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LASERSCHWEISSEN 28 LTJ März 2013 Nr. 2 © 2013 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Schneiden, Schweißen und Bohren – „All-in-One“ Femtosekundenlaser im kompakten Industriedesign EDUARD FASSBIND Eduard Fassbind ist Geschäftsfhrer der Swisstec Micromachi- ning AG im schweizeri- schen Herisau, Kanton Appenzell-Ausserrho- den. Swisstec Micromachining AG Mhlebhl 24 CH - 9100 Herisau, Schweiz Tel.: +41 71 755 31 12 Mobil: +43 660 7312 960 Fax: +41 71 755 31 14 E-Mail: [email protected] AUTOR Ultrakurzpulslaser sind in vielerlei Hinsicht ideale Werkzeuge fr die Mikro- bearbeitung. Das volle Potenzial dieser Laserklasse lässt sich aber nur durch an- wendungsgerechte und industrietaugli- che Gesamtsysteme erschließen. Ein be- sonders kompaktes System hat Swisstec Micromachining auf der Lasys in Stuttgart als Weltneuheit vorgestellt. Das Schneiden, Bohren, Schweißen und Strukturieren gehört heute zum Standardre- pertoire in der Lasermikrobearbeitung, und dies in einem breiten Werkstoffspektrum. Getrieben wird die weitere Entwicklung nicht zuletzt durch neue und zuverlässige Strahlquellen, die eine präzise, material- schonende und gleichzeitig nachbearbei- tungsfreie Bearbeitung möglich machen. Zu den wohl vielversprechendsten Strahl- quellen sind heute die Ultrakurzpulslaser zu zählen, die sowohl Piko- als auch Femtose- kundenlaser umfassen. Die Industrialisierung nimmt Fahrt auf Waren diese Laser noch bis vor wenigen Jahren vor allem im Forschungsumfeld zu finden, so ist ihre Industrialisierung heute in vollem Gange. Namhafte Unternehmen der Halbleitertechnik und Displayfertigung setzen Pikosekundenlaser heute in vollauto- matisierten Produktionsstraßen ein. Durch Skaleneffekte und die in diesen Branchen geforderte sehr hohe Verfgbarkeit konn- ten ps-Laser den Nimbus des aufwendigen, teuren und sensiblen Laborwerkzeugs ab- streifen. Mit Leistungen bis zu 100 W – in Laboraufbauten sogar bis in den kW-Bereich hinein – und Repetitionsraten bis zu 1 MHz werden Pikosekundenlaser zum Standard- werkzeug in der Mikrobearbeitung und fr immer mehr Jobshops interessant. Als zweite Gruppe innerhalb der Ultra- kurzpulslaser befinden sich Femtosekun- denlaser ebenfalls an der Schwelle zu einer breiteren industriellen Anwendung. Im Vergleich zu Pikosekundenlasern können fs-Laser als entscheidenden Vorteil fr sich verbuchen, fr praktisch alle Materialien ge- eignet zu sein. Vom Faser- zum Femtosekundenlaser Das Unternehmen Swisstec Micromachi- ning aus Herisau/Schweiz nutzt seit Jahren erfolgreich Faserlaser mit einer mittleren Leistung von 50 bis 400 W zum Feinschnei- den von Stents sowie zum Schweißen und Bohren von weiteren medizintechnischen Produkten wie Hypotubes, Nadeln, Endos- kopen oder Kanlen. Mit Schnittbreiten von 10 bis 30 μm im produktiven 24/7-Betrieb erreichen Laseranlagen wie die „MFT 80 / 120 / 160“ Schnittgeschwindigkeiten von mehr als 3000 mm/min im μm-Bereich. Die Vorteile der Ultrakurzpulslaser hat Swisstec frh erkannt und entsprechende Systeme ausfhrlichen Tests unterzogen. Dabei zeigte sich besonders bei Femtosekunden- lasern ein großes Anwendungspotenzial fr Anwendungen in der Medizintechnik, der Sensorik sowie der Luft- und Raumfahrt. „All-in-one“-Integration aller Nebenaggregate Aus diesem Grund wurde viel Entwicklungs- arbeit investiert, um den Anwendern einen komfortablen Zugang zur Ultrakurzpuls-La- sertechnik zu eröffnen. Dabei ging es nicht zuletzt darum, äußerst kompakte Laseranla- gen anbieten zu können, die innerhalb eines standardisierten und modularen Granitrah- mens eine flexible Auswahl der Strahlquelle erlauben. Ein wesentliches Entwicklungsziel war es zudem, auf kleinstmöglichem Bau- raum alle benötigten Hilfsaggregate unter- zubringen. Mit der Laseranlage MFT 80 ist dieses Entwicklungsziel erreicht worden: Bei einer Grundfläche von 0,8 × 0,8 m 2 ist die Maschine nicht nur äußerst kompakt. In diesem kompakten Gehäuse sind zugleich ABBILDUNG 1: Ultrakompakte Laseranlage MFT 80: Auf einer Grundfläche von 0,8 × 0,8 m 2 sind alle Hilfsaggregate enthalten. Zwischen Faser- und Femtosekundenlasern kann frei gewählt werden.

