4
Z. Lebensm. Unters.-Forseh. 153, 363--366 (1973) © by J. F. Bergmaun, Miinehen 1973 Schnellmethode zur Bestimmung des Coffeins in alkoholfreien Erfrischungsgetr/inken und Lebensmitteln mit Coffeinzusatz* G/inter Lehmann und Brigitte Neumann Fachrichtung Ern~hrungs- und Haushaltswissensehaften im Fachbereich Analytische und Biolo- gische Chemie tier Universit~t des Saarlandes, Saarbrficken (BRD) Eingegangen am 22. August 1973 Rapid ~ethod for the Determination of Caffeine Contents in Nonalcoholic Beverages and in Foods with Caffeine Summary. The method is based on the possibility that watery solutions of beverages or watery extracts of foods can be purified by passing through a polyamide column, because poly- amide powder adsorbs the substances which influence the extinction measurement. According to the results presented, caffeine is not retained by polyamide. Rapid determination is possible by extinction measurement of the transluate by 274 nm. Zusammen/assung. Anstelle einer Extraktion mit organisehen LSsungsmitteln und nachfol- gender Reinigung li~Bt sieh Coffein in Effrischungsgetr~nken oder Kunstspeiseeis naeh Passage der Flfissigkeit oder einer w~Brigen LSsung durch eine Polyamidsgule im Durchlauf durch Mes- sung der Extinktion bei 274 nm leicht und schnell bestimmen, da Polyamidpulver StSrsubstanzen quantitativ zurfickhiilt und das Coffein veto Sorptionsmittel nicht adsorbier~ wird. Einleitung Der Konsum coffeinhaltiger Erfrisehungsgetr~nke als Anregungsmittel ist im Steigen begrif- fen. Vonder Produktenwerbung ffihlen sich besonders Jugendliche zum GenuB soleher Getr~nke angesprochen und h~ufig sind dadurch auch Kinder dem Konsumzwang ausgesetzt. Die Frage naeh den mit diesen Lebensmitteln genossenen Coffeinmengenist berechtigt, um falsehen Geriich- ten entgegentreten zu kSnnen und keine Zweifel fiber eine evtl. physiologische Wirksamkeit aufkommen zu lassen, zumal die Verordnung fiber eoffeinhaltige Effrischungsgetriinke veto 24. 6. 1938 keine Angaben fiber die HShe der Coffeinmenge enth~lt. Es ist fiblich, das Coffein aus dem zu untersuchenden Material nach dem Alkalisieren mit Chloroform zu extrahieren und es nach Behandlung mit KaliumpermanganatlSsung durch Mes- sung der Lichtabsorption bei 272 nm quantitativ zu bestimmen. Auch die Reaktion mit Jod- 15sung oder die Ermitthmg des Stickstoffgehaltes nach Kjeldahl wird zur Bestimmung des extra- hierten Coffeins herangezogen [1--3, 7, 9]. Da die angefiihrten Verfahren flit Routineuntersuchungen mitunter zu aufweadig sind, werden in der Praxis einfachere analytische Methoden bevorzugt. In diesem Falle bietet sich der Einsatz yon Mikrosi~ulen aus Polyamidpulver an, die sich bereits ffir einige Verfahren bewi~hrten [4-6]. Von Polyamidpulver werden aus w~13rigen LSsungen Natur- und Synthesefarbstoffe quantitativ adsorbiert [6]. Somi~ kSnnen durch Behandlung solcher LSsungen mit Polyamid die eine direkte spektralphoto- metrische Auswertung st6renden Inhaltsstoffe, racist Phenolk6rper (Gerbstoffe), entfernt, werden; denn Purine durchlaufen Polyamids£ulen, wie wit bereits berichte- ten [4]. Aufgrund dieser Eigensehaften des Polyamidpulvers lassen sieh coffeinhaltige LSsungen, wie sic in Erfrisehungsgetr/~nken und geschmolzenem Kunstspeiseeis vor- liegen oder dutch wi~l~rige Extraktion aus Anregungsmitteln bereitet werden k6nnen, nach Passage einer Polyamidsiiule spektralphotometriseh auswerten. Beim Vergleieh der Spektren solcher gereinigten L6sungen mit dem Spektrum des Coffeins ergibt sich, dab diese dureh die Absorption des Coffeins gepri~gt werden. Ein Verg]eich der DfinnschiehtchromatogIamme best~ttigt das alleinige Vorhandensein yon Coffein im Polyamiddurchlauf. * Herrn Dr. O. I-Iett, Chemisches Untersuchungsamt ffir das Saarland, danken wir ffir Dis- kussionen, dem Verband der Chemischen Industrie e. V., Fends der Chemischen Industrie fih- die gew~hrte Unterstfitzung. 24*

