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Schwäbisches Poesiealbum

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Menschen aus der Region Stuttgart beschreiben den Begriff Heimat

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Heimat ist vermutlich nur noch für wenige Menschen der Ort an dem sie leben. Heimat ist ein Gefühl, eine Sehnsucht. In dem Wort klingt, ebenso wie bei dem ähnlichen, aber stärkeren Be-griff Paradies, die Schwermut des Verlustes mit. Beide haben mit Kindheit zu tun, und die Kindheit ist in der Welt der Ge-schichten immer ein Symbol für einen Zustand ursprünglicher, sorgloser, unschuldiger, angstfreier, behüteter Ganzheit. In den meisten Romanen, Filmen, Erzählungen verliert der Held oder die Heldin das Paradies, wird aus der Heimat verstoßen und traumatisiert. Er verliert seine Ganzheit. Wir Leser ver-folgen mit Spannung, ob es gelingt, in die alte Heimat zurück zu kehren oder an einem anderen Ort eine Neue zu finden.

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Wolfgang SchorlauKrimiautor

Im Grossen Lesesaal der Landesbibliothek

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Die Begriffe Heimat, Vaterland und Muttersprache haben für mich eine ganz hohe Bedeutung. Das kann man heute gar nicht mehr verstehen.

Geboren bin ich in Masuren, aufgewachsen in Holstein. 1939 mit 17 wurde ich eingezogen in das 6. Infanterieregiment. Dann kamen 10 Jahre Russland. An der Front sprachen wir Platt. Nein, Nazis waren wir keine, nur gute Soldaten. Ich hätte nichts gegen den Heldentod gehabt, aber der wollte mich nicht. Stattdessen erhielt ich die silberne Nahkampfspange. Im Krieg war das Heimatgefühl stark. Es bestand aus der Sehnsucht nach Holstein und Frieden. Ja, Heimat ist Land-schaft, Gedichte, Lieder, Sprache. Das Beisammensein mit den Ge-schwistern und der Mutter. Gedichte von Matthias Claudius, die Er-innerung an Dickmilch mit roter Grütze und Bratkartoffeln mit einer Scheibe Schinken.

Das Heimatgefühl hier in Schwaben ist begrenzt auf Zweitheimat. Ich habe Stuttgart angenommen und kann es verteidigen. Die Arbeit ist auch ein Stück Heimat. Auch meine vielen Freunde und die etlichen hundert Studenten, von denen ja einige bereits selbst pensionierte Professoren sind.

Heimat ist eine Perspektive, die ich immer hatte und immer wieder erobern muss.

Eine unstillbare Sehnsucht.

Meine Lieblibgstypo - Corporate A light -

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Prof. Kurt WeidemannGebrauchsgraphiker

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Meine Heimat ist das Stuttgarter Ballett. Als ich 1970 im Alter von 8 Jahren als Cranko -Schülerin hier anfing, wünschte mir nichts inniger, als mein Leben in diesem Haus zu verbringen. Nach Abschluss der Cranko-Schule tanzte ich 4 Jahre lang als Halbsolostin in Hof. Als dann der Anruf kam mit der Frage, ob ich sofort Opernballettmeisterin in Stuttgart werden wolle, war das die Erfüllung meines Traumes, auch wenn ich den Tanz dafür auf der Höhe meines Könnens aufgeben musste. Seither bin ich hier. In all den Jahren habe ich eine Krankmeldung abgegeben. Ich weiss, wie ein Stück vor 20, auch vor 35 Jahren getanzt wurde und von wem, während um mich herum fast alle ausgetauscht sind. Meine Aufga-ben? Ich helfe den Solisten und dem Chor der Oper, wenn es um‘s Tanzen oder um eine Rollengestaltung geht, ich leite die Wiederaufnahmeproben, organisiere alle Tourneen, alle Kindereinsätze, die Statisten, ich sorge für korrekte Abrechnungen, vernetze die Abteilungen, pflege den Austausch mit der Cranko-Schule. Ich bin zunehmend in Charakterrollen wieder auf der Bühne und wenn es heisst: „Angelika, wir brauchen eine Pythonschlange“ kümmere ich mich auch darum. Arbeitsstunden zählen? Lächerlich. Ich helfe überall und zu jeder Zeit.

