S 473-485 29 (1977) S 289-305 385-392

HAYS JD IMBRIE J SHACKLETON N Science 194 (1976) S 1121-1132

HELBIGM Diplomarbeit Univ Bonn (1976)

HSO K et al Nature 242 (1973) S 240-244 267 (1977) S 399-403 Naturwissensch61 (1974)S137-142

HUGHES T Rev Geophys and Space Phys 13 (1975) S 502-526 15 (I977) S 1-46

HUMMEL J RECK RA General Motors Res Lab Publ 2607 (1978)

HUNT BG Monthly Weather Review 105 (1977) S 247-260

IVES JD et al Naturwissensch 62 (1975) S 118-125

KELLOGG WW WMOmiddotBull 26 (1977) S 229-240 27 (1978) S 3-10

KENNETTJP J geophys Res 82 (1977) S 3843-3860

KONDRATIEV G Ya NIKOLSKY GA Quart J Roy Meteorol Soc 96 (1970) S 509-522

l

KORFF HC FLOHN H Ann Meteorol N F 4 (1969) S 163-164

LAMBHH Climate Present Past and Future Vol I (1972) Vo Il (I 977) London Methuen

LORENZE J appl Meteorol 9 (1970) S 325-329

MAGEDEFRAU K Palaobiologie der Pflanzen 4 Aufl Stuttgart 1968

MANABE S BRYAN K Monthly Weather Review 97 (1969) S 739-827 J phys Oceanogr 5 (1975) S 3-29

MANABE S WETHERALD RT atmos Sci 24 (1967) S 241 ~-259 32 ( 1975) S 3-15

MASON BJ Promet 7 (1977) H 4 S 1-26

MASS Cl SCHNEIDER StH J atmos Sci 34 (1977) S 1995-2004

MAYKUT GA UNTERSTEINER N Jgeophys Res 76 (1971)S 1550-1575

MOLLERH Geologisches Jahrbuch 83 (1965) S 327-352 A 21 (1974) S 107-140 im Druck (1978)

NAMIAS J Short Period Climatic Variations 1934-1974 2 Vol F-- Univ of California 1975

NEWELL R et al Pure and appl Geophysics 116 (1978) S 351-371

NICHOLSON Sh Ph D Thesis Departm Meteor Univ Wisconsin (1976)

OLIVER RC J appl Meteorol 15 (1976) S 933--950

PACHUR HJ Die Erde 106 (1975) S 21-46

PATZELT G Coil Internal CN RS No 219 (1973) S 51-59

PFISTER Chr Beiheft 2 Jb Geogr Ges Bern (1975)

POLLOCK JP et al Jgeophys Res 81 (1976)S 1071 1083

RODEWALD M Dt Hydrogr Z 20 (1967) S 269 25 (1972) S 97-117

ROGNONP Rev Geogr Phys Geol Dynam 18 (1976) S 251-282

ROWNTREE PR Quart J Roy Meteorol Soc 98 (1972) S 290-321

RUDLOFF H v Die Schwankungen und Pendelungen des Klimas in Eushyropa Braunschweig 1967

SCHWARZBACH M Das Klima der Vorzeit 3 Aufl Stuttgart 1974

SHACKLETON NJ OPDYKE ND Quaternary Research 3 ( 1973) S 39-55

STROBING K Der Seewart 35 (1974) S 1-1436 (1975) S 28-29

TREMPEL U Diplomarbeit Univ Bonn (1978)

VOWINCKEL E ORVIG S World Survey of Climatology 14 (1970) S 129-252

WANG WC et al Science 194 (1976) S 685-690

WETHERALD RT MANABE S Monthly Weather Review 100 (1972) S 42-59 J atshymos Sci 32 (1975) S 2044-2059

YAMAMOTO R J Meteor Soc Japan 53 (1975) S 482-486

21

Page 9: :SBWU>t S9J9SUn ijun>tnz 9!a 9W91qOJd pun U9l>tB,:j · 2 Wechselwirkungen im klimatischen System . 2.1 Die Rolle des polaren Treibeises 2.2 Das El Nino-Phanomen . 2.3 Kontinentale

1649

h i~v4lWv

Das episodische diskontinuierliche Auftreten vulkanischer Ereignisse gilt nicht nur fUr die (hier unmittelbar interessiemiddot rende) Zeitskala 101

- 102 Jahre sondern auch in der Zeitskala 103 104 Jahre ja sogar wie aus den Ergebshynissen des Deep Sea Drilling Programms hervorgeht im Bereich 106 107 Jahre

Die Klimageschichte lehrt uns wie groBe Vulkanausbrliche g10baJe Abkiihlungen fiir 1-3 Jahre auslbsen die natiirlich in einigen Gebieten durch advektive Erwarmung iiberlagert werden kbnnen Der starkste noch gut belegte Fall dieser Art ereignete sich nach dem grbBten historischen Ausshybruch des Tambora auf Sumbawa im Friihjahr 1815 die Sommer 1816 und 1817 waren in Europa Japan und Nordmiddot amerika ungewbhnlich kiihl zT feucht und von schwemiddot ren MiBernten begleitet die im Rheinland (mi t seinen durch Erbteilung zersplitterten Bauernhbfen) eine erste Welle von Auswanderungen nach Amerika einleiteten Die Getreimiddot depreise Mitteleuropas erreichten ihr absolutes Maximum vor 1950 ~Abb 6 und in den Vereinigten Staaten war 1816 das Jahrohne Sommer

4 Anthropogene Vrsachen die Rolle der Eingriffe des Menschen

41 Energiezufuhr und Luftverschmutzung

GegenUber der iiberragenden Rolle der Sonnenstrahlung (lie an der Obergrenze der Erdatmosphare rund 340 Watt auf jeden m2 der rotierenden Erde abgibt - und ihren Umsetzungen innerhalb der Atmosphare die als Strahlungsshybilanz oder Nettostrahlung an der Erdoberflache im Mitmiddot tel noch rund 100Wm2 liefern ist der Anteil der direkten Energiezufuhr als primarer Beitrag des Menschen mit 0015 Wm2 verschwindend gering hbchstens vergleieh bar mit dem geothermischen Warmestrom aus dem Erdmiddot innern (006 Wm2) oder dem Anteil der photosynthetimiddot schen Prozesse in der Biosphare (02 Wm2

) Diese g10balen

100

80

60

40

20

ROGGENPRE ISmiddot INDEX 16167

(19501001

1805 1771 1655

1847

~ 1622

1795

17621740 18311693 III 1634 bull 1~626 1699

17891712

Ii

middot

Mittelwerte geben jedoch ein vbllig falsches Bild tatsachshylich ist der Energieverbrauch in den groBen Industriezenmiddot tren konzentriert und erreieht dort lokal 10-50 Wm2

iiber Flachen von der Gro6enordnung 100 - 1000 km2 bull

Diese Energiezufuhr erzeugt die Warmeinseln der gro6en Stadte mit einer zusatzlichen thermischen Zirkulation und einer statistisch gesieherten Haufung konvektiver Starkregen

Auf der anderen Seite ist der Wirkungsgrad der Sonnenmiddot energie in der Erdatmosphare mit 07 sehr gering dh der Energieumsatz im klimatischen System die Erzeugung verfiigbarer potentieller Energie und die Vernichtung kinetischer Energie liegt auch nur bel 24 Wm2 Da Enermiddot gie ja nicht verbraucht sondern nur umgewandelt werden kann dringen diese vergleiehenden Oberlegungen nicht in die Tiefe des Problems das hier nur angedeutet wermiddot den kann hierzu benbtigen wir Grundbegriffe der heutimiddot gen Thermodynamik Nach ihrem zweiten Hauptsatz kann die Entropie (das Integral iiber aile Zufuhren und Abgaben von Warme im VerhaItnis zur Temperatur) nur zunehmen Umgekehrt nieht Energie sondern negative Entropie (Negentropie) wird verbraucht das bedeutet zugleich einen Verbrauch von Information (im abstrakshyten Sinne des Wortes) Von solchen OberJegungen gehen einige neuere Klimamodelle aus (PALTRIDGE FORTAK)

Die regionale Verteilung dieser anthropogenen Energiezushyfuhr pro Kopf der Bevblkerung ist interessant genug bei allen Industriestaaten Europas (einschlieBlich DDR und Tschechoslowakei) etwa 5-6 KW pro Kopf in USA und Kanada 11-12 KW in Afrika und Stidamerika 04 KW im g10baIen Mittel rund 2 KW Die letzten Zahlen sind sieher zu gering da der Verbrauch an Feuerholz in den Entwicklungslandern statistisch kaum erfa6bar ist wenn dieser sieh auf etwa 15 Tonnen pro Kopf und Jahr bemiddot lauft dann entspricht das weiteren 07 KWKopf oder flir etwa 28 Milliarden weiteren rund 2 TW (TW =Teramiddot watt = 1012 W)

01500 20 40 60 80 1600 20 40 60 80 1700 20 40 60 80 1800 20 40 60 80 1900

Abb 6 Roggenpreisindex 1500 1860 Mittel aus 5 deutschen Stiidten nach PHILIPPI

8

Seit 100 Jahren ist der Energieverbrauch urn einen Fakshytor von mehr als 30 gestiegen eine Angleichung der LeshybenshaJtung der Entwicklungslander ist zwangsHiufig notshywendig selbst wenn in den lndustrielandern die Wachsshytumsraten abnehmen werden Nachdem der derzeitige Weltverbrauch 8+2 TW betragt mu~ - bei einer (hofshyfentlich eintretenden) Stabilisierung der WeltbevOlkerung in der Nahe von 10 Milliarden im Laufe des 21 Jahrshyhunderts mit einem Ansteigen auf 35-50 TW (nASA) entsprechend 35-5 KWKopf gerechnet werden

In diesem Zusammenhang ist ein kurzer Blick auf die Beshyvdlkerungsentwicklung notwendig bei der jetzt erstmals Anzeichen einer Trend-Umkehr deutlich werden (Zahlen zusammengefa~t nach LR BROWN 1976)

Weltbevolkerung und Wachstumsrate

Bevolkerung (106 ) Zunahme pro Jahr ()

1970 1975 1970 1975

Nordamerika 226 236 090 060 West-Europa 333 343 056 032

Ost-Europa 368 384 084 086

Ost-Asien 941 1005 185 118 Stidasien Nahost 1123 1263 257 225 Afrika Stidamerika 588 672 269 268

Gesamte Erde 3594 3920 190 164

Diese ZaWen sind au~rst wichtig ftir aile Vberlegungen tiber ein kiinftiges Energiesystem das wahrend der bereits beginnenden Erschopfung der 61- und Erdgasreserven der Erde das heutige ablosen kann auf diese un sere wirtschaftshyHche Zukunft entscheidende Frage kann bier nicht naher eingegangen werden JedenfaJls ist der Energieverbrauch an sich nur in 10kaJem Ma~stab klimagenetisch wirksam

bei einer kiinftig wohl notwendigen Konzentration von Kraftwerken spielt diese Umweltvertraglichkeit eine wesentliche Rolle

Die Luftverschmutzung - hier zunachst die Emission von Aerosolpartikeln in die unteren Schichten (l 3 km) shy

~ist in ihrer klimagenetischen Wirkung oft ilberbewertet rworden Die hervorragenden Aufnahmen des Landsatshy

Satelliten mit einer raumHchen Auflosung bis herab zu 80 m (aus 960 km Hohe) zeigen da~ eine wirksame Trilshybung der Atmosphilre durch Industriezentren Gro~stadte oder Waldbrilnde tiber Entfernungen von einigen 100 km hervorgerufen wird Ober den Trockengebieten der Erde wird mineraHscher Staub durch Wind hoch aufgewirbelt eine Folge der seit Jahrtausenden betriebenen Zerstorung der Vegetation Diese Staubschleier sieht man im Satellishytenbild von der Sahara aus quer tiber den Atlantik bis in die Karibik ziehen Die KIimawirkung dieser Aerosolparshytikel ist komplex grobere Teilchen (gt 10 11m) absorbieshyren hauptsilchlich die langwellige Ausstrahiung der Erde erhohen die Gegenstrahlung der Atmosphilre und erwarshymen so die unteren Schichten fallen aber relativ rasch aus Feine Teilchen laquo 2 11m) absorbieren mehr die Sonnenstrahshylung mit ahnlicher Wirkung - gleichzeitig streuen sie aber auch gemaB den Gesetzen der Mie-Streuung einen kleinen Teil der Sonnenstrahlung zurtick in den

Weltraum die so dem Erdboden verloren geht Das Vershyhilltnis AbsorptionRtickstreuung hangt zT von der Zusammensetzung der Partikel ab das Rilckstrahlungsshyvermogen (Albedo) der Erdoberflilche spielt eine erhehshyliche Rolle 1m ganzen tiberwiegt aber doch offenbar der Erwarmungseffekt das zeigt sich besonders im Bereich der Staubdome der Gro~stadte in deren Bereich zu jeder Tages- und J ahreszeit die Temperatur hoher liegt als in der Umgebung das gleiche gilt ftir staubreiche Wilstenshygebiete wie in Pakistan_

Inzwischen scheinen die gesetzlichen MaBnahmen gegen die Luftverschmutzung wenigstens bei dem groberen Aeroso) ihre Wirkung nicht verfehlt zu haben in London haben sich die Nebel- und Sichtbedingungen seit dem Clean Air Act deutlich verbessert in den USA ist die Staubbelastung in den GroBstadten zurtickgegangen auf dem Lande allerdings leicht angestiegen Auch in Deutschshyland und Japan haben sich die Verhaltnisse in den schlimmshysten Fallen (Mannheim-Ludwigshafen Tokyo) offensichtshyIich gebessert jedenfalls ist der S02 middotGehalt etwas abgeshysunken

Wesentlich ftir die Beurteilung ist der Zeitfaktor Die Zumiddot fuhr ftihlbarer Wilrme (Enthalpie) wird schon in 24 - 48 Stunden durch erhohte Ausstrahlung wieder ausgeglichen Grobe Aerosolpartikel verbleiben im Mittel nur 2-3 Tage in den unteren Luftschichten feine Partikel in mittleren und hoheren Schichten einige Wochen bevor sie durch Wolken und Niederschlag wieder ausgeschieden werden 1m Rahmen des globalen Wasserhaushalts liegt die mittieshyre Verweilzeit eines Wasserdampfmolekills in der Atmosshyphilre dh die Zeitspanne zwischen Verdunstung und Niederschlag bei 9 Tagen Ganz anders liegen die Vershyhaltnisse bei den langlebigen Gasen so verbleibt Kohlendioshyxid im Mittel 6 Jahre in der Atmosphiire

42 Kohiendioxid und Spurengase

Kohlendioxid (C02) stellt heute einen Anteil von rund 330 ppm (10-6 Volumenteile) der Atmosphilre gegenilber 295 plusmn 5 ppm urn 1880 Der Anteil des Sauerstoffs (02 )

betragt in der gleichen Einheit 208100 dieses Reservoir kann also durch eine Zunahme des CO2 -Gehalts selbst urn einen Faktor 10 nicht nennenswert beeinfluBt wershyden Ober die komplexen Fragen des nattirlichen und vom Menschen gestorten Kohlenstoffkreislaufsystems sowie ilber die m6glichen klimatischen Auswirkungen einer weishyteren CO2-Zunahme berichtet in diesem Heft ausftihrlich C JUNGE (S 21 ff) hier mOgen wenige Bemerkungen ge ntigen Das Speichervermogen von Ozean und Biosphare wird oft tiberschatzt die Masse des Ozeans unterhalb der Thermokline bzw der Zwischenschicht in 400-600 m Tiefe nimmt nur sehr langsam an dem CO2 -Austausch teil und kann daher auch nur geringe Mengen speichern Eine Schiitzung der Food and Agricultural Organisation (FAO) ergibt einen Rtickgang des ilquatorialen Regenwaldes von urspriinglich 1592 auf 935106 km2 heute mit einer Rate von 11 0000 km2 (=112) pro Jahr (1) Die Zunahme der Photosynthese und damit der Netto-Produktivitilt der Willshyder kann nur einen Bruchteil dieser Verluste wettmachen

Die Verbrennung fossiler Brennstoffe (Kohle Erdol Erdshygas) liefert zur Zeit jahrlich rund 51 01 5 g CO2 von dem nach neuesten Daten 53 in der Atmosphilre verbleiben

9

ihr Gehalt steigt zur Zeit urn 1-2 ppm pro Jahr an wobei die Ursache der interannuellen Anderungen wahrscheinlich in der thermischen Veranderlichkeit des Ozeans in Aquatorshynahe zu suchen ist (s Abschn 22) Nach dem heutigen Stand der Diskussion (Marz 1978) wird dieser Antell der Atmosphare in den nachsten 3 - 4 lahrzehnten etwa konmiddot stant bleiben dartiber Wnaus ist eine Abschatzung schwierig

Die klimatische Bedeutung des CO2 liegt darin daB es im langwelligen Infrarot bei Wellenliingen zwischen 12 und 15 pm eine breite Absorptionsbande besitzt Es laBt also die Sonnenstrahlung ungehindert durch absorbiert aber die von Erdoberflache und Wolken abgegebene Warmestrahlung mit ihrem Maximum bei 10 pm Das ist der sogenannte Glashauseffekt dieser Begriff ist physikalisch etwas scWef wei ein Glasfenster nicht nur fur infrarote Strahshylung sondern auch fur den turbulenten Warmeaustausch undurchllissig ist (was erst die Warmespeicherung im Glasshyhaus erkUirt) aber er laBt sich wegen seiner Anschaulichshykeit kaum mehr ausrotten Die klimatische Folge einer Zunahme des CO2 -Gehalts ist eine Erwarmung der Troposshyphare die nach oben abnimmt und in der Stratosphare

Abb 7 Temperaturanderung bei Verdoppeung des CO2 shy

Gehaites Modell MANABE-WETHERALD 1975

degC bull degC C02 Concentration (ppm) and Temperature 14

0 0 l I

4 u

8

6

4

2 Model Augustsson-

Ramanathan 1977

10

8

6

4

- 0 l I

u

2

400 800 1200 1600 2000 2400 2800 3200ppm

Abb8 Temperaturanderung (au8er Po1argebiet) mit zushynehmendem CO~ -Gehalt Skala links mit konshystanter Hahe (CT A) rechts mit konstanter Temshyperatur (CTT) der Wolkenobergrenze Modell AUGUSTSSON-RAMANATHAN 1977

in eine Abktih1ung libergeht Zahlreiche immer weiter verfeinerte Modelle haben diesen Effekt bestiitigt altere mtissen wegen unrealistischer Annahmen ausgeschaltet werden Der Betrag der Erwiirmung hangt von der Zunahmiddot me des Wasserdampfgehaltes (dessen Absorptionsbanden zT die des CO2 tiberdecken) mit steigender Temperamiddot tur und von der (nicht genau bekannten) Wechselwirkung

mit der Bewolkung ab Aber die besten Modelle (MAshyNABE-WETHERALD 1975 AUGUSTSSON-RAMANAmiddot THAN 1977) die den Wasserdampfeffekt mit berticksichshytigen (Abb 78) geben tiber einstimmend fUr eine Verdopshypelung des CO2 -Gehaltes (von 300 auf 600 ppm) eine mittlere Erwiirmung in Bodennahe urn 2--3degC an die im Poshylargebiet (wenn man die Rtickkopplung zwischen Rtickstrahshylung (Albedo) Schneedecke und Temperatur in Rechshynung stellt) auf 7-10degC anwachst Diese Erwarmung ershyfolgt anfangs nahezu linear bei weiter steigendem CO2 -

Gehalt etwas langsamer aber selbst bei einer Zunahme urn den Faktor 10 tritt noch keine Sattigung auf die Ershywarmung betragt dann schon auBerhalb der Polargebiete 8-12degC Eine CO2 -Zunahme auf das 5-lOfache ist nicht unrealistisch bei unkontrolliert steigendem Gebrauch fossimiddot ler Brennstoffe insbesondere bei einem erzwungenem Verzicht auf Kernenergie konnen soIche Werte durchaus erreicht werden wie aIle Modellrechnungen aus neuester Zeit libereinstimmend ergeben

Die Situation die von den ftihrenden Energiefachleuten J der Welt sehr ernst genommen wird verscharft sich noch durch den Befund daB einige andere von Menschen promiddot duzierten Spurengase ebenfalls im Infrarot absorbieren und zwar ausgerechnet in dem noch durchlassigen Fenshyster zwischen 75 und 12 pm Zu diesen Spurengasen ~ zlih1t nicht nur das Ozon (03) - auf dieses (mE etwas tibershyschatzte) Problem kann Wer nicht naher eingegangen wershyden - sondern auch Distickstoffoxid (N 20) Methan (CH4 ) die Frigene (C Ch F2 und C ChF) Schwefeldioxid (S02) Ammoniak (NH3) ua die aile in steigendem AusmaB vom Menschen erzeugt werden Am wichtigsten erscheint das N2 0 (HAHN und JUNGE) aIs ein Endprodukt der stickstoftbaltigen Dtingemittel deren Produktion in den letzten 15 Jahren jahrlich urn tiber 10 zugenommen hat ihnen verdanken wir in der Hauptsache daB die Nahmiddot rungsmittelproduktion bisher noch mit der Bev6lkerungsshyzunahme Schritt halten konnte Die Frigene (Chlorofluorshymethane) sind die Treibstoffe der Aerosolsprtihdosen und werden auch in Ktih1schranken verwertet ihre Jahresshyproduktion nahert sich 106 Tonnen und ihre Verweilzeit in der Atmosphare liegt infolge ihIer chemischen Tragheit bei 30-70 Jahren In Schweden und Oregon sind sie inzwishyschen verboten weitere Lander dlirften folgen

Aile diese Gase addieren sich - da ihre schmalen Absorp-~ tionsbanden sich nicht tiberlagern (WANG 1976) - zumiddot dem Glashauseffekt des CO2 eine konservative () ScMtmiddot zung ergibt eine Verstarkung des CO2-Effektes urn 50 Der Verbrauch fossilel Brennstoffe nimmt sicher nicht mehr lange exponentiell zu da als Foige der beginnenden Erschopfung der ErdOl- und Erdgaslager die Preise steigen werden Bei begrenzten Vorraten ergibt sich eine Zunahme des Verbrauchs nach einer logistischen Funktion ist ein Vorrat F (hier gleich 100 gesetzt) begrenzt dann kann man annehmen daB der Verbrauch sich (mit wachsenshydem Preis) proportional zu dem noch vorhandenen Vorrat I-F andert (c Konstante)

1 dF = c(l-F)

F dt

Daraus ergibt sich die logistische Funktion

rl = 1 + exp [ c (t to 5) ]

10

mit dem Zeitpunkt tos in dem 50 von F aufgebraucht ist fhr Verlauf ahnelt einem in die Breite verzerrten S (Sigshymoid) und wir nahern uns offenbar rasch dem Wendeshypunkt

Da die Intensitat des Glashauseffektes in erster Linie von der Zunahme des CO2 -Gehaltes abhangen wird kann man diese mit der der erwahnten Spurengase kombinieren es ergibt sich ein virtueller CO 2 -Gehalt Dann kann die K1imawirkung in Abhangigkeit vom realen CO2 -Gehalt ausshygedrtickt werden das erlaubt eine Abschiitzung der repriishysentativen Temperaturzunahme (mit Ausnahme der Polarshygebiete) als Funktion des COrGehalts bzw der Zeit Zu den Voraussetzungen gehort daU die CO2 -Wachstumsrashyte unteT Einbeziehung der Entwicklungsllinder mit ihrem Nachholbedarf nicht rasch sinken kann und da~ keine anshydere Energiepolitik das CO2 -Risiko ganz ausschalten wird Unter diesen Voraussetzungen lli~t sich abschatzen da~ eine Temperaturzunahme urn 1 5degC (entsprechend der warmsten Periode der Nacheiszeit vor rund 6000 Jahren) schon zwishyschen 2005 und 2015 eine solche urn 25degC (entsprechend dem warmsten Abschnitt der letzten Zwischeneiszeit s Abschn 6) schon in etwa 50 Jahren erreicht werden kann Die kritische Phase bei der bel einer Erwarmung urn 4degC

m6glicherweise das arktische Treibeis wegschmelzen wird konnte trotz verlangsamter Wachstumsrate zwischen

2040 und 2075 dh in weniger als 100 Jahren eintreten Die entsprechenden Schwellenwerte des realen CO2 -Geshyhalts Jiegen flir eine Erwarmung urn 1 5degC (25deg4deg) bei rund 450 (550 750) ppm mit einer Fehlerbreite von plusmn 10 15

43 Die Albedo und das WiistenprobIem

Eine der wichtigsten Gr6Uen im Warmehaushalt der Erdshyoberflache ist die Albedo der Erdoberfliiche AE der Antellmiddot der reflektierten Strahlung an der einfallenden Globalstrahshylung G der Summe aus der direkten Sonnenstrahlung und der diffus gestreuten Strahlung des Himmels und der Wolken Hiertiber berichten in diesem Heft BAUMGARTshyNER KIRCHNER und MAYER (S 32 ft) Die mittlere Alshybedo der Erdoberflache liegt (nach einer besonders grtindlishychen Auswertung von Landsat-Aufuahmen in mehreren Spekshytralbereichen durch HUMMEL und RECK) bei 14 plusmn 05 Proshy

~ zent Aus einem der besten Strahlungsmodelle (MANABE und WETHERALD 1967) ergibt sich bei einer Zunahme

der mittleren Albedo von 1 eine Abnahme der Gleichshygewichtstemperatur urn 13degC Fast immer flihrt die Umshywand lung bzw Zerstorung der urspriinglichen Vegetation zu einer Zunahme der Albedo dies ist offenbar der einshyzige wichtige Eingriff des Menschen der zu einer Abkiihshylung flihren kann Diese Prozesse erfassen zwar riesige Flachen (landwirtschaftliche Nutzflache und Weideland zusammen 38 der Kontinente) aber sie vollziehen sich langsam schon seit def neolithischen Revolution vor 5-7000 Jahren heute beschleunigen sie sich mit der Bevolkerungszunahme

Eine entscheidende Rolle spielen die Vorgange die a1s Desertiikation bezeichnet werden ein passendes Wort in deutscher Sprache hierfLir mOOte erst neu gebildet werden Die Vegetationszerstorung an den Randern der Sahara ist in der Tat alarmierend die UN-Konferenz tiber Desertishyfication (Nairobi 1977) hat sie der WeltOffentlichkeit

klar vor Augen geflihrt Oberall in den Tropengebieten auch in den semiarid en und semihumiden Gebieten mit einer mehrmonatigen Regenzeit geht die Vegetation in den Weidegebieten rasch zurtick In den Liindern des Maghreb (Tunesien Algerien Marokko) in Lybien und im Sudan liegen verla~liche Schatzungen vor im Mittel rUckt die Wtiste urn 1 2 km jahrlich VOL Das bedeutet allein bei der Sahara in jedem Jahr eine Zunahme urn tiber 20000 km2 bull Dies ist keinesfalls die Foige einer Klimaiinshyderung - das konnte in Tunesien in Rajasthan im Sahelshygtirtel einwandfrei nachgewiesen werden Es ist vielmehr das Resultat der vom Menschen veranlaf3ten tiber Jahrtausende fortgesetzten Eingriffe in die natiirlichen Haushalte erst die Vernichtung der Gro~tierherden und der Raubtiere dann die Nutzung der nattirlichen Savannen und Graslander als Weideland flir Rinder Kamele Schafe und Ziegen dazu das jahrlich wiederholte Abbrennen des Grases shyso wurden die TrockenwaIder in Dornsavannen umgewanshydelt - zuletzt die Oberstockung der Graslander mit wachshysender Bev61kerungsdichte In den Liindem der Sahel zone ist die Zahl des Weideviehs in den Jahren 1949 - 68 auf das Sechsfache vermehrt worden hier treten Feucht- und Dtirrejahre meist in Gruppen auf und die Dtirre 1969 - 73 hat sieh 1977 wiederholt Die gro~e natiirliche Verandershylichkeit der Regenfalle von Jahr zu Jahr fUhrt immer wieshyder zu einer Vermehrung des Weideviehs tiber das 6kologishysche Gleichgewicht hinaus das damit nachhaltig gestort wird Hierzu kommt noch die Nutzung der letzten Baume und Straucher als Feuerholz (s Abschn 41) Da~ hierdurch selbst in semihumiden Gebirgslandern wie im Hindukusch oder in Nepal eine vollige Waldzerstorung in Gang kommt ergibt der Augenschein schon bei fltichtigem Besuch

Eine Modellrechnung von CHARNEY (1975) hat nun gezeigt da~ in dem Wtistengiirtel der Erde wegen der hohen Albedo der Erdoberflache der extraterrestrische Strahlungshaushalt negativ wird da~ dieses Defizit durch advektive Warmezufuhr und Absinken der Luft ersetzt werden mu~ und da~ die Zunahme der Albedo durch VeshygetationszerstOrung dieses Absinken nur noch verstarkt Das flihrt zu einem weiteren Rtickgang der Niederschlashyge und zu verstarkter Wtistenbildung Sicher handelt es sich hier urn einen schwachen erst in langen Zeitraumen und tiber gro~n Gebieten wirksamen Prozess der die naturbedingte Trockenheit im Bereich der subtropischen Hochdruckzellen noch verstarkt andere Modellrechshynungen und Auswertungen von Satellitenbildern haben diese Oberlegungen bestatigt Sieher sind die gro~en Wtishysten der Erde nicht erst vom Menschen geschaffen worden aber ihre Intensivierung und Ausweitung ist ein Produkt menschlicher Eingriffe An mindestens drei Stellen (bei Jodhpur mit rund 270 mm Regen im Jahr bei KhartumshyOmdurman mit 160 mm und bei Nefta in Tunesien mit 70 mm) zeigen eingezaunte Gebiete daU die vor den Weideshytieren geschtitzte ursprtingliehe Vegetation eine v61lig andeshyre Albedo hat a1s die umgebende Wtiste Ein Effekt auf die Niederschlage lli~t sich aus den (erst nach 1900 einsetzenshyden) Messungen zwar nicht nachweisen wohl aber aus den historischen Nachrichten aus dem Wtistengiirtel aus den Berichten der frUhen Reisenden tiber die Dauer der Regenshyzeit tiber die Existenz von Brunnen und regelma~ig abkomshymend en Fltissen noch im frUhen Mittelalter sind arabische Reisende quer durch die Sahara mit Pferden gezogen (tiber historische Klimaschwankungen natiirlicher Herkunft s Abschn 6 und 8)

11

5 Das Problem der Klimavorhersage Stand und Aufgaben

51 M odeUrechnungen

Was konnen wir tiber die Zukunft unseres Klimas vorausshysagen Was wissen wir tiber die Ursachen der Klimaschwanshykungen der Vergangenheit Immerhin wachsen unsere empirischen Kenntnisse tiber die Klimageschichte rasch an und erfassen die letzten 10000 Jahre schon recht gut die letzten 700000 Jahre immerhin schon in den Grundmiddot zUgen die Umrisse der Geschichte der letzten 500 Millionen Jahre beginnen ebenfalls sichtbar zu werden (SCHWARZshyBACH) Eindeutige Zusammenhiinge mit den nattirlichen Ursachen sind bisher hochstens vereinzelt nachgewiesen eine Vorhersage dieser extremen Ursachen (Abschn 3) ist bisher unmoglich

Physikalisch-mathematische Klimamodelle sind bisher vielshyfach nur in der einfachsten Form (0- oder I-dimensional) erortert worden 2- oder 3-dimensionale ZirkulationsmoshydelIe der Atmosphiire gibt es in den verschiedensten Formiddot men Gemeinsam ist ihnen die Ableitung der Felder Wind Luftdruck Temperatur auf der Grundlage vorgegebener Randbedingungen so der Temperatur der Ozeanoberfliishyche der mittleren Bewolkung ua Damit sind aber die fUr das Klima entscheidenden Wechselwirkungen fest vorgegeshyben schon die Behandlung des jiihrlichen Ganges ist mit einem so1chen Ansatz unmoglich erst recht natlirlich die Vorhersage von interannuellen Anderungen oder Klimashyschwankungen Die Wechselwirkung Atmosphiire - Ozean ist bisher in nur einem stark idealisierten Modell (MANABE und BRYAN) einbezogen worden andere Modelle behanshydeln den Ozean als beyregungslosen Sumpf der Wiirme und Wasserdampf abgibt bzw aufnimmt Sieher sind diese Ansiitze vielversprechend sie Hefem immerhin ein ziemlich realistisches BUd der groBen Stromungssysteme der Atmosshyphiire der hydrologischen BUanz Niederschlag - Verdunshystung und der Energieumsetzungen innerhalb der Atmosshyphiire Aber schon eine Umsetzung der Zahlenwerte flir die Landoberfliiche in regionalen Klimatypen zeigt die UnvoIlkommenheit dieser Art von Modellen da erhalten Texas und Stidchina ein Wtistenklima oder in der Sahara fallen 1500 mm Niederschlag am Rande des Himalaya dashygegen weniger als 50 mm Natiirlich geben solche Fehler AnlaB zur Verbesserung der Modelle diese aber finden heute weniger inder Physik als vielmehr in der Leistungsshyfahigkeit der Computer und dem Aufwand an Rechenzeit ilire Grenze Auch wissen wir heute daB die meisten Moshydelle (wegen in ihnen enthaltenen mathematischen Niiheshyrungen) auch bei gleichen Anfangsbedingungen verschieshydene Ergebnisse Hefem Modellexperimente Iiefem daher keine Abbilder der Wirklichkeit sondem sind Testversushyche tiber die Sensitivitiit der Modelle selbst Der entscheishydende Einwand ist aber daB es bisher noch nieht gelungen ist die Summe der zeitabhangigen Vorgiinge in Ozean Eis und Atmosphiire und ihre wesentlichen Wechselwirkunshygen in ein Modell einzubauen Keiner der hervorragenden Modellbauer macht sieh lIlusionen tiber die Schwierigshykeiten im Detail eine befriedigende Losung wird wohl kaum vor 10 Jahren gefunden werden konnen und auch dieses Datum mag noch zu optimistisch sein

Andere Modelltypen sind vorgeschJagen worden statishystisch-dynamische Modelle die zeitabhiingige Parameter unter Verzicht auf Detail als Statistiken behandeln und

12

stochastische Modelle bei denen die wirksamen langfristishygen Prozesse im Ozean und im Eis von der kurzlebigen Atshymosphiire her angetrieben werden (HASSELMANN und Mitarbeiter )

Aile diese Versuche sind notwendig und nUtzlich soweit sie unsere Kenntnisse tiber die Wechselwirkungen im klimatimiddot schen System und ihre Auswirkung erweitem erst wenn wir diesen komplexen Wirkungsmechanismus voll versteshyhen konnen wir ihn so vereinfachen dafll wir ein gentigend realistisches und doch noch traktables Klimamodell aufshybauen konnen Ein entscheidender Test ist die Simulation des jiihrlichen Ganges (zB WETHERALD - MANABE 1972) diese jahreszeitliche Anderung der Zirkulation ist eher noch groBartiger als die starks ten Klimaschwankunshygen der Vergangenheit wie etwa eine Eiszeit ftir die GAshyTES (1976) ein Zirkulationsmodell mit gegebenen Randbemiddot dingungen entwickelt hat

S2 Zur Frage der Vorhersagbarkeit

Solange die Hauptursachen der Klimaschwankungen in der Vergangenheit - zuniichst jedenfalls als unvorshyhersagbar geJten mUssen bleibt eine ernstzunehmende Prognose etwa flir das Klima der Periode 2100-2150 AD unmoglich Das muB ganz nilchtem gesehen werden selbst ~ wenn die eben erorterten Schwierigkeiten beim Aufbau eines geeigneten Modells voll befriedigend gelost werden konnen Aber ein Ausweg ist moglich der immerhin eine bedingte Vorhersage - in der Literatur als Vorhersage zweiter Art bezeichnet ermoglicht Setzen wir eillshymal voraus daB die unvorhersagbaren Prozesse so weltershylaufen wie in den letzten (rund) 5000 Jahren - genauer seit dem Verschwinden der letzten Reste der kontinentalen Inlandeisdome auf Labrador Dann konnen wir mit Modellshyrechnungen untersuchen wie dieses klimatische System auf Anderungen der Randbedingungen - zB auf eine Anderung des CO2 -Gehalts des Aerosolgehalts der unteren Troposphare oder der Stratosphiire (Vulkane) der Oberfliishychenalbedo - reagiert Solange kein wirklich komprehenshysives aile Untersysteme mitumfassendes Modell des klimashytischen Systems existiert sollte das in sorgfaltig geplanten Parallelversuchen mi t den heute verfUgbaren Modellen bzw den noch verbesserten Versionen durchgefilhrt werden

Parallel hierzu muB aber ein vertieftes Studium charakshyteristischer Stadien der Klimate der Vergangenheit treten ~ das Iiegt auch im Interesse der Modellbauer Es gibt nur eine Mogliehkei1 die Eignung eines Modells zur Klimavormiddot hersage zu erproben die Simulation der Klimate der Vershygangenheit und ihrer zeitlichen Entwicklung Aber auch unabhiingig davon geben uns diese Paliioklimate Hinweise darauf wie das Klima unserer Erde auch aussehen konnshyteo Denn hier versagt offenbar - jedenfalls gilt dies ftir die Mehrzahl der Meteorologen unser Vorstellungsshyvermogen nur so ist das (fast irrationale) Festhalten an der Oberzeugung von der Konstanz unseres Klimas zu erkliiren trotz all unserer Erfahrung mit extremen Wetterlagen

Stellen wir nur die in der Vergangenheit wirksamen Klimashyfaktoren in Rechnung dann mtissen wir uns fragen wie sah das Klima aus als unsere AlpengJetscher den vielerorts im Gelande noch siehtbaren Hochststand (mehrfach in def Zeit zwischen 1610 und 1855) erreicht hatten Das war die kleine Eiszeit (s Abschn 7) sieher mtiBte def Obershy

gang zu der nachsten Eiszeit von einem solchen Stadium ausgehen und wir mtissen die Frage nach der Natur dieses Obergangs erortern Stellen wir im Gegensatz hierzu die anthropogenen Faktoren in den Vordergrund die offenmiddot bar in ihrer Gesamtheit zu einer globalen Erwarmung flihren (s Absdm 41 42) dann kbnnen wir die Warmmiddot phasen der Vorzeitklimate untersuchen und als Beispiel fUr die in Zukunft zu erwartenden Zustande nehmen NatUrJich mtissen wir uns auch die Frage stellen kann sich das Klima der Vergangenheit wiederholen oder haben sich die Randbedingungen inzwischen geandert Nachdem wir heute wissen daf~ es in jtingerer Vergangenheit nicht eine oder vier sondern mindestens 17 Eiszeiten und ebensoviele Warmzeiten g10balen AusmaBes in 18 Milliomiddot nen lahren gegeben hat (FINK und KUKLA) stellt sich dieses Problem in aller Scharfe Auch die Geschichte des Menschen wiederholt sich nie aufvbllig g1eiche Art

Solange wir also keine physikalisch einwandfreien genUmiddot gend realistischen Klimamodelle zur Verftigung haben mUsmiddot sen wir uns mit dem Vergleich vergangener Zustande aber mit aller gebotener Kritik und Vorsicht behelfen Diese Art der Darstellung moglicher aber keinesfalls gesimiddot cherter Zustande bezeichnet man (in der sehr umfang reichen Literatur Uber Zukunftsfragen) als Szenarium als Drehbuch fUr einen Film Das ist eine auBerst unglUckmiddot liche Bezeichnung unsere Darstellung entspringt niemals allein schbpferischer Phantasie sondern beruht ausschlieBmiddot Hch auf den kritisch durchgeprUften Grabungsergebnissen der Vergangenheit alles was frliher schon einmal gesche hen ist kann wieder geschehen sofern die g1eichen Randmiddot bedingungen gegeben sind HierfUr geben uns die vorliemiddot genden Modelle wertvolle Hinweise Andererseits mUsmiddot sen wir stets die natiirlichen Schwankungen des Klimas (mit einer GroBenordnung von plusmn 06degC fUr die g10bale Mitteltemperatur gegeben fUr einen zB IOOjahrigen Mitmiddot telwert) mit in Rechnung stellen sie addieren sich zu den anthropogen verursachten Schwankungen ledem mit der Klimavergangenheit nicht vertrauten Leser sollte das Studium des groBen zweibandigen Werkes Climates Past Present and Future von H LAMB dringend empfoh len werden

FUr den folgenden Abschnitt 6 die Erorterung globaler Warmphasen als Beispiele [iir m6gliche Klimazustiinde unter anthropogenem Einftuj3 mUssen wir folgende einmiddot schrankende Voraussetzungen machen (s Abschn 23 und 3)

a) Konstanz der Solarkonstanten (innerhalb der heutigen MeBgenauigke it)

b) keine Haufung starkerer VulkanausbrUche c) kein groBskaliger Ausbruch des WestantarktismiddotEises d) keine Anderung der mittleren Bewolkung

Die letzte Einschrankung bezieht sich auf unsere mangelmiddot haften Kenntnisse tiber die Rolle der BewOlkung im Strahmiddot lungshaushalt Zweifellos ware schon eine geringe Zunahmiddot me der Bewolkung (zZ nach Bodenbeobachtungen ca 52 nach Satellitendaten ca 30 beides mit sysmiddot tematischen gegeneinander wirkenden Fehlern behaftet) fUr den Warmehaushalt von entscheidender Bedeutung Doeh ist das unwahrscheinlich (CESS) der gro~te Teil der Wolken entsteht in aufsteigenden Luftstromungen und lost sich bei Absinken auf bleibt also als Foige des Kontinuitiitssatzes etwa erhalten Die stabilen Inversionen

aber dUrften bei einer CO2 middotZunahme wegen der waehsenden LabiliHit der Schichtung eher abnehmen

6 Warmphasen in der Klimageschichte

61 Friihmittelalterliche Wiinneperiode

Da eine Riickkehr zu einer rein naturbedingten Klimaentmiddot wicklung ebenso unmoglich ist wie eine RUckkehr zu den Lebensbedingungen der lungsteinzeit fUr eine Erdbevolkemiddot rung von Uber 4 Milliarden miissen wir mit einer g10balen Erwarmung rechnen Dem widerspricht die Abklihlung der Periode 1945-72 in mittleren und hohen Breiten der Nordhalbkugel nur scheinbar in niedrigen Breiten blieben die Temparaturen fast konstant in gemaBigten Breiten der SUdhalbkugel und am Rande der Antarktis sind sie sogar leicht angestiegen Einer CO2 middotZunahme von 12-13 entspricht eihe g10bale Temperaturzunahme urn a2degC dies liegt noch ganz im Bereich des statistischen Rauschens dh der interannuellen Variabilitat Die bemiddot obachtete AbkUhlung kann offenbar mindestens teilweise auf die seit 1955 wieder auflebende Vulkantatigkeit (nach einer Pause 1912-1948) zuruckgefUhrt werden Das Argumiddot ment daB ohne die inzwischen erfolgte CO2 middotZunahme die AbkUhlung entspreehend starker gewesen ware la~t sich weder beweisen noch widerlegen es steht jedenfalls im Einklang mit den zuveriassigsten Strahlungsmodellen Wir betrachten also zunachst als Beispiel fUr eine kUnftimiddot ge Klimaentwicklung - einige Warmphasen aus der Klimamiddot geschichte ohne daB ruer auf die Art der Quellen und ihre Kritik eingegangen werden kann (vgl die Monogramiddot pruen von SCHWARZBACH und LAMB)

Die erste wichtige Warmphase ist das frUhe Mittelalter etwa die Periode 900 - 1050 un serer Zeitrechnung Sie ist zwar in Mitteleuropa durch historische Daten wenig bemiddot legt das umfangreiche Werk von H LAMB enthalt eine Zusammenstellung aller erreichbarer Daten die inzwischen fortlaufend erganzt werden In dieser Zeit scheinen sich (die vorsichtige Ausdrucksweise ist wegen der noch allmiddot zuoft unkri tischen Auswertung historischer Quellen notmiddot wendig) in weiten Teilen Europas warme Sommer und DUrreperioden zu haufen Die wichtigsten Befunde ergeben sich ausder Siedlungsgescruchte der Wikinger in Island und Gronland mit ihren klihnen Vorstoampn nach Labrador und Neufundland Diese Auswanderer (aus politischen GrUnden) trafen ab 874 Island zu etwa 60 bewaldet an sie trieben dort nicht nur Schafzucht sondern auch Getreidebau (wie Ubrigens damals in Norwegen bis zum 65 Breitengrad) Sie Uberquerten die DanemarkstraBe an der schmalsten Stelle ohne den heutigen TreibeisgUrtel anzutreffen und errichteten Siedlungen in Siidmiddot und Westgronland die FriedhOfe dieser Siedlungen liegen heute im Dauermiddot frostboden War der OstgronlandstrOin damals in 65degN eisfrei dann muB das bei dessen hoher Geschwindigkeit Om Vergleich zur Abschmelzzeit der Eisschollen) fUr seimiddot ne gesamte Lange zutreffen die arktische Treibeisgrenze lag also damals an der Nordkiiste Grbnlands dh in 80-shy

o8I N Breite Erst urn 1330 liegt ein zeitgenbssischer Bemiddot richt vor daB das vorgeriickte Eis zur Aufgabe dieses Scruffmiddot fahrtsweges gefiihrt hat zugleich verschlechterten sich die Klimabedingungen in Gronland und Island wo der Getreimiddot debau aufgegeben werden muBte Archaologische For schung hat zeigen konnen daB urn 1000 die Eskimos den ganzen arktischen Arcrupel Kanadas besiedelt hatmiddot

13

ten ebenso die Neusibirisehen Inseln In diesen heute mensehenleeren Einoden lebten sie von Walfang ~ dieshyser setzt offenes Wasser im Sommer voraus Die gleiche Klimaversehlechterung zwang sie ZUIll Ausweichen nach Sliden und ZusammenstoJ)e mit den durch Hunger und Seuchen dezimierten norwegisehen Siedlern in StidgrOn land filhrten zu deren Verniehtung

Die Waldgesehichte Kanadas und Europas die Gletschershygesehichte der Alpen beJegen um J 000 eine Erwarmung lim etwa 1deg( das Kaspische Meer erreichte einen seiner tiefsten Stande bel ~3~ m dh niedriger als heute wo viel Wasser zu Bewaserungszwecken verwendet wird Der Nordteil der Sahara war feuehter als heute arabische Reishysende beriehteten sogar aus dem heute trockensten Geshybiet (Kufra) von einer gerade erst aufgegebenen Rindershyzucht man wird die Niederschlage damals doch auf 150-~00 mmiJahr schatzen mussen gegeniiber 3~5 mm heute Aber aus dem Mittelmeerraum wird von einzelnen uberaus kalten Wintern berichtet ebenso hatten China und Japan warme Sommer aber auch strenge Winter in denen die gro~en F1u~-Seen am Jangtsekiang zufroren 1m mittleren Westen der USA herrschten giinstige Bedinshygungen fur Ackerbau Jagd und sogar stadtische Kuhur wah rend urn 1200 Serien von Durren zur Aufgabe von Gebieten zwangen Da~ diese Dtirreperiode hier im heutishygen Maisanbaugtirtel 200 Jahre anhielt (Bryson und Murshyray) mu~ besonders beachtet werden Der mittlere Westen Nordamerikas ist zZ das einzige Gebiet mit Getreidetibershyschuf~ wahrend viele andere Lander von Importen dh von der Hand in den Mund Jeben

Eine Zusammenschau dieser (und anderer) Daten fUhrt zu der Vorstellung (LAMB) da~ wie in den hei6esten Somshymem der Periode 1931-60 die Zyklonenzugbahnen der Westdrift durch quasi-stationare Hochdruckgebiete urn 300~500 km nach N verlagert waren Auch im Winter ergab sich eine iihnliche Situation die aber mit blockierenshyden Hochs zu hiiufigen Kaiteperioden ftihrte Wahrend im Eis Gronlands bereits eine vortibergehende Abktihlung urn 1160 eintrat die auch von Schweizer Gletschern beJegt ist war die nachste Kaltewelle mit dem Hohepunkt urn 1320 noch nachhaitiger wirksam alle Warmphasen seit dieser Zeit haben nieht die Andauer und Intensitat derjeshynigen urn die Jahrtausendwende erreicht Ftir sie kann ein Anstieg der reprasentativen Temperaturen urn etwa 1degC angesetzt werden die in der Arktis vermutlich 2-3degC erreicht haben diirfte Von der Sudhalbkugel Jiegen kaum Daten vor au~er einer Trockenperiode in Neuseeland zur Zeit der Maori-Einwanderung

62 Die holozane Warmeperiode vor 6000 (bzw 4000) Jabren

Nach dem Hohepunkt der letzten Eiszeit (18000 vh = vor heute) dauerte der Eisrtickzug in den beiden Nord-Kontishynenten verschieden lang das Skandinavische Inlandeis verschwand endgilltig kurz vor 8000 vh wiihrend zugleich das Laurentische Eis Nordamerikas noch die Hudsonshybucht mit allen Nachbarliindern bedeckte mit noch etwa 50 Prozent seiner urspriinglichen Flache Nach einem katashystrophalen Einbruch des Meeres in die Hudsonbucht vershyschwand das Eis im Westen relativ rasch in Labrador anshyscheinend erst urn 4500 vh wah rend in Baffinland ausgeshydehnte Plateaugletscher bis heute tiberlebten Das ftihrte

14

in der Zeit 8000-4500 vh zu einer permanenten Anomashylie der Zirkulation von Atmosphare und Ozean tiber Euroshypa zu einer zusatzlichen advektiven Erwarmung mit einem ersten Hohepunkt urn 6000 vh einem zweiten ab etwa 4500 vh nach einer kurzen intensiven Abktihlung urn 4800 vh wahrend das ostliche und zentrale Nordamerika noch relativ ktihl blieb Offenbar lagen auch Alaska und das westliche Nordamerika unter dem Einfiu~ eines warmen Hochdruckrtickens langs 1000W dehnte sich der boreale Wald etwa 300 km weiter nach N aus als heute ja vor 4800 vh sogar bis zur Banks-Insel (74degN) Ahnliche Beshyfunde Iiegen von Nordnorwegen und der westsibirischen Taiga vor die eine Erwarmung urn 2 bis 3degC andeuten im globalen Mittel ergibt sich eine Erwarmung urn etwa I 5degC In der inneren Arktis waren selbst die Nordktisten von Spitzbergen Gronland und Ellesmere-Land im Somshymer eisfrei wahrend der Kernbereich des arktischen Treibshyeises zwischen N ordkanada und Ostsibirien sieher erhalten blieb

Die Vegetationsgeschichte von Eurasien (FRENZEL) zeigt diese Warmphase klar Werbei darf man nlcht vergesshysen daB die Einwanderung von Waldbaumen erheblich Ianshygere Zeit benotigt als die daftir verantwortliche Klimaiindeshyrung Von besonderer Bedeutung ist dabei in Ostsibirien a offenbar auch in Kanada und Alaska ein Rtickzug des Dauerfrostbodens urn mehrere 100 km nach Norden in den Gebirgen rtickte die Waldgrenze tiberaIl urn 100-150 m aufwarts In den Alpen lli~t sich das mit vielen Einzelheiten belegen (pATZELT) aber im Gegensatz zur Subarktis kam es hier in der Periode zwischen 8000 vh und 800 vh zu mindestens vier Warmeperioden und zwischengeschalteshyten Kaltphasen mit Gletschervorstii~n von jeweils fast gleieher Intensitat Ftir die TemperaturverhaItnisse der Ozeane sind nur wenige Angaben vorhanden - die zeitshyliche Aufiosung der Ozeanbohrkerne liegt meist bei 3-5000 Jahren als Folge der geringen Sedimentationsrate und der biogenen Durchwtihlung des Meeresbodens Nur fUr den Kuroshio zwischen Taiwan und der japanischen Stidktiste wird eine Erwarmung urn 6degC angegeben

Die auffaIligste Erscheinung ist eine verbreitete Zunahme der Niederschliige mit nur zwei sicheren Ausnahmen In Westsibirien sowie im Mittelwesten der USA (Wisconshysin - Illinois) weitete sich das trockene Grasland nach N bzw E hin aus Oberall sonst besonders auWillig 1m Trok- ~ kengtirtel der Alten Welt von Mauretanien (l7degW) bis nach Rajasthan (77degE) herrschte ein feuchteres Klima als heute in der Sahara ist es an mehr als 30 fossilen Seen und Fltisshysen einwandfrei belegt eben so in der Danakilwtiste in der arabischen Wtiste aber auch im SW Nordamerikas im ostafrikanischen Graben und in weiten Teilen Australiens Zwei Gebiete sind besonders gut belegt in Rajasthan (BRYSON) schwankte die Regenmenge zwischen 400-600 mm (zeitweise fiber 800 mm) von etwa 10500 vh bis rund 3700 vh gegeniiber rund 250 mm heute und der Tschadshysee heute ein naches von Diinen durchsetztes Seebecken von maximal 23000 km2 dehnte sich zweimal (urn 8500 und urn 5800 vh) auf tiber 320000 km2 aus (MALEY) mit einem Spiegel tiber 40 m hoher als heutc und einer maximamiddot len Tiefe von etwa 200 m Das zentrale Trockengebiet zwischen Kufra und Tibesti heute mit weniger als 5 mml Jabr war zT von dauernd flie~nden Fltissen durchzogen Das Grasland wurde genutzt von offenbar zahlreichen rinderztichtenden Nomaden und die jahrlichen Niedershy

schlage werden auf 200-400 mm geschatzt (PACHUR GABRIEL) im Tibestigebirge (heute 100 mm) auf tiber 800 mm Besonders auffallig ist da~ in dieser Feuchteperiode sowohl die Nord- wie die Stidflanke der Sahara starker tiberregnet wurden im Sahelgebiet schlieBt ROGNON auf eine ganzjahrige Regenzeit mit haufigen Dauerregen an stelle der kurzen Sommer-Regenzeit mit ihren heftigen Schauern Das ist nicht vertraglich mit der Lehrbuch-Vorstellung von einer meridionalen Verschiebung aller Klimagtirtel die im Stiden und Norden der Sahara alternierende Feuchtshyphasen auslosen m~te Nur bn Winterregengebiet nordlich 36degN find en wir in Anatolien und Iran (so am Van-See) eine markante Trockenperiode gleichzeitig mit der Feuchtshyphase der ganzen Sahara Diese Feuchtphase schon einmal urn 7500 vh unterbrochen wurde ab 5500 vh durch eine allmiihliche Austrocknung abgelost die urn 4000 vh in der Sahara etwas spater auch in Rajasthan zu einem ariden Klima ahnlich wie heute fOOrte Diese Austrocknung haben die frOOeren Hochkulturen miterlebt das Alte Reich Agyptens die Stadtkulturen zwischen Jericho und Ur die Indus-Kultur ilire Krisen oder ihr Untergang hiingen offen bar von diesen Klimaanderungen starker ab als von dem Einfall fremder Volksstamme

Die Interpretation dieser Befunde aus dem Holoziin (=Nachshyeiszeit) erfordert eine genaue Synchronisation des Ablaufs der Klimageschichte in weit entfernten Raumen sowie ein meteorologisches Verstiindnis dieser raumlichen Bezieshyhungen anhand rezenter Befunde Zunlichst ergibt sich auch heute in den Obergangsjahreszeiten wie im Winter die Existenz quasi-permanenter Hohentr6ge die sich in 150-300 mbar jeweils weit zurtick nach SW bis in die innemiddot ren Tropen hinein erstrecken (FLOHN 1975) Ahnlich existieren diese diagonaien Hdhentrdge auch tiber der Stidhalbkugel wo sie bis zum Aquator gelegentlich auch dartiber hinaus reichen In ihrem Bereich kommt es zu einer Wechselwirkung der tropischen und aulkrtropischen Storungen (Abb 9) die zu kraftigen Wirbeln mit Gewittermiddot schauern und Sandsttirmen ftihren dies sind die schon urn

Interaction Upper Troughs-low level Tropical Vortices Lat

300

fIlA 200

10middot

omiddot Abb 9 Diagonale Hohentroge (200 mb) und ihre Wechshy

selwirkung mit Storungen der tropischen Oststroshymung (700 mb)

1935 bekannten Saharadepressionen 1m westlichen und zentralen Nordafrika laBt sich an heutigen Statistiken die simultane Schrumpfung bzw Ausweitung des Trokshykengtirtels und die Rolle der Frtibjahrsregen hierbei nachshyweisen dasselbe ergab sich aus historischen Studien der Regenverhaitnisse im 17-19 Jahrhundert (NICHOLshySON)

Wahrend der ersten Feuchtphase 10500 8000 vh existiershyten noch ausgedehnte EisfHichen in Nordeuropa und Nordmiddot amerika Das ganze Jahr tiber reichte die glob ale Kaltshyluft und die von ihr ausgehenden Kaltetroge weiter stidmiddot warts als heute wahrend sich Uber den Tropen bereits die heutige Zirkulation herstellte Die Befunde deuten im Atlantik wie im Pazifik auf eine Abschwachung der subtroshypischen Hochdruckgebiete und damit der Intensitlit der Passatwinde Dies fiihrt notwendig zu einer Abschwachung des Aufquellens von Kaltwasser sowohl an den Westktisten (NWmiddotAfrika Kalifornien) wie am Aquator hier also zur Vorherrschaft der EI-Nino-Zirkulation mit Warmwasser starker Verdun stung und aquatorialen Regen auf dem Meer die geophysikalische Rolle dieses Wechsels ist kaum zu tiberschatzen Urn 8000 - 7300 vh kam es nach Vermiddot schwinden des skandinavischen Eises zu einer Unterbremiddot chung der Feuchtphase Diese stellte sichjedoch wieder her solange noch tiber Labrador - Baffinland ausgedehnte Eisfelder auch im Sommer tiefe weit ausgreifende Hohenmiddot troge zur Folge hatten diese traten offenbar in Nordamerishyka sowie in EuropaAfrika in den Obergangszeiten haufishyger auf als heute 5-10 faile dieser Art pro Jahr gentigen urn insgesamt 150-250 mm zusatzlichen Niederschlag hervorzubringen Die endgultige Austrocknung vollzog sich erst urn etwa 4500 vh mit dem Verschwinden der Eisreste aus Labrador

Die fUr den Klimaablauf entscheidenden physikaischen Randbedingungen in der Subpolarzone waren also urn 6000 vh noch wesentlich anders als heute erst urn 4500 vh entwickelten sie sich offenbar mit einer noch starkeren Reduktion des arktischen Eises Die ebenfalls noch wanne Phase urn 4000 vh deren regionale Einzelheiten weniger gut bekannt sind war im Trockengtirtel der Alten Welt wie im SW Nordamerikas in Stidafrika und in Australien ahnlich trocken wie heute Noch eine weltcre Randbedinshygung sollte nicht vergessen werden die bereits erwahnte (Abschn 43) Vegetationszerstorung und Desertifikation die mit der Zunahme der Obertlachenalbedo tiber den Meshychanismus des Charney-Modells zu einer Verstarkung des Absinkens fUhrt Sie wird wahrscheinlich bei einem Ruck gang des ArktismiddotEises eine Zunahme der Niederschlage im Sahel hinausz6gern jedenfalls solange bis durch geeigshynete SchutzmaBnahmen eine geschlossene GraslandmiddotVege tation in den Randgebieten der Sahara wieder hergestellt werden kann Das aber ist ein okonomisch-soziales Pro blem

63 Letztes Interglazial EemmiddotWannzeit 120000 vb

Die EntwickIung quantitativer Arbeitsmethoden in der Geo logie hat in den letzten Jahren einige aufregende Entdek kungen innerhalb der Erdgeschichte erm6glicht Hierzu zahlt die Entdeckung eines 17-18maligen Wechsels zwi schen Eiszeit und Warmzeit (Interglazial) in den letzten 2 Millionen Jahren in zeitlicher Obereinstimmung datiert mittels der Umkehrung des erdmagnetischen Feldes gefunshyden in Ozeanbohrkernen aus dem aquatorialen Pazifik (SHACKLETON - OPDYKE) und in L6Bprofilen in Mahmiddot ren und Niederosterreich (KUKLA und FINK) Damit ergab sich eine gesicherte Chronologie der Kalt- und Warmshyzeiten ftir die palaomagnetische BrunhesmiddotEpoche der letzten 700 000 Jahre In allen geeigneten Ozean-Bohrkernen finshydet man in der Zeit zwischen 127 000 und 75 000 vh (mit einer Fehlergrenze unterhalb plusmn 5000 Jahren) drei

15

Warmphasen mit zwei kurzen Kaltphasen dazwischen genauere Untersuchung in Barbados auf Mallorca Neuguishynea und an der Themsemtindung belegen auch die zugeshyhOrigen eustatischen Schwankungen des Meeresspieshygels da in den Kaltphasen gro6e Wassennengen als konshytinentales Eis gespeichert werden Auf dem Festland sind bisher zwei nahezu vollstandige Moorbohrkerne untershysucht worden (in Mazedonien und sudlich der Vogesen) die die gleichen Schwankungen zeigen aber in wesentlich hOherer zeitlicher Auflosung Noch weiter auflasbar sind die Diatomeenablagerungen Nordwestdeutschlands mit ihren tiber 10 000 Jahre reichenden Jahresschichten (H MOLLER) die eine pollenanalytische Analyse von Abshyschnitten von nur 15 Jahre Lange erlauben

Nach allen vorliegenden Befunden ist die friiheste der drei Warmphasen mit deutlichem Abstand die warmste noch etwas warmer als die erarterte holozane Warmphase offenbar auch warmer als die vorhergegangenen Interglashyziale Sie reichte von 127000 bis etwa 115000 vh die warmste Phase umfa~te in den Vogesen mindestens 10000 Jahre dagegen die beiden Kaltphasen nur jeweils 1600 bzw 1000 Jahre Ftir Europa und die Sowjetunion existiert eine detaillierte Vegetationsanalyse (FRENZEL) dieser Warmzeit die mit dem hollandischen Lokalnamen Eem (im engeren Sinne) bezeichnet wird nach dieser Anashylyse miissen die Temperaturen 2-3degC haher gelegen haben als heute in Sibirien sogar bis 6degC Xhnlich wie im Holoshyzan miissen die Niederschlage hoher gewesen sein zumal die hOhere Temperatur schon an sich zu einer Zunahme der Ozean-Verdunstung fiihrt Neben der oben erorterten Dominanz der EI-Nifio-Zirkulation am Xquator ist eine weitere Ursache der Verstarkung des hydrologischen ZykshyIus der eustatische Meeresspiegelanstieg auf + 5-7 m der durch einen breiten Meeresarm zwischen Ostsee und Wei~em Meer Fennoskandien zur Insel macht und im Mtindungsgebiet von Ob und Jenissei bis tiber 1000 km weit ins Binnenland eingreift (FRENZEL) Zugleich kam es zu einem drastischen Riickzug des Dauerfrostbodens in Ostsibirien bis etwa 57deg Breite (heute etwa 49deg) Auch bei einem Anstieg der Temperaturen urn 6degC erlebte Sibishyrien auch damals sehr kalte Winter doch miissen im Sommiddot mer die Ktisten weitgehend eisfrei gewesen sein Anderermiddot seits ergeben die Bohrkerne im Arktischen Ozean daB der zentrale Kern des arktischen Eises zwischen Gronland Alaska und Ostsibirien aile Warmzeiten seit mindestens 700000 Jahren ohne Unterbrechung uberdauert hat die gleiche Annahme erscheint fUr das Gronlandeis immershyhin wahrscheinlich (wenn auch nicht belegt)

Mit dem starker mariti men Klima Europas reiehten warmiddot meliebende Walder weit nach Ru6land hinein Das Vorshykommen von Lowen FluBpferden und Waldelefanten in GroBbritannien ist ein besonders auffallendes Anzeimiddot chen warmerer Bedingungen wenn auch der SchluB auf tropisches Klima nach Ausweis der Vegetation sicher unshygerechtfertigt ware Aus den tropischen Kontinenten lieshygen bisher nur wenige Befunde vor eine lange humide Phase an der westafrikanischen Kiiste und in der Afar-Senke am Roten Meer entsprechen den Befunden der holozanen Warmzeit

Diese Eem-Warmzeit war offenbar die wiirmste Phase seit Beginn der Brunhes-Epoche vor 700000 Jahren abet das gesamte letzte Interglazial dauerte wesentlich langer

es umfaBte zwei weitere etwas kiihlere Warmphasen geshytrennt durch zwei intensive Kaltphasen urn etwa 110 000 und 90 000 vh Die zugehorigen Schwankungen des Meemiddot resspiegels zwischen -70 und -80 m in den Kaltphasen (letzte Eiszeit -100 m) und etwa -5 m in den beiden spateren Warmphasen zeigen daB die Schwankung des globalen Eisvolumens immerhin 70-75 derjenigen zwishyschen letzter Eiszeit und heute betrug Diese Anderunshygen der Massenbilanz in den beiden Kaltphasen drang ten sich jeweils auf weniger als 10 000 Jahre zusammen die entsprechenden Klimaanderungen auf dem Festland liefen nach Ausweis der (verzogerten) Vegetationsschwanshykungen in den europaischen Mooren in wenigen 100 Jahshyren in Wirklichkeit also vermutlich in lt 100 Jahren abo Das wird bestatigt durch den Gronland-Blitz eine in ihrem Mechanismus noch nieht einwandfrei geklarshyte Abkiihlung in weniger als 100 Jahren (DANSGAARD) die im Eis Nord-Gronlands in tiber 1300 m Tiefe seit minshydestens 90000 Jahren tiefgefroren aufbewahrt ist

Gewi~ sind noch nieht alle Fragen geklart Offenbar haben sich im mittleren Europa die beiden Kaltphasen trotz globalen Charakters nur kurzfristig in Form abrupter Abkiihlungen in der und hier allein interessierenden humashynen Zeitskala ausgewirkt Xhnliche Ereignisse haben sich nach den heute vorliegenden Befunden in allen jtingeren Y Interglazialzeiten (und im Holozan) abgespielt - auf dieshyses Problem muB noch (Abschn 8) eingegangen werden

Der eustatische Meeresspiegelanstieg im Eem ist in seiner Ursache noch nicht geklart ein Anstieg urn 5-7 m entmiddot spricht entweder dem Abrutschen des Eises der Westantshyarktis oder dem Verschwinden des Gronlandeises oder eishynem entsprechenden Wasserverlust der sehr stabilen Ostantshyarktis Wabrend das zuerst genannte Ereignis uU recht rasch vor sich gehen konnte (genauere Vorstellungen tiber die Zeitskala liegen allerdings nicht vor) laufen die beiden anderen Ereignisse so langsam ab daB der zugehoshyrige weltweite Meeresspiegeianstieg in der GroBenordnung weniger mm pro Jahr (heute 11 mm) bleibt

64 Eisfreie Arktis vereiste Antarktis (12-25 Mill vh)

Wahrend die bisher dargestellten Klimaphasen keine grundshysatzlichen Abweichungen gegentiber dem heutigen Klimashybild zeigen trifft dies fUr den extremsten Fall eines vOl- ~ ligen Verschwindens der arktischen Treibeisdecke nicht zu Die Idee eines Verschwindens des arktischen Treibshyeises hat zuerst BUDYKO urn 1962 entwickelt und zwar als Endergebnis einer gezielten Umwandlung des Klimas wie sie 1959 auf einem der Kongresse der KPdSU proklashymiert worden war - im Einklang mit der marxistischen These von def Umwandlung der Natur durch den Menshyschen Bei naheren Untersuchungen stellte sich heraus daB dieses Projekt (schon wegen der Ausdehnung der Eisdecke tiber 10 bull 106 km2 ) nicht nur extrem aufwendig war sondem auch sehr weitreichende Nebenwirkungen zur Foige haben konnte Spater erkannte man daB die im Gange befindliche Zunahme des CO2 -Gehaltes zu dem gleiehen Ergebnis fiihren konnte Die Sensitivitat dieses Systems wurde bereits besprochen (vergl Abschn 21) ein vereinfachtes eindimensionales Klimamodell (BUDYKO 1969) ergab bei wachsendem CO2 -Gehalt und zunehmender Erwarmung ein immer rascheres Ruckshyweichen der EisSchneegrenze zum Nordpol hin

16

Ein solches scheinbar jeder Erfahrung widersprechendes Modell konnte nieht ohne Widerspruch hingenommen werden Schon die Frage ob unter den heutigen Klimashybedingungen die Eisdecke irreversibel verschwinden kann oder ob sie sich im nachsten Winter neu bildet mu~te eingehend erortert werden wir konnen sie offen lassen da nunmehr ein Verschwinden des Treibeises unter extreshymen von den heutigen abweichenden Klimabedingungen zur Erorterung steht Diese Frage kann nur mit umfangreishychen Modellrechnungen beantwortet werden unter weishychen Bedingungen ist das dynamische System Meer Treibeis (mit Polynyas) - Schneedecke - Atmosphiire tiber den jahreszeitlichen Wechsel der Strahlungsbilanz hin stabil bzw instabil Solche Rechnungen sind im Gang eine ganze Familie von stufenweise immer komplexerer Modelle mu~ unter verschiedenen Randbedingungen geshytestet werden eine umfangreiche Arbeit die nicht heute oder morgen zu Ende geftihrt werden kann

Einer der vielen Einwande war die Frage ob ein eisfreier ~ Arktischer Ozean gleichzeitig mit einer vereisten Antarkshy

tis existieren konne dies ergibt eine schwer vorstellbare Asymmetrie der beiden Halbkugeln Aber auch heute existiert eine deutliche Asymmetrie die Troposphiire tiber der Antarktis ist im gleichen Niveau im Jahresmittel 11shy

12degC kalter als tiber der Arktis im NordsommerlStidwinter sogar um tiber 26degC Da nach einfachen OberJegungen die durch die Modellversuche von FULTZ (1959) bestiishytigt wurden die Zirkulation der Atmosphiire von dem Temperaturgeflille zwischen Aquator und Pol abhiingt (KORFF und FLOHN 1969) ist die Zirkulation auf der Stidhemisphiire starker als auf der Nordhalbkugel und greift tiber den Aquator hintiber im Jahresdurchschnitt bis etwa 6deg Nordbreite im Juli (Januar) auf rund 12deg N (1 deg S) Das zirkulationserzeugende meridionale Temperaturgefalle ist heute tiber der Stidhalbkugel im lahresdurchschnitt 42 gro~er als tiber der Nordhalbkugel

Tatasachlich hat aber - das ist eine der grundlegenden Erkenntnisse die wir dem Deep Sea Drilling Programm mit der Glomar Challenger verdanken - ein derart krasser Gegensatz der beiden Pole im jtingeren Tertiar viele Millionen Jahre lang existiert (KENNETf 1977) Der Antarktische Kontinent war erstmals vor 38 Ma (= 106

Jahre) mindestens teilweise vereist schon damals bildete sich das antarktische Bodenwasser der Ozeane mit einer

Abktihlung um etwa 5degC Eine vollstandige Vereisung der Antarktis besteht seit dem mittleren Miozan vor 12shy14 Ma sie war seither nur noch sekundaren Schwankungen unterworfen Vor etwa 55 Ma bildete sich dieses zuniichst noch relativ flache Eis mit Temperaturen um OdegC in ein kaltes stabiles Eis (der Ostantarktis) um noch 200shy300 m mach tiger als heute begleitet von einer globalen Abktihlung und einer eustatischen Absenkung des Meeshyresspiegels Diese ftihrte an der Schwelle von Gibraltar zu einer (mehrfach wiederhoJten) Abschntirung und Ausshytrocknung des westlichen Mitteimeeres (HSU) auf deren regionaie klimatische Bedeutung nicht weiter eingegangen werden kann

Die allmiihliche Abktihlung wiihrend des mittleren und junshygeren Tertiars hangt offenbar mit der Bildung des kalten von der Antarktis sich ausbreitenden Bodenwassers zusamshymen durch Mischung sanken auch in mittleren Schichshyten die Wassertemperaturen langsam ab und mit der Vershy

starkung der atmosphiirisch-ozeanischen Zirkulation kam es zum Aufquellen dieser ktihlen Schichten am Aquator und an den subtropischen WestkUsten Eine Vereisung der Gebirge der Nordhalbkugel trat erst lange nach der Antshyark tis ein in Alaska vor etwa 9 Ma in Island und im kalimiddot fornischen Hochgebirge vor etwa 28 Ma Eine Bildung von arktischem Treibeis war erst moglich nachdem diese konshytinentalen Gletscher allmahlich beim sommerlichen Schmelshyzen eine dUnne salzarme Deckschicht des Arktischen Ozeans gebildet hatten dies geschah offenbar erstmals vor 23 Ma zuerst sicher noch als jahreszeitliches Eis

Damit steht also fest da~ in der Zeit zwischen 12 und 25 Ma gleichzeitig ein vollstandig vereister antarktischer Konshytinent und ein offener eisfreier arktischer Ozean existiermiddot ten In dieser Zeit miampte (aus theoretischen GrUnden) der meteorologische Aquator im Jahresmittei in etwa 9-10deg Nordbreite gelegen haben dafUr gibt es in Afrika auch Belege Als weitere Fol~e ware eine Verlagerung des Trockengtirtels bis 40-50 N zu erwarten die im ostlichen Europa auch belegt ist (zB im Wiener Becken s Abb 10) die subtropische Flora jener Zeit ist vielfach beschrieben worden (SCHWARZBACH MAGDEFRAU)

Northern Boundary of NHem Evaporite Zone

Oucternary (0-2 Ma) Late Tertiary 15-15 Ma) Early Tertiary (30-50Ma)

Abb 10 Mittlere Nordgrenze des Trockengiirtels (Ablashygerungen von Salz Gips usw) im Quartar (0 shy2 Ma) JungterWir (5 IS Ma) und Alttertilir (30 - 50 Ma) nach LOTZE

und Walder der gema~igten Zone reichten bis Nordgronshyland Nach SCHWARZBACH lagen im rheinischen Braunmiddot kohlengebiet die Temperaturen in allen Jahreszeiten urn 5-8degC hOher als heute Der stidhemisphiirische Trocken gtirtel reichte bis in die Nahe des Aquators Es ist unmogmiddot lich in diesem Rahmen auf Einzelheiten einzugehen zumal hierzu eine vollstiindige Auswertung der neueren geologimiddot schen Literatur notwendig ist

Nach BUDYKOs Modell kann der Obergang zu einem solchen Klima dh das Verschwinden des arktischen Eises bei einer allgemeinen Erwarmung urn ca 4degC eintreten (vgl auch KELLOGG) Das entsprache (je nach Modellannahme) einem virtueJlen CO2 -Gehalt von 800 shy1100 ppm der reale CO2 -Wert liegt bei 750 ppm (plusmn 15jd (Abschn 42) Ob und wann solche Werte erreicht werden hangt von Entscheidungen auf energiepolitisch-okonomisch sozialem Gebiet ab (Abschn 8)

17

7 Kaltphasen in der Klimageschichte

71 Kleine Eiszeit (1550-1850)

Dal~ das Klima im 20 Jahrhundert nieht das einzig mogliche ist ja dreg es selbst im Rahmen der [etzten 500 Jahre ausgesprochen anormal ist gehort zu den Tatsachen die selbst den meisten Meteorologen unbekannt sind Tatsachmiddot Hch haben wir in Europa - wie das am besten bekannte Verhalten der AJpengletscher zeigt seit rund lO 000 Jahmiddot ren immer wieder einen Wechsel zwischen Warmphasen (wie in Absehn 61 geschildert) ulld Kaltpllasen erlebt Hierbei sind die Phasen innerhalb dec beiden Gruppen untereinander recht iihnlich ihre Dauer aber variabel irgendwekhe persistenten Perioden existieren offenbar nieht oder ihr Anteil an der gesamten Varianz ist vernachmiddot liissigbar gering Wahrend die Gletscherstande der Zeit 1930-60 offenbar nahezu identisch sind mit denen frOherer Warmphasen l diese A ussage ist etwas unsieher) liegen die Moranen der GletschervorstoBe urn 1820 und urn 1855 fast genau auf denen frtiherer Gletscherhochstande (PATZELT) Die letzte Kaltphase kann uns also als Modell fUr aIle frOhemiddot ren seit dem RUckzug der grofben Inlandeise dienen ihre Bezeiehnung als Kleine Eiszeit ist allerdings bewufbt Ubermiddot trieben Ihr Beginn ist nieht eindeutig festlegbar schon urn 1160 urn 1320 und urn 1430 kam es zu kUrzeren aber marmiddot kanten GletschervorstoBen in den AJpen und fUr die beimiddot den 1etztgenannten Termine liegen viele Nachriehten Uber ganz ungewohnhche Klimaanomalien vor (LAMB von RUDLOFF) Von langerer Dauer war die Klimaverschlechmiddot terung ab 1560 die in ZUrich einen Rtickgang der Wintermiddot temperaturen urn 2degC brachte wahrend bei Kopenhagen das ganze Jahr Uber Winde aus SUdost und Ost - als Anzeimiddot chen blockierender Antizyklonen vorherrschten Die Witshyterungsabliiufe ahneln sehr denen die wir heute in Einzelmiddot jahren mit strengen Wintern (1939-42 19467 19623) erleben haufig blockierende Antizyklonen Wetter1agen mit anhaltend starker meridionaler Komponente - unmiddot gewohnlich kalt aber auch ungewohnlich warm haufige Dtirremiddot und Niisseperioden schneereiche und bis tief in das Frtihjahr anhaltende Winter mit nachfolgenden MiBernmiddot ten

FUr die Beurteilung der Klimabedingungen jener Zeit sind nieht nur die Gletscher der Hochgebirge sondern vor aHem die Under nahe der Polargrenze des besiedelten Landes wesentlich Island Sehottland die Faroer und Skandinamiddot vien Die Nachriehten vom Verhalten des arktischen Treibmiddot eises - mit seiner entscheidenden Rolle fiir Albedo und Wdrmehaushalt haufen sieh jetzt Island viele Jahre hinmiddot durch 6-9 Monate lang von Treibeis blockiert massive Eismiddot vorstoBe nach den Faroern (mit Wassertemperaturen 3_4degC unter den heutigen) und selbst nach Norwegen (wo die Fischerei jahrelang fast ohne Ertrag blieb) Rtickgang der Vegetationsgrenzen und schwere Nahrungskrisen in Schottmiddot land Besonders eindrucksvoHe Beispiele aus der Zeit 1755shy1790 schildert die durch genaue meteorologische und landwirtschaftliehe Daten ausgezeiehnete Arbeit von PFISTER aus dem Kanton Bern auf die weltweite Zusammiddot menschau von H LAMB (VoL II) sei nochmals hingemiddot wiesen

Eine voriaufige Zusammenstellung der jahrlichen Getreishydepreise in der Zeit von 1500-1860 gibt Abbildung 6 die aus den fast vollstandigen Reihen von 5 deutschen Stlidten

18

gemittel t wurde von einem langjiihrigen Trend abgesehen zeigt sie zahlreiche meist gruppenweise auftretenden Jahre mit Preisanstiegen urn das dreimiddot bis sechsfache Das absomiddot lute Maximum (bis 1950) waren die weitweiten Hunger jahre J81617 nach dem Vulkanausbruch des Tambora 1815

1m Gebiet der mediterranen Winterregen existieren widershyspruchsvolle Nachrichten einmal stimmen die kiiltesten Abschnitte (genannt seien die Zeiten urn 1570 1630 vor aHem 1680-1700 nach 1770 1816 f 1845 t) mit Feuchtjahren Uberein einmal mit Diirren Das gilt fUr Algemiddot rien die Seen Mittelitaliens ebenso wie fur das Tote Meer und das Kaspische Meer aber auch (nach Sh NICHOLSON) fUr die Sahelzone Systematische Studien Uber die Telekonmiddot nektionen der Niederschliige im Mittelmeergebiet brinmiddot gen die Lasung (HELBIG) die Maxima der mediterranen Winterregen konzentrieren sieh im Bereich quasistationarer Hahentroge und negative KorreIationen g1eichzeitiger Werte mit Abstanden von 700-1000 km ( = halbe Rossbymiddot Wellenlange) sind haufig Daher ist es hier sinnlos eine ganmiddot _ ze Klimazone zusammenzufassen die Abhangigkeit der KlimamiddotAnomalien von der Lange ist mindestens ebenso groB wie die von der Breite Die regionale Verteilung der entmiddot gegengesetzten Witterungsanomalien wird beherrscht von der jeweils quasistationaren Lage des bloekierenden Hoch C

zentrums und der begleitenden Hohentroge bzw Kaltluftmiddot tropfen - das kennt jeder erfahrene Synoptiker und das ist auch das zentrale Problem jeder iangfristigen Vorhermiddot sage Auch in Nordamerika hangen die kalten Zeitabschnitmiddot te dieser Periode mit bloekierenden Antizyklonen zusammiddot men wie die Auswertung von Baumringen (FRITTS) geshyzeigt haben

Was ist nun die Ursache des Vorherrschens meridionaler Zirkulationstypen in dieser Klimaphase was die Ursache dominierender zonaler Zirkulationstypen mit polwarts vermiddot schobenen subtropischen Hochzellen in den Warmphasen Beim VergIeieh etwa der Abschnitte 1815-1855 (nochshymals urn 1890) und 1930-1960 fall t sofort die verschiemiddot dene Lage der arktischen Treibeisgrenze im Atlantik auf im Raume urn Island-Norwegen handelt es sich urn Vermiddot schiebungen von der GroBenordnung 1500 km Was aber verursachte diese Ausweitung des arktischen Treibeises die maximal 2 Mill km2 erreicht haben dtirfte

Auf diese Frage existieren zZ zwei Antworten von demiddot nen wenigstens eine geophysikaJiseh einwandfrei begrtinshydet ist Sie bezieht sich auf eine von LAMB zusammengemiddot faBte Statistik von VulkanausbrUchen (s Abschn 32) bei der in der Tat ein Zusammenhang zwischen den Hohemiddot punkten der kleinen Eiszeit und besonders schweren Vulmiddot kaneruptionen (oder Gruppen) auffall 1 Andererseits hat EDDY darauf hingewiesen daB die auffallige lange Periode geringster SonnenaktivWit der Zeit 1643 -1710 mit ihrem Maximalstadium tibereinstimmt - dieser Zusammenhang ist jedoch bisher physikalisch noch ganz ungek1art und muB daher offen bleiben Wegen der Unvorhersagbarkeit beimiddot der Ursachen kann das erneute Auftreten einer solchen Kaltphase in den nachsten 50-100 J ahren weder bejaht noeh ausgeschlossen werden auch eine statistische Aussage tiber die Wahrscheinlichkeit bleibt unsicher da zahlenmaBige Unterlagen in beiden Fallen nur wenige Jahrshyhunderte umfassen und subjektive Beurteilungen nieht ausmiddot schlieBen konnen Sofern sich aber die glob ale Erwiirmung

(etwa ab 2000) durchsetzt werden Wahrscheinlichkeit und AusmaB einer Wiederholung der Kaltphase sHindig zurUckmiddot gehen

72 Ubergang zu einer Eiszeit

Keine Frage wird dem KJimatologen Ofter von Repormiddot tern gestellt als die nach der nachten Eiszeit Umso merkmiddot wUrdiger ist die geringe Rolle die der mogliche obergang vom heutigen (interglazialen) zu einem glazialen Klima in der wissenschaftlichen Literatur spielt Das mag zwei Grtinde haben Geologen und andere an der Klimageschichmiddot te interessierte Wissenschaftler wagen sich nicht (mit einimiddot gem Recht) auf ein ihnen fremdes Feld und die meisten Meteorologen halten dieses Problem fUr ebenso unwissenmiddot schaftlich wie das der Sintflut Diese Einstellung ist aber heute nieht mehr gerechtfertigt nachdem in einer Reihe von Fallen einwandfrei abrupte Klimaiinderungen mit einer in humanen MaBstaben ganz kurzen Zeitmiddot skala nachgewiesen wurden die samtlich aus den Interglamiddot zialen oder den - hier nieht interessierenden - tJbermiddot gangsstadien zwischen Glazial und Interglazial stammen Einwandfreie Belege beruhen entweder auf Untersuchunmiddot gen an fossilen Mooren mit Jahresschichten (Varven)

fln Seen mit hoher Sedimentationsrate oder von Baummiddot ringen Aus Raumgrtinden ist es nieht moglich auf einzelmiddot

ne Befunde einzugehen (FLOHN 1974 1978) Einer der besten stammt aus der Liineburger Heide (H MOLLER 1974 1978) wo vor tiber 300 000 Jahren ein Wald der einem etwas warmeren Klima als heute entsprach binnen 30 Jahren () verschwand urn nach einer Pause - die Zeit reicht nicht aus urn eine arktische Tundra hervorzubrinmiddot gen durch subarktischen Birkenwald ersetzt zu werden darauf folgte in 300-400 Jahren eine Sequenz von Waldo typen wie man sie heute auf einer Bahnfahrt von Narvik (68deg N) nach Siidschweden sehen kann Dauert die Reakmiddot tion eines Waldes auf eine Klimaanderung sieher Jahrzehnte oder Jahrhunderte so gibt es schnell ere Indikatoren In Mittelengland wurde nach Ende der letzten Eiszeit eine subarktische Kaferfauna in etwa 50 Jahren durch eine warmmiddotgemaBigte Fauna ersetzt aquivalent einer Erhohung der JulimiddotTemperatur urn 8-9degC (COOPE 1977)

Das sind nur zwei niichterne Befunde gewonnen mit neumiddot zeitlichen Arbeitsmethoden die in ihrer Gesamtheit nicht

~ehr anzweifelbar sind die wenigen Klimahistoriker memiddot teorologischer Herkunft haben sich inzwischen von der Bedeutung dieser Zeit skala abrupter KJimaanderungen laquo 100 Jahre) tiberzeugen lassen Mogliche U rsachen fUr die (haufigeren) rapiden Abklihlungen sind schon in den Abschnitten 2 und 7 erortert worden fUr Erwarmungen stehen sie noch aus In jtingster Zeit ist auch kIar geworden daB solche Ereignisse sieh nicht notwendig synchron aus wirken sondern wegen der nur allmahlichen Verlage rung barokliner Frontalzonen im Ozean oder dem regional verschieden raschen Ablauf der kontinentalen Vereisunshygen - diachron dh mit erheblichen Zeitunterschieden in der Horizontalen Das bedeutet auch eine Grenze fUr die Vorstellung eines fast-intransitiven Klimas im Sinne von ELORENZ

Nehmen wir die Moglichkeit einer abrupten Abklihlung dieser Zeitskala als gegeben an wie und wo konnte sie sieh abspielen Zweifellos kann eine kontinentale Gletshyscherbildung nur mit einem wiederholten Uberdauern

der Winterschneedecke tiber den Sommer hin beginnen in den kritischen Gebieten der Subarktis - so die 750000 km2 groBe Baffin-Insel mit ihren Hochplateaus Labrador auch Lappland und die norwegischen Gebirge - schmilzt auch heute die meterdicke Schneedecke erst Anfang oder Mitte Juni endgilltig ab urn sieh Ende August oder im Sepshytember neu zu bilden Hierzu gemigt in Baffinland ein Absinken der Sommertemperaturen urn nur etwa 2dege wahrend in den anderen Gebieten 4-6degC notwendig wamiddot ren oder zugleieh eine massive Zunahme der Schneenieshyderschlage Die kritische Stellung Baffinlands erhellt auch daraus daB in der kIeinen Eiszeit - nach Ausweis von FlechtenUntersuchungen die heute insgesamt 37 000 km 2 einnehmenden Plateau-Eisfelder sich auf 140000 km2 vergroBert hatten (IVES) entsprechende Untersumiddot chungen in Fennoskandien stehen noch aus