Schnellmethode zur Bestimmung des Coffeins in alkoholfreien Erfrischungsgetränken und Lebensmitteln mit Coffeinzusatz

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Schnellmethode zur Bestimmung des Coffeins in alkoholfreien Erfrischungsgetränken und Lebensmitteln mit Coffeinzusatz

Z. Lebensm. Unters.-Forseh. 153, 363--366 (1973) © by J. F. Bergmaun, Miinehen 1973

Schnellmethode zur Bestimmung des Coffeins in alkoholfreien Erfrischungsgetr/inken und Lebensmitteln mit Coffeinzusatz*

G/inter Lehmann und Brigitte Neumann

Fachrichtung Ern~hrungs- und Haushaltswissensehaften im Fachbereich Analytische und Biolo- gische Chemie tier Universit~t des Saarlandes, Saarbrficken (BRD)

Eingegangen am 22. August 1973

Rapid ~e thod for the Determination of Caffeine Contents in Nonalcoholic Beverages and in Foods with Caffeine

Summary. The method is based on the possibility that watery solutions of beverages or watery extracts of foods can be purified by passing through a polyamide column, because poly- amide powder adsorbs the substances which influence the extinction measurement. According to the results presented, caffeine is not retained by polyamide. Rapid determination is possible by extinction measurement of the transluate by 274 nm.

Zusammen/assung. Anstelle einer Extraktion mit organisehen LSsungsmitteln und nachfol- gender Reinigung li~Bt sieh Coffein in Effrischungsgetr~nken oder Kunstspeiseeis naeh Passage der Flfissigkeit oder einer w~Brigen LSsung durch eine Polyamidsgule im Durchlauf durch Mes- sung der Extinktion bei 274 nm leicht und schnell bestimmen, da Polyamidpulver StSrsubstanzen quantitativ zurfickhiilt und das Coffein veto Sorptionsmittel nicht adsorbier~ wird.

Einleitung Der Konsum coffeinhaltiger Erfrisehungsgetr~nke als Anregungsmittel ist im Steigen begrif-

fen. Vonder Produktenwerbung ffihlen sich besonders Jugendliche zum GenuB soleher Getr~nke angesprochen und h~ufig sind dadurch auch Kinder dem Konsumzwang ausgesetzt. Die Frage naeh den mit diesen Lebensmitteln genossenen Coffeinmengen ist berechtigt, um falsehen Geriich- ten entgegentreten zu kSnnen und keine Zweifel fiber eine evtl. physiologische Wirksamkeit aufkommen zu lassen, zumal die Verordnung fiber eoffeinhaltige Effrischungsgetriinke veto 24. 6. 1938 keine Angaben fiber die HShe der Coffeinmenge enth~lt.

Es ist fiblich, das Coffein aus dem zu untersuchenden Material nach dem Alkalisieren mit Chloroform zu extrahieren und es nach Behandlung mit KaliumpermanganatlSsung durch Mes- sung der Lichtabsorption bei 272 nm quantitativ zu bestimmen. Auch die Reaktion mit Jod- 15sung oder die Ermitthmg des Stickstoffgehaltes nach Kjeldahl wird zur Bestimmung des extra- hierten Coffeins herangezogen [1--3, 7, 9].

Da die angefiihrten Verfahren flit Routineuntersuchungen mitunter zu aufweadig sind, werden in der Praxis einfachere analytische Methoden bevorzugt. In diesem Falle bietet sich der Einsatz yon Mikrosi~ulen aus Polyamidpulver an, die sich bereits ffir einige Verfahren bewi~hrten [4-6] . Von Polyamidpulver werden aus w~13rigen LSsungen Natur- und Synthesefarbstoffe quantitativ adsorbiert [6]. Somi~ kSnnen durch Behandlung solcher LSsungen mit Polyamid die eine direkte spektralphoto- metrische Auswertung st6renden Inhaltsstoffe, racist Phenolk6rper (Gerbstoffe), entfernt, werden; denn Purine durchlaufen Polyamids£ulen, wie wit bereits berichte- ten [4]. Aufgrund dieser Eigensehaften des Polyamidpulvers lassen sieh coffeinhaltige LSsungen, wie sic in Erfrisehungsgetr/~nken und geschmolzenem Kunstspeiseeis vor- liegen oder dutch wi~l~rige Extraktion aus Anregungsmitteln bereitet werden k6nnen, nach Passage einer Polyamidsiiule spektralphotometriseh auswerten. Beim Vergleieh der Spektren solcher gereinigten L6sungen mit dem Spektrum des Coffeins ergibt sich, dab diese dureh die Absorption des Coffeins gepri~gt werden. Ein Verg]eich der DfinnschiehtchromatogIamme best~ttigt das alleinige Vorhandensein yon Coffein im Polyamiddurchlauf.