Schneiden, Schweißen und Bohren - „All-in-One”︁

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laserschweissen

28 LTJ März 2013 Nr. 2 © 2013 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

Schneiden, Schweißen und Bohren – „All-in-One“Femtosekundenlaser im kompakten Industriedesign

EduArd FASSBindEduard Fassbind ist Geschäftsfuhrer der Swisstec Micromachi-ning AG im schweizeri-schen Herisau, Kanton Appenzell-Ausserrho-den.

Swisstec Micromachining AG

Muhlebuhl  24 CH - 9100  Herisau, Schweiz

Tel.: +41 71 755 31 12Mobil: +43 660 7312 960

Fax: +41 71 755 31 14 E-Mail: [email protected]

AuTor ultrakurzpulslaser sind in vielerlei Hinsicht ideale Werkzeuge fur die Mikro-bearbeitung. das volle Potenzial dieser Laserklasse lässt sich aber nur durch an-wendungsgerechte und industrietaugli-che Gesamtsysteme erschließen. Ein be-sonders kompaktes System hat Swisstec Micromachining auf der Lasys in Stuttgart als Weltneuheit vorgestellt.

Das Schneiden, Bohren, Schweißen und Strukturieren gehört heute zum Standardre-pertoire in der Lasermikrobearbeitung, und dies in einem breiten Werkstoffspektrum. Getrieben wird die weitere Entwicklung nicht zuletzt durch neue und zuverlässige Strahlquellen, die eine präzise, material-schonende und gleichzeitig nachbearbei-tungsfreie Bearbeitung möglich machen. Zu den wohl vielversprechendsten Strahl-quellen sind heute die ultrakurzpulslaser zu zählen, die sowohl Piko- als auch Femtose-kundenlaser umfassen.

die industrialisierung nimmt Fahrt auf

Waren diese Laser noch bis vor wenigen Jahren vor allem im Forschungsumfeld zu finden, so ist ihre Industrialisierung heute in vollem Gange. Namhafte unternehmen der Halbleitertechnik und Displayfertigung setzen Pikosekundenlaser heute in vollauto-matisierten Produktionsstraßen ein. Durch Skaleneffekte und die in diesen Branchen geforderte sehr hohe Verfugbarkeit konn-ten ps-Laser den Nimbus des aufwendigen, teuren und sensiblen Laborwerkzeugs ab-streifen. Mit Leistungen bis zu 100 W – in Laboraufbauten sogar bis in den kW-Bereich hinein – und repetitionsraten bis zu 1 MHz werden Pikosekundenlaser zum Standard-werkzeug in der Mikrobearbeitung und fur immer mehr Jobshops interessant.

Als zweite Gruppe innerhalb der ultra-kurzpulslaser befinden sich Femtosekun-

denlaser ebenfalls an der Schwelle zu einer breiteren industriellen Anwendung. Im Vergleich zu Pikosekundenlasern können fs-Laser als entscheidenden Vorteil fur sich verbuchen, fur praktisch alle Materialien ge-eignet zu sein.

Vom Faser- zum Femtosekundenlaser

Das unternehmen Swisstec Micromachi-ning aus Herisau/Schweiz nutzt seit Jahren erfolgreich Faserlaser mit einer mittleren Leistung von 50 bis 400 W zum Feinschnei-den von Stents sowie zum Schweißen und Bohren von weiteren medizintechnischen Produkten wie Hypotubes, Nadeln, Endos-kopen oder Kanulen. Mit Schnittbreiten von 10 bis 30 μm im produktiven 24/7-Betrieb erreichen Laseranlagen wie die „MFT 80 / 120 / 160“ Schnittgeschwindigkeiten von mehr als 3000 mm/min im μm-Bereich. Die Vorteile der ultrakurzpulslaser hat Swisstec fruh erkannt und entsprechende Systeme ausfuhrlichen Tests unterzogen. Dabei

zeigte sich besonders bei Femtosekunden-lasern ein großes Anwendungspotenzial fur Anwendungen in der Medizintechnik, der Sensorik sowie der Luft- und raumfahrt.