Eine Modelluntersuchung (ANDREWS - MAHAFFY) ftir Baffinland hat in zwei Experimenten gezeigt wie sich eine urn einen Faktor 3 erhohte Sehneebilanz in einer langsashymen Zunahme von Flache und Volumen einer Eisdecke auswirkt langsamer als die Beobachtungen des eusta tishyschen Sinkens des Meeresspiegels in den interglazialen Kaltmiddot phasen anzeigen Aber in diesem Modell ist die machtvolle Rtickkopplung zwischen Schneedecke Albedo und Tempeshyratur nieht voll und zu spat in Reehnung gestellt worden Jedenfalls ist es hochst unwahrscheinlich daB in den nachsten 100 Jahren nachdem zuerst eine Kaltphase im obigen Sinne eintrat dieser ProzeB sich tiber die unmittdshybare Umgebung hinaus weltweit auswirken konnte Hiermiddot gegen sprechen aueh die langperiodischen Effektr der Erdmiddot bahneIemente deren nachstes Minimum (kiihle Sommer in der Arktis kalte Winter zugleieh in der Antarktis) erst in rund 10 000 Jahren fallig ist (BERGER)

Bei dieser Sachlage ist hOchstens - bei einer Kombination mehrerer ungtinstiger Voraussetzungen etwa dem Zusamshymentreffen mehrerer sehr schwerer Vulkaneruptionen von der Intensitat des Tambora (1815) oder wenigstens Krakatau (1883) innerhalb der jetzigen Phase relativ ausgedehnten polaren Treibeises vor Wirksamwerden der erwarteten anthropogenen Erwarmung mit einer abortiven Vershygletscherung zu rechnen die nieht zu einer vollen Eiszeit auswachsen wUrde In unserer humanen Zeitskala ware das aber schon schlimm genug Serien von Jahren mit sehr kaIten Wintern kiihlen und nassen Sommern schwere MiBshyernten in weiten Teilen der gemaBigten Zone zeitweise auch in den Tropen die sieher nieht ausgeglichen werden konnen durch Feuchtejahre in Teilgebieten von Nordafrika und dem Nahen Osten Die Wahrscheinlichkeit hierfUr ist aber gering - sie betragt nach verschiedenen Kriterien tibereinstimmend zwischen 01 und 1 Prozent in den nachshysten 100 Jahren AuBerdem waren fUr diesen Fall gezielmiddot te GegenmaBnahmen denkbar die hier nieht volig utopishyscher Natur sind

8 Wahrscheinlichkeit und Risiken die Rolle der Energieshypolitik

Die Wahrscheinlichkeit einer globalen Warm phase ist nach allem was wir wissen erheblich groBer als die einer Kaltshyphase Die Schwierigkeit bei der Abschatzung liegt darin daB Entscheidungen und Entwicklungen auf politischer sozialer und 6konomischer Ebene hier eingreifen konnen

19

die vorherzusagen nicht nur dem Meteorologen schwer fallt Wenn wir diese einmal versuchsweise vernachHissigen dann dUrfte in den nachsten 100 Jahren die Wahrscheinmiddot Iichkeit fur das Auftreten einer Kaltpflase vom Typ der kleinen Eiszeit nieht mehr als hochstens 20k betragen (und naeh etwa 2000) weiter abnehmen) FUr das Auftreshyten einer Warmpllase im Sinne der Beispiele in den Abmiddot sdmitten 61 und 62 mUssen wir aber hohere WahrscheinshyIichkeiten ansetzen wenn auch erst nach der Jahrhundertmiddot wende danach steigen sie das ist die in vielen Diskusmiddot sionen erworbene Oberzeugung des Verfassers unter den hier und in Abschnitt 5 gegebenen Voraussetzungen auf Uber 50 an

1st ill diesem Faile aber eine Entwieklung zu einem eismiddot freien arktischen Ozean (Absehnitt 64) mit ihren fast unshyvorstellbaren Konsequenzen fUr Wasserversorgung und Ernahrung noch vermeidbar Damit libersehreiten wir die Grenze des Fachwissens des Meteorologen der sich nur allmiddot zu getne in den akademisehen Elfenbeinturm zurlickziemiddot hen moehte Aber die Dinge sind zu wichtig eine Wende auf Grund politischer Entscheidung auf internationaler Ebene ist noch moglieh aber dann und nur dann wenn das Dogma von der Notwendigkeit standig zunehmenden wirtschaftliehen Wachstums das bei begrenzten Vorshyraten (Resourcen) mit den Naturgesetzen unvereinbar ist shyzugunsten einer besseren Einsicht aufgegeben wird (GRUHl) Ebenso ist eine Stabilisierung des Bevolkerungsshywaehstums nOlwendig - ohne einen hoheren Lebensstanmiddot dard in den Entwicklungslandern ist das unrealisierbar

Gleichzeitig mu~ aber die Energiepolitik sich frei machen von dec sinnlosen Verschwendung fossiler EnergiequeIIen die in 400 Ma durch biologische Prozesse aus der Sonnenmiddot energie aufgebaut und gespeichert wurden (s a Beitrag JUNGE) Ein Obergang zu erneuerbaren Energiequellen (Sonne Wind Gezeiten - auch die kaum erschopfbare Geothermik) ist moglich erfordert aber eine Kombination neuartiger (und kostspieliger) Technologien wie sie etwa am International Institut for Applied Systems Analysis in Laxenburg bei Wien von einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von W HAFELE (frtiher Karlsruhe) entwiekelt werden Aueh die Kernenergie mul1 in diesen Rahmenshyjedenfalls fUr eine Obergangszeit - einbezogen werden Das mit ihr verbundene Risiko ist auf jeden Fall geringer als das Risiko einer Verlagerung aller Klimazonen Da ein Obergang zu neuen Technologien sieher tiber 30 wahrshyscheinlieh 50 Jahre benotigt drangt die Zeit Neue Priorimiddot taten mlissen gesetzt werden Es geht urn das Wohl der naehsten Generationen

Literaturauswahl

ANDREWS T1 MAHAFFY MAW Quaternary Research 6 (1976) S 167-183

AUGUSTSSON T RAMANATHAN V J atmos Sci 34(1977) S 448-451

BERGER AL Quaternary Research 9 (1978) S 139~-167

BJERKNES J Monthly Weather Review 97 (1969) S 163-172

BROWNLR Worldwatch Papers Washington DC 8 (I 976)

BRYSON RA MURRAY Th1 Climates of Hunger MadisonWis 1977

o

BUDD WF J Glaciol 14 (1975) S 3-21

BUDYKO MJ TeHus 21 (1969) S 611-619 29 (1977) S 193-204

CESS RD J atmos Sci 33 (1976) S 1831-1843

CHARNEY JG Quart J Roy Meteorol Soc 101 (1975) S 193-202

COOPEGR Phios Transact Roy Soc London 280 (1977) S 313 shy340

DANSGAARD W et al Quaternary Research 2 (1972) S 396-398

DOBERITZ R Ber d Deutschen Wetterd 112 (1968)

EDDYJA Science 192 (1976) S 1189-1202 198 (1977) S 824 829

FINK J KUKLA GJ Quaternary Research 7 (1977) S 363-37 L ~

FLOHN H III Bonner Meteorol Abhandl 15 (1971) 21 (1975) Quaternary ReseJrch 4 (1974) S 385-404 in print (1978)

FRENZEL B Die Klimaschwankungen des Eiszeitalters Braunschweig~ 1967 ErdwissForschungen 1(1968)

FRITTS HC Tree Rings and Climate London New York 1976

GABRIELB Berliner Geoge Abh 27 (1977)

GATES WL J atmos Sci 33 (1976) S 1844-1873

GRUHLH Ein Planet wird geplUndert Frankfurt aM 1978

HAFELE W SASSIN W Ann Rev Energy 2 (1977) S 1-30

HAHN J JUNGE ChL Z f Naturforsch 32a (1977) S 190-214

HASSELMANN K u Mitarb TeHus 28 (1976) S 473-485 29 (1977) S 289-305 385-392

HAYS JD IMBRIE J SHACKLETON N Science 194 (1976) S 1121-1132

HELBIGM Diplomarbeit Univ Bonn (1976)

HSO K et al Nature 242 (1973) S 240-244 267 (1977) S 399-403 Naturwissensch61 (1974)S137-142

HUGHES T Rev Geophys and Space Phys 13 (1975) S 502-526 15 (I977) S 1-46

HUMMEL J RECK RA General Motors Res Lab Publ 2607 (1978)

HUNT BG Monthly Weather Review 105 (1977) S 247-260

IVES JD et al Naturwissensch 62 (1975) S 118-125

KELLOGG WW WMOmiddotBull 26 (1977) S 229-240 27 (1978) S 3-10

KENNETTJP J geophys Res 82 (1977) S 3843-3860

KONDRATIEV G Ya NIKOLSKY GA Quart J Roy Meteorol Soc 96 (1970) S 509-522

l

KORFF HC FLOHN H Ann Meteorol N F 4 (1969) S 163-164

LAMBHH Climate Present Past and Future Vol I (1972) Vo Il (I 977) London Methuen

LORENZE J appl Meteorol 9 (1970) S 325-329

MAGEDEFRAU K Palaobiologie der Pflanzen 4 Aufl Stuttgart 1968

MANABE S BRYAN K Monthly Weather Review 97 (1969) S 739-827 J phys Oceanogr 5 (1975) S 3-29

MANABE S WETHERALD RT atmos Sci 24 (1967) S 241 ~-259 32 ( 1975) S 3-15

MASON BJ Promet 7 (1977) H 4 S 1-26

MASS Cl SCHNEIDER StH J atmos Sci 34 (1977) S 1995-2004

MAYKUT GA UNTERSTEINER N Jgeophys Res 76 (1971)S 1550-1575

MOLLERH Geologisches Jahrbuch 83 (1965) S 327-352 A 21 (1974) S 107-140 im Druck (1978)

NAMIAS J Short Period Climatic Variations 1934-1974 2 Vol F-- Univ of California 1975

NEWELL R et al Pure and appl Geophysics 116 (1978) S 351-371

NICHOLSON Sh Ph D Thesis Departm Meteor Univ Wisconsin (1976)

OLIVER RC J appl Meteorol 15 (1976) S 933--950

PACHUR HJ Die Erde 106 (1975) S 21-46

PATZELT G Coil Internal CN RS No 219 (1973) S 51-59

PFISTER Chr Beiheft 2 Jb Geogr Ges Bern (1975)

POLLOCK JP et al Jgeophys Res 81 (1976)S 1071 1083

RODEWALD M Dt Hydrogr Z 20 (1967) S 269 25 (1972) S 97-117

ROGNONP Rev Geogr Phys Geol Dynam 18 (1976) S 251-282

ROWNTREE PR Quart J Roy Meteorol Soc 98 (1972) S 290-321

RUDLOFF H v Die Schwankungen und Pendelungen des Klimas in Eushyropa Braunschweig 1967

SCHWARZBACH M Das Klima der Vorzeit 3 Aufl Stuttgart 1974

SHACKLETON NJ OPDYKE ND Quaternary Research 3 ( 1973) S 39-55

STROBING K Der Seewart 35 (1974) S 1-1436 (1975) S 28-29

TREMPEL U Diplomarbeit Univ Bonn (1978)

VOWINCKEL E ORVIG S World Survey of Climatology 14 (1970) S 129-252

WANG WC et al Science 194 (1976) S 685-690

WETHERALD RT MANABE S Monthly Weather Review 100 (1972) S 42-59 J atshymos Sci 32 (1975) S 2044-2059

YAMAMOTO R J Meteor Soc Japan 53 (1975) S 482-486

21

Page 10: :SBWU>t S9J9SUn ijun>tnz 9!a 9W91qOJd pun U9l>tB,:j · 2 Wechselwirkungen im klimatischen System . 2.1 Die Rolle des polaren Treibeises 2.2 Das El Nino-Phanomen . 2.3 Kontinentale

Seit 100 Jahren ist der Energieverbrauch urn einen Fakshytor von mehr als 30 gestiegen eine Angleichung der LeshybenshaJtung der Entwicklungslander ist zwangsHiufig notshywendig selbst wenn in den lndustrielandern die Wachsshytumsraten abnehmen werden Nachdem der derzeitige Weltverbrauch 8+2 TW betragt mu~ - bei einer (hofshyfentlich eintretenden) Stabilisierung der WeltbevOlkerung in der Nahe von 10 Milliarden im Laufe des 21 Jahrshyhunderts mit einem Ansteigen auf 35-50 TW (nASA) entsprechend 35-5 KWKopf gerechnet werden

In diesem Zusammenhang ist ein kurzer Blick auf die Beshyvdlkerungsentwicklung notwendig bei der jetzt erstmals Anzeichen einer Trend-Umkehr deutlich werden (Zahlen zusammengefa~t nach LR BROWN 1976)

Weltbevolkerung und Wachstumsrate

Bevolkerung (106 ) Zunahme pro Jahr ()

1970 1975 1970 1975

Nordamerika 226 236 090 060 West-Europa 333 343 056 032

Ost-Europa 368 384 084 086

Ost-Asien 941 1005 185 118 Stidasien Nahost 1123 1263 257 225 Afrika Stidamerika 588 672 269 268

Gesamte Erde 3594 3920 190 164

Diese ZaWen sind au~rst wichtig ftir aile Vberlegungen tiber ein kiinftiges Energiesystem das wahrend der bereits beginnenden Erschopfung der 61- und Erdgasreserven der Erde das heutige ablosen kann auf diese un sere wirtschaftshyHche Zukunft entscheidende Frage kann bier nicht naher eingegangen werden JedenfaJls ist der Energieverbrauch an sich nur in 10kaJem Ma~stab klimagenetisch wirksam

bei einer kiinftig wohl notwendigen Konzentration von Kraftwerken spielt diese Umweltvertraglichkeit eine wesentliche Rolle

Die Luftverschmutzung - hier zunachst die Emission von Aerosolpartikeln in die unteren Schichten (l 3 km) shy

~ist in ihrer klimagenetischen Wirkung oft ilberbewertet rworden Die hervorragenden Aufnahmen des Landsatshy

Satelliten mit einer raumHchen Auflosung bis herab zu 80 m (aus 960 km Hohe) zeigen da~ eine wirksame Trilshybung der Atmosphilre durch Industriezentren Gro~stadte oder Waldbrilnde tiber Entfernungen von einigen 100 km hervorgerufen wird Ober den Trockengebieten der Erde wird mineraHscher Staub durch Wind hoch aufgewirbelt eine Folge der seit Jahrtausenden betriebenen Zerstorung der Vegetation Diese Staubschleier sieht man im Satellishytenbild von der Sahara aus quer tiber den Atlantik bis in die Karibik ziehen Die KIimawirkung dieser Aerosolparshytikel ist komplex grobere Teilchen (gt 10 11m) absorbieshyren hauptsilchlich die langwellige Ausstrahiung der Erde erhohen die Gegenstrahlung der Atmosphilre und erwarshymen so die unteren Schichten fallen aber relativ rasch aus Feine Teilchen laquo 2 11m) absorbieren mehr die Sonnenstrahshylung mit ahnlicher Wirkung - gleichzeitig streuen sie aber auch gemaB den Gesetzen der Mie-Streuung einen kleinen Teil der Sonnenstrahlung zurtick in den

Weltraum die so dem Erdboden verloren geht Das Vershyhilltnis AbsorptionRtickstreuung hangt zT von der Zusammensetzung der Partikel ab das Rilckstrahlungsshyvermogen (Albedo) der Erdoberflilche spielt eine erhehshyliche Rolle 1m ganzen tiberwiegt aber doch offenbar der Erwarmungseffekt das zeigt sich besonders im Bereich der Staubdome der Gro~stadte in deren Bereich zu jeder Tages- und J ahreszeit die Temperatur hoher liegt als in der Umgebung das gleiche gilt ftir staubreiche Wilstenshygebiete wie in Pakistan_

Inzwischen scheinen die gesetzlichen MaBnahmen gegen die Luftverschmutzung wenigstens bei dem groberen Aeroso) ihre Wirkung nicht verfehlt zu haben in London haben sich die Nebel- und Sichtbedingungen seit dem Clean Air Act deutlich verbessert in den USA ist die Staubbelastung in den GroBstadten zurtickgegangen auf dem Lande allerdings leicht angestiegen Auch in Deutschshyland und Japan haben sich die Verhaltnisse in den schlimmshysten Fallen (Mannheim-Ludwigshafen Tokyo) offensichtshyIich gebessert jedenfalls ist der S02 middotGehalt etwas abgeshysunken

Wesentlich ftir die Beurteilung ist der Zeitfaktor Die Zumiddot fuhr ftihlbarer Wilrme (Enthalpie) wird schon in 24 - 48 Stunden durch erhohte Ausstrahlung wieder ausgeglichen Grobe Aerosolpartikel verbleiben im Mittel nur 2-3 Tage in den unteren Luftschichten feine Partikel in mittleren und hoheren Schichten einige Wochen bevor sie durch Wolken und Niederschlag wieder ausgeschieden werden 1m Rahmen des globalen Wasserhaushalts liegt die mittieshyre Verweilzeit eines Wasserdampfmolekills in der Atmosshyphilre dh die Zeitspanne zwischen Verdunstung und Niederschlag bei 9 Tagen Ganz anders liegen die Vershyhaltnisse bei den langlebigen Gasen so verbleibt Kohlendioshyxid im Mittel 6 Jahre in der Atmosphiire

42 Kohiendioxid und Spurengase

Kohlendioxid (C02) stellt heute einen Anteil von rund 330 ppm (10-6 Volumenteile) der Atmosphilre gegenilber 295 plusmn 5 ppm urn 1880 Der Anteil des Sauerstoffs (02 )

betragt in der gleichen Einheit 208100 dieses Reservoir kann also durch eine Zunahme des CO2 -Gehalts selbst urn einen Faktor 10 nicht nennenswert beeinfluBt wershyden Ober die komplexen Fragen des nattirlichen und vom Menschen gestorten Kohlenstoffkreislaufsystems sowie ilber die m6glichen klimatischen Auswirkungen einer weishyteren CO2-Zunahme berichtet in diesem Heft ausftihrlich C JUNGE (S 21 ff) hier mOgen wenige Bemerkungen ge ntigen Das Speichervermogen von Ozean und Biosphare wird oft tiberschatzt die Masse des Ozeans unterhalb der Thermokline bzw der Zwischenschicht in 400-600 m Tiefe nimmt nur sehr langsam an dem CO2 -Austausch teil und kann daher auch nur geringe Mengen speichern Eine Schiitzung der Food and Agricultural Organisation (FAO) ergibt einen Rtickgang des ilquatorialen Regenwaldes von urspriinglich 1592 auf 935106 km2 heute mit einer Rate von 11 0000 km2 (=112) pro Jahr (1) Die Zunahme der Photosynthese und damit der Netto-Produktivitilt der Willshyder kann nur einen Bruchteil dieser Verluste wettmachen

Die Verbrennung fossiler Brennstoffe (Kohle Erdol Erdshygas) liefert zur Zeit jahrlich rund 51 01 5 g CO2 von dem nach neuesten Daten 53 in der Atmosphilre verbleiben

9

ihr Gehalt steigt zur Zeit urn 1-2 ppm pro Jahr an wobei die Ursache der interannuellen Anderungen wahrscheinlich in der thermischen Veranderlichkeit des Ozeans in Aquatorshynahe zu suchen ist (s Abschn 22) Nach dem heutigen Stand der Diskussion (Marz 1978) wird dieser Antell der Atmosphare in den nachsten 3 - 4 lahrzehnten etwa konmiddot stant bleiben dartiber Wnaus ist eine Abschatzung schwierig

Die klimatische Bedeutung des CO2 liegt darin daB es im langwelligen Infrarot bei Wellenliingen zwischen 12 und 15 pm eine breite Absorptionsbande besitzt Es laBt also die Sonnenstrahlung ungehindert durch absorbiert aber die von Erdoberflache und Wolken abgegebene Warmestrahlung mit ihrem Maximum bei 10 pm Das ist der sogenannte Glashauseffekt dieser Begriff ist physikalisch etwas scWef wei ein Glasfenster nicht nur fur infrarote Strahshylung sondern auch fur den turbulenten Warmeaustausch undurchllissig ist (was erst die Warmespeicherung im Glasshyhaus erkUirt) aber er laBt sich wegen seiner Anschaulichshykeit kaum mehr ausrotten Die klimatische Folge einer Zunahme des CO2 -Gehalts ist eine Erwarmung der Troposshyphare die nach oben abnimmt und in der Stratosphare

Abb 7 Temperaturanderung bei Verdoppeung des CO2 shy

Gehaites Modell MANABE-WETHERALD 1975

degC bull degC C02 Concentration (ppm) and Temperature 14

0 0 l I

4 u

8

6

4

2 Model Augustsson-

Ramanathan 1977

10

8

6

4

- 0 l I

u

2

400 800 1200 1600 2000 2400 2800 3200ppm

Abb8 Temperaturanderung (au8er Po1argebiet) mit zushynehmendem CO~ -Gehalt Skala links mit konshystanter Hahe (CT A) rechts mit konstanter Temshyperatur (CTT) der Wolkenobergrenze Modell AUGUSTSSON-RAMANATHAN 1977

in eine Abktih1ung libergeht Zahlreiche immer weiter verfeinerte Modelle haben diesen Effekt bestiitigt altere mtissen wegen unrealistischer Annahmen ausgeschaltet werden Der Betrag der Erwiirmung hangt von der Zunahmiddot me des Wasserdampfgehaltes (dessen Absorptionsbanden zT die des CO2 tiberdecken) mit steigender Temperamiddot tur und von der (nicht genau bekannten) Wechselwirkung

mit der Bewolkung ab Aber die besten Modelle (MAshyNABE-WETHERALD 1975 AUGUSTSSON-RAMANAmiddot THAN 1977) die den Wasserdampfeffekt mit berticksichshytigen (Abb 78) geben tiber einstimmend fUr eine Verdopshypelung des CO2 -Gehaltes (von 300 auf 600 ppm) eine mittlere Erwiirmung in Bodennahe urn 2--3degC an die im Poshylargebiet (wenn man die Rtickkopplung zwischen Rtickstrahshylung (Albedo) Schneedecke und Temperatur in Rechshynung stellt) auf 7-10degC anwachst Diese Erwarmung ershyfolgt anfangs nahezu linear bei weiter steigendem CO2 -

Gehalt etwas langsamer aber selbst bei einer Zunahme urn den Faktor 10 tritt noch keine Sattigung auf die Ershywarmung betragt dann schon auBerhalb der Polargebiete 8-12degC Eine CO2 -Zunahme auf das 5-lOfache ist nicht unrealistisch bei unkontrolliert steigendem Gebrauch fossimiddot ler Brennstoffe insbesondere bei einem erzwungenem Verzicht auf Kernenergie konnen soIche Werte durchaus erreicht werden wie aIle Modellrechnungen aus neuester Zeit libereinstimmend ergeben

Die Situation die von den ftihrenden Energiefachleuten J der Welt sehr ernst genommen wird verscharft sich noch durch den Befund daB einige andere von Menschen promiddot duzierten Spurengase ebenfalls im Infrarot absorbieren und zwar ausgerechnet in dem noch durchlassigen Fenshyster zwischen 75 und 12 pm Zu diesen Spurengasen ~ zlih1t nicht nur das Ozon (03) - auf dieses (mE etwas tibershyschatzte) Problem kann Wer nicht naher eingegangen wershyden - sondern auch Distickstoffoxid (N 20) Methan (CH4 ) die Frigene (C Ch F2 und C ChF) Schwefeldioxid (S02) Ammoniak (NH3) ua die aile in steigendem AusmaB vom Menschen erzeugt werden Am wichtigsten erscheint das N2 0 (HAHN und JUNGE) aIs ein Endprodukt der stickstoftbaltigen Dtingemittel deren Produktion in den letzten 15 Jahren jahrlich urn tiber 10 zugenommen hat ihnen verdanken wir in der Hauptsache daB die Nahmiddot rungsmittelproduktion bisher noch mit der Bev6lkerungsshyzunahme Schritt halten konnte Die Frigene (Chlorofluorshymethane) sind die Treibstoffe der Aerosolsprtihdosen und werden auch in Ktih1schranken verwertet ihre Jahresshyproduktion nahert sich 106 Tonnen und ihre Verweilzeit in der Atmosphare liegt infolge ihIer chemischen Tragheit bei 30-70 Jahren In Schweden und Oregon sind sie inzwishyschen verboten weitere Lander dlirften folgen

Aile diese Gase addieren sich - da ihre schmalen Absorp-~ tionsbanden sich nicht tiberlagern (WANG 1976) - zumiddot dem Glashauseffekt des CO2 eine konservative () ScMtmiddot zung ergibt eine Verstarkung des CO2-Effektes urn 50 Der Verbrauch fossilel Brennstoffe nimmt sicher nicht mehr lange exponentiell zu da als Foige der beginnenden Erschopfung der ErdOl- und Erdgaslager die Preise steigen werden Bei begrenzten Vorraten ergibt sich eine Zunahme des Verbrauchs nach einer logistischen Funktion ist ein Vorrat F (hier gleich 100 gesetzt) begrenzt dann kann man annehmen daB der Verbrauch sich (mit wachsenshydem Preis) proportional zu dem noch vorhandenen Vorrat I-F andert (c Konstante)

1 dF = c(l-F)

F dt

Daraus ergibt sich die logistische Funktion

rl = 1 + exp [ c (t to 5) ]

10

mit dem Zeitpunkt tos in dem 50 von F aufgebraucht ist fhr Verlauf ahnelt einem in die Breite verzerrten S (Sigshymoid) und wir nahern uns offenbar rasch dem Wendeshypunkt

Da die Intensitat des Glashauseffektes in erster Linie von der Zunahme des CO2 -Gehaltes abhangen wird kann man diese mit der der erwahnten Spurengase kombinieren es ergibt sich ein virtueller CO 2 -Gehalt Dann kann die K1imawirkung in Abhangigkeit vom realen CO2 -Gehalt ausshygedrtickt werden das erlaubt eine Abschiitzung der repriishysentativen Temperaturzunahme (mit Ausnahme der Polarshygebiete) als Funktion des COrGehalts bzw der Zeit Zu den Voraussetzungen gehort daU die CO2 -Wachstumsrashyte unteT Einbeziehung der Entwicklungsllinder mit ihrem Nachholbedarf nicht rasch sinken kann und da~ keine anshydere Energiepolitik das CO2 -Risiko ganz ausschalten wird Unter diesen Voraussetzungen lli~t sich abschatzen da~ eine Temperaturzunahme urn 1 5degC (entsprechend der warmsten Periode der Nacheiszeit vor rund 6000 Jahren) schon zwishyschen 2005 und 2015 eine solche urn 25degC (entsprechend dem warmsten Abschnitt der letzten Zwischeneiszeit s Abschn 6) schon in etwa 50 Jahren erreicht werden kann Die kritische Phase bei der bel einer Erwarmung urn 4degC

m6glicherweise das arktische Treibeis wegschmelzen wird konnte trotz verlangsamter Wachstumsrate zwischen

2040 und 2075 dh in weniger als 100 Jahren eintreten Die entsprechenden Schwellenwerte des realen CO2 -Geshyhalts Jiegen flir eine Erwarmung urn 1 5degC (25deg4deg) bei rund 450 (550 750) ppm mit einer Fehlerbreite von plusmn 10 15

43 Die Albedo und das WiistenprobIem

Eine der wichtigsten Gr6Uen im Warmehaushalt der Erdshyoberflache ist die Albedo der Erdoberfliiche AE der Antellmiddot der reflektierten Strahlung an der einfallenden Globalstrahshylung G der Summe aus der direkten Sonnenstrahlung und der diffus gestreuten Strahlung des Himmels und der Wolken Hiertiber berichten in diesem Heft BAUMGARTshyNER KIRCHNER und MAYER (S 32 ft) Die mittlere Alshybedo der Erdoberflache liegt (nach einer besonders grtindlishychen Auswertung von Landsat-Aufuahmen in mehreren Spekshytralbereichen durch HUMMEL und RECK) bei 14 plusmn 05 Proshy

~ zent Aus einem der besten Strahlungsmodelle (MANABE und WETHERALD 1967) ergibt sich bei einer Zunahme

der mittleren Albedo von 1 eine Abnahme der Gleichshygewichtstemperatur urn 13degC Fast immer flihrt die Umshywand lung bzw Zerstorung der urspriinglichen Vegetation zu einer Zunahme der Albedo dies ist offenbar der einshyzige wichtige Eingriff des Menschen der zu einer Abkiihshylung flihren kann Diese Prozesse erfassen zwar riesige Flachen (landwirtschaftliche Nutzflache und Weideland zusammen 38 der Kontinente) aber sie vollziehen sich langsam schon seit def neolithischen Revolution vor 5-7000 Jahren heute beschleunigen sie sich mit der Bevolkerungszunahme

Eine entscheidende Rolle spielen die Vorgange die a1s Desertiikation bezeichnet werden ein passendes Wort in deutscher Sprache hierfLir mOOte erst neu gebildet werden Die Vegetationszerstorung an den Randern der Sahara ist in der Tat alarmierend die UN-Konferenz tiber Desertishyfication (Nairobi 1977) hat sie der WeltOffentlichkeit

klar vor Augen geflihrt Oberall in den Tropengebieten auch in den semiarid en und semihumiden Gebieten mit einer mehrmonatigen Regenzeit geht die Vegetation in den Weidegebieten rasch zurtick In den Liindern des Maghreb (Tunesien Algerien Marokko) in Lybien und im Sudan liegen verla~liche Schatzungen vor im Mittel rUckt die Wtiste urn 1 2 km jahrlich VOL Das bedeutet allein bei der Sahara in jedem Jahr eine Zunahme urn tiber 20000 km2 bull Dies ist keinesfalls die Foige einer Klimaiinshyderung - das konnte in Tunesien in Rajasthan im Sahelshygtirtel einwandfrei nachgewiesen werden Es ist vielmehr das Resultat der vom Menschen veranlaf3ten tiber Jahrtausende fortgesetzten Eingriffe in die natiirlichen Haushalte erst die Vernichtung der Gro~tierherden und der Raubtiere dann die Nutzung der nattirlichen Savannen und Graslander als Weideland flir Rinder Kamele Schafe und Ziegen dazu das jahrlich wiederholte Abbrennen des Grases shyso wurden die TrockenwaIder in Dornsavannen umgewanshydelt - zuletzt die Oberstockung der Graslander mit wachshysender Bev61kerungsdichte In den Liindem der Sahel zone ist die Zahl des Weideviehs in den Jahren 1949 - 68 auf das Sechsfache vermehrt worden hier treten Feucht- und Dtirrejahre meist in Gruppen auf und die Dtirre 1969 - 73 hat sieh 1977 wiederholt Die gro~e natiirliche Verandershylichkeit der Regenfalle von Jahr zu Jahr fUhrt immer wieshyder zu einer Vermehrung des Weideviehs tiber das 6kologishysche Gleichgewicht hinaus das damit nachhaltig gestort wird Hierzu kommt noch die Nutzung der letzten Baume und Straucher als Feuerholz (s Abschn 41) Da~ hierdurch selbst in semihumiden Gebirgslandern wie im Hindukusch oder in Nepal eine vollige Waldzerstorung in Gang kommt ergibt der Augenschein schon bei fltichtigem Besuch

Eine Modellrechnung von CHARNEY (1975) hat nun gezeigt da~ in dem Wtistengiirtel der Erde wegen der hohen Albedo der Erdoberflache der extraterrestrische Strahlungshaushalt negativ wird da~ dieses Defizit durch advektive Warmezufuhr und Absinken der Luft ersetzt werden mu~ und da~ die Zunahme der Albedo durch VeshygetationszerstOrung dieses Absinken nur noch verstarkt Das flihrt zu einem weiteren Rtickgang der Niederschlashyge und zu verstarkter Wtistenbildung Sicher handelt es sich hier urn einen schwachen erst in langen Zeitraumen und tiber gro~n Gebieten wirksamen Prozess der die naturbedingte Trockenheit im Bereich der subtropischen Hochdruckzellen noch verstarkt andere Modellrechshynungen und Auswertungen von Satellitenbildern haben diese Oberlegungen bestatigt Sieher sind die gro~en Wtishysten der Erde nicht erst vom Menschen geschaffen worden aber ihre Intensivierung und Ausweitung ist ein Produkt menschlicher Eingriffe An mindestens drei Stellen (bei Jodhpur mit rund 270 mm Regen im Jahr bei KhartumshyOmdurman mit 160 mm und bei Nefta in Tunesien mit 70 mm) zeigen eingezaunte Gebiete daU die vor den Weideshytieren geschtitzte ursprtingliehe Vegetation eine v61lig andeshyre Albedo hat a1s die umgebende Wtiste Ein Effekt auf die Niederschlage lli~t sich aus den (erst nach 1900 einsetzenshyden) Messungen zwar nicht nachweisen wohl aber aus den historischen Nachrichten aus dem Wtistengiirtel aus den Berichten der frUhen Reisenden tiber die Dauer der Regenshyzeit tiber die Existenz von Brunnen und regelma~ig abkomshymend en Fltissen noch im frUhen Mittelalter sind arabische Reisende quer durch die Sahara mit Pferden gezogen (tiber historische Klimaschwankungen natiirlicher Herkunft s Abschn 6 und 8)

11

5 Das Problem der Klimavorhersage Stand und Aufgaben

51 M odeUrechnungen

Was konnen wir tiber die Zukunft unseres Klimas vorausshysagen Was wissen wir tiber die Ursachen der Klimaschwanshykungen der Vergangenheit Immerhin wachsen unsere empirischen Kenntnisse tiber die Klimageschichte rasch an und erfassen die letzten 10000 Jahre schon recht gut die letzten 700000 Jahre immerhin schon in den Grundmiddot zUgen die Umrisse der Geschichte der letzten 500 Millionen Jahre beginnen ebenfalls sichtbar zu werden (SCHWARZshyBACH) Eindeutige Zusammenhiinge mit den nattirlichen Ursachen sind bisher hochstens vereinzelt nachgewiesen eine Vorhersage dieser extremen Ursachen (Abschn 3) ist bisher unmoglich

Physikalisch-mathematische Klimamodelle sind bisher vielshyfach nur in der einfachsten Form (0- oder I-dimensional) erortert worden 2- oder 3-dimensionale ZirkulationsmoshydelIe der Atmosphiire gibt es in den verschiedensten Formiddot men Gemeinsam ist ihnen die Ableitung der Felder Wind Luftdruck Temperatur auf der Grundlage vorgegebener Randbedingungen so der Temperatur der Ozeanoberfliishyche der mittleren Bewolkung ua Damit sind aber die fUr das Klima entscheidenden Wechselwirkungen fest vorgegeshyben schon die Behandlung des jiihrlichen Ganges ist mit einem so1chen Ansatz unmoglich erst recht natlirlich die Vorhersage von interannuellen Anderungen oder Klimashyschwankungen Die Wechselwirkung Atmosphiire - Ozean ist bisher in nur einem stark idealisierten Modell (MANABE und BRYAN) einbezogen worden andere Modelle behanshydeln den Ozean als beyregungslosen Sumpf der Wiirme und Wasserdampf abgibt bzw aufnimmt Sieher sind diese Ansiitze vielversprechend sie Hefem immerhin ein ziemlich realistisches BUd der groBen Stromungssysteme der Atmosshyphiire der hydrologischen BUanz Niederschlag - Verdunshystung und der Energieumsetzungen innerhalb der Atmosshyphiire Aber schon eine Umsetzung der Zahlenwerte flir die Landoberfliiche in regionalen Klimatypen zeigt die UnvoIlkommenheit dieser Art von Modellen da erhalten Texas und Stidchina ein Wtistenklima oder in der Sahara fallen 1500 mm Niederschlag am Rande des Himalaya dashygegen weniger als 50 mm Natiirlich geben solche Fehler AnlaB zur Verbesserung der Modelle diese aber finden heute weniger inder Physik als vielmehr in der Leistungsshyfahigkeit der Computer und dem Aufwand an Rechenzeit ilire Grenze Auch wissen wir heute daB die meisten Moshydelle (wegen in ihnen enthaltenen mathematischen Niiheshyrungen) auch bei gleichen Anfangsbedingungen verschieshydene Ergebnisse Hefem Modellexperimente Iiefem daher keine Abbilder der Wirklichkeit sondem sind Testversushyche tiber die Sensitivitiit der Modelle selbst Der entscheishydende Einwand ist aber daB es bisher noch nieht gelungen ist die Summe der zeitabhangigen Vorgiinge in Ozean Eis und Atmosphiire und ihre wesentlichen Wechselwirkunshygen in ein Modell einzubauen Keiner der hervorragenden Modellbauer macht sieh lIlusionen tiber die Schwierigshykeiten im Detail eine befriedigende Losung wird wohl kaum vor 10 Jahren gefunden werden konnen und auch dieses Datum mag noch zu optimistisch sein

Andere Modelltypen sind vorgeschJagen worden statishystisch-dynamische Modelle die zeitabhiingige Parameter unter Verzicht auf Detail als Statistiken behandeln und

12

stochastische Modelle bei denen die wirksamen langfristishygen Prozesse im Ozean und im Eis von der kurzlebigen Atshymosphiire her angetrieben werden (HASSELMANN und Mitarbeiter )

Aile diese Versuche sind notwendig und nUtzlich soweit sie unsere Kenntnisse tiber die Wechselwirkungen im klimatimiddot schen System und ihre Auswirkung erweitem erst wenn wir diesen komplexen Wirkungsmechanismus voll versteshyhen konnen wir ihn so vereinfachen dafll wir ein gentigend realistisches und doch noch traktables Klimamodell aufshybauen konnen Ein entscheidender Test ist die Simulation des jiihrlichen Ganges (zB WETHERALD - MANABE 1972) diese jahreszeitliche Anderung der Zirkulation ist eher noch groBartiger als die starks ten Klimaschwankunshygen der Vergangenheit wie etwa eine Eiszeit ftir die GAshyTES (1976) ein Zirkulationsmodell mit gegebenen Randbemiddot dingungen entwickelt hat

S2 Zur Frage der Vorhersagbarkeit

Solange die Hauptursachen der Klimaschwankungen in der Vergangenheit - zuniichst jedenfalls als unvorshyhersagbar geJten mUssen bleibt eine ernstzunehmende Prognose etwa flir das Klima der Periode 2100-2150 AD unmoglich Das muB ganz nilchtem gesehen werden selbst ~ wenn die eben erorterten Schwierigkeiten beim Aufbau eines geeigneten Modells voll befriedigend gelost werden konnen Aber ein Ausweg ist moglich der immerhin eine bedingte Vorhersage - in der Literatur als Vorhersage zweiter Art bezeichnet ermoglicht Setzen wir eillshymal voraus daB die unvorhersagbaren Prozesse so weltershylaufen wie in den letzten (rund) 5000 Jahren - genauer seit dem Verschwinden der letzten Reste der kontinentalen Inlandeisdome auf Labrador Dann konnen wir mit Modellshyrechnungen untersuchen wie dieses klimatische System auf Anderungen der Randbedingungen - zB auf eine Anderung des CO2 -Gehalts des Aerosolgehalts der unteren Troposphare oder der Stratosphiire (Vulkane) der Oberfliishychenalbedo - reagiert Solange kein wirklich komprehenshysives aile Untersysteme mitumfassendes Modell des klimashytischen Systems existiert sollte das in sorgfaltig geplanten Parallelversuchen mi t den heute verfUgbaren Modellen bzw den noch verbesserten Versionen durchgefilhrt werden

Parallel hierzu muB aber ein vertieftes Studium charakshyteristischer Stadien der Klimate der Vergangenheit treten ~ das Iiegt auch im Interesse der Modellbauer Es gibt nur eine Mogliehkei1 die Eignung eines Modells zur Klimavormiddot hersage zu erproben die Simulation der Klimate der Vershygangenheit und ihrer zeitlichen Entwicklung Aber auch unabhiingig davon geben uns diese Paliioklimate Hinweise darauf wie das Klima unserer Erde auch aussehen konnshyteo Denn hier versagt offenbar - jedenfalls gilt dies ftir die Mehrzahl der Meteorologen unser Vorstellungsshyvermogen nur so ist das (fast irrationale) Festhalten an der Oberzeugung von der Konstanz unseres Klimas zu erkliiren trotz all unserer Erfahrung mit extremen Wetterlagen

Stellen wir nur die in der Vergangenheit wirksamen Klimashyfaktoren in Rechnung dann mtissen wir uns fragen wie sah das Klima aus als unsere AlpengJetscher den vielerorts im Gelande noch siehtbaren Hochststand (mehrfach in def Zeit zwischen 1610 und 1855) erreicht hatten Das war die kleine Eiszeit (s Abschn 7) sieher mtiBte def Obershy

gang zu der nachsten Eiszeit von einem solchen Stadium ausgehen und wir mtissen die Frage nach der Natur dieses Obergangs erortern Stellen wir im Gegensatz hierzu die anthropogenen Faktoren in den Vordergrund die offenmiddot bar in ihrer Gesamtheit zu einer globalen Erwarmung flihren (s Absdm 41 42) dann kbnnen wir die Warmmiddot phasen der Vorzeitklimate untersuchen und als Beispiel fUr die in Zukunft zu erwartenden Zustande nehmen NatUrJich mtissen wir uns auch die Frage stellen kann sich das Klima der Vergangenheit wiederholen oder haben sich die Randbedingungen inzwischen geandert Nachdem wir heute wissen daf~ es in jtingerer Vergangenheit nicht eine oder vier sondern mindestens 17 Eiszeiten und ebensoviele Warmzeiten g10balen AusmaBes in 18 Milliomiddot nen lahren gegeben hat (FINK und KUKLA) stellt sich dieses Problem in aller Scharfe Auch die Geschichte des Menschen wiederholt sich nie aufvbllig g1eiche Art

Solange wir also keine physikalisch einwandfreien genUmiddot gend realistischen Klimamodelle zur Verftigung haben mUsmiddot sen wir uns mit dem Vergleich vergangener Zustande aber mit aller gebotener Kritik und Vorsicht behelfen Diese Art der Darstellung moglicher aber keinesfalls gesimiddot cherter Zustande bezeichnet man (in der sehr umfang reichen Literatur Uber Zukunftsfragen) als Szenarium als Drehbuch fUr einen Film Das ist eine auBerst unglUckmiddot liche Bezeichnung unsere Darstellung entspringt niemals allein schbpferischer Phantasie sondern beruht ausschlieBmiddot Hch auf den kritisch durchgeprUften Grabungsergebnissen der Vergangenheit alles was frliher schon einmal gesche hen ist kann wieder geschehen sofern die g1eichen Randmiddot bedingungen gegeben sind HierfUr geben uns die vorliemiddot genden Modelle wertvolle Hinweise Andererseits mUsmiddot sen wir stets die natiirlichen Schwankungen des Klimas (mit einer GroBenordnung von plusmn 06degC fUr die g10bale Mitteltemperatur gegeben fUr einen zB IOOjahrigen Mitmiddot telwert) mit in Rechnung stellen sie addieren sich zu den anthropogen verursachten Schwankungen ledem mit der Klimavergangenheit nicht vertrauten Leser sollte das Studium des groBen zweibandigen Werkes Climates Past Present and Future von H LAMB dringend empfoh len werden

FUr den folgenden Abschnitt 6 die Erorterung globaler Warmphasen als Beispiele [iir m6gliche Klimazustiinde unter anthropogenem Einftuj3 mUssen wir folgende einmiddot schrankende Voraussetzungen machen (s Abschn 23 und 3)

a) Konstanz der Solarkonstanten (innerhalb der heutigen MeBgenauigke it)

b) keine Haufung starkerer VulkanausbrUche c) kein groBskaliger Ausbruch des WestantarktismiddotEises d) keine Anderung der mittleren Bewolkung

Die letzte Einschrankung bezieht sich auf unsere mangelmiddot haften Kenntnisse tiber die Rolle der BewOlkung im Strahmiddot lungshaushalt Zweifellos ware schon eine geringe Zunahmiddot me der Bewolkung (zZ nach Bodenbeobachtungen ca 52 nach Satellitendaten ca 30 beides mit sysmiddot tematischen gegeneinander wirkenden Fehlern behaftet) fUr den Warmehaushalt von entscheidender Bedeutung Doeh ist das unwahrscheinlich (CESS) der gro~te Teil der Wolken entsteht in aufsteigenden Luftstromungen und lost sich bei Absinken auf bleibt also als Foige des Kontinuitiitssatzes etwa erhalten Die stabilen Inversionen

aber dUrften bei einer CO2 middotZunahme wegen der waehsenden LabiliHit der Schichtung eher abnehmen

6 Warmphasen in der Klimageschichte

61 Friihmittelalterliche Wiinneperiode

Da eine Riickkehr zu einer rein naturbedingten Klimaentmiddot wicklung ebenso unmoglich ist wie eine RUckkehr zu den Lebensbedingungen der lungsteinzeit fUr eine Erdbevolkemiddot rung von Uber 4 Milliarden miissen wir mit einer g10balen Erwarmung rechnen Dem widerspricht die Abklihlung der Periode 1945-72 in mittleren und hohen Breiten der Nordhalbkugel nur scheinbar in niedrigen Breiten blieben die Temparaturen fast konstant in gemaBigten Breiten der SUdhalbkugel und am Rande der Antarktis sind sie sogar leicht angestiegen Einer CO2 middotZunahme von 12-13 entspricht eihe g10bale Temperaturzunahme urn a2degC dies liegt noch ganz im Bereich des statistischen Rauschens dh der interannuellen Variabilitat Die bemiddot obachtete AbkUhlung kann offenbar mindestens teilweise auf die seit 1955 wieder auflebende Vulkantatigkeit (nach einer Pause 1912-1948) zuruckgefUhrt werden Das Argumiddot ment daB ohne die inzwischen erfolgte CO2 middotZunahme die AbkUhlung entspreehend starker gewesen ware la~t sich weder beweisen noch widerlegen es steht jedenfalls im Einklang mit den zuveriassigsten Strahlungsmodellen Wir betrachten also zunachst als Beispiel fUr eine kUnftimiddot ge Klimaentwicklung - einige Warmphasen aus der Klimamiddot geschichte ohne daB ruer auf die Art der Quellen und ihre Kritik eingegangen werden kann (vgl die Monogramiddot pruen von SCHWARZBACH und LAMB)

Die erste wichtige Warmphase ist das frUhe Mittelalter etwa die Periode 900 - 1050 un serer Zeitrechnung Sie ist zwar in Mitteleuropa durch historische Daten wenig bemiddot legt das umfangreiche Werk von H LAMB enthalt eine Zusammenstellung aller erreichbarer Daten die inzwischen fortlaufend erganzt werden In dieser Zeit scheinen sich (die vorsichtige Ausdrucksweise ist wegen der noch allmiddot zuoft unkri tischen Auswertung historischer Quellen notmiddot wendig) in weiten Teilen Europas warme Sommer und DUrreperioden zu haufen Die wichtigsten Befunde ergeben sich ausder Siedlungsgescruchte der Wikinger in Island und Gronland mit ihren klihnen Vorstoampn nach Labrador und Neufundland Diese Auswanderer (aus politischen GrUnden) trafen ab 874 Island zu etwa 60 bewaldet an sie trieben dort nicht nur Schafzucht sondern auch Getreidebau (wie Ubrigens damals in Norwegen bis zum 65 Breitengrad) Sie Uberquerten die DanemarkstraBe an der schmalsten Stelle ohne den heutigen TreibeisgUrtel anzutreffen und errichteten Siedlungen in Siidmiddot und Westgronland die FriedhOfe dieser Siedlungen liegen heute im Dauermiddot frostboden War der OstgronlandstrOin damals in 65degN eisfrei dann muB das bei dessen hoher Geschwindigkeit Om Vergleich zur Abschmelzzeit der Eisschollen) fUr seimiddot ne gesamte Lange zutreffen die arktische Treibeisgrenze lag also damals an der Nordkiiste Grbnlands dh in 80-shy

o8I N Breite Erst urn 1330 liegt ein zeitgenbssischer Bemiddot richt vor daB das vorgeriickte Eis zur Aufgabe dieses Scruffmiddot fahrtsweges gefiihrt hat zugleich verschlechterten sich die Klimabedingungen in Gronland und Island wo der Getreimiddot debau aufgegeben werden muBte Archaologische For schung hat zeigen konnen daB urn 1000 die Eskimos den ganzen arktischen Arcrupel Kanadas besiedelt hatmiddot

13

ten ebenso die Neusibirisehen Inseln In diesen heute mensehenleeren Einoden lebten sie von Walfang ~ dieshyser setzt offenes Wasser im Sommer voraus Die gleiche Klimaversehlechterung zwang sie ZUIll Ausweichen nach Sliden und ZusammenstoJ)e mit den durch Hunger und Seuchen dezimierten norwegisehen Siedlern in StidgrOn land filhrten zu deren Verniehtung

Die Waldgesehichte Kanadas und Europas die Gletschershygesehichte der Alpen beJegen um J 000 eine Erwarmung lim etwa 1deg( das Kaspische Meer erreichte einen seiner tiefsten Stande bel ~3~ m dh niedriger als heute wo viel Wasser zu Bewaserungszwecken verwendet wird Der Nordteil der Sahara war feuehter als heute arabische Reishysende beriehteten sogar aus dem heute trockensten Geshybiet (Kufra) von einer gerade erst aufgegebenen Rindershyzucht man wird die Niederschlage damals doch auf 150-~00 mmiJahr schatzen mussen gegeniiber 3~5 mm heute Aber aus dem Mittelmeerraum wird von einzelnen uberaus kalten Wintern berichtet ebenso hatten China und Japan warme Sommer aber auch strenge Winter in denen die gro~en F1u~-Seen am Jangtsekiang zufroren 1m mittleren Westen der USA herrschten giinstige Bedinshygungen fur Ackerbau Jagd und sogar stadtische Kuhur wah rend urn 1200 Serien von Durren zur Aufgabe von Gebieten zwangen Da~ diese Dtirreperiode hier im heutishygen Maisanbaugtirtel 200 Jahre anhielt (Bryson und Murshyray) mu~ besonders beachtet werden Der mittlere Westen Nordamerikas ist zZ das einzige Gebiet mit Getreidetibershyschuf~ wahrend viele andere Lander von Importen dh von der Hand in den Mund Jeben

Eine Zusammenschau dieser (und anderer) Daten fUhrt zu der Vorstellung (LAMB) da~ wie in den hei6esten Somshymem der Periode 1931-60 die Zyklonenzugbahnen der Westdrift durch quasi-stationare Hochdruckgebiete urn 300~500 km nach N verlagert waren Auch im Winter ergab sich eine iihnliche Situation die aber mit blockierenshyden Hochs zu hiiufigen Kaiteperioden ftihrte Wahrend im Eis Gronlands bereits eine vortibergehende Abktihlung urn 1160 eintrat die auch von Schweizer Gletschern beJegt ist war die nachste Kaltewelle mit dem Hohepunkt urn 1320 noch nachhaitiger wirksam alle Warmphasen seit dieser Zeit haben nieht die Andauer und Intensitat derjeshynigen urn die Jahrtausendwende erreicht Ftir sie kann ein Anstieg der reprasentativen Temperaturen urn etwa 1degC angesetzt werden die in der Arktis vermutlich 2-3degC erreicht haben diirfte Von der Sudhalbkugel Jiegen kaum Daten vor au~er einer Trockenperiode in Neuseeland zur Zeit der Maori-Einwanderung

62 Die holozane Warmeperiode vor 6000 (bzw 4000) Jabren

Nach dem Hohepunkt der letzten Eiszeit (18000 vh = vor heute) dauerte der Eisrtickzug in den beiden Nord-Kontishynenten verschieden lang das Skandinavische Inlandeis verschwand endgilltig kurz vor 8000 vh wiihrend zugleich das Laurentische Eis Nordamerikas noch die Hudsonshybucht mit allen Nachbarliindern bedeckte mit noch etwa 50 Prozent seiner urspriinglichen Flache Nach einem katashystrophalen Einbruch des Meeres in die Hudsonbucht vershyschwand das Eis im Westen relativ rasch in Labrador anshyscheinend erst urn 4500 vh wah rend in Baffinland ausgeshydehnte Plateaugletscher bis heute tiberlebten Das ftihrte

14

in der Zeit 8000-4500 vh zu einer permanenten Anomashylie der Zirkulation von Atmosphare und Ozean tiber Euroshypa zu einer zusatzlichen advektiven Erwarmung mit einem ersten Hohepunkt urn 6000 vh einem zweiten ab etwa 4500 vh nach einer kurzen intensiven Abktihlung urn 4800 vh wahrend das ostliche und zentrale Nordamerika noch relativ ktihl blieb Offenbar lagen auch Alaska und das westliche Nordamerika unter dem Einfiu~ eines warmen Hochdruckrtickens langs 1000W dehnte sich der boreale Wald etwa 300 km weiter nach N aus als heute ja vor 4800 vh sogar bis zur Banks-Insel (74degN) Ahnliche Beshyfunde Iiegen von Nordnorwegen und der westsibirischen Taiga vor die eine Erwarmung urn 2 bis 3degC andeuten im globalen Mittel ergibt sich eine Erwarmung urn etwa I 5degC In der inneren Arktis waren selbst die Nordktisten von Spitzbergen Gronland und Ellesmere-Land im Somshymer eisfrei wahrend der Kernbereich des arktischen Treibshyeises zwischen N ordkanada und Ostsibirien sieher erhalten blieb

Die Vegetationsgeschichte von Eurasien (FRENZEL) zeigt diese Warmphase klar Werbei darf man nlcht vergesshysen daB die Einwanderung von Waldbaumen erheblich Ianshygere Zeit benotigt als die daftir verantwortliche Klimaiindeshyrung Von besonderer Bedeutung ist dabei in Ostsibirien a offenbar auch in Kanada und Alaska ein Rtickzug des Dauerfrostbodens urn mehrere 100 km nach Norden in den Gebirgen rtickte die Waldgrenze tiberaIl urn 100-150 m aufwarts In den Alpen lli~t sich das mit vielen Einzelheiten belegen (pATZELT) aber im Gegensatz zur Subarktis kam es hier in der Periode zwischen 8000 vh und 800 vh zu mindestens vier Warmeperioden und zwischengeschalteshyten Kaltphasen mit Gletschervorstii~n von jeweils fast gleieher Intensitat Ftir die TemperaturverhaItnisse der Ozeane sind nur wenige Angaben vorhanden - die zeitshyliche Aufiosung der Ozeanbohrkerne liegt meist bei 3-5000 Jahren als Folge der geringen Sedimentationsrate und der biogenen Durchwtihlung des Meeresbodens Nur fUr den Kuroshio zwischen Taiwan und der japanischen Stidktiste wird eine Erwarmung urn 6degC angegeben

Die auffaIligste Erscheinung ist eine verbreitete Zunahme der Niederschliige mit nur zwei sicheren Ausnahmen In Westsibirien sowie im Mittelwesten der USA (Wisconshysin - Illinois) weitete sich das trockene Grasland nach N bzw E hin aus Oberall sonst besonders auWillig 1m Trok- ~ kengtirtel der Alten Welt von Mauretanien (l7degW) bis nach Rajasthan (77degE) herrschte ein feuchteres Klima als heute in der Sahara ist es an mehr als 30 fossilen Seen und Fltisshysen einwandfrei belegt eben so in der Danakilwtiste in der arabischen Wtiste aber auch im SW Nordamerikas im ostafrikanischen Graben und in weiten Teilen Australiens Zwei Gebiete sind besonders gut belegt in Rajasthan (BRYSON) schwankte die Regenmenge zwischen 400-600 mm (zeitweise fiber 800 mm) von etwa 10500 vh bis rund 3700 vh gegeniiber rund 250 mm heute und der Tschadshysee heute ein naches von Diinen durchsetztes Seebecken von maximal 23000 km2 dehnte sich zweimal (urn 8500 und urn 5800 vh) auf tiber 320000 km2 aus (MALEY) mit einem Spiegel tiber 40 m hoher als heutc und einer maximamiddot len Tiefe von etwa 200 m Das zentrale Trockengebiet zwischen Kufra und Tibesti heute mit weniger als 5 mml Jabr war zT von dauernd flie~nden Fltissen durchzogen Das Grasland wurde genutzt von offenbar zahlreichen rinderztichtenden Nomaden und die jahrlichen Niedershy

schlage werden auf 200-400 mm geschatzt (PACHUR GABRIEL) im Tibestigebirge (heute 100 mm) auf tiber 800 mm Besonders auffallig ist da~ in dieser Feuchteperiode sowohl die Nord- wie die Stidflanke der Sahara starker tiberregnet wurden im Sahelgebiet schlieBt ROGNON auf eine ganzjahrige Regenzeit mit haufigen Dauerregen an stelle der kurzen Sommer-Regenzeit mit ihren heftigen Schauern Das ist nicht vertraglich mit der Lehrbuch-Vorstellung von einer meridionalen Verschiebung aller Klimagtirtel die im Stiden und Norden der Sahara alternierende Feuchtshyphasen auslosen m~te Nur bn Winterregengebiet nordlich 36degN find en wir in Anatolien und Iran (so am Van-See) eine markante Trockenperiode gleichzeitig mit der Feuchtshyphase der ganzen Sahara Diese Feuchtphase schon einmal urn 7500 vh unterbrochen wurde ab 5500 vh durch eine allmiihliche Austrocknung abgelost die urn 4000 vh in der Sahara etwas spater auch in Rajasthan zu einem ariden Klima ahnlich wie heute fOOrte Diese Austrocknung haben die frOOeren Hochkulturen miterlebt das Alte Reich Agyptens die Stadtkulturen zwischen Jericho und Ur die Indus-Kultur ilire Krisen oder ihr Untergang hiingen offen bar von diesen Klimaanderungen starker ab als von dem Einfall fremder Volksstamme

Die Interpretation dieser Befunde aus dem Holoziin (=Nachshyeiszeit) erfordert eine genaue Synchronisation des Ablaufs der Klimageschichte in weit entfernten Raumen sowie ein meteorologisches Verstiindnis dieser raumlichen Bezieshyhungen anhand rezenter Befunde Zunlichst ergibt sich auch heute in den Obergangsjahreszeiten wie im Winter die Existenz quasi-permanenter Hohentr6ge die sich in 150-300 mbar jeweils weit zurtick nach SW bis in die innemiddot ren Tropen hinein erstrecken (FLOHN 1975) Ahnlich existieren diese diagonaien Hdhentrdge auch tiber der Stidhalbkugel wo sie bis zum Aquator gelegentlich auch dartiber hinaus reichen In ihrem Bereich kommt es zu einer Wechselwirkung der tropischen und aulkrtropischen Storungen (Abb 9) die zu kraftigen Wirbeln mit Gewittermiddot schauern und Sandsttirmen ftihren dies sind die schon urn

Interaction Upper Troughs-low level Tropical Vortices Lat

300

fIlA 200

10middot

omiddot Abb 9 Diagonale Hohentroge (200 mb) und ihre Wechshy

selwirkung mit Storungen der tropischen Oststroshymung (700 mb)

1935 bekannten Saharadepressionen 1m westlichen und zentralen Nordafrika laBt sich an heutigen Statistiken die simultane Schrumpfung bzw Ausweitung des Trokshykengtirtels und die Rolle der Frtibjahrsregen hierbei nachshyweisen dasselbe ergab sich aus historischen Studien der Regenverhaitnisse im 17-19 Jahrhundert (NICHOLshySON)

Wahrend der ersten Feuchtphase 10500 8000 vh existiershyten noch ausgedehnte EisfHichen in Nordeuropa und Nordmiddot amerika Das ganze Jahr tiber reichte die glob ale Kaltshyluft und die von ihr ausgehenden Kaltetroge weiter stidmiddot warts als heute wahrend sich Uber den Tropen bereits die heutige Zirkulation herstellte Die Befunde deuten im Atlantik wie im Pazifik auf eine Abschwachung der subtroshypischen Hochdruckgebiete und damit der Intensitlit der Passatwinde Dies fiihrt notwendig zu einer Abschwachung des Aufquellens von Kaltwasser sowohl an den Westktisten (NWmiddotAfrika Kalifornien) wie am Aquator hier also zur Vorherrschaft der EI-Nino-Zirkulation mit Warmwasser starker Verdun stung und aquatorialen Regen auf dem Meer die geophysikalische Rolle dieses Wechsels ist kaum zu tiberschatzen Urn 8000 - 7300 vh kam es nach Vermiddot schwinden des skandinavischen Eises zu einer Unterbremiddot chung der Feuchtphase Diese stellte sichjedoch wieder her solange noch tiber Labrador - Baffinland ausgedehnte Eisfelder auch im Sommer tiefe weit ausgreifende Hohenmiddot troge zur Folge hatten diese traten offenbar in Nordamerishyka sowie in EuropaAfrika in den Obergangszeiten haufishyger auf als heute 5-10 faile dieser Art pro Jahr gentigen urn insgesamt 150-250 mm zusatzlichen Niederschlag hervorzubringen Die endgultige Austrocknung vollzog sich erst urn etwa 4500 vh mit dem Verschwinden der Eisreste aus Labrador

Die fUr den Klimaablauf entscheidenden physikaischen Randbedingungen in der Subpolarzone waren also urn 6000 vh noch wesentlich anders als heute erst urn 4500 vh entwickelten sie sich offenbar mit einer noch starkeren Reduktion des arktischen Eises Die ebenfalls noch wanne Phase urn 4000 vh deren regionale Einzelheiten weniger gut bekannt sind war im Trockengtirtel der Alten Welt wie im SW Nordamerikas in Stidafrika und in Australien ahnlich trocken wie heute Noch eine weltcre Randbedinshygung sollte nicht vergessen werden die bereits erwahnte (Abschn 43) Vegetationszerstorung und Desertifikation die mit der Zunahme der Obertlachenalbedo tiber den Meshychanismus des Charney-Modells zu einer Verstarkung des Absinkens fUhrt Sie wird wahrscheinlich bei einem Ruck gang des ArktismiddotEises eine Zunahme der Niederschlage im Sahel hinausz6gern jedenfalls solange bis durch geeigshynete SchutzmaBnahmen eine geschlossene GraslandmiddotVege tation in den Randgebieten der Sahara wieder hergestellt werden kann Das aber ist ein okonomisch-soziales Pro blem

63 Letztes Interglazial EemmiddotWannzeit 120000 vb

Die EntwickIung quantitativer Arbeitsmethoden in der Geo logie hat in den letzten Jahren einige aufregende Entdek kungen innerhalb der Erdgeschichte erm6glicht Hierzu zahlt die Entdeckung eines 17-18maligen Wechsels zwi schen Eiszeit und Warmzeit (Interglazial) in den letzten 2 Millionen Jahren in zeitlicher Obereinstimmung datiert mittels der Umkehrung des erdmagnetischen Feldes gefunshyden in Ozeanbohrkernen aus dem aquatorialen Pazifik (SHACKLETON - OPDYKE) und in L6Bprofilen in Mahmiddot ren und Niederosterreich (KUKLA und FINK) Damit ergab sich eine gesicherte Chronologie der Kalt- und Warmshyzeiten ftir die palaomagnetische BrunhesmiddotEpoche der letzten 700 000 Jahre In allen geeigneten Ozean-Bohrkernen finshydet man in der Zeit zwischen 127 000 und 75 000 vh (mit einer Fehlergrenze unterhalb plusmn 5000 Jahren) drei

15

Warmphasen mit zwei kurzen Kaltphasen dazwischen genauere Untersuchung in Barbados auf Mallorca Neuguishynea und an der Themsemtindung belegen auch die zugeshyhOrigen eustatischen Schwankungen des Meeresspieshygels da in den Kaltphasen gro6e Wassennengen als konshytinentales Eis gespeichert werden Auf dem Festland sind bisher zwei nahezu vollstandige Moorbohrkerne untershysucht worden (in Mazedonien und sudlich der Vogesen) die die gleichen Schwankungen zeigen aber in wesentlich hOherer zeitlicher Auflosung Noch weiter auflasbar sind die Diatomeenablagerungen Nordwestdeutschlands mit ihren tiber 10 000 Jahre reichenden Jahresschichten (H MOLLER) die eine pollenanalytische Analyse von Abshyschnitten von nur 15 Jahre Lange erlauben

Nach allen vorliegenden Befunden ist die friiheste der drei Warmphasen mit deutlichem Abstand die warmste noch etwas warmer als die erarterte holozane Warmphase offenbar auch warmer als die vorhergegangenen Interglashyziale Sie reichte von 127000 bis etwa 115000 vh die warmste Phase umfa~te in den Vogesen mindestens 10000 Jahre dagegen die beiden Kaltphasen nur jeweils 1600 bzw 1000 Jahre Ftir Europa und die Sowjetunion existiert eine detaillierte Vegetationsanalyse (FRENZEL) dieser Warmzeit die mit dem hollandischen Lokalnamen Eem (im engeren Sinne) bezeichnet wird nach dieser Anashylyse miissen die Temperaturen 2-3degC haher gelegen haben als heute in Sibirien sogar bis 6degC Xhnlich wie im Holoshyzan miissen die Niederschlage hoher gewesen sein zumal die hOhere Temperatur schon an sich zu einer Zunahme der Ozean-Verdunstung fiihrt Neben der oben erorterten Dominanz der EI-Nifio-Zirkulation am Xquator ist eine weitere Ursache der Verstarkung des hydrologischen ZykshyIus der eustatische Meeresspiegelanstieg auf + 5-7 m der durch einen breiten Meeresarm zwischen Ostsee und Wei~em Meer Fennoskandien zur Insel macht und im Mtindungsgebiet von Ob und Jenissei bis tiber 1000 km weit ins Binnenland eingreift (FRENZEL) Zugleich kam es zu einem drastischen Riickzug des Dauerfrostbodens in Ostsibirien bis etwa 57deg Breite (heute etwa 49deg) Auch bei einem Anstieg der Temperaturen urn 6degC erlebte Sibishyrien auch damals sehr kalte Winter doch miissen im Sommiddot mer die Ktisten weitgehend eisfrei gewesen sein Anderermiddot seits ergeben die Bohrkerne im Arktischen Ozean daB der zentrale Kern des arktischen Eises zwischen Gronland Alaska und Ostsibirien aile Warmzeiten seit mindestens 700000 Jahren ohne Unterbrechung uberdauert hat die gleiche Annahme erscheint fUr das Gronlandeis immershyhin wahrscheinlich (wenn auch nicht belegt)

Mit dem starker mariti men Klima Europas reiehten warmiddot meliebende Walder weit nach Ru6land hinein Das Vorshykommen von Lowen FluBpferden und Waldelefanten in GroBbritannien ist ein besonders auffallendes Anzeimiddot chen warmerer Bedingungen wenn auch der SchluB auf tropisches Klima nach Ausweis der Vegetation sicher unshygerechtfertigt ware Aus den tropischen Kontinenten lieshygen bisher nur wenige Befunde vor eine lange humide Phase an der westafrikanischen Kiiste und in der Afar-Senke am Roten Meer entsprechen den Befunden der holozanen Warmzeit

Diese Eem-Warmzeit war offenbar die wiirmste Phase seit Beginn der Brunhes-Epoche vor 700000 Jahren abet das gesamte letzte Interglazial dauerte wesentlich langer

es umfaBte zwei weitere etwas kiihlere Warmphasen geshytrennt durch zwei intensive Kaltphasen urn etwa 110 000 und 90 000 vh Die zugehorigen Schwankungen des Meemiddot resspiegels zwischen -70 und -80 m in den Kaltphasen (letzte Eiszeit -100 m) und etwa -5 m in den beiden spateren Warmphasen zeigen daB die Schwankung des globalen Eisvolumens immerhin 70-75 derjenigen zwishyschen letzter Eiszeit und heute betrug Diese Anderunshygen der Massenbilanz in den beiden Kaltphasen drang ten sich jeweils auf weniger als 10 000 Jahre zusammen die entsprechenden Klimaanderungen auf dem Festland liefen nach Ausweis der (verzogerten) Vegetationsschwanshykungen in den europaischen Mooren in wenigen 100 Jahshyren in Wirklichkeit also vermutlich in lt 100 Jahren abo Das wird bestatigt durch den Gronland-Blitz eine in ihrem Mechanismus noch nieht einwandfrei geklarshyte Abkiihlung in weniger als 100 Jahren (DANSGAARD) die im Eis Nord-Gronlands in tiber 1300 m Tiefe seit minshydestens 90000 Jahren tiefgefroren aufbewahrt ist

Gewi~ sind noch nieht alle Fragen geklart Offenbar haben sich im mittleren Europa die beiden Kaltphasen trotz globalen Charakters nur kurzfristig in Form abrupter Abkiihlungen in der und hier allein interessierenden humashynen Zeitskala ausgewirkt Xhnliche Ereignisse haben sich nach den heute vorliegenden Befunden in allen jtingeren Y Interglazialzeiten (und im Holozan) abgespielt - auf dieshyses Problem muB noch (Abschn 8) eingegangen werden

Der eustatische Meeresspiegelanstieg im Eem ist in seiner Ursache noch nicht geklart ein Anstieg urn 5-7 m entmiddot spricht entweder dem Abrutschen des Eises der Westantshyarktis oder dem Verschwinden des Gronlandeises oder eishynem entsprechenden Wasserverlust der sehr stabilen Ostantshyarktis Wabrend das zuerst genannte Ereignis uU recht rasch vor sich gehen konnte (genauere Vorstellungen tiber die Zeitskala liegen allerdings nicht vor) laufen die beiden anderen Ereignisse so langsam ab daB der zugehoshyrige weltweite Meeresspiegeianstieg in der GroBenordnung weniger mm pro Jahr (heute 11 mm) bleibt

64 Eisfreie Arktis vereiste Antarktis (12-25 Mill vh)

Wahrend die bisher dargestellten Klimaphasen keine grundshysatzlichen Abweichungen gegentiber dem heutigen Klimashybild zeigen trifft dies fUr den extremsten Fall eines vOl- ~ ligen Verschwindens der arktischen Treibeisdecke nicht zu Die Idee eines Verschwindens des arktischen Treibshyeises hat zuerst BUDYKO urn 1962 entwickelt und zwar als Endergebnis einer gezielten Umwandlung des Klimas wie sie 1959 auf einem der Kongresse der KPdSU proklashymiert worden war - im Einklang mit der marxistischen These von def Umwandlung der Natur durch den Menshyschen Bei naheren Untersuchungen stellte sich heraus daB dieses Projekt (schon wegen der Ausdehnung der Eisdecke tiber 10 bull 106 km2 ) nicht nur extrem aufwendig war sondem auch sehr weitreichende Nebenwirkungen zur Foige haben konnte Spater erkannte man daB die im Gange befindliche Zunahme des CO2 -Gehaltes zu dem gleiehen Ergebnis fiihren konnte Die Sensitivitat dieses Systems wurde bereits besprochen (vergl Abschn 21) ein vereinfachtes eindimensionales Klimamodell (BUDYKO 1969) ergab bei wachsendem CO2 -Gehalt und zunehmender Erwarmung ein immer rascheres Ruckshyweichen der EisSchneegrenze zum Nordpol hin

16

Ein solches scheinbar jeder Erfahrung widersprechendes Modell konnte nieht ohne Widerspruch hingenommen werden Schon die Frage ob unter den heutigen Klimashybedingungen die Eisdecke irreversibel verschwinden kann oder ob sie sich im nachsten Winter neu bildet mu~te eingehend erortert werden wir konnen sie offen lassen da nunmehr ein Verschwinden des Treibeises unter extreshymen von den heutigen abweichenden Klimabedingungen zur Erorterung steht Diese Frage kann nur mit umfangreishychen Modellrechnungen beantwortet werden unter weishychen Bedingungen ist das dynamische System Meer Treibeis (mit Polynyas) - Schneedecke - Atmosphiire tiber den jahreszeitlichen Wechsel der Strahlungsbilanz hin stabil bzw instabil Solche Rechnungen sind im Gang eine ganze Familie von stufenweise immer komplexerer Modelle mu~ unter verschiedenen Randbedingungen geshytestet werden eine umfangreiche Arbeit die nicht heute oder morgen zu Ende geftihrt werden kann

Einer der vielen Einwande war die Frage ob ein eisfreier ~ Arktischer Ozean gleichzeitig mit einer vereisten Antarkshy

tis existieren konne dies ergibt eine schwer vorstellbare Asymmetrie der beiden Halbkugeln Aber auch heute existiert eine deutliche Asymmetrie die Troposphiire tiber der Antarktis ist im gleichen Niveau im Jahresmittel 11shy

12degC kalter als tiber der Arktis im NordsommerlStidwinter sogar um tiber 26degC Da nach einfachen OberJegungen die durch die Modellversuche von FULTZ (1959) bestiishytigt wurden die Zirkulation der Atmosphiire von dem Temperaturgeflille zwischen Aquator und Pol abhiingt (KORFF und FLOHN 1969) ist die Zirkulation auf der Stidhemisphiire starker als auf der Nordhalbkugel und greift tiber den Aquator hintiber im Jahresdurchschnitt bis etwa 6deg Nordbreite im Juli (Januar) auf rund 12deg N (1 deg S) Das zirkulationserzeugende meridionale Temperaturgefalle ist heute tiber der Stidhalbkugel im lahresdurchschnitt 42 gro~er als tiber der Nordhalbkugel

Tatasachlich hat aber - das ist eine der grundlegenden Erkenntnisse die wir dem Deep Sea Drilling Programm mit der Glomar Challenger verdanken - ein derart krasser Gegensatz der beiden Pole im jtingeren Tertiar viele Millionen Jahre lang existiert (KENNETf 1977) Der Antarktische Kontinent war erstmals vor 38 Ma (= 106

Jahre) mindestens teilweise vereist schon damals bildete sich das antarktische Bodenwasser der Ozeane mit einer

Abktihlung um etwa 5degC Eine vollstandige Vereisung der Antarktis besteht seit dem mittleren Miozan vor 12shy14 Ma sie war seither nur noch sekundaren Schwankungen unterworfen Vor etwa 55 Ma bildete sich dieses zuniichst noch relativ flache Eis mit Temperaturen um OdegC in ein kaltes stabiles Eis (der Ostantarktis) um noch 200shy300 m mach tiger als heute begleitet von einer globalen Abktihlung und einer eustatischen Absenkung des Meeshyresspiegels Diese ftihrte an der Schwelle von Gibraltar zu einer (mehrfach wiederhoJten) Abschntirung und Ausshytrocknung des westlichen Mitteimeeres (HSU) auf deren regionaie klimatische Bedeutung nicht weiter eingegangen werden kann

Die allmiihliche Abktihlung wiihrend des mittleren und junshygeren Tertiars hangt offenbar mit der Bildung des kalten von der Antarktis sich ausbreitenden Bodenwassers zusamshymen durch Mischung sanken auch in mittleren Schichshyten die Wassertemperaturen langsam ab und mit der Vershy

starkung der atmosphiirisch-ozeanischen Zirkulation kam es zum Aufquellen dieser ktihlen Schichten am Aquator und an den subtropischen WestkUsten Eine Vereisung der Gebirge der Nordhalbkugel trat erst lange nach der Antshyark tis ein in Alaska vor etwa 9 Ma in Island und im kalimiddot fornischen Hochgebirge vor etwa 28 Ma Eine Bildung von arktischem Treibeis war erst moglich nachdem diese konshytinentalen Gletscher allmahlich beim sommerlichen Schmelshyzen eine dUnne salzarme Deckschicht des Arktischen Ozeans gebildet hatten dies geschah offenbar erstmals vor 23 Ma zuerst sicher noch als jahreszeitliches Eis

Damit steht also fest da~ in der Zeit zwischen 12 und 25 Ma gleichzeitig ein vollstandig vereister antarktischer Konshytinent und ein offener eisfreier arktischer Ozean existiermiddot ten In dieser Zeit miampte (aus theoretischen GrUnden) der meteorologische Aquator im Jahresmittei in etwa 9-10deg Nordbreite gelegen haben dafUr gibt es in Afrika auch Belege Als weitere Fol~e ware eine Verlagerung des Trockengtirtels bis 40-50 N zu erwarten die im ostlichen Europa auch belegt ist (zB im Wiener Becken s Abb 10) die subtropische Flora jener Zeit ist vielfach beschrieben worden (SCHWARZBACH MAGDEFRAU)

Northern Boundary of NHem Evaporite Zone

Oucternary (0-2 Ma) Late Tertiary 15-15 Ma) Early Tertiary (30-50Ma)

Abb 10 Mittlere Nordgrenze des Trockengiirtels (Ablashygerungen von Salz Gips usw) im Quartar (0 shy2 Ma) JungterWir (5 IS Ma) und Alttertilir (30 - 50 Ma) nach LOTZE

und Walder der gema~igten Zone reichten bis Nordgronshyland Nach SCHWARZBACH lagen im rheinischen Braunmiddot kohlengebiet die Temperaturen in allen Jahreszeiten urn 5-8degC hOher als heute Der stidhemisphiirische Trocken gtirtel reichte bis in die Nahe des Aquators Es ist unmogmiddot lich in diesem Rahmen auf Einzelheiten einzugehen zumal hierzu eine vollstiindige Auswertung der neueren geologimiddot schen Literatur notwendig ist

Nach BUDYKOs Modell kann der Obergang zu einem solchen Klima dh das Verschwinden des arktischen Eises bei einer allgemeinen Erwarmung urn ca 4degC eintreten (vgl auch KELLOGG) Das entsprache (je nach Modellannahme) einem virtueJlen CO2 -Gehalt von 800 shy1100 ppm der reale CO2 -Wert liegt bei 750 ppm (plusmn 15jd (Abschn 42) Ob und wann solche Werte erreicht werden hangt von Entscheidungen auf energiepolitisch-okonomisch sozialem Gebiet ab (Abschn 8)

17

7 Kaltphasen in der Klimageschichte

71 Kleine Eiszeit (1550-1850)

Dal~ das Klima im 20 Jahrhundert nieht das einzig mogliche ist ja dreg es selbst im Rahmen der [etzten 500 Jahre ausgesprochen anormal ist gehort zu den Tatsachen die selbst den meisten Meteorologen unbekannt sind Tatsachmiddot Hch haben wir in Europa - wie das am besten bekannte Verhalten der AJpengletscher zeigt seit rund lO 000 Jahmiddot ren immer wieder einen Wechsel zwischen Warmphasen (wie in Absehn 61 geschildert) ulld Kaltpllasen erlebt Hierbei sind die Phasen innerhalb dec beiden Gruppen untereinander recht iihnlich ihre Dauer aber variabel irgendwekhe persistenten Perioden existieren offenbar nieht oder ihr Anteil an der gesamten Varianz ist vernachmiddot liissigbar gering Wahrend die Gletscherstande der Zeit 1930-60 offenbar nahezu identisch sind mit denen frOherer Warmphasen l diese A ussage ist etwas unsieher) liegen die Moranen der GletschervorstoBe urn 1820 und urn 1855 fast genau auf denen frtiherer Gletscherhochstande (PATZELT) Die letzte Kaltphase kann uns also als Modell fUr aIle frOhemiddot ren seit dem RUckzug der grofben Inlandeise dienen ihre Bezeiehnung als Kleine Eiszeit ist allerdings bewufbt Ubermiddot trieben Ihr Beginn ist nieht eindeutig festlegbar schon urn 1160 urn 1320 und urn 1430 kam es zu kUrzeren aber marmiddot kanten GletschervorstoBen in den AJpen und fUr die beimiddot den 1etztgenannten Termine liegen viele Nachriehten Uber ganz ungewohnhche Klimaanomalien vor (LAMB von RUDLOFF) Von langerer Dauer war die Klimaverschlechmiddot terung ab 1560 die in ZUrich einen Rtickgang der Wintermiddot temperaturen urn 2degC brachte wahrend bei Kopenhagen das ganze Jahr Uber Winde aus SUdost und Ost - als Anzeimiddot chen blockierender Antizyklonen vorherrschten Die Witshyterungsabliiufe ahneln sehr denen die wir heute in Einzelmiddot jahren mit strengen Wintern (1939-42 19467 19623) erleben haufig blockierende Antizyklonen Wetter1agen mit anhaltend starker meridionaler Komponente - unmiddot gewohnlich kalt aber auch ungewohnlich warm haufige Dtirremiddot und Niisseperioden schneereiche und bis tief in das Frtihjahr anhaltende Winter mit nachfolgenden MiBernmiddot ten

FUr die Beurteilung der Klimabedingungen jener Zeit sind nieht nur die Gletscher der Hochgebirge sondern vor aHem die Under nahe der Polargrenze des besiedelten Landes wesentlich Island Sehottland die Faroer und Skandinamiddot vien Die Nachriehten vom Verhalten des arktischen Treibmiddot eises - mit seiner entscheidenden Rolle fiir Albedo und Wdrmehaushalt haufen sieh jetzt Island viele Jahre hinmiddot durch 6-9 Monate lang von Treibeis blockiert massive Eismiddot vorstoBe nach den Faroern (mit Wassertemperaturen 3_4degC unter den heutigen) und selbst nach Norwegen (wo die Fischerei jahrelang fast ohne Ertrag blieb) Rtickgang der Vegetationsgrenzen und schwere Nahrungskrisen in Schottmiddot land Besonders eindrucksvoHe Beispiele aus der Zeit 1755shy1790 schildert die durch genaue meteorologische und landwirtschaftliehe Daten ausgezeiehnete Arbeit von PFISTER aus dem Kanton Bern auf die weltweite Zusammiddot menschau von H LAMB (VoL II) sei nochmals hingemiddot wiesen

Eine voriaufige Zusammenstellung der jahrlichen Getreishydepreise in der Zeit von 1500-1860 gibt Abbildung 6 die aus den fast vollstandigen Reihen von 5 deutschen Stlidten

18

gemittel t wurde von einem langjiihrigen Trend abgesehen zeigt sie zahlreiche meist gruppenweise auftretenden Jahre mit Preisanstiegen urn das dreimiddot bis sechsfache Das absomiddot lute Maximum (bis 1950) waren die weitweiten Hunger jahre J81617 nach dem Vulkanausbruch des Tambora 1815

1m Gebiet der mediterranen Winterregen existieren widershyspruchsvolle Nachrichten einmal stimmen die kiiltesten Abschnitte (genannt seien die Zeiten urn 1570 1630 vor aHem 1680-1700 nach 1770 1816 f 1845 t) mit Feuchtjahren Uberein einmal mit Diirren Das gilt fUr Algemiddot rien die Seen Mittelitaliens ebenso wie fur das Tote Meer und das Kaspische Meer aber auch (nach Sh NICHOLSON) fUr die Sahelzone Systematische Studien Uber die Telekonmiddot nektionen der Niederschliige im Mittelmeergebiet brinmiddot gen die Lasung (HELBIG) die Maxima der mediterranen Winterregen konzentrieren sieh im Bereich quasistationarer Hahentroge und negative KorreIationen g1eichzeitiger Werte mit Abstanden von 700-1000 km ( = halbe Rossbymiddot Wellenlange) sind haufig Daher ist es hier sinnlos eine ganmiddot _ ze Klimazone zusammenzufassen die Abhangigkeit der KlimamiddotAnomalien von der Lange ist mindestens ebenso groB wie die von der Breite Die regionale Verteilung der entmiddot gegengesetzten Witterungsanomalien wird beherrscht von der jeweils quasistationaren Lage des bloekierenden Hoch C

zentrums und der begleitenden Hohentroge bzw Kaltluftmiddot tropfen - das kennt jeder erfahrene Synoptiker und das ist auch das zentrale Problem jeder iangfristigen Vorhermiddot sage Auch in Nordamerika hangen die kalten Zeitabschnitmiddot te dieser Periode mit bloekierenden Antizyklonen zusammiddot men wie die Auswertung von Baumringen (FRITTS) geshyzeigt haben

Was ist nun die Ursache des Vorherrschens meridionaler Zirkulationstypen in dieser Klimaphase was die Ursache dominierender zonaler Zirkulationstypen mit polwarts vermiddot schobenen subtropischen Hochzellen in den Warmphasen Beim VergIeieh etwa der Abschnitte 1815-1855 (nochshymals urn 1890) und 1930-1960 fall t sofort die verschiemiddot dene Lage der arktischen Treibeisgrenze im Atlantik auf im Raume urn Island-Norwegen handelt es sich urn Vermiddot schiebungen von der GroBenordnung 1500 km Was aber verursachte diese Ausweitung des arktischen Treibeises die maximal 2 Mill km2 erreicht haben dtirfte

Auf diese Frage existieren zZ zwei Antworten von demiddot nen wenigstens eine geophysikaJiseh einwandfrei begrtinshydet ist Sie bezieht sich auf eine von LAMB zusammengemiddot faBte Statistik von VulkanausbrUchen (s Abschn 32) bei der in der Tat ein Zusammenhang zwischen den Hohemiddot punkten der kleinen Eiszeit und besonders schweren Vulmiddot kaneruptionen (oder Gruppen) auffall 1 Andererseits hat EDDY darauf hingewiesen daB die auffallige lange Periode geringster SonnenaktivWit der Zeit 1643 -1710 mit ihrem Maximalstadium tibereinstimmt - dieser Zusammenhang ist jedoch bisher physikalisch noch ganz ungek1art und muB daher offen bleiben Wegen der Unvorhersagbarkeit beimiddot der Ursachen kann das erneute Auftreten einer solchen Kaltphase in den nachsten 50-100 J ahren weder bejaht noeh ausgeschlossen werden auch eine statistische Aussage tiber die Wahrscheinlichkeit bleibt unsicher da zahlenmaBige Unterlagen in beiden Fallen nur wenige Jahrshyhunderte umfassen und subjektive Beurteilungen nieht ausmiddot schlieBen konnen Sofern sich aber die glob ale Erwiirmung

(etwa ab 2000) durchsetzt werden Wahrscheinlichkeit und AusmaB einer Wiederholung der Kaltphase sHindig zurUckmiddot gehen

72 Ubergang zu einer Eiszeit

Keine Frage wird dem KJimatologen Ofter von Repormiddot tern gestellt als die nach der nachten Eiszeit Umso merkmiddot wUrdiger ist die geringe Rolle die der mogliche obergang vom heutigen (interglazialen) zu einem glazialen Klima in der wissenschaftlichen Literatur spielt Das mag zwei Grtinde haben Geologen und andere an der Klimageschichmiddot te interessierte Wissenschaftler wagen sich nicht (mit einimiddot gem Recht) auf ein ihnen fremdes Feld und die meisten Meteorologen halten dieses Problem fUr ebenso unwissenmiddot schaftlich wie das der Sintflut Diese Einstellung ist aber heute nieht mehr gerechtfertigt nachdem in einer Reihe von Fallen einwandfrei abrupte Klimaiinderungen mit einer in humanen MaBstaben ganz kurzen Zeitmiddot skala nachgewiesen wurden die samtlich aus den Interglamiddot zialen oder den - hier nieht interessierenden - tJbermiddot gangsstadien zwischen Glazial und Interglazial stammen Einwandfreie Belege beruhen entweder auf Untersuchunmiddot gen an fossilen Mooren mit Jahresschichten (Varven)

fln Seen mit hoher Sedimentationsrate oder von Baummiddot ringen Aus Raumgrtinden ist es nieht moglich auf einzelmiddot

ne Befunde einzugehen (FLOHN 1974 1978) Einer der besten stammt aus der Liineburger Heide (H MOLLER 1974 1978) wo vor tiber 300 000 Jahren ein Wald der einem etwas warmeren Klima als heute entsprach binnen 30 Jahren () verschwand urn nach einer Pause - die Zeit reicht nicht aus urn eine arktische Tundra hervorzubrinmiddot gen durch subarktischen Birkenwald ersetzt zu werden darauf folgte in 300-400 Jahren eine Sequenz von Waldo typen wie man sie heute auf einer Bahnfahrt von Narvik (68deg N) nach Siidschweden sehen kann Dauert die Reakmiddot tion eines Waldes auf eine Klimaanderung sieher Jahrzehnte oder Jahrhunderte so gibt es schnell ere Indikatoren In Mittelengland wurde nach Ende der letzten Eiszeit eine subarktische Kaferfauna in etwa 50 Jahren durch eine warmmiddotgemaBigte Fauna ersetzt aquivalent einer Erhohung der JulimiddotTemperatur urn 8-9degC (COOPE 1977)