* Herrn Dr. O. I-Iett, Chemisches Untersuchungsamt ffir das Saarland, danken wir ffir Dis- kussionen, dem Verband der Chemischen Industrie e. V., Fends der Chemischen Industrie fih- die gew~hrte Unterstfitzung. 24*

Page 2: Schnellmethode zur Bestimmung des Coffeins in alkoholfreien Erfrischungsgetränken und Lebensmitteln mit Coffeinzusatz

364

k.,\

\IA\ "'"---,, \ 7 ),, "'.--- -%

2/-,0 280 320 360 &00 nmk

[.,.;• I l

# it I i i l i i

~. /

, ?i'., / , ' o'~ ~ i I

°t ~ i' " -"

260 300 340 nmX 400

Abb. 1 Abb. 2

Abb. l . und 2. Absorptionsspektren yon coffeinhaltigen Lebensmi~telzubereitungen. Direkt auf- gezeiclmet , Getr~nk nach Polyamiddurchlauf E l u a t - - - - - - , Coffein-Standard-

substanz - - o - - o - - o - - o - -

© CO

0

I II ~II IV Y VI VII

Abb. 3. Diinnschichtchromatogramme coffeinhaltiger LebensmRtelzubereitungen I Coffein, / / Theobromin, I I I Theophyllin, I V Polyamiddurchlauf (Coca-Cola), V Eluat (Coca-Cola),

F I Polyamiddurchlauf (Cola-Pop-Eis), V I I Eluat (Cola-Pop-Eis) Beschichtung: Kieselgel GF 254, FlieBmittelsystem: Chloroform-Aceton-Butanol-Ammoniak-

15sung, konz. ( 3 + 3 + 4 + 1 ) .

Page 3: Schnellmethode zur Bestimmung des Coffeins in alkoholfreien Erfrischungsgetränken und Lebensmitteln mit Coffeinzusatz

365

Experimenteller Teil Prinzlp der Methode. Getr~nke werden veto Kohlendioxid befreit, ein Teil der Fliissigkeit

auf eine Polyamids~ule gegeben und in der abtropfenden LSsung die Extinktion bei 274 nm ge- messen. Kunstspeiseeis wird gesehmolzen und ebenso verarbeitet. Die Wiederauffindungsrate yon S~andardsubstanz betrug unter den gleiehen Bedingungen ausgefiihrt 99%. Eventuelle Verunrei- nigungen kSnnen im Durchlauf nur in Spuren vorhanden sein, sie kSnnen weder dfinnsehicht- chromatographisch noeh spekCroskopisch nachgewiesen werden. Die Genauigkeit der Bestim- mung wird also dadureh nicht beeintri~chtigt.

Durch/iihrung der Bestimmung Reagentien (spezielle): Polyamidpulver zur S~ulenchromatographie (MN SC 6, Macherey,

Nagel & Co., Dfiren; M. Woelm, Eschwege), Glaswolle, Seesand. Material: Mikroehromatographierohre (Abb. 4).

t V-[

- -Sand

130

10

50 - - CapiLt.arrohr 2 m m

Abb. 4

- - Sorptionsmittet

Watte - Sand

Vorbereitung der Mikrochromatographierohre: Polyamidpulver 1 Std fang mit Wasser quellen lassen. Fiir jede zu untersuchende Probe 3 Rohre mit wenig Glaswatte (oder fluorescenzfreier Baumwollwatte) ~bdichten, 3 mm Seesand daraufgeben, mit weitlumiger Pipette ca. 1 g des mi~ Wasser angeschwemmten Polyamidpulvers einfiillen und naeh dem Absetzenlassen 5 ml Wasser und 5 ml 70%igen Methanol auf die Sgule geben, um 15sliche Bestandteile aus dem Polyamid zu entfernen. Eine weitere Sgule dient zur Herstellung der KompensationslSsung fiir alle Bes~im- mungen. Vorbereitete Mikrosgulen in mit Wasser gefiillten Reagensglgsern fiber einen li~ngeren Zeitraum hinweg aufbewahren, da unter diesen Bedingungen die Sgulen nieht austroeknen.

Bereitung der Standardsubstanzl6sung: Etwa 10 nag Coffein in 100 ml ~assenden MeBkolben einw~gen und mit Wasser zur Marke aufffillen, davon 1--5 ml auf die Sgule geben und danach zur Aufstellung der Eiehgeraden wie bei der Bestimmung verfahren.