„All-in-one“-integration aller nebenaggregate

Aus diesem Grund wurde viel Entwicklungs-arbeit investiert, um den Anwendern einen komfortablen Zugang zur ultrakurzpuls-La-sertechnik zu eröffnen. Dabei ging es nicht zuletzt darum, äußerst kompakte Laseranla-gen anbieten zu können, die innerhalb eines standardisierten und modularen Granitrah-mens eine flexible Auswahl der Strahlquelle erlauben. Ein wesentliches Entwicklungsziel war es zudem, auf kleinstmöglichem Bau-raum alle benötigten Hilfsaggregate unter-zubringen. Mit der Laseranlage MFT 80 ist dieses Entwicklungsziel erreicht worden: Bei einer Grundfläche von 0,8 × 0,8 m2 ist die Maschine nicht nur äußerst kompakt. In diesem kompakten Gehäuse sind zugleich

ABBiLdunG 1: ultrakompakte Laseranlage MFT 80: Auf einer Grundfläche von 0,8 × 0,8 m2 sind alle Hilfsaggregate enthalten. Zwischen Faser- und Femtosekundenlasern kann frei gewählt werden.

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alle Hilfs- und Nebenaggregate enthalten (Abb. 1). Damit ist die Maschine die der-zeit kompakteste All-in-one-Laseranlage auf dem Weltmarkt. Bei gleichem Design kann außerdem zwischen Faser- oder Femtose-kundenlasern frei gewählt und innerhalb uberschaubarer Zeit umgerustet werden. um dieses Ziel zu erreichen, wurden zu-nächst die Kinematik und die Anordnung des Strahlengangs modifiziert. Auch bei den Kuhl- und Nebenaggregaten selbst wurden neue Wege beschritten. Zum Einsatz kom-men nun kompakte Kuhlaggregate auf Basis

Swisstec AGHerisau, Schweiz

Die Swisstec Micromachining AG ist ein Schweiz basierter Hersteller von mo-dularen und flexiblen High-Precision, High Performance Micro-Machining Equipment fur den globalen Markt zum Schneiden, Bohren und Schweissen von rohren (Metall / non Metall, AD: 0.2 - 30.0 mm, Schneidlänge von 100 - 800 mm) speziell fur Medical Device Manufacturing, z.B. STENT’s, Biobsy Nadeln, Guidewire’s etc. NASS- und TroCKEN-Bearbeitung ist möglich. Das ganze modulare Machinengestell „All in one“ besteht aus GrANITE, um eine sehr hohe Verwindungs-Steiffigkeit, Tempe-raturstabilität etc. zu gewährleisten. Die High Speed Multi Lingual CNC Steue-rung arbeitet speziell mit den “state-of-the-art Fiber & FEMTo Lasersystemen” zusammen, die ultra-präzisen und High Performance Linear-Motor Systeme mit einer Wiederholgenauigkeit von 0.1 mi-cron (optional 0.01 micron), sind sehr kompakte und anwenderfreundliche Laser Systeme mit einer Gesamtabmes-sung von 0,8 x 0,8 m bis 1,6 x 0,8 m.

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diE FirMA

von Peltier-Elementen, die nur noch einen Bruchteil des ursprunglichen Bauraums be-anspruchen, und dies bei gleichzeitig redu-ziertem Energieverbrauch.

Klein im Bauraum, stark in der Leistung

Auch unter „Green Energy“-Aspekten ist damit ein deutlicher Entwicklungssprung gegluckt. Der stabile Granitrahmen trägt ein Übriges dazu bei, dass die MFT 80 in Bezug auf die Temperaturstabilität und Vi-

brationsdämpfung beste Voraussetzungen fur eine hochpräzise Fertigung bietet. Nicht nur im industriellen umfeld, sondern auch in Forschung und Entwicklung wird auf diese Weise ein komfortables, platzsparendes und erweiterbares Konzept bereitgestellt, das in Bezug auf den Arbeitsschutz industriellen Anforderungen vollauf genugt. Im Gegen-satz zum Bauraum wurden bei den Leis-tungsdaten der Anlage keinerlei Abstriche gemacht. Aufgrund des modularen Baukas-tensystems und trotz dieser kompakten Ab-maße werden anwendungsspezifisch maß-geschneiderte Systemlösungen angeboten, die unterschiedliche Achskonfigurationen umfassen.