Das sind nur zwei niichterne Befunde gewonnen mit neumiddot zeitlichen Arbeitsmethoden die in ihrer Gesamtheit nicht

~ehr anzweifelbar sind die wenigen Klimahistoriker memiddot teorologischer Herkunft haben sich inzwischen von der Bedeutung dieser Zeit skala abrupter KJimaanderungen laquo 100 Jahre) tiberzeugen lassen Mogliche U rsachen fUr die (haufigeren) rapiden Abklihlungen sind schon in den Abschnitten 2 und 7 erortert worden fUr Erwarmungen stehen sie noch aus In jtingster Zeit ist auch kIar geworden daB solche Ereignisse sieh nicht notwendig synchron aus wirken sondern wegen der nur allmahlichen Verlage rung barokliner Frontalzonen im Ozean oder dem regional verschieden raschen Ablauf der kontinentalen Vereisunshygen - diachron dh mit erheblichen Zeitunterschieden in der Horizontalen Das bedeutet auch eine Grenze fUr die Vorstellung eines fast-intransitiven Klimas im Sinne von ELORENZ

Nehmen wir die Moglichkeit einer abrupten Abklihlung dieser Zeitskala als gegeben an wie und wo konnte sie sieh abspielen Zweifellos kann eine kontinentale Gletshyscherbildung nur mit einem wiederholten Uberdauern

der Winterschneedecke tiber den Sommer hin beginnen in den kritischen Gebieten der Subarktis - so die 750000 km2 groBe Baffin-Insel mit ihren Hochplateaus Labrador auch Lappland und die norwegischen Gebirge - schmilzt auch heute die meterdicke Schneedecke erst Anfang oder Mitte Juni endgilltig ab urn sieh Ende August oder im Sepshytember neu zu bilden Hierzu gemigt in Baffinland ein Absinken der Sommertemperaturen urn nur etwa 2dege wahrend in den anderen Gebieten 4-6degC notwendig wamiddot ren oder zugleieh eine massive Zunahme der Schneenieshyderschlage Die kritische Stellung Baffinlands erhellt auch daraus daB in der kIeinen Eiszeit - nach Ausweis von FlechtenUntersuchungen die heute insgesamt 37 000 km 2 einnehmenden Plateau-Eisfelder sich auf 140000 km2 vergroBert hatten (IVES) entsprechende Untersumiddot chungen in Fennoskandien stehen noch aus

Eine Modelluntersuchung (ANDREWS - MAHAFFY) ftir Baffinland hat in zwei Experimenten gezeigt wie sich eine urn einen Faktor 3 erhohte Sehneebilanz in einer langsashymen Zunahme von Flache und Volumen einer Eisdecke auswirkt langsamer als die Beobachtungen des eusta tishyschen Sinkens des Meeresspiegels in den interglazialen Kaltmiddot phasen anzeigen Aber in diesem Modell ist die machtvolle Rtickkopplung zwischen Schneedecke Albedo und Tempeshyratur nieht voll und zu spat in Reehnung gestellt worden Jedenfalls ist es hochst unwahrscheinlich daB in den nachsten 100 Jahren nachdem zuerst eine Kaltphase im obigen Sinne eintrat dieser ProzeB sich tiber die unmittdshybare Umgebung hinaus weltweit auswirken konnte Hiermiddot gegen sprechen aueh die langperiodischen Effektr der Erdmiddot bahneIemente deren nachstes Minimum (kiihle Sommer in der Arktis kalte Winter zugleieh in der Antarktis) erst in rund 10 000 Jahren fallig ist (BERGER)

Bei dieser Sachlage ist hOchstens - bei einer Kombination mehrerer ungtinstiger Voraussetzungen etwa dem Zusamshymentreffen mehrerer sehr schwerer Vulkaneruptionen von der Intensitat des Tambora (1815) oder wenigstens Krakatau (1883) innerhalb der jetzigen Phase relativ ausgedehnten polaren Treibeises vor Wirksamwerden der erwarteten anthropogenen Erwarmung mit einer abortiven Vershygletscherung zu rechnen die nieht zu einer vollen Eiszeit auswachsen wUrde In unserer humanen Zeitskala ware das aber schon schlimm genug Serien von Jahren mit sehr kaIten Wintern kiihlen und nassen Sommern schwere MiBshyernten in weiten Teilen der gemaBigten Zone zeitweise auch in den Tropen die sieher nieht ausgeglichen werden konnen durch Feuchtejahre in Teilgebieten von Nordafrika und dem Nahen Osten Die Wahrscheinlichkeit hierfUr ist aber gering - sie betragt nach verschiedenen Kriterien tibereinstimmend zwischen 01 und 1 Prozent in den nachshysten 100 Jahren AuBerdem waren fUr diesen Fall gezielmiddot te GegenmaBnahmen denkbar die hier nieht volig utopishyscher Natur sind

8 Wahrscheinlichkeit und Risiken die Rolle der Energieshypolitik

Die Wahrscheinlichkeit einer globalen Warm phase ist nach allem was wir wissen erheblich groBer als die einer Kaltshyphase Die Schwierigkeit bei der Abschatzung liegt darin daB Entscheidungen und Entwicklungen auf politischer sozialer und 6konomischer Ebene hier eingreifen konnen

19

die vorherzusagen nicht nur dem Meteorologen schwer fallt Wenn wir diese einmal versuchsweise vernachHissigen dann dUrfte in den nachsten 100 Jahren die Wahrscheinmiddot Iichkeit fur das Auftreten einer Kaltpflase vom Typ der kleinen Eiszeit nieht mehr als hochstens 20k betragen (und naeh etwa 2000) weiter abnehmen) FUr das Auftreshyten einer Warmpllase im Sinne der Beispiele in den Abmiddot sdmitten 61 und 62 mUssen wir aber hohere WahrscheinshyIichkeiten ansetzen wenn auch erst nach der Jahrhundertmiddot wende danach steigen sie das ist die in vielen Diskusmiddot sionen erworbene Oberzeugung des Verfassers unter den hier und in Abschnitt 5 gegebenen Voraussetzungen auf Uber 50 an

1st ill diesem Faile aber eine Entwieklung zu einem eismiddot freien arktischen Ozean (Absehnitt 64) mit ihren fast unshyvorstellbaren Konsequenzen fUr Wasserversorgung und Ernahrung noch vermeidbar Damit libersehreiten wir die Grenze des Fachwissens des Meteorologen der sich nur allmiddot zu getne in den akademisehen Elfenbeinturm zurlickziemiddot hen moehte Aber die Dinge sind zu wichtig eine Wende auf Grund politischer Entscheidung auf internationaler Ebene ist noch moglieh aber dann und nur dann wenn das Dogma von der Notwendigkeit standig zunehmenden wirtschaftliehen Wachstums das bei begrenzten Vorshyraten (Resourcen) mit den Naturgesetzen unvereinbar ist shyzugunsten einer besseren Einsicht aufgegeben wird (GRUHl) Ebenso ist eine Stabilisierung des Bevolkerungsshywaehstums nOlwendig - ohne einen hoheren Lebensstanmiddot dard in den Entwicklungslandern ist das unrealisierbar

Gleichzeitig mu~ aber die Energiepolitik sich frei machen von dec sinnlosen Verschwendung fossiler EnergiequeIIen die in 400 Ma durch biologische Prozesse aus der Sonnenmiddot energie aufgebaut und gespeichert wurden (s a Beitrag JUNGE) Ein Obergang zu erneuerbaren Energiequellen (Sonne Wind Gezeiten - auch die kaum erschopfbare Geothermik) ist moglich erfordert aber eine Kombination neuartiger (und kostspieliger) Technologien wie sie etwa am International Institut for Applied Systems Analysis in Laxenburg bei Wien von einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von W HAFELE (frtiher Karlsruhe) entwiekelt werden Aueh die Kernenergie mul1 in diesen Rahmenshyjedenfalls fUr eine Obergangszeit - einbezogen werden Das mit ihr verbundene Risiko ist auf jeden Fall geringer als das Risiko einer Verlagerung aller Klimazonen Da ein Obergang zu neuen Technologien sieher tiber 30 wahrshyscheinlieh 50 Jahre benotigt drangt die Zeit Neue Priorimiddot taten mlissen gesetzt werden Es geht urn das Wohl der naehsten Generationen

Literaturauswahl

ANDREWS T1 MAHAFFY MAW Quaternary Research 6 (1976) S 167-183

AUGUSTSSON T RAMANATHAN V J atmos Sci 34(1977) S 448-451

BERGER AL Quaternary Research 9 (1978) S 139~-167

BJERKNES J Monthly Weather Review 97 (1969) S 163-172

BROWNLR Worldwatch Papers Washington DC 8 (I 976)

BRYSON RA MURRAY Th1 Climates of Hunger MadisonWis 1977

o

BUDD WF J Glaciol 14 (1975) S 3-21

BUDYKO MJ TeHus 21 (1969) S 611-619 29 (1977) S 193-204

CESS RD J atmos Sci 33 (1976) S 1831-1843

CHARNEY JG Quart J Roy Meteorol Soc 101 (1975) S 193-202

COOPEGR Phios Transact Roy Soc London 280 (1977) S 313 shy340

DANSGAARD W et al Quaternary Research 2 (1972) S 396-398

DOBERITZ R Ber d Deutschen Wetterd 112 (1968)

EDDYJA Science 192 (1976) S 1189-1202 198 (1977) S 824 829

FINK J KUKLA GJ Quaternary Research 7 (1977) S 363-37 L ~

FLOHN H III Bonner Meteorol Abhandl 15 (1971) 21 (1975) Quaternary ReseJrch 4 (1974) S 385-404 in print (1978)

FRENZEL B Die Klimaschwankungen des Eiszeitalters Braunschweig~ 1967 ErdwissForschungen 1(1968)

FRITTS HC Tree Rings and Climate London New York 1976

GABRIELB Berliner Geoge Abh 27 (1977)

GATES WL J atmos Sci 33 (1976) S 1844-1873

GRUHLH Ein Planet wird geplUndert Frankfurt aM 1978

HAFELE W SASSIN W Ann Rev Energy 2 (1977) S 1-30

HAHN J JUNGE ChL Z f Naturforsch 32a (1977) S 190-214

HASSELMANN K u Mitarb TeHus 28 (1976) S 473-485 29 (1977) S 289-305 385-392

HAYS JD IMBRIE J SHACKLETON N Science 194 (1976) S 1121-1132

HELBIGM Diplomarbeit Univ Bonn (1976)

HSO K et al Nature 242 (1973) S 240-244 267 (1977) S 399-403 Naturwissensch61 (1974)S137-142

HUGHES T Rev Geophys and Space Phys 13 (1975) S 502-526 15 (I977) S 1-46

HUMMEL J RECK RA General Motors Res Lab Publ 2607 (1978)

HUNT BG Monthly Weather Review 105 (1977) S 247-260

IVES JD et al Naturwissensch 62 (1975) S 118-125

KELLOGG WW WMOmiddotBull 26 (1977) S 229-240 27 (1978) S 3-10

KENNETTJP J geophys Res 82 (1977) S 3843-3860

KONDRATIEV G Ya NIKOLSKY GA Quart J Roy Meteorol Soc 96 (1970) S 509-522

l

KORFF HC FLOHN H Ann Meteorol N F 4 (1969) S 163-164

LAMBHH Climate Present Past and Future Vol I (1972) Vo Il (I 977) London Methuen

LORENZE J appl Meteorol 9 (1970) S 325-329

MAGEDEFRAU K Palaobiologie der Pflanzen 4 Aufl Stuttgart 1968

MANABE S BRYAN K Monthly Weather Review 97 (1969) S 739-827 J phys Oceanogr 5 (1975) S 3-29

MANABE S WETHERALD RT atmos Sci 24 (1967) S 241 ~-259 32 ( 1975) S 3-15

MASON BJ Promet 7 (1977) H 4 S 1-26

MASS Cl SCHNEIDER StH J atmos Sci 34 (1977) S 1995-2004

MAYKUT GA UNTERSTEINER N Jgeophys Res 76 (1971)S 1550-1575

MOLLERH Geologisches Jahrbuch 83 (1965) S 327-352 A 21 (1974) S 107-140 im Druck (1978)

NAMIAS J Short Period Climatic Variations 1934-1974 2 Vol F-- Univ of California 1975

NEWELL R et al Pure and appl Geophysics 116 (1978) S 351-371

NICHOLSON Sh Ph D Thesis Departm Meteor Univ Wisconsin (1976)

OLIVER RC J appl Meteorol 15 (1976) S 933--950

PACHUR HJ Die Erde 106 (1975) S 21-46

PATZELT G Coil Internal CN RS No 219 (1973) S 51-59

PFISTER Chr Beiheft 2 Jb Geogr Ges Bern (1975)

POLLOCK JP et al Jgeophys Res 81 (1976)S 1071 1083

RODEWALD M Dt Hydrogr Z 20 (1967) S 269 25 (1972) S 97-117

ROGNONP Rev Geogr Phys Geol Dynam 18 (1976) S 251-282

ROWNTREE PR Quart J Roy Meteorol Soc 98 (1972) S 290-321

RUDLOFF H v Die Schwankungen und Pendelungen des Klimas in Eushyropa Braunschweig 1967

SCHWARZBACH M Das Klima der Vorzeit 3 Aufl Stuttgart 1974

SHACKLETON NJ OPDYKE ND Quaternary Research 3 ( 1973) S 39-55

STROBING K Der Seewart 35 (1974) S 1-1436 (1975) S 28-29

TREMPEL U Diplomarbeit Univ Bonn (1978)

VOWINCKEL E ORVIG S World Survey of Climatology 14 (1970) S 129-252

WANG WC et al Science 194 (1976) S 685-690

WETHERALD RT MANABE S Monthly Weather Review 100 (1972) S 42-59 J atshymos Sci 32 (1975) S 2044-2059

YAMAMOTO R J Meteor Soc Japan 53 (1975) S 482-486

21

Page 11: :SBWU>t S9J9SUn ijun>tnz 9!a 9W91qOJd pun U9l>tB,:j · 2 Wechselwirkungen im klimatischen System . 2.1 Die Rolle des polaren Treibeises 2.2 Das El Nino-Phanomen . 2.3 Kontinentale

ihr Gehalt steigt zur Zeit urn 1-2 ppm pro Jahr an wobei die Ursache der interannuellen Anderungen wahrscheinlich in der thermischen Veranderlichkeit des Ozeans in Aquatorshynahe zu suchen ist (s Abschn 22) Nach dem heutigen Stand der Diskussion (Marz 1978) wird dieser Antell der Atmosphare in den nachsten 3 - 4 lahrzehnten etwa konmiddot stant bleiben dartiber Wnaus ist eine Abschatzung schwierig

Die klimatische Bedeutung des CO2 liegt darin daB es im langwelligen Infrarot bei Wellenliingen zwischen 12 und 15 pm eine breite Absorptionsbande besitzt Es laBt also die Sonnenstrahlung ungehindert durch absorbiert aber die von Erdoberflache und Wolken abgegebene Warmestrahlung mit ihrem Maximum bei 10 pm Das ist der sogenannte Glashauseffekt dieser Begriff ist physikalisch etwas scWef wei ein Glasfenster nicht nur fur infrarote Strahshylung sondern auch fur den turbulenten Warmeaustausch undurchllissig ist (was erst die Warmespeicherung im Glasshyhaus erkUirt) aber er laBt sich wegen seiner Anschaulichshykeit kaum mehr ausrotten Die klimatische Folge einer Zunahme des CO2 -Gehalts ist eine Erwarmung der Troposshyphare die nach oben abnimmt und in der Stratosphare

Abb 7 Temperaturanderung bei Verdoppeung des CO2 shy

Gehaites Modell MANABE-WETHERALD 1975

degC bull degC C02 Concentration (ppm) and Temperature 14

0 0 l I

4 u

8

6

4

2 Model Augustsson-

Ramanathan 1977

10

8

6

4

- 0 l I

u

2

400 800 1200 1600 2000 2400 2800 3200ppm

Abb8 Temperaturanderung (au8er Po1argebiet) mit zushynehmendem CO~ -Gehalt Skala links mit konshystanter Hahe (CT A) rechts mit konstanter Temshyperatur (CTT) der Wolkenobergrenze Modell AUGUSTSSON-RAMANATHAN 1977

in eine Abktih1ung libergeht Zahlreiche immer weiter verfeinerte Modelle haben diesen Effekt bestiitigt altere mtissen wegen unrealistischer Annahmen ausgeschaltet werden Der Betrag der Erwiirmung hangt von der Zunahmiddot me des Wasserdampfgehaltes (dessen Absorptionsbanden zT die des CO2 tiberdecken) mit steigender Temperamiddot tur und von der (nicht genau bekannten) Wechselwirkung

mit der Bewolkung ab Aber die besten Modelle (MAshyNABE-WETHERALD 1975 AUGUSTSSON-RAMANAmiddot THAN 1977) die den Wasserdampfeffekt mit berticksichshytigen (Abb 78) geben tiber einstimmend fUr eine Verdopshypelung des CO2 -Gehaltes (von 300 auf 600 ppm) eine mittlere Erwiirmung in Bodennahe urn 2--3degC an die im Poshylargebiet (wenn man die Rtickkopplung zwischen Rtickstrahshylung (Albedo) Schneedecke und Temperatur in Rechshynung stellt) auf 7-10degC anwachst Diese Erwarmung ershyfolgt anfangs nahezu linear bei weiter steigendem CO2 -

Gehalt etwas langsamer aber selbst bei einer Zunahme urn den Faktor 10 tritt noch keine Sattigung auf die Ershywarmung betragt dann schon auBerhalb der Polargebiete 8-12degC Eine CO2 -Zunahme auf das 5-lOfache ist nicht unrealistisch bei unkontrolliert steigendem Gebrauch fossimiddot ler Brennstoffe insbesondere bei einem erzwungenem Verzicht auf Kernenergie konnen soIche Werte durchaus erreicht werden wie aIle Modellrechnungen aus neuester Zeit libereinstimmend ergeben

Die Situation die von den ftihrenden Energiefachleuten J der Welt sehr ernst genommen wird verscharft sich noch durch den Befund daB einige andere von Menschen promiddot duzierten Spurengase ebenfalls im Infrarot absorbieren und zwar ausgerechnet in dem noch durchlassigen Fenshyster zwischen 75 und 12 pm Zu diesen Spurengasen ~ zlih1t nicht nur das Ozon (03) - auf dieses (mE etwas tibershyschatzte) Problem kann Wer nicht naher eingegangen wershyden - sondern auch Distickstoffoxid (N 20) Methan (CH4 ) die Frigene (C Ch F2 und C ChF) Schwefeldioxid (S02) Ammoniak (NH3) ua die aile in steigendem AusmaB vom Menschen erzeugt werden Am wichtigsten erscheint das N2 0 (HAHN und JUNGE) aIs ein Endprodukt der stickstoftbaltigen Dtingemittel deren Produktion in den letzten 15 Jahren jahrlich urn tiber 10 zugenommen hat ihnen verdanken wir in der Hauptsache daB die Nahmiddot rungsmittelproduktion bisher noch mit der Bev6lkerungsshyzunahme Schritt halten konnte Die Frigene (Chlorofluorshymethane) sind die Treibstoffe der Aerosolsprtihdosen und werden auch in Ktih1schranken verwertet ihre Jahresshyproduktion nahert sich 106 Tonnen und ihre Verweilzeit in der Atmosphare liegt infolge ihIer chemischen Tragheit bei 30-70 Jahren In Schweden und Oregon sind sie inzwishyschen verboten weitere Lander dlirften folgen

Aile diese Gase addieren sich - da ihre schmalen Absorp-~ tionsbanden sich nicht tiberlagern (WANG 1976) - zumiddot dem Glashauseffekt des CO2 eine konservative () ScMtmiddot zung ergibt eine Verstarkung des CO2-Effektes urn 50 Der Verbrauch fossilel Brennstoffe nimmt sicher nicht mehr lange exponentiell zu da als Foige der beginnenden Erschopfung der ErdOl- und Erdgaslager die Preise steigen werden Bei begrenzten Vorraten ergibt sich eine Zunahme des Verbrauchs nach einer logistischen Funktion ist ein Vorrat F (hier gleich 100 gesetzt) begrenzt dann kann man annehmen daB der Verbrauch sich (mit wachsenshydem Preis) proportional zu dem noch vorhandenen Vorrat I-F andert (c Konstante)

1 dF = c(l-F)

F dt

Daraus ergibt sich die logistische Funktion

rl = 1 + exp [ c (t to 5) ]

10

mit dem Zeitpunkt tos in dem 50 von F aufgebraucht ist fhr Verlauf ahnelt einem in die Breite verzerrten S (Sigshymoid) und wir nahern uns offenbar rasch dem Wendeshypunkt

Da die Intensitat des Glashauseffektes in erster Linie von der Zunahme des CO2 -Gehaltes abhangen wird kann man diese mit der der erwahnten Spurengase kombinieren es ergibt sich ein virtueller CO 2 -Gehalt Dann kann die K1imawirkung in Abhangigkeit vom realen CO2 -Gehalt ausshygedrtickt werden das erlaubt eine Abschiitzung der repriishysentativen Temperaturzunahme (mit Ausnahme der Polarshygebiete) als Funktion des COrGehalts bzw der Zeit Zu den Voraussetzungen gehort daU die CO2 -Wachstumsrashyte unteT Einbeziehung der Entwicklungsllinder mit ihrem Nachholbedarf nicht rasch sinken kann und da~ keine anshydere Energiepolitik das CO2 -Risiko ganz ausschalten wird Unter diesen Voraussetzungen lli~t sich abschatzen da~ eine Temperaturzunahme urn 1 5degC (entsprechend der warmsten Periode der Nacheiszeit vor rund 6000 Jahren) schon zwishyschen 2005 und 2015 eine solche urn 25degC (entsprechend dem warmsten Abschnitt der letzten Zwischeneiszeit s Abschn 6) schon in etwa 50 Jahren erreicht werden kann Die kritische Phase bei der bel einer Erwarmung urn 4degC

m6glicherweise das arktische Treibeis wegschmelzen wird konnte trotz verlangsamter Wachstumsrate zwischen

2040 und 2075 dh in weniger als 100 Jahren eintreten Die entsprechenden Schwellenwerte des realen CO2 -Geshyhalts Jiegen flir eine Erwarmung urn 1 5degC (25deg4deg) bei rund 450 (550 750) ppm mit einer Fehlerbreite von plusmn 10 15

43 Die Albedo und das WiistenprobIem

Eine der wichtigsten Gr6Uen im Warmehaushalt der Erdshyoberflache ist die Albedo der Erdoberfliiche AE der Antellmiddot der reflektierten Strahlung an der einfallenden Globalstrahshylung G der Summe aus der direkten Sonnenstrahlung und der diffus gestreuten Strahlung des Himmels und der Wolken Hiertiber berichten in diesem Heft BAUMGARTshyNER KIRCHNER und MAYER (S 32 ft) Die mittlere Alshybedo der Erdoberflache liegt (nach einer besonders grtindlishychen Auswertung von Landsat-Aufuahmen in mehreren Spekshytralbereichen durch HUMMEL und RECK) bei 14 plusmn 05 Proshy

~ zent Aus einem der besten Strahlungsmodelle (MANABE und WETHERALD 1967) ergibt sich bei einer Zunahme

der mittleren Albedo von 1 eine Abnahme der Gleichshygewichtstemperatur urn 13degC Fast immer flihrt die Umshywand lung bzw Zerstorung der urspriinglichen Vegetation zu einer Zunahme der Albedo dies ist offenbar der einshyzige wichtige Eingriff des Menschen der zu einer Abkiihshylung flihren kann Diese Prozesse erfassen zwar riesige Flachen (landwirtschaftliche Nutzflache und Weideland zusammen 38 der Kontinente) aber sie vollziehen sich langsam schon seit def neolithischen Revolution vor 5-7000 Jahren heute beschleunigen sie sich mit der Bevolkerungszunahme

Eine entscheidende Rolle spielen die Vorgange die a1s Desertiikation bezeichnet werden ein passendes Wort in deutscher Sprache hierfLir mOOte erst neu gebildet werden Die Vegetationszerstorung an den Randern der Sahara ist in der Tat alarmierend die UN-Konferenz tiber Desertishyfication (Nairobi 1977) hat sie der WeltOffentlichkeit

klar vor Augen geflihrt Oberall in den Tropengebieten auch in den semiarid en und semihumiden Gebieten mit einer mehrmonatigen Regenzeit geht die Vegetation in den Weidegebieten rasch zurtick In den Liindern des Maghreb (Tunesien Algerien Marokko) in Lybien und im Sudan liegen verla~liche Schatzungen vor im Mittel rUckt die Wtiste urn 1 2 km jahrlich VOL Das bedeutet allein bei der Sahara in jedem Jahr eine Zunahme urn tiber 20000 km2 bull Dies ist keinesfalls die Foige einer Klimaiinshyderung - das konnte in Tunesien in Rajasthan im Sahelshygtirtel einwandfrei nachgewiesen werden Es ist vielmehr das Resultat der vom Menschen veranlaf3ten tiber Jahrtausende fortgesetzten Eingriffe in die natiirlichen Haushalte erst die Vernichtung der Gro~tierherden und der Raubtiere dann die Nutzung der nattirlichen Savannen und Graslander als Weideland flir Rinder Kamele Schafe und Ziegen dazu das jahrlich wiederholte Abbrennen des Grases shyso wurden die TrockenwaIder in Dornsavannen umgewanshydelt - zuletzt die Oberstockung der Graslander mit wachshysender Bev61kerungsdichte In den Liindem der Sahel zone ist die Zahl des Weideviehs in den Jahren 1949 - 68 auf das Sechsfache vermehrt worden hier treten Feucht- und Dtirrejahre meist in Gruppen auf und die Dtirre 1969 - 73 hat sieh 1977 wiederholt Die gro~e natiirliche Verandershylichkeit der Regenfalle von Jahr zu Jahr fUhrt immer wieshyder zu einer Vermehrung des Weideviehs tiber das 6kologishysche Gleichgewicht hinaus das damit nachhaltig gestort wird Hierzu kommt noch die Nutzung der letzten Baume und Straucher als Feuerholz (s Abschn 41) Da~ hierdurch selbst in semihumiden Gebirgslandern wie im Hindukusch oder in Nepal eine vollige Waldzerstorung in Gang kommt ergibt der Augenschein schon bei fltichtigem Besuch

Eine Modellrechnung von CHARNEY (1975) hat nun gezeigt da~ in dem Wtistengiirtel der Erde wegen der hohen Albedo der Erdoberflache der extraterrestrische Strahlungshaushalt negativ wird da~ dieses Defizit durch advektive Warmezufuhr und Absinken der Luft ersetzt werden mu~ und da~ die Zunahme der Albedo durch VeshygetationszerstOrung dieses Absinken nur noch verstarkt Das flihrt zu einem weiteren Rtickgang der Niederschlashyge und zu verstarkter Wtistenbildung Sicher handelt es sich hier urn einen schwachen erst in langen Zeitraumen und tiber gro~n Gebieten wirksamen Prozess der die naturbedingte Trockenheit im Bereich der subtropischen Hochdruckzellen noch verstarkt andere Modellrechshynungen und Auswertungen von Satellitenbildern haben diese Oberlegungen bestatigt Sieher sind die gro~en Wtishysten der Erde nicht erst vom Menschen geschaffen worden aber ihre Intensivierung und Ausweitung ist ein Produkt menschlicher Eingriffe An mindestens drei Stellen (bei Jodhpur mit rund 270 mm Regen im Jahr bei KhartumshyOmdurman mit 160 mm und bei Nefta in Tunesien mit 70 mm) zeigen eingezaunte Gebiete daU die vor den Weideshytieren geschtitzte ursprtingliehe Vegetation eine v61lig andeshyre Albedo hat a1s die umgebende Wtiste Ein Effekt auf die Niederschlage lli~t sich aus den (erst nach 1900 einsetzenshyden) Messungen zwar nicht nachweisen wohl aber aus den historischen Nachrichten aus dem Wtistengiirtel aus den Berichten der frUhen Reisenden tiber die Dauer der Regenshyzeit tiber die Existenz von Brunnen und regelma~ig abkomshymend en Fltissen noch im frUhen Mittelalter sind arabische Reisende quer durch die Sahara mit Pferden gezogen (tiber historische Klimaschwankungen natiirlicher Herkunft s Abschn 6 und 8)

11

5 Das Problem der Klimavorhersage Stand und Aufgaben

51 M odeUrechnungen

Was konnen wir tiber die Zukunft unseres Klimas vorausshysagen Was wissen wir tiber die Ursachen der Klimaschwanshykungen der Vergangenheit Immerhin wachsen unsere empirischen Kenntnisse tiber die Klimageschichte rasch an und erfassen die letzten 10000 Jahre schon recht gut die letzten 700000 Jahre immerhin schon in den Grundmiddot zUgen die Umrisse der Geschichte der letzten 500 Millionen Jahre beginnen ebenfalls sichtbar zu werden (SCHWARZshyBACH) Eindeutige Zusammenhiinge mit den nattirlichen Ursachen sind bisher hochstens vereinzelt nachgewiesen eine Vorhersage dieser extremen Ursachen (Abschn 3) ist bisher unmoglich

Physikalisch-mathematische Klimamodelle sind bisher vielshyfach nur in der einfachsten Form (0- oder I-dimensional) erortert worden 2- oder 3-dimensionale ZirkulationsmoshydelIe der Atmosphiire gibt es in den verschiedensten Formiddot men Gemeinsam ist ihnen die Ableitung der Felder Wind Luftdruck Temperatur auf der Grundlage vorgegebener Randbedingungen so der Temperatur der Ozeanoberfliishyche der mittleren Bewolkung ua Damit sind aber die fUr das Klima entscheidenden Wechselwirkungen fest vorgegeshyben schon die Behandlung des jiihrlichen Ganges ist mit einem so1chen Ansatz unmoglich erst recht natlirlich die Vorhersage von interannuellen Anderungen oder Klimashyschwankungen Die Wechselwirkung Atmosphiire - Ozean ist bisher in nur einem stark idealisierten Modell (MANABE und BRYAN) einbezogen worden andere Modelle behanshydeln den Ozean als beyregungslosen Sumpf der Wiirme und Wasserdampf abgibt bzw aufnimmt Sieher sind diese Ansiitze vielversprechend sie Hefem immerhin ein ziemlich realistisches BUd der groBen Stromungssysteme der Atmosshyphiire der hydrologischen BUanz Niederschlag - Verdunshystung und der Energieumsetzungen innerhalb der Atmosshyphiire Aber schon eine Umsetzung der Zahlenwerte flir die Landoberfliiche in regionalen Klimatypen zeigt die UnvoIlkommenheit dieser Art von Modellen da erhalten Texas und Stidchina ein Wtistenklima oder in der Sahara fallen 1500 mm Niederschlag am Rande des Himalaya dashygegen weniger als 50 mm Natiirlich geben solche Fehler AnlaB zur Verbesserung der Modelle diese aber finden heute weniger inder Physik als vielmehr in der Leistungsshyfahigkeit der Computer und dem Aufwand an Rechenzeit ilire Grenze Auch wissen wir heute daB die meisten Moshydelle (wegen in ihnen enthaltenen mathematischen Niiheshyrungen) auch bei gleichen Anfangsbedingungen verschieshydene Ergebnisse Hefem Modellexperimente Iiefem daher keine Abbilder der Wirklichkeit sondem sind Testversushyche tiber die Sensitivitiit der Modelle selbst Der entscheishydende Einwand ist aber daB es bisher noch nieht gelungen ist die Summe der zeitabhangigen Vorgiinge in Ozean Eis und Atmosphiire und ihre wesentlichen Wechselwirkunshygen in ein Modell einzubauen Keiner der hervorragenden Modellbauer macht sieh lIlusionen tiber die Schwierigshykeiten im Detail eine befriedigende Losung wird wohl kaum vor 10 Jahren gefunden werden konnen und auch dieses Datum mag noch zu optimistisch sein

Andere Modelltypen sind vorgeschJagen worden statishystisch-dynamische Modelle die zeitabhiingige Parameter unter Verzicht auf Detail als Statistiken behandeln und

12

stochastische Modelle bei denen die wirksamen langfristishygen Prozesse im Ozean und im Eis von der kurzlebigen Atshymosphiire her angetrieben werden (HASSELMANN und Mitarbeiter )

Aile diese Versuche sind notwendig und nUtzlich soweit sie unsere Kenntnisse tiber die Wechselwirkungen im klimatimiddot schen System und ihre Auswirkung erweitem erst wenn wir diesen komplexen Wirkungsmechanismus voll versteshyhen konnen wir ihn so vereinfachen dafll wir ein gentigend realistisches und doch noch traktables Klimamodell aufshybauen konnen Ein entscheidender Test ist die Simulation des jiihrlichen Ganges (zB WETHERALD - MANABE 1972) diese jahreszeitliche Anderung der Zirkulation ist eher noch groBartiger als die starks ten Klimaschwankunshygen der Vergangenheit wie etwa eine Eiszeit ftir die GAshyTES (1976) ein Zirkulationsmodell mit gegebenen Randbemiddot dingungen entwickelt hat

S2 Zur Frage der Vorhersagbarkeit

Solange die Hauptursachen der Klimaschwankungen in der Vergangenheit - zuniichst jedenfalls als unvorshyhersagbar geJten mUssen bleibt eine ernstzunehmende Prognose etwa flir das Klima der Periode 2100-2150 AD unmoglich Das muB ganz nilchtem gesehen werden selbst ~ wenn die eben erorterten Schwierigkeiten beim Aufbau eines geeigneten Modells voll befriedigend gelost werden konnen Aber ein Ausweg ist moglich der immerhin eine bedingte Vorhersage - in der Literatur als Vorhersage zweiter Art bezeichnet ermoglicht Setzen wir eillshymal voraus daB die unvorhersagbaren Prozesse so weltershylaufen wie in den letzten (rund) 5000 Jahren - genauer seit dem Verschwinden der letzten Reste der kontinentalen Inlandeisdome auf Labrador Dann konnen wir mit Modellshyrechnungen untersuchen wie dieses klimatische System auf Anderungen der Randbedingungen - zB auf eine Anderung des CO2 -Gehalts des Aerosolgehalts der unteren Troposphare oder der Stratosphiire (Vulkane) der Oberfliishychenalbedo - reagiert Solange kein wirklich komprehenshysives aile Untersysteme mitumfassendes Modell des klimashytischen Systems existiert sollte das in sorgfaltig geplanten Parallelversuchen mi t den heute verfUgbaren Modellen bzw den noch verbesserten Versionen durchgefilhrt werden

Parallel hierzu muB aber ein vertieftes Studium charakshyteristischer Stadien der Klimate der Vergangenheit treten ~ das Iiegt auch im Interesse der Modellbauer Es gibt nur eine Mogliehkei1 die Eignung eines Modells zur Klimavormiddot hersage zu erproben die Simulation der Klimate der Vershygangenheit und ihrer zeitlichen Entwicklung Aber auch unabhiingig davon geben uns diese Paliioklimate Hinweise darauf wie das Klima unserer Erde auch aussehen konnshyteo Denn hier versagt offenbar - jedenfalls gilt dies ftir die Mehrzahl der Meteorologen unser Vorstellungsshyvermogen nur so ist das (fast irrationale) Festhalten an der Oberzeugung von der Konstanz unseres Klimas zu erkliiren trotz all unserer Erfahrung mit extremen Wetterlagen

Stellen wir nur die in der Vergangenheit wirksamen Klimashyfaktoren in Rechnung dann mtissen wir uns fragen wie sah das Klima aus als unsere AlpengJetscher den vielerorts im Gelande noch siehtbaren Hochststand (mehrfach in def Zeit zwischen 1610 und 1855) erreicht hatten Das war die kleine Eiszeit (s Abschn 7) sieher mtiBte def Obershy

gang zu der nachsten Eiszeit von einem solchen Stadium ausgehen und wir mtissen die Frage nach der Natur dieses Obergangs erortern Stellen wir im Gegensatz hierzu die anthropogenen Faktoren in den Vordergrund die offenmiddot bar in ihrer Gesamtheit zu einer globalen Erwarmung flihren (s Absdm 41 42) dann kbnnen wir die Warmmiddot phasen der Vorzeitklimate untersuchen und als Beispiel fUr die in Zukunft zu erwartenden Zustande nehmen NatUrJich mtissen wir uns auch die Frage stellen kann sich das Klima der Vergangenheit wiederholen oder haben sich die Randbedingungen inzwischen geandert Nachdem wir heute wissen daf~ es in jtingerer Vergangenheit nicht eine oder vier sondern mindestens 17 Eiszeiten und ebensoviele Warmzeiten g10balen AusmaBes in 18 Milliomiddot nen lahren gegeben hat (FINK und KUKLA) stellt sich dieses Problem in aller Scharfe Auch die Geschichte des Menschen wiederholt sich nie aufvbllig g1eiche Art

Solange wir also keine physikalisch einwandfreien genUmiddot gend realistischen Klimamodelle zur Verftigung haben mUsmiddot sen wir uns mit dem Vergleich vergangener Zustande aber mit aller gebotener Kritik und Vorsicht behelfen Diese Art der Darstellung moglicher aber keinesfalls gesimiddot cherter Zustande bezeichnet man (in der sehr umfang reichen Literatur Uber Zukunftsfragen) als Szenarium als Drehbuch fUr einen Film Das ist eine auBerst unglUckmiddot liche Bezeichnung unsere Darstellung entspringt niemals allein schbpferischer Phantasie sondern beruht ausschlieBmiddot Hch auf den kritisch durchgeprUften Grabungsergebnissen der Vergangenheit alles was frliher schon einmal gesche hen ist kann wieder geschehen sofern die g1eichen Randmiddot bedingungen gegeben sind HierfUr geben uns die vorliemiddot genden Modelle wertvolle Hinweise Andererseits mUsmiddot sen wir stets die natiirlichen Schwankungen des Klimas (mit einer GroBenordnung von plusmn 06degC fUr die g10bale Mitteltemperatur gegeben fUr einen zB IOOjahrigen Mitmiddot telwert) mit in Rechnung stellen sie addieren sich zu den anthropogen verursachten Schwankungen ledem mit der Klimavergangenheit nicht vertrauten Leser sollte das Studium des groBen zweibandigen Werkes Climates Past Present and Future von H LAMB dringend empfoh len werden

FUr den folgenden Abschnitt 6 die Erorterung globaler Warmphasen als Beispiele [iir m6gliche Klimazustiinde unter anthropogenem Einftuj3 mUssen wir folgende einmiddot schrankende Voraussetzungen machen (s Abschn 23 und 3)

a) Konstanz der Solarkonstanten (innerhalb der heutigen MeBgenauigke it)

b) keine Haufung starkerer VulkanausbrUche c) kein groBskaliger Ausbruch des WestantarktismiddotEises d) keine Anderung der mittleren Bewolkung

Die letzte Einschrankung bezieht sich auf unsere mangelmiddot haften Kenntnisse tiber die Rolle der BewOlkung im Strahmiddot lungshaushalt Zweifellos ware schon eine geringe Zunahmiddot me der Bewolkung (zZ nach Bodenbeobachtungen ca 52 nach Satellitendaten ca 30 beides mit sysmiddot tematischen gegeneinander wirkenden Fehlern behaftet) fUr den Warmehaushalt von entscheidender Bedeutung Doeh ist das unwahrscheinlich (CESS) der gro~te Teil der Wolken entsteht in aufsteigenden Luftstromungen und lost sich bei Absinken auf bleibt also als Foige des Kontinuitiitssatzes etwa erhalten Die stabilen Inversionen

aber dUrften bei einer CO2 middotZunahme wegen der waehsenden LabiliHit der Schichtung eher abnehmen

6 Warmphasen in der Klimageschichte

61 Friihmittelalterliche Wiinneperiode

Da eine Riickkehr zu einer rein naturbedingten Klimaentmiddot wicklung ebenso unmoglich ist wie eine RUckkehr zu den Lebensbedingungen der lungsteinzeit fUr eine Erdbevolkemiddot rung von Uber 4 Milliarden miissen wir mit einer g10balen Erwarmung rechnen Dem widerspricht die Abklihlung der Periode 1945-72 in mittleren und hohen Breiten der Nordhalbkugel nur scheinbar in niedrigen Breiten blieben die Temparaturen fast konstant in gemaBigten Breiten der SUdhalbkugel und am Rande der Antarktis sind sie sogar leicht angestiegen Einer CO2 middotZunahme von 12-13 entspricht eihe g10bale Temperaturzunahme urn a2degC dies liegt noch ganz im Bereich des statistischen Rauschens dh der interannuellen Variabilitat Die bemiddot obachtete AbkUhlung kann offenbar mindestens teilweise auf die seit 1955 wieder auflebende Vulkantatigkeit (nach einer Pause 1912-1948) zuruckgefUhrt werden Das Argumiddot ment daB ohne die inzwischen erfolgte CO2 middotZunahme die AbkUhlung entspreehend starker gewesen ware la~t sich weder beweisen noch widerlegen es steht jedenfalls im Einklang mit den zuveriassigsten Strahlungsmodellen Wir betrachten also zunachst als Beispiel fUr eine kUnftimiddot ge Klimaentwicklung - einige Warmphasen aus der Klimamiddot geschichte ohne daB ruer auf die Art der Quellen und ihre Kritik eingegangen werden kann (vgl die Monogramiddot pruen von SCHWARZBACH und LAMB)

Die erste wichtige Warmphase ist das frUhe Mittelalter etwa die Periode 900 - 1050 un serer Zeitrechnung Sie ist zwar in Mitteleuropa durch historische Daten wenig bemiddot legt das umfangreiche Werk von H LAMB enthalt eine Zusammenstellung aller erreichbarer Daten die inzwischen fortlaufend erganzt werden In dieser Zeit scheinen sich (die vorsichtige Ausdrucksweise ist wegen der noch allmiddot zuoft unkri tischen Auswertung historischer Quellen notmiddot wendig) in weiten Teilen Europas warme Sommer und DUrreperioden zu haufen Die wichtigsten Befunde ergeben sich ausder Siedlungsgescruchte der Wikinger in Island und Gronland mit ihren klihnen Vorstoampn nach Labrador und Neufundland Diese Auswanderer (aus politischen GrUnden) trafen ab 874 Island zu etwa 60 bewaldet an sie trieben dort nicht nur Schafzucht sondern auch Getreidebau (wie Ubrigens damals in Norwegen bis zum 65 Breitengrad) Sie Uberquerten die DanemarkstraBe an der schmalsten Stelle ohne den heutigen TreibeisgUrtel anzutreffen und errichteten Siedlungen in Siidmiddot und Westgronland die FriedhOfe dieser Siedlungen liegen heute im Dauermiddot frostboden War der OstgronlandstrOin damals in 65degN eisfrei dann muB das bei dessen hoher Geschwindigkeit Om Vergleich zur Abschmelzzeit der Eisschollen) fUr seimiddot ne gesamte Lange zutreffen die arktische Treibeisgrenze lag also damals an der Nordkiiste Grbnlands dh in 80-shy

o8I N Breite Erst urn 1330 liegt ein zeitgenbssischer Bemiddot richt vor daB das vorgeriickte Eis zur Aufgabe dieses Scruffmiddot fahrtsweges gefiihrt hat zugleich verschlechterten sich die Klimabedingungen in Gronland und Island wo der Getreimiddot debau aufgegeben werden muBte Archaologische For schung hat zeigen konnen daB urn 1000 die Eskimos den ganzen arktischen Arcrupel Kanadas besiedelt hatmiddot

13

ten ebenso die Neusibirisehen Inseln In diesen heute mensehenleeren Einoden lebten sie von Walfang ~ dieshyser setzt offenes Wasser im Sommer voraus Die gleiche Klimaversehlechterung zwang sie ZUIll Ausweichen nach Sliden und ZusammenstoJ)e mit den durch Hunger und Seuchen dezimierten norwegisehen Siedlern in StidgrOn land filhrten zu deren Verniehtung

Die Waldgesehichte Kanadas und Europas die Gletschershygesehichte der Alpen beJegen um J 000 eine Erwarmung lim etwa 1deg( das Kaspische Meer erreichte einen seiner tiefsten Stande bel ~3~ m dh niedriger als heute wo viel Wasser zu Bewaserungszwecken verwendet wird Der Nordteil der Sahara war feuehter als heute arabische Reishysende beriehteten sogar aus dem heute trockensten Geshybiet (Kufra) von einer gerade erst aufgegebenen Rindershyzucht man wird die Niederschlage damals doch auf 150-~00 mmiJahr schatzen mussen gegeniiber 3~5 mm heute Aber aus dem Mittelmeerraum wird von einzelnen uberaus kalten Wintern berichtet ebenso hatten China und Japan warme Sommer aber auch strenge Winter in denen die gro~en F1u~-Seen am Jangtsekiang zufroren 1m mittleren Westen der USA herrschten giinstige Bedinshygungen fur Ackerbau Jagd und sogar stadtische Kuhur wah rend urn 1200 Serien von Durren zur Aufgabe von Gebieten zwangen Da~ diese Dtirreperiode hier im heutishygen Maisanbaugtirtel 200 Jahre anhielt (Bryson und Murshyray) mu~ besonders beachtet werden Der mittlere Westen Nordamerikas ist zZ das einzige Gebiet mit Getreidetibershyschuf~ wahrend viele andere Lander von Importen dh von der Hand in den Mund Jeben

Eine Zusammenschau dieser (und anderer) Daten fUhrt zu der Vorstellung (LAMB) da~ wie in den hei6esten Somshymem der Periode 1931-60 die Zyklonenzugbahnen der Westdrift durch quasi-stationare Hochdruckgebiete urn 300~500 km nach N verlagert waren Auch im Winter ergab sich eine iihnliche Situation die aber mit blockierenshyden Hochs zu hiiufigen Kaiteperioden ftihrte Wahrend im Eis Gronlands bereits eine vortibergehende Abktihlung urn 1160 eintrat die auch von Schweizer Gletschern beJegt ist war die nachste Kaltewelle mit dem Hohepunkt urn 1320 noch nachhaitiger wirksam alle Warmphasen seit dieser Zeit haben nieht die Andauer und Intensitat derjeshynigen urn die Jahrtausendwende erreicht Ftir sie kann ein Anstieg der reprasentativen Temperaturen urn etwa 1degC angesetzt werden die in der Arktis vermutlich 2-3degC erreicht haben diirfte Von der Sudhalbkugel Jiegen kaum Daten vor au~er einer Trockenperiode in Neuseeland zur Zeit der Maori-Einwanderung

62 Die holozane Warmeperiode vor 6000 (bzw 4000) Jabren

Nach dem Hohepunkt der letzten Eiszeit (18000 vh = vor heute) dauerte der Eisrtickzug in den beiden Nord-Kontishynenten verschieden lang das Skandinavische Inlandeis verschwand endgilltig kurz vor 8000 vh wiihrend zugleich das Laurentische Eis Nordamerikas noch die Hudsonshybucht mit allen Nachbarliindern bedeckte mit noch etwa 50 Prozent seiner urspriinglichen Flache Nach einem katashystrophalen Einbruch des Meeres in die Hudsonbucht vershyschwand das Eis im Westen relativ rasch in Labrador anshyscheinend erst urn 4500 vh wah rend in Baffinland ausgeshydehnte Plateaugletscher bis heute tiberlebten Das ftihrte

14

in der Zeit 8000-4500 vh zu einer permanenten Anomashylie der Zirkulation von Atmosphare und Ozean tiber Euroshypa zu einer zusatzlichen advektiven Erwarmung mit einem ersten Hohepunkt urn 6000 vh einem zweiten ab etwa 4500 vh nach einer kurzen intensiven Abktihlung urn 4800 vh wahrend das ostliche und zentrale Nordamerika noch relativ ktihl blieb Offenbar lagen auch Alaska und das westliche Nordamerika unter dem Einfiu~ eines warmen Hochdruckrtickens langs 1000W dehnte sich der boreale Wald etwa 300 km weiter nach N aus als heute ja vor 4800 vh sogar bis zur Banks-Insel (74degN) Ahnliche Beshyfunde Iiegen von Nordnorwegen und der westsibirischen Taiga vor die eine Erwarmung urn 2 bis 3degC andeuten im globalen Mittel ergibt sich eine Erwarmung urn etwa I 5degC In der inneren Arktis waren selbst die Nordktisten von Spitzbergen Gronland und Ellesmere-Land im Somshymer eisfrei wahrend der Kernbereich des arktischen Treibshyeises zwischen N ordkanada und Ostsibirien sieher erhalten blieb

Die Vegetationsgeschichte von Eurasien (FRENZEL) zeigt diese Warmphase klar Werbei darf man nlcht vergesshysen daB die Einwanderung von Waldbaumen erheblich Ianshygere Zeit benotigt als die daftir verantwortliche Klimaiindeshyrung Von besonderer Bedeutung ist dabei in Ostsibirien a offenbar auch in Kanada und Alaska ein Rtickzug des Dauerfrostbodens urn mehrere 100 km nach Norden in den Gebirgen rtickte die Waldgrenze tiberaIl urn 100-150 m aufwarts In den Alpen lli~t sich das mit vielen Einzelheiten belegen (pATZELT) aber im Gegensatz zur Subarktis kam es hier in der Periode zwischen 8000 vh und 800 vh zu mindestens vier Warmeperioden und zwischengeschalteshyten Kaltphasen mit Gletschervorstii~n von jeweils fast gleieher Intensitat Ftir die TemperaturverhaItnisse der Ozeane sind nur wenige Angaben vorhanden - die zeitshyliche Aufiosung der Ozeanbohrkerne liegt meist bei 3-5000 Jahren als Folge der geringen Sedimentationsrate und der biogenen Durchwtihlung des Meeresbodens Nur fUr den Kuroshio zwischen Taiwan und der japanischen Stidktiste wird eine Erwarmung urn 6degC angegeben

Die auffaIligste Erscheinung ist eine verbreitete Zunahme der Niederschliige mit nur zwei sicheren Ausnahmen In Westsibirien sowie im Mittelwesten der USA (Wisconshysin - Illinois) weitete sich das trockene Grasland nach N bzw E hin aus Oberall sonst besonders auWillig 1m Trok- ~ kengtirtel der Alten Welt von Mauretanien (l7degW) bis nach Rajasthan (77degE) herrschte ein feuchteres Klima als heute in der Sahara ist es an mehr als 30 fossilen Seen und Fltisshysen einwandfrei belegt eben so in der Danakilwtiste in der arabischen Wtiste aber auch im SW Nordamerikas im ostafrikanischen Graben und in weiten Teilen Australiens Zwei Gebiete sind besonders gut belegt in Rajasthan (BRYSON) schwankte die Regenmenge zwischen 400-600 mm (zeitweise fiber 800 mm) von etwa 10500 vh bis rund 3700 vh gegeniiber rund 250 mm heute und der Tschadshysee heute ein naches von Diinen durchsetztes Seebecken von maximal 23000 km2 dehnte sich zweimal (urn 8500 und urn 5800 vh) auf tiber 320000 km2 aus (MALEY) mit einem Spiegel tiber 40 m hoher als heutc und einer maximamiddot len Tiefe von etwa 200 m Das zentrale Trockengebiet zwischen Kufra und Tibesti heute mit weniger als 5 mml Jabr war zT von dauernd flie~nden Fltissen durchzogen Das Grasland wurde genutzt von offenbar zahlreichen rinderztichtenden Nomaden und die jahrlichen Niedershy

schlage werden auf 200-400 mm geschatzt (PACHUR GABRIEL) im Tibestigebirge (heute 100 mm) auf tiber 800 mm Besonders auffallig ist da~ in dieser Feuchteperiode sowohl die Nord- wie die Stidflanke der Sahara starker tiberregnet wurden im Sahelgebiet schlieBt ROGNON auf eine ganzjahrige Regenzeit mit haufigen Dauerregen an stelle der kurzen Sommer-Regenzeit mit ihren heftigen Schauern Das ist nicht vertraglich mit der Lehrbuch-Vorstellung von einer meridionalen Verschiebung aller Klimagtirtel die im Stiden und Norden der Sahara alternierende Feuchtshyphasen auslosen m~te Nur bn Winterregengebiet nordlich 36degN find en wir in Anatolien und Iran (so am Van-See) eine markante Trockenperiode gleichzeitig mit der Feuchtshyphase der ganzen Sahara Diese Feuchtphase schon einmal urn 7500 vh unterbrochen wurde ab 5500 vh durch eine allmiihliche Austrocknung abgelost die urn 4000 vh in der Sahara etwas spater auch in Rajasthan zu einem ariden Klima ahnlich wie heute fOOrte Diese Austrocknung haben die frOOeren Hochkulturen miterlebt das Alte Reich Agyptens die Stadtkulturen zwischen Jericho und Ur die Indus-Kultur ilire Krisen oder ihr Untergang hiingen offen bar von diesen Klimaanderungen starker ab als von dem Einfall fremder Volksstamme

Die Interpretation dieser Befunde aus dem Holoziin (=Nachshyeiszeit) erfordert eine genaue Synchronisation des Ablaufs der Klimageschichte in weit entfernten Raumen sowie ein meteorologisches Verstiindnis dieser raumlichen Bezieshyhungen anhand rezenter Befunde Zunlichst ergibt sich auch heute in den Obergangsjahreszeiten wie im Winter die Existenz quasi-permanenter Hohentr6ge die sich in 150-300 mbar jeweils weit zurtick nach SW bis in die innemiddot ren Tropen hinein erstrecken (FLOHN 1975) Ahnlich existieren diese diagonaien Hdhentrdge auch tiber der Stidhalbkugel wo sie bis zum Aquator gelegentlich auch dartiber hinaus reichen In ihrem Bereich kommt es zu einer Wechselwirkung der tropischen und aulkrtropischen Storungen (Abb 9) die zu kraftigen Wirbeln mit Gewittermiddot schauern und Sandsttirmen ftihren dies sind die schon urn

Interaction Upper Troughs-low level Tropical Vortices Lat

300

fIlA 200

10middot

omiddot Abb 9 Diagonale Hohentroge (200 mb) und ihre Wechshy

selwirkung mit Storungen der tropischen Oststroshymung (700 mb)

1935 bekannten Saharadepressionen 1m westlichen und zentralen Nordafrika laBt sich an heutigen Statistiken die simultane Schrumpfung bzw Ausweitung des Trokshykengtirtels und die Rolle der Frtibjahrsregen hierbei nachshyweisen dasselbe ergab sich aus historischen Studien der Regenverhaitnisse im 17-19 Jahrhundert (NICHOLshySON)

Wahrend der ersten Feuchtphase 10500 8000 vh existiershyten noch ausgedehnte EisfHichen in Nordeuropa und Nordmiddot amerika Das ganze Jahr tiber reichte die glob ale Kaltshyluft und die von ihr ausgehenden Kaltetroge weiter stidmiddot warts als heute wahrend sich Uber den Tropen bereits die heutige Zirkulation herstellte Die Befunde deuten im Atlantik wie im Pazifik auf eine Abschwachung der subtroshypischen Hochdruckgebiete und damit der Intensitlit der Passatwinde Dies fiihrt notwendig zu einer Abschwachung des Aufquellens von Kaltwasser sowohl an den Westktisten (NWmiddotAfrika Kalifornien) wie am Aquator hier also zur Vorherrschaft der EI-Nino-Zirkulation mit Warmwasser starker Verdun stung und aquatorialen Regen auf dem Meer die geophysikalische Rolle dieses Wechsels ist kaum zu tiberschatzen Urn 8000 - 7300 vh kam es nach Vermiddot schwinden des skandinavischen Eises zu einer Unterbremiddot chung der Feuchtphase Diese stellte sichjedoch wieder her solange noch tiber Labrador - Baffinland ausgedehnte Eisfelder auch im Sommer tiefe weit ausgreifende Hohenmiddot troge zur Folge hatten diese traten offenbar in Nordamerishyka sowie in EuropaAfrika in den Obergangszeiten haufishyger auf als heute 5-10 faile dieser Art pro Jahr gentigen urn insgesamt 150-250 mm zusatzlichen Niederschlag hervorzubringen Die endgultige Austrocknung vollzog sich erst urn etwa 4500 vh mit dem Verschwinden der Eisreste aus Labrador

Die fUr den Klimaablauf entscheidenden physikaischen Randbedingungen in der Subpolarzone waren also urn 6000 vh noch wesentlich anders als heute erst urn 4500 vh entwickelten sie sich offenbar mit einer noch starkeren Reduktion des arktischen Eises Die ebenfalls noch wanne Phase urn 4000 vh deren regionale Einzelheiten weniger gut bekannt sind war im Trockengtirtel der Alten Welt wie im SW Nordamerikas in Stidafrika und in Australien ahnlich trocken wie heute Noch eine weltcre Randbedinshygung sollte nicht vergessen werden die bereits erwahnte (Abschn 43) Vegetationszerstorung und Desertifikation die mit der Zunahme der Obertlachenalbedo tiber den Meshychanismus des Charney-Modells zu einer Verstarkung des Absinkens fUhrt Sie wird wahrscheinlich bei einem Ruck gang des ArktismiddotEises eine Zunahme der Niederschlage im Sahel hinausz6gern jedenfalls solange bis durch geeigshynete SchutzmaBnahmen eine geschlossene GraslandmiddotVege tation in den Randgebieten der Sahara wieder hergestellt werden kann Das aber ist ein okonomisch-soziales Pro blem

63 Letztes Interglazial EemmiddotWannzeit 120000 vb

Die EntwickIung quantitativer Arbeitsmethoden in der Geo logie hat in den letzten Jahren einige aufregende Entdek kungen innerhalb der Erdgeschichte erm6glicht Hierzu zahlt die Entdeckung eines 17-18maligen Wechsels zwi schen Eiszeit und Warmzeit (Interglazial) in den letzten 2 Millionen Jahren in zeitlicher Obereinstimmung datiert mittels der Umkehrung des erdmagnetischen Feldes gefunshyden in Ozeanbohrkernen aus dem aquatorialen Pazifik (SHACKLETON - OPDYKE) und in L6Bprofilen in Mahmiddot ren und Niederosterreich (KUKLA und FINK) Damit ergab sich eine gesicherte Chronologie der Kalt- und Warmshyzeiten ftir die palaomagnetische BrunhesmiddotEpoche der letzten 700 000 Jahre In allen geeigneten Ozean-Bohrkernen finshydet man in der Zeit zwischen 127 000 und 75 000 vh (mit einer Fehlergrenze unterhalb plusmn 5000 Jahren) drei

15

Warmphasen mit zwei kurzen Kaltphasen dazwischen genauere Untersuchung in Barbados auf Mallorca Neuguishynea und an der Themsemtindung belegen auch die zugeshyhOrigen eustatischen Schwankungen des Meeresspieshygels da in den Kaltphasen gro6e Wassennengen als konshytinentales Eis gespeichert werden Auf dem Festland sind bisher zwei nahezu vollstandige Moorbohrkerne untershysucht worden (in Mazedonien und sudlich der Vogesen) die die gleichen Schwankungen zeigen aber in wesentlich hOherer zeitlicher Auflosung Noch weiter auflasbar sind die Diatomeenablagerungen Nordwestdeutschlands mit ihren tiber 10 000 Jahre reichenden Jahresschichten (H MOLLER) die eine pollenanalytische Analyse von Abshyschnitten von nur 15 Jahre Lange erlauben

Nach allen vorliegenden Befunden ist die friiheste der drei Warmphasen mit deutlichem Abstand die warmste noch etwas warmer als die erarterte holozane Warmphase offenbar auch warmer als die vorhergegangenen Interglashyziale Sie reichte von 127000 bis etwa 115000 vh die warmste Phase umfa~te in den Vogesen mindestens 10000 Jahre dagegen die beiden Kaltphasen nur jeweils 1600 bzw 1000 Jahre Ftir Europa und die Sowjetunion existiert eine detaillierte Vegetationsanalyse (FRENZEL) dieser Warmzeit die mit dem hollandischen Lokalnamen Eem (im engeren Sinne) bezeichnet wird nach dieser Anashylyse miissen die Temperaturen 2-3degC haher gelegen haben als heute in Sibirien sogar bis 6degC Xhnlich wie im Holoshyzan miissen die Niederschlage hoher gewesen sein zumal die hOhere Temperatur schon an sich zu einer Zunahme der Ozean-Verdunstung fiihrt Neben der oben erorterten Dominanz der EI-Nifio-Zirkulation am Xquator ist eine weitere Ursache der Verstarkung des hydrologischen ZykshyIus der eustatische Meeresspiegelanstieg auf + 5-7 m der durch einen breiten Meeresarm zwischen Ostsee und Wei~em Meer Fennoskandien zur Insel macht und im Mtindungsgebiet von Ob und Jenissei bis tiber 1000 km weit ins Binnenland eingreift (FRENZEL) Zugleich kam es zu einem drastischen Riickzug des Dauerfrostbodens in Ostsibirien bis etwa 57deg Breite (heute etwa 49deg) Auch bei einem Anstieg der Temperaturen urn 6degC erlebte Sibishyrien auch damals sehr kalte Winter doch miissen im Sommiddot mer die Ktisten weitgehend eisfrei gewesen sein Anderermiddot seits ergeben die Bohrkerne im Arktischen Ozean daB der zentrale Kern des arktischen Eises zwischen Gronland Alaska und Ostsibirien aile Warmzeiten seit mindestens 700000 Jahren ohne Unterbrechung uberdauert hat die gleiche Annahme erscheint fUr das Gronlandeis immershyhin wahrscheinlich (wenn auch nicht belegt)

Mit dem starker mariti men Klima Europas reiehten warmiddot meliebende Walder weit nach Ru6land hinein Das Vorshykommen von Lowen FluBpferden und Waldelefanten in GroBbritannien ist ein besonders auffallendes Anzeimiddot chen warmerer Bedingungen wenn auch der SchluB auf tropisches Klima nach Ausweis der Vegetation sicher unshygerechtfertigt ware Aus den tropischen Kontinenten lieshygen bisher nur wenige Befunde vor eine lange humide Phase an der westafrikanischen Kiiste und in der Afar-Senke am Roten Meer entsprechen den Befunden der holozanen Warmzeit

Diese Eem-Warmzeit war offenbar die wiirmste Phase seit Beginn der Brunhes-Epoche vor 700000 Jahren abet das gesamte letzte Interglazial dauerte wesentlich langer

es umfaBte zwei weitere etwas kiihlere Warmphasen geshytrennt durch zwei intensive Kaltphasen urn etwa 110 000 und 90 000 vh Die zugehorigen Schwankungen des Meemiddot resspiegels zwischen -70 und -80 m in den Kaltphasen (letzte Eiszeit -100 m) und etwa -5 m in den beiden spateren Warmphasen zeigen daB die Schwankung des globalen Eisvolumens immerhin 70-75 derjenigen zwishyschen letzter Eiszeit und heute betrug Diese Anderunshygen der Massenbilanz in den beiden Kaltphasen drang ten sich jeweils auf weniger als 10 000 Jahre zusammen die entsprechenden Klimaanderungen auf dem Festland liefen nach Ausweis der (verzogerten) Vegetationsschwanshykungen in den europaischen Mooren in wenigen 100 Jahshyren in Wirklichkeit also vermutlich in lt 100 Jahren abo Das wird bestatigt durch den Gronland-Blitz eine in ihrem Mechanismus noch nieht einwandfrei geklarshyte Abkiihlung in weniger als 100 Jahren (DANSGAARD) die im Eis Nord-Gronlands in tiber 1300 m Tiefe seit minshydestens 90000 Jahren tiefgefroren aufbewahrt ist

Gewi~ sind noch nieht alle Fragen geklart Offenbar haben sich im mittleren Europa die beiden Kaltphasen trotz globalen Charakters nur kurzfristig in Form abrupter Abkiihlungen in der und hier allein interessierenden humashynen Zeitskala ausgewirkt Xhnliche Ereignisse haben sich nach den heute vorliegenden Befunden in allen jtingeren Y Interglazialzeiten (und im Holozan) abgespielt - auf dieshyses Problem muB noch (Abschn 8) eingegangen werden

Der eustatische Meeresspiegelanstieg im Eem ist in seiner Ursache noch nicht geklart ein Anstieg urn 5-7 m entmiddot spricht entweder dem Abrutschen des Eises der Westantshyarktis oder dem Verschwinden des Gronlandeises oder eishynem entsprechenden Wasserverlust der sehr stabilen Ostantshyarktis Wabrend das zuerst genannte Ereignis uU recht rasch vor sich gehen konnte (genauere Vorstellungen tiber die Zeitskala liegen allerdings nicht vor) laufen die beiden anderen Ereignisse so langsam ab daB der zugehoshyrige weltweite Meeresspiegeianstieg in der GroBenordnung weniger mm pro Jahr (heute 11 mm) bleibt

64 Eisfreie Arktis vereiste Antarktis (12-25 Mill vh)

Wahrend die bisher dargestellten Klimaphasen keine grundshysatzlichen Abweichungen gegentiber dem heutigen Klimashybild zeigen trifft dies fUr den extremsten Fall eines vOl- ~ ligen Verschwindens der arktischen Treibeisdecke nicht zu Die Idee eines Verschwindens des arktischen Treibshyeises hat zuerst BUDYKO urn 1962 entwickelt und zwar als Endergebnis einer gezielten Umwandlung des Klimas wie sie 1959 auf einem der Kongresse der KPdSU proklashymiert worden war - im Einklang mit der marxistischen These von def Umwandlung der Natur durch den Menshyschen Bei naheren Untersuchungen stellte sich heraus daB dieses Projekt (schon wegen der Ausdehnung der Eisdecke tiber 10 bull 106 km2 ) nicht nur extrem aufwendig war sondem auch sehr weitreichende Nebenwirkungen zur Foige haben konnte Spater erkannte man daB die im Gange befindliche Zunahme des CO2 -Gehaltes zu dem gleiehen Ergebnis fiihren konnte Die Sensitivitat dieses Systems wurde bereits besprochen (vergl Abschn 21) ein vereinfachtes eindimensionales Klimamodell (BUDYKO 1969) ergab bei wachsendem CO2 -Gehalt und zunehmender Erwarmung ein immer rascheres Ruckshyweichen der EisSchneegrenze zum Nordpol hin

16

Ein solches scheinbar jeder Erfahrung widersprechendes Modell konnte nieht ohne Widerspruch hingenommen werden Schon die Frage ob unter den heutigen Klimashybedingungen die Eisdecke irreversibel verschwinden kann oder ob sie sich im nachsten Winter neu bildet mu~te eingehend erortert werden wir konnen sie offen lassen da nunmehr ein Verschwinden des Treibeises unter extreshymen von den heutigen abweichenden Klimabedingungen zur Erorterung steht Diese Frage kann nur mit umfangreishychen Modellrechnungen beantwortet werden unter weishychen Bedingungen ist das dynamische System Meer Treibeis (mit Polynyas) - Schneedecke - Atmosphiire tiber den jahreszeitlichen Wechsel der Strahlungsbilanz hin stabil bzw instabil Solche Rechnungen sind im Gang eine ganze Familie von stufenweise immer komplexerer Modelle mu~ unter verschiedenen Randbedingungen geshytestet werden eine umfangreiche Arbeit die nicht heute oder morgen zu Ende geftihrt werden kann

Einer der vielen Einwande war die Frage ob ein eisfreier ~ Arktischer Ozean gleichzeitig mit einer vereisten Antarkshy

tis existieren konne dies ergibt eine schwer vorstellbare Asymmetrie der beiden Halbkugeln Aber auch heute existiert eine deutliche Asymmetrie die Troposphiire tiber der Antarktis ist im gleichen Niveau im Jahresmittel 11shy

12degC kalter als tiber der Arktis im NordsommerlStidwinter sogar um tiber 26degC Da nach einfachen OberJegungen die durch die Modellversuche von FULTZ (1959) bestiishytigt wurden die Zirkulation der Atmosphiire von dem Temperaturgeflille zwischen Aquator und Pol abhiingt (KORFF und FLOHN 1969) ist die Zirkulation auf der Stidhemisphiire starker als auf der Nordhalbkugel und greift tiber den Aquator hintiber im Jahresdurchschnitt bis etwa 6deg Nordbreite im Juli (Januar) auf rund 12deg N (1 deg S) Das zirkulationserzeugende meridionale Temperaturgefalle ist heute tiber der Stidhalbkugel im lahresdurchschnitt 42 gro~er als tiber der Nordhalbkugel

Tatasachlich hat aber - das ist eine der grundlegenden Erkenntnisse die wir dem Deep Sea Drilling Programm mit der Glomar Challenger verdanken - ein derart krasser Gegensatz der beiden Pole im jtingeren Tertiar viele Millionen Jahre lang existiert (KENNETf 1977) Der Antarktische Kontinent war erstmals vor 38 Ma (= 106

Jahre) mindestens teilweise vereist schon damals bildete sich das antarktische Bodenwasser der Ozeane mit einer

Abktihlung um etwa 5degC Eine vollstandige Vereisung der Antarktis besteht seit dem mittleren Miozan vor 12shy14 Ma sie war seither nur noch sekundaren Schwankungen unterworfen Vor etwa 55 Ma bildete sich dieses zuniichst noch relativ flache Eis mit Temperaturen um OdegC in ein kaltes stabiles Eis (der Ostantarktis) um noch 200shy300 m mach tiger als heute begleitet von einer globalen Abktihlung und einer eustatischen Absenkung des Meeshyresspiegels Diese ftihrte an der Schwelle von Gibraltar zu einer (mehrfach wiederhoJten) Abschntirung und Ausshytrocknung des westlichen Mitteimeeres (HSU) auf deren regionaie klimatische Bedeutung nicht weiter eingegangen werden kann

Die allmiihliche Abktihlung wiihrend des mittleren und junshygeren Tertiars hangt offenbar mit der Bildung des kalten von der Antarktis sich ausbreitenden Bodenwassers zusamshymen durch Mischung sanken auch in mittleren Schichshyten die Wassertemperaturen langsam ab und mit der Vershy

starkung der atmosphiirisch-ozeanischen Zirkulation kam es zum Aufquellen dieser ktihlen Schichten am Aquator und an den subtropischen WestkUsten Eine Vereisung der Gebirge der Nordhalbkugel trat erst lange nach der Antshyark tis ein in Alaska vor etwa 9 Ma in Island und im kalimiddot fornischen Hochgebirge vor etwa 28 Ma Eine Bildung von arktischem Treibeis war erst moglich nachdem diese konshytinentalen Gletscher allmahlich beim sommerlichen Schmelshyzen eine dUnne salzarme Deckschicht des Arktischen Ozeans gebildet hatten dies geschah offenbar erstmals vor 23 Ma zuerst sicher noch als jahreszeitliches Eis

Damit steht also fest da~ in der Zeit zwischen 12 und 25 Ma gleichzeitig ein vollstandig vereister antarktischer Konshytinent und ein offener eisfreier arktischer Ozean existiermiddot ten In dieser Zeit miampte (aus theoretischen GrUnden) der meteorologische Aquator im Jahresmittei in etwa 9-10deg Nordbreite gelegen haben dafUr gibt es in Afrika auch Belege Als weitere Fol~e ware eine Verlagerung des Trockengtirtels bis 40-50 N zu erwarten die im ostlichen Europa auch belegt ist (zB im Wiener Becken s Abb 10) die subtropische Flora jener Zeit ist vielfach beschrieben worden (SCHWARZBACH MAGDEFRAU)

Northern Boundary of NHem Evaporite Zone

Oucternary (0-2 Ma) Late Tertiary 15-15 Ma) Early Tertiary (30-50Ma)

Abb 10 Mittlere Nordgrenze des Trockengiirtels (Ablashygerungen von Salz Gips usw) im Quartar (0 shy2 Ma) JungterWir (5 IS Ma) und Alttertilir (30 - 50 Ma) nach LOTZE

und Walder der gema~igten Zone reichten bis Nordgronshyland Nach SCHWARZBACH lagen im rheinischen Braunmiddot kohlengebiet die Temperaturen in allen Jahreszeiten urn 5-8degC hOher als heute Der stidhemisphiirische Trocken gtirtel reichte bis in die Nahe des Aquators Es ist unmogmiddot lich in diesem Rahmen auf Einzelheiten einzugehen zumal hierzu eine vollstiindige Auswertung der neueren geologimiddot schen Literatur notwendig ist

Nach BUDYKOs Modell kann der Obergang zu einem solchen Klima dh das Verschwinden des arktischen Eises bei einer allgemeinen Erwarmung urn ca 4degC eintreten (vgl auch KELLOGG) Das entsprache (je nach Modellannahme) einem virtueJlen CO2 -Gehalt von 800 shy1100 ppm der reale CO2 -Wert liegt bei 750 ppm (plusmn 15jd (Abschn 42) Ob und wann solche Werte erreicht werden hangt von Entscheidungen auf energiepolitisch-okonomisch sozialem Gebiet ab (Abschn 8)

17

7 Kaltphasen in der Klimageschichte

71 Kleine Eiszeit (1550-1850)

Dal~ das Klima im 20 Jahrhundert nieht das einzig mogliche ist ja dreg es selbst im Rahmen der [etzten 500 Jahre ausgesprochen anormal ist gehort zu den Tatsachen die selbst den meisten Meteorologen unbekannt sind Tatsachmiddot Hch haben wir in Europa - wie das am besten bekannte Verhalten der AJpengletscher zeigt seit rund lO 000 Jahmiddot ren immer wieder einen Wechsel zwischen Warmphasen (wie in Absehn 61 geschildert) ulld Kaltpllasen erlebt Hierbei sind die Phasen innerhalb dec beiden Gruppen untereinander recht iihnlich ihre Dauer aber variabel irgendwekhe persistenten Perioden existieren offenbar nieht oder ihr Anteil an der gesamten Varianz ist vernachmiddot liissigbar gering Wahrend die Gletscherstande der Zeit 1930-60 offenbar nahezu identisch sind mit denen frOherer Warmphasen l diese A ussage ist etwas unsieher) liegen die Moranen der GletschervorstoBe urn 1820 und urn 1855 fast genau auf denen frtiherer Gletscherhochstande (PATZELT) Die letzte Kaltphase kann uns also als Modell fUr aIle frOhemiddot ren seit dem RUckzug der grofben Inlandeise dienen ihre Bezeiehnung als Kleine Eiszeit ist allerdings bewufbt Ubermiddot trieben Ihr Beginn ist nieht eindeutig festlegbar schon urn 1160 urn 1320 und urn 1430 kam es zu kUrzeren aber marmiddot kanten GletschervorstoBen in den AJpen und fUr die beimiddot den 1etztgenannten Termine liegen viele Nachriehten Uber ganz ungewohnhche Klimaanomalien vor (LAMB von RUDLOFF) Von langerer Dauer war die Klimaverschlechmiddot terung ab 1560 die in ZUrich einen Rtickgang der Wintermiddot temperaturen urn 2degC brachte wahrend bei Kopenhagen das ganze Jahr Uber Winde aus SUdost und Ost - als Anzeimiddot chen blockierender Antizyklonen vorherrschten Die Witshyterungsabliiufe ahneln sehr denen die wir heute in Einzelmiddot jahren mit strengen Wintern (1939-42 19467 19623) erleben haufig blockierende Antizyklonen Wetter1agen mit anhaltend starker meridionaler Komponente - unmiddot gewohnlich kalt aber auch ungewohnlich warm haufige Dtirremiddot und Niisseperioden schneereiche und bis tief in das Frtihjahr anhaltende Winter mit nachfolgenden MiBernmiddot ten

FUr die Beurteilung der Klimabedingungen jener Zeit sind nieht nur die Gletscher der Hochgebirge sondern vor aHem die Under nahe der Polargrenze des besiedelten Landes wesentlich Island Sehottland die Faroer und Skandinamiddot vien Die Nachriehten vom Verhalten des arktischen Treibmiddot eises - mit seiner entscheidenden Rolle fiir Albedo und Wdrmehaushalt haufen sieh jetzt Island viele Jahre hinmiddot durch 6-9 Monate lang von Treibeis blockiert massive Eismiddot vorstoBe nach den Faroern (mit Wassertemperaturen 3_4degC unter den heutigen) und selbst nach Norwegen (wo die Fischerei jahrelang fast ohne Ertrag blieb) Rtickgang der Vegetationsgrenzen und schwere Nahrungskrisen in Schottmiddot land Besonders eindrucksvoHe Beispiele aus der Zeit 1755shy1790 schildert die durch genaue meteorologische und landwirtschaftliehe Daten ausgezeiehnete Arbeit von PFISTER aus dem Kanton Bern auf die weltweite Zusammiddot menschau von H LAMB (VoL II) sei nochmals hingemiddot wiesen

Eine voriaufige Zusammenstellung der jahrlichen Getreishydepreise in der Zeit von 1500-1860 gibt Abbildung 6 die aus den fast vollstandigen Reihen von 5 deutschen Stlidten

18

gemittel t wurde von einem langjiihrigen Trend abgesehen zeigt sie zahlreiche meist gruppenweise auftretenden Jahre mit Preisanstiegen urn das dreimiddot bis sechsfache Das absomiddot lute Maximum (bis 1950) waren die weitweiten Hunger jahre J81617 nach dem Vulkanausbruch des Tambora 1815

1m Gebiet der mediterranen Winterregen existieren widershyspruchsvolle Nachrichten einmal stimmen die kiiltesten Abschnitte (genannt seien die Zeiten urn 1570 1630 vor aHem 1680-1700 nach 1770 1816 f 1845 t) mit Feuchtjahren Uberein einmal mit Diirren Das gilt fUr Algemiddot rien die Seen Mittelitaliens ebenso wie fur das Tote Meer und das Kaspische Meer aber auch (nach Sh NICHOLSON) fUr die Sahelzone Systematische Studien Uber die Telekonmiddot nektionen der Niederschliige im Mittelmeergebiet brinmiddot gen die Lasung (HELBIG) die Maxima der mediterranen Winterregen konzentrieren sieh im Bereich quasistationarer Hahentroge und negative KorreIationen g1eichzeitiger Werte mit Abstanden von 700-1000 km ( = halbe Rossbymiddot Wellenlange) sind haufig Daher ist es hier sinnlos eine ganmiddot _ ze Klimazone zusammenzufassen die Abhangigkeit der KlimamiddotAnomalien von der Lange ist mindestens ebenso groB wie die von der Breite Die regionale Verteilung der entmiddot gegengesetzten Witterungsanomalien wird beherrscht von der jeweils quasistationaren Lage des bloekierenden Hoch C

zentrums und der begleitenden Hohentroge bzw Kaltluftmiddot tropfen - das kennt jeder erfahrene Synoptiker und das ist auch das zentrale Problem jeder iangfristigen Vorhermiddot sage Auch in Nordamerika hangen die kalten Zeitabschnitmiddot te dieser Periode mit bloekierenden Antizyklonen zusammiddot men wie die Auswertung von Baumringen (FRITTS) geshyzeigt haben

Was ist nun die Ursache des Vorherrschens meridionaler Zirkulationstypen in dieser Klimaphase was die Ursache dominierender zonaler Zirkulationstypen mit polwarts vermiddot schobenen subtropischen Hochzellen in den Warmphasen Beim VergIeieh etwa der Abschnitte 1815-1855 (nochshymals urn 1890) und 1930-1960 fall t sofort die verschiemiddot dene Lage der arktischen Treibeisgrenze im Atlantik auf im Raume urn Island-Norwegen handelt es sich urn Vermiddot schiebungen von der GroBenordnung 1500 km Was aber verursachte diese Ausweitung des arktischen Treibeises die maximal 2 Mill km2 erreicht haben dtirfte

Auf diese Frage existieren zZ zwei Antworten von demiddot nen wenigstens eine geophysikaJiseh einwandfrei begrtinshydet ist Sie bezieht sich auf eine von LAMB zusammengemiddot faBte Statistik von VulkanausbrUchen (s Abschn 32) bei der in der Tat ein Zusammenhang zwischen den Hohemiddot punkten der kleinen Eiszeit und besonders schweren Vulmiddot kaneruptionen (oder Gruppen) auffall 1 Andererseits hat EDDY darauf hingewiesen daB die auffallige lange Periode geringster SonnenaktivWit der Zeit 1643 -1710 mit ihrem Maximalstadium tibereinstimmt - dieser Zusammenhang ist jedoch bisher physikalisch noch ganz ungek1art und muB daher offen bleiben Wegen der Unvorhersagbarkeit beimiddot der Ursachen kann das erneute Auftreten einer solchen Kaltphase in den nachsten 50-100 J ahren weder bejaht noeh ausgeschlossen werden auch eine statistische Aussage tiber die Wahrscheinlichkeit bleibt unsicher da zahlenmaBige Unterlagen in beiden Fallen nur wenige Jahrshyhunderte umfassen und subjektive Beurteilungen nieht ausmiddot schlieBen konnen Sofern sich aber die glob ale Erwiirmung

(etwa ab 2000) durchsetzt werden Wahrscheinlichkeit und AusmaB einer Wiederholung der Kaltphase sHindig zurUckmiddot gehen

72 Ubergang zu einer Eiszeit

Keine Frage wird dem KJimatologen Ofter von Repormiddot tern gestellt als die nach der nachten Eiszeit Umso merkmiddot wUrdiger ist die geringe Rolle die der mogliche obergang vom heutigen (interglazialen) zu einem glazialen Klima in der wissenschaftlichen Literatur spielt Das mag zwei Grtinde haben Geologen und andere an der Klimageschichmiddot te interessierte Wissenschaftler wagen sich nicht (mit einimiddot gem Recht) auf ein ihnen fremdes Feld und die meisten Meteorologen halten dieses Problem fUr ebenso unwissenmiddot schaftlich wie das der Sintflut Diese Einstellung ist aber heute nieht mehr gerechtfertigt nachdem in einer Reihe von Fallen einwandfrei abrupte Klimaiinderungen mit einer in humanen MaBstaben ganz kurzen Zeitmiddot skala nachgewiesen wurden die samtlich aus den Interglamiddot zialen oder den - hier nieht interessierenden - tJbermiddot gangsstadien zwischen Glazial und Interglazial stammen Einwandfreie Belege beruhen entweder auf Untersuchunmiddot gen an fossilen Mooren mit Jahresschichten (Varven)

fln Seen mit hoher Sedimentationsrate oder von Baummiddot ringen Aus Raumgrtinden ist es nieht moglich auf einzelmiddot

ne Befunde einzugehen (FLOHN 1974 1978) Einer der besten stammt aus der Liineburger Heide (H MOLLER 1974 1978) wo vor tiber 300 000 Jahren ein Wald der einem etwas warmeren Klima als heute entsprach binnen 30 Jahren () verschwand urn nach einer Pause - die Zeit reicht nicht aus urn eine arktische Tundra hervorzubrinmiddot gen durch subarktischen Birkenwald ersetzt zu werden darauf folgte in 300-400 Jahren eine Sequenz von Waldo typen wie man sie heute auf einer Bahnfahrt von Narvik (68deg N) nach Siidschweden sehen kann Dauert die Reakmiddot tion eines Waldes auf eine Klimaanderung sieher Jahrzehnte oder Jahrhunderte so gibt es schnell ere Indikatoren In Mittelengland wurde nach Ende der letzten Eiszeit eine subarktische Kaferfauna in etwa 50 Jahren durch eine warmmiddotgemaBigte Fauna ersetzt aquivalent einer Erhohung der JulimiddotTemperatur urn 8-9degC (COOPE 1977)

Das sind nur zwei niichterne Befunde gewonnen mit neumiddot zeitlichen Arbeitsmethoden die in ihrer Gesamtheit nicht

~ehr anzweifelbar sind die wenigen Klimahistoriker memiddot teorologischer Herkunft haben sich inzwischen von der Bedeutung dieser Zeit skala abrupter KJimaanderungen laquo 100 Jahre) tiberzeugen lassen Mogliche U rsachen fUr die (haufigeren) rapiden Abklihlungen sind schon in den Abschnitten 2 und 7 erortert worden fUr Erwarmungen stehen sie noch aus In jtingster Zeit ist auch kIar geworden daB solche Ereignisse sieh nicht notwendig synchron aus wirken sondern wegen der nur allmahlichen Verlage rung barokliner Frontalzonen im Ozean oder dem regional verschieden raschen Ablauf der kontinentalen Vereisunshygen - diachron dh mit erheblichen Zeitunterschieden in der Horizontalen Das bedeutet auch eine Grenze fUr die Vorstellung eines fast-intransitiven Klimas im Sinne von ELORENZ

Nehmen wir die Moglichkeit einer abrupten Abklihlung dieser Zeitskala als gegeben an wie und wo konnte sie sieh abspielen Zweifellos kann eine kontinentale Gletshyscherbildung nur mit einem wiederholten Uberdauern

der Winterschneedecke tiber den Sommer hin beginnen in den kritischen Gebieten der Subarktis - so die 750000 km2 groBe Baffin-Insel mit ihren Hochplateaus Labrador auch Lappland und die norwegischen Gebirge - schmilzt auch heute die meterdicke Schneedecke erst Anfang oder Mitte Juni endgilltig ab urn sieh Ende August oder im Sepshytember neu zu bilden Hierzu gemigt in Baffinland ein Absinken der Sommertemperaturen urn nur etwa 2dege wahrend in den anderen Gebieten 4-6degC notwendig wamiddot ren oder zugleieh eine massive Zunahme der Schneenieshyderschlage Die kritische Stellung Baffinlands erhellt auch daraus daB in der kIeinen Eiszeit - nach Ausweis von FlechtenUntersuchungen die heute insgesamt 37 000 km 2 einnehmenden Plateau-Eisfelder sich auf 140000 km2 vergroBert hatten (IVES) entsprechende Untersumiddot chungen in Fennoskandien stehen noch aus

Eine Modelluntersuchung (ANDREWS - MAHAFFY) ftir Baffinland hat in zwei Experimenten gezeigt wie sich eine urn einen Faktor 3 erhohte Sehneebilanz in einer langsashymen Zunahme von Flache und Volumen einer Eisdecke auswirkt langsamer als die Beobachtungen des eusta tishyschen Sinkens des Meeresspiegels in den interglazialen Kaltmiddot phasen anzeigen Aber in diesem Modell ist die machtvolle Rtickkopplung zwischen Schneedecke Albedo und Tempeshyratur nieht voll und zu spat in Reehnung gestellt worden Jedenfalls ist es hochst unwahrscheinlich daB in den nachsten 100 Jahren nachdem zuerst eine Kaltphase im obigen Sinne eintrat dieser ProzeB sich tiber die unmittdshybare Umgebung hinaus weltweit auswirken konnte Hiermiddot gegen sprechen aueh die langperiodischen Effektr der Erdmiddot bahneIemente deren nachstes Minimum (kiihle Sommer in der Arktis kalte Winter zugleieh in der Antarktis) erst in rund 10 000 Jahren fallig ist (BERGER)

Bei dieser Sachlage ist hOchstens - bei einer Kombination mehrerer ungtinstiger Voraussetzungen etwa dem Zusamshymentreffen mehrerer sehr schwerer Vulkaneruptionen von der Intensitat des Tambora (1815) oder wenigstens Krakatau (1883) innerhalb der jetzigen Phase relativ ausgedehnten polaren Treibeises vor Wirksamwerden der erwarteten anthropogenen Erwarmung mit einer abortiven Vershygletscherung zu rechnen die nieht zu einer vollen Eiszeit auswachsen wUrde In unserer humanen Zeitskala ware das aber schon schlimm genug Serien von Jahren mit sehr kaIten Wintern kiihlen und nassen Sommern schwere MiBshyernten in weiten Teilen der gemaBigten Zone zeitweise auch in den Tropen die sieher nieht ausgeglichen werden konnen durch Feuchtejahre in Teilgebieten von Nordafrika und dem Nahen Osten Die Wahrscheinlichkeit hierfUr ist aber gering - sie betragt nach verschiedenen Kriterien tibereinstimmend zwischen 01 und 1 Prozent in den nachshysten 100 Jahren AuBerdem waren fUr diesen Fall gezielmiddot te GegenmaBnahmen denkbar die hier nieht volig utopishyscher Natur sind