Bestimmung des Co]]eins: Das Cola-Getrgnk wird durch Erw~rmen unter Riihren yore COs befreit, Cola-Eis geschmolzen. Von der LSsung werden 10 ml abpipettiert, mit dest. Wasser auf 50 ml aufgeffillt und davon 5 ml auf die S~ule gegeben, nach dem Eindringen der LSsung in das Sorptionsmittel 3real je 5 ml Wasser aufgeben. Durchlauf mit dem Coffein im 25 ml-MeBkolben auffangen, zur Marke auffiillen und Extinktion bei 274 nm gegen entspreehend bereitete Kom- pensationslSsung messen.

Page 4: Schnellmethode zur Bestimmung des Coffeins in alkoholfreien Erfrischungsgetränken und Lebensmitteln mit Coffeinzusatz

366

Der Coffeingehalt wird aus der aufgestellten Eichkurve entnommen oder nach folgender For- E~

reel berechnet: X = St E~st " 1000 = mg/h

St = eingewogene YIenge Bezugssubstanz (Standard)in rag, Be ~ gemessene Extinktion der LSsung, Est -~ gemessene Extinktion der Bezugssubstanz (Standard).

Ergebnisse Tabelle 1. Coffeingehalte verschiedener Zubereitungen

Bezeichnung/ rag/1 Literaturanga- Herkunft ben in rag/1 [8, 1O]

Coca-Cola (FlasehenabffiUung) ]05 Coca-Cola 85 Coca-Cola " 70 Coca-Cola (Bfichsenabfiillung) 135 Coca-Cola 160 Pepsi-Cola 75 Brassi-Cola (hTew-Cola, USA) 110 Topp-Cola 95 Sinalco-Cola 90 Gerolsteiner Kinder-Cola Cola-Pop-Kunstspeiseeis 25

150---220

Die angegebenen Werte sind Durchschnittswerte aus je drei Einzelmessungen. Die naeh dem Polyamidverfahren erha]tenen Ergebnisse stimmen mit den wenigen Angaben in der Lite- ratur iiberein, sie liegen jedoch hSher, als nach dem Ausschiittelverfahren naturgem~13 ermit- felt werden kann.

Vom Polyamidpulver werden die fiirbenden Bes~and~eile der Cola-Getriinke (Colarot, Zuckercouleur, Gerbstoffe) adsorbiert, so daft im Si~ulendurchlauf die Purine des S e m e n Colae als aueh das zugefiigte Coffein als spektroskopisch erfal~bare Sub- stanzen vorhanden sind. Da der Antefl des Theobromins im S e m e n Colae sehr gering is~ (0 ,02-0,08 %), ist unter den gew~hlten Bedingungen dieses Purin bei dem grol~en UberschuB yon Coffein di innsehichtchromatographisch nicht mehr nachweisbar, wie aus dem Chromatogramm der Abb. 3 hervorgeht. M_it der Spektroskopie wird also nur das Coffein erfaBt. I m Falle des Kuns~speiseeises Cola-Pop werden vom Poly- amid dig synthet ischen Farbstoffe, die dem Eis die braune Farbe erteflen, festgehal- ten. Diese lassen sich nach dem yon uns bereits verSffenthehten Verfahrenidentifizie- ten [6].

Literatur 1. l=Iandb, der Lebensmittelchemie. Bd. VI, S. 206---207. Berlin-Heidelberg-New York: Springer

1970 2. Schweizerisches Lebensmittelbuch. Bd. II, Kap. 29/05--07. Bern: Eidg. Drucksachen- und

NIaterialzentrale 1964---71 3. Official methods of analysis of the association of official analytical chemists. 11. Aufl., S. 193,

Washington 1970 4. Lehmann, G., Hahn, H.-G., Mor~n,M.: Gordian 71, 218 (1971) 5. Lehmarm, G., 1VIor£n,M.: Z. Lebensm. Unters.-Forsch. 147, 281 (1971) 6. Lehmann, G., Hahu, G.-H., Collet, P., Seiffert-Eistert, B., Mor£n,M.: Z. Lebensm. Unters.-

Forsch. 143, 256 (1970) 7. Laskowski, K.: RocznikiInst. Przemyslu mleczarsliege 9, 83 (1965), ref. Chem. Zentr. 1968, 236 8. Forster, H., Miiller, R.: Mitt Gebiete Lebens,. Hyg. 58, 233 (1967) 9. Polzella, L.: Boll. Lab. China. Provinciali (Bologna) 19, 871 (1968), ref. Z. Lebensm.-Unters.-

Forsch. 142, 245 (1970) 10. Souci, S.W., Fachmann, W., Kraut, H.: Die Zusammensetzung der Lebensmittel, Stuttgart:

Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft m. b. H., 1962, T-II, 1 1968 Professor Dr. rer. nat, G. Lehmann Fachrichtung Ern~hrnngs- und Haushalts- wissenschaften im Fachbereich Analytische und Biologische Chemie der UniversitEt des Saarlandes D-6600 Saarbriicken Bundesrepublik Deutschland