Modulbauweise fur maßgeschnei-derte Maschinen

So sind Schneidlängen bis 1000 mm und rohrdurchmesser von 0,1 bis 30 mm anwen-dungsgerecht konfigurierbar. Innerhalb we-

ABBiLdunG 2: (a) Hypotube aus stainless steel, grat- und schlackefrei geschnitten mit einem Faserlaser bei zirka 2500 mm/min Schnittgeschwindigkeit. die Schnittfuge beim Zapfen ist gleichzeitig der Schnittspalt von circa 10 bis 12 μm; (b) Vergrößerte Ansicht.

ABBiLdunG 3: Polymer-Stent, geschnit-ten mit einem Femtosekundenlaser bei einer Schnittgeschwindigkeit von zirka 2000 mm/min und einem Schnittspalt von etwa 8 bis 10 μm. Es sind keine Grate oder Schlackeanhaftungen erkennbar.

ABBiLdunG 4: nitinol-Stent, geschnit-ten mit einem Faserlaser bei einer Schnittgeschwindigkeit von rund 1000 mm/min.

ABBiLdunG 5: (a) nitinolrohr mit einer Wandstärke von 250 μm: die Flanken sind mit einem Femtosekundenlaser geschnitten. Es sind keinerlei Schlackeanhaftungen zu ver-zeichnen; (b) Vergrößerte Ansicht.

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30 LTJ März 2013 Nr. 2 © 2013 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

niger Minuten kann zudem von einer rohr- auf eine Flachteile-Bearbeitung umgerustet werden. Modulare rohrfuhrungen in Ver-bindung mit vollautomatischen rohrlade-magazinen sind ebenso verfugbar wie di-verse roboter- und Handlingsysteme fur die Entnahme der geschnittenen Teile.

Standardmäßig wird das rohr mittels einer linearmotorbetriebenen X-Achse be-wegt. Die Drehbewegung in der A-Achse erfolgt in hochpräzisen Kugellagern mit Di-rektantrieb. Der Laserkopf wird in diesem Fall also nicht bewegt. Wunscht der Anwender einen offset-Schnitt, der nicht ins Zentrum des rohrs zeigt, werden zusätzliche NC-Ach-sen implementiert. Diese bewegen den La-serkopf horizontal und vertikal und können den Fokuspunkt entsprechend dem rohr-radius dynamisch nachfuhren. Im Modell MFT kann durch eine zusätzliche 180-Grad-Schwenkachse eine voll synchrone 5-Achs-Bewegung realisiert werden. Die Wieder-

holgenauigkeit der Achsen beträgt 0,1 μm (optional 0,01 μm) und wird durch Glas-maßstäbe sichergestellt. Durch dieses Fea-ture können selbst komplexe Strukturen produziert und der Anwendungsbereich deutlich erweitert werden. Dank eines mi-nimalen Laserfokus von weniger als 10 μm und einer hohen Wiederholgenauigkeit von 0,1 μm sind mit Swisstec-Anlagen sehr hohe Genauigkeiten und Schnittgeschwindigkei-ten erzielbar.

Der Femtosekundenlaser selbst verfugt uber einen minimalen Laserfokus von weni-ger als 10 μm. Die Leistung beträgt 10 W (optional bis 100 W) bei einer frei program-mierbaren Pulsfrequenz zwischen 100 kHz und 1 MHz. Diese hohe Variabilität eröffnet ein breites Anwendungsfenster und Mate-rialspektrum. Interessant ist das Konzept damit vor allem fur die Bearbeitung von Nitinol, Kobalt-Chrom, Titan, Magnesium oder temperaturempfindlichen (Bio-)Poly-

meren, wie sie häufig in der Stentproduk-tion anzutreffen sind (Abb. 2 bis 5). Auch in Bezug auf die Schnittgeschwindigkeit er-reichen fs-Laser praxisgerechte Werte, beim Schneiden von Magnesium beispielsweise 800 mm/min und höher, abhängig von der Wandstärke. Aufgrund der langjährigen Erfahrung in der Bearbeitung dieser Werk-stoffe kann Swisstec bei der Implementie-rung von Femtosekundenlasern tatkräftige unterstutzung bieten. Dazu gehört auch die Erweiterung der Maschinen durch Systeme zur Inline-Prozessuberwachung sowie zur Materialzufuhrung und Bauteilentnahme.