8 Wahrscheinlichkeit und Risiken die Rolle der Energieshypolitik

Die Wahrscheinlichkeit einer globalen Warm phase ist nach allem was wir wissen erheblich groBer als die einer Kaltshyphase Die Schwierigkeit bei der Abschatzung liegt darin daB Entscheidungen und Entwicklungen auf politischer sozialer und 6konomischer Ebene hier eingreifen konnen

19

die vorherzusagen nicht nur dem Meteorologen schwer fallt Wenn wir diese einmal versuchsweise vernachHissigen dann dUrfte in den nachsten 100 Jahren die Wahrscheinmiddot Iichkeit fur das Auftreten einer Kaltpflase vom Typ der kleinen Eiszeit nieht mehr als hochstens 20k betragen (und naeh etwa 2000) weiter abnehmen) FUr das Auftreshyten einer Warmpllase im Sinne der Beispiele in den Abmiddot sdmitten 61 und 62 mUssen wir aber hohere WahrscheinshyIichkeiten ansetzen wenn auch erst nach der Jahrhundertmiddot wende danach steigen sie das ist die in vielen Diskusmiddot sionen erworbene Oberzeugung des Verfassers unter den hier und in Abschnitt 5 gegebenen Voraussetzungen auf Uber 50 an

1st ill diesem Faile aber eine Entwieklung zu einem eismiddot freien arktischen Ozean (Absehnitt 64) mit ihren fast unshyvorstellbaren Konsequenzen fUr Wasserversorgung und Ernahrung noch vermeidbar Damit libersehreiten wir die Grenze des Fachwissens des Meteorologen der sich nur allmiddot zu getne in den akademisehen Elfenbeinturm zurlickziemiddot hen moehte Aber die Dinge sind zu wichtig eine Wende auf Grund politischer Entscheidung auf internationaler Ebene ist noch moglieh aber dann und nur dann wenn das Dogma von der Notwendigkeit standig zunehmenden wirtschaftliehen Wachstums das bei begrenzten Vorshyraten (Resourcen) mit den Naturgesetzen unvereinbar ist shyzugunsten einer besseren Einsicht aufgegeben wird (GRUHl) Ebenso ist eine Stabilisierung des Bevolkerungsshywaehstums nOlwendig - ohne einen hoheren Lebensstanmiddot dard in den Entwicklungslandern ist das unrealisierbar

Gleichzeitig mu~ aber die Energiepolitik sich frei machen von dec sinnlosen Verschwendung fossiler EnergiequeIIen die in 400 Ma durch biologische Prozesse aus der Sonnenmiddot energie aufgebaut und gespeichert wurden (s a Beitrag JUNGE) Ein Obergang zu erneuerbaren Energiequellen (Sonne Wind Gezeiten - auch die kaum erschopfbare Geothermik) ist moglich erfordert aber eine Kombination neuartiger (und kostspieliger) Technologien wie sie etwa am International Institut for Applied Systems Analysis in Laxenburg bei Wien von einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von W HAFELE (frtiher Karlsruhe) entwiekelt werden Aueh die Kernenergie mul1 in diesen Rahmenshyjedenfalls fUr eine Obergangszeit - einbezogen werden Das mit ihr verbundene Risiko ist auf jeden Fall geringer als das Risiko einer Verlagerung aller Klimazonen Da ein Obergang zu neuen Technologien sieher tiber 30 wahrshyscheinlieh 50 Jahre benotigt drangt die Zeit Neue Priorimiddot taten mlissen gesetzt werden Es geht urn das Wohl der naehsten Generationen

Literaturauswahl

ANDREWS T1 MAHAFFY MAW Quaternary Research 6 (1976) S 167-183

AUGUSTSSON T RAMANATHAN V J atmos Sci 34(1977) S 448-451

BERGER AL Quaternary Research 9 (1978) S 139~-167

BJERKNES J Monthly Weather Review 97 (1969) S 163-172

BROWNLR Worldwatch Papers Washington DC 8 (I 976)

BRYSON RA MURRAY Th1 Climates of Hunger MadisonWis 1977

o

BUDD WF J Glaciol 14 (1975) S 3-21

BUDYKO MJ TeHus 21 (1969) S 611-619 29 (1977) S 193-204

CESS RD J atmos Sci 33 (1976) S 1831-1843

CHARNEY JG Quart J Roy Meteorol Soc 101 (1975) S 193-202

COOPEGR Phios Transact Roy Soc London 280 (1977) S 313 shy340

DANSGAARD W et al Quaternary Research 2 (1972) S 396-398

DOBERITZ R Ber d Deutschen Wetterd 112 (1968)

EDDYJA Science 192 (1976) S 1189-1202 198 (1977) S 824 829

FINK J KUKLA GJ Quaternary Research 7 (1977) S 363-37 L ~

FLOHN H III Bonner Meteorol Abhandl 15 (1971) 21 (1975) Quaternary ReseJrch 4 (1974) S 385-404 in print (1978)

FRENZEL B Die Klimaschwankungen des Eiszeitalters Braunschweig~ 1967 ErdwissForschungen 1(1968)

FRITTS HC Tree Rings and Climate London New York 1976

GABRIELB Berliner Geoge Abh 27 (1977)

GATES WL J atmos Sci 33 (1976) S 1844-1873

GRUHLH Ein Planet wird geplUndert Frankfurt aM 1978

HAFELE W SASSIN W Ann Rev Energy 2 (1977) S 1-30

HAHN J JUNGE ChL Z f Naturforsch 32a (1977) S 190-214

HASSELMANN K u Mitarb TeHus 28 (1976) S 473-485 29 (1977) S 289-305 385-392

HAYS JD IMBRIE J SHACKLETON N Science 194 (1976) S 1121-1132

HELBIGM Diplomarbeit Univ Bonn (1976)

HSO K et al Nature 242 (1973) S 240-244 267 (1977) S 399-403 Naturwissensch61 (1974)S137-142

HUGHES T Rev Geophys and Space Phys 13 (1975) S 502-526 15 (I977) S 1-46

HUMMEL J RECK RA General Motors Res Lab Publ 2607 (1978)

HUNT BG Monthly Weather Review 105 (1977) S 247-260

IVES JD et al Naturwissensch 62 (1975) S 118-125

KELLOGG WW WMOmiddotBull 26 (1977) S 229-240 27 (1978) S 3-10

KENNETTJP J geophys Res 82 (1977) S 3843-3860

KONDRATIEV G Ya NIKOLSKY GA Quart J Roy Meteorol Soc 96 (1970) S 509-522

l

KORFF HC FLOHN H Ann Meteorol N F 4 (1969) S 163-164

LAMBHH Climate Present Past and Future Vol I (1972) Vo Il (I 977) London Methuen

LORENZE J appl Meteorol 9 (1970) S 325-329

MAGEDEFRAU K Palaobiologie der Pflanzen 4 Aufl Stuttgart 1968

MANABE S BRYAN K Monthly Weather Review 97 (1969) S 739-827 J phys Oceanogr 5 (1975) S 3-29

MANABE S WETHERALD RT atmos Sci 24 (1967) S 241 ~-259 32 ( 1975) S 3-15

MASON BJ Promet 7 (1977) H 4 S 1-26

MASS Cl SCHNEIDER StH J atmos Sci 34 (1977) S 1995-2004

MAYKUT GA UNTERSTEINER N Jgeophys Res 76 (1971)S 1550-1575

MOLLERH Geologisches Jahrbuch 83 (1965) S 327-352 A 21 (1974) S 107-140 im Druck (1978)

NAMIAS J Short Period Climatic Variations 1934-1974 2 Vol F-- Univ of California 1975

NEWELL R et al Pure and appl Geophysics 116 (1978) S 351-371

NICHOLSON Sh Ph D Thesis Departm Meteor Univ Wisconsin (1976)

OLIVER RC J appl Meteorol 15 (1976) S 933--950

PACHUR HJ Die Erde 106 (1975) S 21-46

PATZELT G Coil Internal CN RS No 219 (1973) S 51-59

PFISTER Chr Beiheft 2 Jb Geogr Ges Bern (1975)

POLLOCK JP et al Jgeophys Res 81 (1976)S 1071 1083

RODEWALD M Dt Hydrogr Z 20 (1967) S 269 25 (1972) S 97-117

ROGNONP Rev Geogr Phys Geol Dynam 18 (1976) S 251-282

ROWNTREE PR Quart J Roy Meteorol Soc 98 (1972) S 290-321

RUDLOFF H v Die Schwankungen und Pendelungen des Klimas in Eushyropa Braunschweig 1967

SCHWARZBACH M Das Klima der Vorzeit 3 Aufl Stuttgart 1974

SHACKLETON NJ OPDYKE ND Quaternary Research 3 ( 1973) S 39-55

STROBING K Der Seewart 35 (1974) S 1-1436 (1975) S 28-29

TREMPEL U Diplomarbeit Univ Bonn (1978)

VOWINCKEL E ORVIG S World Survey of Climatology 14 (1970) S 129-252

WANG WC et al Science 194 (1976) S 685-690

WETHERALD RT MANABE S Monthly Weather Review 100 (1972) S 42-59 J atshymos Sci 32 (1975) S 2044-2059

YAMAMOTO R J Meteor Soc Japan 53 (1975) S 482-486

21

Page 12: :SBWU>t S9J9SUn ijun>tnz 9!a 9W91qOJd pun U9l>tB,:j · 2 Wechselwirkungen im klimatischen System . 2.1 Die Rolle des polaren Treibeises 2.2 Das El Nino-Phanomen . 2.3 Kontinentale

mit dem Zeitpunkt tos in dem 50 von F aufgebraucht ist fhr Verlauf ahnelt einem in die Breite verzerrten S (Sigshymoid) und wir nahern uns offenbar rasch dem Wendeshypunkt

Da die Intensitat des Glashauseffektes in erster Linie von der Zunahme des CO2 -Gehaltes abhangen wird kann man diese mit der der erwahnten Spurengase kombinieren es ergibt sich ein virtueller CO 2 -Gehalt Dann kann die K1imawirkung in Abhangigkeit vom realen CO2 -Gehalt ausshygedrtickt werden das erlaubt eine Abschiitzung der repriishysentativen Temperaturzunahme (mit Ausnahme der Polarshygebiete) als Funktion des COrGehalts bzw der Zeit Zu den Voraussetzungen gehort daU die CO2 -Wachstumsrashyte unteT Einbeziehung der Entwicklungsllinder mit ihrem Nachholbedarf nicht rasch sinken kann und da~ keine anshydere Energiepolitik das CO2 -Risiko ganz ausschalten wird Unter diesen Voraussetzungen lli~t sich abschatzen da~ eine Temperaturzunahme urn 1 5degC (entsprechend der warmsten Periode der Nacheiszeit vor rund 6000 Jahren) schon zwishyschen 2005 und 2015 eine solche urn 25degC (entsprechend dem warmsten Abschnitt der letzten Zwischeneiszeit s Abschn 6) schon in etwa 50 Jahren erreicht werden kann Die kritische Phase bei der bel einer Erwarmung urn 4degC

m6glicherweise das arktische Treibeis wegschmelzen wird konnte trotz verlangsamter Wachstumsrate zwischen

2040 und 2075 dh in weniger als 100 Jahren eintreten Die entsprechenden Schwellenwerte des realen CO2 -Geshyhalts Jiegen flir eine Erwarmung urn 1 5degC (25deg4deg) bei rund 450 (550 750) ppm mit einer Fehlerbreite von plusmn 10 15

43 Die Albedo und das WiistenprobIem

Eine der wichtigsten Gr6Uen im Warmehaushalt der Erdshyoberflache ist die Albedo der Erdoberfliiche AE der Antellmiddot der reflektierten Strahlung an der einfallenden Globalstrahshylung G der Summe aus der direkten Sonnenstrahlung und der diffus gestreuten Strahlung des Himmels und der Wolken Hiertiber berichten in diesem Heft BAUMGARTshyNER KIRCHNER und MAYER (S 32 ft) Die mittlere Alshybedo der Erdoberflache liegt (nach einer besonders grtindlishychen Auswertung von Landsat-Aufuahmen in mehreren Spekshytralbereichen durch HUMMEL und RECK) bei 14 plusmn 05 Proshy

~ zent Aus einem der besten Strahlungsmodelle (MANABE und WETHERALD 1967) ergibt sich bei einer Zunahme

der mittleren Albedo von 1 eine Abnahme der Gleichshygewichtstemperatur urn 13degC Fast immer flihrt die Umshywand lung bzw Zerstorung der urspriinglichen Vegetation zu einer Zunahme der Albedo dies ist offenbar der einshyzige wichtige Eingriff des Menschen der zu einer Abkiihshylung flihren kann Diese Prozesse erfassen zwar riesige Flachen (landwirtschaftliche Nutzflache und Weideland zusammen 38 der Kontinente) aber sie vollziehen sich langsam schon seit def neolithischen Revolution vor 5-7000 Jahren heute beschleunigen sie sich mit der Bevolkerungszunahme

Eine entscheidende Rolle spielen die Vorgange die a1s Desertiikation bezeichnet werden ein passendes Wort in deutscher Sprache hierfLir mOOte erst neu gebildet werden Die Vegetationszerstorung an den Randern der Sahara ist in der Tat alarmierend die UN-Konferenz tiber Desertishyfication (Nairobi 1977) hat sie der WeltOffentlichkeit

klar vor Augen geflihrt Oberall in den Tropengebieten auch in den semiarid en und semihumiden Gebieten mit einer mehrmonatigen Regenzeit geht die Vegetation in den Weidegebieten rasch zurtick In den Liindern des Maghreb (Tunesien Algerien Marokko) in Lybien und im Sudan liegen verla~liche Schatzungen vor im Mittel rUckt die Wtiste urn 1 2 km jahrlich VOL Das bedeutet allein bei der Sahara in jedem Jahr eine Zunahme urn tiber 20000 km2 bull Dies ist keinesfalls die Foige einer Klimaiinshyderung - das konnte in Tunesien in Rajasthan im Sahelshygtirtel einwandfrei nachgewiesen werden Es ist vielmehr das Resultat der vom Menschen veranlaf3ten tiber Jahrtausende fortgesetzten Eingriffe in die natiirlichen Haushalte erst die Vernichtung der Gro~tierherden und der Raubtiere dann die Nutzung der nattirlichen Savannen und Graslander als Weideland flir Rinder Kamele Schafe und Ziegen dazu das jahrlich wiederholte Abbrennen des Grases shyso wurden die TrockenwaIder in Dornsavannen umgewanshydelt - zuletzt die Oberstockung der Graslander mit wachshysender Bev61kerungsdichte In den Liindem der Sahel zone ist die Zahl des Weideviehs in den Jahren 1949 - 68 auf das Sechsfache vermehrt worden hier treten Feucht- und Dtirrejahre meist in Gruppen auf und die Dtirre 1969 - 73 hat sieh 1977 wiederholt Die gro~e natiirliche Verandershylichkeit der Regenfalle von Jahr zu Jahr fUhrt immer wieshyder zu einer Vermehrung des Weideviehs tiber das 6kologishysche Gleichgewicht hinaus das damit nachhaltig gestort wird Hierzu kommt noch die Nutzung der letzten Baume und Straucher als Feuerholz (s Abschn 41) Da~ hierdurch selbst in semihumiden Gebirgslandern wie im Hindukusch oder in Nepal eine vollige Waldzerstorung in Gang kommt ergibt der Augenschein schon bei fltichtigem Besuch

Eine Modellrechnung von CHARNEY (1975) hat nun gezeigt da~ in dem Wtistengiirtel der Erde wegen der hohen Albedo der Erdoberflache der extraterrestrische Strahlungshaushalt negativ wird da~ dieses Defizit durch advektive Warmezufuhr und Absinken der Luft ersetzt werden mu~ und da~ die Zunahme der Albedo durch VeshygetationszerstOrung dieses Absinken nur noch verstarkt Das flihrt zu einem weiteren Rtickgang der Niederschlashyge und zu verstarkter Wtistenbildung Sicher handelt es sich hier urn einen schwachen erst in langen Zeitraumen und tiber gro~n Gebieten wirksamen Prozess der die naturbedingte Trockenheit im Bereich der subtropischen Hochdruckzellen noch verstarkt andere Modellrechshynungen und Auswertungen von Satellitenbildern haben diese Oberlegungen bestatigt Sieher sind die gro~en Wtishysten der Erde nicht erst vom Menschen geschaffen worden aber ihre Intensivierung und Ausweitung ist ein Produkt menschlicher Eingriffe An mindestens drei Stellen (bei Jodhpur mit rund 270 mm Regen im Jahr bei KhartumshyOmdurman mit 160 mm und bei Nefta in Tunesien mit 70 mm) zeigen eingezaunte Gebiete daU die vor den Weideshytieren geschtitzte ursprtingliehe Vegetation eine v61lig andeshyre Albedo hat a1s die umgebende Wtiste Ein Effekt auf die Niederschlage lli~t sich aus den (erst nach 1900 einsetzenshyden) Messungen zwar nicht nachweisen wohl aber aus den historischen Nachrichten aus dem Wtistengiirtel aus den Berichten der frUhen Reisenden tiber die Dauer der Regenshyzeit tiber die Existenz von Brunnen und regelma~ig abkomshymend en Fltissen noch im frUhen Mittelalter sind arabische Reisende quer durch die Sahara mit Pferden gezogen (tiber historische Klimaschwankungen natiirlicher Herkunft s Abschn 6 und 8)

11

5 Das Problem der Klimavorhersage Stand und Aufgaben

51 M odeUrechnungen

Was konnen wir tiber die Zukunft unseres Klimas vorausshysagen Was wissen wir tiber die Ursachen der Klimaschwanshykungen der Vergangenheit Immerhin wachsen unsere empirischen Kenntnisse tiber die Klimageschichte rasch an und erfassen die letzten 10000 Jahre schon recht gut die letzten 700000 Jahre immerhin schon in den Grundmiddot zUgen die Umrisse der Geschichte der letzten 500 Millionen Jahre beginnen ebenfalls sichtbar zu werden (SCHWARZshyBACH) Eindeutige Zusammenhiinge mit den nattirlichen Ursachen sind bisher hochstens vereinzelt nachgewiesen eine Vorhersage dieser extremen Ursachen (Abschn 3) ist bisher unmoglich

Physikalisch-mathematische Klimamodelle sind bisher vielshyfach nur in der einfachsten Form (0- oder I-dimensional) erortert worden 2- oder 3-dimensionale ZirkulationsmoshydelIe der Atmosphiire gibt es in den verschiedensten Formiddot men Gemeinsam ist ihnen die Ableitung der Felder Wind Luftdruck Temperatur auf der Grundlage vorgegebener Randbedingungen so der Temperatur der Ozeanoberfliishyche der mittleren Bewolkung ua Damit sind aber die fUr das Klima entscheidenden Wechselwirkungen fest vorgegeshyben schon die Behandlung des jiihrlichen Ganges ist mit einem so1chen Ansatz unmoglich erst recht natlirlich die Vorhersage von interannuellen Anderungen oder Klimashyschwankungen Die Wechselwirkung Atmosphiire - Ozean ist bisher in nur einem stark idealisierten Modell (MANABE und BRYAN) einbezogen worden andere Modelle behanshydeln den Ozean als beyregungslosen Sumpf der Wiirme und Wasserdampf abgibt bzw aufnimmt Sieher sind diese Ansiitze vielversprechend sie Hefem immerhin ein ziemlich realistisches BUd der groBen Stromungssysteme der Atmosshyphiire der hydrologischen BUanz Niederschlag - Verdunshystung und der Energieumsetzungen innerhalb der Atmosshyphiire Aber schon eine Umsetzung der Zahlenwerte flir die Landoberfliiche in regionalen Klimatypen zeigt die UnvoIlkommenheit dieser Art von Modellen da erhalten Texas und Stidchina ein Wtistenklima oder in der Sahara fallen 1500 mm Niederschlag am Rande des Himalaya dashygegen weniger als 50 mm Natiirlich geben solche Fehler AnlaB zur Verbesserung der Modelle diese aber finden heute weniger inder Physik als vielmehr in der Leistungsshyfahigkeit der Computer und dem Aufwand an Rechenzeit ilire Grenze Auch wissen wir heute daB die meisten Moshydelle (wegen in ihnen enthaltenen mathematischen Niiheshyrungen) auch bei gleichen Anfangsbedingungen verschieshydene Ergebnisse Hefem Modellexperimente Iiefem daher keine Abbilder der Wirklichkeit sondem sind Testversushyche tiber die Sensitivitiit der Modelle selbst Der entscheishydende Einwand ist aber daB es bisher noch nieht gelungen ist die Summe der zeitabhangigen Vorgiinge in Ozean Eis und Atmosphiire und ihre wesentlichen Wechselwirkunshygen in ein Modell einzubauen Keiner der hervorragenden Modellbauer macht sieh lIlusionen tiber die Schwierigshykeiten im Detail eine befriedigende Losung wird wohl kaum vor 10 Jahren gefunden werden konnen und auch dieses Datum mag noch zu optimistisch sein

Andere Modelltypen sind vorgeschJagen worden statishystisch-dynamische Modelle die zeitabhiingige Parameter unter Verzicht auf Detail als Statistiken behandeln und

12

stochastische Modelle bei denen die wirksamen langfristishygen Prozesse im Ozean und im Eis von der kurzlebigen Atshymosphiire her angetrieben werden (HASSELMANN und Mitarbeiter )

Aile diese Versuche sind notwendig und nUtzlich soweit sie unsere Kenntnisse tiber die Wechselwirkungen im klimatimiddot schen System und ihre Auswirkung erweitem erst wenn wir diesen komplexen Wirkungsmechanismus voll versteshyhen konnen wir ihn so vereinfachen dafll wir ein gentigend realistisches und doch noch traktables Klimamodell aufshybauen konnen Ein entscheidender Test ist die Simulation des jiihrlichen Ganges (zB WETHERALD - MANABE 1972) diese jahreszeitliche Anderung der Zirkulation ist eher noch groBartiger als die starks ten Klimaschwankunshygen der Vergangenheit wie etwa eine Eiszeit ftir die GAshyTES (1976) ein Zirkulationsmodell mit gegebenen Randbemiddot dingungen entwickelt hat

S2 Zur Frage der Vorhersagbarkeit

Solange die Hauptursachen der Klimaschwankungen in der Vergangenheit - zuniichst jedenfalls als unvorshyhersagbar geJten mUssen bleibt eine ernstzunehmende Prognose etwa flir das Klima der Periode 2100-2150 AD unmoglich Das muB ganz nilchtem gesehen werden selbst ~ wenn die eben erorterten Schwierigkeiten beim Aufbau eines geeigneten Modells voll befriedigend gelost werden konnen Aber ein Ausweg ist moglich der immerhin eine bedingte Vorhersage - in der Literatur als Vorhersage zweiter Art bezeichnet ermoglicht Setzen wir eillshymal voraus daB die unvorhersagbaren Prozesse so weltershylaufen wie in den letzten (rund) 5000 Jahren - genauer seit dem Verschwinden der letzten Reste der kontinentalen Inlandeisdome auf Labrador Dann konnen wir mit Modellshyrechnungen untersuchen wie dieses klimatische System auf Anderungen der Randbedingungen - zB auf eine Anderung des CO2 -Gehalts des Aerosolgehalts der unteren Troposphare oder der Stratosphiire (Vulkane) der Oberfliishychenalbedo - reagiert Solange kein wirklich komprehenshysives aile Untersysteme mitumfassendes Modell des klimashytischen Systems existiert sollte das in sorgfaltig geplanten Parallelversuchen mi t den heute verfUgbaren Modellen bzw den noch verbesserten Versionen durchgefilhrt werden

Parallel hierzu muB aber ein vertieftes Studium charakshyteristischer Stadien der Klimate der Vergangenheit treten ~ das Iiegt auch im Interesse der Modellbauer Es gibt nur eine Mogliehkei1 die Eignung eines Modells zur Klimavormiddot hersage zu erproben die Simulation der Klimate der Vershygangenheit und ihrer zeitlichen Entwicklung Aber auch unabhiingig davon geben uns diese Paliioklimate Hinweise darauf wie das Klima unserer Erde auch aussehen konnshyteo Denn hier versagt offenbar - jedenfalls gilt dies ftir die Mehrzahl der Meteorologen unser Vorstellungsshyvermogen nur so ist das (fast irrationale) Festhalten an der Oberzeugung von der Konstanz unseres Klimas zu erkliiren trotz all unserer Erfahrung mit extremen Wetterlagen

Stellen wir nur die in der Vergangenheit wirksamen Klimashyfaktoren in Rechnung dann mtissen wir uns fragen wie sah das Klima aus als unsere AlpengJetscher den vielerorts im Gelande noch siehtbaren Hochststand (mehrfach in def Zeit zwischen 1610 und 1855) erreicht hatten Das war die kleine Eiszeit (s Abschn 7) sieher mtiBte def Obershy

gang zu der nachsten Eiszeit von einem solchen Stadium ausgehen und wir mtissen die Frage nach der Natur dieses Obergangs erortern Stellen wir im Gegensatz hierzu die anthropogenen Faktoren in den Vordergrund die offenmiddot bar in ihrer Gesamtheit zu einer globalen Erwarmung flihren (s Absdm 41 42) dann kbnnen wir die Warmmiddot phasen der Vorzeitklimate untersuchen und als Beispiel fUr die in Zukunft zu erwartenden Zustande nehmen NatUrJich mtissen wir uns auch die Frage stellen kann sich das Klima der Vergangenheit wiederholen oder haben sich die Randbedingungen inzwischen geandert Nachdem wir heute wissen daf~ es in jtingerer Vergangenheit nicht eine oder vier sondern mindestens 17 Eiszeiten und ebensoviele Warmzeiten g10balen AusmaBes in 18 Milliomiddot nen lahren gegeben hat (FINK und KUKLA) stellt sich dieses Problem in aller Scharfe Auch die Geschichte des Menschen wiederholt sich nie aufvbllig g1eiche Art

Solange wir also keine physikalisch einwandfreien genUmiddot gend realistischen Klimamodelle zur Verftigung haben mUsmiddot sen wir uns mit dem Vergleich vergangener Zustande aber mit aller gebotener Kritik und Vorsicht behelfen Diese Art der Darstellung moglicher aber keinesfalls gesimiddot cherter Zustande bezeichnet man (in der sehr umfang reichen Literatur Uber Zukunftsfragen) als Szenarium als Drehbuch fUr einen Film Das ist eine auBerst unglUckmiddot liche Bezeichnung unsere Darstellung entspringt niemals allein schbpferischer Phantasie sondern beruht ausschlieBmiddot Hch auf den kritisch durchgeprUften Grabungsergebnissen der Vergangenheit alles was frliher schon einmal gesche hen ist kann wieder geschehen sofern die g1eichen Randmiddot bedingungen gegeben sind HierfUr geben uns die vorliemiddot genden Modelle wertvolle Hinweise Andererseits mUsmiddot sen wir stets die natiirlichen Schwankungen des Klimas (mit einer GroBenordnung von plusmn 06degC fUr die g10bale Mitteltemperatur gegeben fUr einen zB IOOjahrigen Mitmiddot telwert) mit in Rechnung stellen sie addieren sich zu den anthropogen verursachten Schwankungen ledem mit der Klimavergangenheit nicht vertrauten Leser sollte das Studium des groBen zweibandigen Werkes Climates Past Present and Future von H LAMB dringend empfoh len werden

FUr den folgenden Abschnitt 6 die Erorterung globaler Warmphasen als Beispiele [iir m6gliche Klimazustiinde unter anthropogenem Einftuj3 mUssen wir folgende einmiddot schrankende Voraussetzungen machen (s Abschn 23 und 3)

a) Konstanz der Solarkonstanten (innerhalb der heutigen MeBgenauigke it)

b) keine Haufung starkerer VulkanausbrUche c) kein groBskaliger Ausbruch des WestantarktismiddotEises d) keine Anderung der mittleren Bewolkung

Die letzte Einschrankung bezieht sich auf unsere mangelmiddot haften Kenntnisse tiber die Rolle der BewOlkung im Strahmiddot lungshaushalt Zweifellos ware schon eine geringe Zunahmiddot me der Bewolkung (zZ nach Bodenbeobachtungen ca 52 nach Satellitendaten ca 30 beides mit sysmiddot tematischen gegeneinander wirkenden Fehlern behaftet) fUr den Warmehaushalt von entscheidender Bedeutung Doeh ist das unwahrscheinlich (CESS) der gro~te Teil der Wolken entsteht in aufsteigenden Luftstromungen und lost sich bei Absinken auf bleibt also als Foige des Kontinuitiitssatzes etwa erhalten Die stabilen Inversionen

aber dUrften bei einer CO2 middotZunahme wegen der waehsenden LabiliHit der Schichtung eher abnehmen

6 Warmphasen in der Klimageschichte

61 Friihmittelalterliche Wiinneperiode

Da eine Riickkehr zu einer rein naturbedingten Klimaentmiddot wicklung ebenso unmoglich ist wie eine RUckkehr zu den Lebensbedingungen der lungsteinzeit fUr eine Erdbevolkemiddot rung von Uber 4 Milliarden miissen wir mit einer g10balen Erwarmung rechnen Dem widerspricht die Abklihlung der Periode 1945-72 in mittleren und hohen Breiten der Nordhalbkugel nur scheinbar in niedrigen Breiten blieben die Temparaturen fast konstant in gemaBigten Breiten der SUdhalbkugel und am Rande der Antarktis sind sie sogar leicht angestiegen Einer CO2 middotZunahme von 12-13 entspricht eihe g10bale Temperaturzunahme urn a2degC dies liegt noch ganz im Bereich des statistischen Rauschens dh der interannuellen Variabilitat Die bemiddot obachtete AbkUhlung kann offenbar mindestens teilweise auf die seit 1955 wieder auflebende Vulkantatigkeit (nach einer Pause 1912-1948) zuruckgefUhrt werden Das Argumiddot ment daB ohne die inzwischen erfolgte CO2 middotZunahme die AbkUhlung entspreehend starker gewesen ware la~t sich weder beweisen noch widerlegen es steht jedenfalls im Einklang mit den zuveriassigsten Strahlungsmodellen Wir betrachten also zunachst als Beispiel fUr eine kUnftimiddot ge Klimaentwicklung - einige Warmphasen aus der Klimamiddot geschichte ohne daB ruer auf die Art der Quellen und ihre Kritik eingegangen werden kann (vgl die Monogramiddot pruen von SCHWARZBACH und LAMB)

Die erste wichtige Warmphase ist das frUhe Mittelalter etwa die Periode 900 - 1050 un serer Zeitrechnung Sie ist zwar in Mitteleuropa durch historische Daten wenig bemiddot legt das umfangreiche Werk von H LAMB enthalt eine Zusammenstellung aller erreichbarer Daten die inzwischen fortlaufend erganzt werden In dieser Zeit scheinen sich (die vorsichtige Ausdrucksweise ist wegen der noch allmiddot zuoft unkri tischen Auswertung historischer Quellen notmiddot wendig) in weiten Teilen Europas warme Sommer und DUrreperioden zu haufen Die wichtigsten Befunde ergeben sich ausder Siedlungsgescruchte der Wikinger in Island und Gronland mit ihren klihnen Vorstoampn nach Labrador und Neufundland Diese Auswanderer (aus politischen GrUnden) trafen ab 874 Island zu etwa 60 bewaldet an sie trieben dort nicht nur Schafzucht sondern auch Getreidebau (wie Ubrigens damals in Norwegen bis zum 65 Breitengrad) Sie Uberquerten die DanemarkstraBe an der schmalsten Stelle ohne den heutigen TreibeisgUrtel anzutreffen und errichteten Siedlungen in Siidmiddot und Westgronland die FriedhOfe dieser Siedlungen liegen heute im Dauermiddot frostboden War der OstgronlandstrOin damals in 65degN eisfrei dann muB das bei dessen hoher Geschwindigkeit Om Vergleich zur Abschmelzzeit der Eisschollen) fUr seimiddot ne gesamte Lange zutreffen die arktische Treibeisgrenze lag also damals an der Nordkiiste Grbnlands dh in 80-shy

o8I N Breite Erst urn 1330 liegt ein zeitgenbssischer Bemiddot richt vor daB das vorgeriickte Eis zur Aufgabe dieses Scruffmiddot fahrtsweges gefiihrt hat zugleich verschlechterten sich die Klimabedingungen in Gronland und Island wo der Getreimiddot debau aufgegeben werden muBte Archaologische For schung hat zeigen konnen daB urn 1000 die Eskimos den ganzen arktischen Arcrupel Kanadas besiedelt hatmiddot

13

ten ebenso die Neusibirisehen Inseln In diesen heute mensehenleeren Einoden lebten sie von Walfang ~ dieshyser setzt offenes Wasser im Sommer voraus Die gleiche Klimaversehlechterung zwang sie ZUIll Ausweichen nach Sliden und ZusammenstoJ)e mit den durch Hunger und Seuchen dezimierten norwegisehen Siedlern in StidgrOn land filhrten zu deren Verniehtung

Die Waldgesehichte Kanadas und Europas die Gletschershygesehichte der Alpen beJegen um J 000 eine Erwarmung lim etwa 1deg( das Kaspische Meer erreichte einen seiner tiefsten Stande bel ~3~ m dh niedriger als heute wo viel Wasser zu Bewaserungszwecken verwendet wird Der Nordteil der Sahara war feuehter als heute arabische Reishysende beriehteten sogar aus dem heute trockensten Geshybiet (Kufra) von einer gerade erst aufgegebenen Rindershyzucht man wird die Niederschlage damals doch auf 150-~00 mmiJahr schatzen mussen gegeniiber 3~5 mm heute Aber aus dem Mittelmeerraum wird von einzelnen uberaus kalten Wintern berichtet ebenso hatten China und Japan warme Sommer aber auch strenge Winter in denen die gro~en F1u~-Seen am Jangtsekiang zufroren 1m mittleren Westen der USA herrschten giinstige Bedinshygungen fur Ackerbau Jagd und sogar stadtische Kuhur wah rend urn 1200 Serien von Durren zur Aufgabe von Gebieten zwangen Da~ diese Dtirreperiode hier im heutishygen Maisanbaugtirtel 200 Jahre anhielt (Bryson und Murshyray) mu~ besonders beachtet werden Der mittlere Westen Nordamerikas ist zZ das einzige Gebiet mit Getreidetibershyschuf~ wahrend viele andere Lander von Importen dh von der Hand in den Mund Jeben

Eine Zusammenschau dieser (und anderer) Daten fUhrt zu der Vorstellung (LAMB) da~ wie in den hei6esten Somshymem der Periode 1931-60 die Zyklonenzugbahnen der Westdrift durch quasi-stationare Hochdruckgebiete urn 300~500 km nach N verlagert waren Auch im Winter ergab sich eine iihnliche Situation die aber mit blockierenshyden Hochs zu hiiufigen Kaiteperioden ftihrte Wahrend im Eis Gronlands bereits eine vortibergehende Abktihlung urn 1160 eintrat die auch von Schweizer Gletschern beJegt ist war die nachste Kaltewelle mit dem Hohepunkt urn 1320 noch nachhaitiger wirksam alle Warmphasen seit dieser Zeit haben nieht die Andauer und Intensitat derjeshynigen urn die Jahrtausendwende erreicht Ftir sie kann ein Anstieg der reprasentativen Temperaturen urn etwa 1degC angesetzt werden die in der Arktis vermutlich 2-3degC erreicht haben diirfte Von der Sudhalbkugel Jiegen kaum Daten vor au~er einer Trockenperiode in Neuseeland zur Zeit der Maori-Einwanderung

62 Die holozane Warmeperiode vor 6000 (bzw 4000) Jabren

Nach dem Hohepunkt der letzten Eiszeit (18000 vh = vor heute) dauerte der Eisrtickzug in den beiden Nord-Kontishynenten verschieden lang das Skandinavische Inlandeis verschwand endgilltig kurz vor 8000 vh wiihrend zugleich das Laurentische Eis Nordamerikas noch die Hudsonshybucht mit allen Nachbarliindern bedeckte mit noch etwa 50 Prozent seiner urspriinglichen Flache Nach einem katashystrophalen Einbruch des Meeres in die Hudsonbucht vershyschwand das Eis im Westen relativ rasch in Labrador anshyscheinend erst urn 4500 vh wah rend in Baffinland ausgeshydehnte Plateaugletscher bis heute tiberlebten Das ftihrte

14

in der Zeit 8000-4500 vh zu einer permanenten Anomashylie der Zirkulation von Atmosphare und Ozean tiber Euroshypa zu einer zusatzlichen advektiven Erwarmung mit einem ersten Hohepunkt urn 6000 vh einem zweiten ab etwa 4500 vh nach einer kurzen intensiven Abktihlung urn 4800 vh wahrend das ostliche und zentrale Nordamerika noch relativ ktihl blieb Offenbar lagen auch Alaska und das westliche Nordamerika unter dem Einfiu~ eines warmen Hochdruckrtickens langs 1000W dehnte sich der boreale Wald etwa 300 km weiter nach N aus als heute ja vor 4800 vh sogar bis zur Banks-Insel (74degN) Ahnliche Beshyfunde Iiegen von Nordnorwegen und der westsibirischen Taiga vor die eine Erwarmung urn 2 bis 3degC andeuten im globalen Mittel ergibt sich eine Erwarmung urn etwa I 5degC In der inneren Arktis waren selbst die Nordktisten von Spitzbergen Gronland und Ellesmere-Land im Somshymer eisfrei wahrend der Kernbereich des arktischen Treibshyeises zwischen N ordkanada und Ostsibirien sieher erhalten blieb

Die Vegetationsgeschichte von Eurasien (FRENZEL) zeigt diese Warmphase klar Werbei darf man nlcht vergesshysen daB die Einwanderung von Waldbaumen erheblich Ianshygere Zeit benotigt als die daftir verantwortliche Klimaiindeshyrung Von besonderer Bedeutung ist dabei in Ostsibirien a offenbar auch in Kanada und Alaska ein Rtickzug des Dauerfrostbodens urn mehrere 100 km nach Norden in den Gebirgen rtickte die Waldgrenze tiberaIl urn 100-150 m aufwarts In den Alpen lli~t sich das mit vielen Einzelheiten belegen (pATZELT) aber im Gegensatz zur Subarktis kam es hier in der Periode zwischen 8000 vh und 800 vh zu mindestens vier Warmeperioden und zwischengeschalteshyten Kaltphasen mit Gletschervorstii~n von jeweils fast gleieher Intensitat Ftir die TemperaturverhaItnisse der Ozeane sind nur wenige Angaben vorhanden - die zeitshyliche Aufiosung der Ozeanbohrkerne liegt meist bei 3-5000 Jahren als Folge der geringen Sedimentationsrate und der biogenen Durchwtihlung des Meeresbodens Nur fUr den Kuroshio zwischen Taiwan und der japanischen Stidktiste wird eine Erwarmung urn 6degC angegeben

Die auffaIligste Erscheinung ist eine verbreitete Zunahme der Niederschliige mit nur zwei sicheren Ausnahmen In Westsibirien sowie im Mittelwesten der USA (Wisconshysin - Illinois) weitete sich das trockene Grasland nach N bzw E hin aus Oberall sonst besonders auWillig 1m Trok- ~ kengtirtel der Alten Welt von Mauretanien (l7degW) bis nach Rajasthan (77degE) herrschte ein feuchteres Klima als heute in der Sahara ist es an mehr als 30 fossilen Seen und Fltisshysen einwandfrei belegt eben so in der Danakilwtiste in der arabischen Wtiste aber auch im SW Nordamerikas im ostafrikanischen Graben und in weiten Teilen Australiens Zwei Gebiete sind besonders gut belegt in Rajasthan (BRYSON) schwankte die Regenmenge zwischen 400-600 mm (zeitweise fiber 800 mm) von etwa 10500 vh bis rund 3700 vh gegeniiber rund 250 mm heute und der Tschadshysee heute ein naches von Diinen durchsetztes Seebecken von maximal 23000 km2 dehnte sich zweimal (urn 8500 und urn 5800 vh) auf tiber 320000 km2 aus (MALEY) mit einem Spiegel tiber 40 m hoher als heutc und einer maximamiddot len Tiefe von etwa 200 m Das zentrale Trockengebiet zwischen Kufra und Tibesti heute mit weniger als 5 mml Jabr war zT von dauernd flie~nden Fltissen durchzogen Das Grasland wurde genutzt von offenbar zahlreichen rinderztichtenden Nomaden und die jahrlichen Niedershy

schlage werden auf 200-400 mm geschatzt (PACHUR GABRIEL) im Tibestigebirge (heute 100 mm) auf tiber 800 mm Besonders auffallig ist da~ in dieser Feuchteperiode sowohl die Nord- wie die Stidflanke der Sahara starker tiberregnet wurden im Sahelgebiet schlieBt ROGNON auf eine ganzjahrige Regenzeit mit haufigen Dauerregen an stelle der kurzen Sommer-Regenzeit mit ihren heftigen Schauern Das ist nicht vertraglich mit der Lehrbuch-Vorstellung von einer meridionalen Verschiebung aller Klimagtirtel die im Stiden und Norden der Sahara alternierende Feuchtshyphasen auslosen m~te Nur bn Winterregengebiet nordlich 36degN find en wir in Anatolien und Iran (so am Van-See) eine markante Trockenperiode gleichzeitig mit der Feuchtshyphase der ganzen Sahara Diese Feuchtphase schon einmal urn 7500 vh unterbrochen wurde ab 5500 vh durch eine allmiihliche Austrocknung abgelost die urn 4000 vh in der Sahara etwas spater auch in Rajasthan zu einem ariden Klima ahnlich wie heute fOOrte Diese Austrocknung haben die frOOeren Hochkulturen miterlebt das Alte Reich Agyptens die Stadtkulturen zwischen Jericho und Ur die Indus-Kultur ilire Krisen oder ihr Untergang hiingen offen bar von diesen Klimaanderungen starker ab als von dem Einfall fremder Volksstamme

Die Interpretation dieser Befunde aus dem Holoziin (=Nachshyeiszeit) erfordert eine genaue Synchronisation des Ablaufs der Klimageschichte in weit entfernten Raumen sowie ein meteorologisches Verstiindnis dieser raumlichen Bezieshyhungen anhand rezenter Befunde Zunlichst ergibt sich auch heute in den Obergangsjahreszeiten wie im Winter die Existenz quasi-permanenter Hohentr6ge die sich in 150-300 mbar jeweils weit zurtick nach SW bis in die innemiddot ren Tropen hinein erstrecken (FLOHN 1975) Ahnlich existieren diese diagonaien Hdhentrdge auch tiber der Stidhalbkugel wo sie bis zum Aquator gelegentlich auch dartiber hinaus reichen In ihrem Bereich kommt es zu einer Wechselwirkung der tropischen und aulkrtropischen Storungen (Abb 9) die zu kraftigen Wirbeln mit Gewittermiddot schauern und Sandsttirmen ftihren dies sind die schon urn

Interaction Upper Troughs-low level Tropical Vortices Lat

300

fIlA 200

10middot

omiddot Abb 9 Diagonale Hohentroge (200 mb) und ihre Wechshy

selwirkung mit Storungen der tropischen Oststroshymung (700 mb)

1935 bekannten Saharadepressionen 1m westlichen und zentralen Nordafrika laBt sich an heutigen Statistiken die simultane Schrumpfung bzw Ausweitung des Trokshykengtirtels und die Rolle der Frtibjahrsregen hierbei nachshyweisen dasselbe ergab sich aus historischen Studien der Regenverhaitnisse im 17-19 Jahrhundert (NICHOLshySON)

Wahrend der ersten Feuchtphase 10500 8000 vh existiershyten noch ausgedehnte EisfHichen in Nordeuropa und Nordmiddot amerika Das ganze Jahr tiber reichte die glob ale Kaltshyluft und die von ihr ausgehenden Kaltetroge weiter stidmiddot warts als heute wahrend sich Uber den Tropen bereits die heutige Zirkulation herstellte Die Befunde deuten im Atlantik wie im Pazifik auf eine Abschwachung der subtroshypischen Hochdruckgebiete und damit der Intensitlit der Passatwinde Dies fiihrt notwendig zu einer Abschwachung des Aufquellens von Kaltwasser sowohl an den Westktisten (NWmiddotAfrika Kalifornien) wie am Aquator hier also zur Vorherrschaft der EI-Nino-Zirkulation mit Warmwasser starker Verdun stung und aquatorialen Regen auf dem Meer die geophysikalische Rolle dieses Wechsels ist kaum zu tiberschatzen Urn 8000 - 7300 vh kam es nach Vermiddot schwinden des skandinavischen Eises zu einer Unterbremiddot chung der Feuchtphase Diese stellte sichjedoch wieder her solange noch tiber Labrador - Baffinland ausgedehnte Eisfelder auch im Sommer tiefe weit ausgreifende Hohenmiddot troge zur Folge hatten diese traten offenbar in Nordamerishyka sowie in EuropaAfrika in den Obergangszeiten haufishyger auf als heute 5-10 faile dieser Art pro Jahr gentigen urn insgesamt 150-250 mm zusatzlichen Niederschlag hervorzubringen Die endgultige Austrocknung vollzog sich erst urn etwa 4500 vh mit dem Verschwinden der Eisreste aus Labrador

Die fUr den Klimaablauf entscheidenden physikaischen Randbedingungen in der Subpolarzone waren also urn 6000 vh noch wesentlich anders als heute erst urn 4500 vh entwickelten sie sich offenbar mit einer noch starkeren Reduktion des arktischen Eises Die ebenfalls noch wanne Phase urn 4000 vh deren regionale Einzelheiten weniger gut bekannt sind war im Trockengtirtel der Alten Welt wie im SW Nordamerikas in Stidafrika und in Australien ahnlich trocken wie heute Noch eine weltcre Randbedinshygung sollte nicht vergessen werden die bereits erwahnte (Abschn 43) Vegetationszerstorung und Desertifikation die mit der Zunahme der Obertlachenalbedo tiber den Meshychanismus des Charney-Modells zu einer Verstarkung des Absinkens fUhrt Sie wird wahrscheinlich bei einem Ruck gang des ArktismiddotEises eine Zunahme der Niederschlage im Sahel hinausz6gern jedenfalls solange bis durch geeigshynete SchutzmaBnahmen eine geschlossene GraslandmiddotVege tation in den Randgebieten der Sahara wieder hergestellt werden kann Das aber ist ein okonomisch-soziales Pro blem

63 Letztes Interglazial EemmiddotWannzeit 120000 vb

Die EntwickIung quantitativer Arbeitsmethoden in der Geo logie hat in den letzten Jahren einige aufregende Entdek kungen innerhalb der Erdgeschichte erm6glicht Hierzu zahlt die Entdeckung eines 17-18maligen Wechsels zwi schen Eiszeit und Warmzeit (Interglazial) in den letzten 2 Millionen Jahren in zeitlicher Obereinstimmung datiert mittels der Umkehrung des erdmagnetischen Feldes gefunshyden in Ozeanbohrkernen aus dem aquatorialen Pazifik (SHACKLETON - OPDYKE) und in L6Bprofilen in Mahmiddot ren und Niederosterreich (KUKLA und FINK) Damit ergab sich eine gesicherte Chronologie der Kalt- und Warmshyzeiten ftir die palaomagnetische BrunhesmiddotEpoche der letzten 700 000 Jahre In allen geeigneten Ozean-Bohrkernen finshydet man in der Zeit zwischen 127 000 und 75 000 vh (mit einer Fehlergrenze unterhalb plusmn 5000 Jahren) drei

15

Warmphasen mit zwei kurzen Kaltphasen dazwischen genauere Untersuchung in Barbados auf Mallorca Neuguishynea und an der Themsemtindung belegen auch die zugeshyhOrigen eustatischen Schwankungen des Meeresspieshygels da in den Kaltphasen gro6e Wassennengen als konshytinentales Eis gespeichert werden Auf dem Festland sind bisher zwei nahezu vollstandige Moorbohrkerne untershysucht worden (in Mazedonien und sudlich der Vogesen) die die gleichen Schwankungen zeigen aber in wesentlich hOherer zeitlicher Auflosung Noch weiter auflasbar sind die Diatomeenablagerungen Nordwestdeutschlands mit ihren tiber 10 000 Jahre reichenden Jahresschichten (H MOLLER) die eine pollenanalytische Analyse von Abshyschnitten von nur 15 Jahre Lange erlauben

Nach allen vorliegenden Befunden ist die friiheste der drei Warmphasen mit deutlichem Abstand die warmste noch etwas warmer als die erarterte holozane Warmphase offenbar auch warmer als die vorhergegangenen Interglashyziale Sie reichte von 127000 bis etwa 115000 vh die warmste Phase umfa~te in den Vogesen mindestens 10000 Jahre dagegen die beiden Kaltphasen nur jeweils 1600 bzw 1000 Jahre Ftir Europa und die Sowjetunion existiert eine detaillierte Vegetationsanalyse (FRENZEL) dieser Warmzeit die mit dem hollandischen Lokalnamen Eem (im engeren Sinne) bezeichnet wird nach dieser Anashylyse miissen die Temperaturen 2-3degC haher gelegen haben als heute in Sibirien sogar bis 6degC Xhnlich wie im Holoshyzan miissen die Niederschlage hoher gewesen sein zumal die hOhere Temperatur schon an sich zu einer Zunahme der Ozean-Verdunstung fiihrt Neben der oben erorterten Dominanz der EI-Nifio-Zirkulation am Xquator ist eine weitere Ursache der Verstarkung des hydrologischen ZykshyIus der eustatische Meeresspiegelanstieg auf + 5-7 m der durch einen breiten Meeresarm zwischen Ostsee und Wei~em Meer Fennoskandien zur Insel macht und im Mtindungsgebiet von Ob und Jenissei bis tiber 1000 km weit ins Binnenland eingreift (FRENZEL) Zugleich kam es zu einem drastischen Riickzug des Dauerfrostbodens in Ostsibirien bis etwa 57deg Breite (heute etwa 49deg) Auch bei einem Anstieg der Temperaturen urn 6degC erlebte Sibishyrien auch damals sehr kalte Winter doch miissen im Sommiddot mer die Ktisten weitgehend eisfrei gewesen sein Anderermiddot seits ergeben die Bohrkerne im Arktischen Ozean daB der zentrale Kern des arktischen Eises zwischen Gronland Alaska und Ostsibirien aile Warmzeiten seit mindestens 700000 Jahren ohne Unterbrechung uberdauert hat die gleiche Annahme erscheint fUr das Gronlandeis immershyhin wahrscheinlich (wenn auch nicht belegt)

Mit dem starker mariti men Klima Europas reiehten warmiddot meliebende Walder weit nach Ru6land hinein Das Vorshykommen von Lowen FluBpferden und Waldelefanten in GroBbritannien ist ein besonders auffallendes Anzeimiddot chen warmerer Bedingungen wenn auch der SchluB auf tropisches Klima nach Ausweis der Vegetation sicher unshygerechtfertigt ware Aus den tropischen Kontinenten lieshygen bisher nur wenige Befunde vor eine lange humide Phase an der westafrikanischen Kiiste und in der Afar-Senke am Roten Meer entsprechen den Befunden der holozanen Warmzeit

Diese Eem-Warmzeit war offenbar die wiirmste Phase seit Beginn der Brunhes-Epoche vor 700000 Jahren abet das gesamte letzte Interglazial dauerte wesentlich langer

es umfaBte zwei weitere etwas kiihlere Warmphasen geshytrennt durch zwei intensive Kaltphasen urn etwa 110 000 und 90 000 vh Die zugehorigen Schwankungen des Meemiddot resspiegels zwischen -70 und -80 m in den Kaltphasen (letzte Eiszeit -100 m) und etwa -5 m in den beiden spateren Warmphasen zeigen daB die Schwankung des globalen Eisvolumens immerhin 70-75 derjenigen zwishyschen letzter Eiszeit und heute betrug Diese Anderunshygen der Massenbilanz in den beiden Kaltphasen drang ten sich jeweils auf weniger als 10 000 Jahre zusammen die entsprechenden Klimaanderungen auf dem Festland liefen nach Ausweis der (verzogerten) Vegetationsschwanshykungen in den europaischen Mooren in wenigen 100 Jahshyren in Wirklichkeit also vermutlich in lt 100 Jahren abo Das wird bestatigt durch den Gronland-Blitz eine in ihrem Mechanismus noch nieht einwandfrei geklarshyte Abkiihlung in weniger als 100 Jahren (DANSGAARD) die im Eis Nord-Gronlands in tiber 1300 m Tiefe seit minshydestens 90000 Jahren tiefgefroren aufbewahrt ist

Gewi~ sind noch nieht alle Fragen geklart Offenbar haben sich im mittleren Europa die beiden Kaltphasen trotz globalen Charakters nur kurzfristig in Form abrupter Abkiihlungen in der und hier allein interessierenden humashynen Zeitskala ausgewirkt Xhnliche Ereignisse haben sich nach den heute vorliegenden Befunden in allen jtingeren Y Interglazialzeiten (und im Holozan) abgespielt - auf dieshyses Problem muB noch (Abschn 8) eingegangen werden

Der eustatische Meeresspiegelanstieg im Eem ist in seiner Ursache noch nicht geklart ein Anstieg urn 5-7 m entmiddot spricht entweder dem Abrutschen des Eises der Westantshyarktis oder dem Verschwinden des Gronlandeises oder eishynem entsprechenden Wasserverlust der sehr stabilen Ostantshyarktis Wabrend das zuerst genannte Ereignis uU recht rasch vor sich gehen konnte (genauere Vorstellungen tiber die Zeitskala liegen allerdings nicht vor) laufen die beiden anderen Ereignisse so langsam ab daB der zugehoshyrige weltweite Meeresspiegeianstieg in der GroBenordnung weniger mm pro Jahr (heute 11 mm) bleibt

64 Eisfreie Arktis vereiste Antarktis (12-25 Mill vh)

Wahrend die bisher dargestellten Klimaphasen keine grundshysatzlichen Abweichungen gegentiber dem heutigen Klimashybild zeigen trifft dies fUr den extremsten Fall eines vOl- ~ ligen Verschwindens der arktischen Treibeisdecke nicht zu Die Idee eines Verschwindens des arktischen Treibshyeises hat zuerst BUDYKO urn 1962 entwickelt und zwar als Endergebnis einer gezielten Umwandlung des Klimas wie sie 1959 auf einem der Kongresse der KPdSU proklashymiert worden war - im Einklang mit der marxistischen These von def Umwandlung der Natur durch den Menshyschen Bei naheren Untersuchungen stellte sich heraus daB dieses Projekt (schon wegen der Ausdehnung der Eisdecke tiber 10 bull 106 km2 ) nicht nur extrem aufwendig war sondem auch sehr weitreichende Nebenwirkungen zur Foige haben konnte Spater erkannte man daB die im Gange befindliche Zunahme des CO2 -Gehaltes zu dem gleiehen Ergebnis fiihren konnte Die Sensitivitat dieses Systems wurde bereits besprochen (vergl Abschn 21) ein vereinfachtes eindimensionales Klimamodell (BUDYKO 1969) ergab bei wachsendem CO2 -Gehalt und zunehmender Erwarmung ein immer rascheres Ruckshyweichen der EisSchneegrenze zum Nordpol hin

16

Ein solches scheinbar jeder Erfahrung widersprechendes Modell konnte nieht ohne Widerspruch hingenommen werden Schon die Frage ob unter den heutigen Klimashybedingungen die Eisdecke irreversibel verschwinden kann oder ob sie sich im nachsten Winter neu bildet mu~te eingehend erortert werden wir konnen sie offen lassen da nunmehr ein Verschwinden des Treibeises unter extreshymen von den heutigen abweichenden Klimabedingungen zur Erorterung steht Diese Frage kann nur mit umfangreishychen Modellrechnungen beantwortet werden unter weishychen Bedingungen ist das dynamische System Meer Treibeis (mit Polynyas) - Schneedecke - Atmosphiire tiber den jahreszeitlichen Wechsel der Strahlungsbilanz hin stabil bzw instabil Solche Rechnungen sind im Gang eine ganze Familie von stufenweise immer komplexerer Modelle mu~ unter verschiedenen Randbedingungen geshytestet werden eine umfangreiche Arbeit die nicht heute oder morgen zu Ende geftihrt werden kann

Einer der vielen Einwande war die Frage ob ein eisfreier ~ Arktischer Ozean gleichzeitig mit einer vereisten Antarkshy

tis existieren konne dies ergibt eine schwer vorstellbare Asymmetrie der beiden Halbkugeln Aber auch heute existiert eine deutliche Asymmetrie die Troposphiire tiber der Antarktis ist im gleichen Niveau im Jahresmittel 11shy

12degC kalter als tiber der Arktis im NordsommerlStidwinter sogar um tiber 26degC Da nach einfachen OberJegungen die durch die Modellversuche von FULTZ (1959) bestiishytigt wurden die Zirkulation der Atmosphiire von dem Temperaturgeflille zwischen Aquator und Pol abhiingt (KORFF und FLOHN 1969) ist die Zirkulation auf der Stidhemisphiire starker als auf der Nordhalbkugel und greift tiber den Aquator hintiber im Jahresdurchschnitt bis etwa 6deg Nordbreite im Juli (Januar) auf rund 12deg N (1 deg S) Das zirkulationserzeugende meridionale Temperaturgefalle ist heute tiber der Stidhalbkugel im lahresdurchschnitt 42 gro~er als tiber der Nordhalbkugel

Tatasachlich hat aber - das ist eine der grundlegenden Erkenntnisse die wir dem Deep Sea Drilling Programm mit der Glomar Challenger verdanken - ein derart krasser Gegensatz der beiden Pole im jtingeren Tertiar viele Millionen Jahre lang existiert (KENNETf 1977) Der Antarktische Kontinent war erstmals vor 38 Ma (= 106

Jahre) mindestens teilweise vereist schon damals bildete sich das antarktische Bodenwasser der Ozeane mit einer

Abktihlung um etwa 5degC Eine vollstandige Vereisung der Antarktis besteht seit dem mittleren Miozan vor 12shy14 Ma sie war seither nur noch sekundaren Schwankungen unterworfen Vor etwa 55 Ma bildete sich dieses zuniichst noch relativ flache Eis mit Temperaturen um OdegC in ein kaltes stabiles Eis (der Ostantarktis) um noch 200shy300 m mach tiger als heute begleitet von einer globalen Abktihlung und einer eustatischen Absenkung des Meeshyresspiegels Diese ftihrte an der Schwelle von Gibraltar zu einer (mehrfach wiederhoJten) Abschntirung und Ausshytrocknung des westlichen Mitteimeeres (HSU) auf deren regionaie klimatische Bedeutung nicht weiter eingegangen werden kann

Die allmiihliche Abktihlung wiihrend des mittleren und junshygeren Tertiars hangt offenbar mit der Bildung des kalten von der Antarktis sich ausbreitenden Bodenwassers zusamshymen durch Mischung sanken auch in mittleren Schichshyten die Wassertemperaturen langsam ab und mit der Vershy

starkung der atmosphiirisch-ozeanischen Zirkulation kam es zum Aufquellen dieser ktihlen Schichten am Aquator und an den subtropischen WestkUsten Eine Vereisung der Gebirge der Nordhalbkugel trat erst lange nach der Antshyark tis ein in Alaska vor etwa 9 Ma in Island und im kalimiddot fornischen Hochgebirge vor etwa 28 Ma Eine Bildung von arktischem Treibeis war erst moglich nachdem diese konshytinentalen Gletscher allmahlich beim sommerlichen Schmelshyzen eine dUnne salzarme Deckschicht des Arktischen Ozeans gebildet hatten dies geschah offenbar erstmals vor 23 Ma zuerst sicher noch als jahreszeitliches Eis

Damit steht also fest da~ in der Zeit zwischen 12 und 25 Ma gleichzeitig ein vollstandig vereister antarktischer Konshytinent und ein offener eisfreier arktischer Ozean existiermiddot ten In dieser Zeit miampte (aus theoretischen GrUnden) der meteorologische Aquator im Jahresmittei in etwa 9-10deg Nordbreite gelegen haben dafUr gibt es in Afrika auch Belege Als weitere Fol~e ware eine Verlagerung des Trockengtirtels bis 40-50 N zu erwarten die im ostlichen Europa auch belegt ist (zB im Wiener Becken s Abb 10) die subtropische Flora jener Zeit ist vielfach beschrieben worden (SCHWARZBACH MAGDEFRAU)

Northern Boundary of NHem Evaporite Zone

Oucternary (0-2 Ma) Late Tertiary 15-15 Ma) Early Tertiary (30-50Ma)

Abb 10 Mittlere Nordgrenze des Trockengiirtels (Ablashygerungen von Salz Gips usw) im Quartar (0 shy2 Ma) JungterWir (5 IS Ma) und Alttertilir (30 - 50 Ma) nach LOTZE

und Walder der gema~igten Zone reichten bis Nordgronshyland Nach SCHWARZBACH lagen im rheinischen Braunmiddot kohlengebiet die Temperaturen in allen Jahreszeiten urn 5-8degC hOher als heute Der stidhemisphiirische Trocken gtirtel reichte bis in die Nahe des Aquators Es ist unmogmiddot lich in diesem Rahmen auf Einzelheiten einzugehen zumal hierzu eine vollstiindige Auswertung der neueren geologimiddot schen Literatur notwendig ist

Nach BUDYKOs Modell kann der Obergang zu einem solchen Klima dh das Verschwinden des arktischen Eises bei einer allgemeinen Erwarmung urn ca 4degC eintreten (vgl auch KELLOGG) Das entsprache (je nach Modellannahme) einem virtueJlen CO2 -Gehalt von 800 shy1100 ppm der reale CO2 -Wert liegt bei 750 ppm (plusmn 15jd (Abschn 42) Ob und wann solche Werte erreicht werden hangt von Entscheidungen auf energiepolitisch-okonomisch sozialem Gebiet ab (Abschn 8)

17

7 Kaltphasen in der Klimageschichte

71 Kleine Eiszeit (1550-1850)

Dal~ das Klima im 20 Jahrhundert nieht das einzig mogliche ist ja dreg es selbst im Rahmen der [etzten 500 Jahre ausgesprochen anormal ist gehort zu den Tatsachen die selbst den meisten Meteorologen unbekannt sind Tatsachmiddot Hch haben wir in Europa - wie das am besten bekannte Verhalten der AJpengletscher zeigt seit rund lO 000 Jahmiddot ren immer wieder einen Wechsel zwischen Warmphasen (wie in Absehn 61 geschildert) ulld Kaltpllasen erlebt Hierbei sind die Phasen innerhalb dec beiden Gruppen untereinander recht iihnlich ihre Dauer aber variabel irgendwekhe persistenten Perioden existieren offenbar nieht oder ihr Anteil an der gesamten Varianz ist vernachmiddot liissigbar gering Wahrend die Gletscherstande der Zeit 1930-60 offenbar nahezu identisch sind mit denen frOherer Warmphasen l diese A ussage ist etwas unsieher) liegen die Moranen der GletschervorstoBe urn 1820 und urn 1855 fast genau auf denen frtiherer Gletscherhochstande (PATZELT) Die letzte Kaltphase kann uns also als Modell fUr aIle frOhemiddot ren seit dem RUckzug der grofben Inlandeise dienen ihre Bezeiehnung als Kleine Eiszeit ist allerdings bewufbt Ubermiddot trieben Ihr Beginn ist nieht eindeutig festlegbar schon urn 1160 urn 1320 und urn 1430 kam es zu kUrzeren aber marmiddot kanten GletschervorstoBen in den AJpen und fUr die beimiddot den 1etztgenannten Termine liegen viele Nachriehten Uber ganz ungewohnhche Klimaanomalien vor (LAMB von RUDLOFF) Von langerer Dauer war die Klimaverschlechmiddot terung ab 1560 die in ZUrich einen Rtickgang der Wintermiddot temperaturen urn 2degC brachte wahrend bei Kopenhagen das ganze Jahr Uber Winde aus SUdost und Ost - als Anzeimiddot chen blockierender Antizyklonen vorherrschten Die Witshyterungsabliiufe ahneln sehr denen die wir heute in Einzelmiddot jahren mit strengen Wintern (1939-42 19467 19623) erleben haufig blockierende Antizyklonen Wetter1agen mit anhaltend starker meridionaler Komponente - unmiddot gewohnlich kalt aber auch ungewohnlich warm haufige Dtirremiddot und Niisseperioden schneereiche und bis tief in das Frtihjahr anhaltende Winter mit nachfolgenden MiBernmiddot ten

FUr die Beurteilung der Klimabedingungen jener Zeit sind nieht nur die Gletscher der Hochgebirge sondern vor aHem die Under nahe der Polargrenze des besiedelten Landes wesentlich Island Sehottland die Faroer und Skandinamiddot vien Die Nachriehten vom Verhalten des arktischen Treibmiddot eises - mit seiner entscheidenden Rolle fiir Albedo und Wdrmehaushalt haufen sieh jetzt Island viele Jahre hinmiddot durch 6-9 Monate lang von Treibeis blockiert massive Eismiddot vorstoBe nach den Faroern (mit Wassertemperaturen 3_4degC unter den heutigen) und selbst nach Norwegen (wo die Fischerei jahrelang fast ohne Ertrag blieb) Rtickgang der Vegetationsgrenzen und schwere Nahrungskrisen in Schottmiddot land Besonders eindrucksvoHe Beispiele aus der Zeit 1755shy1790 schildert die durch genaue meteorologische und landwirtschaftliehe Daten ausgezeiehnete Arbeit von PFISTER aus dem Kanton Bern auf die weltweite Zusammiddot menschau von H LAMB (VoL II) sei nochmals hingemiddot wiesen

Eine voriaufige Zusammenstellung der jahrlichen Getreishydepreise in der Zeit von 1500-1860 gibt Abbildung 6 die aus den fast vollstandigen Reihen von 5 deutschen Stlidten

18

gemittel t wurde von einem langjiihrigen Trend abgesehen zeigt sie zahlreiche meist gruppenweise auftretenden Jahre mit Preisanstiegen urn das dreimiddot bis sechsfache Das absomiddot lute Maximum (bis 1950) waren die weitweiten Hunger jahre J81617 nach dem Vulkanausbruch des Tambora 1815

1m Gebiet der mediterranen Winterregen existieren widershyspruchsvolle Nachrichten einmal stimmen die kiiltesten Abschnitte (genannt seien die Zeiten urn 1570 1630 vor aHem 1680-1700 nach 1770 1816 f 1845 t) mit Feuchtjahren Uberein einmal mit Diirren Das gilt fUr Algemiddot rien die Seen Mittelitaliens ebenso wie fur das Tote Meer und das Kaspische Meer aber auch (nach Sh NICHOLSON) fUr die Sahelzone Systematische Studien Uber die Telekonmiddot nektionen der Niederschliige im Mittelmeergebiet brinmiddot gen die Lasung (HELBIG) die Maxima der mediterranen Winterregen konzentrieren sieh im Bereich quasistationarer Hahentroge und negative KorreIationen g1eichzeitiger Werte mit Abstanden von 700-1000 km ( = halbe Rossbymiddot Wellenlange) sind haufig Daher ist es hier sinnlos eine ganmiddot _ ze Klimazone zusammenzufassen die Abhangigkeit der KlimamiddotAnomalien von der Lange ist mindestens ebenso groB wie die von der Breite Die regionale Verteilung der entmiddot gegengesetzten Witterungsanomalien wird beherrscht von der jeweils quasistationaren Lage des bloekierenden Hoch C

zentrums und der begleitenden Hohentroge bzw Kaltluftmiddot tropfen - das kennt jeder erfahrene Synoptiker und das ist auch das zentrale Problem jeder iangfristigen Vorhermiddot sage Auch in Nordamerika hangen die kalten Zeitabschnitmiddot te dieser Periode mit bloekierenden Antizyklonen zusammiddot men wie die Auswertung von Baumringen (FRITTS) geshyzeigt haben

Was ist nun die Ursache des Vorherrschens meridionaler Zirkulationstypen in dieser Klimaphase was die Ursache dominierender zonaler Zirkulationstypen mit polwarts vermiddot schobenen subtropischen Hochzellen in den Warmphasen Beim VergIeieh etwa der Abschnitte 1815-1855 (nochshymals urn 1890) und 1930-1960 fall t sofort die verschiemiddot dene Lage der arktischen Treibeisgrenze im Atlantik auf im Raume urn Island-Norwegen handelt es sich urn Vermiddot schiebungen von der GroBenordnung 1500 km Was aber verursachte diese Ausweitung des arktischen Treibeises die maximal 2 Mill km2 erreicht haben dtirfte

Auf diese Frage existieren zZ zwei Antworten von demiddot nen wenigstens eine geophysikaJiseh einwandfrei begrtinshydet ist Sie bezieht sich auf eine von LAMB zusammengemiddot faBte Statistik von VulkanausbrUchen (s Abschn 32) bei der in der Tat ein Zusammenhang zwischen den Hohemiddot punkten der kleinen Eiszeit und besonders schweren Vulmiddot kaneruptionen (oder Gruppen) auffall 1 Andererseits hat EDDY darauf hingewiesen daB die auffallige lange Periode geringster SonnenaktivWit der Zeit 1643 -1710 mit ihrem Maximalstadium tibereinstimmt - dieser Zusammenhang ist jedoch bisher physikalisch noch ganz ungek1art und muB daher offen bleiben Wegen der Unvorhersagbarkeit beimiddot der Ursachen kann das erneute Auftreten einer solchen Kaltphase in den nachsten 50-100 J ahren weder bejaht noeh ausgeschlossen werden auch eine statistische Aussage tiber die Wahrscheinlichkeit bleibt unsicher da zahlenmaBige Unterlagen in beiden Fallen nur wenige Jahrshyhunderte umfassen und subjektive Beurteilungen nieht ausmiddot schlieBen konnen Sofern sich aber die glob ale Erwiirmung

(etwa ab 2000) durchsetzt werden Wahrscheinlichkeit und AusmaB einer Wiederholung der Kaltphase sHindig zurUckmiddot gehen

72 Ubergang zu einer Eiszeit

Keine Frage wird dem KJimatologen Ofter von Repormiddot tern gestellt als die nach der nachten Eiszeit Umso merkmiddot wUrdiger ist die geringe Rolle die der mogliche obergang vom heutigen (interglazialen) zu einem glazialen Klima in der wissenschaftlichen Literatur spielt Das mag zwei Grtinde haben Geologen und andere an der Klimageschichmiddot te interessierte Wissenschaftler wagen sich nicht (mit einimiddot gem Recht) auf ein ihnen fremdes Feld und die meisten Meteorologen halten dieses Problem fUr ebenso unwissenmiddot schaftlich wie das der Sintflut Diese Einstellung ist aber heute nieht mehr gerechtfertigt nachdem in einer Reihe von Fallen einwandfrei abrupte Klimaiinderungen mit einer in humanen MaBstaben ganz kurzen Zeitmiddot skala nachgewiesen wurden die samtlich aus den Interglamiddot zialen oder den - hier nieht interessierenden - tJbermiddot gangsstadien zwischen Glazial und Interglazial stammen Einwandfreie Belege beruhen entweder auf Untersuchunmiddot gen an fossilen Mooren mit Jahresschichten (Varven)

fln Seen mit hoher Sedimentationsrate oder von Baummiddot ringen Aus Raumgrtinden ist es nieht moglich auf einzelmiddot

ne Befunde einzugehen (FLOHN 1974 1978) Einer der besten stammt aus der Liineburger Heide (H MOLLER 1974 1978) wo vor tiber 300 000 Jahren ein Wald der einem etwas warmeren Klima als heute entsprach binnen 30 Jahren () verschwand urn nach einer Pause - die Zeit reicht nicht aus urn eine arktische Tundra hervorzubrinmiddot gen durch subarktischen Birkenwald ersetzt zu werden darauf folgte in 300-400 Jahren eine Sequenz von Waldo typen wie man sie heute auf einer Bahnfahrt von Narvik (68deg N) nach Siidschweden sehen kann Dauert die Reakmiddot tion eines Waldes auf eine Klimaanderung sieher Jahrzehnte oder Jahrhunderte so gibt es schnell ere Indikatoren In Mittelengland wurde nach Ende der letzten Eiszeit eine subarktische Kaferfauna in etwa 50 Jahren durch eine warmmiddotgemaBigte Fauna ersetzt aquivalent einer Erhohung der JulimiddotTemperatur urn 8-9degC (COOPE 1977)

Das sind nur zwei niichterne Befunde gewonnen mit neumiddot zeitlichen Arbeitsmethoden die in ihrer Gesamtheit nicht

~ehr anzweifelbar sind die wenigen Klimahistoriker memiddot teorologischer Herkunft haben sich inzwischen von der Bedeutung dieser Zeit skala abrupter KJimaanderungen laquo 100 Jahre) tiberzeugen lassen Mogliche U rsachen fUr die (haufigeren) rapiden Abklihlungen sind schon in den Abschnitten 2 und 7 erortert worden fUr Erwarmungen stehen sie noch aus In jtingster Zeit ist auch kIar geworden daB solche Ereignisse sieh nicht notwendig synchron aus wirken sondern wegen der nur allmahlichen Verlage rung barokliner Frontalzonen im Ozean oder dem regional verschieden raschen Ablauf der kontinentalen Vereisunshygen - diachron dh mit erheblichen Zeitunterschieden in der Horizontalen Das bedeutet auch eine Grenze fUr die Vorstellung eines fast-intransitiven Klimas im Sinne von ELORENZ

Nehmen wir die Moglichkeit einer abrupten Abklihlung dieser Zeitskala als gegeben an wie und wo konnte sie sieh abspielen Zweifellos kann eine kontinentale Gletshyscherbildung nur mit einem wiederholten Uberdauern

der Winterschneedecke tiber den Sommer hin beginnen in den kritischen Gebieten der Subarktis - so die 750000 km2 groBe Baffin-Insel mit ihren Hochplateaus Labrador auch Lappland und die norwegischen Gebirge - schmilzt auch heute die meterdicke Schneedecke erst Anfang oder Mitte Juni endgilltig ab urn sieh Ende August oder im Sepshytember neu zu bilden Hierzu gemigt in Baffinland ein Absinken der Sommertemperaturen urn nur etwa 2dege wahrend in den anderen Gebieten 4-6degC notwendig wamiddot ren oder zugleieh eine massive Zunahme der Schneenieshyderschlage Die kritische Stellung Baffinlands erhellt auch daraus daB in der kIeinen Eiszeit - nach Ausweis von FlechtenUntersuchungen die heute insgesamt 37 000 km 2 einnehmenden Plateau-Eisfelder sich auf 140000 km2 vergroBert hatten (IVES) entsprechende Untersumiddot chungen in Fennoskandien stehen noch aus

Eine Modelluntersuchung (ANDREWS - MAHAFFY) ftir Baffinland hat in zwei Experimenten gezeigt wie sich eine urn einen Faktor 3 erhohte Sehneebilanz in einer langsashymen Zunahme von Flache und Volumen einer Eisdecke auswirkt langsamer als die Beobachtungen des eusta tishyschen Sinkens des Meeresspiegels in den interglazialen Kaltmiddot phasen anzeigen Aber in diesem Modell ist die machtvolle Rtickkopplung zwischen Schneedecke Albedo und Tempeshyratur nieht voll und zu spat in Reehnung gestellt worden Jedenfalls ist es hochst unwahrscheinlich daB in den nachsten 100 Jahren nachdem zuerst eine Kaltphase im obigen Sinne eintrat dieser ProzeB sich tiber die unmittdshybare Umgebung hinaus weltweit auswirken konnte Hiermiddot gegen sprechen aueh die langperiodischen Effektr der Erdmiddot bahneIemente deren nachstes Minimum (kiihle Sommer in der Arktis kalte Winter zugleieh in der Antarktis) erst in rund 10 000 Jahren fallig ist (BERGER)

Bei dieser Sachlage ist hOchstens - bei einer Kombination mehrerer ungtinstiger Voraussetzungen etwa dem Zusamshymentreffen mehrerer sehr schwerer Vulkaneruptionen von der Intensitat des Tambora (1815) oder wenigstens Krakatau (1883) innerhalb der jetzigen Phase relativ ausgedehnten polaren Treibeises vor Wirksamwerden der erwarteten anthropogenen Erwarmung mit einer abortiven Vershygletscherung zu rechnen die nieht zu einer vollen Eiszeit auswachsen wUrde In unserer humanen Zeitskala ware das aber schon schlimm genug Serien von Jahren mit sehr kaIten Wintern kiihlen und nassen Sommern schwere MiBshyernten in weiten Teilen der gemaBigten Zone zeitweise auch in den Tropen die sieher nieht ausgeglichen werden konnen durch Feuchtejahre in Teilgebieten von Nordafrika und dem Nahen Osten Die Wahrscheinlichkeit hierfUr ist aber gering - sie betragt nach verschiedenen Kriterien tibereinstimmend zwischen 01 und 1 Prozent in den nachshysten 100 Jahren AuBerdem waren fUr diesen Fall gezielmiddot te GegenmaBnahmen denkbar die hier nieht volig utopishyscher Natur sind

8 Wahrscheinlichkeit und Risiken die Rolle der Energieshypolitik

Die Wahrscheinlichkeit einer globalen Warm phase ist nach allem was wir wissen erheblich groBer als die einer Kaltshyphase Die Schwierigkeit bei der Abschatzung liegt darin daB Entscheidungen und Entwicklungen auf politischer sozialer und 6konomischer Ebene hier eingreifen konnen

19

die vorherzusagen nicht nur dem Meteorologen schwer fallt Wenn wir diese einmal versuchsweise vernachHissigen dann dUrfte in den nachsten 100 Jahren die Wahrscheinmiddot Iichkeit fur das Auftreten einer Kaltpflase vom Typ der kleinen Eiszeit nieht mehr als hochstens 20k betragen (und naeh etwa 2000) weiter abnehmen) FUr das Auftreshyten einer Warmpllase im Sinne der Beispiele in den Abmiddot sdmitten 61 und 62 mUssen wir aber hohere WahrscheinshyIichkeiten ansetzen wenn auch erst nach der Jahrhundertmiddot wende danach steigen sie das ist die in vielen Diskusmiddot sionen erworbene Oberzeugung des Verfassers unter den hier und in Abschnitt 5 gegebenen Voraussetzungen auf Uber 50 an

1st ill diesem Faile aber eine Entwieklung zu einem eismiddot freien arktischen Ozean (Absehnitt 64) mit ihren fast unshyvorstellbaren Konsequenzen fUr Wasserversorgung und Ernahrung noch vermeidbar Damit libersehreiten wir die Grenze des Fachwissens des Meteorologen der sich nur allmiddot zu getne in den akademisehen Elfenbeinturm zurlickziemiddot hen moehte Aber die Dinge sind zu wichtig eine Wende auf Grund politischer Entscheidung auf internationaler Ebene ist noch moglieh aber dann und nur dann wenn das Dogma von der Notwendigkeit standig zunehmenden wirtschaftliehen Wachstums das bei begrenzten Vorshyraten (Resourcen) mit den Naturgesetzen unvereinbar ist shyzugunsten einer besseren Einsicht aufgegeben wird (GRUHl) Ebenso ist eine Stabilisierung des Bevolkerungsshywaehstums nOlwendig - ohne einen hoheren Lebensstanmiddot dard in den Entwicklungslandern ist das unrealisierbar

Gleichzeitig mu~ aber die Energiepolitik sich frei machen von dec sinnlosen Verschwendung fossiler EnergiequeIIen die in 400 Ma durch biologische Prozesse aus der Sonnenmiddot energie aufgebaut und gespeichert wurden (s a Beitrag JUNGE) Ein Obergang zu erneuerbaren Energiequellen (Sonne Wind Gezeiten - auch die kaum erschopfbare Geothermik) ist moglich erfordert aber eine Kombination neuartiger (und kostspieliger) Technologien wie sie etwa am International Institut for Applied Systems Analysis in Laxenburg bei Wien von einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von W HAFELE (frtiher Karlsruhe) entwiekelt werden Aueh die Kernenergie mul1 in diesen Rahmenshyjedenfalls fUr eine Obergangszeit - einbezogen werden Das mit ihr verbundene Risiko ist auf jeden Fall geringer als das Risiko einer Verlagerung aller Klimazonen Da ein Obergang zu neuen Technologien sieher tiber 30 wahrshyscheinlieh 50 Jahre benotigt drangt die Zeit Neue Priorimiddot taten mlissen gesetzt werden Es geht urn das Wohl der naehsten Generationen

Literaturauswahl

ANDREWS T1 MAHAFFY MAW Quaternary Research 6 (1976) S 167-183

AUGUSTSSON T RAMANATHAN V J atmos Sci 34(1977) S 448-451

BERGER AL Quaternary Research 9 (1978) S 139~-167

BJERKNES J Monthly Weather Review 97 (1969) S 163-172

BROWNLR Worldwatch Papers Washington DC 8 (I 976)

BRYSON RA MURRAY Th1 Climates of Hunger MadisonWis 1977

o

BUDD WF J Glaciol 14 (1975) S 3-21

BUDYKO MJ TeHus 21 (1969) S 611-619 29 (1977) S 193-204

CESS RD J atmos Sci 33 (1976) S 1831-1843

CHARNEY JG Quart J Roy Meteorol Soc 101 (1975) S 193-202

COOPEGR Phios Transact Roy Soc London 280 (1977) S 313 shy340

DANSGAARD W et al Quaternary Research 2 (1972) S 396-398

DOBERITZ R Ber d Deutschen Wetterd 112 (1968)

EDDYJA Science 192 (1976) S 1189-1202 198 (1977) S 824 829

FINK J KUKLA GJ Quaternary Research 7 (1977) S 363-37 L ~

FLOHN H III Bonner Meteorol Abhandl 15 (1971) 21 (1975) Quaternary ReseJrch 4 (1974) S 385-404 in print (1978)

FRENZEL B Die Klimaschwankungen des Eiszeitalters Braunschweig~ 1967 ErdwissForschungen 1(1968)

FRITTS HC Tree Rings and Climate London New York 1976

GABRIELB Berliner Geoge Abh 27 (1977)

GATES WL J atmos Sci 33 (1976) S 1844-1873

GRUHLH Ein Planet wird geplUndert Frankfurt aM 1978

HAFELE W SASSIN W Ann Rev Energy 2 (1977) S 1-30

HAHN J JUNGE ChL Z f Naturforsch 32a (1977) S 190-214

HASSELMANN K u Mitarb TeHus 28 (1976) S 473-485 29 (1977) S 289-305 385-392

HAYS JD IMBRIE J SHACKLETON N Science 194 (1976) S 1121-1132

HELBIGM Diplomarbeit Univ Bonn (1976)

HSO K et al Nature 242 (1973) S 240-244 267 (1977) S 399-403 Naturwissensch61 (1974)S137-142

HUGHES T Rev Geophys and Space Phys 13 (1975) S 502-526 15 (I977) S 1-46

HUMMEL J RECK RA General Motors Res Lab Publ 2607 (1978)

HUNT BG Monthly Weather Review 105 (1977) S 247-260

IVES JD et al Naturwissensch 62 (1975) S 118-125

KELLOGG WW WMOmiddotBull 26 (1977) S 229-240 27 (1978) S 3-10

KENNETTJP J geophys Res 82 (1977) S 3843-3860

KONDRATIEV G Ya NIKOLSKY GA Quart J Roy Meteorol Soc 96 (1970) S 509-522

l

KORFF HC FLOHN H Ann Meteorol N F 4 (1969) S 163-164

LAMBHH Climate Present Past and Future Vol I (1972) Vo Il (I 977) London Methuen

LORENZE J appl Meteorol 9 (1970) S 325-329

MAGEDEFRAU K Palaobiologie der Pflanzen 4 Aufl Stuttgart 1968

MANABE S BRYAN K Monthly Weather Review 97 (1969) S 739-827 J phys Oceanogr 5 (1975) S 3-29

MANABE S WETHERALD RT atmos Sci 24 (1967) S 241 ~-259 32 ( 1975) S 3-15

MASON BJ Promet 7 (1977) H 4 S 1-26

MASS Cl SCHNEIDER StH J atmos Sci 34 (1977) S 1995-2004

MAYKUT GA UNTERSTEINER N Jgeophys Res 76 (1971)S 1550-1575

MOLLERH Geologisches Jahrbuch 83 (1965) S 327-352 A 21 (1974) S 107-140 im Druck (1978)

NAMIAS J Short Period Climatic Variations 1934-1974 2 Vol F-- Univ of California 1975

NEWELL R et al Pure and appl Geophysics 116 (1978) S 351-371

NICHOLSON Sh Ph D Thesis Departm Meteor Univ Wisconsin (1976)

OLIVER RC J appl Meteorol 15 (1976) S 933--950

PACHUR HJ Die Erde 106 (1975) S 21-46

PATZELT G Coil Internal CN RS No 219 (1973) S 51-59

PFISTER Chr Beiheft 2 Jb Geogr Ges Bern (1975)

POLLOCK JP et al Jgeophys Res 81 (1976)S 1071 1083

RODEWALD M Dt Hydrogr Z 20 (1967) S 269 25 (1972) S 97-117

ROGNONP Rev Geogr Phys Geol Dynam 18 (1976) S 251-282

ROWNTREE PR Quart J Roy Meteorol Soc 98 (1972) S 290-321

RUDLOFF H v Die Schwankungen und Pendelungen des Klimas in Eushyropa Braunschweig 1967

SCHWARZBACH M Das Klima der Vorzeit 3 Aufl Stuttgart 1974

SHACKLETON NJ OPDYKE ND Quaternary Research 3 ( 1973) S 39-55

STROBING K Der Seewart 35 (1974) S 1-1436 (1975) S 28-29

TREMPEL U Diplomarbeit Univ Bonn (1978)

VOWINCKEL E ORVIG S World Survey of Climatology 14 (1970) S 129-252

WANG WC et al Science 194 (1976) S 685-690

WETHERALD RT MANABE S Monthly Weather Review 100 (1972) S 42-59 J atshymos Sci 32 (1975) S 2044-2059

YAMAMOTO R J Meteor Soc Japan 53 (1975) S 482-486

21

Page 13: :SBWU>t S9J9SUn ijun>tnz 9!a 9W91qOJd pun U9l>tB,:j · 2 Wechselwirkungen im klimatischen System . 2.1 Die Rolle des polaren Treibeises 2.2 Das El Nino-Phanomen . 2.3 Kontinentale

5 Das Problem der Klimavorhersage Stand und Aufgaben

51 M odeUrechnungen

Was konnen wir tiber die Zukunft unseres Klimas vorausshysagen Was wissen wir tiber die Ursachen der Klimaschwanshykungen der Vergangenheit Immerhin wachsen unsere empirischen Kenntnisse tiber die Klimageschichte rasch an und erfassen die letzten 10000 Jahre schon recht gut die letzten 700000 Jahre immerhin schon in den Grundmiddot zUgen die Umrisse der Geschichte der letzten 500 Millionen Jahre beginnen ebenfalls sichtbar zu werden (SCHWARZshyBACH) Eindeutige Zusammenhiinge mit den nattirlichen Ursachen sind bisher hochstens vereinzelt nachgewiesen eine Vorhersage dieser extremen Ursachen (Abschn 3) ist bisher unmoglich