„Hier bin ich daheim, in diesem Schmelztiegel der Kulturen, in dem alle Sprachen zu hören sind. Wo die ganze Welt sich trifft und von wo wir die Welt berei-sen. Hier gehen die grössten Tänzer, Dirigenten, Sän-ger, Choreographen und Regisseure der Welt ein- und aus. Hier ist alles: Tradition und Innovation, Regionalität und Internationalität auf höchstem Niveau, in steter Wandlung.“

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Angelika BulfinskiOpernballettmeisterin am Stuttgarter Ballett

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„Als ich 1977 zum Studium nach Essen ging, habe ich die heimatliche Laugenbrezel so sehr vermisst, dass ich mir in der Apotheke verdünnte Lauge(NaOH) besorgte und solange ausprobierte, bis ich mir meine Lau-genbrezeln selber backen konnte.“

Meine Lieblingsgeschichte der Entstehung des Laugengebäcks

Streit in der Backstube. Die Ehefrau wirft mit dem Teig nach ihrem Mann, der duckt sich und der Teigklumpen landet im Putzeimer. Die sparsame Bäckerin holt ihn aus der Putzlauge wieder heraus und backt damit dunkle Brötchen. Die Kunden wollen diese besonderen Brötchen wieder kaufen....so entstand das Laugengebäck. Und der Renner wurde die Laugenbrezel.

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Dr. Helga BreuningerStifterin, Bildungsexpertin, Nachfolgeberaterin

Vorsitzende der Stuttgarter Bürgerstiftung

Bäckermeister Frank Senior unterstützt die Bürgerstiftung bei ihrer

Hefezopfwette. Seine Backstube habe ich mir als Ort ausgewählt, weil hier bei

ihm die Brezeln am besten schmecken und die urgemütliche Atmophäre wohl tut.

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Mein Heimatsymbol ist mein Patenkind:Der Sumatra Tiger „Bagus“, der im April 2007 in der Wilhelma geboren wurde.Er steht für meine Verbindung zu meiner neuen Heimat Stuttgart und gleichzeitig zu meinemKampfnamen: Die Tigerin!

Ich komme aus Weissrussland, aus Gomel, nicht weit von Tschernobyl. Zum ersten Mal kam ich als„Tschernobylkind“ nach Deutschland, wo wir medizinisch behandelt wurden ohne zu wissen wofür und wogegen.Ab da wollte ich in Deutschland leben. !999 kam ich dann nach Freiburg, um mein Sportstudium fortzusetzen. Dort kam ich über eine Zeitungsannonce zum Boxen.Mein Ding! Seit 1999 lebe ich in Stuttgart und betrachte diese Stadt als meine Heimat. Ich kann noch nicht einmal sa-gen, dass es nur meine zweite Heimat wäre:Gomel habe ich verlassen und seither hat sich diese Stadt verändert und ich mich ebenso. Ich bin jetzt hier, ich bin glücklich, habe meine Freunde hier und interessiere mich für alles, was mit meiner neuen Heimat zu tun hat.

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Alesia GrafBoxweltmeisterin im Super-Fliegengewicht

Am Killesberg über der den Dächern der Stadt

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Heimat?

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Während ihr eure Fildern zubetoniert, bauen wir euer berühmtes Spitzkraut eben in Baden an - es ist sowieso mein Traum, Württemberg zu übernehmen.

Die Revolution ist traditionell badisch!

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Christian HißMitbetreiber des bio.dyn. Gärtnerhofes „Quer-

beet“ in Eichstetten am Kaiserstuhl, Initiator der „Ländlichen Akademie“,

des „Kaisterstühler Gartens“, von „Perpetuum Novile“ sowie der

„Regionalwert AG“, der ersten Bürgeraktiengesellschaft Deutschlands.

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Meine Frau, unser kleines Mädchen und ein schönes Gutmann Hefeweizen am Feierabend sind unter anderem solche Vorraussetzungen, die die schönsten Heimatgefühle ganz von alleine entstehen lassen.

Ich bin zwar nur in der ersten Gener tion Schwabe , fühle mich aber voll integriert. Scheint was dran zu sein an der Theorie, das Schwaben vor Urzeiten einmal chinesisch besiedelt war.

Heimat ist ein Gefühl, das durch viele Faktoren ausgelöst werden kann, wenn die Voraussetzungen dafür geschaffen werden. Es ist etwas Ruhendes, die eigene Mitte. Es kann sich überall einstellen, auch an einer Straßenbahnhaltestelle.

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Daniel TjoaUnternehmer, Geschäftsführer

„Idogohaus“ StuttgartTai-Chi Lehrer

An einer x-beliebigen Strassenbahnhaltestelle

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MEIN Heimat-Ort ist der auf dem Bild gezeig-te: In dieser Landschaft erlebte ich als Kind in der Nachkriegszeit ein paar Wochen Heimat: Schoenheit, Fuelle, Si-cherheit.