Physikalisch-mathematische Klimamodelle sind bisher vielshyfach nur in der einfachsten Form (0- oder I-dimensional) erortert worden 2- oder 3-dimensionale ZirkulationsmoshydelIe der Atmosphiire gibt es in den verschiedensten Formiddot men Gemeinsam ist ihnen die Ableitung der Felder Wind Luftdruck Temperatur auf der Grundlage vorgegebener Randbedingungen so der Temperatur der Ozeanoberfliishyche der mittleren Bewolkung ua Damit sind aber die fUr das Klima entscheidenden Wechselwirkungen fest vorgegeshyben schon die Behandlung des jiihrlichen Ganges ist mit einem so1chen Ansatz unmoglich erst recht natlirlich die Vorhersage von interannuellen Anderungen oder Klimashyschwankungen Die Wechselwirkung Atmosphiire - Ozean ist bisher in nur einem stark idealisierten Modell (MANABE und BRYAN) einbezogen worden andere Modelle behanshydeln den Ozean als beyregungslosen Sumpf der Wiirme und Wasserdampf abgibt bzw aufnimmt Sieher sind diese Ansiitze vielversprechend sie Hefem immerhin ein ziemlich realistisches BUd der groBen Stromungssysteme der Atmosshyphiire der hydrologischen BUanz Niederschlag - Verdunshystung und der Energieumsetzungen innerhalb der Atmosshyphiire Aber schon eine Umsetzung der Zahlenwerte flir die Landoberfliiche in regionalen Klimatypen zeigt die UnvoIlkommenheit dieser Art von Modellen da erhalten Texas und Stidchina ein Wtistenklima oder in der Sahara fallen 1500 mm Niederschlag am Rande des Himalaya dashygegen weniger als 50 mm Natiirlich geben solche Fehler AnlaB zur Verbesserung der Modelle diese aber finden heute weniger inder Physik als vielmehr in der Leistungsshyfahigkeit der Computer und dem Aufwand an Rechenzeit ilire Grenze Auch wissen wir heute daB die meisten Moshydelle (wegen in ihnen enthaltenen mathematischen Niiheshyrungen) auch bei gleichen Anfangsbedingungen verschieshydene Ergebnisse Hefem Modellexperimente Iiefem daher keine Abbilder der Wirklichkeit sondem sind Testversushyche tiber die Sensitivitiit der Modelle selbst Der entscheishydende Einwand ist aber daB es bisher noch nieht gelungen ist die Summe der zeitabhangigen Vorgiinge in Ozean Eis und Atmosphiire und ihre wesentlichen Wechselwirkunshygen in ein Modell einzubauen Keiner der hervorragenden Modellbauer macht sieh lIlusionen tiber die Schwierigshykeiten im Detail eine befriedigende Losung wird wohl kaum vor 10 Jahren gefunden werden konnen und auch dieses Datum mag noch zu optimistisch sein

Andere Modelltypen sind vorgeschJagen worden statishystisch-dynamische Modelle die zeitabhiingige Parameter unter Verzicht auf Detail als Statistiken behandeln und

12

stochastische Modelle bei denen die wirksamen langfristishygen Prozesse im Ozean und im Eis von der kurzlebigen Atshymosphiire her angetrieben werden (HASSELMANN und Mitarbeiter )

Aile diese Versuche sind notwendig und nUtzlich soweit sie unsere Kenntnisse tiber die Wechselwirkungen im klimatimiddot schen System und ihre Auswirkung erweitem erst wenn wir diesen komplexen Wirkungsmechanismus voll versteshyhen konnen wir ihn so vereinfachen dafll wir ein gentigend realistisches und doch noch traktables Klimamodell aufshybauen konnen Ein entscheidender Test ist die Simulation des jiihrlichen Ganges (zB WETHERALD - MANABE 1972) diese jahreszeitliche Anderung der Zirkulation ist eher noch groBartiger als die starks ten Klimaschwankunshygen der Vergangenheit wie etwa eine Eiszeit ftir die GAshyTES (1976) ein Zirkulationsmodell mit gegebenen Randbemiddot dingungen entwickelt hat

S2 Zur Frage der Vorhersagbarkeit

Solange die Hauptursachen der Klimaschwankungen in der Vergangenheit - zuniichst jedenfalls als unvorshyhersagbar geJten mUssen bleibt eine ernstzunehmende Prognose etwa flir das Klima der Periode 2100-2150 AD unmoglich Das muB ganz nilchtem gesehen werden selbst ~ wenn die eben erorterten Schwierigkeiten beim Aufbau eines geeigneten Modells voll befriedigend gelost werden konnen Aber ein Ausweg ist moglich der immerhin eine bedingte Vorhersage - in der Literatur als Vorhersage zweiter Art bezeichnet ermoglicht Setzen wir eillshymal voraus daB die unvorhersagbaren Prozesse so weltershylaufen wie in den letzten (rund) 5000 Jahren - genauer seit dem Verschwinden der letzten Reste der kontinentalen Inlandeisdome auf Labrador Dann konnen wir mit Modellshyrechnungen untersuchen wie dieses klimatische System auf Anderungen der Randbedingungen - zB auf eine Anderung des CO2 -Gehalts des Aerosolgehalts der unteren Troposphare oder der Stratosphiire (Vulkane) der Oberfliishychenalbedo - reagiert Solange kein wirklich komprehenshysives aile Untersysteme mitumfassendes Modell des klimashytischen Systems existiert sollte das in sorgfaltig geplanten Parallelversuchen mi t den heute verfUgbaren Modellen bzw den noch verbesserten Versionen durchgefilhrt werden

Parallel hierzu muB aber ein vertieftes Studium charakshyteristischer Stadien der Klimate der Vergangenheit treten ~ das Iiegt auch im Interesse der Modellbauer Es gibt nur eine Mogliehkei1 die Eignung eines Modells zur Klimavormiddot hersage zu erproben die Simulation der Klimate der Vershygangenheit und ihrer zeitlichen Entwicklung Aber auch unabhiingig davon geben uns diese Paliioklimate Hinweise darauf wie das Klima unserer Erde auch aussehen konnshyteo Denn hier versagt offenbar - jedenfalls gilt dies ftir die Mehrzahl der Meteorologen unser Vorstellungsshyvermogen nur so ist das (fast irrationale) Festhalten an der Oberzeugung von der Konstanz unseres Klimas zu erkliiren trotz all unserer Erfahrung mit extremen Wetterlagen

Stellen wir nur die in der Vergangenheit wirksamen Klimashyfaktoren in Rechnung dann mtissen wir uns fragen wie sah das Klima aus als unsere AlpengJetscher den vielerorts im Gelande noch siehtbaren Hochststand (mehrfach in def Zeit zwischen 1610 und 1855) erreicht hatten Das war die kleine Eiszeit (s Abschn 7) sieher mtiBte def Obershy

gang zu der nachsten Eiszeit von einem solchen Stadium ausgehen und wir mtissen die Frage nach der Natur dieses Obergangs erortern Stellen wir im Gegensatz hierzu die anthropogenen Faktoren in den Vordergrund die offenmiddot bar in ihrer Gesamtheit zu einer globalen Erwarmung flihren (s Absdm 41 42) dann kbnnen wir die Warmmiddot phasen der Vorzeitklimate untersuchen und als Beispiel fUr die in Zukunft zu erwartenden Zustande nehmen NatUrJich mtissen wir uns auch die Frage stellen kann sich das Klima der Vergangenheit wiederholen oder haben sich die Randbedingungen inzwischen geandert Nachdem wir heute wissen daf~ es in jtingerer Vergangenheit nicht eine oder vier sondern mindestens 17 Eiszeiten und ebensoviele Warmzeiten g10balen AusmaBes in 18 Milliomiddot nen lahren gegeben hat (FINK und KUKLA) stellt sich dieses Problem in aller Scharfe Auch die Geschichte des Menschen wiederholt sich nie aufvbllig g1eiche Art

Solange wir also keine physikalisch einwandfreien genUmiddot gend realistischen Klimamodelle zur Verftigung haben mUsmiddot sen wir uns mit dem Vergleich vergangener Zustande aber mit aller gebotener Kritik und Vorsicht behelfen Diese Art der Darstellung moglicher aber keinesfalls gesimiddot cherter Zustande bezeichnet man (in der sehr umfang reichen Literatur Uber Zukunftsfragen) als Szenarium als Drehbuch fUr einen Film Das ist eine auBerst unglUckmiddot liche Bezeichnung unsere Darstellung entspringt niemals allein schbpferischer Phantasie sondern beruht ausschlieBmiddot Hch auf den kritisch durchgeprUften Grabungsergebnissen der Vergangenheit alles was frliher schon einmal gesche hen ist kann wieder geschehen sofern die g1eichen Randmiddot bedingungen gegeben sind HierfUr geben uns die vorliemiddot genden Modelle wertvolle Hinweise Andererseits mUsmiddot sen wir stets die natiirlichen Schwankungen des Klimas (mit einer GroBenordnung von plusmn 06degC fUr die g10bale Mitteltemperatur gegeben fUr einen zB IOOjahrigen Mitmiddot telwert) mit in Rechnung stellen sie addieren sich zu den anthropogen verursachten Schwankungen ledem mit der Klimavergangenheit nicht vertrauten Leser sollte das Studium des groBen zweibandigen Werkes Climates Past Present and Future von H LAMB dringend empfoh len werden

FUr den folgenden Abschnitt 6 die Erorterung globaler Warmphasen als Beispiele [iir m6gliche Klimazustiinde unter anthropogenem Einftuj3 mUssen wir folgende einmiddot schrankende Voraussetzungen machen (s Abschn 23 und 3)

a) Konstanz der Solarkonstanten (innerhalb der heutigen MeBgenauigke it)

b) keine Haufung starkerer VulkanausbrUche c) kein groBskaliger Ausbruch des WestantarktismiddotEises d) keine Anderung der mittleren Bewolkung

Die letzte Einschrankung bezieht sich auf unsere mangelmiddot haften Kenntnisse tiber die Rolle der BewOlkung im Strahmiddot lungshaushalt Zweifellos ware schon eine geringe Zunahmiddot me der Bewolkung (zZ nach Bodenbeobachtungen ca 52 nach Satellitendaten ca 30 beides mit sysmiddot tematischen gegeneinander wirkenden Fehlern behaftet) fUr den Warmehaushalt von entscheidender Bedeutung Doeh ist das unwahrscheinlich (CESS) der gro~te Teil der Wolken entsteht in aufsteigenden Luftstromungen und lost sich bei Absinken auf bleibt also als Foige des Kontinuitiitssatzes etwa erhalten Die stabilen Inversionen

aber dUrften bei einer CO2 middotZunahme wegen der waehsenden LabiliHit der Schichtung eher abnehmen

6 Warmphasen in der Klimageschichte

61 Friihmittelalterliche Wiinneperiode

Da eine Riickkehr zu einer rein naturbedingten Klimaentmiddot wicklung ebenso unmoglich ist wie eine RUckkehr zu den Lebensbedingungen der lungsteinzeit fUr eine Erdbevolkemiddot rung von Uber 4 Milliarden miissen wir mit einer g10balen Erwarmung rechnen Dem widerspricht die Abklihlung der Periode 1945-72 in mittleren und hohen Breiten der Nordhalbkugel nur scheinbar in niedrigen Breiten blieben die Temparaturen fast konstant in gemaBigten Breiten der SUdhalbkugel und am Rande der Antarktis sind sie sogar leicht angestiegen Einer CO2 middotZunahme von 12-13 entspricht eihe g10bale Temperaturzunahme urn a2degC dies liegt noch ganz im Bereich des statistischen Rauschens dh der interannuellen Variabilitat Die bemiddot obachtete AbkUhlung kann offenbar mindestens teilweise auf die seit 1955 wieder auflebende Vulkantatigkeit (nach einer Pause 1912-1948) zuruckgefUhrt werden Das Argumiddot ment daB ohne die inzwischen erfolgte CO2 middotZunahme die AbkUhlung entspreehend starker gewesen ware la~t sich weder beweisen noch widerlegen es steht jedenfalls im Einklang mit den zuveriassigsten Strahlungsmodellen Wir betrachten also zunachst als Beispiel fUr eine kUnftimiddot ge Klimaentwicklung - einige Warmphasen aus der Klimamiddot geschichte ohne daB ruer auf die Art der Quellen und ihre Kritik eingegangen werden kann (vgl die Monogramiddot pruen von SCHWARZBACH und LAMB)

Die erste wichtige Warmphase ist das frUhe Mittelalter etwa die Periode 900 - 1050 un serer Zeitrechnung Sie ist zwar in Mitteleuropa durch historische Daten wenig bemiddot legt das umfangreiche Werk von H LAMB enthalt eine Zusammenstellung aller erreichbarer Daten die inzwischen fortlaufend erganzt werden In dieser Zeit scheinen sich (die vorsichtige Ausdrucksweise ist wegen der noch allmiddot zuoft unkri tischen Auswertung historischer Quellen notmiddot wendig) in weiten Teilen Europas warme Sommer und DUrreperioden zu haufen Die wichtigsten Befunde ergeben sich ausder Siedlungsgescruchte der Wikinger in Island und Gronland mit ihren klihnen Vorstoampn nach Labrador und Neufundland Diese Auswanderer (aus politischen GrUnden) trafen ab 874 Island zu etwa 60 bewaldet an sie trieben dort nicht nur Schafzucht sondern auch Getreidebau (wie Ubrigens damals in Norwegen bis zum 65 Breitengrad) Sie Uberquerten die DanemarkstraBe an der schmalsten Stelle ohne den heutigen TreibeisgUrtel anzutreffen und errichteten Siedlungen in Siidmiddot und Westgronland die FriedhOfe dieser Siedlungen liegen heute im Dauermiddot frostboden War der OstgronlandstrOin damals in 65degN eisfrei dann muB das bei dessen hoher Geschwindigkeit Om Vergleich zur Abschmelzzeit der Eisschollen) fUr seimiddot ne gesamte Lange zutreffen die arktische Treibeisgrenze lag also damals an der Nordkiiste Grbnlands dh in 80-shy

o8I N Breite Erst urn 1330 liegt ein zeitgenbssischer Bemiddot richt vor daB das vorgeriickte Eis zur Aufgabe dieses Scruffmiddot fahrtsweges gefiihrt hat zugleich verschlechterten sich die Klimabedingungen in Gronland und Island wo der Getreimiddot debau aufgegeben werden muBte Archaologische For schung hat zeigen konnen daB urn 1000 die Eskimos den ganzen arktischen Arcrupel Kanadas besiedelt hatmiddot

13

ten ebenso die Neusibirisehen Inseln In diesen heute mensehenleeren Einoden lebten sie von Walfang ~ dieshyser setzt offenes Wasser im Sommer voraus Die gleiche Klimaversehlechterung zwang sie ZUIll Ausweichen nach Sliden und ZusammenstoJ)e mit den durch Hunger und Seuchen dezimierten norwegisehen Siedlern in StidgrOn land filhrten zu deren Verniehtung

Die Waldgesehichte Kanadas und Europas die Gletschershygesehichte der Alpen beJegen um J 000 eine Erwarmung lim etwa 1deg( das Kaspische Meer erreichte einen seiner tiefsten Stande bel ~3~ m dh niedriger als heute wo viel Wasser zu Bewaserungszwecken verwendet wird Der Nordteil der Sahara war feuehter als heute arabische Reishysende beriehteten sogar aus dem heute trockensten Geshybiet (Kufra) von einer gerade erst aufgegebenen Rindershyzucht man wird die Niederschlage damals doch auf 150-~00 mmiJahr schatzen mussen gegeniiber 3~5 mm heute Aber aus dem Mittelmeerraum wird von einzelnen uberaus kalten Wintern berichtet ebenso hatten China und Japan warme Sommer aber auch strenge Winter in denen die gro~en F1u~-Seen am Jangtsekiang zufroren 1m mittleren Westen der USA herrschten giinstige Bedinshygungen fur Ackerbau Jagd und sogar stadtische Kuhur wah rend urn 1200 Serien von Durren zur Aufgabe von Gebieten zwangen Da~ diese Dtirreperiode hier im heutishygen Maisanbaugtirtel 200 Jahre anhielt (Bryson und Murshyray) mu~ besonders beachtet werden Der mittlere Westen Nordamerikas ist zZ das einzige Gebiet mit Getreidetibershyschuf~ wahrend viele andere Lander von Importen dh von der Hand in den Mund Jeben

Eine Zusammenschau dieser (und anderer) Daten fUhrt zu der Vorstellung (LAMB) da~ wie in den hei6esten Somshymem der Periode 1931-60 die Zyklonenzugbahnen der Westdrift durch quasi-stationare Hochdruckgebiete urn 300~500 km nach N verlagert waren Auch im Winter ergab sich eine iihnliche Situation die aber mit blockierenshyden Hochs zu hiiufigen Kaiteperioden ftihrte Wahrend im Eis Gronlands bereits eine vortibergehende Abktihlung urn 1160 eintrat die auch von Schweizer Gletschern beJegt ist war die nachste Kaltewelle mit dem Hohepunkt urn 1320 noch nachhaitiger wirksam alle Warmphasen seit dieser Zeit haben nieht die Andauer und Intensitat derjeshynigen urn die Jahrtausendwende erreicht Ftir sie kann ein Anstieg der reprasentativen Temperaturen urn etwa 1degC angesetzt werden die in der Arktis vermutlich 2-3degC erreicht haben diirfte Von der Sudhalbkugel Jiegen kaum Daten vor au~er einer Trockenperiode in Neuseeland zur Zeit der Maori-Einwanderung

62 Die holozane Warmeperiode vor 6000 (bzw 4000) Jabren

Nach dem Hohepunkt der letzten Eiszeit (18000 vh = vor heute) dauerte der Eisrtickzug in den beiden Nord-Kontishynenten verschieden lang das Skandinavische Inlandeis verschwand endgilltig kurz vor 8000 vh wiihrend zugleich das Laurentische Eis Nordamerikas noch die Hudsonshybucht mit allen Nachbarliindern bedeckte mit noch etwa 50 Prozent seiner urspriinglichen Flache Nach einem katashystrophalen Einbruch des Meeres in die Hudsonbucht vershyschwand das Eis im Westen relativ rasch in Labrador anshyscheinend erst urn 4500 vh wah rend in Baffinland ausgeshydehnte Plateaugletscher bis heute tiberlebten Das ftihrte

14

in der Zeit 8000-4500 vh zu einer permanenten Anomashylie der Zirkulation von Atmosphare und Ozean tiber Euroshypa zu einer zusatzlichen advektiven Erwarmung mit einem ersten Hohepunkt urn 6000 vh einem zweiten ab etwa 4500 vh nach einer kurzen intensiven Abktihlung urn 4800 vh wahrend das ostliche und zentrale Nordamerika noch relativ ktihl blieb Offenbar lagen auch Alaska und das westliche Nordamerika unter dem Einfiu~ eines warmen Hochdruckrtickens langs 1000W dehnte sich der boreale Wald etwa 300 km weiter nach N aus als heute ja vor 4800 vh sogar bis zur Banks-Insel (74degN) Ahnliche Beshyfunde Iiegen von Nordnorwegen und der westsibirischen Taiga vor die eine Erwarmung urn 2 bis 3degC andeuten im globalen Mittel ergibt sich eine Erwarmung urn etwa I 5degC In der inneren Arktis waren selbst die Nordktisten von Spitzbergen Gronland und Ellesmere-Land im Somshymer eisfrei wahrend der Kernbereich des arktischen Treibshyeises zwischen N ordkanada und Ostsibirien sieher erhalten blieb

Die Vegetationsgeschichte von Eurasien (FRENZEL) zeigt diese Warmphase klar Werbei darf man nlcht vergesshysen daB die Einwanderung von Waldbaumen erheblich Ianshygere Zeit benotigt als die daftir verantwortliche Klimaiindeshyrung Von besonderer Bedeutung ist dabei in Ostsibirien a offenbar auch in Kanada und Alaska ein Rtickzug des Dauerfrostbodens urn mehrere 100 km nach Norden in den Gebirgen rtickte die Waldgrenze tiberaIl urn 100-150 m aufwarts In den Alpen lli~t sich das mit vielen Einzelheiten belegen (pATZELT) aber im Gegensatz zur Subarktis kam es hier in der Periode zwischen 8000 vh und 800 vh zu mindestens vier Warmeperioden und zwischengeschalteshyten Kaltphasen mit Gletschervorstii~n von jeweils fast gleieher Intensitat Ftir die TemperaturverhaItnisse der Ozeane sind nur wenige Angaben vorhanden - die zeitshyliche Aufiosung der Ozeanbohrkerne liegt meist bei 3-5000 Jahren als Folge der geringen Sedimentationsrate und der biogenen Durchwtihlung des Meeresbodens Nur fUr den Kuroshio zwischen Taiwan und der japanischen Stidktiste wird eine Erwarmung urn 6degC angegeben

Die auffaIligste Erscheinung ist eine verbreitete Zunahme der Niederschliige mit nur zwei sicheren Ausnahmen In Westsibirien sowie im Mittelwesten der USA (Wisconshysin - Illinois) weitete sich das trockene Grasland nach N bzw E hin aus Oberall sonst besonders auWillig 1m Trok- ~ kengtirtel der Alten Welt von Mauretanien (l7degW) bis nach Rajasthan (77degE) herrschte ein feuchteres Klima als heute in der Sahara ist es an mehr als 30 fossilen Seen und Fltisshysen einwandfrei belegt eben so in der Danakilwtiste in der arabischen Wtiste aber auch im SW Nordamerikas im ostafrikanischen Graben und in weiten Teilen Australiens Zwei Gebiete sind besonders gut belegt in Rajasthan (BRYSON) schwankte die Regenmenge zwischen 400-600 mm (zeitweise fiber 800 mm) von etwa 10500 vh bis rund 3700 vh gegeniiber rund 250 mm heute und der Tschadshysee heute ein naches von Diinen durchsetztes Seebecken von maximal 23000 km2 dehnte sich zweimal (urn 8500 und urn 5800 vh) auf tiber 320000 km2 aus (MALEY) mit einem Spiegel tiber 40 m hoher als heutc und einer maximamiddot len Tiefe von etwa 200 m Das zentrale Trockengebiet zwischen Kufra und Tibesti heute mit weniger als 5 mml Jabr war zT von dauernd flie~nden Fltissen durchzogen Das Grasland wurde genutzt von offenbar zahlreichen rinderztichtenden Nomaden und die jahrlichen Niedershy

schlage werden auf 200-400 mm geschatzt (PACHUR GABRIEL) im Tibestigebirge (heute 100 mm) auf tiber 800 mm Besonders auffallig ist da~ in dieser Feuchteperiode sowohl die Nord- wie die Stidflanke der Sahara starker tiberregnet wurden im Sahelgebiet schlieBt ROGNON auf eine ganzjahrige Regenzeit mit haufigen Dauerregen an stelle der kurzen Sommer-Regenzeit mit ihren heftigen Schauern Das ist nicht vertraglich mit der Lehrbuch-Vorstellung von einer meridionalen Verschiebung aller Klimagtirtel die im Stiden und Norden der Sahara alternierende Feuchtshyphasen auslosen m~te Nur bn Winterregengebiet nordlich 36degN find en wir in Anatolien und Iran (so am Van-See) eine markante Trockenperiode gleichzeitig mit der Feuchtshyphase der ganzen Sahara Diese Feuchtphase schon einmal urn 7500 vh unterbrochen wurde ab 5500 vh durch eine allmiihliche Austrocknung abgelost die urn 4000 vh in der Sahara etwas spater auch in Rajasthan zu einem ariden Klima ahnlich wie heute fOOrte Diese Austrocknung haben die frOOeren Hochkulturen miterlebt das Alte Reich Agyptens die Stadtkulturen zwischen Jericho und Ur die Indus-Kultur ilire Krisen oder ihr Untergang hiingen offen bar von diesen Klimaanderungen starker ab als von dem Einfall fremder Volksstamme

Die Interpretation dieser Befunde aus dem Holoziin (=Nachshyeiszeit) erfordert eine genaue Synchronisation des Ablaufs der Klimageschichte in weit entfernten Raumen sowie ein meteorologisches Verstiindnis dieser raumlichen Bezieshyhungen anhand rezenter Befunde Zunlichst ergibt sich auch heute in den Obergangsjahreszeiten wie im Winter die Existenz quasi-permanenter Hohentr6ge die sich in 150-300 mbar jeweils weit zurtick nach SW bis in die innemiddot ren Tropen hinein erstrecken (FLOHN 1975) Ahnlich existieren diese diagonaien Hdhentrdge auch tiber der Stidhalbkugel wo sie bis zum Aquator gelegentlich auch dartiber hinaus reichen In ihrem Bereich kommt es zu einer Wechselwirkung der tropischen und aulkrtropischen Storungen (Abb 9) die zu kraftigen Wirbeln mit Gewittermiddot schauern und Sandsttirmen ftihren dies sind die schon urn

Interaction Upper Troughs-low level Tropical Vortices Lat

300

fIlA 200

10middot

omiddot Abb 9 Diagonale Hohentroge (200 mb) und ihre Wechshy

selwirkung mit Storungen der tropischen Oststroshymung (700 mb)

1935 bekannten Saharadepressionen 1m westlichen und zentralen Nordafrika laBt sich an heutigen Statistiken die simultane Schrumpfung bzw Ausweitung des Trokshykengtirtels und die Rolle der Frtibjahrsregen hierbei nachshyweisen dasselbe ergab sich aus historischen Studien der Regenverhaitnisse im 17-19 Jahrhundert (NICHOLshySON)

Wahrend der ersten Feuchtphase 10500 8000 vh existiershyten noch ausgedehnte EisfHichen in Nordeuropa und Nordmiddot amerika Das ganze Jahr tiber reichte die glob ale Kaltshyluft und die von ihr ausgehenden Kaltetroge weiter stidmiddot warts als heute wahrend sich Uber den Tropen bereits die heutige Zirkulation herstellte Die Befunde deuten im Atlantik wie im Pazifik auf eine Abschwachung der subtroshypischen Hochdruckgebiete und damit der Intensitlit der Passatwinde Dies fiihrt notwendig zu einer Abschwachung des Aufquellens von Kaltwasser sowohl an den Westktisten (NWmiddotAfrika Kalifornien) wie am Aquator hier also zur Vorherrschaft der EI-Nino-Zirkulation mit Warmwasser starker Verdun stung und aquatorialen Regen auf dem Meer die geophysikalische Rolle dieses Wechsels ist kaum zu tiberschatzen Urn 8000 - 7300 vh kam es nach Vermiddot schwinden des skandinavischen Eises zu einer Unterbremiddot chung der Feuchtphase Diese stellte sichjedoch wieder her solange noch tiber Labrador - Baffinland ausgedehnte Eisfelder auch im Sommer tiefe weit ausgreifende Hohenmiddot troge zur Folge hatten diese traten offenbar in Nordamerishyka sowie in EuropaAfrika in den Obergangszeiten haufishyger auf als heute 5-10 faile dieser Art pro Jahr gentigen urn insgesamt 150-250 mm zusatzlichen Niederschlag hervorzubringen Die endgultige Austrocknung vollzog sich erst urn etwa 4500 vh mit dem Verschwinden der Eisreste aus Labrador

Die fUr den Klimaablauf entscheidenden physikaischen Randbedingungen in der Subpolarzone waren also urn 6000 vh noch wesentlich anders als heute erst urn 4500 vh entwickelten sie sich offenbar mit einer noch starkeren Reduktion des arktischen Eises Die ebenfalls noch wanne Phase urn 4000 vh deren regionale Einzelheiten weniger gut bekannt sind war im Trockengtirtel der Alten Welt wie im SW Nordamerikas in Stidafrika und in Australien ahnlich trocken wie heute Noch eine weltcre Randbedinshygung sollte nicht vergessen werden die bereits erwahnte (Abschn 43) Vegetationszerstorung und Desertifikation die mit der Zunahme der Obertlachenalbedo tiber den Meshychanismus des Charney-Modells zu einer Verstarkung des Absinkens fUhrt Sie wird wahrscheinlich bei einem Ruck gang des ArktismiddotEises eine Zunahme der Niederschlage im Sahel hinausz6gern jedenfalls solange bis durch geeigshynete SchutzmaBnahmen eine geschlossene GraslandmiddotVege tation in den Randgebieten der Sahara wieder hergestellt werden kann Das aber ist ein okonomisch-soziales Pro blem

63 Letztes Interglazial EemmiddotWannzeit 120000 vb

Die EntwickIung quantitativer Arbeitsmethoden in der Geo logie hat in den letzten Jahren einige aufregende Entdek kungen innerhalb der Erdgeschichte erm6glicht Hierzu zahlt die Entdeckung eines 17-18maligen Wechsels zwi schen Eiszeit und Warmzeit (Interglazial) in den letzten 2 Millionen Jahren in zeitlicher Obereinstimmung datiert mittels der Umkehrung des erdmagnetischen Feldes gefunshyden in Ozeanbohrkernen aus dem aquatorialen Pazifik (SHACKLETON - OPDYKE) und in L6Bprofilen in Mahmiddot ren und Niederosterreich (KUKLA und FINK) Damit ergab sich eine gesicherte Chronologie der Kalt- und Warmshyzeiten ftir die palaomagnetische BrunhesmiddotEpoche der letzten 700 000 Jahre In allen geeigneten Ozean-Bohrkernen finshydet man in der Zeit zwischen 127 000 und 75 000 vh (mit einer Fehlergrenze unterhalb plusmn 5000 Jahren) drei

15

Warmphasen mit zwei kurzen Kaltphasen dazwischen genauere Untersuchung in Barbados auf Mallorca Neuguishynea und an der Themsemtindung belegen auch die zugeshyhOrigen eustatischen Schwankungen des Meeresspieshygels da in den Kaltphasen gro6e Wassennengen als konshytinentales Eis gespeichert werden Auf dem Festland sind bisher zwei nahezu vollstandige Moorbohrkerne untershysucht worden (in Mazedonien und sudlich der Vogesen) die die gleichen Schwankungen zeigen aber in wesentlich hOherer zeitlicher Auflosung Noch weiter auflasbar sind die Diatomeenablagerungen Nordwestdeutschlands mit ihren tiber 10 000 Jahre reichenden Jahresschichten (H MOLLER) die eine pollenanalytische Analyse von Abshyschnitten von nur 15 Jahre Lange erlauben

Nach allen vorliegenden Befunden ist die friiheste der drei Warmphasen mit deutlichem Abstand die warmste noch etwas warmer als die erarterte holozane Warmphase offenbar auch warmer als die vorhergegangenen Interglashyziale Sie reichte von 127000 bis etwa 115000 vh die warmste Phase umfa~te in den Vogesen mindestens 10000 Jahre dagegen die beiden Kaltphasen nur jeweils 1600 bzw 1000 Jahre Ftir Europa und die Sowjetunion existiert eine detaillierte Vegetationsanalyse (FRENZEL) dieser Warmzeit die mit dem hollandischen Lokalnamen Eem (im engeren Sinne) bezeichnet wird nach dieser Anashylyse miissen die Temperaturen 2-3degC haher gelegen haben als heute in Sibirien sogar bis 6degC Xhnlich wie im Holoshyzan miissen die Niederschlage hoher gewesen sein zumal die hOhere Temperatur schon an sich zu einer Zunahme der Ozean-Verdunstung fiihrt Neben der oben erorterten Dominanz der EI-Nifio-Zirkulation am Xquator ist eine weitere Ursache der Verstarkung des hydrologischen ZykshyIus der eustatische Meeresspiegelanstieg auf + 5-7 m der durch einen breiten Meeresarm zwischen Ostsee und Wei~em Meer Fennoskandien zur Insel macht und im Mtindungsgebiet von Ob und Jenissei bis tiber 1000 km weit ins Binnenland eingreift (FRENZEL) Zugleich kam es zu einem drastischen Riickzug des Dauerfrostbodens in Ostsibirien bis etwa 57deg Breite (heute etwa 49deg) Auch bei einem Anstieg der Temperaturen urn 6degC erlebte Sibishyrien auch damals sehr kalte Winter doch miissen im Sommiddot mer die Ktisten weitgehend eisfrei gewesen sein Anderermiddot seits ergeben die Bohrkerne im Arktischen Ozean daB der zentrale Kern des arktischen Eises zwischen Gronland Alaska und Ostsibirien aile Warmzeiten seit mindestens 700000 Jahren ohne Unterbrechung uberdauert hat die gleiche Annahme erscheint fUr das Gronlandeis immershyhin wahrscheinlich (wenn auch nicht belegt)

Mit dem starker mariti men Klima Europas reiehten warmiddot meliebende Walder weit nach Ru6land hinein Das Vorshykommen von Lowen FluBpferden und Waldelefanten in GroBbritannien ist ein besonders auffallendes Anzeimiddot chen warmerer Bedingungen wenn auch der SchluB auf tropisches Klima nach Ausweis der Vegetation sicher unshygerechtfertigt ware Aus den tropischen Kontinenten lieshygen bisher nur wenige Befunde vor eine lange humide Phase an der westafrikanischen Kiiste und in der Afar-Senke am Roten Meer entsprechen den Befunden der holozanen Warmzeit

Diese Eem-Warmzeit war offenbar die wiirmste Phase seit Beginn der Brunhes-Epoche vor 700000 Jahren abet das gesamte letzte Interglazial dauerte wesentlich langer

es umfaBte zwei weitere etwas kiihlere Warmphasen geshytrennt durch zwei intensive Kaltphasen urn etwa 110 000 und 90 000 vh Die zugehorigen Schwankungen des Meemiddot resspiegels zwischen -70 und -80 m in den Kaltphasen (letzte Eiszeit -100 m) und etwa -5 m in den beiden spateren Warmphasen zeigen daB die Schwankung des globalen Eisvolumens immerhin 70-75 derjenigen zwishyschen letzter Eiszeit und heute betrug Diese Anderunshygen der Massenbilanz in den beiden Kaltphasen drang ten sich jeweils auf weniger als 10 000 Jahre zusammen die entsprechenden Klimaanderungen auf dem Festland liefen nach Ausweis der (verzogerten) Vegetationsschwanshykungen in den europaischen Mooren in wenigen 100 Jahshyren in Wirklichkeit also vermutlich in lt 100 Jahren abo Das wird bestatigt durch den Gronland-Blitz eine in ihrem Mechanismus noch nieht einwandfrei geklarshyte Abkiihlung in weniger als 100 Jahren (DANSGAARD) die im Eis Nord-Gronlands in tiber 1300 m Tiefe seit minshydestens 90000 Jahren tiefgefroren aufbewahrt ist

Gewi~ sind noch nieht alle Fragen geklart Offenbar haben sich im mittleren Europa die beiden Kaltphasen trotz globalen Charakters nur kurzfristig in Form abrupter Abkiihlungen in der und hier allein interessierenden humashynen Zeitskala ausgewirkt Xhnliche Ereignisse haben sich nach den heute vorliegenden Befunden in allen jtingeren Y Interglazialzeiten (und im Holozan) abgespielt - auf dieshyses Problem muB noch (Abschn 8) eingegangen werden

Der eustatische Meeresspiegelanstieg im Eem ist in seiner Ursache noch nicht geklart ein Anstieg urn 5-7 m entmiddot spricht entweder dem Abrutschen des Eises der Westantshyarktis oder dem Verschwinden des Gronlandeises oder eishynem entsprechenden Wasserverlust der sehr stabilen Ostantshyarktis Wabrend das zuerst genannte Ereignis uU recht rasch vor sich gehen konnte (genauere Vorstellungen tiber die Zeitskala liegen allerdings nicht vor) laufen die beiden anderen Ereignisse so langsam ab daB der zugehoshyrige weltweite Meeresspiegeianstieg in der GroBenordnung weniger mm pro Jahr (heute 11 mm) bleibt

64 Eisfreie Arktis vereiste Antarktis (12-25 Mill vh)

Wahrend die bisher dargestellten Klimaphasen keine grundshysatzlichen Abweichungen gegentiber dem heutigen Klimashybild zeigen trifft dies fUr den extremsten Fall eines vOl- ~ ligen Verschwindens der arktischen Treibeisdecke nicht zu Die Idee eines Verschwindens des arktischen Treibshyeises hat zuerst BUDYKO urn 1962 entwickelt und zwar als Endergebnis einer gezielten Umwandlung des Klimas wie sie 1959 auf einem der Kongresse der KPdSU proklashymiert worden war - im Einklang mit der marxistischen These von def Umwandlung der Natur durch den Menshyschen Bei naheren Untersuchungen stellte sich heraus daB dieses Projekt (schon wegen der Ausdehnung der Eisdecke tiber 10 bull 106 km2 ) nicht nur extrem aufwendig war sondem auch sehr weitreichende Nebenwirkungen zur Foige haben konnte Spater erkannte man daB die im Gange befindliche Zunahme des CO2 -Gehaltes zu dem gleiehen Ergebnis fiihren konnte Die Sensitivitat dieses Systems wurde bereits besprochen (vergl Abschn 21) ein vereinfachtes eindimensionales Klimamodell (BUDYKO 1969) ergab bei wachsendem CO2 -Gehalt und zunehmender Erwarmung ein immer rascheres Ruckshyweichen der EisSchneegrenze zum Nordpol hin

16

Ein solches scheinbar jeder Erfahrung widersprechendes Modell konnte nieht ohne Widerspruch hingenommen werden Schon die Frage ob unter den heutigen Klimashybedingungen die Eisdecke irreversibel verschwinden kann oder ob sie sich im nachsten Winter neu bildet mu~te eingehend erortert werden wir konnen sie offen lassen da nunmehr ein Verschwinden des Treibeises unter extreshymen von den heutigen abweichenden Klimabedingungen zur Erorterung steht Diese Frage kann nur mit umfangreishychen Modellrechnungen beantwortet werden unter weishychen Bedingungen ist das dynamische System Meer Treibeis (mit Polynyas) - Schneedecke - Atmosphiire tiber den jahreszeitlichen Wechsel der Strahlungsbilanz hin stabil bzw instabil Solche Rechnungen sind im Gang eine ganze Familie von stufenweise immer komplexerer Modelle mu~ unter verschiedenen Randbedingungen geshytestet werden eine umfangreiche Arbeit die nicht heute oder morgen zu Ende geftihrt werden kann

Einer der vielen Einwande war die Frage ob ein eisfreier ~ Arktischer Ozean gleichzeitig mit einer vereisten Antarkshy

tis existieren konne dies ergibt eine schwer vorstellbare Asymmetrie der beiden Halbkugeln Aber auch heute existiert eine deutliche Asymmetrie die Troposphiire tiber der Antarktis ist im gleichen Niveau im Jahresmittel 11shy

12degC kalter als tiber der Arktis im NordsommerlStidwinter sogar um tiber 26degC Da nach einfachen OberJegungen die durch die Modellversuche von FULTZ (1959) bestiishytigt wurden die Zirkulation der Atmosphiire von dem Temperaturgeflille zwischen Aquator und Pol abhiingt (KORFF und FLOHN 1969) ist die Zirkulation auf der Stidhemisphiire starker als auf der Nordhalbkugel und greift tiber den Aquator hintiber im Jahresdurchschnitt bis etwa 6deg Nordbreite im Juli (Januar) auf rund 12deg N (1 deg S) Das zirkulationserzeugende meridionale Temperaturgefalle ist heute tiber der Stidhalbkugel im lahresdurchschnitt 42 gro~er als tiber der Nordhalbkugel

Tatasachlich hat aber - das ist eine der grundlegenden Erkenntnisse die wir dem Deep Sea Drilling Programm mit der Glomar Challenger verdanken - ein derart krasser Gegensatz der beiden Pole im jtingeren Tertiar viele Millionen Jahre lang existiert (KENNETf 1977) Der Antarktische Kontinent war erstmals vor 38 Ma (= 106

Jahre) mindestens teilweise vereist schon damals bildete sich das antarktische Bodenwasser der Ozeane mit einer

Abktihlung um etwa 5degC Eine vollstandige Vereisung der Antarktis besteht seit dem mittleren Miozan vor 12shy14 Ma sie war seither nur noch sekundaren Schwankungen unterworfen Vor etwa 55 Ma bildete sich dieses zuniichst noch relativ flache Eis mit Temperaturen um OdegC in ein kaltes stabiles Eis (der Ostantarktis) um noch 200shy300 m mach tiger als heute begleitet von einer globalen Abktihlung und einer eustatischen Absenkung des Meeshyresspiegels Diese ftihrte an der Schwelle von Gibraltar zu einer (mehrfach wiederhoJten) Abschntirung und Ausshytrocknung des westlichen Mitteimeeres (HSU) auf deren regionaie klimatische Bedeutung nicht weiter eingegangen werden kann

Die allmiihliche Abktihlung wiihrend des mittleren und junshygeren Tertiars hangt offenbar mit der Bildung des kalten von der Antarktis sich ausbreitenden Bodenwassers zusamshymen durch Mischung sanken auch in mittleren Schichshyten die Wassertemperaturen langsam ab und mit der Vershy

starkung der atmosphiirisch-ozeanischen Zirkulation kam es zum Aufquellen dieser ktihlen Schichten am Aquator und an den subtropischen WestkUsten Eine Vereisung der Gebirge der Nordhalbkugel trat erst lange nach der Antshyark tis ein in Alaska vor etwa 9 Ma in Island und im kalimiddot fornischen Hochgebirge vor etwa 28 Ma Eine Bildung von arktischem Treibeis war erst moglich nachdem diese konshytinentalen Gletscher allmahlich beim sommerlichen Schmelshyzen eine dUnne salzarme Deckschicht des Arktischen Ozeans gebildet hatten dies geschah offenbar erstmals vor 23 Ma zuerst sicher noch als jahreszeitliches Eis

Damit steht also fest da~ in der Zeit zwischen 12 und 25 Ma gleichzeitig ein vollstandig vereister antarktischer Konshytinent und ein offener eisfreier arktischer Ozean existiermiddot ten In dieser Zeit miampte (aus theoretischen GrUnden) der meteorologische Aquator im Jahresmittei in etwa 9-10deg Nordbreite gelegen haben dafUr gibt es in Afrika auch Belege Als weitere Fol~e ware eine Verlagerung des Trockengtirtels bis 40-50 N zu erwarten die im ostlichen Europa auch belegt ist (zB im Wiener Becken s Abb 10) die subtropische Flora jener Zeit ist vielfach beschrieben worden (SCHWARZBACH MAGDEFRAU)

Northern Boundary of NHem Evaporite Zone

Oucternary (0-2 Ma) Late Tertiary 15-15 Ma) Early Tertiary (30-50Ma)

Abb 10 Mittlere Nordgrenze des Trockengiirtels (Ablashygerungen von Salz Gips usw) im Quartar (0 shy2 Ma) JungterWir (5 IS Ma) und Alttertilir (30 - 50 Ma) nach LOTZE

und Walder der gema~igten Zone reichten bis Nordgronshyland Nach SCHWARZBACH lagen im rheinischen Braunmiddot kohlengebiet die Temperaturen in allen Jahreszeiten urn 5-8degC hOher als heute Der stidhemisphiirische Trocken gtirtel reichte bis in die Nahe des Aquators Es ist unmogmiddot lich in diesem Rahmen auf Einzelheiten einzugehen zumal hierzu eine vollstiindige Auswertung der neueren geologimiddot schen Literatur notwendig ist

Nach BUDYKOs Modell kann der Obergang zu einem solchen Klima dh das Verschwinden des arktischen Eises bei einer allgemeinen Erwarmung urn ca 4degC eintreten (vgl auch KELLOGG) Das entsprache (je nach Modellannahme) einem virtueJlen CO2 -Gehalt von 800 shy1100 ppm der reale CO2 -Wert liegt bei 750 ppm (plusmn 15jd (Abschn 42) Ob und wann solche Werte erreicht werden hangt von Entscheidungen auf energiepolitisch-okonomisch sozialem Gebiet ab (Abschn 8)

17

7 Kaltphasen in der Klimageschichte

71 Kleine Eiszeit (1550-1850)

Dal~ das Klima im 20 Jahrhundert nieht das einzig mogliche ist ja dreg es selbst im Rahmen der [etzten 500 Jahre ausgesprochen anormal ist gehort zu den Tatsachen die selbst den meisten Meteorologen unbekannt sind Tatsachmiddot Hch haben wir in Europa - wie das am besten bekannte Verhalten der AJpengletscher zeigt seit rund lO 000 Jahmiddot ren immer wieder einen Wechsel zwischen Warmphasen (wie in Absehn 61 geschildert) ulld Kaltpllasen erlebt Hierbei sind die Phasen innerhalb dec beiden Gruppen untereinander recht iihnlich ihre Dauer aber variabel irgendwekhe persistenten Perioden existieren offenbar nieht oder ihr Anteil an der gesamten Varianz ist vernachmiddot liissigbar gering Wahrend die Gletscherstande der Zeit 1930-60 offenbar nahezu identisch sind mit denen frOherer Warmphasen l diese A ussage ist etwas unsieher) liegen die Moranen der GletschervorstoBe urn 1820 und urn 1855 fast genau auf denen frtiherer Gletscherhochstande (PATZELT) Die letzte Kaltphase kann uns also als Modell fUr aIle frOhemiddot ren seit dem RUckzug der grofben Inlandeise dienen ihre Bezeiehnung als Kleine Eiszeit ist allerdings bewufbt Ubermiddot trieben Ihr Beginn ist nieht eindeutig festlegbar schon urn 1160 urn 1320 und urn 1430 kam es zu kUrzeren aber marmiddot kanten GletschervorstoBen in den AJpen und fUr die beimiddot den 1etztgenannten Termine liegen viele Nachriehten Uber ganz ungewohnhche Klimaanomalien vor (LAMB von RUDLOFF) Von langerer Dauer war die Klimaverschlechmiddot terung ab 1560 die in ZUrich einen Rtickgang der Wintermiddot temperaturen urn 2degC brachte wahrend bei Kopenhagen das ganze Jahr Uber Winde aus SUdost und Ost - als Anzeimiddot chen blockierender Antizyklonen vorherrschten Die Witshyterungsabliiufe ahneln sehr denen die wir heute in Einzelmiddot jahren mit strengen Wintern (1939-42 19467 19623) erleben haufig blockierende Antizyklonen Wetter1agen mit anhaltend starker meridionaler Komponente - unmiddot gewohnlich kalt aber auch ungewohnlich warm haufige Dtirremiddot und Niisseperioden schneereiche und bis tief in das Frtihjahr anhaltende Winter mit nachfolgenden MiBernmiddot ten

FUr die Beurteilung der Klimabedingungen jener Zeit sind nieht nur die Gletscher der Hochgebirge sondern vor aHem die Under nahe der Polargrenze des besiedelten Landes wesentlich Island Sehottland die Faroer und Skandinamiddot vien Die Nachriehten vom Verhalten des arktischen Treibmiddot eises - mit seiner entscheidenden Rolle fiir Albedo und Wdrmehaushalt haufen sieh jetzt Island viele Jahre hinmiddot durch 6-9 Monate lang von Treibeis blockiert massive Eismiddot vorstoBe nach den Faroern (mit Wassertemperaturen 3_4degC unter den heutigen) und selbst nach Norwegen (wo die Fischerei jahrelang fast ohne Ertrag blieb) Rtickgang der Vegetationsgrenzen und schwere Nahrungskrisen in Schottmiddot land Besonders eindrucksvoHe Beispiele aus der Zeit 1755shy1790 schildert die durch genaue meteorologische und landwirtschaftliehe Daten ausgezeiehnete Arbeit von PFISTER aus dem Kanton Bern auf die weltweite Zusammiddot menschau von H LAMB (VoL II) sei nochmals hingemiddot wiesen

Eine voriaufige Zusammenstellung der jahrlichen Getreishydepreise in der Zeit von 1500-1860 gibt Abbildung 6 die aus den fast vollstandigen Reihen von 5 deutschen Stlidten

18

gemittel t wurde von einem langjiihrigen Trend abgesehen zeigt sie zahlreiche meist gruppenweise auftretenden Jahre mit Preisanstiegen urn das dreimiddot bis sechsfache Das absomiddot lute Maximum (bis 1950) waren die weitweiten Hunger jahre J81617 nach dem Vulkanausbruch des Tambora 1815

1m Gebiet der mediterranen Winterregen existieren widershyspruchsvolle Nachrichten einmal stimmen die kiiltesten Abschnitte (genannt seien die Zeiten urn 1570 1630 vor aHem 1680-1700 nach 1770 1816 f 1845 t) mit Feuchtjahren Uberein einmal mit Diirren Das gilt fUr Algemiddot rien die Seen Mittelitaliens ebenso wie fur das Tote Meer und das Kaspische Meer aber auch (nach Sh NICHOLSON) fUr die Sahelzone Systematische Studien Uber die Telekonmiddot nektionen der Niederschliige im Mittelmeergebiet brinmiddot gen die Lasung (HELBIG) die Maxima der mediterranen Winterregen konzentrieren sieh im Bereich quasistationarer Hahentroge und negative KorreIationen g1eichzeitiger Werte mit Abstanden von 700-1000 km ( = halbe Rossbymiddot Wellenlange) sind haufig Daher ist es hier sinnlos eine ganmiddot _ ze Klimazone zusammenzufassen die Abhangigkeit der KlimamiddotAnomalien von der Lange ist mindestens ebenso groB wie die von der Breite Die regionale Verteilung der entmiddot gegengesetzten Witterungsanomalien wird beherrscht von der jeweils quasistationaren Lage des bloekierenden Hoch C

zentrums und der begleitenden Hohentroge bzw Kaltluftmiddot tropfen - das kennt jeder erfahrene Synoptiker und das ist auch das zentrale Problem jeder iangfristigen Vorhermiddot sage Auch in Nordamerika hangen die kalten Zeitabschnitmiddot te dieser Periode mit bloekierenden Antizyklonen zusammiddot men wie die Auswertung von Baumringen (FRITTS) geshyzeigt haben

Was ist nun die Ursache des Vorherrschens meridionaler Zirkulationstypen in dieser Klimaphase was die Ursache dominierender zonaler Zirkulationstypen mit polwarts vermiddot schobenen subtropischen Hochzellen in den Warmphasen Beim VergIeieh etwa der Abschnitte 1815-1855 (nochshymals urn 1890) und 1930-1960 fall t sofort die verschiemiddot dene Lage der arktischen Treibeisgrenze im Atlantik auf im Raume urn Island-Norwegen handelt es sich urn Vermiddot schiebungen von der GroBenordnung 1500 km Was aber verursachte diese Ausweitung des arktischen Treibeises die maximal 2 Mill km2 erreicht haben dtirfte

Auf diese Frage existieren zZ zwei Antworten von demiddot nen wenigstens eine geophysikaJiseh einwandfrei begrtinshydet ist Sie bezieht sich auf eine von LAMB zusammengemiddot faBte Statistik von VulkanausbrUchen (s Abschn 32) bei der in der Tat ein Zusammenhang zwischen den Hohemiddot punkten der kleinen Eiszeit und besonders schweren Vulmiddot kaneruptionen (oder Gruppen) auffall 1 Andererseits hat EDDY darauf hingewiesen daB die auffallige lange Periode geringster SonnenaktivWit der Zeit 1643 -1710 mit ihrem Maximalstadium tibereinstimmt - dieser Zusammenhang ist jedoch bisher physikalisch noch ganz ungek1art und muB daher offen bleiben Wegen der Unvorhersagbarkeit beimiddot der Ursachen kann das erneute Auftreten einer solchen Kaltphase in den nachsten 50-100 J ahren weder bejaht noeh ausgeschlossen werden auch eine statistische Aussage tiber die Wahrscheinlichkeit bleibt unsicher da zahlenmaBige Unterlagen in beiden Fallen nur wenige Jahrshyhunderte umfassen und subjektive Beurteilungen nieht ausmiddot schlieBen konnen Sofern sich aber die glob ale Erwiirmung

(etwa ab 2000) durchsetzt werden Wahrscheinlichkeit und AusmaB einer Wiederholung der Kaltphase sHindig zurUckmiddot gehen

72 Ubergang zu einer Eiszeit

Keine Frage wird dem KJimatologen Ofter von Repormiddot tern gestellt als die nach der nachten Eiszeit Umso merkmiddot wUrdiger ist die geringe Rolle die der mogliche obergang vom heutigen (interglazialen) zu einem glazialen Klima in der wissenschaftlichen Literatur spielt Das mag zwei Grtinde haben Geologen und andere an der Klimageschichmiddot te interessierte Wissenschaftler wagen sich nicht (mit einimiddot gem Recht) auf ein ihnen fremdes Feld und die meisten Meteorologen halten dieses Problem fUr ebenso unwissenmiddot schaftlich wie das der Sintflut Diese Einstellung ist aber heute nieht mehr gerechtfertigt nachdem in einer Reihe von Fallen einwandfrei abrupte Klimaiinderungen mit einer in humanen MaBstaben ganz kurzen Zeitmiddot skala nachgewiesen wurden die samtlich aus den Interglamiddot zialen oder den - hier nieht interessierenden - tJbermiddot gangsstadien zwischen Glazial und Interglazial stammen Einwandfreie Belege beruhen entweder auf Untersuchunmiddot gen an fossilen Mooren mit Jahresschichten (Varven)

fln Seen mit hoher Sedimentationsrate oder von Baummiddot ringen Aus Raumgrtinden ist es nieht moglich auf einzelmiddot

ne Befunde einzugehen (FLOHN 1974 1978) Einer der besten stammt aus der Liineburger Heide (H MOLLER 1974 1978) wo vor tiber 300 000 Jahren ein Wald der einem etwas warmeren Klima als heute entsprach binnen 30 Jahren () verschwand urn nach einer Pause - die Zeit reicht nicht aus urn eine arktische Tundra hervorzubrinmiddot gen durch subarktischen Birkenwald ersetzt zu werden darauf folgte in 300-400 Jahren eine Sequenz von Waldo typen wie man sie heute auf einer Bahnfahrt von Narvik (68deg N) nach Siidschweden sehen kann Dauert die Reakmiddot tion eines Waldes auf eine Klimaanderung sieher Jahrzehnte oder Jahrhunderte so gibt es schnell ere Indikatoren In Mittelengland wurde nach Ende der letzten Eiszeit eine subarktische Kaferfauna in etwa 50 Jahren durch eine warmmiddotgemaBigte Fauna ersetzt aquivalent einer Erhohung der JulimiddotTemperatur urn 8-9degC (COOPE 1977)

Das sind nur zwei niichterne Befunde gewonnen mit neumiddot zeitlichen Arbeitsmethoden die in ihrer Gesamtheit nicht

~ehr anzweifelbar sind die wenigen Klimahistoriker memiddot teorologischer Herkunft haben sich inzwischen von der Bedeutung dieser Zeit skala abrupter KJimaanderungen laquo 100 Jahre) tiberzeugen lassen Mogliche U rsachen fUr die (haufigeren) rapiden Abklihlungen sind schon in den Abschnitten 2 und 7 erortert worden fUr Erwarmungen stehen sie noch aus In jtingster Zeit ist auch kIar geworden daB solche Ereignisse sieh nicht notwendig synchron aus wirken sondern wegen der nur allmahlichen Verlage rung barokliner Frontalzonen im Ozean oder dem regional verschieden raschen Ablauf der kontinentalen Vereisunshygen - diachron dh mit erheblichen Zeitunterschieden in der Horizontalen Das bedeutet auch eine Grenze fUr die Vorstellung eines fast-intransitiven Klimas im Sinne von ELORENZ

Nehmen wir die Moglichkeit einer abrupten Abklihlung dieser Zeitskala als gegeben an wie und wo konnte sie sieh abspielen Zweifellos kann eine kontinentale Gletshyscherbildung nur mit einem wiederholten Uberdauern

der Winterschneedecke tiber den Sommer hin beginnen in den kritischen Gebieten der Subarktis - so die 750000 km2 groBe Baffin-Insel mit ihren Hochplateaus Labrador auch Lappland und die norwegischen Gebirge - schmilzt auch heute die meterdicke Schneedecke erst Anfang oder Mitte Juni endgilltig ab urn sieh Ende August oder im Sepshytember neu zu bilden Hierzu gemigt in Baffinland ein Absinken der Sommertemperaturen urn nur etwa 2dege wahrend in den anderen Gebieten 4-6degC notwendig wamiddot ren oder zugleieh eine massive Zunahme der Schneenieshyderschlage Die kritische Stellung Baffinlands erhellt auch daraus daB in der kIeinen Eiszeit - nach Ausweis von FlechtenUntersuchungen die heute insgesamt 37 000 km 2 einnehmenden Plateau-Eisfelder sich auf 140000 km2 vergroBert hatten (IVES) entsprechende Untersumiddot chungen in Fennoskandien stehen noch aus

Eine Modelluntersuchung (ANDREWS - MAHAFFY) ftir Baffinland hat in zwei Experimenten gezeigt wie sich eine urn einen Faktor 3 erhohte Sehneebilanz in einer langsashymen Zunahme von Flache und Volumen einer Eisdecke auswirkt langsamer als die Beobachtungen des eusta tishyschen Sinkens des Meeresspiegels in den interglazialen Kaltmiddot phasen anzeigen Aber in diesem Modell ist die machtvolle Rtickkopplung zwischen Schneedecke Albedo und Tempeshyratur nieht voll und zu spat in Reehnung gestellt worden Jedenfalls ist es hochst unwahrscheinlich daB in den nachsten 100 Jahren nachdem zuerst eine Kaltphase im obigen Sinne eintrat dieser ProzeB sich tiber die unmittdshybare Umgebung hinaus weltweit auswirken konnte Hiermiddot gegen sprechen aueh die langperiodischen Effektr der Erdmiddot bahneIemente deren nachstes Minimum (kiihle Sommer in der Arktis kalte Winter zugleieh in der Antarktis) erst in rund 10 000 Jahren fallig ist (BERGER)

Bei dieser Sachlage ist hOchstens - bei einer Kombination mehrerer ungtinstiger Voraussetzungen etwa dem Zusamshymentreffen mehrerer sehr schwerer Vulkaneruptionen von der Intensitat des Tambora (1815) oder wenigstens Krakatau (1883) innerhalb der jetzigen Phase relativ ausgedehnten polaren Treibeises vor Wirksamwerden der erwarteten anthropogenen Erwarmung mit einer abortiven Vershygletscherung zu rechnen die nieht zu einer vollen Eiszeit auswachsen wUrde In unserer humanen Zeitskala ware das aber schon schlimm genug Serien von Jahren mit sehr kaIten Wintern kiihlen und nassen Sommern schwere MiBshyernten in weiten Teilen der gemaBigten Zone zeitweise auch in den Tropen die sieher nieht ausgeglichen werden konnen durch Feuchtejahre in Teilgebieten von Nordafrika und dem Nahen Osten Die Wahrscheinlichkeit hierfUr ist aber gering - sie betragt nach verschiedenen Kriterien tibereinstimmend zwischen 01 und 1 Prozent in den nachshysten 100 Jahren AuBerdem waren fUr diesen Fall gezielmiddot te GegenmaBnahmen denkbar die hier nieht volig utopishyscher Natur sind

8 Wahrscheinlichkeit und Risiken die Rolle der Energieshypolitik

Die Wahrscheinlichkeit einer globalen Warm phase ist nach allem was wir wissen erheblich groBer als die einer Kaltshyphase Die Schwierigkeit bei der Abschatzung liegt darin daB Entscheidungen und Entwicklungen auf politischer sozialer und 6konomischer Ebene hier eingreifen konnen

19

die vorherzusagen nicht nur dem Meteorologen schwer fallt Wenn wir diese einmal versuchsweise vernachHissigen dann dUrfte in den nachsten 100 Jahren die Wahrscheinmiddot Iichkeit fur das Auftreten einer Kaltpflase vom Typ der kleinen Eiszeit nieht mehr als hochstens 20k betragen (und naeh etwa 2000) weiter abnehmen) FUr das Auftreshyten einer Warmpllase im Sinne der Beispiele in den Abmiddot sdmitten 61 und 62 mUssen wir aber hohere WahrscheinshyIichkeiten ansetzen wenn auch erst nach der Jahrhundertmiddot wende danach steigen sie das ist die in vielen Diskusmiddot sionen erworbene Oberzeugung des Verfassers unter den hier und in Abschnitt 5 gegebenen Voraussetzungen auf Uber 50 an

1st ill diesem Faile aber eine Entwieklung zu einem eismiddot freien arktischen Ozean (Absehnitt 64) mit ihren fast unshyvorstellbaren Konsequenzen fUr Wasserversorgung und Ernahrung noch vermeidbar Damit libersehreiten wir die Grenze des Fachwissens des Meteorologen der sich nur allmiddot zu getne in den akademisehen Elfenbeinturm zurlickziemiddot hen moehte Aber die Dinge sind zu wichtig eine Wende auf Grund politischer Entscheidung auf internationaler Ebene ist noch moglieh aber dann und nur dann wenn das Dogma von der Notwendigkeit standig zunehmenden wirtschaftliehen Wachstums das bei begrenzten Vorshyraten (Resourcen) mit den Naturgesetzen unvereinbar ist shyzugunsten einer besseren Einsicht aufgegeben wird (GRUHl) Ebenso ist eine Stabilisierung des Bevolkerungsshywaehstums nOlwendig - ohne einen hoheren Lebensstanmiddot dard in den Entwicklungslandern ist das unrealisierbar

Gleichzeitig mu~ aber die Energiepolitik sich frei machen von dec sinnlosen Verschwendung fossiler EnergiequeIIen die in 400 Ma durch biologische Prozesse aus der Sonnenmiddot energie aufgebaut und gespeichert wurden (s a Beitrag JUNGE) Ein Obergang zu erneuerbaren Energiequellen (Sonne Wind Gezeiten - auch die kaum erschopfbare Geothermik) ist moglich erfordert aber eine Kombination neuartiger (und kostspieliger) Technologien wie sie etwa am International Institut for Applied Systems Analysis in Laxenburg bei Wien von einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von W HAFELE (frtiher Karlsruhe) entwiekelt werden Aueh die Kernenergie mul1 in diesen Rahmenshyjedenfalls fUr eine Obergangszeit - einbezogen werden Das mit ihr verbundene Risiko ist auf jeden Fall geringer als das Risiko einer Verlagerung aller Klimazonen Da ein Obergang zu neuen Technologien sieher tiber 30 wahrshyscheinlieh 50 Jahre benotigt drangt die Zeit Neue Priorimiddot taten mlissen gesetzt werden Es geht urn das Wohl der naehsten Generationen

Literaturauswahl

ANDREWS T1 MAHAFFY MAW Quaternary Research 6 (1976) S 167-183

AUGUSTSSON T RAMANATHAN V J atmos Sci 34(1977) S 448-451

BERGER AL Quaternary Research 9 (1978) S 139~-167

BJERKNES J Monthly Weather Review 97 (1969) S 163-172

BROWNLR Worldwatch Papers Washington DC 8 (I 976)

BRYSON RA MURRAY Th1 Climates of Hunger MadisonWis 1977

o

BUDD WF J Glaciol 14 (1975) S 3-21

BUDYKO MJ TeHus 21 (1969) S 611-619 29 (1977) S 193-204

CESS RD J atmos Sci 33 (1976) S 1831-1843

CHARNEY JG Quart J Roy Meteorol Soc 101 (1975) S 193-202

COOPEGR Phios Transact Roy Soc London 280 (1977) S 313 shy340

DANSGAARD W et al Quaternary Research 2 (1972) S 396-398

DOBERITZ R Ber d Deutschen Wetterd 112 (1968)

EDDYJA Science 192 (1976) S 1189-1202 198 (1977) S 824 829

FINK J KUKLA GJ Quaternary Research 7 (1977) S 363-37 L ~

FLOHN H III Bonner Meteorol Abhandl 15 (1971) 21 (1975) Quaternary ReseJrch 4 (1974) S 385-404 in print (1978)

FRENZEL B Die Klimaschwankungen des Eiszeitalters Braunschweig~ 1967 ErdwissForschungen 1(1968)

FRITTS HC Tree Rings and Climate London New York 1976

GABRIELB Berliner Geoge Abh 27 (1977)

GATES WL J atmos Sci 33 (1976) S 1844-1873

GRUHLH Ein Planet wird geplUndert Frankfurt aM 1978

HAFELE W SASSIN W Ann Rev Energy 2 (1977) S 1-30

HAHN J JUNGE ChL Z f Naturforsch 32a (1977) S 190-214

HASSELMANN K u Mitarb TeHus 28 (1976) S 473-485 29 (1977) S 289-305 385-392

HAYS JD IMBRIE J SHACKLETON N Science 194 (1976) S 1121-1132

HELBIGM Diplomarbeit Univ Bonn (1976)

HSO K et al Nature 242 (1973) S 240-244 267 (1977) S 399-403 Naturwissensch61 (1974)S137-142

HUGHES T Rev Geophys and Space Phys 13 (1975) S 502-526 15 (I977) S 1-46

HUMMEL J RECK RA General Motors Res Lab Publ 2607 (1978)

HUNT BG Monthly Weather Review 105 (1977) S 247-260

IVES JD et al Naturwissensch 62 (1975) S 118-125

KELLOGG WW WMOmiddotBull 26 (1977) S 229-240 27 (1978) S 3-10

KENNETTJP J geophys Res 82 (1977) S 3843-3860

KONDRATIEV G Ya NIKOLSKY GA Quart J Roy Meteorol Soc 96 (1970) S 509-522

l

KORFF HC FLOHN H Ann Meteorol N F 4 (1969) S 163-164

LAMBHH Climate Present Past and Future Vol I (1972) Vo Il (I 977) London Methuen

LORENZE J appl Meteorol 9 (1970) S 325-329

MAGEDEFRAU K Palaobiologie der Pflanzen 4 Aufl Stuttgart 1968

MANABE S BRYAN K Monthly Weather Review 97 (1969) S 739-827 J phys Oceanogr 5 (1975) S 3-29

MANABE S WETHERALD RT atmos Sci 24 (1967) S 241 ~-259 32 ( 1975) S 3-15

MASON BJ Promet 7 (1977) H 4 S 1-26

MASS Cl SCHNEIDER StH J atmos Sci 34 (1977) S 1995-2004

MAYKUT GA UNTERSTEINER N Jgeophys Res 76 (1971)S 1550-1575

MOLLERH Geologisches Jahrbuch 83 (1965) S 327-352 A 21 (1974) S 107-140 im Druck (1978)

NAMIAS J Short Period Climatic Variations 1934-1974 2 Vol F-- Univ of California 1975

NEWELL R et al Pure and appl Geophysics 116 (1978) S 351-371

NICHOLSON Sh Ph D Thesis Departm Meteor Univ Wisconsin (1976)

OLIVER RC J appl Meteorol 15 (1976) S 933--950

PACHUR HJ Die Erde 106 (1975) S 21-46

PATZELT G Coil Internal CN RS No 219 (1973) S 51-59

PFISTER Chr Beiheft 2 Jb Geogr Ges Bern (1975)

POLLOCK JP et al Jgeophys Res 81 (1976)S 1071 1083

RODEWALD M Dt Hydrogr Z 20 (1967) S 269 25 (1972) S 97-117

ROGNONP Rev Geogr Phys Geol Dynam 18 (1976) S 251-282

ROWNTREE PR Quart J Roy Meteorol Soc 98 (1972) S 290-321

RUDLOFF H v Die Schwankungen und Pendelungen des Klimas in Eushyropa Braunschweig 1967

SCHWARZBACH M Das Klima der Vorzeit 3 Aufl Stuttgart 1974

SHACKLETON NJ OPDYKE ND Quaternary Research 3 ( 1973) S 39-55

STROBING K Der Seewart 35 (1974) S 1-1436 (1975) S 28-29

TREMPEL U Diplomarbeit Univ Bonn (1978)

VOWINCKEL E ORVIG S World Survey of Climatology 14 (1970) S 129-252

WANG WC et al Science 194 (1976) S 685-690

WETHERALD RT MANABE S Monthly Weather Review 100 (1972) S 42-59 J atshymos Sci 32 (1975) S 2044-2059

YAMAMOTO R J Meteor Soc Japan 53 (1975) S 482-486

21

Page 14: :SBWU>t S9J9SUn ijun>tnz 9!a 9W91qOJd pun U9l>tB,:j · 2 Wechselwirkungen im klimatischen System . 2.1 Die Rolle des polaren Treibeises 2.2 Das El Nino-Phanomen . 2.3 Kontinentale

gang zu der nachsten Eiszeit von einem solchen Stadium ausgehen und wir mtissen die Frage nach der Natur dieses Obergangs erortern Stellen wir im Gegensatz hierzu die anthropogenen Faktoren in den Vordergrund die offenmiddot bar in ihrer Gesamtheit zu einer globalen Erwarmung flihren (s Absdm 41 42) dann kbnnen wir die Warmmiddot phasen der Vorzeitklimate untersuchen und als Beispiel fUr die in Zukunft zu erwartenden Zustande nehmen NatUrJich mtissen wir uns auch die Frage stellen kann sich das Klima der Vergangenheit wiederholen oder haben sich die Randbedingungen inzwischen geandert Nachdem wir heute wissen daf~ es in jtingerer Vergangenheit nicht eine oder vier sondern mindestens 17 Eiszeiten und ebensoviele Warmzeiten g10balen AusmaBes in 18 Milliomiddot nen lahren gegeben hat (FINK und KUKLA) stellt sich dieses Problem in aller Scharfe Auch die Geschichte des Menschen wiederholt sich nie aufvbllig g1eiche Art

Solange wir also keine physikalisch einwandfreien genUmiddot gend realistischen Klimamodelle zur Verftigung haben mUsmiddot sen wir uns mit dem Vergleich vergangener Zustande aber mit aller gebotener Kritik und Vorsicht behelfen Diese Art der Darstellung moglicher aber keinesfalls gesimiddot cherter Zustande bezeichnet man (in der sehr umfang reichen Literatur Uber Zukunftsfragen) als Szenarium als Drehbuch fUr einen Film Das ist eine auBerst unglUckmiddot liche Bezeichnung unsere Darstellung entspringt niemals allein schbpferischer Phantasie sondern beruht ausschlieBmiddot Hch auf den kritisch durchgeprUften Grabungsergebnissen der Vergangenheit alles was frliher schon einmal gesche hen ist kann wieder geschehen sofern die g1eichen Randmiddot bedingungen gegeben sind HierfUr geben uns die vorliemiddot genden Modelle wertvolle Hinweise Andererseits mUsmiddot sen wir stets die natiirlichen Schwankungen des Klimas (mit einer GroBenordnung von plusmn 06degC fUr die g10bale Mitteltemperatur gegeben fUr einen zB IOOjahrigen Mitmiddot telwert) mit in Rechnung stellen sie addieren sich zu den anthropogen verursachten Schwankungen ledem mit der Klimavergangenheit nicht vertrauten Leser sollte das Studium des groBen zweibandigen Werkes Climates Past Present and Future von H LAMB dringend empfoh len werden

FUr den folgenden Abschnitt 6 die Erorterung globaler Warmphasen als Beispiele [iir m6gliche Klimazustiinde unter anthropogenem Einftuj3 mUssen wir folgende einmiddot schrankende Voraussetzungen machen (s Abschn 23 und 3)

a) Konstanz der Solarkonstanten (innerhalb der heutigen MeBgenauigke it)

b) keine Haufung starkerer VulkanausbrUche c) kein groBskaliger Ausbruch des WestantarktismiddotEises d) keine Anderung der mittleren Bewolkung

Die letzte Einschrankung bezieht sich auf unsere mangelmiddot haften Kenntnisse tiber die Rolle der BewOlkung im Strahmiddot lungshaushalt Zweifellos ware schon eine geringe Zunahmiddot me der Bewolkung (zZ nach Bodenbeobachtungen ca 52 nach Satellitendaten ca 30 beides mit sysmiddot tematischen gegeneinander wirkenden Fehlern behaftet) fUr den Warmehaushalt von entscheidender Bedeutung Doeh ist das unwahrscheinlich (CESS) der gro~te Teil der Wolken entsteht in aufsteigenden Luftstromungen und lost sich bei Absinken auf bleibt also als Foige des Kontinuitiitssatzes etwa erhalten Die stabilen Inversionen

aber dUrften bei einer CO2 middotZunahme wegen der waehsenden LabiliHit der Schichtung eher abnehmen

6 Warmphasen in der Klimageschichte

61 Friihmittelalterliche Wiinneperiode

Da eine Riickkehr zu einer rein naturbedingten Klimaentmiddot wicklung ebenso unmoglich ist wie eine RUckkehr zu den Lebensbedingungen der lungsteinzeit fUr eine Erdbevolkemiddot rung von Uber 4 Milliarden miissen wir mit einer g10balen Erwarmung rechnen Dem widerspricht die Abklihlung der Periode 1945-72 in mittleren und hohen Breiten der Nordhalbkugel nur scheinbar in niedrigen Breiten blieben die Temparaturen fast konstant in gemaBigten Breiten der SUdhalbkugel und am Rande der Antarktis sind sie sogar leicht angestiegen Einer CO2 middotZunahme von 12-13 entspricht eihe g10bale Temperaturzunahme urn a2degC dies liegt noch ganz im Bereich des statistischen Rauschens dh der interannuellen Variabilitat Die bemiddot obachtete AbkUhlung kann offenbar mindestens teilweise auf die seit 1955 wieder auflebende Vulkantatigkeit (nach einer Pause 1912-1948) zuruckgefUhrt werden Das Argumiddot ment daB ohne die inzwischen erfolgte CO2 middotZunahme die AbkUhlung entspreehend starker gewesen ware la~t sich weder beweisen noch widerlegen es steht jedenfalls im Einklang mit den zuveriassigsten Strahlungsmodellen Wir betrachten also zunachst als Beispiel fUr eine kUnftimiddot ge Klimaentwicklung - einige Warmphasen aus der Klimamiddot geschichte ohne daB ruer auf die Art der Quellen und ihre Kritik eingegangen werden kann (vgl die Monogramiddot pruen von SCHWARZBACH und LAMB)

Die erste wichtige Warmphase ist das frUhe Mittelalter etwa die Periode 900 - 1050 un serer Zeitrechnung Sie ist zwar in Mitteleuropa durch historische Daten wenig bemiddot legt das umfangreiche Werk von H LAMB enthalt eine Zusammenstellung aller erreichbarer Daten die inzwischen fortlaufend erganzt werden In dieser Zeit scheinen sich (die vorsichtige Ausdrucksweise ist wegen der noch allmiddot zuoft unkri tischen Auswertung historischer Quellen notmiddot wendig) in weiten Teilen Europas warme Sommer und DUrreperioden zu haufen Die wichtigsten Befunde ergeben sich ausder Siedlungsgescruchte der Wikinger in Island und Gronland mit ihren klihnen Vorstoampn nach Labrador und Neufundland Diese Auswanderer (aus politischen GrUnden) trafen ab 874 Island zu etwa 60 bewaldet an sie trieben dort nicht nur Schafzucht sondern auch Getreidebau (wie Ubrigens damals in Norwegen bis zum 65 Breitengrad) Sie Uberquerten die DanemarkstraBe an der schmalsten Stelle ohne den heutigen TreibeisgUrtel anzutreffen und errichteten Siedlungen in Siidmiddot und Westgronland die FriedhOfe dieser Siedlungen liegen heute im Dauermiddot frostboden War der OstgronlandstrOin damals in 65degN eisfrei dann muB das bei dessen hoher Geschwindigkeit Om Vergleich zur Abschmelzzeit der Eisschollen) fUr seimiddot ne gesamte Lange zutreffen die arktische Treibeisgrenze lag also damals an der Nordkiiste Grbnlands dh in 80-shy

o8I N Breite Erst urn 1330 liegt ein zeitgenbssischer Bemiddot richt vor daB das vorgeriickte Eis zur Aufgabe dieses Scruffmiddot fahrtsweges gefiihrt hat zugleich verschlechterten sich die Klimabedingungen in Gronland und Island wo der Getreimiddot debau aufgegeben werden muBte Archaologische For schung hat zeigen konnen daB urn 1000 die Eskimos den ganzen arktischen Arcrupel Kanadas besiedelt hatmiddot

13

ten ebenso die Neusibirisehen Inseln In diesen heute mensehenleeren Einoden lebten sie von Walfang ~ dieshyser setzt offenes Wasser im Sommer voraus Die gleiche Klimaversehlechterung zwang sie ZUIll Ausweichen nach Sliden und ZusammenstoJ)e mit den durch Hunger und Seuchen dezimierten norwegisehen Siedlern in StidgrOn land filhrten zu deren Verniehtung

Die Waldgesehichte Kanadas und Europas die Gletschershygesehichte der Alpen beJegen um J 000 eine Erwarmung lim etwa 1deg( das Kaspische Meer erreichte einen seiner tiefsten Stande bel ~3~ m dh niedriger als heute wo viel Wasser zu Bewaserungszwecken verwendet wird Der Nordteil der Sahara war feuehter als heute arabische Reishysende beriehteten sogar aus dem heute trockensten Geshybiet (Kufra) von einer gerade erst aufgegebenen Rindershyzucht man wird die Niederschlage damals doch auf 150-~00 mmiJahr schatzen mussen gegeniiber 3~5 mm heute Aber aus dem Mittelmeerraum wird von einzelnen uberaus kalten Wintern berichtet ebenso hatten China und Japan warme Sommer aber auch strenge Winter in denen die gro~en F1u~-Seen am Jangtsekiang zufroren 1m mittleren Westen der USA herrschten giinstige Bedinshygungen fur Ackerbau Jagd und sogar stadtische Kuhur wah rend urn 1200 Serien von Durren zur Aufgabe von Gebieten zwangen Da~ diese Dtirreperiode hier im heutishygen Maisanbaugtirtel 200 Jahre anhielt (Bryson und Murshyray) mu~ besonders beachtet werden Der mittlere Westen Nordamerikas ist zZ das einzige Gebiet mit Getreidetibershyschuf~ wahrend viele andere Lander von Importen dh von der Hand in den Mund Jeben

Eine Zusammenschau dieser (und anderer) Daten fUhrt zu der Vorstellung (LAMB) da~ wie in den hei6esten Somshymem der Periode 1931-60 die Zyklonenzugbahnen der Westdrift durch quasi-stationare Hochdruckgebiete urn 300~500 km nach N verlagert waren Auch im Winter ergab sich eine iihnliche Situation die aber mit blockierenshyden Hochs zu hiiufigen Kaiteperioden ftihrte Wahrend im Eis Gronlands bereits eine vortibergehende Abktihlung urn 1160 eintrat die auch von Schweizer Gletschern beJegt ist war die nachste Kaltewelle mit dem Hohepunkt urn 1320 noch nachhaitiger wirksam alle Warmphasen seit dieser Zeit haben nieht die Andauer und Intensitat derjeshynigen urn die Jahrtausendwende erreicht Ftir sie kann ein Anstieg der reprasentativen Temperaturen urn etwa 1degC angesetzt werden die in der Arktis vermutlich 2-3degC erreicht haben diirfte Von der Sudhalbkugel Jiegen kaum Daten vor au~er einer Trockenperiode in Neuseeland zur Zeit der Maori-Einwanderung

62 Die holozane Warmeperiode vor 6000 (bzw 4000) Jabren

Nach dem Hohepunkt der letzten Eiszeit (18000 vh = vor heute) dauerte der Eisrtickzug in den beiden Nord-Kontishynenten verschieden lang das Skandinavische Inlandeis verschwand endgilltig kurz vor 8000 vh wiihrend zugleich das Laurentische Eis Nordamerikas noch die Hudsonshybucht mit allen Nachbarliindern bedeckte mit noch etwa 50 Prozent seiner urspriinglichen Flache Nach einem katashystrophalen Einbruch des Meeres in die Hudsonbucht vershyschwand das Eis im Westen relativ rasch in Labrador anshyscheinend erst urn 4500 vh wah rend in Baffinland ausgeshydehnte Plateaugletscher bis heute tiberlebten Das ftihrte

14

in der Zeit 8000-4500 vh zu einer permanenten Anomashylie der Zirkulation von Atmosphare und Ozean tiber Euroshypa zu einer zusatzlichen advektiven Erwarmung mit einem ersten Hohepunkt urn 6000 vh einem zweiten ab etwa 4500 vh nach einer kurzen intensiven Abktihlung urn 4800 vh wahrend das ostliche und zentrale Nordamerika noch relativ ktihl blieb Offenbar lagen auch Alaska und das westliche Nordamerika unter dem Einfiu~ eines warmen Hochdruckrtickens langs 1000W dehnte sich der boreale Wald etwa 300 km weiter nach N aus als heute ja vor 4800 vh sogar bis zur Banks-Insel (74degN) Ahnliche Beshyfunde Iiegen von Nordnorwegen und der westsibirischen Taiga vor die eine Erwarmung urn 2 bis 3degC andeuten im globalen Mittel ergibt sich eine Erwarmung urn etwa I 5degC In der inneren Arktis waren selbst die Nordktisten von Spitzbergen Gronland und Ellesmere-Land im Somshymer eisfrei wahrend der Kernbereich des arktischen Treibshyeises zwischen N ordkanada und Ostsibirien sieher erhalten blieb

Die Vegetationsgeschichte von Eurasien (FRENZEL) zeigt diese Warmphase klar Werbei darf man nlcht vergesshysen daB die Einwanderung von Waldbaumen erheblich Ianshygere Zeit benotigt als die daftir verantwortliche Klimaiindeshyrung Von besonderer Bedeutung ist dabei in Ostsibirien a offenbar auch in Kanada und Alaska ein Rtickzug des Dauerfrostbodens urn mehrere 100 km nach Norden in den Gebirgen rtickte die Waldgrenze tiberaIl urn 100-150 m aufwarts In den Alpen lli~t sich das mit vielen Einzelheiten belegen (pATZELT) aber im Gegensatz zur Subarktis kam es hier in der Periode zwischen 8000 vh und 800 vh zu mindestens vier Warmeperioden und zwischengeschalteshyten Kaltphasen mit Gletschervorstii~n von jeweils fast gleieher Intensitat Ftir die TemperaturverhaItnisse der Ozeane sind nur wenige Angaben vorhanden - die zeitshyliche Aufiosung der Ozeanbohrkerne liegt meist bei 3-5000 Jahren als Folge der geringen Sedimentationsrate und der biogenen Durchwtihlung des Meeresbodens Nur fUr den Kuroshio zwischen Taiwan und der japanischen Stidktiste wird eine Erwarmung urn 6degC angegeben

Die auffaIligste Erscheinung ist eine verbreitete Zunahme der Niederschliige mit nur zwei sicheren Ausnahmen In Westsibirien sowie im Mittelwesten der USA (Wisconshysin - Illinois) weitete sich das trockene Grasland nach N bzw E hin aus Oberall sonst besonders auWillig 1m Trok- ~ kengtirtel der Alten Welt von Mauretanien (l7degW) bis nach Rajasthan (77degE) herrschte ein feuchteres Klima als heute in der Sahara ist es an mehr als 30 fossilen Seen und Fltisshysen einwandfrei belegt eben so in der Danakilwtiste in der arabischen Wtiste aber auch im SW Nordamerikas im ostafrikanischen Graben und in weiten Teilen Australiens Zwei Gebiete sind besonders gut belegt in Rajasthan (BRYSON) schwankte die Regenmenge zwischen 400-600 mm (zeitweise fiber 800 mm) von etwa 10500 vh bis rund 3700 vh gegeniiber rund 250 mm heute und der Tschadshysee heute ein naches von Diinen durchsetztes Seebecken von maximal 23000 km2 dehnte sich zweimal (urn 8500 und urn 5800 vh) auf tiber 320000 km2 aus (MALEY) mit einem Spiegel tiber 40 m hoher als heutc und einer maximamiddot len Tiefe von etwa 200 m Das zentrale Trockengebiet zwischen Kufra und Tibesti heute mit weniger als 5 mml Jabr war zT von dauernd flie~nden Fltissen durchzogen Das Grasland wurde genutzt von offenbar zahlreichen rinderztichtenden Nomaden und die jahrlichen Niedershy

schlage werden auf 200-400 mm geschatzt (PACHUR GABRIEL) im Tibestigebirge (heute 100 mm) auf tiber 800 mm Besonders auffallig ist da~ in dieser Feuchteperiode sowohl die Nord- wie die Stidflanke der Sahara starker tiberregnet wurden im Sahelgebiet schlieBt ROGNON auf eine ganzjahrige Regenzeit mit haufigen Dauerregen an stelle der kurzen Sommer-Regenzeit mit ihren heftigen Schauern Das ist nicht vertraglich mit der Lehrbuch-Vorstellung von einer meridionalen Verschiebung aller Klimagtirtel die im Stiden und Norden der Sahara alternierende Feuchtshyphasen auslosen m~te Nur bn Winterregengebiet nordlich 36degN find en wir in Anatolien und Iran (so am Van-See) eine markante Trockenperiode gleichzeitig mit der Feuchtshyphase der ganzen Sahara Diese Feuchtphase schon einmal urn 7500 vh unterbrochen wurde ab 5500 vh durch eine allmiihliche Austrocknung abgelost die urn 4000 vh in der Sahara etwas spater auch in Rajasthan zu einem ariden Klima ahnlich wie heute fOOrte Diese Austrocknung haben die frOOeren Hochkulturen miterlebt das Alte Reich Agyptens die Stadtkulturen zwischen Jericho und Ur die Indus-Kultur ilire Krisen oder ihr Untergang hiingen offen bar von diesen Klimaanderungen starker ab als von dem Einfall fremder Volksstamme

Die Interpretation dieser Befunde aus dem Holoziin (=Nachshyeiszeit) erfordert eine genaue Synchronisation des Ablaufs der Klimageschichte in weit entfernten Raumen sowie ein meteorologisches Verstiindnis dieser raumlichen Bezieshyhungen anhand rezenter Befunde Zunlichst ergibt sich auch heute in den Obergangsjahreszeiten wie im Winter die Existenz quasi-permanenter Hohentr6ge die sich in 150-300 mbar jeweils weit zurtick nach SW bis in die innemiddot ren Tropen hinein erstrecken (FLOHN 1975) Ahnlich existieren diese diagonaien Hdhentrdge auch tiber der Stidhalbkugel wo sie bis zum Aquator gelegentlich auch dartiber hinaus reichen In ihrem Bereich kommt es zu einer Wechselwirkung der tropischen und aulkrtropischen Storungen (Abb 9) die zu kraftigen Wirbeln mit Gewittermiddot schauern und Sandsttirmen ftihren dies sind die schon urn

Interaction Upper Troughs-low level Tropical Vortices Lat

300

fIlA 200

10middot

omiddot Abb 9 Diagonale Hohentroge (200 mb) und ihre Wechshy

selwirkung mit Storungen der tropischen Oststroshymung (700 mb)

1935 bekannten Saharadepressionen 1m westlichen und zentralen Nordafrika laBt sich an heutigen Statistiken die simultane Schrumpfung bzw Ausweitung des Trokshykengtirtels und die Rolle der Frtibjahrsregen hierbei nachshyweisen dasselbe ergab sich aus historischen Studien der Regenverhaitnisse im 17-19 Jahrhundert (NICHOLshySON)

Wahrend der ersten Feuchtphase 10500 8000 vh existiershyten noch ausgedehnte EisfHichen in Nordeuropa und Nordmiddot amerika Das ganze Jahr tiber reichte die glob ale Kaltshyluft und die von ihr ausgehenden Kaltetroge weiter stidmiddot warts als heute wahrend sich Uber den Tropen bereits die heutige Zirkulation herstellte Die Befunde deuten im Atlantik wie im Pazifik auf eine Abschwachung der subtroshypischen Hochdruckgebiete und damit der Intensitlit der Passatwinde Dies fiihrt notwendig zu einer Abschwachung des Aufquellens von Kaltwasser sowohl an den Westktisten (NWmiddotAfrika Kalifornien) wie am Aquator hier also zur Vorherrschaft der EI-Nino-Zirkulation mit Warmwasser starker Verdun stung und aquatorialen Regen auf dem Meer die geophysikalische Rolle dieses Wechsels ist kaum zu tiberschatzen Urn 8000 - 7300 vh kam es nach Vermiddot schwinden des skandinavischen Eises zu einer Unterbremiddot chung der Feuchtphase Diese stellte sichjedoch wieder her solange noch tiber Labrador - Baffinland ausgedehnte Eisfelder auch im Sommer tiefe weit ausgreifende Hohenmiddot troge zur Folge hatten diese traten offenbar in Nordamerishyka sowie in EuropaAfrika in den Obergangszeiten haufishyger auf als heute 5-10 faile dieser Art pro Jahr gentigen urn insgesamt 150-250 mm zusatzlichen Niederschlag hervorzubringen Die endgultige Austrocknung vollzog sich erst urn etwa 4500 vh mit dem Verschwinden der Eisreste aus Labrador

Die fUr den Klimaablauf entscheidenden physikaischen Randbedingungen in der Subpolarzone waren also urn 6000 vh noch wesentlich anders als heute erst urn 4500 vh entwickelten sie sich offenbar mit einer noch starkeren Reduktion des arktischen Eises Die ebenfalls noch wanne Phase urn 4000 vh deren regionale Einzelheiten weniger gut bekannt sind war im Trockengtirtel der Alten Welt wie im SW Nordamerikas in Stidafrika und in Australien ahnlich trocken wie heute Noch eine weltcre Randbedinshygung sollte nicht vergessen werden die bereits erwahnte (Abschn 43) Vegetationszerstorung und Desertifikation die mit der Zunahme der Obertlachenalbedo tiber den Meshychanismus des Charney-Modells zu einer Verstarkung des Absinkens fUhrt Sie wird wahrscheinlich bei einem Ruck gang des ArktismiddotEises eine Zunahme der Niederschlage im Sahel hinausz6gern jedenfalls solange bis durch geeigshynete SchutzmaBnahmen eine geschlossene GraslandmiddotVege tation in den Randgebieten der Sahara wieder hergestellt werden kann Das aber ist ein okonomisch-soziales Pro blem

63 Letztes Interglazial EemmiddotWannzeit 120000 vb

Die EntwickIung quantitativer Arbeitsmethoden in der Geo logie hat in den letzten Jahren einige aufregende Entdek kungen innerhalb der Erdgeschichte erm6glicht Hierzu zahlt die Entdeckung eines 17-18maligen Wechsels zwi schen Eiszeit und Warmzeit (Interglazial) in den letzten 2 Millionen Jahren in zeitlicher Obereinstimmung datiert mittels der Umkehrung des erdmagnetischen Feldes gefunshyden in Ozeanbohrkernen aus dem aquatorialen Pazifik (SHACKLETON - OPDYKE) und in L6Bprofilen in Mahmiddot ren und Niederosterreich (KUKLA und FINK) Damit ergab sich eine gesicherte Chronologie der Kalt- und Warmshyzeiten ftir die palaomagnetische BrunhesmiddotEpoche der letzten 700 000 Jahre In allen geeigneten Ozean-Bohrkernen finshydet man in der Zeit zwischen 127 000 und 75 000 vh (mit einer Fehlergrenze unterhalb plusmn 5000 Jahren) drei

15

Warmphasen mit zwei kurzen Kaltphasen dazwischen genauere Untersuchung in Barbados auf Mallorca Neuguishynea und an der Themsemtindung belegen auch die zugeshyhOrigen eustatischen Schwankungen des Meeresspieshygels da in den Kaltphasen gro6e Wassennengen als konshytinentales Eis gespeichert werden Auf dem Festland sind bisher zwei nahezu vollstandige Moorbohrkerne untershysucht worden (in Mazedonien und sudlich der Vogesen) die die gleichen Schwankungen zeigen aber in wesentlich hOherer zeitlicher Auflosung Noch weiter auflasbar sind die Diatomeenablagerungen Nordwestdeutschlands mit ihren tiber 10 000 Jahre reichenden Jahresschichten (H MOLLER) die eine pollenanalytische Analyse von Abshyschnitten von nur 15 Jahre Lange erlauben

Nach allen vorliegenden Befunden ist die friiheste der drei Warmphasen mit deutlichem Abstand die warmste noch etwas warmer als die erarterte holozane Warmphase offenbar auch warmer als die vorhergegangenen Interglashyziale Sie reichte von 127000 bis etwa 115000 vh die warmste Phase umfa~te in den Vogesen mindestens 10000 Jahre dagegen die beiden Kaltphasen nur jeweils 1600 bzw 1000 Jahre Ftir Europa und die Sowjetunion existiert eine detaillierte Vegetationsanalyse (FRENZEL) dieser Warmzeit die mit dem hollandischen Lokalnamen Eem (im engeren Sinne) bezeichnet wird nach dieser Anashylyse miissen die Temperaturen 2-3degC haher gelegen haben als heute in Sibirien sogar bis 6degC Xhnlich wie im Holoshyzan miissen die Niederschlage hoher gewesen sein zumal die hOhere Temperatur schon an sich zu einer Zunahme der Ozean-Verdunstung fiihrt Neben der oben erorterten Dominanz der EI-Nifio-Zirkulation am Xquator ist eine weitere Ursache der Verstarkung des hydrologischen ZykshyIus der eustatische Meeresspiegelanstieg auf + 5-7 m der durch einen breiten Meeresarm zwischen Ostsee und Wei~em Meer Fennoskandien zur Insel macht und im Mtindungsgebiet von Ob und Jenissei bis tiber 1000 km weit ins Binnenland eingreift (FRENZEL) Zugleich kam es zu einem drastischen Riickzug des Dauerfrostbodens in Ostsibirien bis etwa 57deg Breite (heute etwa 49deg) Auch bei einem Anstieg der Temperaturen urn 6degC erlebte Sibishyrien auch damals sehr kalte Winter doch miissen im Sommiddot mer die Ktisten weitgehend eisfrei gewesen sein Anderermiddot seits ergeben die Bohrkerne im Arktischen Ozean daB der zentrale Kern des arktischen Eises zwischen Gronland Alaska und Ostsibirien aile Warmzeiten seit mindestens 700000 Jahren ohne Unterbrechung uberdauert hat die gleiche Annahme erscheint fUr das Gronlandeis immershyhin wahrscheinlich (wenn auch nicht belegt)

Mit dem starker mariti men Klima Europas reiehten warmiddot meliebende Walder weit nach Ru6land hinein Das Vorshykommen von Lowen FluBpferden und Waldelefanten in GroBbritannien ist ein besonders auffallendes Anzeimiddot chen warmerer Bedingungen wenn auch der SchluB auf tropisches Klima nach Ausweis der Vegetation sicher unshygerechtfertigt ware Aus den tropischen Kontinenten lieshygen bisher nur wenige Befunde vor eine lange humide Phase an der westafrikanischen Kiiste und in der Afar-Senke am Roten Meer entsprechen den Befunden der holozanen Warmzeit

Diese Eem-Warmzeit war offenbar die wiirmste Phase seit Beginn der Brunhes-Epoche vor 700000 Jahren abet das gesamte letzte Interglazial dauerte wesentlich langer

es umfaBte zwei weitere etwas kiihlere Warmphasen geshytrennt durch zwei intensive Kaltphasen urn etwa 110 000 und 90 000 vh Die zugehorigen Schwankungen des Meemiddot resspiegels zwischen -70 und -80 m in den Kaltphasen (letzte Eiszeit -100 m) und etwa -5 m in den beiden spateren Warmphasen zeigen daB die Schwankung des globalen Eisvolumens immerhin 70-75 derjenigen zwishyschen letzter Eiszeit und heute betrug Diese Anderunshygen der Massenbilanz in den beiden Kaltphasen drang ten sich jeweils auf weniger als 10 000 Jahre zusammen die entsprechenden Klimaanderungen auf dem Festland liefen nach Ausweis der (verzogerten) Vegetationsschwanshykungen in den europaischen Mooren in wenigen 100 Jahshyren in Wirklichkeit also vermutlich in lt 100 Jahren abo Das wird bestatigt durch den Gronland-Blitz eine in ihrem Mechanismus noch nieht einwandfrei geklarshyte Abkiihlung in weniger als 100 Jahren (DANSGAARD) die im Eis Nord-Gronlands in tiber 1300 m Tiefe seit minshydestens 90000 Jahren tiefgefroren aufbewahrt ist

Gewi~ sind noch nieht alle Fragen geklart Offenbar haben sich im mittleren Europa die beiden Kaltphasen trotz globalen Charakters nur kurzfristig in Form abrupter Abkiihlungen in der und hier allein interessierenden humashynen Zeitskala ausgewirkt Xhnliche Ereignisse haben sich nach den heute vorliegenden Befunden in allen jtingeren Y Interglazialzeiten (und im Holozan) abgespielt - auf dieshyses Problem muB noch (Abschn 8) eingegangen werden

Der eustatische Meeresspiegelanstieg im Eem ist in seiner Ursache noch nicht geklart ein Anstieg urn 5-7 m entmiddot spricht entweder dem Abrutschen des Eises der Westantshyarktis oder dem Verschwinden des Gronlandeises oder eishynem entsprechenden Wasserverlust der sehr stabilen Ostantshyarktis Wabrend das zuerst genannte Ereignis uU recht rasch vor sich gehen konnte (genauere Vorstellungen tiber die Zeitskala liegen allerdings nicht vor) laufen die beiden anderen Ereignisse so langsam ab daB der zugehoshyrige weltweite Meeresspiegeianstieg in der GroBenordnung weniger mm pro Jahr (heute 11 mm) bleibt

64 Eisfreie Arktis vereiste Antarktis (12-25 Mill vh)

Wahrend die bisher dargestellten Klimaphasen keine grundshysatzlichen Abweichungen gegentiber dem heutigen Klimashybild zeigen trifft dies fUr den extremsten Fall eines vOl- ~ ligen Verschwindens der arktischen Treibeisdecke nicht zu Die Idee eines Verschwindens des arktischen Treibshyeises hat zuerst BUDYKO urn 1962 entwickelt und zwar als Endergebnis einer gezielten Umwandlung des Klimas wie sie 1959 auf einem der Kongresse der KPdSU proklashymiert worden war - im Einklang mit der marxistischen These von def Umwandlung der Natur durch den Menshyschen Bei naheren Untersuchungen stellte sich heraus daB dieses Projekt (schon wegen der Ausdehnung der Eisdecke tiber 10 bull 106 km2 ) nicht nur extrem aufwendig war sondem auch sehr weitreichende Nebenwirkungen zur Foige haben konnte Spater erkannte man daB die im Gange befindliche Zunahme des CO2 -Gehaltes zu dem gleiehen Ergebnis fiihren konnte Die Sensitivitat dieses Systems wurde bereits besprochen (vergl Abschn 21) ein vereinfachtes eindimensionales Klimamodell (BUDYKO 1969) ergab bei wachsendem CO2 -Gehalt und zunehmender Erwarmung ein immer rascheres Ruckshyweichen der EisSchneegrenze zum Nordpol hin

16

Ein solches scheinbar jeder Erfahrung widersprechendes Modell konnte nieht ohne Widerspruch hingenommen werden Schon die Frage ob unter den heutigen Klimashybedingungen die Eisdecke irreversibel verschwinden kann oder ob sie sich im nachsten Winter neu bildet mu~te eingehend erortert werden wir konnen sie offen lassen da nunmehr ein Verschwinden des Treibeises unter extreshymen von den heutigen abweichenden Klimabedingungen zur Erorterung steht Diese Frage kann nur mit umfangreishychen Modellrechnungen beantwortet werden unter weishychen Bedingungen ist das dynamische System Meer Treibeis (mit Polynyas) - Schneedecke - Atmosphiire tiber den jahreszeitlichen Wechsel der Strahlungsbilanz hin stabil bzw instabil Solche Rechnungen sind im Gang eine ganze Familie von stufenweise immer komplexerer Modelle mu~ unter verschiedenen Randbedingungen geshytestet werden eine umfangreiche Arbeit die nicht heute oder morgen zu Ende geftihrt werden kann

Einer der vielen Einwande war die Frage ob ein eisfreier ~ Arktischer Ozean gleichzeitig mit einer vereisten Antarkshy

tis existieren konne dies ergibt eine schwer vorstellbare Asymmetrie der beiden Halbkugeln Aber auch heute existiert eine deutliche Asymmetrie die Troposphiire tiber der Antarktis ist im gleichen Niveau im Jahresmittel 11shy

12degC kalter als tiber der Arktis im NordsommerlStidwinter sogar um tiber 26degC Da nach einfachen OberJegungen die durch die Modellversuche von FULTZ (1959) bestiishytigt wurden die Zirkulation der Atmosphiire von dem Temperaturgeflille zwischen Aquator und Pol abhiingt (KORFF und FLOHN 1969) ist die Zirkulation auf der Stidhemisphiire starker als auf der Nordhalbkugel und greift tiber den Aquator hintiber im Jahresdurchschnitt bis etwa 6deg Nordbreite im Juli (Januar) auf rund 12deg N (1 deg S) Das zirkulationserzeugende meridionale Temperaturgefalle ist heute tiber der Stidhalbkugel im lahresdurchschnitt 42 gro~er als tiber der Nordhalbkugel

Tatasachlich hat aber - das ist eine der grundlegenden Erkenntnisse die wir dem Deep Sea Drilling Programm mit der Glomar Challenger verdanken - ein derart krasser Gegensatz der beiden Pole im jtingeren Tertiar viele Millionen Jahre lang existiert (KENNETf 1977) Der Antarktische Kontinent war erstmals vor 38 Ma (= 106

Jahre) mindestens teilweise vereist schon damals bildete sich das antarktische Bodenwasser der Ozeane mit einer

Abktihlung um etwa 5degC Eine vollstandige Vereisung der Antarktis besteht seit dem mittleren Miozan vor 12shy14 Ma sie war seither nur noch sekundaren Schwankungen unterworfen Vor etwa 55 Ma bildete sich dieses zuniichst noch relativ flache Eis mit Temperaturen um OdegC in ein kaltes stabiles Eis (der Ostantarktis) um noch 200shy300 m mach tiger als heute begleitet von einer globalen Abktihlung und einer eustatischen Absenkung des Meeshyresspiegels Diese ftihrte an der Schwelle von Gibraltar zu einer (mehrfach wiederhoJten) Abschntirung und Ausshytrocknung des westlichen Mitteimeeres (HSU) auf deren regionaie klimatische Bedeutung nicht weiter eingegangen werden kann

Die allmiihliche Abktihlung wiihrend des mittleren und junshygeren Tertiars hangt offenbar mit der Bildung des kalten von der Antarktis sich ausbreitenden Bodenwassers zusamshymen durch Mischung sanken auch in mittleren Schichshyten die Wassertemperaturen langsam ab und mit der Vershy

starkung der atmosphiirisch-ozeanischen Zirkulation kam es zum Aufquellen dieser ktihlen Schichten am Aquator und an den subtropischen WestkUsten Eine Vereisung der Gebirge der Nordhalbkugel trat erst lange nach der Antshyark tis ein in Alaska vor etwa 9 Ma in Island und im kalimiddot fornischen Hochgebirge vor etwa 28 Ma Eine Bildung von arktischem Treibeis war erst moglich nachdem diese konshytinentalen Gletscher allmahlich beim sommerlichen Schmelshyzen eine dUnne salzarme Deckschicht des Arktischen Ozeans gebildet hatten dies geschah offenbar erstmals vor 23 Ma zuerst sicher noch als jahreszeitliches Eis

Damit steht also fest da~ in der Zeit zwischen 12 und 25 Ma gleichzeitig ein vollstandig vereister antarktischer Konshytinent und ein offener eisfreier arktischer Ozean existiermiddot ten In dieser Zeit miampte (aus theoretischen GrUnden) der meteorologische Aquator im Jahresmittei in etwa 9-10deg Nordbreite gelegen haben dafUr gibt es in Afrika auch Belege Als weitere Fol~e ware eine Verlagerung des Trockengtirtels bis 40-50 N zu erwarten die im ostlichen Europa auch belegt ist (zB im Wiener Becken s Abb 10) die subtropische Flora jener Zeit ist vielfach beschrieben worden (SCHWARZBACH MAGDEFRAU)

Northern Boundary of NHem Evaporite Zone

Oucternary (0-2 Ma) Late Tertiary 15-15 Ma) Early Tertiary (30-50Ma)

Abb 10 Mittlere Nordgrenze des Trockengiirtels (Ablashygerungen von Salz Gips usw) im Quartar (0 shy2 Ma) JungterWir (5 IS Ma) und Alttertilir (30 - 50 Ma) nach LOTZE

und Walder der gema~igten Zone reichten bis Nordgronshyland Nach SCHWARZBACH lagen im rheinischen Braunmiddot kohlengebiet die Temperaturen in allen Jahreszeiten urn 5-8degC hOher als heute Der stidhemisphiirische Trocken gtirtel reichte bis in die Nahe des Aquators Es ist unmogmiddot lich in diesem Rahmen auf Einzelheiten einzugehen zumal hierzu eine vollstiindige Auswertung der neueren geologimiddot schen Literatur notwendig ist

Nach BUDYKOs Modell kann der Obergang zu einem solchen Klima dh das Verschwinden des arktischen Eises bei einer allgemeinen Erwarmung urn ca 4degC eintreten (vgl auch KELLOGG) Das entsprache (je nach Modellannahme) einem virtueJlen CO2 -Gehalt von 800 shy1100 ppm der reale CO2 -Wert liegt bei 750 ppm (plusmn 15jd (Abschn 42) Ob und wann solche Werte erreicht werden hangt von Entscheidungen auf energiepolitisch-okonomisch sozialem Gebiet ab (Abschn 8)

17

7 Kaltphasen in der Klimageschichte

71 Kleine Eiszeit (1550-1850)

Dal~ das Klima im 20 Jahrhundert nieht das einzig mogliche ist ja dreg es selbst im Rahmen der [etzten 500 Jahre ausgesprochen anormal ist gehort zu den Tatsachen die selbst den meisten Meteorologen unbekannt sind Tatsachmiddot Hch haben wir in Europa - wie das am besten bekannte Verhalten der AJpengletscher zeigt seit rund lO 000 Jahmiddot ren immer wieder einen Wechsel zwischen Warmphasen (wie in Absehn 61 geschildert) ulld Kaltpllasen erlebt Hierbei sind die Phasen innerhalb dec beiden Gruppen untereinander recht iihnlich ihre Dauer aber variabel irgendwekhe persistenten Perioden existieren offenbar nieht oder ihr Anteil an der gesamten Varianz ist vernachmiddot liissigbar gering Wahrend die Gletscherstande der Zeit 1930-60 offenbar nahezu identisch sind mit denen frOherer Warmphasen l diese A ussage ist etwas unsieher) liegen die Moranen der GletschervorstoBe urn 1820 und urn 1855 fast genau auf denen frtiherer Gletscherhochstande (PATZELT) Die letzte Kaltphase kann uns also als Modell fUr aIle frOhemiddot ren seit dem RUckzug der grofben Inlandeise dienen ihre Bezeiehnung als Kleine Eiszeit ist allerdings bewufbt Ubermiddot trieben Ihr Beginn ist nieht eindeutig festlegbar schon urn 1160 urn 1320 und urn 1430 kam es zu kUrzeren aber marmiddot kanten GletschervorstoBen in den AJpen und fUr die beimiddot den 1etztgenannten Termine liegen viele Nachriehten Uber ganz ungewohnhche Klimaanomalien vor (LAMB von RUDLOFF) Von langerer Dauer war die Klimaverschlechmiddot terung ab 1560 die in ZUrich einen Rtickgang der Wintermiddot temperaturen urn 2degC brachte wahrend bei Kopenhagen das ganze Jahr Uber Winde aus SUdost und Ost - als Anzeimiddot chen blockierender Antizyklonen vorherrschten Die Witshyterungsabliiufe ahneln sehr denen die wir heute in Einzelmiddot jahren mit strengen Wintern (1939-42 19467 19623) erleben haufig blockierende Antizyklonen Wetter1agen mit anhaltend starker meridionaler Komponente - unmiddot gewohnlich kalt aber auch ungewohnlich warm haufige Dtirremiddot und Niisseperioden schneereiche und bis tief in das Frtihjahr anhaltende Winter mit nachfolgenden MiBernmiddot ten

FUr die Beurteilung der Klimabedingungen jener Zeit sind nieht nur die Gletscher der Hochgebirge sondern vor aHem die Under nahe der Polargrenze des besiedelten Landes wesentlich Island Sehottland die Faroer und Skandinamiddot vien Die Nachriehten vom Verhalten des arktischen Treibmiddot eises - mit seiner entscheidenden Rolle fiir Albedo und Wdrmehaushalt haufen sieh jetzt Island viele Jahre hinmiddot durch 6-9 Monate lang von Treibeis blockiert massive Eismiddot vorstoBe nach den Faroern (mit Wassertemperaturen 3_4degC unter den heutigen) und selbst nach Norwegen (wo die Fischerei jahrelang fast ohne Ertrag blieb) Rtickgang der Vegetationsgrenzen und schwere Nahrungskrisen in Schottmiddot land Besonders eindrucksvoHe Beispiele aus der Zeit 1755shy1790 schildert die durch genaue meteorologische und landwirtschaftliehe Daten ausgezeiehnete Arbeit von PFISTER aus dem Kanton Bern auf die weltweite Zusammiddot menschau von H LAMB (VoL II) sei nochmals hingemiddot wiesen

Eine voriaufige Zusammenstellung der jahrlichen Getreishydepreise in der Zeit von 1500-1860 gibt Abbildung 6 die aus den fast vollstandigen Reihen von 5 deutschen Stlidten

18

gemittel t wurde von einem langjiihrigen Trend abgesehen zeigt sie zahlreiche meist gruppenweise auftretenden Jahre mit Preisanstiegen urn das dreimiddot bis sechsfache Das absomiddot lute Maximum (bis 1950) waren die weitweiten Hunger jahre J81617 nach dem Vulkanausbruch des Tambora 1815

1m Gebiet der mediterranen Winterregen existieren widershyspruchsvolle Nachrichten einmal stimmen die kiiltesten Abschnitte (genannt seien die Zeiten urn 1570 1630 vor aHem 1680-1700 nach 1770 1816 f 1845 t) mit Feuchtjahren Uberein einmal mit Diirren Das gilt fUr Algemiddot rien die Seen Mittelitaliens ebenso wie fur das Tote Meer und das Kaspische Meer aber auch (nach Sh NICHOLSON) fUr die Sahelzone Systematische Studien Uber die Telekonmiddot nektionen der Niederschliige im Mittelmeergebiet brinmiddot gen die Lasung (HELBIG) die Maxima der mediterranen Winterregen konzentrieren sieh im Bereich quasistationarer Hahentroge und negative KorreIationen g1eichzeitiger Werte mit Abstanden von 700-1000 km ( = halbe Rossbymiddot Wellenlange) sind haufig Daher ist es hier sinnlos eine ganmiddot _ ze Klimazone zusammenzufassen die Abhangigkeit der KlimamiddotAnomalien von der Lange ist mindestens ebenso groB wie die von der Breite Die regionale Verteilung der entmiddot gegengesetzten Witterungsanomalien wird beherrscht von der jeweils quasistationaren Lage des bloekierenden Hoch C

zentrums und der begleitenden Hohentroge bzw Kaltluftmiddot tropfen - das kennt jeder erfahrene Synoptiker und das ist auch das zentrale Problem jeder iangfristigen Vorhermiddot sage Auch in Nordamerika hangen die kalten Zeitabschnitmiddot te dieser Periode mit bloekierenden Antizyklonen zusammiddot men wie die Auswertung von Baumringen (FRITTS) geshyzeigt haben

Was ist nun die Ursache des Vorherrschens meridionaler Zirkulationstypen in dieser Klimaphase was die Ursache dominierender zonaler Zirkulationstypen mit polwarts vermiddot schobenen subtropischen Hochzellen in den Warmphasen Beim VergIeieh etwa der Abschnitte 1815-1855 (nochshymals urn 1890) und 1930-1960 fall t sofort die verschiemiddot dene Lage der arktischen Treibeisgrenze im Atlantik auf im Raume urn Island-Norwegen handelt es sich urn Vermiddot schiebungen von der GroBenordnung 1500 km Was aber verursachte diese Ausweitung des arktischen Treibeises die maximal 2 Mill km2 erreicht haben dtirfte

Auf diese Frage existieren zZ zwei Antworten von demiddot nen wenigstens eine geophysikaJiseh einwandfrei begrtinshydet ist Sie bezieht sich auf eine von LAMB zusammengemiddot faBte Statistik von VulkanausbrUchen (s Abschn 32) bei der in der Tat ein Zusammenhang zwischen den Hohemiddot punkten der kleinen Eiszeit und besonders schweren Vulmiddot kaneruptionen (oder Gruppen) auffall 1 Andererseits hat EDDY darauf hingewiesen daB die auffallige lange Periode geringster SonnenaktivWit der Zeit 1643 -1710 mit ihrem Maximalstadium tibereinstimmt - dieser Zusammenhang ist jedoch bisher physikalisch noch ganz ungek1art und muB daher offen bleiben Wegen der Unvorhersagbarkeit beimiddot der Ursachen kann das erneute Auftreten einer solchen Kaltphase in den nachsten 50-100 J ahren weder bejaht noeh ausgeschlossen werden auch eine statistische Aussage tiber die Wahrscheinlichkeit bleibt unsicher da zahlenmaBige Unterlagen in beiden Fallen nur wenige Jahrshyhunderte umfassen und subjektive Beurteilungen nieht ausmiddot schlieBen konnen Sofern sich aber die glob ale Erwiirmung

(etwa ab 2000) durchsetzt werden Wahrscheinlichkeit und AusmaB einer Wiederholung der Kaltphase sHindig zurUckmiddot gehen

72 Ubergang zu einer Eiszeit

Keine Frage wird dem KJimatologen Ofter von Repormiddot tern gestellt als die nach der nachten Eiszeit Umso merkmiddot wUrdiger ist die geringe Rolle die der mogliche obergang vom heutigen (interglazialen) zu einem glazialen Klima in der wissenschaftlichen Literatur spielt Das mag zwei Grtinde haben Geologen und andere an der Klimageschichmiddot te interessierte Wissenschaftler wagen sich nicht (mit einimiddot gem Recht) auf ein ihnen fremdes Feld und die meisten Meteorologen halten dieses Problem fUr ebenso unwissenmiddot schaftlich wie das der Sintflut Diese Einstellung ist aber heute nieht mehr gerechtfertigt nachdem in einer Reihe von Fallen einwandfrei abrupte Klimaiinderungen mit einer in humanen MaBstaben ganz kurzen Zeitmiddot skala nachgewiesen wurden die samtlich aus den Interglamiddot zialen oder den - hier nieht interessierenden - tJbermiddot gangsstadien zwischen Glazial und Interglazial stammen Einwandfreie Belege beruhen entweder auf Untersuchunmiddot gen an fossilen Mooren mit Jahresschichten (Varven)

fln Seen mit hoher Sedimentationsrate oder von Baummiddot ringen Aus Raumgrtinden ist es nieht moglich auf einzelmiddot

ne Befunde einzugehen (FLOHN 1974 1978) Einer der besten stammt aus der Liineburger Heide (H MOLLER 1974 1978) wo vor tiber 300 000 Jahren ein Wald der einem etwas warmeren Klima als heute entsprach binnen 30 Jahren () verschwand urn nach einer Pause - die Zeit reicht nicht aus urn eine arktische Tundra hervorzubrinmiddot gen durch subarktischen Birkenwald ersetzt zu werden darauf folgte in 300-400 Jahren eine Sequenz von Waldo typen wie man sie heute auf einer Bahnfahrt von Narvik (68deg N) nach Siidschweden sehen kann Dauert die Reakmiddot tion eines Waldes auf eine Klimaanderung sieher Jahrzehnte oder Jahrhunderte so gibt es schnell ere Indikatoren In Mittelengland wurde nach Ende der letzten Eiszeit eine subarktische Kaferfauna in etwa 50 Jahren durch eine warmmiddotgemaBigte Fauna ersetzt aquivalent einer Erhohung der JulimiddotTemperatur urn 8-9degC (COOPE 1977)

Das sind nur zwei niichterne Befunde gewonnen mit neumiddot zeitlichen Arbeitsmethoden die in ihrer Gesamtheit nicht

~ehr anzweifelbar sind die wenigen Klimahistoriker memiddot teorologischer Herkunft haben sich inzwischen von der Bedeutung dieser Zeit skala abrupter KJimaanderungen laquo 100 Jahre) tiberzeugen lassen Mogliche U rsachen fUr die (haufigeren) rapiden Abklihlungen sind schon in den Abschnitten 2 und 7 erortert worden fUr Erwarmungen stehen sie noch aus In jtingster Zeit ist auch kIar geworden daB solche Ereignisse sieh nicht notwendig synchron aus wirken sondern wegen der nur allmahlichen Verlage rung barokliner Frontalzonen im Ozean oder dem regional verschieden raschen Ablauf der kontinentalen Vereisunshygen - diachron dh mit erheblichen Zeitunterschieden in der Horizontalen Das bedeutet auch eine Grenze fUr die Vorstellung eines fast-intransitiven Klimas im Sinne von ELORENZ

Nehmen wir die Moglichkeit einer abrupten Abklihlung dieser Zeitskala als gegeben an wie und wo konnte sie sieh abspielen Zweifellos kann eine kontinentale Gletshyscherbildung nur mit einem wiederholten Uberdauern

der Winterschneedecke tiber den Sommer hin beginnen in den kritischen Gebieten der Subarktis - so die 750000 km2 groBe Baffin-Insel mit ihren Hochplateaus Labrador auch Lappland und die norwegischen Gebirge - schmilzt auch heute die meterdicke Schneedecke erst Anfang oder Mitte Juni endgilltig ab urn sieh Ende August oder im Sepshytember neu zu bilden Hierzu gemigt in Baffinland ein Absinken der Sommertemperaturen urn nur etwa 2dege wahrend in den anderen Gebieten 4-6degC notwendig wamiddot ren oder zugleieh eine massive Zunahme der Schneenieshyderschlage Die kritische Stellung Baffinlands erhellt auch daraus daB in der kIeinen Eiszeit - nach Ausweis von FlechtenUntersuchungen die heute insgesamt 37 000 km 2 einnehmenden Plateau-Eisfelder sich auf 140000 km2 vergroBert hatten (IVES) entsprechende Untersumiddot chungen in Fennoskandien stehen noch aus

Eine Modelluntersuchung (ANDREWS - MAHAFFY) ftir Baffinland hat in zwei Experimenten gezeigt wie sich eine urn einen Faktor 3 erhohte Sehneebilanz in einer langsashymen Zunahme von Flache und Volumen einer Eisdecke auswirkt langsamer als die Beobachtungen des eusta tishyschen Sinkens des Meeresspiegels in den interglazialen Kaltmiddot phasen anzeigen Aber in diesem Modell ist die machtvolle Rtickkopplung zwischen Schneedecke Albedo und Tempeshyratur nieht voll und zu spat in Reehnung gestellt worden Jedenfalls ist es hochst unwahrscheinlich daB in den nachsten 100 Jahren nachdem zuerst eine Kaltphase im obigen Sinne eintrat dieser ProzeB sich tiber die unmittdshybare Umgebung hinaus weltweit auswirken konnte Hiermiddot gegen sprechen aueh die langperiodischen Effektr der Erdmiddot bahneIemente deren nachstes Minimum (kiihle Sommer in der Arktis kalte Winter zugleieh in der Antarktis) erst in rund 10 000 Jahren fallig ist (BERGER)

Bei dieser Sachlage ist hOchstens - bei einer Kombination mehrerer ungtinstiger Voraussetzungen etwa dem Zusamshymentreffen mehrerer sehr schwerer Vulkaneruptionen von der Intensitat des Tambora (1815) oder wenigstens Krakatau (1883) innerhalb der jetzigen Phase relativ ausgedehnten polaren Treibeises vor Wirksamwerden der erwarteten anthropogenen Erwarmung mit einer abortiven Vershygletscherung zu rechnen die nieht zu einer vollen Eiszeit auswachsen wUrde In unserer humanen Zeitskala ware das aber schon schlimm genug Serien von Jahren mit sehr kaIten Wintern kiihlen und nassen Sommern schwere MiBshyernten in weiten Teilen der gemaBigten Zone zeitweise auch in den Tropen die sieher nieht ausgeglichen werden konnen durch Feuchtejahre in Teilgebieten von Nordafrika und dem Nahen Osten Die Wahrscheinlichkeit hierfUr ist aber gering - sie betragt nach verschiedenen Kriterien tibereinstimmend zwischen 01 und 1 Prozent in den nachshysten 100 Jahren AuBerdem waren fUr diesen Fall gezielmiddot te GegenmaBnahmen denkbar die hier nieht volig utopishyscher Natur sind

8 Wahrscheinlichkeit und Risiken die Rolle der Energieshypolitik

Die Wahrscheinlichkeit einer globalen Warm phase ist nach allem was wir wissen erheblich groBer als die einer Kaltshyphase Die Schwierigkeit bei der Abschatzung liegt darin daB Entscheidungen und Entwicklungen auf politischer sozialer und 6konomischer Ebene hier eingreifen konnen

19

die vorherzusagen nicht nur dem Meteorologen schwer fallt Wenn wir diese einmal versuchsweise vernachHissigen dann dUrfte in den nachsten 100 Jahren die Wahrscheinmiddot Iichkeit fur das Auftreten einer Kaltpflase vom Typ der kleinen Eiszeit nieht mehr als hochstens 20k betragen (und naeh etwa 2000) weiter abnehmen) FUr das Auftreshyten einer Warmpllase im Sinne der Beispiele in den Abmiddot sdmitten 61 und 62 mUssen wir aber hohere WahrscheinshyIichkeiten ansetzen wenn auch erst nach der Jahrhundertmiddot wende danach steigen sie das ist die in vielen Diskusmiddot sionen erworbene Oberzeugung des Verfassers unter den hier und in Abschnitt 5 gegebenen Voraussetzungen auf Uber 50 an

1st ill diesem Faile aber eine Entwieklung zu einem eismiddot freien arktischen Ozean (Absehnitt 64) mit ihren fast unshyvorstellbaren Konsequenzen fUr Wasserversorgung und Ernahrung noch vermeidbar Damit libersehreiten wir die Grenze des Fachwissens des Meteorologen der sich nur allmiddot zu getne in den akademisehen Elfenbeinturm zurlickziemiddot hen moehte Aber die Dinge sind zu wichtig eine Wende auf Grund politischer Entscheidung auf internationaler Ebene ist noch moglieh aber dann und nur dann wenn das Dogma von der Notwendigkeit standig zunehmenden wirtschaftliehen Wachstums das bei begrenzten Vorshyraten (Resourcen) mit den Naturgesetzen unvereinbar ist shyzugunsten einer besseren Einsicht aufgegeben wird (GRUHl) Ebenso ist eine Stabilisierung des Bevolkerungsshywaehstums nOlwendig - ohne einen hoheren Lebensstanmiddot dard in den Entwicklungslandern ist das unrealisierbar

Gleichzeitig mu~ aber die Energiepolitik sich frei machen von dec sinnlosen Verschwendung fossiler EnergiequeIIen die in 400 Ma durch biologische Prozesse aus der Sonnenmiddot energie aufgebaut und gespeichert wurden (s a Beitrag JUNGE) Ein Obergang zu erneuerbaren Energiequellen (Sonne Wind Gezeiten - auch die kaum erschopfbare Geothermik) ist moglich erfordert aber eine Kombination neuartiger (und kostspieliger) Technologien wie sie etwa am International Institut for Applied Systems Analysis in Laxenburg bei Wien von einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von W HAFELE (frtiher Karlsruhe) entwiekelt werden Aueh die Kernenergie mul1 in diesen Rahmenshyjedenfalls fUr eine Obergangszeit - einbezogen werden Das mit ihr verbundene Risiko ist auf jeden Fall geringer als das Risiko einer Verlagerung aller Klimazonen Da ein Obergang zu neuen Technologien sieher tiber 30 wahrshyscheinlieh 50 Jahre benotigt drangt die Zeit Neue Priorimiddot taten mlissen gesetzt werden Es geht urn das Wohl der naehsten Generationen

Literaturauswahl

ANDREWS T1 MAHAFFY MAW Quaternary Research 6 (1976) S 167-183

AUGUSTSSON T RAMANATHAN V J atmos Sci 34(1977) S 448-451

BERGER AL Quaternary Research 9 (1978) S 139~-167

BJERKNES J Monthly Weather Review 97 (1969) S 163-172

BROWNLR Worldwatch Papers Washington DC 8 (I 976)

BRYSON RA MURRAY Th1 Climates of Hunger MadisonWis 1977

o

BUDD WF J Glaciol 14 (1975) S 3-21

BUDYKO MJ TeHus 21 (1969) S 611-619 29 (1977) S 193-204

CESS RD J atmos Sci 33 (1976) S 1831-1843

CHARNEY JG Quart J Roy Meteorol Soc 101 (1975) S 193-202

COOPEGR Phios Transact Roy Soc London 280 (1977) S 313 shy340

DANSGAARD W et al Quaternary Research 2 (1972) S 396-398

DOBERITZ R Ber d Deutschen Wetterd 112 (1968)

EDDYJA Science 192 (1976) S 1189-1202 198 (1977) S 824 829

FINK J KUKLA GJ Quaternary Research 7 (1977) S 363-37 L ~

FLOHN H III Bonner Meteorol Abhandl 15 (1971) 21 (1975) Quaternary ReseJrch 4 (1974) S 385-404 in print (1978)

FRENZEL B Die Klimaschwankungen des Eiszeitalters Braunschweig~ 1967 ErdwissForschungen 1(1968)

FRITTS HC Tree Rings and Climate London New York 1976

GABRIELB Berliner Geoge Abh 27 (1977)

GATES WL J atmos Sci 33 (1976) S 1844-1873

GRUHLH Ein Planet wird geplUndert Frankfurt aM 1978

HAFELE W SASSIN W Ann Rev Energy 2 (1977) S 1-30

HAHN J JUNGE ChL Z f Naturforsch 32a (1977) S 190-214

HASSELMANN K u Mitarb TeHus 28 (1976) S 473-485 29 (1977) S 289-305 385-392

HAYS JD IMBRIE J SHACKLETON N Science 194 (1976) S 1121-1132

HELBIGM Diplomarbeit Univ Bonn (1976)

HSO K et al Nature 242 (1973) S 240-244 267 (1977) S 399-403 Naturwissensch61 (1974)S137-142

HUGHES T Rev Geophys and Space Phys 13 (1975) S 502-526 15 (I977) S 1-46

HUMMEL J RECK RA General Motors Res Lab Publ 2607 (1978)

HUNT BG Monthly Weather Review 105 (1977) S 247-260

IVES JD et al Naturwissensch 62 (1975) S 118-125

KELLOGG WW WMOmiddotBull 26 (1977) S 229-240 27 (1978) S 3-10

KENNETTJP J geophys Res 82 (1977) S 3843-3860

KONDRATIEV G Ya NIKOLSKY GA Quart J Roy Meteorol Soc 96 (1970) S 509-522

l

KORFF HC FLOHN H Ann Meteorol N F 4 (1969) S 163-164

LAMBHH Climate Present Past and Future Vol I (1972) Vo Il (I 977) London Methuen

LORENZE J appl Meteorol 9 (1970) S 325-329

MAGEDEFRAU K Palaobiologie der Pflanzen 4 Aufl Stuttgart 1968

MANABE S BRYAN K Monthly Weather Review 97 (1969) S 739-827 J phys Oceanogr 5 (1975) S 3-29

MANABE S WETHERALD RT atmos Sci 24 (1967) S 241 ~-259 32 ( 1975) S 3-15

MASON BJ Promet 7 (1977) H 4 S 1-26

MASS Cl SCHNEIDER StH J atmos Sci 34 (1977) S 1995-2004

MAYKUT GA UNTERSTEINER N Jgeophys Res 76 (1971)S 1550-1575

MOLLERH Geologisches Jahrbuch 83 (1965) S 327-352 A 21 (1974) S 107-140 im Druck (1978)

NAMIAS J Short Period Climatic Variations 1934-1974 2 Vol F-- Univ of California 1975

NEWELL R et al Pure and appl Geophysics 116 (1978) S 351-371

NICHOLSON Sh Ph D Thesis Departm Meteor Univ Wisconsin (1976)

OLIVER RC J appl Meteorol 15 (1976) S 933--950

PACHUR HJ Die Erde 106 (1975) S 21-46

PATZELT G Coil Internal CN RS No 219 (1973) S 51-59

PFISTER Chr Beiheft 2 Jb Geogr Ges Bern (1975)

POLLOCK JP et al Jgeophys Res 81 (1976)S 1071 1083

RODEWALD M Dt Hydrogr Z 20 (1967) S 269 25 (1972) S 97-117

ROGNONP Rev Geogr Phys Geol Dynam 18 (1976) S 251-282

ROWNTREE PR Quart J Roy Meteorol Soc 98 (1972) S 290-321

RUDLOFF H v Die Schwankungen und Pendelungen des Klimas in Eushyropa Braunschweig 1967

SCHWARZBACH M Das Klima der Vorzeit 3 Aufl Stuttgart 1974

SHACKLETON NJ OPDYKE ND Quaternary Research 3 ( 1973) S 39-55

STROBING K Der Seewart 35 (1974) S 1-1436 (1975) S 28-29

TREMPEL U Diplomarbeit Univ Bonn (1978)

VOWINCKEL E ORVIG S World Survey of Climatology 14 (1970) S 129-252

WANG WC et al Science 194 (1976) S 685-690

WETHERALD RT MANABE S Monthly Weather Review 100 (1972) S 42-59 J atshymos Sci 32 (1975) S 2044-2059

YAMAMOTO R J Meteor Soc Japan 53 (1975) S 482-486

21

Page 15: :SBWU>t S9J9SUn ijun>tnz 9!a 9W91qOJd pun U9l>tB,:j · 2 Wechselwirkungen im klimatischen System . 2.1 Die Rolle des polaren Treibeises 2.2 Das El Nino-Phanomen . 2.3 Kontinentale

ten ebenso die Neusibirisehen Inseln In diesen heute mensehenleeren Einoden lebten sie von Walfang ~ dieshyser setzt offenes Wasser im Sommer voraus Die gleiche Klimaversehlechterung zwang sie ZUIll Ausweichen nach Sliden und ZusammenstoJ)e mit den durch Hunger und Seuchen dezimierten norwegisehen Siedlern in StidgrOn land filhrten zu deren Verniehtung

Die Waldgesehichte Kanadas und Europas die Gletschershygesehichte der Alpen beJegen um J 000 eine Erwarmung lim etwa 1deg( das Kaspische Meer erreichte einen seiner tiefsten Stande bel ~3~ m dh niedriger als heute wo viel Wasser zu Bewaserungszwecken verwendet wird Der Nordteil der Sahara war feuehter als heute arabische Reishysende beriehteten sogar aus dem heute trockensten Geshybiet (Kufra) von einer gerade erst aufgegebenen Rindershyzucht man wird die Niederschlage damals doch auf 150-~00 mmiJahr schatzen mussen gegeniiber 3~5 mm heute Aber aus dem Mittelmeerraum wird von einzelnen uberaus kalten Wintern berichtet ebenso hatten China und Japan warme Sommer aber auch strenge Winter in denen die gro~en F1u~-Seen am Jangtsekiang zufroren 1m mittleren Westen der USA herrschten giinstige Bedinshygungen fur Ackerbau Jagd und sogar stadtische Kuhur wah rend urn 1200 Serien von Durren zur Aufgabe von Gebieten zwangen Da~ diese Dtirreperiode hier im heutishygen Maisanbaugtirtel 200 Jahre anhielt (Bryson und Murshyray) mu~ besonders beachtet werden Der mittlere Westen Nordamerikas ist zZ das einzige Gebiet mit Getreidetibershyschuf~ wahrend viele andere Lander von Importen dh von der Hand in den Mund Jeben

Eine Zusammenschau dieser (und anderer) Daten fUhrt zu der Vorstellung (LAMB) da~ wie in den hei6esten Somshymem der Periode 1931-60 die Zyklonenzugbahnen der Westdrift durch quasi-stationare Hochdruckgebiete urn 300~500 km nach N verlagert waren Auch im Winter ergab sich eine iihnliche Situation die aber mit blockierenshyden Hochs zu hiiufigen Kaiteperioden ftihrte Wahrend im Eis Gronlands bereits eine vortibergehende Abktihlung urn 1160 eintrat die auch von Schweizer Gletschern beJegt ist war die nachste Kaltewelle mit dem Hohepunkt urn 1320 noch nachhaitiger wirksam alle Warmphasen seit dieser Zeit haben nieht die Andauer und Intensitat derjeshynigen urn die Jahrtausendwende erreicht Ftir sie kann ein Anstieg der reprasentativen Temperaturen urn etwa 1degC angesetzt werden die in der Arktis vermutlich 2-3degC erreicht haben diirfte Von der Sudhalbkugel Jiegen kaum Daten vor au~er einer Trockenperiode in Neuseeland zur Zeit der Maori-Einwanderung

62 Die holozane Warmeperiode vor 6000 (bzw 4000) Jabren

Nach dem Hohepunkt der letzten Eiszeit (18000 vh = vor heute) dauerte der Eisrtickzug in den beiden Nord-Kontishynenten verschieden lang das Skandinavische Inlandeis verschwand endgilltig kurz vor 8000 vh wiihrend zugleich das Laurentische Eis Nordamerikas noch die Hudsonshybucht mit allen Nachbarliindern bedeckte mit noch etwa 50 Prozent seiner urspriinglichen Flache Nach einem katashystrophalen Einbruch des Meeres in die Hudsonbucht vershyschwand das Eis im Westen relativ rasch in Labrador anshyscheinend erst urn 4500 vh wah rend in Baffinland ausgeshydehnte Plateaugletscher bis heute tiberlebten Das ftihrte

14

in der Zeit 8000-4500 vh zu einer permanenten Anomashylie der Zirkulation von Atmosphare und Ozean tiber Euroshypa zu einer zusatzlichen advektiven Erwarmung mit einem ersten Hohepunkt urn 6000 vh einem zweiten ab etwa 4500 vh nach einer kurzen intensiven Abktihlung urn 4800 vh wahrend das ostliche und zentrale Nordamerika noch relativ ktihl blieb Offenbar lagen auch Alaska und das westliche Nordamerika unter dem Einfiu~ eines warmen Hochdruckrtickens langs 1000W dehnte sich der boreale Wald etwa 300 km weiter nach N aus als heute ja vor 4800 vh sogar bis zur Banks-Insel (74degN) Ahnliche Beshyfunde Iiegen von Nordnorwegen und der westsibirischen Taiga vor die eine Erwarmung urn 2 bis 3degC andeuten im globalen Mittel ergibt sich eine Erwarmung urn etwa I 5degC In der inneren Arktis waren selbst die Nordktisten von Spitzbergen Gronland und Ellesmere-Land im Somshymer eisfrei wahrend der Kernbereich des arktischen Treibshyeises zwischen N ordkanada und Ostsibirien sieher erhalten blieb

Die Vegetationsgeschichte von Eurasien (FRENZEL) zeigt diese Warmphase klar Werbei darf man nlcht vergesshysen daB die Einwanderung von Waldbaumen erheblich Ianshygere Zeit benotigt als die daftir verantwortliche Klimaiindeshyrung Von besonderer Bedeutung ist dabei in Ostsibirien a offenbar auch in Kanada und Alaska ein Rtickzug des Dauerfrostbodens urn mehrere 100 km nach Norden in den Gebirgen rtickte die Waldgrenze tiberaIl urn 100-150 m aufwarts In den Alpen lli~t sich das mit vielen Einzelheiten belegen (pATZELT) aber im Gegensatz zur Subarktis kam es hier in der Periode zwischen 8000 vh und 800 vh zu mindestens vier Warmeperioden und zwischengeschalteshyten Kaltphasen mit Gletschervorstii~n von jeweils fast gleieher Intensitat Ftir die TemperaturverhaItnisse der Ozeane sind nur wenige Angaben vorhanden - die zeitshyliche Aufiosung der Ozeanbohrkerne liegt meist bei 3-5000 Jahren als Folge der geringen Sedimentationsrate und der biogenen Durchwtihlung des Meeresbodens Nur fUr den Kuroshio zwischen Taiwan und der japanischen Stidktiste wird eine Erwarmung urn 6degC angegeben

Die auffaIligste Erscheinung ist eine verbreitete Zunahme der Niederschliige mit nur zwei sicheren Ausnahmen In Westsibirien sowie im Mittelwesten der USA (Wisconshysin - Illinois) weitete sich das trockene Grasland nach N bzw E hin aus Oberall sonst besonders auWillig 1m Trok- ~ kengtirtel der Alten Welt von Mauretanien (l7degW) bis nach Rajasthan (77degE) herrschte ein feuchteres Klima als heute in der Sahara ist es an mehr als 30 fossilen Seen und Fltisshysen einwandfrei belegt eben so in der Danakilwtiste in der arabischen Wtiste aber auch im SW Nordamerikas im ostafrikanischen Graben und in weiten Teilen Australiens Zwei Gebiete sind besonders gut belegt in Rajasthan (BRYSON) schwankte die Regenmenge zwischen 400-600 mm (zeitweise fiber 800 mm) von etwa 10500 vh bis rund 3700 vh gegeniiber rund 250 mm heute und der Tschadshysee heute ein naches von Diinen durchsetztes Seebecken von maximal 23000 km2 dehnte sich zweimal (urn 8500 und urn 5800 vh) auf tiber 320000 km2 aus (MALEY) mit einem Spiegel tiber 40 m hoher als heutc und einer maximamiddot len Tiefe von etwa 200 m Das zentrale Trockengebiet zwischen Kufra und Tibesti heute mit weniger als 5 mml Jabr war zT von dauernd flie~nden Fltissen durchzogen Das Grasland wurde genutzt von offenbar zahlreichen rinderztichtenden Nomaden und die jahrlichen Niedershy

schlage werden auf 200-400 mm geschatzt (PACHUR GABRIEL) im Tibestigebirge (heute 100 mm) auf tiber 800 mm Besonders auffallig ist da~ in dieser Feuchteperiode sowohl die Nord- wie die Stidflanke der Sahara starker tiberregnet wurden im Sahelgebiet schlieBt ROGNON auf eine ganzjahrige Regenzeit mit haufigen Dauerregen an stelle der kurzen Sommer-Regenzeit mit ihren heftigen Schauern Das ist nicht vertraglich mit der Lehrbuch-Vorstellung von einer meridionalen Verschiebung aller Klimagtirtel die im Stiden und Norden der Sahara alternierende Feuchtshyphasen auslosen m~te Nur bn Winterregengebiet nordlich 36degN find en wir in Anatolien und Iran (so am Van-See) eine markante Trockenperiode gleichzeitig mit der Feuchtshyphase der ganzen Sahara Diese Feuchtphase schon einmal urn 7500 vh unterbrochen wurde ab 5500 vh durch eine allmiihliche Austrocknung abgelost die urn 4000 vh in der Sahara etwas spater auch in Rajasthan zu einem ariden Klima ahnlich wie heute fOOrte Diese Austrocknung haben die frOOeren Hochkulturen miterlebt das Alte Reich Agyptens die Stadtkulturen zwischen Jericho und Ur die Indus-Kultur ilire Krisen oder ihr Untergang hiingen offen bar von diesen Klimaanderungen starker ab als von dem Einfall fremder Volksstamme

Die Interpretation dieser Befunde aus dem Holoziin (=Nachshyeiszeit) erfordert eine genaue Synchronisation des Ablaufs der Klimageschichte in weit entfernten Raumen sowie ein meteorologisches Verstiindnis dieser raumlichen Bezieshyhungen anhand rezenter Befunde Zunlichst ergibt sich auch heute in den Obergangsjahreszeiten wie im Winter die Existenz quasi-permanenter Hohentr6ge die sich in 150-300 mbar jeweils weit zurtick nach SW bis in die innemiddot ren Tropen hinein erstrecken (FLOHN 1975) Ahnlich existieren diese diagonaien Hdhentrdge auch tiber der Stidhalbkugel wo sie bis zum Aquator gelegentlich auch dartiber hinaus reichen In ihrem Bereich kommt es zu einer Wechselwirkung der tropischen und aulkrtropischen Storungen (Abb 9) die zu kraftigen Wirbeln mit Gewittermiddot schauern und Sandsttirmen ftihren dies sind die schon urn

Interaction Upper Troughs-low level Tropical Vortices Lat

300

fIlA 200

10middot

omiddot Abb 9 Diagonale Hohentroge (200 mb) und ihre Wechshy

selwirkung mit Storungen der tropischen Oststroshymung (700 mb)

1935 bekannten Saharadepressionen 1m westlichen und zentralen Nordafrika laBt sich an heutigen Statistiken die simultane Schrumpfung bzw Ausweitung des Trokshykengtirtels und die Rolle der Frtibjahrsregen hierbei nachshyweisen dasselbe ergab sich aus historischen Studien der Regenverhaitnisse im 17-19 Jahrhundert (NICHOLshySON)

Wahrend der ersten Feuchtphase 10500 8000 vh existiershyten noch ausgedehnte EisfHichen in Nordeuropa und Nordmiddot amerika Das ganze Jahr tiber reichte die glob ale Kaltshyluft und die von ihr ausgehenden Kaltetroge weiter stidmiddot warts als heute wahrend sich Uber den Tropen bereits die heutige Zirkulation herstellte Die Befunde deuten im Atlantik wie im Pazifik auf eine Abschwachung der subtroshypischen Hochdruckgebiete und damit der Intensitlit der Passatwinde Dies fiihrt notwendig zu einer Abschwachung des Aufquellens von Kaltwasser sowohl an den Westktisten (NWmiddotAfrika Kalifornien) wie am Aquator hier also zur Vorherrschaft der EI-Nino-Zirkulation mit Warmwasser starker Verdun stung und aquatorialen Regen auf dem Meer die geophysikalische Rolle dieses Wechsels ist kaum zu tiberschatzen Urn 8000 - 7300 vh kam es nach Vermiddot schwinden des skandinavischen Eises zu einer Unterbremiddot chung der Feuchtphase Diese stellte sichjedoch wieder her solange noch tiber Labrador - Baffinland ausgedehnte Eisfelder auch im Sommer tiefe weit ausgreifende Hohenmiddot troge zur Folge hatten diese traten offenbar in Nordamerishyka sowie in EuropaAfrika in den Obergangszeiten haufishyger auf als heute 5-10 faile dieser Art pro Jahr gentigen urn insgesamt 150-250 mm zusatzlichen Niederschlag hervorzubringen Die endgultige Austrocknung vollzog sich erst urn etwa 4500 vh mit dem Verschwinden der Eisreste aus Labrador

Die fUr den Klimaablauf entscheidenden physikaischen Randbedingungen in der Subpolarzone waren also urn 6000 vh noch wesentlich anders als heute erst urn 4500 vh entwickelten sie sich offenbar mit einer noch starkeren Reduktion des arktischen Eises Die ebenfalls noch wanne Phase urn 4000 vh deren regionale Einzelheiten weniger gut bekannt sind war im Trockengtirtel der Alten Welt wie im SW Nordamerikas in Stidafrika und in Australien ahnlich trocken wie heute Noch eine weltcre Randbedinshygung sollte nicht vergessen werden die bereits erwahnte (Abschn 43) Vegetationszerstorung und Desertifikation die mit der Zunahme der Obertlachenalbedo tiber den Meshychanismus des Charney-Modells zu einer Verstarkung des Absinkens fUhrt Sie wird wahrscheinlich bei einem Ruck gang des ArktismiddotEises eine Zunahme der Niederschlage im Sahel hinausz6gern jedenfalls solange bis durch geeigshynete SchutzmaBnahmen eine geschlossene GraslandmiddotVege tation in den Randgebieten der Sahara wieder hergestellt werden kann Das aber ist ein okonomisch-soziales Pro blem

63 Letztes Interglazial EemmiddotWannzeit 120000 vb

Die EntwickIung quantitativer Arbeitsmethoden in der Geo logie hat in den letzten Jahren einige aufregende Entdek kungen innerhalb der Erdgeschichte erm6glicht Hierzu zahlt die Entdeckung eines 17-18maligen Wechsels zwi schen Eiszeit und Warmzeit (Interglazial) in den letzten 2 Millionen Jahren in zeitlicher Obereinstimmung datiert mittels der Umkehrung des erdmagnetischen Feldes gefunshyden in Ozeanbohrkernen aus dem aquatorialen Pazifik (SHACKLETON - OPDYKE) und in L6Bprofilen in Mahmiddot ren und Niederosterreich (KUKLA und FINK) Damit ergab sich eine gesicherte Chronologie der Kalt- und Warmshyzeiten ftir die palaomagnetische BrunhesmiddotEpoche der letzten 700 000 Jahre In allen geeigneten Ozean-Bohrkernen finshydet man in der Zeit zwischen 127 000 und 75 000 vh (mit einer Fehlergrenze unterhalb plusmn 5000 Jahren) drei

15

Warmphasen mit zwei kurzen Kaltphasen dazwischen genauere Untersuchung in Barbados auf Mallorca Neuguishynea und an der Themsemtindung belegen auch die zugeshyhOrigen eustatischen Schwankungen des Meeresspieshygels da in den Kaltphasen gro6e Wassennengen als konshytinentales Eis gespeichert werden Auf dem Festland sind bisher zwei nahezu vollstandige Moorbohrkerne untershysucht worden (in Mazedonien und sudlich der Vogesen) die die gleichen Schwankungen zeigen aber in wesentlich hOherer zeitlicher Auflosung Noch weiter auflasbar sind die Diatomeenablagerungen Nordwestdeutschlands mit ihren tiber 10 000 Jahre reichenden Jahresschichten (H MOLLER) die eine pollenanalytische Analyse von Abshyschnitten von nur 15 Jahre Lange erlauben

Nach allen vorliegenden Befunden ist die friiheste der drei Warmphasen mit deutlichem Abstand die warmste noch etwas warmer als die erarterte holozane Warmphase offenbar auch warmer als die vorhergegangenen Interglashyziale Sie reichte von 127000 bis etwa 115000 vh die warmste Phase umfa~te in den Vogesen mindestens 10000 Jahre dagegen die beiden Kaltphasen nur jeweils 1600 bzw 1000 Jahre Ftir Europa und die Sowjetunion existiert eine detaillierte Vegetationsanalyse (FRENZEL) dieser Warmzeit die mit dem hollandischen Lokalnamen Eem (im engeren Sinne) bezeichnet wird nach dieser Anashylyse miissen die Temperaturen 2-3degC haher gelegen haben als heute in Sibirien sogar bis 6degC Xhnlich wie im Holoshyzan miissen die Niederschlage hoher gewesen sein zumal die hOhere Temperatur schon an sich zu einer Zunahme der Ozean-Verdunstung fiihrt Neben der oben erorterten Dominanz der EI-Nifio-Zirkulation am Xquator ist eine weitere Ursache der Verstarkung des hydrologischen ZykshyIus der eustatische Meeresspiegelanstieg auf + 5-7 m der durch einen breiten Meeresarm zwischen Ostsee und Wei~em Meer Fennoskandien zur Insel macht und im Mtindungsgebiet von Ob und Jenissei bis tiber 1000 km weit ins Binnenland eingreift (FRENZEL) Zugleich kam es zu einem drastischen Riickzug des Dauerfrostbodens in Ostsibirien bis etwa 57deg Breite (heute etwa 49deg) Auch bei einem Anstieg der Temperaturen urn 6degC erlebte Sibishyrien auch damals sehr kalte Winter doch miissen im Sommiddot mer die Ktisten weitgehend eisfrei gewesen sein Anderermiddot seits ergeben die Bohrkerne im Arktischen Ozean daB der zentrale Kern des arktischen Eises zwischen Gronland Alaska und Ostsibirien aile Warmzeiten seit mindestens 700000 Jahren ohne Unterbrechung uberdauert hat die gleiche Annahme erscheint fUr das Gronlandeis immershyhin wahrscheinlich (wenn auch nicht belegt)

Mit dem starker mariti men Klima Europas reiehten warmiddot meliebende Walder weit nach Ru6land hinein Das Vorshykommen von Lowen FluBpferden und Waldelefanten in GroBbritannien ist ein besonders auffallendes Anzeimiddot chen warmerer Bedingungen wenn auch der SchluB auf tropisches Klima nach Ausweis der Vegetation sicher unshygerechtfertigt ware Aus den tropischen Kontinenten lieshygen bisher nur wenige Befunde vor eine lange humide Phase an der westafrikanischen Kiiste und in der Afar-Senke am Roten Meer entsprechen den Befunden der holozanen Warmzeit

Diese Eem-Warmzeit war offenbar die wiirmste Phase seit Beginn der Brunhes-Epoche vor 700000 Jahren abet das gesamte letzte Interglazial dauerte wesentlich langer

es umfaBte zwei weitere etwas kiihlere Warmphasen geshytrennt durch zwei intensive Kaltphasen urn etwa 110 000 und 90 000 vh Die zugehorigen Schwankungen des Meemiddot resspiegels zwischen -70 und -80 m in den Kaltphasen (letzte Eiszeit -100 m) und etwa -5 m in den beiden spateren Warmphasen zeigen daB die Schwankung des globalen Eisvolumens immerhin 70-75 derjenigen zwishyschen letzter Eiszeit und heute betrug Diese Anderunshygen der Massenbilanz in den beiden Kaltphasen drang ten sich jeweils auf weniger als 10 000 Jahre zusammen die entsprechenden Klimaanderungen auf dem Festland liefen nach Ausweis der (verzogerten) Vegetationsschwanshykungen in den europaischen Mooren in wenigen 100 Jahshyren in Wirklichkeit also vermutlich in lt 100 Jahren abo Das wird bestatigt durch den Gronland-Blitz eine in ihrem Mechanismus noch nieht einwandfrei geklarshyte Abkiihlung in weniger als 100 Jahren (DANSGAARD) die im Eis Nord-Gronlands in tiber 1300 m Tiefe seit minshydestens 90000 Jahren tiefgefroren aufbewahrt ist

Gewi~ sind noch nieht alle Fragen geklart Offenbar haben sich im mittleren Europa die beiden Kaltphasen trotz globalen Charakters nur kurzfristig in Form abrupter Abkiihlungen in der und hier allein interessierenden humashynen Zeitskala ausgewirkt Xhnliche Ereignisse haben sich nach den heute vorliegenden Befunden in allen jtingeren Y Interglazialzeiten (und im Holozan) abgespielt - auf dieshyses Problem muB noch (Abschn 8) eingegangen werden

Der eustatische Meeresspiegelanstieg im Eem ist in seiner Ursache noch nicht geklart ein Anstieg urn 5-7 m entmiddot spricht entweder dem Abrutschen des Eises der Westantshyarktis oder dem Verschwinden des Gronlandeises oder eishynem entsprechenden Wasserverlust der sehr stabilen Ostantshyarktis Wabrend das zuerst genannte Ereignis uU recht rasch vor sich gehen konnte (genauere Vorstellungen tiber die Zeitskala liegen allerdings nicht vor) laufen die beiden anderen Ereignisse so langsam ab daB der zugehoshyrige weltweite Meeresspiegeianstieg in der GroBenordnung weniger mm pro Jahr (heute 11 mm) bleibt

64 Eisfreie Arktis vereiste Antarktis (12-25 Mill vh)

Wahrend die bisher dargestellten Klimaphasen keine grundshysatzlichen Abweichungen gegentiber dem heutigen Klimashybild zeigen trifft dies fUr den extremsten Fall eines vOl- ~ ligen Verschwindens der arktischen Treibeisdecke nicht zu Die Idee eines Verschwindens des arktischen Treibshyeises hat zuerst BUDYKO urn 1962 entwickelt und zwar als Endergebnis einer gezielten Umwandlung des Klimas wie sie 1959 auf einem der Kongresse der KPdSU proklashymiert worden war - im Einklang mit der marxistischen These von def Umwandlung der Natur durch den Menshyschen Bei naheren Untersuchungen stellte sich heraus daB dieses Projekt (schon wegen der Ausdehnung der Eisdecke tiber 10 bull 106 km2 ) nicht nur extrem aufwendig war sondem auch sehr weitreichende Nebenwirkungen zur Foige haben konnte Spater erkannte man daB die im Gange befindliche Zunahme des CO2 -Gehaltes zu dem gleiehen Ergebnis fiihren konnte Die Sensitivitat dieses Systems wurde bereits besprochen (vergl Abschn 21) ein vereinfachtes eindimensionales Klimamodell (BUDYKO 1969) ergab bei wachsendem CO2 -Gehalt und zunehmender Erwarmung ein immer rascheres Ruckshyweichen der EisSchneegrenze zum Nordpol hin

16

Ein solches scheinbar jeder Erfahrung widersprechendes Modell konnte nieht ohne Widerspruch hingenommen werden Schon die Frage ob unter den heutigen Klimashybedingungen die Eisdecke irreversibel verschwinden kann oder ob sie sich im nachsten Winter neu bildet mu~te eingehend erortert werden wir konnen sie offen lassen da nunmehr ein Verschwinden des Treibeises unter extreshymen von den heutigen abweichenden Klimabedingungen zur Erorterung steht Diese Frage kann nur mit umfangreishychen Modellrechnungen beantwortet werden unter weishychen Bedingungen ist das dynamische System Meer Treibeis (mit Polynyas) - Schneedecke - Atmosphiire tiber den jahreszeitlichen Wechsel der Strahlungsbilanz hin stabil bzw instabil Solche Rechnungen sind im Gang eine ganze Familie von stufenweise immer komplexerer Modelle mu~ unter verschiedenen Randbedingungen geshytestet werden eine umfangreiche Arbeit die nicht heute oder morgen zu Ende geftihrt werden kann

Einer der vielen Einwande war die Frage ob ein eisfreier ~ Arktischer Ozean gleichzeitig mit einer vereisten Antarkshy

tis existieren konne dies ergibt eine schwer vorstellbare Asymmetrie der beiden Halbkugeln Aber auch heute existiert eine deutliche Asymmetrie die Troposphiire tiber der Antarktis ist im gleichen Niveau im Jahresmittel 11shy

12degC kalter als tiber der Arktis im NordsommerlStidwinter sogar um tiber 26degC Da nach einfachen OberJegungen die durch die Modellversuche von FULTZ (1959) bestiishytigt wurden die Zirkulation der Atmosphiire von dem Temperaturgeflille zwischen Aquator und Pol abhiingt (KORFF und FLOHN 1969) ist die Zirkulation auf der Stidhemisphiire starker als auf der Nordhalbkugel und greift tiber den Aquator hintiber im Jahresdurchschnitt bis etwa 6deg Nordbreite im Juli (Januar) auf rund 12deg N (1 deg S) Das zirkulationserzeugende meridionale Temperaturgefalle ist heute tiber der Stidhalbkugel im lahresdurchschnitt 42 gro~er als tiber der Nordhalbkugel

Tatasachlich hat aber - das ist eine der grundlegenden Erkenntnisse die wir dem Deep Sea Drilling Programm mit der Glomar Challenger verdanken - ein derart krasser Gegensatz der beiden Pole im jtingeren Tertiar viele Millionen Jahre lang existiert (KENNETf 1977) Der Antarktische Kontinent war erstmals vor 38 Ma (= 106

Jahre) mindestens teilweise vereist schon damals bildete sich das antarktische Bodenwasser der Ozeane mit einer

Abktihlung um etwa 5degC Eine vollstandige Vereisung der Antarktis besteht seit dem mittleren Miozan vor 12shy14 Ma sie war seither nur noch sekundaren Schwankungen unterworfen Vor etwa 55 Ma bildete sich dieses zuniichst noch relativ flache Eis mit Temperaturen um OdegC in ein kaltes stabiles Eis (der Ostantarktis) um noch 200shy300 m mach tiger als heute begleitet von einer globalen Abktihlung und einer eustatischen Absenkung des Meeshyresspiegels Diese ftihrte an der Schwelle von Gibraltar zu einer (mehrfach wiederhoJten) Abschntirung und Ausshytrocknung des westlichen Mitteimeeres (HSU) auf deren regionaie klimatische Bedeutung nicht weiter eingegangen werden kann

Die allmiihliche Abktihlung wiihrend des mittleren und junshygeren Tertiars hangt offenbar mit der Bildung des kalten von der Antarktis sich ausbreitenden Bodenwassers zusamshymen durch Mischung sanken auch in mittleren Schichshyten die Wassertemperaturen langsam ab und mit der Vershy

starkung der atmosphiirisch-ozeanischen Zirkulation kam es zum Aufquellen dieser ktihlen Schichten am Aquator und an den subtropischen WestkUsten Eine Vereisung der Gebirge der Nordhalbkugel trat erst lange nach der Antshyark tis ein in Alaska vor etwa 9 Ma in Island und im kalimiddot fornischen Hochgebirge vor etwa 28 Ma Eine Bildung von arktischem Treibeis war erst moglich nachdem diese konshytinentalen Gletscher allmahlich beim sommerlichen Schmelshyzen eine dUnne salzarme Deckschicht des Arktischen Ozeans gebildet hatten dies geschah offenbar erstmals vor 23 Ma zuerst sicher noch als jahreszeitliches Eis

Damit steht also fest da~ in der Zeit zwischen 12 und 25 Ma gleichzeitig ein vollstandig vereister antarktischer Konshytinent und ein offener eisfreier arktischer Ozean existiermiddot ten In dieser Zeit miampte (aus theoretischen GrUnden) der meteorologische Aquator im Jahresmittei in etwa 9-10deg Nordbreite gelegen haben dafUr gibt es in Afrika auch Belege Als weitere Fol~e ware eine Verlagerung des Trockengtirtels bis 40-50 N zu erwarten die im ostlichen Europa auch belegt ist (zB im Wiener Becken s Abb 10) die subtropische Flora jener Zeit ist vielfach beschrieben worden (SCHWARZBACH MAGDEFRAU)

Northern Boundary of NHem Evaporite Zone

Oucternary (0-2 Ma) Late Tertiary 15-15 Ma) Early Tertiary (30-50Ma)

Abb 10 Mittlere Nordgrenze des Trockengiirtels (Ablashygerungen von Salz Gips usw) im Quartar (0 shy2 Ma) JungterWir (5 IS Ma) und Alttertilir (30 - 50 Ma) nach LOTZE

und Walder der gema~igten Zone reichten bis Nordgronshyland Nach SCHWARZBACH lagen im rheinischen Braunmiddot kohlengebiet die Temperaturen in allen Jahreszeiten urn 5-8degC hOher als heute Der stidhemisphiirische Trocken gtirtel reichte bis in die Nahe des Aquators Es ist unmogmiddot lich in diesem Rahmen auf Einzelheiten einzugehen zumal hierzu eine vollstiindige Auswertung der neueren geologimiddot schen Literatur notwendig ist

Nach BUDYKOs Modell kann der Obergang zu einem solchen Klima dh das Verschwinden des arktischen Eises bei einer allgemeinen Erwarmung urn ca 4degC eintreten (vgl auch KELLOGG) Das entsprache (je nach Modellannahme) einem virtueJlen CO2 -Gehalt von 800 shy1100 ppm der reale CO2 -Wert liegt bei 750 ppm (plusmn 15jd (Abschn 42) Ob und wann solche Werte erreicht werden hangt von Entscheidungen auf energiepolitisch-okonomisch sozialem Gebiet ab (Abschn 8)

17

7 Kaltphasen in der Klimageschichte

71 Kleine Eiszeit (1550-1850)

Dal~ das Klima im 20 Jahrhundert nieht das einzig mogliche ist ja dreg es selbst im Rahmen der [etzten 500 Jahre ausgesprochen anormal ist gehort zu den Tatsachen die selbst den meisten Meteorologen unbekannt sind Tatsachmiddot Hch haben wir in Europa - wie das am besten bekannte Verhalten der AJpengletscher zeigt seit rund lO 000 Jahmiddot ren immer wieder einen Wechsel zwischen Warmphasen (wie in Absehn 61 geschildert) ulld Kaltpllasen erlebt Hierbei sind die Phasen innerhalb dec beiden Gruppen untereinander recht iihnlich ihre Dauer aber variabel irgendwekhe persistenten Perioden existieren offenbar nieht oder ihr Anteil an der gesamten Varianz ist vernachmiddot liissigbar gering Wahrend die Gletscherstande der Zeit 1930-60 offenbar nahezu identisch sind mit denen frOherer Warmphasen l diese A ussage ist etwas unsieher) liegen die Moranen der GletschervorstoBe urn 1820 und urn 1855 fast genau auf denen frtiherer Gletscherhochstande (PATZELT) Die letzte Kaltphase kann uns also als Modell fUr aIle frOhemiddot ren seit dem RUckzug der grofben Inlandeise dienen ihre Bezeiehnung als Kleine Eiszeit ist allerdings bewufbt Ubermiddot trieben Ihr Beginn ist nieht eindeutig festlegbar schon urn 1160 urn 1320 und urn 1430 kam es zu kUrzeren aber marmiddot kanten GletschervorstoBen in den AJpen und fUr die beimiddot den 1etztgenannten Termine liegen viele Nachriehten Uber ganz ungewohnhche Klimaanomalien vor (LAMB von RUDLOFF) Von langerer Dauer war die Klimaverschlechmiddot terung ab 1560 die in ZUrich einen Rtickgang der Wintermiddot temperaturen urn 2degC brachte wahrend bei Kopenhagen das ganze Jahr Uber Winde aus SUdost und Ost - als Anzeimiddot chen blockierender Antizyklonen vorherrschten Die Witshyterungsabliiufe ahneln sehr denen die wir heute in Einzelmiddot jahren mit strengen Wintern (1939-42 19467 19623) erleben haufig blockierende Antizyklonen Wetter1agen mit anhaltend starker meridionaler Komponente - unmiddot gewohnlich kalt aber auch ungewohnlich warm haufige Dtirremiddot und Niisseperioden schneereiche und bis tief in das Frtihjahr anhaltende Winter mit nachfolgenden MiBernmiddot ten

FUr die Beurteilung der Klimabedingungen jener Zeit sind nieht nur die Gletscher der Hochgebirge sondern vor aHem die Under nahe der Polargrenze des besiedelten Landes wesentlich Island Sehottland die Faroer und Skandinamiddot vien Die Nachriehten vom Verhalten des arktischen Treibmiddot eises - mit seiner entscheidenden Rolle fiir Albedo und Wdrmehaushalt haufen sieh jetzt Island viele Jahre hinmiddot durch 6-9 Monate lang von Treibeis blockiert massive Eismiddot vorstoBe nach den Faroern (mit Wassertemperaturen 3_4degC unter den heutigen) und selbst nach Norwegen (wo die Fischerei jahrelang fast ohne Ertrag blieb) Rtickgang der Vegetationsgrenzen und schwere Nahrungskrisen in Schottmiddot land Besonders eindrucksvoHe Beispiele aus der Zeit 1755shy1790 schildert die durch genaue meteorologische und landwirtschaftliehe Daten ausgezeiehnete Arbeit von PFISTER aus dem Kanton Bern auf die weltweite Zusammiddot menschau von H LAMB (VoL II) sei nochmals hingemiddot wiesen

Eine voriaufige Zusammenstellung der jahrlichen Getreishydepreise in der Zeit von 1500-1860 gibt Abbildung 6 die aus den fast vollstandigen Reihen von 5 deutschen Stlidten

18

gemittel t wurde von einem langjiihrigen Trend abgesehen zeigt sie zahlreiche meist gruppenweise auftretenden Jahre mit Preisanstiegen urn das dreimiddot bis sechsfache Das absomiddot lute Maximum (bis 1950) waren die weitweiten Hunger jahre J81617 nach dem Vulkanausbruch des Tambora 1815

1m Gebiet der mediterranen Winterregen existieren widershyspruchsvolle Nachrichten einmal stimmen die kiiltesten Abschnitte (genannt seien die Zeiten urn 1570 1630 vor aHem 1680-1700 nach 1770 1816 f 1845 t) mit Feuchtjahren Uberein einmal mit Diirren Das gilt fUr Algemiddot rien die Seen Mittelitaliens ebenso wie fur das Tote Meer und das Kaspische Meer aber auch (nach Sh NICHOLSON) fUr die Sahelzone Systematische Studien Uber die Telekonmiddot nektionen der Niederschliige im Mittelmeergebiet brinmiddot gen die Lasung (HELBIG) die Maxima der mediterranen Winterregen konzentrieren sieh im Bereich quasistationarer Hahentroge und negative KorreIationen g1eichzeitiger Werte mit Abstanden von 700-1000 km ( = halbe Rossbymiddot Wellenlange) sind haufig Daher ist es hier sinnlos eine ganmiddot _ ze Klimazone zusammenzufassen die Abhangigkeit der KlimamiddotAnomalien von der Lange ist mindestens ebenso groB wie die von der Breite Die regionale Verteilung der entmiddot gegengesetzten Witterungsanomalien wird beherrscht von der jeweils quasistationaren Lage des bloekierenden Hoch C

zentrums und der begleitenden Hohentroge bzw Kaltluftmiddot tropfen - das kennt jeder erfahrene Synoptiker und das ist auch das zentrale Problem jeder iangfristigen Vorhermiddot sage Auch in Nordamerika hangen die kalten Zeitabschnitmiddot te dieser Periode mit bloekierenden Antizyklonen zusammiddot men wie die Auswertung von Baumringen (FRITTS) geshyzeigt haben

Was ist nun die Ursache des Vorherrschens meridionaler Zirkulationstypen in dieser Klimaphase was die Ursache dominierender zonaler Zirkulationstypen mit polwarts vermiddot schobenen subtropischen Hochzellen in den Warmphasen Beim VergIeieh etwa der Abschnitte 1815-1855 (nochshymals urn 1890) und 1930-1960 fall t sofort die verschiemiddot dene Lage der arktischen Treibeisgrenze im Atlantik auf im Raume urn Island-Norwegen handelt es sich urn Vermiddot schiebungen von der GroBenordnung 1500 km Was aber verursachte diese Ausweitung des arktischen Treibeises die maximal 2 Mill km2 erreicht haben dtirfte

Auf diese Frage existieren zZ zwei Antworten von demiddot nen wenigstens eine geophysikaJiseh einwandfrei begrtinshydet ist Sie bezieht sich auf eine von LAMB zusammengemiddot faBte Statistik von VulkanausbrUchen (s Abschn 32) bei der in der Tat ein Zusammenhang zwischen den Hohemiddot punkten der kleinen Eiszeit und besonders schweren Vulmiddot kaneruptionen (oder Gruppen) auffall 1 Andererseits hat EDDY darauf hingewiesen daB die auffallige lange Periode geringster SonnenaktivWit der Zeit 1643 -1710 mit ihrem Maximalstadium tibereinstimmt - dieser Zusammenhang ist jedoch bisher physikalisch noch ganz ungek1art und muB daher offen bleiben Wegen der Unvorhersagbarkeit beimiddot der Ursachen kann das erneute Auftreten einer solchen Kaltphase in den nachsten 50-100 J ahren weder bejaht noeh ausgeschlossen werden auch eine statistische Aussage tiber die Wahrscheinlichkeit bleibt unsicher da zahlenmaBige Unterlagen in beiden Fallen nur wenige Jahrshyhunderte umfassen und subjektive Beurteilungen nieht ausmiddot schlieBen konnen Sofern sich aber die glob ale Erwiirmung

(etwa ab 2000) durchsetzt werden Wahrscheinlichkeit und AusmaB einer Wiederholung der Kaltphase sHindig zurUckmiddot gehen

72 Ubergang zu einer Eiszeit

Keine Frage wird dem KJimatologen Ofter von Repormiddot tern gestellt als die nach der nachten Eiszeit Umso merkmiddot wUrdiger ist die geringe Rolle die der mogliche obergang vom heutigen (interglazialen) zu einem glazialen Klima in der wissenschaftlichen Literatur spielt Das mag zwei Grtinde haben Geologen und andere an der Klimageschichmiddot te interessierte Wissenschaftler wagen sich nicht (mit einimiddot gem Recht) auf ein ihnen fremdes Feld und die meisten Meteorologen halten dieses Problem fUr ebenso unwissenmiddot schaftlich wie das der Sintflut Diese Einstellung ist aber heute nieht mehr gerechtfertigt nachdem in einer Reihe von Fallen einwandfrei abrupte Klimaiinderungen mit einer in humanen MaBstaben ganz kurzen Zeitmiddot skala nachgewiesen wurden die samtlich aus den Interglamiddot zialen oder den - hier nieht interessierenden - tJbermiddot gangsstadien zwischen Glazial und Interglazial stammen Einwandfreie Belege beruhen entweder auf Untersuchunmiddot gen an fossilen Mooren mit Jahresschichten (Varven)

fln Seen mit hoher Sedimentationsrate oder von Baummiddot ringen Aus Raumgrtinden ist es nieht moglich auf einzelmiddot

ne Befunde einzugehen (FLOHN 1974 1978) Einer der besten stammt aus der Liineburger Heide (H MOLLER 1974 1978) wo vor tiber 300 000 Jahren ein Wald der einem etwas warmeren Klima als heute entsprach binnen 30 Jahren () verschwand urn nach einer Pause - die Zeit reicht nicht aus urn eine arktische Tundra hervorzubrinmiddot gen durch subarktischen Birkenwald ersetzt zu werden darauf folgte in 300-400 Jahren eine Sequenz von Waldo typen wie man sie heute auf einer Bahnfahrt von Narvik (68deg N) nach Siidschweden sehen kann Dauert die Reakmiddot tion eines Waldes auf eine Klimaanderung sieher Jahrzehnte oder Jahrhunderte so gibt es schnell ere Indikatoren In Mittelengland wurde nach Ende der letzten Eiszeit eine subarktische Kaferfauna in etwa 50 Jahren durch eine warmmiddotgemaBigte Fauna ersetzt aquivalent einer Erhohung der JulimiddotTemperatur urn 8-9degC (COOPE 1977)

Das sind nur zwei niichterne Befunde gewonnen mit neumiddot zeitlichen Arbeitsmethoden die in ihrer Gesamtheit nicht

~ehr anzweifelbar sind die wenigen Klimahistoriker memiddot teorologischer Herkunft haben sich inzwischen von der Bedeutung dieser Zeit skala abrupter KJimaanderungen laquo 100 Jahre) tiberzeugen lassen Mogliche U rsachen fUr die (haufigeren) rapiden Abklihlungen sind schon in den Abschnitten 2 und 7 erortert worden fUr Erwarmungen stehen sie noch aus In jtingster Zeit ist auch kIar geworden daB solche Ereignisse sieh nicht notwendig synchron aus wirken sondern wegen der nur allmahlichen Verlage rung barokliner Frontalzonen im Ozean oder dem regional verschieden raschen Ablauf der kontinentalen Vereisunshygen - diachron dh mit erheblichen Zeitunterschieden in der Horizontalen Das bedeutet auch eine Grenze fUr die Vorstellung eines fast-intransitiven Klimas im Sinne von ELORENZ

Nehmen wir die Moglichkeit einer abrupten Abklihlung dieser Zeitskala als gegeben an wie und wo konnte sie sieh abspielen Zweifellos kann eine kontinentale Gletshyscherbildung nur mit einem wiederholten Uberdauern

der Winterschneedecke tiber den Sommer hin beginnen in den kritischen Gebieten der Subarktis - so die 750000 km2 groBe Baffin-Insel mit ihren Hochplateaus Labrador auch Lappland und die norwegischen Gebirge - schmilzt auch heute die meterdicke Schneedecke erst Anfang oder Mitte Juni endgilltig ab urn sieh Ende August oder im Sepshytember neu zu bilden Hierzu gemigt in Baffinland ein Absinken der Sommertemperaturen urn nur etwa 2dege wahrend in den anderen Gebieten 4-6degC notwendig wamiddot ren oder zugleieh eine massive Zunahme der Schneenieshyderschlage Die kritische Stellung Baffinlands erhellt auch daraus daB in der kIeinen Eiszeit - nach Ausweis von FlechtenUntersuchungen die heute insgesamt 37 000 km 2 einnehmenden Plateau-Eisfelder sich auf 140000 km2 vergroBert hatten (IVES) entsprechende Untersumiddot chungen in Fennoskandien stehen noch aus

Eine Modelluntersuchung (ANDREWS - MAHAFFY) ftir Baffinland hat in zwei Experimenten gezeigt wie sich eine urn einen Faktor 3 erhohte Sehneebilanz in einer langsashymen Zunahme von Flache und Volumen einer Eisdecke auswirkt langsamer als die Beobachtungen des eusta tishyschen Sinkens des Meeresspiegels in den interglazialen Kaltmiddot phasen anzeigen Aber in diesem Modell ist die machtvolle Rtickkopplung zwischen Schneedecke Albedo und Tempeshyratur nieht voll und zu spat in Reehnung gestellt worden Jedenfalls ist es hochst unwahrscheinlich daB in den nachsten 100 Jahren nachdem zuerst eine Kaltphase im obigen Sinne eintrat dieser ProzeB sich tiber die unmittdshybare Umgebung hinaus weltweit auswirken konnte Hiermiddot gegen sprechen aueh die langperiodischen Effektr der Erdmiddot bahneIemente deren nachstes Minimum (kiihle Sommer in der Arktis kalte Winter zugleieh in der Antarktis) erst in rund 10 000 Jahren fallig ist (BERGER)

Bei dieser Sachlage ist hOchstens - bei einer Kombination mehrerer ungtinstiger Voraussetzungen etwa dem Zusamshymentreffen mehrerer sehr schwerer Vulkaneruptionen von der Intensitat des Tambora (1815) oder wenigstens Krakatau (1883) innerhalb der jetzigen Phase relativ ausgedehnten polaren Treibeises vor Wirksamwerden der erwarteten anthropogenen Erwarmung mit einer abortiven Vershygletscherung zu rechnen die nieht zu einer vollen Eiszeit auswachsen wUrde In unserer humanen Zeitskala ware das aber schon schlimm genug Serien von Jahren mit sehr kaIten Wintern kiihlen und nassen Sommern schwere MiBshyernten in weiten Teilen der gemaBigten Zone zeitweise auch in den Tropen die sieher nieht ausgeglichen werden konnen durch Feuchtejahre in Teilgebieten von Nordafrika und dem Nahen Osten Die Wahrscheinlichkeit hierfUr ist aber gering - sie betragt nach verschiedenen Kriterien tibereinstimmend zwischen 01 und 1 Prozent in den nachshysten 100 Jahren AuBerdem waren fUr diesen Fall gezielmiddot te GegenmaBnahmen denkbar die hier nieht volig utopishyscher Natur sind

8 Wahrscheinlichkeit und Risiken die Rolle der Energieshypolitik

Die Wahrscheinlichkeit einer globalen Warm phase ist nach allem was wir wissen erheblich groBer als die einer Kaltshyphase Die Schwierigkeit bei der Abschatzung liegt darin daB Entscheidungen und Entwicklungen auf politischer sozialer und 6konomischer Ebene hier eingreifen konnen

19

die vorherzusagen nicht nur dem Meteorologen schwer fallt Wenn wir diese einmal versuchsweise vernachHissigen dann dUrfte in den nachsten 100 Jahren die Wahrscheinmiddot Iichkeit fur das Auftreten einer Kaltpflase vom Typ der kleinen Eiszeit nieht mehr als hochstens 20k betragen (und naeh etwa 2000) weiter abnehmen) FUr das Auftreshyten einer Warmpllase im Sinne der Beispiele in den Abmiddot sdmitten 61 und 62 mUssen wir aber hohere WahrscheinshyIichkeiten ansetzen wenn auch erst nach der Jahrhundertmiddot wende danach steigen sie das ist die in vielen Diskusmiddot sionen erworbene Oberzeugung des Verfassers unter den hier und in Abschnitt 5 gegebenen Voraussetzungen auf Uber 50 an

1st ill diesem Faile aber eine Entwieklung zu einem eismiddot freien arktischen Ozean (Absehnitt 64) mit ihren fast unshyvorstellbaren Konsequenzen fUr Wasserversorgung und Ernahrung noch vermeidbar Damit libersehreiten wir die Grenze des Fachwissens des Meteorologen der sich nur allmiddot zu getne in den akademisehen Elfenbeinturm zurlickziemiddot hen moehte Aber die Dinge sind zu wichtig eine Wende auf Grund politischer Entscheidung auf internationaler Ebene ist noch moglieh aber dann und nur dann wenn das Dogma von der Notwendigkeit standig zunehmenden wirtschaftliehen Wachstums das bei begrenzten Vorshyraten (Resourcen) mit den Naturgesetzen unvereinbar ist shyzugunsten einer besseren Einsicht aufgegeben wird (GRUHl) Ebenso ist eine Stabilisierung des Bevolkerungsshywaehstums nOlwendig - ohne einen hoheren Lebensstanmiddot dard in den Entwicklungslandern ist das unrealisierbar