HEIMAT HAT VIELE ASPEKTE: Landschaft, Orte, Menschen, politische ...

Mein Heimatsymbol sind meine Malwerkzeuge –weil Heimat in all ihren Aspekten sehr viel mit Gestaltung (WIDERSTAND!) zu tun hat.Meine politische Heimat ist aufklaererisch, humanistisch, links;Der Widerstand hat seine wechselnden Formen und seine wechselnde Aesthetik: Aesthetik des Widerstandes.Und die Malerei?Alles, was die Sehnsuechte der Menschen widerspiegelt, macht diese widerstaendiger.Wer malt, schafft eine andere, eigene, mitunter bessere Welt.

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Gangolf StockerPolitischer Aktivist und Maler

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„Zur Heimat erkor ich mir die Liebe“

Mascha Kaleko

Unser 104 Jahres altes Schulhaus symbolisiert für mich Bestand und Sicherheit - ein guter Ausgangspunkt für die Suche nach eigenen Wur-zeln.Nie hätte ich gedacht, dass ich bei der historischen Forschungsarbeit mit unseren Abgangsklassen zur Geschichte von ehemaligen Schüle-rinnen und Schülern unserer Schule auf Spuren der eigenen Familienge-schichte stoßen würde. Mussten die in der Schule einquartierten Zwangs-arbeiter auch bei meinem Groß-vater in der schulnahen Werkstätte arbeiten? Seltsam - wenn man be-denkt, dass hier unser Herzensanlie-gen ist, Flüchtlings- und Migranten-kindern aus aller Welt ebenso wie den einheimischen Kindern eine Heimat anzubieten

Heimat? Ein Boden aus Geschich-te und ein leerer Raum, den wir selbst gestalten. So ist mein Heimatsymbol ein Buch wie dieses - es steht schon etwas drin, das ich nicht ändern kann. Und es gibt viele leere Seiten, die ich selbst gestalten darf...

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Gudrun GrethRektorin der Grund- und Hauptschule Stuttgart- Ostheim

wo ca. 75% der Schüler aus der ganzen Welt kommen

Auf dem Türmchen der Schule

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MEIN HEIMATSYMBOL IST Der Stuttgarter Haushaltsplan,denn über nichts läßst sich bekanntlich trefflicher streiten als über Geld.

Ich möchte zeigen, dass man sich erlauben kann, innerhalb des Systems zu träumen - denn Träume können einen Charme haben, den eine Verwaltungsvorlage nie haben kann. Was ist der Traum, die Utopie hinter diesem Haushalt? Sowas scheint es außer dem alten „höher, schneller, weiter“ nicht zu geben. Warum eigentlich nicht? Warum darf Politik nicht experimentieren?

Warum wird nicht gemeinsam mit den Bürgern die Frage bewegt, in was für einer Stadt wir wie leben wollen und was wir dazu benötigen? Auf dieser Grundlage müssten wir einen Haushaltsplan machen. Und das ist mein Traum: Dass Menschen aus allen Schichten sich zusammen an einen Tisch setzen und frei von Zwängen und Gren-zen gemeinsam überlegen, was sie brauchen, um in Gemeinschaft miteinander, in Frieden mit sich und der Natur gut zu leben.Der Ausgang eines solchen Experiments ist offen, nur eins ist sicher: wie in der Architektur wird auch hier die Lösung im konkreten Ort liegen.

Heimat ist der Ort, für den ich auch Verantwortung übernehme.

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Hannes RockenbauchStuttgarter Stadtrat, Architekturstudent

Fliegen lehren, auf dem Dach der Uni Stuttgart

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Menschlichkeit ist auch in meinem Beruf zentral und ich wünsche mir sehr, auch in Uniform als Mensch gesehen zu werden und nicht nur als Institution. Ich bemühe mich, stets den Menschen zu sehen, egal, wie schlimm die Situation ist.

Wir werden im Streifendienst häufig mit dem Tod konfrontiert, deshalb beschäftige ich mich intensiv mit meinem und unserem Umgang mit Tod und Sterben, sowie auch mit den im menschlichen Sinne sehr schwer zu definierenden Fragen rund um Opfer- und Täterschaft. Wenn eine Situation eskaliert ist, brauchen alle Hilfe. Am Ende auch wir Polizisten. Mein Bestreben ist es, einen anderen Umgang mit Sterben und Tod zu finden.Darum arbeite ich an der erfolgreichen Vernetzung von Polizei, Notfallseelsorge und den psychologischen Beratungsstellen, um Unfallbeteiligten besser helfen zu können.