Gleichzeitig mu~ aber die Energiepolitik sich frei machen von dec sinnlosen Verschwendung fossiler EnergiequeIIen die in 400 Ma durch biologische Prozesse aus der Sonnenmiddot energie aufgebaut und gespeichert wurden (s a Beitrag JUNGE) Ein Obergang zu erneuerbaren Energiequellen (Sonne Wind Gezeiten - auch die kaum erschopfbare Geothermik) ist moglich erfordert aber eine Kombination neuartiger (und kostspieliger) Technologien wie sie etwa am International Institut for Applied Systems Analysis in Laxenburg bei Wien von einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von W HAFELE (frtiher Karlsruhe) entwiekelt werden Aueh die Kernenergie mul1 in diesen Rahmenshyjedenfalls fUr eine Obergangszeit - einbezogen werden Das mit ihr verbundene Risiko ist auf jeden Fall geringer als das Risiko einer Verlagerung aller Klimazonen Da ein Obergang zu neuen Technologien sieher tiber 30 wahrshyscheinlieh 50 Jahre benotigt drangt die Zeit Neue Priorimiddot taten mlissen gesetzt werden Es geht urn das Wohl der naehsten Generationen

Literaturauswahl

ANDREWS T1 MAHAFFY MAW Quaternary Research 6 (1976) S 167-183

AUGUSTSSON T RAMANATHAN V J atmos Sci 34(1977) S 448-451

BERGER AL Quaternary Research 9 (1978) S 139~-167

BJERKNES J Monthly Weather Review 97 (1969) S 163-172

BROWNLR Worldwatch Papers Washington DC 8 (I 976)

BRYSON RA MURRAY Th1 Climates of Hunger MadisonWis 1977

o

BUDD WF J Glaciol 14 (1975) S 3-21

BUDYKO MJ TeHus 21 (1969) S 611-619 29 (1977) S 193-204

CESS RD J atmos Sci 33 (1976) S 1831-1843

CHARNEY JG Quart J Roy Meteorol Soc 101 (1975) S 193-202

COOPEGR Phios Transact Roy Soc London 280 (1977) S 313 shy340

DANSGAARD W et al Quaternary Research 2 (1972) S 396-398

DOBERITZ R Ber d Deutschen Wetterd 112 (1968)

EDDYJA Science 192 (1976) S 1189-1202 198 (1977) S 824 829

FINK J KUKLA GJ Quaternary Research 7 (1977) S 363-37 L ~

FLOHN H III Bonner Meteorol Abhandl 15 (1971) 21 (1975) Quaternary ReseJrch 4 (1974) S 385-404 in print (1978)

FRENZEL B Die Klimaschwankungen des Eiszeitalters Braunschweig~ 1967 ErdwissForschungen 1(1968)

FRITTS HC Tree Rings and Climate London New York 1976

GABRIELB Berliner Geoge Abh 27 (1977)

GATES WL J atmos Sci 33 (1976) S 1844-1873

GRUHLH Ein Planet wird geplUndert Frankfurt aM 1978

HAFELE W SASSIN W Ann Rev Energy 2 (1977) S 1-30

HAHN J JUNGE ChL Z f Naturforsch 32a (1977) S 190-214

HASSELMANN K u Mitarb TeHus 28 (1976) S 473-485 29 (1977) S 289-305 385-392

HAYS JD IMBRIE J SHACKLETON N Science 194 (1976) S 1121-1132

HELBIGM Diplomarbeit Univ Bonn (1976)

HSO K et al Nature 242 (1973) S 240-244 267 (1977) S 399-403 Naturwissensch61 (1974)S137-142

HUGHES T Rev Geophys and Space Phys 13 (1975) S 502-526 15 (I977) S 1-46

HUMMEL J RECK RA General Motors Res Lab Publ 2607 (1978)

HUNT BG Monthly Weather Review 105 (1977) S 247-260

IVES JD et al Naturwissensch 62 (1975) S 118-125

KELLOGG WW WMOmiddotBull 26 (1977) S 229-240 27 (1978) S 3-10

KENNETTJP J geophys Res 82 (1977) S 3843-3860

KONDRATIEV G Ya NIKOLSKY GA Quart J Roy Meteorol Soc 96 (1970) S 509-522

l

KORFF HC FLOHN H Ann Meteorol N F 4 (1969) S 163-164

LAMBHH Climate Present Past and Future Vol I (1972) Vo Il (I 977) London Methuen

LORENZE J appl Meteorol 9 (1970) S 325-329

MAGEDEFRAU K Palaobiologie der Pflanzen 4 Aufl Stuttgart 1968

MANABE S BRYAN K Monthly Weather Review 97 (1969) S 739-827 J phys Oceanogr 5 (1975) S 3-29

MANABE S WETHERALD RT atmos Sci 24 (1967) S 241 ~-259 32 ( 1975) S 3-15

MASON BJ Promet 7 (1977) H 4 S 1-26

MASS Cl SCHNEIDER StH J atmos Sci 34 (1977) S 1995-2004

MAYKUT GA UNTERSTEINER N Jgeophys Res 76 (1971)S 1550-1575

MOLLERH Geologisches Jahrbuch 83 (1965) S 327-352 A 21 (1974) S 107-140 im Druck (1978)

NAMIAS J Short Period Climatic Variations 1934-1974 2 Vol F-- Univ of California 1975

NEWELL R et al Pure and appl Geophysics 116 (1978) S 351-371

NICHOLSON Sh Ph D Thesis Departm Meteor Univ Wisconsin (1976)

OLIVER RC J appl Meteorol 15 (1976) S 933--950

PACHUR HJ Die Erde 106 (1975) S 21-46

PATZELT G Coil Internal CN RS No 219 (1973) S 51-59

PFISTER Chr Beiheft 2 Jb Geogr Ges Bern (1975)

POLLOCK JP et al Jgeophys Res 81 (1976)S 1071 1083

RODEWALD M Dt Hydrogr Z 20 (1967) S 269 25 (1972) S 97-117

ROGNONP Rev Geogr Phys Geol Dynam 18 (1976) S 251-282

ROWNTREE PR Quart J Roy Meteorol Soc 98 (1972) S 290-321

RUDLOFF H v Die Schwankungen und Pendelungen des Klimas in Eushyropa Braunschweig 1967

SCHWARZBACH M Das Klima der Vorzeit 3 Aufl Stuttgart 1974

SHACKLETON NJ OPDYKE ND Quaternary Research 3 ( 1973) S 39-55

STROBING K Der Seewart 35 (1974) S 1-1436 (1975) S 28-29

TREMPEL U Diplomarbeit Univ Bonn (1978)

VOWINCKEL E ORVIG S World Survey of Climatology 14 (1970) S 129-252

WANG WC et al Science 194 (1976) S 685-690

WETHERALD RT MANABE S Monthly Weather Review 100 (1972) S 42-59 J atshymos Sci 32 (1975) S 2044-2059

YAMAMOTO R J Meteor Soc Japan 53 (1975) S 482-486

21

Page 16: :SBWU>t S9J9SUn ijun>tnz 9!a 9W91qOJd pun U9l>tB,:j · 2 Wechselwirkungen im klimatischen System . 2.1 Die Rolle des polaren Treibeises 2.2 Das El Nino-Phanomen . 2.3 Kontinentale

schlage werden auf 200-400 mm geschatzt (PACHUR GABRIEL) im Tibestigebirge (heute 100 mm) auf tiber 800 mm Besonders auffallig ist da~ in dieser Feuchteperiode sowohl die Nord- wie die Stidflanke der Sahara starker tiberregnet wurden im Sahelgebiet schlieBt ROGNON auf eine ganzjahrige Regenzeit mit haufigen Dauerregen an stelle der kurzen Sommer-Regenzeit mit ihren heftigen Schauern Das ist nicht vertraglich mit der Lehrbuch-Vorstellung von einer meridionalen Verschiebung aller Klimagtirtel die im Stiden und Norden der Sahara alternierende Feuchtshyphasen auslosen m~te Nur bn Winterregengebiet nordlich 36degN find en wir in Anatolien und Iran (so am Van-See) eine markante Trockenperiode gleichzeitig mit der Feuchtshyphase der ganzen Sahara Diese Feuchtphase schon einmal urn 7500 vh unterbrochen wurde ab 5500 vh durch eine allmiihliche Austrocknung abgelost die urn 4000 vh in der Sahara etwas spater auch in Rajasthan zu einem ariden Klima ahnlich wie heute fOOrte Diese Austrocknung haben die frOOeren Hochkulturen miterlebt das Alte Reich Agyptens die Stadtkulturen zwischen Jericho und Ur die Indus-Kultur ilire Krisen oder ihr Untergang hiingen offen bar von diesen Klimaanderungen starker ab als von dem Einfall fremder Volksstamme

Die Interpretation dieser Befunde aus dem Holoziin (=Nachshyeiszeit) erfordert eine genaue Synchronisation des Ablaufs der Klimageschichte in weit entfernten Raumen sowie ein meteorologisches Verstiindnis dieser raumlichen Bezieshyhungen anhand rezenter Befunde Zunlichst ergibt sich auch heute in den Obergangsjahreszeiten wie im Winter die Existenz quasi-permanenter Hohentr6ge die sich in 150-300 mbar jeweils weit zurtick nach SW bis in die innemiddot ren Tropen hinein erstrecken (FLOHN 1975) Ahnlich existieren diese diagonaien Hdhentrdge auch tiber der Stidhalbkugel wo sie bis zum Aquator gelegentlich auch dartiber hinaus reichen In ihrem Bereich kommt es zu einer Wechselwirkung der tropischen und aulkrtropischen Storungen (Abb 9) die zu kraftigen Wirbeln mit Gewittermiddot schauern und Sandsttirmen ftihren dies sind die schon urn

Interaction Upper Troughs-low level Tropical Vortices Lat

300

fIlA 200

10middot

omiddot Abb 9 Diagonale Hohentroge (200 mb) und ihre Wechshy

selwirkung mit Storungen der tropischen Oststroshymung (700 mb)

1935 bekannten Saharadepressionen 1m westlichen und zentralen Nordafrika laBt sich an heutigen Statistiken die simultane Schrumpfung bzw Ausweitung des Trokshykengtirtels und die Rolle der Frtibjahrsregen hierbei nachshyweisen dasselbe ergab sich aus historischen Studien der Regenverhaitnisse im 17-19 Jahrhundert (NICHOLshySON)

Wahrend der ersten Feuchtphase 10500 8000 vh existiershyten noch ausgedehnte EisfHichen in Nordeuropa und Nordmiddot amerika Das ganze Jahr tiber reichte die glob ale Kaltshyluft und die von ihr ausgehenden Kaltetroge weiter stidmiddot warts als heute wahrend sich Uber den Tropen bereits die heutige Zirkulation herstellte Die Befunde deuten im Atlantik wie im Pazifik auf eine Abschwachung der subtroshypischen Hochdruckgebiete und damit der Intensitlit der Passatwinde Dies fiihrt notwendig zu einer Abschwachung des Aufquellens von Kaltwasser sowohl an den Westktisten (NWmiddotAfrika Kalifornien) wie am Aquator hier also zur Vorherrschaft der EI-Nino-Zirkulation mit Warmwasser starker Verdun stung und aquatorialen Regen auf dem Meer die geophysikalische Rolle dieses Wechsels ist kaum zu tiberschatzen Urn 8000 - 7300 vh kam es nach Vermiddot schwinden des skandinavischen Eises zu einer Unterbremiddot chung der Feuchtphase Diese stellte sichjedoch wieder her solange noch tiber Labrador - Baffinland ausgedehnte Eisfelder auch im Sommer tiefe weit ausgreifende Hohenmiddot troge zur Folge hatten diese traten offenbar in Nordamerishyka sowie in EuropaAfrika in den Obergangszeiten haufishyger auf als heute 5-10 faile dieser Art pro Jahr gentigen urn insgesamt 150-250 mm zusatzlichen Niederschlag hervorzubringen Die endgultige Austrocknung vollzog sich erst urn etwa 4500 vh mit dem Verschwinden der Eisreste aus Labrador

Die fUr den Klimaablauf entscheidenden physikaischen Randbedingungen in der Subpolarzone waren also urn 6000 vh noch wesentlich anders als heute erst urn 4500 vh entwickelten sie sich offenbar mit einer noch starkeren Reduktion des arktischen Eises Die ebenfalls noch wanne Phase urn 4000 vh deren regionale Einzelheiten weniger gut bekannt sind war im Trockengtirtel der Alten Welt wie im SW Nordamerikas in Stidafrika und in Australien ahnlich trocken wie heute Noch eine weltcre Randbedinshygung sollte nicht vergessen werden die bereits erwahnte (Abschn 43) Vegetationszerstorung und Desertifikation die mit der Zunahme der Obertlachenalbedo tiber den Meshychanismus des Charney-Modells zu einer Verstarkung des Absinkens fUhrt Sie wird wahrscheinlich bei einem Ruck gang des ArktismiddotEises eine Zunahme der Niederschlage im Sahel hinausz6gern jedenfalls solange bis durch geeigshynete SchutzmaBnahmen eine geschlossene GraslandmiddotVege tation in den Randgebieten der Sahara wieder hergestellt werden kann Das aber ist ein okonomisch-soziales Pro blem

63 Letztes Interglazial EemmiddotWannzeit 120000 vb

Die EntwickIung quantitativer Arbeitsmethoden in der Geo logie hat in den letzten Jahren einige aufregende Entdek kungen innerhalb der Erdgeschichte erm6glicht Hierzu zahlt die Entdeckung eines 17-18maligen Wechsels zwi schen Eiszeit und Warmzeit (Interglazial) in den letzten 2 Millionen Jahren in zeitlicher Obereinstimmung datiert mittels der Umkehrung des erdmagnetischen Feldes gefunshyden in Ozeanbohrkernen aus dem aquatorialen Pazifik (SHACKLETON - OPDYKE) und in L6Bprofilen in Mahmiddot ren und Niederosterreich (KUKLA und FINK) Damit ergab sich eine gesicherte Chronologie der Kalt- und Warmshyzeiten ftir die palaomagnetische BrunhesmiddotEpoche der letzten 700 000 Jahre In allen geeigneten Ozean-Bohrkernen finshydet man in der Zeit zwischen 127 000 und 75 000 vh (mit einer Fehlergrenze unterhalb plusmn 5000 Jahren) drei

15

Warmphasen mit zwei kurzen Kaltphasen dazwischen genauere Untersuchung in Barbados auf Mallorca Neuguishynea und an der Themsemtindung belegen auch die zugeshyhOrigen eustatischen Schwankungen des Meeresspieshygels da in den Kaltphasen gro6e Wassennengen als konshytinentales Eis gespeichert werden Auf dem Festland sind bisher zwei nahezu vollstandige Moorbohrkerne untershysucht worden (in Mazedonien und sudlich der Vogesen) die die gleichen Schwankungen zeigen aber in wesentlich hOherer zeitlicher Auflosung Noch weiter auflasbar sind die Diatomeenablagerungen Nordwestdeutschlands mit ihren tiber 10 000 Jahre reichenden Jahresschichten (H MOLLER) die eine pollenanalytische Analyse von Abshyschnitten von nur 15 Jahre Lange erlauben

Nach allen vorliegenden Befunden ist die friiheste der drei Warmphasen mit deutlichem Abstand die warmste noch etwas warmer als die erarterte holozane Warmphase offenbar auch warmer als die vorhergegangenen Interglashyziale Sie reichte von 127000 bis etwa 115000 vh die warmste Phase umfa~te in den Vogesen mindestens 10000 Jahre dagegen die beiden Kaltphasen nur jeweils 1600 bzw 1000 Jahre Ftir Europa und die Sowjetunion existiert eine detaillierte Vegetationsanalyse (FRENZEL) dieser Warmzeit die mit dem hollandischen Lokalnamen Eem (im engeren Sinne) bezeichnet wird nach dieser Anashylyse miissen die Temperaturen 2-3degC haher gelegen haben als heute in Sibirien sogar bis 6degC Xhnlich wie im Holoshyzan miissen die Niederschlage hoher gewesen sein zumal die hOhere Temperatur schon an sich zu einer Zunahme der Ozean-Verdunstung fiihrt Neben der oben erorterten Dominanz der EI-Nifio-Zirkulation am Xquator ist eine weitere Ursache der Verstarkung des hydrologischen ZykshyIus der eustatische Meeresspiegelanstieg auf + 5-7 m der durch einen breiten Meeresarm zwischen Ostsee und Wei~em Meer Fennoskandien zur Insel macht und im Mtindungsgebiet von Ob und Jenissei bis tiber 1000 km weit ins Binnenland eingreift (FRENZEL) Zugleich kam es zu einem drastischen Riickzug des Dauerfrostbodens in Ostsibirien bis etwa 57deg Breite (heute etwa 49deg) Auch bei einem Anstieg der Temperaturen urn 6degC erlebte Sibishyrien auch damals sehr kalte Winter doch miissen im Sommiddot mer die Ktisten weitgehend eisfrei gewesen sein Anderermiddot seits ergeben die Bohrkerne im Arktischen Ozean daB der zentrale Kern des arktischen Eises zwischen Gronland Alaska und Ostsibirien aile Warmzeiten seit mindestens 700000 Jahren ohne Unterbrechung uberdauert hat die gleiche Annahme erscheint fUr das Gronlandeis immershyhin wahrscheinlich (wenn auch nicht belegt)

Mit dem starker mariti men Klima Europas reiehten warmiddot meliebende Walder weit nach Ru6land hinein Das Vorshykommen von Lowen FluBpferden und Waldelefanten in GroBbritannien ist ein besonders auffallendes Anzeimiddot chen warmerer Bedingungen wenn auch der SchluB auf tropisches Klima nach Ausweis der Vegetation sicher unshygerechtfertigt ware Aus den tropischen Kontinenten lieshygen bisher nur wenige Befunde vor eine lange humide Phase an der westafrikanischen Kiiste und in der Afar-Senke am Roten Meer entsprechen den Befunden der holozanen Warmzeit

Diese Eem-Warmzeit war offenbar die wiirmste Phase seit Beginn der Brunhes-Epoche vor 700000 Jahren abet das gesamte letzte Interglazial dauerte wesentlich langer

es umfaBte zwei weitere etwas kiihlere Warmphasen geshytrennt durch zwei intensive Kaltphasen urn etwa 110 000 und 90 000 vh Die zugehorigen Schwankungen des Meemiddot resspiegels zwischen -70 und -80 m in den Kaltphasen (letzte Eiszeit -100 m) und etwa -5 m in den beiden spateren Warmphasen zeigen daB die Schwankung des globalen Eisvolumens immerhin 70-75 derjenigen zwishyschen letzter Eiszeit und heute betrug Diese Anderunshygen der Massenbilanz in den beiden Kaltphasen drang ten sich jeweils auf weniger als 10 000 Jahre zusammen die entsprechenden Klimaanderungen auf dem Festland liefen nach Ausweis der (verzogerten) Vegetationsschwanshykungen in den europaischen Mooren in wenigen 100 Jahshyren in Wirklichkeit also vermutlich in lt 100 Jahren abo Das wird bestatigt durch den Gronland-Blitz eine in ihrem Mechanismus noch nieht einwandfrei geklarshyte Abkiihlung in weniger als 100 Jahren (DANSGAARD) die im Eis Nord-Gronlands in tiber 1300 m Tiefe seit minshydestens 90000 Jahren tiefgefroren aufbewahrt ist

Gewi~ sind noch nieht alle Fragen geklart Offenbar haben sich im mittleren Europa die beiden Kaltphasen trotz globalen Charakters nur kurzfristig in Form abrupter Abkiihlungen in der und hier allein interessierenden humashynen Zeitskala ausgewirkt Xhnliche Ereignisse haben sich nach den heute vorliegenden Befunden in allen jtingeren Y Interglazialzeiten (und im Holozan) abgespielt - auf dieshyses Problem muB noch (Abschn 8) eingegangen werden

Der eustatische Meeresspiegelanstieg im Eem ist in seiner Ursache noch nicht geklart ein Anstieg urn 5-7 m entmiddot spricht entweder dem Abrutschen des Eises der Westantshyarktis oder dem Verschwinden des Gronlandeises oder eishynem entsprechenden Wasserverlust der sehr stabilen Ostantshyarktis Wabrend das zuerst genannte Ereignis uU recht rasch vor sich gehen konnte (genauere Vorstellungen tiber die Zeitskala liegen allerdings nicht vor) laufen die beiden anderen Ereignisse so langsam ab daB der zugehoshyrige weltweite Meeresspiegeianstieg in der GroBenordnung weniger mm pro Jahr (heute 11 mm) bleibt

64 Eisfreie Arktis vereiste Antarktis (12-25 Mill vh)

Wahrend die bisher dargestellten Klimaphasen keine grundshysatzlichen Abweichungen gegentiber dem heutigen Klimashybild zeigen trifft dies fUr den extremsten Fall eines vOl- ~ ligen Verschwindens der arktischen Treibeisdecke nicht zu Die Idee eines Verschwindens des arktischen Treibshyeises hat zuerst BUDYKO urn 1962 entwickelt und zwar als Endergebnis einer gezielten Umwandlung des Klimas wie sie 1959 auf einem der Kongresse der KPdSU proklashymiert worden war - im Einklang mit der marxistischen These von def Umwandlung der Natur durch den Menshyschen Bei naheren Untersuchungen stellte sich heraus daB dieses Projekt (schon wegen der Ausdehnung der Eisdecke tiber 10 bull 106 km2 ) nicht nur extrem aufwendig war sondem auch sehr weitreichende Nebenwirkungen zur Foige haben konnte Spater erkannte man daB die im Gange befindliche Zunahme des CO2 -Gehaltes zu dem gleiehen Ergebnis fiihren konnte Die Sensitivitat dieses Systems wurde bereits besprochen (vergl Abschn 21) ein vereinfachtes eindimensionales Klimamodell (BUDYKO 1969) ergab bei wachsendem CO2 -Gehalt und zunehmender Erwarmung ein immer rascheres Ruckshyweichen der EisSchneegrenze zum Nordpol hin

16

Ein solches scheinbar jeder Erfahrung widersprechendes Modell konnte nieht ohne Widerspruch hingenommen werden Schon die Frage ob unter den heutigen Klimashybedingungen die Eisdecke irreversibel verschwinden kann oder ob sie sich im nachsten Winter neu bildet mu~te eingehend erortert werden wir konnen sie offen lassen da nunmehr ein Verschwinden des Treibeises unter extreshymen von den heutigen abweichenden Klimabedingungen zur Erorterung steht Diese Frage kann nur mit umfangreishychen Modellrechnungen beantwortet werden unter weishychen Bedingungen ist das dynamische System Meer Treibeis (mit Polynyas) - Schneedecke - Atmosphiire tiber den jahreszeitlichen Wechsel der Strahlungsbilanz hin stabil bzw instabil Solche Rechnungen sind im Gang eine ganze Familie von stufenweise immer komplexerer Modelle mu~ unter verschiedenen Randbedingungen geshytestet werden eine umfangreiche Arbeit die nicht heute oder morgen zu Ende geftihrt werden kann

Einer der vielen Einwande war die Frage ob ein eisfreier ~ Arktischer Ozean gleichzeitig mit einer vereisten Antarkshy

tis existieren konne dies ergibt eine schwer vorstellbare Asymmetrie der beiden Halbkugeln Aber auch heute existiert eine deutliche Asymmetrie die Troposphiire tiber der Antarktis ist im gleichen Niveau im Jahresmittel 11shy

12degC kalter als tiber der Arktis im NordsommerlStidwinter sogar um tiber 26degC Da nach einfachen OberJegungen die durch die Modellversuche von FULTZ (1959) bestiishytigt wurden die Zirkulation der Atmosphiire von dem Temperaturgeflille zwischen Aquator und Pol abhiingt (KORFF und FLOHN 1969) ist die Zirkulation auf der Stidhemisphiire starker als auf der Nordhalbkugel und greift tiber den Aquator hintiber im Jahresdurchschnitt bis etwa 6deg Nordbreite im Juli (Januar) auf rund 12deg N (1 deg S) Das zirkulationserzeugende meridionale Temperaturgefalle ist heute tiber der Stidhalbkugel im lahresdurchschnitt 42 gro~er als tiber der Nordhalbkugel

Tatasachlich hat aber - das ist eine der grundlegenden Erkenntnisse die wir dem Deep Sea Drilling Programm mit der Glomar Challenger verdanken - ein derart krasser Gegensatz der beiden Pole im jtingeren Tertiar viele Millionen Jahre lang existiert (KENNETf 1977) Der Antarktische Kontinent war erstmals vor 38 Ma (= 106

Jahre) mindestens teilweise vereist schon damals bildete sich das antarktische Bodenwasser der Ozeane mit einer

Abktihlung um etwa 5degC Eine vollstandige Vereisung der Antarktis besteht seit dem mittleren Miozan vor 12shy14 Ma sie war seither nur noch sekundaren Schwankungen unterworfen Vor etwa 55 Ma bildete sich dieses zuniichst noch relativ flache Eis mit Temperaturen um OdegC in ein kaltes stabiles Eis (der Ostantarktis) um noch 200shy300 m mach tiger als heute begleitet von einer globalen Abktihlung und einer eustatischen Absenkung des Meeshyresspiegels Diese ftihrte an der Schwelle von Gibraltar zu einer (mehrfach wiederhoJten) Abschntirung und Ausshytrocknung des westlichen Mitteimeeres (HSU) auf deren regionaie klimatische Bedeutung nicht weiter eingegangen werden kann

Die allmiihliche Abktihlung wiihrend des mittleren und junshygeren Tertiars hangt offenbar mit der Bildung des kalten von der Antarktis sich ausbreitenden Bodenwassers zusamshymen durch Mischung sanken auch in mittleren Schichshyten die Wassertemperaturen langsam ab und mit der Vershy

starkung der atmosphiirisch-ozeanischen Zirkulation kam es zum Aufquellen dieser ktihlen Schichten am Aquator und an den subtropischen WestkUsten Eine Vereisung der Gebirge der Nordhalbkugel trat erst lange nach der Antshyark tis ein in Alaska vor etwa 9 Ma in Island und im kalimiddot fornischen Hochgebirge vor etwa 28 Ma Eine Bildung von arktischem Treibeis war erst moglich nachdem diese konshytinentalen Gletscher allmahlich beim sommerlichen Schmelshyzen eine dUnne salzarme Deckschicht des Arktischen Ozeans gebildet hatten dies geschah offenbar erstmals vor 23 Ma zuerst sicher noch als jahreszeitliches Eis

Damit steht also fest da~ in der Zeit zwischen 12 und 25 Ma gleichzeitig ein vollstandig vereister antarktischer Konshytinent und ein offener eisfreier arktischer Ozean existiermiddot ten In dieser Zeit miampte (aus theoretischen GrUnden) der meteorologische Aquator im Jahresmittei in etwa 9-10deg Nordbreite gelegen haben dafUr gibt es in Afrika auch Belege Als weitere Fol~e ware eine Verlagerung des Trockengtirtels bis 40-50 N zu erwarten die im ostlichen Europa auch belegt ist (zB im Wiener Becken s Abb 10) die subtropische Flora jener Zeit ist vielfach beschrieben worden (SCHWARZBACH MAGDEFRAU)

Northern Boundary of NHem Evaporite Zone

Oucternary (0-2 Ma) Late Tertiary 15-15 Ma) Early Tertiary (30-50Ma)

Abb 10 Mittlere Nordgrenze des Trockengiirtels (Ablashygerungen von Salz Gips usw) im Quartar (0 shy2 Ma) JungterWir (5 IS Ma) und Alttertilir (30 - 50 Ma) nach LOTZE

und Walder der gema~igten Zone reichten bis Nordgronshyland Nach SCHWARZBACH lagen im rheinischen Braunmiddot kohlengebiet die Temperaturen in allen Jahreszeiten urn 5-8degC hOher als heute Der stidhemisphiirische Trocken gtirtel reichte bis in die Nahe des Aquators Es ist unmogmiddot lich in diesem Rahmen auf Einzelheiten einzugehen zumal hierzu eine vollstiindige Auswertung der neueren geologimiddot schen Literatur notwendig ist

Nach BUDYKOs Modell kann der Obergang zu einem solchen Klima dh das Verschwinden des arktischen Eises bei einer allgemeinen Erwarmung urn ca 4degC eintreten (vgl auch KELLOGG) Das entsprache (je nach Modellannahme) einem virtueJlen CO2 -Gehalt von 800 shy1100 ppm der reale CO2 -Wert liegt bei 750 ppm (plusmn 15jd (Abschn 42) Ob und wann solche Werte erreicht werden hangt von Entscheidungen auf energiepolitisch-okonomisch sozialem Gebiet ab (Abschn 8)

17

7 Kaltphasen in der Klimageschichte

71 Kleine Eiszeit (1550-1850)

Dal~ das Klima im 20 Jahrhundert nieht das einzig mogliche ist ja dreg es selbst im Rahmen der [etzten 500 Jahre ausgesprochen anormal ist gehort zu den Tatsachen die selbst den meisten Meteorologen unbekannt sind Tatsachmiddot Hch haben wir in Europa - wie das am besten bekannte Verhalten der AJpengletscher zeigt seit rund lO 000 Jahmiddot ren immer wieder einen Wechsel zwischen Warmphasen (wie in Absehn 61 geschildert) ulld Kaltpllasen erlebt Hierbei sind die Phasen innerhalb dec beiden Gruppen untereinander recht iihnlich ihre Dauer aber variabel irgendwekhe persistenten Perioden existieren offenbar nieht oder ihr Anteil an der gesamten Varianz ist vernachmiddot liissigbar gering Wahrend die Gletscherstande der Zeit 1930-60 offenbar nahezu identisch sind mit denen frOherer Warmphasen l diese A ussage ist etwas unsieher) liegen die Moranen der GletschervorstoBe urn 1820 und urn 1855 fast genau auf denen frtiherer Gletscherhochstande (PATZELT) Die letzte Kaltphase kann uns also als Modell fUr aIle frOhemiddot ren seit dem RUckzug der grofben Inlandeise dienen ihre Bezeiehnung als Kleine Eiszeit ist allerdings bewufbt Ubermiddot trieben Ihr Beginn ist nieht eindeutig festlegbar schon urn 1160 urn 1320 und urn 1430 kam es zu kUrzeren aber marmiddot kanten GletschervorstoBen in den AJpen und fUr die beimiddot den 1etztgenannten Termine liegen viele Nachriehten Uber ganz ungewohnhche Klimaanomalien vor (LAMB von RUDLOFF) Von langerer Dauer war die Klimaverschlechmiddot terung ab 1560 die in ZUrich einen Rtickgang der Wintermiddot temperaturen urn 2degC brachte wahrend bei Kopenhagen das ganze Jahr Uber Winde aus SUdost und Ost - als Anzeimiddot chen blockierender Antizyklonen vorherrschten Die Witshyterungsabliiufe ahneln sehr denen die wir heute in Einzelmiddot jahren mit strengen Wintern (1939-42 19467 19623) erleben haufig blockierende Antizyklonen Wetter1agen mit anhaltend starker meridionaler Komponente - unmiddot gewohnlich kalt aber auch ungewohnlich warm haufige Dtirremiddot und Niisseperioden schneereiche und bis tief in das Frtihjahr anhaltende Winter mit nachfolgenden MiBernmiddot ten

FUr die Beurteilung der Klimabedingungen jener Zeit sind nieht nur die Gletscher der Hochgebirge sondern vor aHem die Under nahe der Polargrenze des besiedelten Landes wesentlich Island Sehottland die Faroer und Skandinamiddot vien Die Nachriehten vom Verhalten des arktischen Treibmiddot eises - mit seiner entscheidenden Rolle fiir Albedo und Wdrmehaushalt haufen sieh jetzt Island viele Jahre hinmiddot durch 6-9 Monate lang von Treibeis blockiert massive Eismiddot vorstoBe nach den Faroern (mit Wassertemperaturen 3_4degC unter den heutigen) und selbst nach Norwegen (wo die Fischerei jahrelang fast ohne Ertrag blieb) Rtickgang der Vegetationsgrenzen und schwere Nahrungskrisen in Schottmiddot land Besonders eindrucksvoHe Beispiele aus der Zeit 1755shy1790 schildert die durch genaue meteorologische und landwirtschaftliehe Daten ausgezeiehnete Arbeit von PFISTER aus dem Kanton Bern auf die weltweite Zusammiddot menschau von H LAMB (VoL II) sei nochmals hingemiddot wiesen

Eine voriaufige Zusammenstellung der jahrlichen Getreishydepreise in der Zeit von 1500-1860 gibt Abbildung 6 die aus den fast vollstandigen Reihen von 5 deutschen Stlidten

18

gemittel t wurde von einem langjiihrigen Trend abgesehen zeigt sie zahlreiche meist gruppenweise auftretenden Jahre mit Preisanstiegen urn das dreimiddot bis sechsfache Das absomiddot lute Maximum (bis 1950) waren die weitweiten Hunger jahre J81617 nach dem Vulkanausbruch des Tambora 1815

1m Gebiet der mediterranen Winterregen existieren widershyspruchsvolle Nachrichten einmal stimmen die kiiltesten Abschnitte (genannt seien die Zeiten urn 1570 1630 vor aHem 1680-1700 nach 1770 1816 f 1845 t) mit Feuchtjahren Uberein einmal mit Diirren Das gilt fUr Algemiddot rien die Seen Mittelitaliens ebenso wie fur das Tote Meer und das Kaspische Meer aber auch (nach Sh NICHOLSON) fUr die Sahelzone Systematische Studien Uber die Telekonmiddot nektionen der Niederschliige im Mittelmeergebiet brinmiddot gen die Lasung (HELBIG) die Maxima der mediterranen Winterregen konzentrieren sieh im Bereich quasistationarer Hahentroge und negative KorreIationen g1eichzeitiger Werte mit Abstanden von 700-1000 km ( = halbe Rossbymiddot Wellenlange) sind haufig Daher ist es hier sinnlos eine ganmiddot _ ze Klimazone zusammenzufassen die Abhangigkeit der KlimamiddotAnomalien von der Lange ist mindestens ebenso groB wie die von der Breite Die regionale Verteilung der entmiddot gegengesetzten Witterungsanomalien wird beherrscht von der jeweils quasistationaren Lage des bloekierenden Hoch C

zentrums und der begleitenden Hohentroge bzw Kaltluftmiddot tropfen - das kennt jeder erfahrene Synoptiker und das ist auch das zentrale Problem jeder iangfristigen Vorhermiddot sage Auch in Nordamerika hangen die kalten Zeitabschnitmiddot te dieser Periode mit bloekierenden Antizyklonen zusammiddot men wie die Auswertung von Baumringen (FRITTS) geshyzeigt haben

Was ist nun die Ursache des Vorherrschens meridionaler Zirkulationstypen in dieser Klimaphase was die Ursache dominierender zonaler Zirkulationstypen mit polwarts vermiddot schobenen subtropischen Hochzellen in den Warmphasen Beim VergIeieh etwa der Abschnitte 1815-1855 (nochshymals urn 1890) und 1930-1960 fall t sofort die verschiemiddot dene Lage der arktischen Treibeisgrenze im Atlantik auf im Raume urn Island-Norwegen handelt es sich urn Vermiddot schiebungen von der GroBenordnung 1500 km Was aber verursachte diese Ausweitung des arktischen Treibeises die maximal 2 Mill km2 erreicht haben dtirfte

Auf diese Frage existieren zZ zwei Antworten von demiddot nen wenigstens eine geophysikaJiseh einwandfrei begrtinshydet ist Sie bezieht sich auf eine von LAMB zusammengemiddot faBte Statistik von VulkanausbrUchen (s Abschn 32) bei der in der Tat ein Zusammenhang zwischen den Hohemiddot punkten der kleinen Eiszeit und besonders schweren Vulmiddot kaneruptionen (oder Gruppen) auffall 1 Andererseits hat EDDY darauf hingewiesen daB die auffallige lange Periode geringster SonnenaktivWit der Zeit 1643 -1710 mit ihrem Maximalstadium tibereinstimmt - dieser Zusammenhang ist jedoch bisher physikalisch noch ganz ungek1art und muB daher offen bleiben Wegen der Unvorhersagbarkeit beimiddot der Ursachen kann das erneute Auftreten einer solchen Kaltphase in den nachsten 50-100 J ahren weder bejaht noeh ausgeschlossen werden auch eine statistische Aussage tiber die Wahrscheinlichkeit bleibt unsicher da zahlenmaBige Unterlagen in beiden Fallen nur wenige Jahrshyhunderte umfassen und subjektive Beurteilungen nieht ausmiddot schlieBen konnen Sofern sich aber die glob ale Erwiirmung

(etwa ab 2000) durchsetzt werden Wahrscheinlichkeit und AusmaB einer Wiederholung der Kaltphase sHindig zurUckmiddot gehen

72 Ubergang zu einer Eiszeit

Keine Frage wird dem KJimatologen Ofter von Repormiddot tern gestellt als die nach der nachten Eiszeit Umso merkmiddot wUrdiger ist die geringe Rolle die der mogliche obergang vom heutigen (interglazialen) zu einem glazialen Klima in der wissenschaftlichen Literatur spielt Das mag zwei Grtinde haben Geologen und andere an der Klimageschichmiddot te interessierte Wissenschaftler wagen sich nicht (mit einimiddot gem Recht) auf ein ihnen fremdes Feld und die meisten Meteorologen halten dieses Problem fUr ebenso unwissenmiddot schaftlich wie das der Sintflut Diese Einstellung ist aber heute nieht mehr gerechtfertigt nachdem in einer Reihe von Fallen einwandfrei abrupte Klimaiinderungen mit einer in humanen MaBstaben ganz kurzen Zeitmiddot skala nachgewiesen wurden die samtlich aus den Interglamiddot zialen oder den - hier nieht interessierenden - tJbermiddot gangsstadien zwischen Glazial und Interglazial stammen Einwandfreie Belege beruhen entweder auf Untersuchunmiddot gen an fossilen Mooren mit Jahresschichten (Varven)

fln Seen mit hoher Sedimentationsrate oder von Baummiddot ringen Aus Raumgrtinden ist es nieht moglich auf einzelmiddot

ne Befunde einzugehen (FLOHN 1974 1978) Einer der besten stammt aus der Liineburger Heide (H MOLLER 1974 1978) wo vor tiber 300 000 Jahren ein Wald der einem etwas warmeren Klima als heute entsprach binnen 30 Jahren () verschwand urn nach einer Pause - die Zeit reicht nicht aus urn eine arktische Tundra hervorzubrinmiddot gen durch subarktischen Birkenwald ersetzt zu werden darauf folgte in 300-400 Jahren eine Sequenz von Waldo typen wie man sie heute auf einer Bahnfahrt von Narvik (68deg N) nach Siidschweden sehen kann Dauert die Reakmiddot tion eines Waldes auf eine Klimaanderung sieher Jahrzehnte oder Jahrhunderte so gibt es schnell ere Indikatoren In Mittelengland wurde nach Ende der letzten Eiszeit eine subarktische Kaferfauna in etwa 50 Jahren durch eine warmmiddotgemaBigte Fauna ersetzt aquivalent einer Erhohung der JulimiddotTemperatur urn 8-9degC (COOPE 1977)

Das sind nur zwei niichterne Befunde gewonnen mit neumiddot zeitlichen Arbeitsmethoden die in ihrer Gesamtheit nicht

~ehr anzweifelbar sind die wenigen Klimahistoriker memiddot teorologischer Herkunft haben sich inzwischen von der Bedeutung dieser Zeit skala abrupter KJimaanderungen laquo 100 Jahre) tiberzeugen lassen Mogliche U rsachen fUr die (haufigeren) rapiden Abklihlungen sind schon in den Abschnitten 2 und 7 erortert worden fUr Erwarmungen stehen sie noch aus In jtingster Zeit ist auch kIar geworden daB solche Ereignisse sieh nicht notwendig synchron aus wirken sondern wegen der nur allmahlichen Verlage rung barokliner Frontalzonen im Ozean oder dem regional verschieden raschen Ablauf der kontinentalen Vereisunshygen - diachron dh mit erheblichen Zeitunterschieden in der Horizontalen Das bedeutet auch eine Grenze fUr die Vorstellung eines fast-intransitiven Klimas im Sinne von ELORENZ

Nehmen wir die Moglichkeit einer abrupten Abklihlung dieser Zeitskala als gegeben an wie und wo konnte sie sieh abspielen Zweifellos kann eine kontinentale Gletshyscherbildung nur mit einem wiederholten Uberdauern

der Winterschneedecke tiber den Sommer hin beginnen in den kritischen Gebieten der Subarktis - so die 750000 km2 groBe Baffin-Insel mit ihren Hochplateaus Labrador auch Lappland und die norwegischen Gebirge - schmilzt auch heute die meterdicke Schneedecke erst Anfang oder Mitte Juni endgilltig ab urn sieh Ende August oder im Sepshytember neu zu bilden Hierzu gemigt in Baffinland ein Absinken der Sommertemperaturen urn nur etwa 2dege wahrend in den anderen Gebieten 4-6degC notwendig wamiddot ren oder zugleieh eine massive Zunahme der Schneenieshyderschlage Die kritische Stellung Baffinlands erhellt auch daraus daB in der kIeinen Eiszeit - nach Ausweis von FlechtenUntersuchungen die heute insgesamt 37 000 km 2 einnehmenden Plateau-Eisfelder sich auf 140000 km2 vergroBert hatten (IVES) entsprechende Untersumiddot chungen in Fennoskandien stehen noch aus

Eine Modelluntersuchung (ANDREWS - MAHAFFY) ftir Baffinland hat in zwei Experimenten gezeigt wie sich eine urn einen Faktor 3 erhohte Sehneebilanz in einer langsashymen Zunahme von Flache und Volumen einer Eisdecke auswirkt langsamer als die Beobachtungen des eusta tishyschen Sinkens des Meeresspiegels in den interglazialen Kaltmiddot phasen anzeigen Aber in diesem Modell ist die machtvolle Rtickkopplung zwischen Schneedecke Albedo und Tempeshyratur nieht voll und zu spat in Reehnung gestellt worden Jedenfalls ist es hochst unwahrscheinlich daB in den nachsten 100 Jahren nachdem zuerst eine Kaltphase im obigen Sinne eintrat dieser ProzeB sich tiber die unmittdshybare Umgebung hinaus weltweit auswirken konnte Hiermiddot gegen sprechen aueh die langperiodischen Effektr der Erdmiddot bahneIemente deren nachstes Minimum (kiihle Sommer in der Arktis kalte Winter zugleieh in der Antarktis) erst in rund 10 000 Jahren fallig ist (BERGER)

Bei dieser Sachlage ist hOchstens - bei einer Kombination mehrerer ungtinstiger Voraussetzungen etwa dem Zusamshymentreffen mehrerer sehr schwerer Vulkaneruptionen von der Intensitat des Tambora (1815) oder wenigstens Krakatau (1883) innerhalb der jetzigen Phase relativ ausgedehnten polaren Treibeises vor Wirksamwerden der erwarteten anthropogenen Erwarmung mit einer abortiven Vershygletscherung zu rechnen die nieht zu einer vollen Eiszeit auswachsen wUrde In unserer humanen Zeitskala ware das aber schon schlimm genug Serien von Jahren mit sehr kaIten Wintern kiihlen und nassen Sommern schwere MiBshyernten in weiten Teilen der gemaBigten Zone zeitweise auch in den Tropen die sieher nieht ausgeglichen werden konnen durch Feuchtejahre in Teilgebieten von Nordafrika und dem Nahen Osten Die Wahrscheinlichkeit hierfUr ist aber gering - sie betragt nach verschiedenen Kriterien tibereinstimmend zwischen 01 und 1 Prozent in den nachshysten 100 Jahren AuBerdem waren fUr diesen Fall gezielmiddot te GegenmaBnahmen denkbar die hier nieht volig utopishyscher Natur sind

8 Wahrscheinlichkeit und Risiken die Rolle der Energieshypolitik

Die Wahrscheinlichkeit einer globalen Warm phase ist nach allem was wir wissen erheblich groBer als die einer Kaltshyphase Die Schwierigkeit bei der Abschatzung liegt darin daB Entscheidungen und Entwicklungen auf politischer sozialer und 6konomischer Ebene hier eingreifen konnen

19

die vorherzusagen nicht nur dem Meteorologen schwer fallt Wenn wir diese einmal versuchsweise vernachHissigen dann dUrfte in den nachsten 100 Jahren die Wahrscheinmiddot Iichkeit fur das Auftreten einer Kaltpflase vom Typ der kleinen Eiszeit nieht mehr als hochstens 20k betragen (und naeh etwa 2000) weiter abnehmen) FUr das Auftreshyten einer Warmpllase im Sinne der Beispiele in den Abmiddot sdmitten 61 und 62 mUssen wir aber hohere WahrscheinshyIichkeiten ansetzen wenn auch erst nach der Jahrhundertmiddot wende danach steigen sie das ist die in vielen Diskusmiddot sionen erworbene Oberzeugung des Verfassers unter den hier und in Abschnitt 5 gegebenen Voraussetzungen auf Uber 50 an

1st ill diesem Faile aber eine Entwieklung zu einem eismiddot freien arktischen Ozean (Absehnitt 64) mit ihren fast unshyvorstellbaren Konsequenzen fUr Wasserversorgung und Ernahrung noch vermeidbar Damit libersehreiten wir die Grenze des Fachwissens des Meteorologen der sich nur allmiddot zu getne in den akademisehen Elfenbeinturm zurlickziemiddot hen moehte Aber die Dinge sind zu wichtig eine Wende auf Grund politischer Entscheidung auf internationaler Ebene ist noch moglieh aber dann und nur dann wenn das Dogma von der Notwendigkeit standig zunehmenden wirtschaftliehen Wachstums das bei begrenzten Vorshyraten (Resourcen) mit den Naturgesetzen unvereinbar ist shyzugunsten einer besseren Einsicht aufgegeben wird (GRUHl) Ebenso ist eine Stabilisierung des Bevolkerungsshywaehstums nOlwendig - ohne einen hoheren Lebensstanmiddot dard in den Entwicklungslandern ist das unrealisierbar

Gleichzeitig mu~ aber die Energiepolitik sich frei machen von dec sinnlosen Verschwendung fossiler EnergiequeIIen die in 400 Ma durch biologische Prozesse aus der Sonnenmiddot energie aufgebaut und gespeichert wurden (s a Beitrag JUNGE) Ein Obergang zu erneuerbaren Energiequellen (Sonne Wind Gezeiten - auch die kaum erschopfbare Geothermik) ist moglich erfordert aber eine Kombination neuartiger (und kostspieliger) Technologien wie sie etwa am International Institut for Applied Systems Analysis in Laxenburg bei Wien von einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von W HAFELE (frtiher Karlsruhe) entwiekelt werden Aueh die Kernenergie mul1 in diesen Rahmenshyjedenfalls fUr eine Obergangszeit - einbezogen werden Das mit ihr verbundene Risiko ist auf jeden Fall geringer als das Risiko einer Verlagerung aller Klimazonen Da ein Obergang zu neuen Technologien sieher tiber 30 wahrshyscheinlieh 50 Jahre benotigt drangt die Zeit Neue Priorimiddot taten mlissen gesetzt werden Es geht urn das Wohl der naehsten Generationen

Literaturauswahl

ANDREWS T1 MAHAFFY MAW Quaternary Research 6 (1976) S 167-183

AUGUSTSSON T RAMANATHAN V J atmos Sci 34(1977) S 448-451

BERGER AL Quaternary Research 9 (1978) S 139~-167

BJERKNES J Monthly Weather Review 97 (1969) S 163-172

BROWNLR Worldwatch Papers Washington DC 8 (I 976)

BRYSON RA MURRAY Th1 Climates of Hunger MadisonWis 1977

o

BUDD WF J Glaciol 14 (1975) S 3-21

BUDYKO MJ TeHus 21 (1969) S 611-619 29 (1977) S 193-204

CESS RD J atmos Sci 33 (1976) S 1831-1843

CHARNEY JG Quart J Roy Meteorol Soc 101 (1975) S 193-202

COOPEGR Phios Transact Roy Soc London 280 (1977) S 313 shy340

DANSGAARD W et al Quaternary Research 2 (1972) S 396-398

DOBERITZ R Ber d Deutschen Wetterd 112 (1968)

EDDYJA Science 192 (1976) S 1189-1202 198 (1977) S 824 829

FINK J KUKLA GJ Quaternary Research 7 (1977) S 363-37 L ~

FLOHN H III Bonner Meteorol Abhandl 15 (1971) 21 (1975) Quaternary ReseJrch 4 (1974) S 385-404 in print (1978)

FRENZEL B Die Klimaschwankungen des Eiszeitalters Braunschweig~ 1967 ErdwissForschungen 1(1968)

FRITTS HC Tree Rings and Climate London New York 1976

GABRIELB Berliner Geoge Abh 27 (1977)

GATES WL J atmos Sci 33 (1976) S 1844-1873

GRUHLH Ein Planet wird geplUndert Frankfurt aM 1978

HAFELE W SASSIN W Ann Rev Energy 2 (1977) S 1-30

HAHN J JUNGE ChL Z f Naturforsch 32a (1977) S 190-214

HASSELMANN K u Mitarb TeHus 28 (1976) S 473-485 29 (1977) S 289-305 385-392

HAYS JD IMBRIE J SHACKLETON N Science 194 (1976) S 1121-1132

HELBIGM Diplomarbeit Univ Bonn (1976)

HSO K et al Nature 242 (1973) S 240-244 267 (1977) S 399-403 Naturwissensch61 (1974)S137-142

HUGHES T Rev Geophys and Space Phys 13 (1975) S 502-526 15 (I977) S 1-46

HUMMEL J RECK RA General Motors Res Lab Publ 2607 (1978)

HUNT BG Monthly Weather Review 105 (1977) S 247-260

IVES JD et al Naturwissensch 62 (1975) S 118-125

KELLOGG WW WMOmiddotBull 26 (1977) S 229-240 27 (1978) S 3-10

KENNETTJP J geophys Res 82 (1977) S 3843-3860

KONDRATIEV G Ya NIKOLSKY GA Quart J Roy Meteorol Soc 96 (1970) S 509-522

l

KORFF HC FLOHN H Ann Meteorol N F 4 (1969) S 163-164

LAMBHH Climate Present Past and Future Vol I (1972) Vo Il (I 977) London Methuen

LORENZE J appl Meteorol 9 (1970) S 325-329

MAGEDEFRAU K Palaobiologie der Pflanzen 4 Aufl Stuttgart 1968

MANABE S BRYAN K Monthly Weather Review 97 (1969) S 739-827 J phys Oceanogr 5 (1975) S 3-29

MANABE S WETHERALD RT atmos Sci 24 (1967) S 241 ~-259 32 ( 1975) S 3-15

MASON BJ Promet 7 (1977) H 4 S 1-26

MASS Cl SCHNEIDER StH J atmos Sci 34 (1977) S 1995-2004

MAYKUT GA UNTERSTEINER N Jgeophys Res 76 (1971)S 1550-1575

MOLLERH Geologisches Jahrbuch 83 (1965) S 327-352 A 21 (1974) S 107-140 im Druck (1978)

NAMIAS J Short Period Climatic Variations 1934-1974 2 Vol F-- Univ of California 1975

NEWELL R et al Pure and appl Geophysics 116 (1978) S 351-371

NICHOLSON Sh Ph D Thesis Departm Meteor Univ Wisconsin (1976)

OLIVER RC J appl Meteorol 15 (1976) S 933--950

PACHUR HJ Die Erde 106 (1975) S 21-46

PATZELT G Coil Internal CN RS No 219 (1973) S 51-59

PFISTER Chr Beiheft 2 Jb Geogr Ges Bern (1975)

POLLOCK JP et al Jgeophys Res 81 (1976)S 1071 1083

RODEWALD M Dt Hydrogr Z 20 (1967) S 269 25 (1972) S 97-117

ROGNONP Rev Geogr Phys Geol Dynam 18 (1976) S 251-282

ROWNTREE PR Quart J Roy Meteorol Soc 98 (1972) S 290-321

RUDLOFF H v Die Schwankungen und Pendelungen des Klimas in Eushyropa Braunschweig 1967

SCHWARZBACH M Das Klima der Vorzeit 3 Aufl Stuttgart 1974

SHACKLETON NJ OPDYKE ND Quaternary Research 3 ( 1973) S 39-55

STROBING K Der Seewart 35 (1974) S 1-1436 (1975) S 28-29

TREMPEL U Diplomarbeit Univ Bonn (1978)

VOWINCKEL E ORVIG S World Survey of Climatology 14 (1970) S 129-252

WANG WC et al Science 194 (1976) S 685-690

WETHERALD RT MANABE S Monthly Weather Review 100 (1972) S 42-59 J atshymos Sci 32 (1975) S 2044-2059

YAMAMOTO R J Meteor Soc Japan 53 (1975) S 482-486

21

Page 17: :SBWU>t S9J9SUn ijun>tnz 9!a 9W91qOJd pun U9l>tB,:j · 2 Wechselwirkungen im klimatischen System . 2.1 Die Rolle des polaren Treibeises 2.2 Das El Nino-Phanomen . 2.3 Kontinentale

Warmphasen mit zwei kurzen Kaltphasen dazwischen genauere Untersuchung in Barbados auf Mallorca Neuguishynea und an der Themsemtindung belegen auch die zugeshyhOrigen eustatischen Schwankungen des Meeresspieshygels da in den Kaltphasen gro6e Wassennengen als konshytinentales Eis gespeichert werden Auf dem Festland sind bisher zwei nahezu vollstandige Moorbohrkerne untershysucht worden (in Mazedonien und sudlich der Vogesen) die die gleichen Schwankungen zeigen aber in wesentlich hOherer zeitlicher Auflosung Noch weiter auflasbar sind die Diatomeenablagerungen Nordwestdeutschlands mit ihren tiber 10 000 Jahre reichenden Jahresschichten (H MOLLER) die eine pollenanalytische Analyse von Abshyschnitten von nur 15 Jahre Lange erlauben

Nach allen vorliegenden Befunden ist die friiheste der drei Warmphasen mit deutlichem Abstand die warmste noch etwas warmer als die erarterte holozane Warmphase offenbar auch warmer als die vorhergegangenen Interglashyziale Sie reichte von 127000 bis etwa 115000 vh die warmste Phase umfa~te in den Vogesen mindestens 10000 Jahre dagegen die beiden Kaltphasen nur jeweils 1600 bzw 1000 Jahre Ftir Europa und die Sowjetunion existiert eine detaillierte Vegetationsanalyse (FRENZEL) dieser Warmzeit die mit dem hollandischen Lokalnamen Eem (im engeren Sinne) bezeichnet wird nach dieser Anashylyse miissen die Temperaturen 2-3degC haher gelegen haben als heute in Sibirien sogar bis 6degC Xhnlich wie im Holoshyzan miissen die Niederschlage hoher gewesen sein zumal die hOhere Temperatur schon an sich zu einer Zunahme der Ozean-Verdunstung fiihrt Neben der oben erorterten Dominanz der EI-Nifio-Zirkulation am Xquator ist eine weitere Ursache der Verstarkung des hydrologischen ZykshyIus der eustatische Meeresspiegelanstieg auf + 5-7 m der durch einen breiten Meeresarm zwischen Ostsee und Wei~em Meer Fennoskandien zur Insel macht und im Mtindungsgebiet von Ob und Jenissei bis tiber 1000 km weit ins Binnenland eingreift (FRENZEL) Zugleich kam es zu einem drastischen Riickzug des Dauerfrostbodens in Ostsibirien bis etwa 57deg Breite (heute etwa 49deg) Auch bei einem Anstieg der Temperaturen urn 6degC erlebte Sibishyrien auch damals sehr kalte Winter doch miissen im Sommiddot mer die Ktisten weitgehend eisfrei gewesen sein Anderermiddot seits ergeben die Bohrkerne im Arktischen Ozean daB der zentrale Kern des arktischen Eises zwischen Gronland Alaska und Ostsibirien aile Warmzeiten seit mindestens 700000 Jahren ohne Unterbrechung uberdauert hat die gleiche Annahme erscheint fUr das Gronlandeis immershyhin wahrscheinlich (wenn auch nicht belegt)

Mit dem starker mariti men Klima Europas reiehten warmiddot meliebende Walder weit nach Ru6land hinein Das Vorshykommen von Lowen FluBpferden und Waldelefanten in GroBbritannien ist ein besonders auffallendes Anzeimiddot chen warmerer Bedingungen wenn auch der SchluB auf tropisches Klima nach Ausweis der Vegetation sicher unshygerechtfertigt ware Aus den tropischen Kontinenten lieshygen bisher nur wenige Befunde vor eine lange humide Phase an der westafrikanischen Kiiste und in der Afar-Senke am Roten Meer entsprechen den Befunden der holozanen Warmzeit

Diese Eem-Warmzeit war offenbar die wiirmste Phase seit Beginn der Brunhes-Epoche vor 700000 Jahren abet das gesamte letzte Interglazial dauerte wesentlich langer

es umfaBte zwei weitere etwas kiihlere Warmphasen geshytrennt durch zwei intensive Kaltphasen urn etwa 110 000 und 90 000 vh Die zugehorigen Schwankungen des Meemiddot resspiegels zwischen -70 und -80 m in den Kaltphasen (letzte Eiszeit -100 m) und etwa -5 m in den beiden spateren Warmphasen zeigen daB die Schwankung des globalen Eisvolumens immerhin 70-75 derjenigen zwishyschen letzter Eiszeit und heute betrug Diese Anderunshygen der Massenbilanz in den beiden Kaltphasen drang ten sich jeweils auf weniger als 10 000 Jahre zusammen die entsprechenden Klimaanderungen auf dem Festland liefen nach Ausweis der (verzogerten) Vegetationsschwanshykungen in den europaischen Mooren in wenigen 100 Jahshyren in Wirklichkeit also vermutlich in lt 100 Jahren abo Das wird bestatigt durch den Gronland-Blitz eine in ihrem Mechanismus noch nieht einwandfrei geklarshyte Abkiihlung in weniger als 100 Jahren (DANSGAARD) die im Eis Nord-Gronlands in tiber 1300 m Tiefe seit minshydestens 90000 Jahren tiefgefroren aufbewahrt ist

Gewi~ sind noch nieht alle Fragen geklart Offenbar haben sich im mittleren Europa die beiden Kaltphasen trotz globalen Charakters nur kurzfristig in Form abrupter Abkiihlungen in der und hier allein interessierenden humashynen Zeitskala ausgewirkt Xhnliche Ereignisse haben sich nach den heute vorliegenden Befunden in allen jtingeren Y Interglazialzeiten (und im Holozan) abgespielt - auf dieshyses Problem muB noch (Abschn 8) eingegangen werden

Der eustatische Meeresspiegelanstieg im Eem ist in seiner Ursache noch nicht geklart ein Anstieg urn 5-7 m entmiddot spricht entweder dem Abrutschen des Eises der Westantshyarktis oder dem Verschwinden des Gronlandeises oder eishynem entsprechenden Wasserverlust der sehr stabilen Ostantshyarktis Wabrend das zuerst genannte Ereignis uU recht rasch vor sich gehen konnte (genauere Vorstellungen tiber die Zeitskala liegen allerdings nicht vor) laufen die beiden anderen Ereignisse so langsam ab daB der zugehoshyrige weltweite Meeresspiegeianstieg in der GroBenordnung weniger mm pro Jahr (heute 11 mm) bleibt

64 Eisfreie Arktis vereiste Antarktis (12-25 Mill vh)

Wahrend die bisher dargestellten Klimaphasen keine grundshysatzlichen Abweichungen gegentiber dem heutigen Klimashybild zeigen trifft dies fUr den extremsten Fall eines vOl- ~ ligen Verschwindens der arktischen Treibeisdecke nicht zu Die Idee eines Verschwindens des arktischen Treibshyeises hat zuerst BUDYKO urn 1962 entwickelt und zwar als Endergebnis einer gezielten Umwandlung des Klimas wie sie 1959 auf einem der Kongresse der KPdSU proklashymiert worden war - im Einklang mit der marxistischen These von def Umwandlung der Natur durch den Menshyschen Bei naheren Untersuchungen stellte sich heraus daB dieses Projekt (schon wegen der Ausdehnung der Eisdecke tiber 10 bull 106 km2 ) nicht nur extrem aufwendig war sondem auch sehr weitreichende Nebenwirkungen zur Foige haben konnte Spater erkannte man daB die im Gange befindliche Zunahme des CO2 -Gehaltes zu dem gleiehen Ergebnis fiihren konnte Die Sensitivitat dieses Systems wurde bereits besprochen (vergl Abschn 21) ein vereinfachtes eindimensionales Klimamodell (BUDYKO 1969) ergab bei wachsendem CO2 -Gehalt und zunehmender Erwarmung ein immer rascheres Ruckshyweichen der EisSchneegrenze zum Nordpol hin

16

Ein solches scheinbar jeder Erfahrung widersprechendes Modell konnte nieht ohne Widerspruch hingenommen werden Schon die Frage ob unter den heutigen Klimashybedingungen die Eisdecke irreversibel verschwinden kann oder ob sie sich im nachsten Winter neu bildet mu~te eingehend erortert werden wir konnen sie offen lassen da nunmehr ein Verschwinden des Treibeises unter extreshymen von den heutigen abweichenden Klimabedingungen zur Erorterung steht Diese Frage kann nur mit umfangreishychen Modellrechnungen beantwortet werden unter weishychen Bedingungen ist das dynamische System Meer Treibeis (mit Polynyas) - Schneedecke - Atmosphiire tiber den jahreszeitlichen Wechsel der Strahlungsbilanz hin stabil bzw instabil Solche Rechnungen sind im Gang eine ganze Familie von stufenweise immer komplexerer Modelle mu~ unter verschiedenen Randbedingungen geshytestet werden eine umfangreiche Arbeit die nicht heute oder morgen zu Ende geftihrt werden kann

Einer der vielen Einwande war die Frage ob ein eisfreier ~ Arktischer Ozean gleichzeitig mit einer vereisten Antarkshy

tis existieren konne dies ergibt eine schwer vorstellbare Asymmetrie der beiden Halbkugeln Aber auch heute existiert eine deutliche Asymmetrie die Troposphiire tiber der Antarktis ist im gleichen Niveau im Jahresmittel 11shy

12degC kalter als tiber der Arktis im NordsommerlStidwinter sogar um tiber 26degC Da nach einfachen OberJegungen die durch die Modellversuche von FULTZ (1959) bestiishytigt wurden die Zirkulation der Atmosphiire von dem Temperaturgeflille zwischen Aquator und Pol abhiingt (KORFF und FLOHN 1969) ist die Zirkulation auf der Stidhemisphiire starker als auf der Nordhalbkugel und greift tiber den Aquator hintiber im Jahresdurchschnitt bis etwa 6deg Nordbreite im Juli (Januar) auf rund 12deg N (1 deg S) Das zirkulationserzeugende meridionale Temperaturgefalle ist heute tiber der Stidhalbkugel im lahresdurchschnitt 42 gro~er als tiber der Nordhalbkugel

Tatasachlich hat aber - das ist eine der grundlegenden Erkenntnisse die wir dem Deep Sea Drilling Programm mit der Glomar Challenger verdanken - ein derart krasser Gegensatz der beiden Pole im jtingeren Tertiar viele Millionen Jahre lang existiert (KENNETf 1977) Der Antarktische Kontinent war erstmals vor 38 Ma (= 106

Jahre) mindestens teilweise vereist schon damals bildete sich das antarktische Bodenwasser der Ozeane mit einer

Abktihlung um etwa 5degC Eine vollstandige Vereisung der Antarktis besteht seit dem mittleren Miozan vor 12shy14 Ma sie war seither nur noch sekundaren Schwankungen unterworfen Vor etwa 55 Ma bildete sich dieses zuniichst noch relativ flache Eis mit Temperaturen um OdegC in ein kaltes stabiles Eis (der Ostantarktis) um noch 200shy300 m mach tiger als heute begleitet von einer globalen Abktihlung und einer eustatischen Absenkung des Meeshyresspiegels Diese ftihrte an der Schwelle von Gibraltar zu einer (mehrfach wiederhoJten) Abschntirung und Ausshytrocknung des westlichen Mitteimeeres (HSU) auf deren regionaie klimatische Bedeutung nicht weiter eingegangen werden kann

Die allmiihliche Abktihlung wiihrend des mittleren und junshygeren Tertiars hangt offenbar mit der Bildung des kalten von der Antarktis sich ausbreitenden Bodenwassers zusamshymen durch Mischung sanken auch in mittleren Schichshyten die Wassertemperaturen langsam ab und mit der Vershy

starkung der atmosphiirisch-ozeanischen Zirkulation kam es zum Aufquellen dieser ktihlen Schichten am Aquator und an den subtropischen WestkUsten Eine Vereisung der Gebirge der Nordhalbkugel trat erst lange nach der Antshyark tis ein in Alaska vor etwa 9 Ma in Island und im kalimiddot fornischen Hochgebirge vor etwa 28 Ma Eine Bildung von arktischem Treibeis war erst moglich nachdem diese konshytinentalen Gletscher allmahlich beim sommerlichen Schmelshyzen eine dUnne salzarme Deckschicht des Arktischen Ozeans gebildet hatten dies geschah offenbar erstmals vor 23 Ma zuerst sicher noch als jahreszeitliches Eis

Damit steht also fest da~ in der Zeit zwischen 12 und 25 Ma gleichzeitig ein vollstandig vereister antarktischer Konshytinent und ein offener eisfreier arktischer Ozean existiermiddot ten In dieser Zeit miampte (aus theoretischen GrUnden) der meteorologische Aquator im Jahresmittei in etwa 9-10deg Nordbreite gelegen haben dafUr gibt es in Afrika auch Belege Als weitere Fol~e ware eine Verlagerung des Trockengtirtels bis 40-50 N zu erwarten die im ostlichen Europa auch belegt ist (zB im Wiener Becken s Abb 10) die subtropische Flora jener Zeit ist vielfach beschrieben worden (SCHWARZBACH MAGDEFRAU)

Northern Boundary of NHem Evaporite Zone

Oucternary (0-2 Ma) Late Tertiary 15-15 Ma) Early Tertiary (30-50Ma)

Abb 10 Mittlere Nordgrenze des Trockengiirtels (Ablashygerungen von Salz Gips usw) im Quartar (0 shy2 Ma) JungterWir (5 IS Ma) und Alttertilir (30 - 50 Ma) nach LOTZE

und Walder der gema~igten Zone reichten bis Nordgronshyland Nach SCHWARZBACH lagen im rheinischen Braunmiddot kohlengebiet die Temperaturen in allen Jahreszeiten urn 5-8degC hOher als heute Der stidhemisphiirische Trocken gtirtel reichte bis in die Nahe des Aquators Es ist unmogmiddot lich in diesem Rahmen auf Einzelheiten einzugehen zumal hierzu eine vollstiindige Auswertung der neueren geologimiddot schen Literatur notwendig ist

Nach BUDYKOs Modell kann der Obergang zu einem solchen Klima dh das Verschwinden des arktischen Eises bei einer allgemeinen Erwarmung urn ca 4degC eintreten (vgl auch KELLOGG) Das entsprache (je nach Modellannahme) einem virtueJlen CO2 -Gehalt von 800 shy1100 ppm der reale CO2 -Wert liegt bei 750 ppm (plusmn 15jd (Abschn 42) Ob und wann solche Werte erreicht werden hangt von Entscheidungen auf energiepolitisch-okonomisch sozialem Gebiet ab (Abschn 8)

17

7 Kaltphasen in der Klimageschichte

71 Kleine Eiszeit (1550-1850)

Dal~ das Klima im 20 Jahrhundert nieht das einzig mogliche ist ja dreg es selbst im Rahmen der [etzten 500 Jahre ausgesprochen anormal ist gehort zu den Tatsachen die selbst den meisten Meteorologen unbekannt sind Tatsachmiddot Hch haben wir in Europa - wie das am besten bekannte Verhalten der AJpengletscher zeigt seit rund lO 000 Jahmiddot ren immer wieder einen Wechsel zwischen Warmphasen (wie in Absehn 61 geschildert) ulld Kaltpllasen erlebt Hierbei sind die Phasen innerhalb dec beiden Gruppen untereinander recht iihnlich ihre Dauer aber variabel irgendwekhe persistenten Perioden existieren offenbar nieht oder ihr Anteil an der gesamten Varianz ist vernachmiddot liissigbar gering Wahrend die Gletscherstande der Zeit 1930-60 offenbar nahezu identisch sind mit denen frOherer Warmphasen l diese A ussage ist etwas unsieher) liegen die Moranen der GletschervorstoBe urn 1820 und urn 1855 fast genau auf denen frtiherer Gletscherhochstande (PATZELT) Die letzte Kaltphase kann uns also als Modell fUr aIle frOhemiddot ren seit dem RUckzug der grofben Inlandeise dienen ihre Bezeiehnung als Kleine Eiszeit ist allerdings bewufbt Ubermiddot trieben Ihr Beginn ist nieht eindeutig festlegbar schon urn 1160 urn 1320 und urn 1430 kam es zu kUrzeren aber marmiddot kanten GletschervorstoBen in den AJpen und fUr die beimiddot den 1etztgenannten Termine liegen viele Nachriehten Uber ganz ungewohnhche Klimaanomalien vor (LAMB von RUDLOFF) Von langerer Dauer war die Klimaverschlechmiddot terung ab 1560 die in ZUrich einen Rtickgang der Wintermiddot temperaturen urn 2degC brachte wahrend bei Kopenhagen das ganze Jahr Uber Winde aus SUdost und Ost - als Anzeimiddot chen blockierender Antizyklonen vorherrschten Die Witshyterungsabliiufe ahneln sehr denen die wir heute in Einzelmiddot jahren mit strengen Wintern (1939-42 19467 19623) erleben haufig blockierende Antizyklonen Wetter1agen mit anhaltend starker meridionaler Komponente - unmiddot gewohnlich kalt aber auch ungewohnlich warm haufige Dtirremiddot und Niisseperioden schneereiche und bis tief in das Frtihjahr anhaltende Winter mit nachfolgenden MiBernmiddot ten

FUr die Beurteilung der Klimabedingungen jener Zeit sind nieht nur die Gletscher der Hochgebirge sondern vor aHem die Under nahe der Polargrenze des besiedelten Landes wesentlich Island Sehottland die Faroer und Skandinamiddot vien Die Nachriehten vom Verhalten des arktischen Treibmiddot eises - mit seiner entscheidenden Rolle fiir Albedo und Wdrmehaushalt haufen sieh jetzt Island viele Jahre hinmiddot durch 6-9 Monate lang von Treibeis blockiert massive Eismiddot vorstoBe nach den Faroern (mit Wassertemperaturen 3_4degC unter den heutigen) und selbst nach Norwegen (wo die Fischerei jahrelang fast ohne Ertrag blieb) Rtickgang der Vegetationsgrenzen und schwere Nahrungskrisen in Schottmiddot land Besonders eindrucksvoHe Beispiele aus der Zeit 1755shy1790 schildert die durch genaue meteorologische und landwirtschaftliehe Daten ausgezeiehnete Arbeit von PFISTER aus dem Kanton Bern auf die weltweite Zusammiddot menschau von H LAMB (VoL II) sei nochmals hingemiddot wiesen

Eine voriaufige Zusammenstellung der jahrlichen Getreishydepreise in der Zeit von 1500-1860 gibt Abbildung 6 die aus den fast vollstandigen Reihen von 5 deutschen Stlidten

18

gemittel t wurde von einem langjiihrigen Trend abgesehen zeigt sie zahlreiche meist gruppenweise auftretenden Jahre mit Preisanstiegen urn das dreimiddot bis sechsfache Das absomiddot lute Maximum (bis 1950) waren die weitweiten Hunger jahre J81617 nach dem Vulkanausbruch des Tambora 1815

1m Gebiet der mediterranen Winterregen existieren widershyspruchsvolle Nachrichten einmal stimmen die kiiltesten Abschnitte (genannt seien die Zeiten urn 1570 1630 vor aHem 1680-1700 nach 1770 1816 f 1845 t) mit Feuchtjahren Uberein einmal mit Diirren Das gilt fUr Algemiddot rien die Seen Mittelitaliens ebenso wie fur das Tote Meer und das Kaspische Meer aber auch (nach Sh NICHOLSON) fUr die Sahelzone Systematische Studien Uber die Telekonmiddot nektionen der Niederschliige im Mittelmeergebiet brinmiddot gen die Lasung (HELBIG) die Maxima der mediterranen Winterregen konzentrieren sieh im Bereich quasistationarer Hahentroge und negative KorreIationen g1eichzeitiger Werte mit Abstanden von 700-1000 km ( = halbe Rossbymiddot Wellenlange) sind haufig Daher ist es hier sinnlos eine ganmiddot _ ze Klimazone zusammenzufassen die Abhangigkeit der KlimamiddotAnomalien von der Lange ist mindestens ebenso groB wie die von der Breite Die regionale Verteilung der entmiddot gegengesetzten Witterungsanomalien wird beherrscht von der jeweils quasistationaren Lage des bloekierenden Hoch C

zentrums und der begleitenden Hohentroge bzw Kaltluftmiddot tropfen - das kennt jeder erfahrene Synoptiker und das ist auch das zentrale Problem jeder iangfristigen Vorhermiddot sage Auch in Nordamerika hangen die kalten Zeitabschnitmiddot te dieser Periode mit bloekierenden Antizyklonen zusammiddot men wie die Auswertung von Baumringen (FRITTS) geshyzeigt haben

Was ist nun die Ursache des Vorherrschens meridionaler Zirkulationstypen in dieser Klimaphase was die Ursache dominierender zonaler Zirkulationstypen mit polwarts vermiddot schobenen subtropischen Hochzellen in den Warmphasen Beim VergIeieh etwa der Abschnitte 1815-1855 (nochshymals urn 1890) und 1930-1960 fall t sofort die verschiemiddot dene Lage der arktischen Treibeisgrenze im Atlantik auf im Raume urn Island-Norwegen handelt es sich urn Vermiddot schiebungen von der GroBenordnung 1500 km Was aber verursachte diese Ausweitung des arktischen Treibeises die maximal 2 Mill km2 erreicht haben dtirfte

Auf diese Frage existieren zZ zwei Antworten von demiddot nen wenigstens eine geophysikaJiseh einwandfrei begrtinshydet ist Sie bezieht sich auf eine von LAMB zusammengemiddot faBte Statistik von VulkanausbrUchen (s Abschn 32) bei der in der Tat ein Zusammenhang zwischen den Hohemiddot punkten der kleinen Eiszeit und besonders schweren Vulmiddot kaneruptionen (oder Gruppen) auffall 1 Andererseits hat EDDY darauf hingewiesen daB die auffallige lange Periode geringster SonnenaktivWit der Zeit 1643 -1710 mit ihrem Maximalstadium tibereinstimmt - dieser Zusammenhang ist jedoch bisher physikalisch noch ganz ungek1art und muB daher offen bleiben Wegen der Unvorhersagbarkeit beimiddot der Ursachen kann das erneute Auftreten einer solchen Kaltphase in den nachsten 50-100 J ahren weder bejaht noeh ausgeschlossen werden auch eine statistische Aussage tiber die Wahrscheinlichkeit bleibt unsicher da zahlenmaBige Unterlagen in beiden Fallen nur wenige Jahrshyhunderte umfassen und subjektive Beurteilungen nieht ausmiddot schlieBen konnen Sofern sich aber die glob ale Erwiirmung

(etwa ab 2000) durchsetzt werden Wahrscheinlichkeit und AusmaB einer Wiederholung der Kaltphase sHindig zurUckmiddot gehen

72 Ubergang zu einer Eiszeit

Keine Frage wird dem KJimatologen Ofter von Repormiddot tern gestellt als die nach der nachten Eiszeit Umso merkmiddot wUrdiger ist die geringe Rolle die der mogliche obergang vom heutigen (interglazialen) zu einem glazialen Klima in der wissenschaftlichen Literatur spielt Das mag zwei Grtinde haben Geologen und andere an der Klimageschichmiddot te interessierte Wissenschaftler wagen sich nicht (mit einimiddot gem Recht) auf ein ihnen fremdes Feld und die meisten Meteorologen halten dieses Problem fUr ebenso unwissenmiddot schaftlich wie das der Sintflut Diese Einstellung ist aber heute nieht mehr gerechtfertigt nachdem in einer Reihe von Fallen einwandfrei abrupte Klimaiinderungen mit einer in humanen MaBstaben ganz kurzen Zeitmiddot skala nachgewiesen wurden die samtlich aus den Interglamiddot zialen oder den - hier nieht interessierenden - tJbermiddot gangsstadien zwischen Glazial und Interglazial stammen Einwandfreie Belege beruhen entweder auf Untersuchunmiddot gen an fossilen Mooren mit Jahresschichten (Varven)

fln Seen mit hoher Sedimentationsrate oder von Baummiddot ringen Aus Raumgrtinden ist es nieht moglich auf einzelmiddot

ne Befunde einzugehen (FLOHN 1974 1978) Einer der besten stammt aus der Liineburger Heide (H MOLLER 1974 1978) wo vor tiber 300 000 Jahren ein Wald der einem etwas warmeren Klima als heute entsprach binnen 30 Jahren () verschwand urn nach einer Pause - die Zeit reicht nicht aus urn eine arktische Tundra hervorzubrinmiddot gen durch subarktischen Birkenwald ersetzt zu werden darauf folgte in 300-400 Jahren eine Sequenz von Waldo typen wie man sie heute auf einer Bahnfahrt von Narvik (68deg N) nach Siidschweden sehen kann Dauert die Reakmiddot tion eines Waldes auf eine Klimaanderung sieher Jahrzehnte oder Jahrhunderte so gibt es schnell ere Indikatoren In Mittelengland wurde nach Ende der letzten Eiszeit eine subarktische Kaferfauna in etwa 50 Jahren durch eine warmmiddotgemaBigte Fauna ersetzt aquivalent einer Erhohung der JulimiddotTemperatur urn 8-9degC (COOPE 1977)

Das sind nur zwei niichterne Befunde gewonnen mit neumiddot zeitlichen Arbeitsmethoden die in ihrer Gesamtheit nicht

~ehr anzweifelbar sind die wenigen Klimahistoriker memiddot teorologischer Herkunft haben sich inzwischen von der Bedeutung dieser Zeit skala abrupter KJimaanderungen laquo 100 Jahre) tiberzeugen lassen Mogliche U rsachen fUr die (haufigeren) rapiden Abklihlungen sind schon in den Abschnitten 2 und 7 erortert worden fUr Erwarmungen stehen sie noch aus In jtingster Zeit ist auch kIar geworden daB solche Ereignisse sieh nicht notwendig synchron aus wirken sondern wegen der nur allmahlichen Verlage rung barokliner Frontalzonen im Ozean oder dem regional verschieden raschen Ablauf der kontinentalen Vereisunshygen - diachron dh mit erheblichen Zeitunterschieden in der Horizontalen Das bedeutet auch eine Grenze fUr die Vorstellung eines fast-intransitiven Klimas im Sinne von ELORENZ

Nehmen wir die Moglichkeit einer abrupten Abklihlung dieser Zeitskala als gegeben an wie und wo konnte sie sieh abspielen Zweifellos kann eine kontinentale Gletshyscherbildung nur mit einem wiederholten Uberdauern

der Winterschneedecke tiber den Sommer hin beginnen in den kritischen Gebieten der Subarktis - so die 750000 km2 groBe Baffin-Insel mit ihren Hochplateaus Labrador auch Lappland und die norwegischen Gebirge - schmilzt auch heute die meterdicke Schneedecke erst Anfang oder Mitte Juni endgilltig ab urn sieh Ende August oder im Sepshytember neu zu bilden Hierzu gemigt in Baffinland ein Absinken der Sommertemperaturen urn nur etwa 2dege wahrend in den anderen Gebieten 4-6degC notwendig wamiddot ren oder zugleieh eine massive Zunahme der Schneenieshyderschlage Die kritische Stellung Baffinlands erhellt auch daraus daB in der kIeinen Eiszeit - nach Ausweis von FlechtenUntersuchungen die heute insgesamt 37 000 km 2 einnehmenden Plateau-Eisfelder sich auf 140000 km2 vergroBert hatten (IVES) entsprechende Untersumiddot chungen in Fennoskandien stehen noch aus

Eine Modelluntersuchung (ANDREWS - MAHAFFY) ftir Baffinland hat in zwei Experimenten gezeigt wie sich eine urn einen Faktor 3 erhohte Sehneebilanz in einer langsashymen Zunahme von Flache und Volumen einer Eisdecke auswirkt langsamer als die Beobachtungen des eusta tishyschen Sinkens des Meeresspiegels in den interglazialen Kaltmiddot phasen anzeigen Aber in diesem Modell ist die machtvolle Rtickkopplung zwischen Schneedecke Albedo und Tempeshyratur nieht voll und zu spat in Reehnung gestellt worden Jedenfalls ist es hochst unwahrscheinlich daB in den nachsten 100 Jahren nachdem zuerst eine Kaltphase im obigen Sinne eintrat dieser ProzeB sich tiber die unmittdshybare Umgebung hinaus weltweit auswirken konnte Hiermiddot gegen sprechen aueh die langperiodischen Effektr der Erdmiddot bahneIemente deren nachstes Minimum (kiihle Sommer in der Arktis kalte Winter zugleieh in der Antarktis) erst in rund 10 000 Jahren fallig ist (BERGER)

Bei dieser Sachlage ist hOchstens - bei einer Kombination mehrerer ungtinstiger Voraussetzungen etwa dem Zusamshymentreffen mehrerer sehr schwerer Vulkaneruptionen von der Intensitat des Tambora (1815) oder wenigstens Krakatau (1883) innerhalb der jetzigen Phase relativ ausgedehnten polaren Treibeises vor Wirksamwerden der erwarteten anthropogenen Erwarmung mit einer abortiven Vershygletscherung zu rechnen die nieht zu einer vollen Eiszeit auswachsen wUrde In unserer humanen Zeitskala ware das aber schon schlimm genug Serien von Jahren mit sehr kaIten Wintern kiihlen und nassen Sommern schwere MiBshyernten in weiten Teilen der gemaBigten Zone zeitweise auch in den Tropen die sieher nieht ausgeglichen werden konnen durch Feuchtejahre in Teilgebieten von Nordafrika und dem Nahen Osten Die Wahrscheinlichkeit hierfUr ist aber gering - sie betragt nach verschiedenen Kriterien tibereinstimmend zwischen 01 und 1 Prozent in den nachshysten 100 Jahren AuBerdem waren fUr diesen Fall gezielmiddot te GegenmaBnahmen denkbar die hier nieht volig utopishyscher Natur sind

8 Wahrscheinlichkeit und Risiken die Rolle der Energieshypolitik

Die Wahrscheinlichkeit einer globalen Warm phase ist nach allem was wir wissen erheblich groBer als die einer Kaltshyphase Die Schwierigkeit bei der Abschatzung liegt darin daB Entscheidungen und Entwicklungen auf politischer sozialer und 6konomischer Ebene hier eingreifen konnen

19

die vorherzusagen nicht nur dem Meteorologen schwer fallt Wenn wir diese einmal versuchsweise vernachHissigen dann dUrfte in den nachsten 100 Jahren die Wahrscheinmiddot Iichkeit fur das Auftreten einer Kaltpflase vom Typ der kleinen Eiszeit nieht mehr als hochstens 20k betragen (und naeh etwa 2000) weiter abnehmen) FUr das Auftreshyten einer Warmpllase im Sinne der Beispiele in den Abmiddot sdmitten 61 und 62 mUssen wir aber hohere WahrscheinshyIichkeiten ansetzen wenn auch erst nach der Jahrhundertmiddot wende danach steigen sie das ist die in vielen Diskusmiddot sionen erworbene Oberzeugung des Verfassers unter den hier und in Abschnitt 5 gegebenen Voraussetzungen auf Uber 50 an

1st ill diesem Faile aber eine Entwieklung zu einem eismiddot freien arktischen Ozean (Absehnitt 64) mit ihren fast unshyvorstellbaren Konsequenzen fUr Wasserversorgung und Ernahrung noch vermeidbar Damit libersehreiten wir die Grenze des Fachwissens des Meteorologen der sich nur allmiddot zu getne in den akademisehen Elfenbeinturm zurlickziemiddot hen moehte Aber die Dinge sind zu wichtig eine Wende auf Grund politischer Entscheidung auf internationaler Ebene ist noch moglieh aber dann und nur dann wenn das Dogma von der Notwendigkeit standig zunehmenden wirtschaftliehen Wachstums das bei begrenzten Vorshyraten (Resourcen) mit den Naturgesetzen unvereinbar ist shyzugunsten einer besseren Einsicht aufgegeben wird (GRUHl) Ebenso ist eine Stabilisierung des Bevolkerungsshywaehstums nOlwendig - ohne einen hoheren Lebensstanmiddot dard in den Entwicklungslandern ist das unrealisierbar

Gleichzeitig mu~ aber die Energiepolitik sich frei machen von dec sinnlosen Verschwendung fossiler EnergiequeIIen die in 400 Ma durch biologische Prozesse aus der Sonnenmiddot energie aufgebaut und gespeichert wurden (s a Beitrag JUNGE) Ein Obergang zu erneuerbaren Energiequellen (Sonne Wind Gezeiten - auch die kaum erschopfbare Geothermik) ist moglich erfordert aber eine Kombination neuartiger (und kostspieliger) Technologien wie sie etwa am International Institut for Applied Systems Analysis in Laxenburg bei Wien von einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von W HAFELE (frtiher Karlsruhe) entwiekelt werden Aueh die Kernenergie mul1 in diesen Rahmenshyjedenfalls fUr eine Obergangszeit - einbezogen werden Das mit ihr verbundene Risiko ist auf jeden Fall geringer als das Risiko einer Verlagerung aller Klimazonen Da ein Obergang zu neuen Technologien sieher tiber 30 wahrshyscheinlieh 50 Jahre benotigt drangt die Zeit Neue Priorimiddot taten mlissen gesetzt werden Es geht urn das Wohl der naehsten Generationen

Literaturauswahl

ANDREWS T1 MAHAFFY MAW Quaternary Research 6 (1976) S 167-183

AUGUSTSSON T RAMANATHAN V J atmos Sci 34(1977) S 448-451

BERGER AL Quaternary Research 9 (1978) S 139~-167

BJERKNES J Monthly Weather Review 97 (1969) S 163-172

BROWNLR Worldwatch Papers Washington DC 8 (I 976)

BRYSON RA MURRAY Th1 Climates of Hunger MadisonWis 1977

o

BUDD WF J Glaciol 14 (1975) S 3-21

BUDYKO MJ TeHus 21 (1969) S 611-619 29 (1977) S 193-204

CESS RD J atmos Sci 33 (1976) S 1831-1843

CHARNEY JG Quart J Roy Meteorol Soc 101 (1975) S 193-202

COOPEGR Phios Transact Roy Soc London 280 (1977) S 313 shy340

DANSGAARD W et al Quaternary Research 2 (1972) S 396-398

DOBERITZ R Ber d Deutschen Wetterd 112 (1968)

EDDYJA Science 192 (1976) S 1189-1202 198 (1977) S 824 829

FINK J KUKLA GJ Quaternary Research 7 (1977) S 363-37 L ~

FLOHN H III Bonner Meteorol Abhandl 15 (1971) 21 (1975) Quaternary ReseJrch 4 (1974) S 385-404 in print (1978)

FRENZEL B Die Klimaschwankungen des Eiszeitalters Braunschweig~ 1967 ErdwissForschungen 1(1968)

FRITTS HC Tree Rings and Climate London New York 1976

GABRIELB Berliner Geoge Abh 27 (1977)

GATES WL J atmos Sci 33 (1976) S 1844-1873

GRUHLH Ein Planet wird geplUndert Frankfurt aM 1978

HAFELE W SASSIN W Ann Rev Energy 2 (1977) S 1-30

HAHN J JUNGE ChL Z f Naturforsch 32a (1977) S 190-214

HASSELMANN K u Mitarb TeHus 28 (1976) S 473-485 29 (1977) S 289-305 385-392

HAYS JD IMBRIE J SHACKLETON N Science 194 (1976) S 1121-1132

HELBIGM Diplomarbeit Univ Bonn (1976)

HSO K et al Nature 242 (1973) S 240-244 267 (1977) S 399-403 Naturwissensch61 (1974)S137-142

HUGHES T Rev Geophys and Space Phys 13 (1975) S 502-526 15 (I977) S 1-46

HUMMEL J RECK RA General Motors Res Lab Publ 2607 (1978)

HUNT BG Monthly Weather Review 105 (1977) S 247-260

IVES JD et al Naturwissensch 62 (1975) S 118-125

KELLOGG WW WMOmiddotBull 26 (1977) S 229-240 27 (1978) S 3-10

KENNETTJP J geophys Res 82 (1977) S 3843-3860

KONDRATIEV G Ya NIKOLSKY GA Quart J Roy Meteorol Soc 96 (1970) S 509-522

l

KORFF HC FLOHN H Ann Meteorol N F 4 (1969) S 163-164

LAMBHH Climate Present Past and Future Vol I (1972) Vo Il (I 977) London Methuen

LORENZE J appl Meteorol 9 (1970) S 325-329

MAGEDEFRAU K Palaobiologie der Pflanzen 4 Aufl Stuttgart 1968

MANABE S BRYAN K Monthly Weather Review 97 (1969) S 739-827 J phys Oceanogr 5 (1975) S 3-29

MANABE S WETHERALD RT atmos Sci 24 (1967) S 241 ~-259 32 ( 1975) S 3-15

MASON BJ Promet 7 (1977) H 4 S 1-26

MASS Cl SCHNEIDER StH J atmos Sci 34 (1977) S 1995-2004

MAYKUT GA UNTERSTEINER N Jgeophys Res 76 (1971)S 1550-1575

MOLLERH Geologisches Jahrbuch 83 (1965) S 327-352 A 21 (1974) S 107-140 im Druck (1978)

NAMIAS J Short Period Climatic Variations 1934-1974 2 Vol F-- Univ of California 1975

NEWELL R et al Pure and appl Geophysics 116 (1978) S 351-371

NICHOLSON Sh Ph D Thesis Departm Meteor Univ Wisconsin (1976)

OLIVER RC J appl Meteorol 15 (1976) S 933--950

PACHUR HJ Die Erde 106 (1975) S 21-46

PATZELT G Coil Internal CN RS No 219 (1973) S 51-59

PFISTER Chr Beiheft 2 Jb Geogr Ges Bern (1975)

POLLOCK JP et al Jgeophys Res 81 (1976)S 1071 1083

RODEWALD M Dt Hydrogr Z 20 (1967) S 269 25 (1972) S 97-117

ROGNONP Rev Geogr Phys Geol Dynam 18 (1976) S 251-282

ROWNTREE PR Quart J Roy Meteorol Soc 98 (1972) S 290-321

RUDLOFF H v Die Schwankungen und Pendelungen des Klimas in Eushyropa Braunschweig 1967

SCHWARZBACH M Das Klima der Vorzeit 3 Aufl Stuttgart 1974

SHACKLETON NJ OPDYKE ND Quaternary Research 3 ( 1973) S 39-55

STROBING K Der Seewart 35 (1974) S 1-1436 (1975) S 28-29

TREMPEL U Diplomarbeit Univ Bonn (1978)

VOWINCKEL E ORVIG S World Survey of Climatology 14 (1970) S 129-252

WANG WC et al Science 194 (1976) S 685-690

WETHERALD RT MANABE S Monthly Weather Review 100 (1972) S 42-59 J atshymos Sci 32 (1975) S 2044-2059

YAMAMOTO R J Meteor Soc Japan 53 (1975) S 482-486

21

Page 18: :SBWU>t S9J9SUn ijun>tnz 9!a 9W91qOJd pun U9l>tB,:j · 2 Wechselwirkungen im klimatischen System . 2.1 Die Rolle des polaren Treibeises 2.2 Das El Nino-Phanomen . 2.3 Kontinentale

Ein solches scheinbar jeder Erfahrung widersprechendes Modell konnte nieht ohne Widerspruch hingenommen werden Schon die Frage ob unter den heutigen Klimashybedingungen die Eisdecke irreversibel verschwinden kann oder ob sie sich im nachsten Winter neu bildet mu~te eingehend erortert werden wir konnen sie offen lassen da nunmehr ein Verschwinden des Treibeises unter extreshymen von den heutigen abweichenden Klimabedingungen zur Erorterung steht Diese Frage kann nur mit umfangreishychen Modellrechnungen beantwortet werden unter weishychen Bedingungen ist das dynamische System Meer Treibeis (mit Polynyas) - Schneedecke - Atmosphiire tiber den jahreszeitlichen Wechsel der Strahlungsbilanz hin stabil bzw instabil Solche Rechnungen sind im Gang eine ganze Familie von stufenweise immer komplexerer Modelle mu~ unter verschiedenen Randbedingungen geshytestet werden eine umfangreiche Arbeit die nicht heute oder morgen zu Ende geftihrt werden kann

Einer der vielen Einwande war die Frage ob ein eisfreier ~ Arktischer Ozean gleichzeitig mit einer vereisten Antarkshy

tis existieren konne dies ergibt eine schwer vorstellbare Asymmetrie der beiden Halbkugeln Aber auch heute existiert eine deutliche Asymmetrie die Troposphiire tiber der Antarktis ist im gleichen Niveau im Jahresmittel 11shy

12degC kalter als tiber der Arktis im NordsommerlStidwinter sogar um tiber 26degC Da nach einfachen OberJegungen die durch die Modellversuche von FULTZ (1959) bestiishytigt wurden die Zirkulation der Atmosphiire von dem Temperaturgeflille zwischen Aquator und Pol abhiingt (KORFF und FLOHN 1969) ist die Zirkulation auf der Stidhemisphiire starker als auf der Nordhalbkugel und greift tiber den Aquator hintiber im Jahresdurchschnitt bis etwa 6deg Nordbreite im Juli (Januar) auf rund 12deg N (1 deg S) Das zirkulationserzeugende meridionale Temperaturgefalle ist heute tiber der Stidhalbkugel im lahresdurchschnitt 42 gro~er als tiber der Nordhalbkugel

Tatasachlich hat aber - das ist eine der grundlegenden Erkenntnisse die wir dem Deep Sea Drilling Programm mit der Glomar Challenger verdanken - ein derart krasser Gegensatz der beiden Pole im jtingeren Tertiar viele Millionen Jahre lang existiert (KENNETf 1977) Der Antarktische Kontinent war erstmals vor 38 Ma (= 106

Jahre) mindestens teilweise vereist schon damals bildete sich das antarktische Bodenwasser der Ozeane mit einer

Abktihlung um etwa 5degC Eine vollstandige Vereisung der Antarktis besteht seit dem mittleren Miozan vor 12shy14 Ma sie war seither nur noch sekundaren Schwankungen unterworfen Vor etwa 55 Ma bildete sich dieses zuniichst noch relativ flache Eis mit Temperaturen um OdegC in ein kaltes stabiles Eis (der Ostantarktis) um noch 200shy300 m mach tiger als heute begleitet von einer globalen Abktihlung und einer eustatischen Absenkung des Meeshyresspiegels Diese ftihrte an der Schwelle von Gibraltar zu einer (mehrfach wiederhoJten) Abschntirung und Ausshytrocknung des westlichen Mitteimeeres (HSU) auf deren regionaie klimatische Bedeutung nicht weiter eingegangen werden kann

Die allmiihliche Abktihlung wiihrend des mittleren und junshygeren Tertiars hangt offenbar mit der Bildung des kalten von der Antarktis sich ausbreitenden Bodenwassers zusamshymen durch Mischung sanken auch in mittleren Schichshyten die Wassertemperaturen langsam ab und mit der Vershy

starkung der atmosphiirisch-ozeanischen Zirkulation kam es zum Aufquellen dieser ktihlen Schichten am Aquator und an den subtropischen WestkUsten Eine Vereisung der Gebirge der Nordhalbkugel trat erst lange nach der Antshyark tis ein in Alaska vor etwa 9 Ma in Island und im kalimiddot fornischen Hochgebirge vor etwa 28 Ma Eine Bildung von arktischem Treibeis war erst moglich nachdem diese konshytinentalen Gletscher allmahlich beim sommerlichen Schmelshyzen eine dUnne salzarme Deckschicht des Arktischen Ozeans gebildet hatten dies geschah offenbar erstmals vor 23 Ma zuerst sicher noch als jahreszeitliches Eis

Damit steht also fest da~ in der Zeit zwischen 12 und 25 Ma gleichzeitig ein vollstandig vereister antarktischer Konshytinent und ein offener eisfreier arktischer Ozean existiermiddot ten In dieser Zeit miampte (aus theoretischen GrUnden) der meteorologische Aquator im Jahresmittei in etwa 9-10deg Nordbreite gelegen haben dafUr gibt es in Afrika auch Belege Als weitere Fol~e ware eine Verlagerung des Trockengtirtels bis 40-50 N zu erwarten die im ostlichen Europa auch belegt ist (zB im Wiener Becken s Abb 10) die subtropische Flora jener Zeit ist vielfach beschrieben worden (SCHWARZBACH MAGDEFRAU)

Northern Boundary of NHem Evaporite Zone

Oucternary (0-2 Ma) Late Tertiary 15-15 Ma) Early Tertiary (30-50Ma)

Abb 10 Mittlere Nordgrenze des Trockengiirtels (Ablashygerungen von Salz Gips usw) im Quartar (0 shy2 Ma) JungterWir (5 IS Ma) und Alttertilir (30 - 50 Ma) nach LOTZE

und Walder der gema~igten Zone reichten bis Nordgronshyland Nach SCHWARZBACH lagen im rheinischen Braunmiddot kohlengebiet die Temperaturen in allen Jahreszeiten urn 5-8degC hOher als heute Der stidhemisphiirische Trocken gtirtel reichte bis in die Nahe des Aquators Es ist unmogmiddot lich in diesem Rahmen auf Einzelheiten einzugehen zumal hierzu eine vollstiindige Auswertung der neueren geologimiddot schen Literatur notwendig ist

Nach BUDYKOs Modell kann der Obergang zu einem solchen Klima dh das Verschwinden des arktischen Eises bei einer allgemeinen Erwarmung urn ca 4degC eintreten (vgl auch KELLOGG) Das entsprache (je nach Modellannahme) einem virtueJlen CO2 -Gehalt von 800 shy1100 ppm der reale CO2 -Wert liegt bei 750 ppm (plusmn 15jd (Abschn 42) Ob und wann solche Werte erreicht werden hangt von Entscheidungen auf energiepolitisch-okonomisch sozialem Gebiet ab (Abschn 8)

17

7 Kaltphasen in der Klimageschichte

71 Kleine Eiszeit (1550-1850)

Dal~ das Klima im 20 Jahrhundert nieht das einzig mogliche ist ja dreg es selbst im Rahmen der [etzten 500 Jahre ausgesprochen anormal ist gehort zu den Tatsachen die selbst den meisten Meteorologen unbekannt sind Tatsachmiddot Hch haben wir in Europa - wie das am besten bekannte Verhalten der AJpengletscher zeigt seit rund lO 000 Jahmiddot ren immer wieder einen Wechsel zwischen Warmphasen (wie in Absehn 61 geschildert) ulld Kaltpllasen erlebt Hierbei sind die Phasen innerhalb dec beiden Gruppen untereinander recht iihnlich ihre Dauer aber variabel irgendwekhe persistenten Perioden existieren offenbar nieht oder ihr Anteil an der gesamten Varianz ist vernachmiddot liissigbar gering Wahrend die Gletscherstande der Zeit 1930-60 offenbar nahezu identisch sind mit denen frOherer Warmphasen l diese A ussage ist etwas unsieher) liegen die Moranen der GletschervorstoBe urn 1820 und urn 1855 fast genau auf denen frtiherer Gletscherhochstande (PATZELT) Die letzte Kaltphase kann uns also als Modell fUr aIle frOhemiddot ren seit dem RUckzug der grofben Inlandeise dienen ihre Bezeiehnung als Kleine Eiszeit ist allerdings bewufbt Ubermiddot trieben Ihr Beginn ist nieht eindeutig festlegbar schon urn 1160 urn 1320 und urn 1430 kam es zu kUrzeren aber marmiddot kanten GletschervorstoBen in den AJpen und fUr die beimiddot den 1etztgenannten Termine liegen viele Nachriehten Uber ganz ungewohnhche Klimaanomalien vor (LAMB von RUDLOFF) Von langerer Dauer war die Klimaverschlechmiddot terung ab 1560 die in ZUrich einen Rtickgang der Wintermiddot temperaturen urn 2degC brachte wahrend bei Kopenhagen das ganze Jahr Uber Winde aus SUdost und Ost - als Anzeimiddot chen blockierender Antizyklonen vorherrschten Die Witshyterungsabliiufe ahneln sehr denen die wir heute in Einzelmiddot jahren mit strengen Wintern (1939-42 19467 19623) erleben haufig blockierende Antizyklonen Wetter1agen mit anhaltend starker meridionaler Komponente - unmiddot gewohnlich kalt aber auch ungewohnlich warm haufige Dtirremiddot und Niisseperioden schneereiche und bis tief in das Frtihjahr anhaltende Winter mit nachfolgenden MiBernmiddot ten

FUr die Beurteilung der Klimabedingungen jener Zeit sind nieht nur die Gletscher der Hochgebirge sondern vor aHem die Under nahe der Polargrenze des besiedelten Landes wesentlich Island Sehottland die Faroer und Skandinamiddot vien Die Nachriehten vom Verhalten des arktischen Treibmiddot eises - mit seiner entscheidenden Rolle fiir Albedo und Wdrmehaushalt haufen sieh jetzt Island viele Jahre hinmiddot durch 6-9 Monate lang von Treibeis blockiert massive Eismiddot vorstoBe nach den Faroern (mit Wassertemperaturen 3_4degC unter den heutigen) und selbst nach Norwegen (wo die Fischerei jahrelang fast ohne Ertrag blieb) Rtickgang der Vegetationsgrenzen und schwere Nahrungskrisen in Schottmiddot land Besonders eindrucksvoHe Beispiele aus der Zeit 1755shy1790 schildert die durch genaue meteorologische und landwirtschaftliehe Daten ausgezeiehnete Arbeit von PFISTER aus dem Kanton Bern auf die weltweite Zusammiddot menschau von H LAMB (VoL II) sei nochmals hingemiddot wiesen

Eine voriaufige Zusammenstellung der jahrlichen Getreishydepreise in der Zeit von 1500-1860 gibt Abbildung 6 die aus den fast vollstandigen Reihen von 5 deutschen Stlidten

18

gemittel t wurde von einem langjiihrigen Trend abgesehen zeigt sie zahlreiche meist gruppenweise auftretenden Jahre mit Preisanstiegen urn das dreimiddot bis sechsfache Das absomiddot lute Maximum (bis 1950) waren die weitweiten Hunger jahre J81617 nach dem Vulkanausbruch des Tambora 1815

1m Gebiet der mediterranen Winterregen existieren widershyspruchsvolle Nachrichten einmal stimmen die kiiltesten Abschnitte (genannt seien die Zeiten urn 1570 1630 vor aHem 1680-1700 nach 1770 1816 f 1845 t) mit Feuchtjahren Uberein einmal mit Diirren Das gilt fUr Algemiddot rien die Seen Mittelitaliens ebenso wie fur das Tote Meer und das Kaspische Meer aber auch (nach Sh NICHOLSON) fUr die Sahelzone Systematische Studien Uber die Telekonmiddot nektionen der Niederschliige im Mittelmeergebiet brinmiddot gen die Lasung (HELBIG) die Maxima der mediterranen Winterregen konzentrieren sieh im Bereich quasistationarer Hahentroge und negative KorreIationen g1eichzeitiger Werte mit Abstanden von 700-1000 km ( = halbe Rossbymiddot Wellenlange) sind haufig Daher ist es hier sinnlos eine ganmiddot _ ze Klimazone zusammenzufassen die Abhangigkeit der KlimamiddotAnomalien von der Lange ist mindestens ebenso groB wie die von der Breite Die regionale Verteilung der entmiddot gegengesetzten Witterungsanomalien wird beherrscht von der jeweils quasistationaren Lage des bloekierenden Hoch C

zentrums und der begleitenden Hohentroge bzw Kaltluftmiddot tropfen - das kennt jeder erfahrene Synoptiker und das ist auch das zentrale Problem jeder iangfristigen Vorhermiddot sage Auch in Nordamerika hangen die kalten Zeitabschnitmiddot te dieser Periode mit bloekierenden Antizyklonen zusammiddot men wie die Auswertung von Baumringen (FRITTS) geshyzeigt haben

Was ist nun die Ursache des Vorherrschens meridionaler Zirkulationstypen in dieser Klimaphase was die Ursache dominierender zonaler Zirkulationstypen mit polwarts vermiddot schobenen subtropischen Hochzellen in den Warmphasen Beim VergIeieh etwa der Abschnitte 1815-1855 (nochshymals urn 1890) und 1930-1960 fall t sofort die verschiemiddot dene Lage der arktischen Treibeisgrenze im Atlantik auf im Raume urn Island-Norwegen handelt es sich urn Vermiddot schiebungen von der GroBenordnung 1500 km Was aber verursachte diese Ausweitung des arktischen Treibeises die maximal 2 Mill km2 erreicht haben dtirfte

Auf diese Frage existieren zZ zwei Antworten von demiddot nen wenigstens eine geophysikaJiseh einwandfrei begrtinshydet ist Sie bezieht sich auf eine von LAMB zusammengemiddot faBte Statistik von VulkanausbrUchen (s Abschn 32) bei der in der Tat ein Zusammenhang zwischen den Hohemiddot punkten der kleinen Eiszeit und besonders schweren Vulmiddot kaneruptionen (oder Gruppen) auffall 1 Andererseits hat EDDY darauf hingewiesen daB die auffallige lange Periode geringster SonnenaktivWit der Zeit 1643 -1710 mit ihrem Maximalstadium tibereinstimmt - dieser Zusammenhang ist jedoch bisher physikalisch noch ganz ungek1art und muB daher offen bleiben Wegen der Unvorhersagbarkeit beimiddot der Ursachen kann das erneute Auftreten einer solchen Kaltphase in den nachsten 50-100 J ahren weder bejaht noeh ausgeschlossen werden auch eine statistische Aussage tiber die Wahrscheinlichkeit bleibt unsicher da zahlenmaBige Unterlagen in beiden Fallen nur wenige Jahrshyhunderte umfassen und subjektive Beurteilungen nieht ausmiddot schlieBen konnen Sofern sich aber die glob ale Erwiirmung

(etwa ab 2000) durchsetzt werden Wahrscheinlichkeit und AusmaB einer Wiederholung der Kaltphase sHindig zurUckmiddot gehen

72 Ubergang zu einer Eiszeit

Keine Frage wird dem KJimatologen Ofter von Repormiddot tern gestellt als die nach der nachten Eiszeit Umso merkmiddot wUrdiger ist die geringe Rolle die der mogliche obergang vom heutigen (interglazialen) zu einem glazialen Klima in der wissenschaftlichen Literatur spielt Das mag zwei Grtinde haben Geologen und andere an der Klimageschichmiddot te interessierte Wissenschaftler wagen sich nicht (mit einimiddot gem Recht) auf ein ihnen fremdes Feld und die meisten Meteorologen halten dieses Problem fUr ebenso unwissenmiddot schaftlich wie das der Sintflut Diese Einstellung ist aber heute nieht mehr gerechtfertigt nachdem in einer Reihe von Fallen einwandfrei abrupte Klimaiinderungen mit einer in humanen MaBstaben ganz kurzen Zeitmiddot skala nachgewiesen wurden die samtlich aus den Interglamiddot zialen oder den - hier nieht interessierenden - tJbermiddot gangsstadien zwischen Glazial und Interglazial stammen Einwandfreie Belege beruhen entweder auf Untersuchunmiddot gen an fossilen Mooren mit Jahresschichten (Varven)

fln Seen mit hoher Sedimentationsrate oder von Baummiddot ringen Aus Raumgrtinden ist es nieht moglich auf einzelmiddot

ne Befunde einzugehen (FLOHN 1974 1978) Einer der besten stammt aus der Liineburger Heide (H MOLLER 1974 1978) wo vor tiber 300 000 Jahren ein Wald der einem etwas warmeren Klima als heute entsprach binnen 30 Jahren () verschwand urn nach einer Pause - die Zeit reicht nicht aus urn eine arktische Tundra hervorzubrinmiddot gen durch subarktischen Birkenwald ersetzt zu werden darauf folgte in 300-400 Jahren eine Sequenz von Waldo typen wie man sie heute auf einer Bahnfahrt von Narvik (68deg N) nach Siidschweden sehen kann Dauert die Reakmiddot tion eines Waldes auf eine Klimaanderung sieher Jahrzehnte oder Jahrhunderte so gibt es schnell ere Indikatoren In Mittelengland wurde nach Ende der letzten Eiszeit eine subarktische Kaferfauna in etwa 50 Jahren durch eine warmmiddotgemaBigte Fauna ersetzt aquivalent einer Erhohung der JulimiddotTemperatur urn 8-9degC (COOPE 1977)

Das sind nur zwei niichterne Befunde gewonnen mit neumiddot zeitlichen Arbeitsmethoden die in ihrer Gesamtheit nicht

~ehr anzweifelbar sind die wenigen Klimahistoriker memiddot teorologischer Herkunft haben sich inzwischen von der Bedeutung dieser Zeit skala abrupter KJimaanderungen laquo 100 Jahre) tiberzeugen lassen Mogliche U rsachen fUr die (haufigeren) rapiden Abklihlungen sind schon in den Abschnitten 2 und 7 erortert worden fUr Erwarmungen stehen sie noch aus In jtingster Zeit ist auch kIar geworden daB solche Ereignisse sieh nicht notwendig synchron aus wirken sondern wegen der nur allmahlichen Verlage rung barokliner Frontalzonen im Ozean oder dem regional verschieden raschen Ablauf der kontinentalen Vereisunshygen - diachron dh mit erheblichen Zeitunterschieden in der Horizontalen Das bedeutet auch eine Grenze fUr die Vorstellung eines fast-intransitiven Klimas im Sinne von ELORENZ

Nehmen wir die Moglichkeit einer abrupten Abklihlung dieser Zeitskala als gegeben an wie und wo konnte sie sieh abspielen Zweifellos kann eine kontinentale Gletshyscherbildung nur mit einem wiederholten Uberdauern

der Winterschneedecke tiber den Sommer hin beginnen in den kritischen Gebieten der Subarktis - so die 750000 km2 groBe Baffin-Insel mit ihren Hochplateaus Labrador auch Lappland und die norwegischen Gebirge - schmilzt auch heute die meterdicke Schneedecke erst Anfang oder Mitte Juni endgilltig ab urn sieh Ende August oder im Sepshytember neu zu bilden Hierzu gemigt in Baffinland ein Absinken der Sommertemperaturen urn nur etwa 2dege wahrend in den anderen Gebieten 4-6degC notwendig wamiddot ren oder zugleieh eine massive Zunahme der Schneenieshyderschlage Die kritische Stellung Baffinlands erhellt auch daraus daB in der kIeinen Eiszeit - nach Ausweis von FlechtenUntersuchungen die heute insgesamt 37 000 km 2 einnehmenden Plateau-Eisfelder sich auf 140000 km2 vergroBert hatten (IVES) entsprechende Untersumiddot chungen in Fennoskandien stehen noch aus

Eine Modelluntersuchung (ANDREWS - MAHAFFY) ftir Baffinland hat in zwei Experimenten gezeigt wie sich eine urn einen Faktor 3 erhohte Sehneebilanz in einer langsashymen Zunahme von Flache und Volumen einer Eisdecke auswirkt langsamer als die Beobachtungen des eusta tishyschen Sinkens des Meeresspiegels in den interglazialen Kaltmiddot phasen anzeigen Aber in diesem Modell ist die machtvolle Rtickkopplung zwischen Schneedecke Albedo und Tempeshyratur nieht voll und zu spat in Reehnung gestellt worden Jedenfalls ist es hochst unwahrscheinlich daB in den nachsten 100 Jahren nachdem zuerst eine Kaltphase im obigen Sinne eintrat dieser ProzeB sich tiber die unmittdshybare Umgebung hinaus weltweit auswirken konnte Hiermiddot gegen sprechen aueh die langperiodischen Effektr der Erdmiddot bahneIemente deren nachstes Minimum (kiihle Sommer in der Arktis kalte Winter zugleieh in der Antarktis) erst in rund 10 000 Jahren fallig ist (BERGER)

Bei dieser Sachlage ist hOchstens - bei einer Kombination mehrerer ungtinstiger Voraussetzungen etwa dem Zusamshymentreffen mehrerer sehr schwerer Vulkaneruptionen von der Intensitat des Tambora (1815) oder wenigstens Krakatau (1883) innerhalb der jetzigen Phase relativ ausgedehnten polaren Treibeises vor Wirksamwerden der erwarteten anthropogenen Erwarmung mit einer abortiven Vershygletscherung zu rechnen die nieht zu einer vollen Eiszeit auswachsen wUrde In unserer humanen Zeitskala ware das aber schon schlimm genug Serien von Jahren mit sehr kaIten Wintern kiihlen und nassen Sommern schwere MiBshyernten in weiten Teilen der gemaBigten Zone zeitweise auch in den Tropen die sieher nieht ausgeglichen werden konnen durch Feuchtejahre in Teilgebieten von Nordafrika und dem Nahen Osten Die Wahrscheinlichkeit hierfUr ist aber gering - sie betragt nach verschiedenen Kriterien tibereinstimmend zwischen 01 und 1 Prozent in den nachshysten 100 Jahren AuBerdem waren fUr diesen Fall gezielmiddot te GegenmaBnahmen denkbar die hier nieht volig utopishyscher Natur sind

8 Wahrscheinlichkeit und Risiken die Rolle der Energieshypolitik

Die Wahrscheinlichkeit einer globalen Warm phase ist nach allem was wir wissen erheblich groBer als die einer Kaltshyphase Die Schwierigkeit bei der Abschatzung liegt darin daB Entscheidungen und Entwicklungen auf politischer sozialer und 6konomischer Ebene hier eingreifen konnen

19

die vorherzusagen nicht nur dem Meteorologen schwer fallt Wenn wir diese einmal versuchsweise vernachHissigen dann dUrfte in den nachsten 100 Jahren die Wahrscheinmiddot Iichkeit fur das Auftreten einer Kaltpflase vom Typ der kleinen Eiszeit nieht mehr als hochstens 20k betragen (und naeh etwa 2000) weiter abnehmen) FUr das Auftreshyten einer Warmpllase im Sinne der Beispiele in den Abmiddot sdmitten 61 und 62 mUssen wir aber hohere WahrscheinshyIichkeiten ansetzen wenn auch erst nach der Jahrhundertmiddot wende danach steigen sie das ist die in vielen Diskusmiddot sionen erworbene Oberzeugung des Verfassers unter den hier und in Abschnitt 5 gegebenen Voraussetzungen auf Uber 50 an

1st ill diesem Faile aber eine Entwieklung zu einem eismiddot freien arktischen Ozean (Absehnitt 64) mit ihren fast unshyvorstellbaren Konsequenzen fUr Wasserversorgung und Ernahrung noch vermeidbar Damit libersehreiten wir die Grenze des Fachwissens des Meteorologen der sich nur allmiddot zu getne in den akademisehen Elfenbeinturm zurlickziemiddot hen moehte Aber die Dinge sind zu wichtig eine Wende auf Grund politischer Entscheidung auf internationaler Ebene ist noch moglieh aber dann und nur dann wenn das Dogma von der Notwendigkeit standig zunehmenden wirtschaftliehen Wachstums das bei begrenzten Vorshyraten (Resourcen) mit den Naturgesetzen unvereinbar ist shyzugunsten einer besseren Einsicht aufgegeben wird (GRUHl) Ebenso ist eine Stabilisierung des Bevolkerungsshywaehstums nOlwendig - ohne einen hoheren Lebensstanmiddot dard in den Entwicklungslandern ist das unrealisierbar

Gleichzeitig mu~ aber die Energiepolitik sich frei machen von dec sinnlosen Verschwendung fossiler EnergiequeIIen die in 400 Ma durch biologische Prozesse aus der Sonnenmiddot energie aufgebaut und gespeichert wurden (s a Beitrag JUNGE) Ein Obergang zu erneuerbaren Energiequellen (Sonne Wind Gezeiten - auch die kaum erschopfbare Geothermik) ist moglich erfordert aber eine Kombination neuartiger (und kostspieliger) Technologien wie sie etwa am International Institut for Applied Systems Analysis in Laxenburg bei Wien von einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von W HAFELE (frtiher Karlsruhe) entwiekelt werden Aueh die Kernenergie mul1 in diesen Rahmenshyjedenfalls fUr eine Obergangszeit - einbezogen werden Das mit ihr verbundene Risiko ist auf jeden Fall geringer als das Risiko einer Verlagerung aller Klimazonen Da ein Obergang zu neuen Technologien sieher tiber 30 wahrshyscheinlieh 50 Jahre benotigt drangt die Zeit Neue Priorimiddot taten mlissen gesetzt werden Es geht urn das Wohl der naehsten Generationen

Literaturauswahl

ANDREWS T1 MAHAFFY MAW Quaternary Research 6 (1976) S 167-183

AUGUSTSSON T RAMANATHAN V J atmos Sci 34(1977) S 448-451

BERGER AL Quaternary Research 9 (1978) S 139~-167

BJERKNES J Monthly Weather Review 97 (1969) S 163-172

BROWNLR Worldwatch Papers Washington DC 8 (I 976)

BRYSON RA MURRAY Th1 Climates of Hunger MadisonWis 1977

o

BUDD WF J Glaciol 14 (1975) S 3-21

BUDYKO MJ TeHus 21 (1969) S 611-619 29 (1977) S 193-204

CESS RD J atmos Sci 33 (1976) S 1831-1843

CHARNEY JG Quart J Roy Meteorol Soc 101 (1975) S 193-202

COOPEGR Phios Transact Roy Soc London 280 (1977) S 313 shy340

DANSGAARD W et al Quaternary Research 2 (1972) S 396-398

DOBERITZ R Ber d Deutschen Wetterd 112 (1968)

EDDYJA Science 192 (1976) S 1189-1202 198 (1977) S 824 829

FINK J KUKLA GJ Quaternary Research 7 (1977) S 363-37 L ~

FLOHN H III Bonner Meteorol Abhandl 15 (1971) 21 (1975) Quaternary ReseJrch 4 (1974) S 385-404 in print (1978)

FRENZEL B Die Klimaschwankungen des Eiszeitalters Braunschweig~ 1967 ErdwissForschungen 1(1968)

FRITTS HC Tree Rings and Climate London New York 1976

GABRIELB Berliner Geoge Abh 27 (1977)

GATES WL J atmos Sci 33 (1976) S 1844-1873

GRUHLH Ein Planet wird geplUndert Frankfurt aM 1978

HAFELE W SASSIN W Ann Rev Energy 2 (1977) S 1-30

HAHN J JUNGE ChL Z f Naturforsch 32a (1977) S 190-214

HASSELMANN K u Mitarb TeHus 28 (1976) S 473-485 29 (1977) S 289-305 385-392

HAYS JD IMBRIE J SHACKLETON N Science 194 (1976) S 1121-1132

HELBIGM Diplomarbeit Univ Bonn (1976)

HSO K et al Nature 242 (1973) S 240-244 267 (1977) S 399-403 Naturwissensch61 (1974)S137-142

HUGHES T Rev Geophys and Space Phys 13 (1975) S 502-526 15 (I977) S 1-46

HUMMEL J RECK RA General Motors Res Lab Publ 2607 (1978)

HUNT BG Monthly Weather Review 105 (1977) S 247-260

IVES JD et al Naturwissensch 62 (1975) S 118-125

KELLOGG WW WMOmiddotBull 26 (1977) S 229-240 27 (1978) S 3-10

KENNETTJP J geophys Res 82 (1977) S 3843-3860

KONDRATIEV G Ya NIKOLSKY GA Quart J Roy Meteorol Soc 96 (1970) S 509-522

l

KORFF HC FLOHN H Ann Meteorol N F 4 (1969) S 163-164

LAMBHH Climate Present Past and Future Vol I (1972) Vo Il (I 977) London Methuen

LORENZE J appl Meteorol 9 (1970) S 325-329

MAGEDEFRAU K Palaobiologie der Pflanzen 4 Aufl Stuttgart 1968

MANABE S BRYAN K Monthly Weather Review 97 (1969) S 739-827 J phys Oceanogr 5 (1975) S 3-29

MANABE S WETHERALD RT atmos Sci 24 (1967) S 241 ~-259 32 ( 1975) S 3-15

MASON BJ Promet 7 (1977) H 4 S 1-26

MASS Cl SCHNEIDER StH J atmos Sci 34 (1977) S 1995-2004

MAYKUT GA UNTERSTEINER N Jgeophys Res 76 (1971)S 1550-1575

MOLLERH Geologisches Jahrbuch 83 (1965) S 327-352 A 21 (1974) S 107-140 im Druck (1978)

NAMIAS J Short Period Climatic Variations 1934-1974 2 Vol F-- Univ of California 1975

NEWELL R et al Pure and appl Geophysics 116 (1978) S 351-371

NICHOLSON Sh Ph D Thesis Departm Meteor Univ Wisconsin (1976)

OLIVER RC J appl Meteorol 15 (1976) S 933--950

PACHUR HJ Die Erde 106 (1975) S 21-46

PATZELT G Coil Internal CN RS No 219 (1973) S 51-59

PFISTER Chr Beiheft 2 Jb Geogr Ges Bern (1975)

POLLOCK JP et al Jgeophys Res 81 (1976)S 1071 1083

RODEWALD M Dt Hydrogr Z 20 (1967) S 269 25 (1972) S 97-117

ROGNONP Rev Geogr Phys Geol Dynam 18 (1976) S 251-282

ROWNTREE PR Quart J Roy Meteorol Soc 98 (1972) S 290-321

RUDLOFF H v Die Schwankungen und Pendelungen des Klimas in Eushyropa Braunschweig 1967

SCHWARZBACH M Das Klima der Vorzeit 3 Aufl Stuttgart 1974

SHACKLETON NJ OPDYKE ND Quaternary Research 3 ( 1973) S 39-55

STROBING K Der Seewart 35 (1974) S 1-1436 (1975) S 28-29

TREMPEL U Diplomarbeit Univ Bonn (1978)

VOWINCKEL E ORVIG S World Survey of Climatology 14 (1970) S 129-252

WANG WC et al Science 194 (1976) S 685-690

WETHERALD RT MANABE S Monthly Weather Review 100 (1972) S 42-59 J atshymos Sci 32 (1975) S 2044-2059

YAMAMOTO R J Meteor Soc Japan 53 (1975) S 482-486

21

Page 19: :SBWU>t S9J9SUn ijun>tnz 9!a 9W91qOJd pun U9l>tB,:j · 2 Wechselwirkungen im klimatischen System . 2.1 Die Rolle des polaren Treibeises 2.2 Das El Nino-Phanomen . 2.3 Kontinentale

7 Kaltphasen in der Klimageschichte

71 Kleine Eiszeit (1550-1850)

Dal~ das Klima im 20 Jahrhundert nieht das einzig mogliche ist ja dreg es selbst im Rahmen der [etzten 500 Jahre ausgesprochen anormal ist gehort zu den Tatsachen die selbst den meisten Meteorologen unbekannt sind Tatsachmiddot Hch haben wir in Europa - wie das am besten bekannte Verhalten der AJpengletscher zeigt seit rund lO 000 Jahmiddot ren immer wieder einen Wechsel zwischen Warmphasen (wie in Absehn 61 geschildert) ulld Kaltpllasen erlebt Hierbei sind die Phasen innerhalb dec beiden Gruppen untereinander recht iihnlich ihre Dauer aber variabel irgendwekhe persistenten Perioden existieren offenbar nieht oder ihr Anteil an der gesamten Varianz ist vernachmiddot liissigbar gering Wahrend die Gletscherstande der Zeit 1930-60 offenbar nahezu identisch sind mit denen frOherer Warmphasen l diese A ussage ist etwas unsieher) liegen die Moranen der GletschervorstoBe urn 1820 und urn 1855 fast genau auf denen frtiherer Gletscherhochstande (PATZELT) Die letzte Kaltphase kann uns also als Modell fUr aIle frOhemiddot ren seit dem RUckzug der grofben Inlandeise dienen ihre Bezeiehnung als Kleine Eiszeit ist allerdings bewufbt Ubermiddot trieben Ihr Beginn ist nieht eindeutig festlegbar schon urn 1160 urn 1320 und urn 1430 kam es zu kUrzeren aber marmiddot kanten GletschervorstoBen in den AJpen und fUr die beimiddot den 1etztgenannten Termine liegen viele Nachriehten Uber ganz ungewohnhche Klimaanomalien vor (LAMB von RUDLOFF) Von langerer Dauer war die Klimaverschlechmiddot terung ab 1560 die in ZUrich einen Rtickgang der Wintermiddot temperaturen urn 2degC brachte wahrend bei Kopenhagen das ganze Jahr Uber Winde aus SUdost und Ost - als Anzeimiddot chen blockierender Antizyklonen vorherrschten Die Witshyterungsabliiufe ahneln sehr denen die wir heute in Einzelmiddot jahren mit strengen Wintern (1939-42 19467 19623) erleben haufig blockierende Antizyklonen Wetter1agen mit anhaltend starker meridionaler Komponente - unmiddot gewohnlich kalt aber auch ungewohnlich warm haufige Dtirremiddot und Niisseperioden schneereiche und bis tief in das Frtihjahr anhaltende Winter mit nachfolgenden MiBernmiddot ten

FUr die Beurteilung der Klimabedingungen jener Zeit sind nieht nur die Gletscher der Hochgebirge sondern vor aHem die Under nahe der Polargrenze des besiedelten Landes wesentlich Island Sehottland die Faroer und Skandinamiddot vien Die Nachriehten vom Verhalten des arktischen Treibmiddot eises - mit seiner entscheidenden Rolle fiir Albedo und Wdrmehaushalt haufen sieh jetzt Island viele Jahre hinmiddot durch 6-9 Monate lang von Treibeis blockiert massive Eismiddot vorstoBe nach den Faroern (mit Wassertemperaturen 3_4degC unter den heutigen) und selbst nach Norwegen (wo die Fischerei jahrelang fast ohne Ertrag blieb) Rtickgang der Vegetationsgrenzen und schwere Nahrungskrisen in Schottmiddot land Besonders eindrucksvoHe Beispiele aus der Zeit 1755shy1790 schildert die durch genaue meteorologische und landwirtschaftliehe Daten ausgezeiehnete Arbeit von PFISTER aus dem Kanton Bern auf die weltweite Zusammiddot menschau von H LAMB (VoL II) sei nochmals hingemiddot wiesen

Eine voriaufige Zusammenstellung der jahrlichen Getreishydepreise in der Zeit von 1500-1860 gibt Abbildung 6 die aus den fast vollstandigen Reihen von 5 deutschen Stlidten

18

gemittel t wurde von einem langjiihrigen Trend abgesehen zeigt sie zahlreiche meist gruppenweise auftretenden Jahre mit Preisanstiegen urn das dreimiddot bis sechsfache Das absomiddot lute Maximum (bis 1950) waren die weitweiten Hunger jahre J81617 nach dem Vulkanausbruch des Tambora 1815

1m Gebiet der mediterranen Winterregen existieren widershyspruchsvolle Nachrichten einmal stimmen die kiiltesten Abschnitte (genannt seien die Zeiten urn 1570 1630 vor aHem 1680-1700 nach 1770 1816 f 1845 t) mit Feuchtjahren Uberein einmal mit Diirren Das gilt fUr Algemiddot rien die Seen Mittelitaliens ebenso wie fur das Tote Meer und das Kaspische Meer aber auch (nach Sh NICHOLSON) fUr die Sahelzone Systematische Studien Uber die Telekonmiddot nektionen der Niederschliige im Mittelmeergebiet brinmiddot gen die Lasung (HELBIG) die Maxima der mediterranen Winterregen konzentrieren sieh im Bereich quasistationarer Hahentroge und negative KorreIationen g1eichzeitiger Werte mit Abstanden von 700-1000 km ( = halbe Rossbymiddot Wellenlange) sind haufig Daher ist es hier sinnlos eine ganmiddot _ ze Klimazone zusammenzufassen die Abhangigkeit der KlimamiddotAnomalien von der Lange ist mindestens ebenso groB wie die von der Breite Die regionale Verteilung der entmiddot gegengesetzten Witterungsanomalien wird beherrscht von der jeweils quasistationaren Lage des bloekierenden Hoch C

zentrums und der begleitenden Hohentroge bzw Kaltluftmiddot tropfen - das kennt jeder erfahrene Synoptiker und das ist auch das zentrale Problem jeder iangfristigen Vorhermiddot sage Auch in Nordamerika hangen die kalten Zeitabschnitmiddot te dieser Periode mit bloekierenden Antizyklonen zusammiddot men wie die Auswertung von Baumringen (FRITTS) geshyzeigt haben

Was ist nun die Ursache des Vorherrschens meridionaler Zirkulationstypen in dieser Klimaphase was die Ursache dominierender zonaler Zirkulationstypen mit polwarts vermiddot schobenen subtropischen Hochzellen in den Warmphasen Beim VergIeieh etwa der Abschnitte 1815-1855 (nochshymals urn 1890) und 1930-1960 fall t sofort die verschiemiddot dene Lage der arktischen Treibeisgrenze im Atlantik auf im Raume urn Island-Norwegen handelt es sich urn Vermiddot schiebungen von der GroBenordnung 1500 km Was aber verursachte diese Ausweitung des arktischen Treibeises die maximal 2 Mill km2 erreicht haben dtirfte

Auf diese Frage existieren zZ zwei Antworten von demiddot nen wenigstens eine geophysikaJiseh einwandfrei begrtinshydet ist Sie bezieht sich auf eine von LAMB zusammengemiddot faBte Statistik von VulkanausbrUchen (s Abschn 32) bei der in der Tat ein Zusammenhang zwischen den Hohemiddot punkten der kleinen Eiszeit und besonders schweren Vulmiddot kaneruptionen (oder Gruppen) auffall 1 Andererseits hat EDDY darauf hingewiesen daB die auffallige lange Periode geringster SonnenaktivWit der Zeit 1643 -1710 mit ihrem Maximalstadium tibereinstimmt - dieser Zusammenhang ist jedoch bisher physikalisch noch ganz ungek1art und muB daher offen bleiben Wegen der Unvorhersagbarkeit beimiddot der Ursachen kann das erneute Auftreten einer solchen Kaltphase in den nachsten 50-100 J ahren weder bejaht noeh ausgeschlossen werden auch eine statistische Aussage tiber die Wahrscheinlichkeit bleibt unsicher da zahlenmaBige Unterlagen in beiden Fallen nur wenige Jahrshyhunderte umfassen und subjektive Beurteilungen nieht ausmiddot schlieBen konnen Sofern sich aber die glob ale Erwiirmung

(etwa ab 2000) durchsetzt werden Wahrscheinlichkeit und AusmaB einer Wiederholung der Kaltphase sHindig zurUckmiddot gehen

72 Ubergang zu einer Eiszeit

Keine Frage wird dem KJimatologen Ofter von Repormiddot tern gestellt als die nach der nachten Eiszeit Umso merkmiddot wUrdiger ist die geringe Rolle die der mogliche obergang vom heutigen (interglazialen) zu einem glazialen Klima in der wissenschaftlichen Literatur spielt Das mag zwei Grtinde haben Geologen und andere an der Klimageschichmiddot te interessierte Wissenschaftler wagen sich nicht (mit einimiddot gem Recht) auf ein ihnen fremdes Feld und die meisten Meteorologen halten dieses Problem fUr ebenso unwissenmiddot schaftlich wie das der Sintflut Diese Einstellung ist aber heute nieht mehr gerechtfertigt nachdem in einer Reihe von Fallen einwandfrei abrupte Klimaiinderungen mit einer in humanen MaBstaben ganz kurzen Zeitmiddot skala nachgewiesen wurden die samtlich aus den Interglamiddot zialen oder den - hier nieht interessierenden - tJbermiddot gangsstadien zwischen Glazial und Interglazial stammen Einwandfreie Belege beruhen entweder auf Untersuchunmiddot gen an fossilen Mooren mit Jahresschichten (Varven)

fln Seen mit hoher Sedimentationsrate oder von Baummiddot ringen Aus Raumgrtinden ist es nieht moglich auf einzelmiddot

ne Befunde einzugehen (FLOHN 1974 1978) Einer der besten stammt aus der Liineburger Heide (H MOLLER 1974 1978) wo vor tiber 300 000 Jahren ein Wald der einem etwas warmeren Klima als heute entsprach binnen 30 Jahren () verschwand urn nach einer Pause - die Zeit reicht nicht aus urn eine arktische Tundra hervorzubrinmiddot gen durch subarktischen Birkenwald ersetzt zu werden darauf folgte in 300-400 Jahren eine Sequenz von Waldo typen wie man sie heute auf einer Bahnfahrt von Narvik (68deg N) nach Siidschweden sehen kann Dauert die Reakmiddot tion eines Waldes auf eine Klimaanderung sieher Jahrzehnte oder Jahrhunderte so gibt es schnell ere Indikatoren In Mittelengland wurde nach Ende der letzten Eiszeit eine subarktische Kaferfauna in etwa 50 Jahren durch eine warmmiddotgemaBigte Fauna ersetzt aquivalent einer Erhohung der JulimiddotTemperatur urn 8-9degC (COOPE 1977)

Das sind nur zwei niichterne Befunde gewonnen mit neumiddot zeitlichen Arbeitsmethoden die in ihrer Gesamtheit nicht

~ehr anzweifelbar sind die wenigen Klimahistoriker memiddot teorologischer Herkunft haben sich inzwischen von der Bedeutung dieser Zeit skala abrupter KJimaanderungen laquo 100 Jahre) tiberzeugen lassen Mogliche U rsachen fUr die (haufigeren) rapiden Abklihlungen sind schon in den Abschnitten 2 und 7 erortert worden fUr Erwarmungen stehen sie noch aus In jtingster Zeit ist auch kIar geworden daB solche Ereignisse sieh nicht notwendig synchron aus wirken sondern wegen der nur allmahlichen Verlage rung barokliner Frontalzonen im Ozean oder dem regional verschieden raschen Ablauf der kontinentalen Vereisunshygen - diachron dh mit erheblichen Zeitunterschieden in der Horizontalen Das bedeutet auch eine Grenze fUr die Vorstellung eines fast-intransitiven Klimas im Sinne von ELORENZ

Nehmen wir die Moglichkeit einer abrupten Abklihlung dieser Zeitskala als gegeben an wie und wo konnte sie sieh abspielen Zweifellos kann eine kontinentale Gletshyscherbildung nur mit einem wiederholten Uberdauern

der Winterschneedecke tiber den Sommer hin beginnen in den kritischen Gebieten der Subarktis - so die 750000 km2 groBe Baffin-Insel mit ihren Hochplateaus Labrador auch Lappland und die norwegischen Gebirge - schmilzt auch heute die meterdicke Schneedecke erst Anfang oder Mitte Juni endgilltig ab urn sieh Ende August oder im Sepshytember neu zu bilden Hierzu gemigt in Baffinland ein Absinken der Sommertemperaturen urn nur etwa 2dege wahrend in den anderen Gebieten 4-6degC notwendig wamiddot ren oder zugleieh eine massive Zunahme der Schneenieshyderschlage Die kritische Stellung Baffinlands erhellt auch daraus daB in der kIeinen Eiszeit - nach Ausweis von FlechtenUntersuchungen die heute insgesamt 37 000 km 2 einnehmenden Plateau-Eisfelder sich auf 140000 km2 vergroBert hatten (IVES) entsprechende Untersumiddot chungen in Fennoskandien stehen noch aus

Eine Modelluntersuchung (ANDREWS - MAHAFFY) ftir Baffinland hat in zwei Experimenten gezeigt wie sich eine urn einen Faktor 3 erhohte Sehneebilanz in einer langsashymen Zunahme von Flache und Volumen einer Eisdecke auswirkt langsamer als die Beobachtungen des eusta tishyschen Sinkens des Meeresspiegels in den interglazialen Kaltmiddot phasen anzeigen Aber in diesem Modell ist die machtvolle Rtickkopplung zwischen Schneedecke Albedo und Tempeshyratur nieht voll und zu spat in Reehnung gestellt worden Jedenfalls ist es hochst unwahrscheinlich daB in den nachsten 100 Jahren nachdem zuerst eine Kaltphase im obigen Sinne eintrat dieser ProzeB sich tiber die unmittdshybare Umgebung hinaus weltweit auswirken konnte Hiermiddot gegen sprechen aueh die langperiodischen Effektr der Erdmiddot bahneIemente deren nachstes Minimum (kiihle Sommer in der Arktis kalte Winter zugleieh in der Antarktis) erst in rund 10 000 Jahren fallig ist (BERGER)

Bei dieser Sachlage ist hOchstens - bei einer Kombination mehrerer ungtinstiger Voraussetzungen etwa dem Zusamshymentreffen mehrerer sehr schwerer Vulkaneruptionen von der Intensitat des Tambora (1815) oder wenigstens Krakatau (1883) innerhalb der jetzigen Phase relativ ausgedehnten polaren Treibeises vor Wirksamwerden der erwarteten anthropogenen Erwarmung mit einer abortiven Vershygletscherung zu rechnen die nieht zu einer vollen Eiszeit auswachsen wUrde In unserer humanen Zeitskala ware das aber schon schlimm genug Serien von Jahren mit sehr kaIten Wintern kiihlen und nassen Sommern schwere MiBshyernten in weiten Teilen der gemaBigten Zone zeitweise auch in den Tropen die sieher nieht ausgeglichen werden konnen durch Feuchtejahre in Teilgebieten von Nordafrika und dem Nahen Osten Die Wahrscheinlichkeit hierfUr ist aber gering - sie betragt nach verschiedenen Kriterien tibereinstimmend zwischen 01 und 1 Prozent in den nachshysten 100 Jahren AuBerdem waren fUr diesen Fall gezielmiddot te GegenmaBnahmen denkbar die hier nieht volig utopishyscher Natur sind

8 Wahrscheinlichkeit und Risiken die Rolle der Energieshypolitik

Die Wahrscheinlichkeit einer globalen Warm phase ist nach allem was wir wissen erheblich groBer als die einer Kaltshyphase Die Schwierigkeit bei der Abschatzung liegt darin daB Entscheidungen und Entwicklungen auf politischer sozialer und 6konomischer Ebene hier eingreifen konnen

19

die vorherzusagen nicht nur dem Meteorologen schwer fallt Wenn wir diese einmal versuchsweise vernachHissigen dann dUrfte in den nachsten 100 Jahren die Wahrscheinmiddot Iichkeit fur das Auftreten einer Kaltpflase vom Typ der kleinen Eiszeit nieht mehr als hochstens 20k betragen (und naeh etwa 2000) weiter abnehmen) FUr das Auftreshyten einer Warmpllase im Sinne der Beispiele in den Abmiddot sdmitten 61 und 62 mUssen wir aber hohere WahrscheinshyIichkeiten ansetzen wenn auch erst nach der Jahrhundertmiddot wende danach steigen sie das ist die in vielen Diskusmiddot sionen erworbene Oberzeugung des Verfassers unter den hier und in Abschnitt 5 gegebenen Voraussetzungen auf Uber 50 an

1st ill diesem Faile aber eine Entwieklung zu einem eismiddot freien arktischen Ozean (Absehnitt 64) mit ihren fast unshyvorstellbaren Konsequenzen fUr Wasserversorgung und Ernahrung noch vermeidbar Damit libersehreiten wir die Grenze des Fachwissens des Meteorologen der sich nur allmiddot zu getne in den akademisehen Elfenbeinturm zurlickziemiddot hen moehte Aber die Dinge sind zu wichtig eine Wende auf Grund politischer Entscheidung auf internationaler Ebene ist noch moglieh aber dann und nur dann wenn das Dogma von der Notwendigkeit standig zunehmenden wirtschaftliehen Wachstums das bei begrenzten Vorshyraten (Resourcen) mit den Naturgesetzen unvereinbar ist shyzugunsten einer besseren Einsicht aufgegeben wird (GRUHl) Ebenso ist eine Stabilisierung des Bevolkerungsshywaehstums nOlwendig - ohne einen hoheren Lebensstanmiddot dard in den Entwicklungslandern ist das unrealisierbar

Gleichzeitig mu~ aber die Energiepolitik sich frei machen von dec sinnlosen Verschwendung fossiler EnergiequeIIen die in 400 Ma durch biologische Prozesse aus der Sonnenmiddot energie aufgebaut und gespeichert wurden (s a Beitrag JUNGE) Ein Obergang zu erneuerbaren Energiequellen (Sonne Wind Gezeiten - auch die kaum erschopfbare Geothermik) ist moglich erfordert aber eine Kombination neuartiger (und kostspieliger) Technologien wie sie etwa am International Institut for Applied Systems Analysis in Laxenburg bei Wien von einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von W HAFELE (frtiher Karlsruhe) entwiekelt werden Aueh die Kernenergie mul1 in diesen Rahmenshyjedenfalls fUr eine Obergangszeit - einbezogen werden Das mit ihr verbundene Risiko ist auf jeden Fall geringer als das Risiko einer Verlagerung aller Klimazonen Da ein Obergang zu neuen Technologien sieher tiber 30 wahrshyscheinlieh 50 Jahre benotigt drangt die Zeit Neue Priorimiddot taten mlissen gesetzt werden Es geht urn das Wohl der naehsten Generationen

Literaturauswahl

ANDREWS T1 MAHAFFY MAW Quaternary Research 6 (1976) S 167-183

AUGUSTSSON T RAMANATHAN V J atmos Sci 34(1977) S 448-451

BERGER AL Quaternary Research 9 (1978) S 139~-167

BJERKNES J Monthly Weather Review 97 (1969) S 163-172

BROWNLR Worldwatch Papers Washington DC 8 (I 976)

BRYSON RA MURRAY Th1 Climates of Hunger MadisonWis 1977

o

BUDD WF J Glaciol 14 (1975) S 3-21

BUDYKO MJ TeHus 21 (1969) S 611-619 29 (1977) S 193-204

CESS RD J atmos Sci 33 (1976) S 1831-1843

CHARNEY JG Quart J Roy Meteorol Soc 101 (1975) S 193-202

COOPEGR Phios Transact Roy Soc London 280 (1977) S 313 shy340

DANSGAARD W et al Quaternary Research 2 (1972) S 396-398

DOBERITZ R Ber d Deutschen Wetterd 112 (1968)

EDDYJA Science 192 (1976) S 1189-1202 198 (1977) S 824 829

FINK J KUKLA GJ Quaternary Research 7 (1977) S 363-37 L ~

FLOHN H III Bonner Meteorol Abhandl 15 (1971) 21 (1975) Quaternary ReseJrch 4 (1974) S 385-404 in print (1978)

FRENZEL B Die Klimaschwankungen des Eiszeitalters Braunschweig~ 1967 ErdwissForschungen 1(1968)

FRITTS HC Tree Rings and Climate London New York 1976

GABRIELB Berliner Geoge Abh 27 (1977)

GATES WL J atmos Sci 33 (1976) S 1844-1873

GRUHLH Ein Planet wird geplUndert Frankfurt aM 1978

HAFELE W SASSIN W Ann Rev Energy 2 (1977) S 1-30

HAHN J JUNGE ChL Z f Naturforsch 32a (1977) S 190-214

HASSELMANN K u Mitarb TeHus 28 (1976) S 473-485 29 (1977) S 289-305 385-392

HAYS JD IMBRIE J SHACKLETON N Science 194 (1976) S 1121-1132

HELBIGM Diplomarbeit Univ Bonn (1976)

HSO K et al Nature 242 (1973) S 240-244 267 (1977) S 399-403 Naturwissensch61 (1974)S137-142

HUGHES T Rev Geophys and Space Phys 13 (1975) S 502-526 15 (I977) S 1-46

HUMMEL J RECK RA General Motors Res Lab Publ 2607 (1978)

HUNT BG Monthly Weather Review 105 (1977) S 247-260

IVES JD et al Naturwissensch 62 (1975) S 118-125

KELLOGG WW WMOmiddotBull 26 (1977) S 229-240 27 (1978) S 3-10

KENNETTJP J geophys Res 82 (1977) S 3843-3860

KONDRATIEV G Ya NIKOLSKY GA Quart J Roy Meteorol Soc 96 (1970) S 509-522

l

KORFF HC FLOHN H Ann Meteorol N F 4 (1969) S 163-164

LAMBHH Climate Present Past and Future Vol I (1972) Vo Il (I 977) London Methuen

LORENZE J appl Meteorol 9 (1970) S 325-329

MAGEDEFRAU K Palaobiologie der Pflanzen 4 Aufl Stuttgart 1968

MANABE S BRYAN K Monthly Weather Review 97 (1969) S 739-827 J phys Oceanogr 5 (1975) S 3-29

MANABE S WETHERALD RT atmos Sci 24 (1967) S 241 ~-259 32 ( 1975) S 3-15

MASON BJ Promet 7 (1977) H 4 S 1-26

MASS Cl SCHNEIDER StH J atmos Sci 34 (1977) S 1995-2004

MAYKUT GA UNTERSTEINER N Jgeophys Res 76 (1971)S 1550-1575

MOLLERH Geologisches Jahrbuch 83 (1965) S 327-352 A 21 (1974) S 107-140 im Druck (1978)

NAMIAS J Short Period Climatic Variations 1934-1974 2 Vol F-- Univ of California 1975

NEWELL R et al Pure and appl Geophysics 116 (1978) S 351-371

NICHOLSON Sh Ph D Thesis Departm Meteor Univ Wisconsin (1976)

OLIVER RC J appl Meteorol 15 (1976) S 933--950

PACHUR HJ Die Erde 106 (1975) S 21-46

PATZELT G Coil Internal CN RS No 219 (1973) S 51-59

PFISTER Chr Beiheft 2 Jb Geogr Ges Bern (1975)

POLLOCK JP et al Jgeophys Res 81 (1976)S 1071 1083

RODEWALD M Dt Hydrogr Z 20 (1967) S 269 25 (1972) S 97-117

ROGNONP Rev Geogr Phys Geol Dynam 18 (1976) S 251-282

ROWNTREE PR Quart J Roy Meteorol Soc 98 (1972) S 290-321

RUDLOFF H v Die Schwankungen und Pendelungen des Klimas in Eushyropa Braunschweig 1967

SCHWARZBACH M Das Klima der Vorzeit 3 Aufl Stuttgart 1974

SHACKLETON NJ OPDYKE ND Quaternary Research 3 ( 1973) S 39-55

STROBING K Der Seewart 35 (1974) S 1-1436 (1975) S 28-29

TREMPEL U Diplomarbeit Univ Bonn (1978)

VOWINCKEL E ORVIG S World Survey of Climatology 14 (1970) S 129-252

WANG WC et al Science 194 (1976) S 685-690

WETHERALD RT MANABE S Monthly Weather Review 100 (1972) S 42-59 J atshymos Sci 32 (1975) S 2044-2059

YAMAMOTO R J Meteor Soc Japan 53 (1975) S 482-486

21

Page 20: :SBWU>t S9J9SUn ijun>tnz 9!a 9W91qOJd pun U9l>tB,:j · 2 Wechselwirkungen im klimatischen System . 2.1 Die Rolle des polaren Treibeises 2.2 Das El Nino-Phanomen . 2.3 Kontinentale

(etwa ab 2000) durchsetzt werden Wahrscheinlichkeit und AusmaB einer Wiederholung der Kaltphase sHindig zurUckmiddot gehen

72 Ubergang zu einer Eiszeit

Keine Frage wird dem KJimatologen Ofter von Repormiddot tern gestellt als die nach der nachten Eiszeit Umso merkmiddot wUrdiger ist die geringe Rolle die der mogliche obergang vom heutigen (interglazialen) zu einem glazialen Klima in der wissenschaftlichen Literatur spielt Das mag zwei Grtinde haben Geologen und andere an der Klimageschichmiddot te interessierte Wissenschaftler wagen sich nicht (mit einimiddot gem Recht) auf ein ihnen fremdes Feld und die meisten Meteorologen halten dieses Problem fUr ebenso unwissenmiddot schaftlich wie das der Sintflut Diese Einstellung ist aber heute nieht mehr gerechtfertigt nachdem in einer Reihe von Fallen einwandfrei abrupte Klimaiinderungen mit einer in humanen MaBstaben ganz kurzen Zeitmiddot skala nachgewiesen wurden die samtlich aus den Interglamiddot zialen oder den - hier nieht interessierenden - tJbermiddot gangsstadien zwischen Glazial und Interglazial stammen Einwandfreie Belege beruhen entweder auf Untersuchunmiddot gen an fossilen Mooren mit Jahresschichten (Varven)

fln Seen mit hoher Sedimentationsrate oder von Baummiddot ringen Aus Raumgrtinden ist es nieht moglich auf einzelmiddot

ne Befunde einzugehen (FLOHN 1974 1978) Einer der besten stammt aus der Liineburger Heide (H MOLLER 1974 1978) wo vor tiber 300 000 Jahren ein Wald der einem etwas warmeren Klima als heute entsprach binnen 30 Jahren () verschwand urn nach einer Pause - die Zeit reicht nicht aus urn eine arktische Tundra hervorzubrinmiddot gen durch subarktischen Birkenwald ersetzt zu werden darauf folgte in 300-400 Jahren eine Sequenz von Waldo typen wie man sie heute auf einer Bahnfahrt von Narvik (68deg N) nach Siidschweden sehen kann Dauert die Reakmiddot tion eines Waldes auf eine Klimaanderung sieher Jahrzehnte oder Jahrhunderte so gibt es schnell ere Indikatoren In Mittelengland wurde nach Ende der letzten Eiszeit eine subarktische Kaferfauna in etwa 50 Jahren durch eine warmmiddotgemaBigte Fauna ersetzt aquivalent einer Erhohung der JulimiddotTemperatur urn 8-9degC (COOPE 1977)

Das sind nur zwei niichterne Befunde gewonnen mit neumiddot zeitlichen Arbeitsmethoden die in ihrer Gesamtheit nicht

~ehr anzweifelbar sind die wenigen Klimahistoriker memiddot teorologischer Herkunft haben sich inzwischen von der Bedeutung dieser Zeit skala abrupter KJimaanderungen laquo 100 Jahre) tiberzeugen lassen Mogliche U rsachen fUr die (haufigeren) rapiden Abklihlungen sind schon in den Abschnitten 2 und 7 erortert worden fUr Erwarmungen stehen sie noch aus In jtingster Zeit ist auch kIar geworden daB solche Ereignisse sieh nicht notwendig synchron aus wirken sondern wegen der nur allmahlichen Verlage rung barokliner Frontalzonen im Ozean oder dem regional verschieden raschen Ablauf der kontinentalen Vereisunshygen - diachron dh mit erheblichen Zeitunterschieden in der Horizontalen Das bedeutet auch eine Grenze fUr die Vorstellung eines fast-intransitiven Klimas im Sinne von ELORENZ

Nehmen wir die Moglichkeit einer abrupten Abklihlung dieser Zeitskala als gegeben an wie und wo konnte sie sieh abspielen Zweifellos kann eine kontinentale Gletshyscherbildung nur mit einem wiederholten Uberdauern

der Winterschneedecke tiber den Sommer hin beginnen in den kritischen Gebieten der Subarktis - so die 750000 km2 groBe Baffin-Insel mit ihren Hochplateaus Labrador auch Lappland und die norwegischen Gebirge - schmilzt auch heute die meterdicke Schneedecke erst Anfang oder Mitte Juni endgilltig ab urn sieh Ende August oder im Sepshytember neu zu bilden Hierzu gemigt in Baffinland ein Absinken der Sommertemperaturen urn nur etwa 2dege wahrend in den anderen Gebieten 4-6degC notwendig wamiddot ren oder zugleieh eine massive Zunahme der Schneenieshyderschlage Die kritische Stellung Baffinlands erhellt auch daraus daB in der kIeinen Eiszeit - nach Ausweis von FlechtenUntersuchungen die heute insgesamt 37 000 km 2 einnehmenden Plateau-Eisfelder sich auf 140000 km2 vergroBert hatten (IVES) entsprechende Untersumiddot chungen in Fennoskandien stehen noch aus

Eine Modelluntersuchung (ANDREWS - MAHAFFY) ftir Baffinland hat in zwei Experimenten gezeigt wie sich eine urn einen Faktor 3 erhohte Sehneebilanz in einer langsashymen Zunahme von Flache und Volumen einer Eisdecke auswirkt langsamer als die Beobachtungen des eusta tishyschen Sinkens des Meeresspiegels in den interglazialen Kaltmiddot phasen anzeigen Aber in diesem Modell ist die machtvolle Rtickkopplung zwischen Schneedecke Albedo und Tempeshyratur nieht voll und zu spat in Reehnung gestellt worden Jedenfalls ist es hochst unwahrscheinlich daB in den nachsten 100 Jahren nachdem zuerst eine Kaltphase im obigen Sinne eintrat dieser ProzeB sich tiber die unmittdshybare Umgebung hinaus weltweit auswirken konnte Hiermiddot gegen sprechen aueh die langperiodischen Effektr der Erdmiddot bahneIemente deren nachstes Minimum (kiihle Sommer in der Arktis kalte Winter zugleieh in der Antarktis) erst in rund 10 000 Jahren fallig ist (BERGER)

Bei dieser Sachlage ist hOchstens - bei einer Kombination mehrerer ungtinstiger Voraussetzungen etwa dem Zusamshymentreffen mehrerer sehr schwerer Vulkaneruptionen von der Intensitat des Tambora (1815) oder wenigstens Krakatau (1883) innerhalb der jetzigen Phase relativ ausgedehnten polaren Treibeises vor Wirksamwerden der erwarteten anthropogenen Erwarmung mit einer abortiven Vershygletscherung zu rechnen die nieht zu einer vollen Eiszeit auswachsen wUrde In unserer humanen Zeitskala ware das aber schon schlimm genug Serien von Jahren mit sehr kaIten Wintern kiihlen und nassen Sommern schwere MiBshyernten in weiten Teilen der gemaBigten Zone zeitweise auch in den Tropen die sieher nieht ausgeglichen werden konnen durch Feuchtejahre in Teilgebieten von Nordafrika und dem Nahen Osten Die Wahrscheinlichkeit hierfUr ist aber gering - sie betragt nach verschiedenen Kriterien tibereinstimmend zwischen 01 und 1 Prozent in den nachshysten 100 Jahren AuBerdem waren fUr diesen Fall gezielmiddot te GegenmaBnahmen denkbar die hier nieht volig utopishyscher Natur sind

8 Wahrscheinlichkeit und Risiken die Rolle der Energieshypolitik

Die Wahrscheinlichkeit einer globalen Warm phase ist nach allem was wir wissen erheblich groBer als die einer Kaltshyphase Die Schwierigkeit bei der Abschatzung liegt darin daB Entscheidungen und Entwicklungen auf politischer sozialer und 6konomischer Ebene hier eingreifen konnen

19

die vorherzusagen nicht nur dem Meteorologen schwer fallt Wenn wir diese einmal versuchsweise vernachHissigen dann dUrfte in den nachsten 100 Jahren die Wahrscheinmiddot Iichkeit fur das Auftreten einer Kaltpflase vom Typ der kleinen Eiszeit nieht mehr als hochstens 20k betragen (und naeh etwa 2000) weiter abnehmen) FUr das Auftreshyten einer Warmpllase im Sinne der Beispiele in den Abmiddot sdmitten 61 und 62 mUssen wir aber hohere WahrscheinshyIichkeiten ansetzen wenn auch erst nach der Jahrhundertmiddot wende danach steigen sie das ist die in vielen Diskusmiddot sionen erworbene Oberzeugung des Verfassers unter den hier und in Abschnitt 5 gegebenen Voraussetzungen auf Uber 50 an

1st ill diesem Faile aber eine Entwieklung zu einem eismiddot freien arktischen Ozean (Absehnitt 64) mit ihren fast unshyvorstellbaren Konsequenzen fUr Wasserversorgung und Ernahrung noch vermeidbar Damit libersehreiten wir die Grenze des Fachwissens des Meteorologen der sich nur allmiddot zu getne in den akademisehen Elfenbeinturm zurlickziemiddot hen moehte Aber die Dinge sind zu wichtig eine Wende auf Grund politischer Entscheidung auf internationaler Ebene ist noch moglieh aber dann und nur dann wenn das Dogma von der Notwendigkeit standig zunehmenden wirtschaftliehen Wachstums das bei begrenzten Vorshyraten (Resourcen) mit den Naturgesetzen unvereinbar ist shyzugunsten einer besseren Einsicht aufgegeben wird (GRUHl) Ebenso ist eine Stabilisierung des Bevolkerungsshywaehstums nOlwendig - ohne einen hoheren Lebensstanmiddot dard in den Entwicklungslandern ist das unrealisierbar

Gleichzeitig mu~ aber die Energiepolitik sich frei machen von dec sinnlosen Verschwendung fossiler EnergiequeIIen die in 400 Ma durch biologische Prozesse aus der Sonnenmiddot energie aufgebaut und gespeichert wurden (s a Beitrag JUNGE) Ein Obergang zu erneuerbaren Energiequellen (Sonne Wind Gezeiten - auch die kaum erschopfbare Geothermik) ist moglich erfordert aber eine Kombination neuartiger (und kostspieliger) Technologien wie sie etwa am International Institut for Applied Systems Analysis in Laxenburg bei Wien von einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von W HAFELE (frtiher Karlsruhe) entwiekelt werden Aueh die Kernenergie mul1 in diesen Rahmenshyjedenfalls fUr eine Obergangszeit - einbezogen werden Das mit ihr verbundene Risiko ist auf jeden Fall geringer als das Risiko einer Verlagerung aller Klimazonen Da ein Obergang zu neuen Technologien sieher tiber 30 wahrshyscheinlieh 50 Jahre benotigt drangt die Zeit Neue Priorimiddot taten mlissen gesetzt werden Es geht urn das Wohl der naehsten Generationen

Literaturauswahl

ANDREWS T1 MAHAFFY MAW Quaternary Research 6 (1976) S 167-183

AUGUSTSSON T RAMANATHAN V J atmos Sci 34(1977) S 448-451

BERGER AL Quaternary Research 9 (1978) S 139~-167

BJERKNES J Monthly Weather Review 97 (1969) S 163-172

BROWNLR Worldwatch Papers Washington DC 8 (I 976)

BRYSON RA MURRAY Th1 Climates of Hunger MadisonWis 1977

o

BUDD WF J Glaciol 14 (1975) S 3-21

BUDYKO MJ TeHus 21 (1969) S 611-619 29 (1977) S 193-204

CESS RD J atmos Sci 33 (1976) S 1831-1843

CHARNEY JG Quart J Roy Meteorol Soc 101 (1975) S 193-202

COOPEGR Phios Transact Roy Soc London 280 (1977) S 313 shy340

DANSGAARD W et al Quaternary Research 2 (1972) S 396-398

DOBERITZ R Ber d Deutschen Wetterd 112 (1968)

EDDYJA Science 192 (1976) S 1189-1202 198 (1977) S 824 829

FINK J KUKLA GJ Quaternary Research 7 (1977) S 363-37 L ~

FLOHN H III Bonner Meteorol Abhandl 15 (1971) 21 (1975) Quaternary ReseJrch 4 (1974) S 385-404 in print (1978)

FRENZEL B Die Klimaschwankungen des Eiszeitalters Braunschweig~ 1967 ErdwissForschungen 1(1968)

FRITTS HC Tree Rings and Climate London New York 1976

GABRIELB Berliner Geoge Abh 27 (1977)

GATES WL J atmos Sci 33 (1976) S 1844-1873

GRUHLH Ein Planet wird geplUndert Frankfurt aM 1978

HAFELE W SASSIN W Ann Rev Energy 2 (1977) S 1-30

HAHN J JUNGE ChL Z f Naturforsch 32a (1977) S 190-214

HASSELMANN K u Mitarb TeHus 28 (1976) S 473-485 29 (1977) S 289-305 385-392

HAYS JD IMBRIE J SHACKLETON N Science 194 (1976) S 1121-1132

HELBIGM Diplomarbeit Univ Bonn (1976)

HSO K et al Nature 242 (1973) S 240-244 267 (1977) S 399-403 Naturwissensch61 (1974)S137-142

HUGHES T Rev Geophys and Space Phys 13 (1975) S 502-526 15 (I977) S 1-46

HUMMEL J RECK RA General Motors Res Lab Publ 2607 (1978)

HUNT BG Monthly Weather Review 105 (1977) S 247-260

IVES JD et al Naturwissensch 62 (1975) S 118-125

KELLOGG WW WMOmiddotBull 26 (1977) S 229-240 27 (1978) S 3-10

KENNETTJP J geophys Res 82 (1977) S 3843-3860

KONDRATIEV G Ya NIKOLSKY GA Quart J Roy Meteorol Soc 96 (1970) S 509-522

l

KORFF HC FLOHN H Ann Meteorol N F 4 (1969) S 163-164

LAMBHH Climate Present Past and Future Vol I (1972) Vo Il (I 977) London Methuen

LORENZE J appl Meteorol 9 (1970) S 325-329

MAGEDEFRAU K Palaobiologie der Pflanzen 4 Aufl Stuttgart 1968

MANABE S BRYAN K Monthly Weather Review 97 (1969) S 739-827 J phys Oceanogr 5 (1975) S 3-29

MANABE S WETHERALD RT atmos Sci 24 (1967) S 241 ~-259 32 ( 1975) S 3-15

MASON BJ Promet 7 (1977) H 4 S 1-26

MASS Cl SCHNEIDER StH J atmos Sci 34 (1977) S 1995-2004

MAYKUT GA UNTERSTEINER N Jgeophys Res 76 (1971)S 1550-1575

MOLLERH Geologisches Jahrbuch 83 (1965) S 327-352 A 21 (1974) S 107-140 im Druck (1978)

NAMIAS J Short Period Climatic Variations 1934-1974 2 Vol F-- Univ of California 1975

NEWELL R et al Pure and appl Geophysics 116 (1978) S 351-371

NICHOLSON Sh Ph D Thesis Departm Meteor Univ Wisconsin (1976)

OLIVER RC J appl Meteorol 15 (1976) S 933--950

PACHUR HJ Die Erde 106 (1975) S 21-46

PATZELT G Coil Internal CN RS No 219 (1973) S 51-59

PFISTER Chr Beiheft 2 Jb Geogr Ges Bern (1975)

POLLOCK JP et al Jgeophys Res 81 (1976)S 1071 1083

RODEWALD M Dt Hydrogr Z 20 (1967) S 269 25 (1972) S 97-117

ROGNONP Rev Geogr Phys Geol Dynam 18 (1976) S 251-282

ROWNTREE PR Quart J Roy Meteorol Soc 98 (1972) S 290-321

RUDLOFF H v Die Schwankungen und Pendelungen des Klimas in Eushyropa Braunschweig 1967

SCHWARZBACH M Das Klima der Vorzeit 3 Aufl Stuttgart 1974

SHACKLETON NJ OPDYKE ND Quaternary Research 3 ( 1973) S 39-55

STROBING K Der Seewart 35 (1974) S 1-1436 (1975) S 28-29

TREMPEL U Diplomarbeit Univ Bonn (1978)

VOWINCKEL E ORVIG S World Survey of Climatology 14 (1970) S 129-252

WANG WC et al Science 194 (1976) S 685-690

WETHERALD RT MANABE S Monthly Weather Review 100 (1972) S 42-59 J atshymos Sci 32 (1975) S 2044-2059

YAMAMOTO R J Meteor Soc Japan 53 (1975) S 482-486

21

Page 21: :SBWU>t S9J9SUn ijun>tnz 9!a 9W91qOJd pun U9l>tB,:j · 2 Wechselwirkungen im klimatischen System . 2.1 Die Rolle des polaren Treibeises 2.2 Das El Nino-Phanomen . 2.3 Kontinentale

die vorherzusagen nicht nur dem Meteorologen schwer fallt Wenn wir diese einmal versuchsweise vernachHissigen dann dUrfte in den nachsten 100 Jahren die Wahrscheinmiddot Iichkeit fur das Auftreten einer Kaltpflase vom Typ der kleinen Eiszeit nieht mehr als hochstens 20k betragen (und naeh etwa 2000) weiter abnehmen) FUr das Auftreshyten einer Warmpllase im Sinne der Beispiele in den Abmiddot sdmitten 61 und 62 mUssen wir aber hohere WahrscheinshyIichkeiten ansetzen wenn auch erst nach der Jahrhundertmiddot wende danach steigen sie das ist die in vielen Diskusmiddot sionen erworbene Oberzeugung des Verfassers unter den hier und in Abschnitt 5 gegebenen Voraussetzungen auf Uber 50 an

1st ill diesem Faile aber eine Entwieklung zu einem eismiddot freien arktischen Ozean (Absehnitt 64) mit ihren fast unshyvorstellbaren Konsequenzen fUr Wasserversorgung und Ernahrung noch vermeidbar Damit libersehreiten wir die Grenze des Fachwissens des Meteorologen der sich nur allmiddot zu getne in den akademisehen Elfenbeinturm zurlickziemiddot hen moehte Aber die Dinge sind zu wichtig eine Wende auf Grund politischer Entscheidung auf internationaler Ebene ist noch moglieh aber dann und nur dann wenn das Dogma von der Notwendigkeit standig zunehmenden wirtschaftliehen Wachstums das bei begrenzten Vorshyraten (Resourcen) mit den Naturgesetzen unvereinbar ist shyzugunsten einer besseren Einsicht aufgegeben wird (GRUHl) Ebenso ist eine Stabilisierung des Bevolkerungsshywaehstums nOlwendig - ohne einen hoheren Lebensstanmiddot dard in den Entwicklungslandern ist das unrealisierbar

Gleichzeitig mu~ aber die Energiepolitik sich frei machen von dec sinnlosen Verschwendung fossiler EnergiequeIIen die in 400 Ma durch biologische Prozesse aus der Sonnenmiddot energie aufgebaut und gespeichert wurden (s a Beitrag JUNGE) Ein Obergang zu erneuerbaren Energiequellen (Sonne Wind Gezeiten - auch die kaum erschopfbare Geothermik) ist moglich erfordert aber eine Kombination neuartiger (und kostspieliger) Technologien wie sie etwa am International Institut for Applied Systems Analysis in Laxenburg bei Wien von einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von W HAFELE (frtiher Karlsruhe) entwiekelt werden Aueh die Kernenergie mul1 in diesen Rahmenshyjedenfalls fUr eine Obergangszeit - einbezogen werden Das mit ihr verbundene Risiko ist auf jeden Fall geringer als das Risiko einer Verlagerung aller Klimazonen Da ein Obergang zu neuen Technologien sieher tiber 30 wahrshyscheinlieh 50 Jahre benotigt drangt die Zeit Neue Priorimiddot taten mlissen gesetzt werden Es geht urn das Wohl der naehsten Generationen

Literaturauswahl

ANDREWS T1 MAHAFFY MAW Quaternary Research 6 (1976) S 167-183

AUGUSTSSON T RAMANATHAN V J atmos Sci 34(1977) S 448-451

BERGER AL Quaternary Research 9 (1978) S 139~-167

BJERKNES J Monthly Weather Review 97 (1969) S 163-172

BROWNLR Worldwatch Papers Washington DC 8 (I 976)

BRYSON RA MURRAY Th1 Climates of Hunger MadisonWis 1977

o

BUDD WF J Glaciol 14 (1975) S 3-21

BUDYKO MJ TeHus 21 (1969) S 611-619 29 (1977) S 193-204

CESS RD J atmos Sci 33 (1976) S 1831-1843

CHARNEY JG Quart J Roy Meteorol Soc 101 (1975) S 193-202

COOPEGR Phios Transact Roy Soc London 280 (1977) S 313 shy340

DANSGAARD W et al Quaternary Research 2 (1972) S 396-398

DOBERITZ R Ber d Deutschen Wetterd 112 (1968)

EDDYJA Science 192 (1976) S 1189-1202 198 (1977) S 824 829

FINK J KUKLA GJ Quaternary Research 7 (1977) S 363-37 L ~

FLOHN H III Bonner Meteorol Abhandl 15 (1971) 21 (1975) Quaternary ReseJrch 4 (1974) S 385-404 in print (1978)

FRENZEL B Die Klimaschwankungen des Eiszeitalters Braunschweig~ 1967 ErdwissForschungen 1(1968)

FRITTS HC Tree Rings and Climate London New York 1976

GABRIELB Berliner Geoge Abh 27 (1977)

GATES WL J atmos Sci 33 (1976) S 1844-1873

GRUHLH Ein Planet wird geplUndert Frankfurt aM 1978

HAFELE W SASSIN W Ann Rev Energy 2 (1977) S 1-30

HAHN J JUNGE ChL Z f Naturforsch 32a (1977) S 190-214

HASSELMANN K u Mitarb TeHus 28 (1976) S 473-485 29 (1977) S 289-305 385-392

HAYS JD IMBRIE J SHACKLETON N Science 194 (1976) S 1121-1132

HELBIGM Diplomarbeit Univ Bonn (1976)

HSO K et al Nature 242 (1973) S 240-244 267 (1977) S 399-403 Naturwissensch61 (1974)S137-142

HUGHES T Rev Geophys and Space Phys 13 (1975) S 502-526 15 (I977) S 1-46

HUMMEL J RECK RA General Motors Res Lab Publ 2607 (1978)

HUNT BG Monthly Weather Review 105 (1977) S 247-260

IVES JD et al Naturwissensch 62 (1975) S 118-125

KELLOGG WW WMOmiddotBull 26 (1977) S 229-240 27 (1978) S 3-10

KENNETTJP J geophys Res 82 (1977) S 3843-3860

KONDRATIEV G Ya NIKOLSKY GA Quart J Roy Meteorol Soc 96 (1970) S 509-522

l

KORFF HC FLOHN H Ann Meteorol N F 4 (1969) S 163-164

LAMBHH Climate Present Past and Future Vol I (1972) Vo Il (I 977) London Methuen

LORENZE J appl Meteorol 9 (1970) S 325-329

MAGEDEFRAU K Palaobiologie der Pflanzen 4 Aufl Stuttgart 1968

MANABE S BRYAN K Monthly Weather Review 97 (1969) S 739-827 J phys Oceanogr 5 (1975) S 3-29

MANABE S WETHERALD RT atmos Sci 24 (1967) S 241 ~-259 32 ( 1975) S 3-15

MASON BJ Promet 7 (1977) H 4 S 1-26

MASS Cl SCHNEIDER StH J atmos Sci 34 (1977) S 1995-2004

MAYKUT GA UNTERSTEINER N Jgeophys Res 76 (1971)S 1550-1575

MOLLERH Geologisches Jahrbuch 83 (1965) S 327-352 A 21 (1974) S 107-140 im Druck (1978)

NAMIAS J Short Period Climatic Variations 1934-1974 2 Vol F-- Univ of California 1975

NEWELL R et al Pure and appl Geophysics 116 (1978) S 351-371

NICHOLSON Sh Ph D Thesis Departm Meteor Univ Wisconsin (1976)

OLIVER RC J appl Meteorol 15 (1976) S 933--950

PACHUR HJ Die Erde 106 (1975) S 21-46

PATZELT G Coil Internal CN RS No 219 (1973) S 51-59

PFISTER Chr Beiheft 2 Jb Geogr Ges Bern (1975)

POLLOCK JP et al Jgeophys Res 81 (1976)S 1071 1083

RODEWALD M Dt Hydrogr Z 20 (1967) S 269 25 (1972) S 97-117

ROGNONP Rev Geogr Phys Geol Dynam 18 (1976) S 251-282

ROWNTREE PR Quart J Roy Meteorol Soc 98 (1972) S 290-321

RUDLOFF H v Die Schwankungen und Pendelungen des Klimas in Eushyropa Braunschweig 1967

SCHWARZBACH M Das Klima der Vorzeit 3 Aufl Stuttgart 1974

SHACKLETON NJ OPDYKE ND Quaternary Research 3 ( 1973) S 39-55

STROBING K Der Seewart 35 (1974) S 1-1436 (1975) S 28-29

TREMPEL U Diplomarbeit Univ Bonn (1978)

VOWINCKEL E ORVIG S World Survey of Climatology 14 (1970) S 129-252

WANG WC et al Science 194 (1976) S 685-690

WETHERALD RT MANABE S Monthly Weather Review 100 (1972) S 42-59 J atshymos Sci 32 (1975) S 2044-2059

YAMAMOTO R J Meteor Soc Japan 53 (1975) S 482-486

21

Page 22: :SBWU>t S9J9SUn ijun>tnz 9!a 9W91qOJd pun U9l>tB,:j · 2 Wechselwirkungen im klimatischen System . 2.1 Die Rolle des polaren Treibeises 2.2 Das El Nino-Phanomen . 2.3 Kontinentale

l

KORFF HC FLOHN H Ann Meteorol N F 4 (1969) S 163-164

LAMBHH Climate Present Past and Future Vol I (1972) Vo Il (I 977) London Methuen

LORENZE J appl Meteorol 9 (1970) S 325-329

MAGEDEFRAU K Palaobiologie der Pflanzen 4 Aufl Stuttgart 1968

MANABE S BRYAN K Monthly Weather Review 97 (1969) S 739-827 J phys Oceanogr 5 (1975) S 3-29

MANABE S WETHERALD RT atmos Sci 24 (1967) S 241 ~-259 32 ( 1975) S 3-15

MASON BJ Promet 7 (1977) H 4 S 1-26

MASS Cl SCHNEIDER StH J atmos Sci 34 (1977) S 1995-2004

MAYKUT GA UNTERSTEINER N Jgeophys Res 76 (1971)S 1550-1575

MOLLERH Geologisches Jahrbuch 83 (1965) S 327-352 A 21 (1974) S 107-140 im Druck (1978)

NAMIAS J Short Period Climatic Variations 1934-1974 2 Vol F-- Univ of California 1975

NEWELL R et al Pure and appl Geophysics 116 (1978) S 351-371

NICHOLSON Sh Ph D Thesis Departm Meteor Univ Wisconsin (1976)

OLIVER RC J appl Meteorol 15 (1976) S 933--950

PACHUR HJ Die Erde 106 (1975) S 21-46

PATZELT G Coil Internal CN RS No 219 (1973) S 51-59

PFISTER Chr Beiheft 2 Jb Geogr Ges Bern (1975)

POLLOCK JP et al Jgeophys Res 81 (1976)S 1071 1083

RODEWALD M Dt Hydrogr Z 20 (1967) S 269 25 (1972) S 97-117

ROGNONP Rev Geogr Phys Geol Dynam 18 (1976) S 251-282

ROWNTREE PR Quart J Roy Meteorol Soc 98 (1972) S 290-321

RUDLOFF H v Die Schwankungen und Pendelungen des Klimas in Eushyropa Braunschweig 1967

SCHWARZBACH M Das Klima der Vorzeit 3 Aufl Stuttgart 1974

SHACKLETON NJ OPDYKE ND Quaternary Research 3 ( 1973) S 39-55

STROBING K Der Seewart 35 (1974) S 1-1436 (1975) S 28-29

TREMPEL U Diplomarbeit Univ Bonn (1978)

VOWINCKEL E ORVIG S World Survey of Climatology 14 (1970) S 129-252

WANG WC et al Science 194 (1976) S 685-690

WETHERALD RT MANABE S Monthly Weather Review 100 (1972) S 42-59 J atshymos Sci 32 (1975) S 2044-2059

YAMAMOTO R J Meteor Soc Japan 53 (1975) S 482-486

21

Page 23: :SBWU>t S9J9SUn ijun>tnz 9!a 9W91qOJd pun U9l>tB,:j · 2 Wechselwirkungen im klimatischen System . 2.1 Die Rolle des polaren Treibeises 2.2 Das El Nino-Phanomen . 2.3 Kontinentale