Heimat hat für mich sehr viel mit Menschlichkeit zu tun - dafür stehen die Hände, die mein Heimatsymbol sind.

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Heike FörsterPolizeiobermeisterin

Auf dem Hohenstaufen mit meinem SohnHier komme ich oft her, um mich nach

schwierigen Erfahrungen wieder zu erden.

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Auch (Nutz)tiere haben Heimatrecht!... und dazu gehört:Freiheit für ungehinderte soziale Beziehungen,Sicherheit nicht wie lebendige Ware verkauft zu werden,angst- und schmerzfreier Tod in gewohnter Umgebung.

Schlachtungen sind leider notwendig, nur dadurch kann die Herde überleben.Tierfreundliche Schlachttier-Transporte sind unmöglich und verstoßen deshalb gegen das Tierschutzgesetz.

Im Jahre 1986 kam ich zum Entschluss:Lebendtransporte meiner Tiere in den Schlachthof nur noch über meine Leiche.

Um den Tieren einen angst- und schmerz-freien Tod in gewohnter Umgebung ermög-lichen zu können, mussten wir über 13 Jahre lang mit Behörden kämpfen. Dabei haben wir um Haaresbreite unsere Heimat verloren. Buchstäblich in letzter Minute haben uns über 100 meist unbekannte Menschen mit einer Sammlung von ca. 500.000,-DM. gerettet. Dies ist das „Wunder von Uria“. Das war im Jahr 2000 und mittlerweile hat sich unsere Situation stabilisiert.Zu unserer Heimat gehören seither viele neue wunderbare Menschen und es wer-den immer mehr.

Neben der Betreuung unserer Herde beraten wir inzwischen Landwirte und Behörden bei der Umsetzung tierfreund-licher Haltungs- und Schlachtmethoden.Unsere Ziele sind grundsätzliche Verbes-serungen in der Nutztierhaltung und die schrittweise Abschaffung der Schlachttier - Transporte.

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Ernst Hermann MaierRinderzüchter, Vorsitzender des Vereins Uria e.V.

Bei seiner Herde von ca. 230 Rindern, die ganzjährig im Freien leben und deren Hörner

immer schöner und länger werden.

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Heimat ist ein Ort im Herzen.

Die Heimat meiner Kindheit ist Worpswede, ein Nest von Erinnerungen an Geborgenheit hinter einem verklärten Blick.

Meine neue Heimat ist Stuttgart, ein Ort, an dem ich mich einbringe, an dem ich Verantwortung übernehme, den ich (mit)gestalte. Dieser Ort muss nicht vollkommen sein, er hat auch unschöne Seiten. Er verlangt keine bedin-gungslose Zustimmung und keinen verklärten Blick. Dieser reale Ort soll sich verändern.Seit 26 Jahren ist Stuttgart meine Heimat!

Der Wochenmarkt am Rat-haus ist ein zentraler Ort dieser Heimat ...

Heimat ist auch ein Ort der kleinen Wege. Alles was ich mit dem Fahrrad erreichen kann gehört dazu. Daher ist mein Symbol für Heimat mein Rad – ich habe es aus der alten Heimat Worpswede mitgebracht. In der Stadt ist mein Fahrrad viel schneller, beweglicher und kommunikativer als mein Auto!Denn eine Heimat ohne Bekannte, Freunde und spontane Begegnungen: das wäre nicht meine.

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Veronika KienzleBezirksvorsteherin Stuttgart- Mitte

Flüchtlingskoordinatorin

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Williamsbirne

Schlankelesbirne

Palmischbirne

Limpurgerbirne

Weißherrnbirne

Die alten Birnensorten ha-ben sich über Jahrhunderte hinweg an Boden und Witte-rung angepasst und so un-vergleichliche, köstliche Aromen entwickelt. Heute interessieren sich ausser mir nur noch wenige dafür. Ich vergeiste sie zu aro-mareichen Wässern, um diese Bäume in unse-rer Heimat zu erhalten.

Naturzerstörern, dem rasenden Still-stand und der (eu-ropäischen) Agrar-politik zeigen wir den Götz. „Ich saß hier schon als

Kind am Rand der schwä-bischen Waldberge und blickte in die Hohenlo-her Ebene. Dort begann ja Norddeutschland. Man wusste schließlich, dass Norddeutschland ganz flach ist.“

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Klaus KäpplerSchnapsbrenner, Schweinebauer,

Organist und Halbgeologe

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Mein Heimatsymbol - Bahnschienen. Wie die hier in Bad Urach. Mit diesen Bahnschienen begann auch meine politische Karriere: Als Jugendlicher habe ich mit anderen für den Erhalt dieser Schienen gekämpft – und wir waren erfolgreich! Damals hatte man den Bahnverkehr eingestellt und wollte auch gleich die Schie-nen entfernen. Heute fahren die Züge wieder.

Schienen stehen für Nähe und Distanz, Kommen und Gehen, Beständigkeit und Veränderung, Zuverlässigkeit und Freiheit. Sie haben aber auch einiges mit Politik zu tun: Es ist einfach, sich auf festgelegten Gleisen zu bewegen. Es ist stets eine Herausforderung zu erkennen, welche alten Gleise wir erhal-ten sollten und welche Stre-cken stillgelegt werden kön-nen. Um aber neue Gleise zu legen, braucht es viel Arbeit, Überzeugung und Geduld. Politik bedeutet auch, auf bewährten Gleisen fahrend nach neuen Wegen zu su-chen und dort Schienen zu verlegen.

Wo meine Heimat liegt? Zwischen Bad Urach und Berlin. Heimat ist für mich stark mit mir nahe stehenden Menschen verbunden: Meiner Frau und unserer Tochter in Berlin, meinen Eltern in Bad Urach, wo ich geboren und aufgewachsen bin.

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Cem ÖzdemirAbgeordneter im Europäischen Parlament

(Bündnis 90 / Die Grünen)

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H e i -m a t .

Da musst Du Dir si-

cher sein, dass es ein zu Hause

ist. Da musst Du Dir Deiner Arbeit si-

cher sein, damit Du Dir Deiner Wohnung sicher bist

und Du Dein zu Hause behältst. So sicher ist das nicht. Du musst

Dir nicht nur sicher sein, satt zu wer-den, sondern auch sicher, nicht krank zu

werden von dem, was da wächst auf der Heimaterde, was da auf Dich fällt aus der Hei-

matluft, was da hoch kriecht vom Heimatboden, Deine Schleimhäute in Angriff nimmt. Du musst gut

zu Fuß sein in Deiner Heimat, damit Du ihre Grenzen kennenlernst und weißt, wie Du sie überwinden kannst,

wenn Dir jemand die Heimat streitig macht.

Sei gut zu Fuß in der Heimat und gut zu jenen, die auf den Koffern sitzen, hingeschoben von der einen in die andere Heimat. Sei Dir Dei-

ner Heimat nie zu sicher, das hält Dich jung und unruhig. Es ist gut für Deine Heimat, wenn auch Sie Deiner nie ganz sicher ist.

Heimat. Wenn Du unterwegs bist, wirst Du sehen: Sie ist grenzenlos. Heimat. Da

wirst Du Dir sicher sein unter Deinesgleichen, schwesterlich, brüderlich.

Heimatlos ohnedies.

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Peter GrohmannKabarettist, Anstifter

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„Nimm Dir Zeit für Menschen“

Vor etwa 30 Jahren kam ich als Physikstudent aus Pakistan nach Stuttgart. Bald darauf lernte ich meine deutsche Frau kennen, mit der ich zwei Töchter habe.Schon sehr lange betrachte ich Leonberg als meine Heimat, bin dort im Vorstand der SPD, Mitglied im internationalen Rat und in vielen anderen Bereichen tätig. Auch im Höfinger Heimat- und Kulturverein!Mein Herzensanliegen ist die interkulturelle (Jugend)-Arbeit. Auch als Muslim glaube ich zutiefst an die Einheit und Brüderlichkeit der Menschen und gönne mir den Genuss, in meinem kleinen Bereich dafür zu wirken.

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Dr. Yusuf ShoaibDr. der Physik, Inhaber eines Übersetzungsbüros,

Lokalpolitiker in Leonberg

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Zu Begriffen wie Heimat, Deutschland, Deutschsein habe ich ein ganz ambivalentes Verhältnis und verwende sie äußerst selten, weil all diese Begriffe nach wie vor zu Missverständnissen führen.

Meine Heimat ist in einem sehr umfassenden Sinne das Theaterhaus Stuttgart.

Heimat ist deshalb ein gewaltfreier Ort, der nicht nur regelt und ordnet, sondern in dem Verrücktheit Raum hat,

M

enschen sich treffen, der nicht ausgrenzt, sondern einlädt, in dem das „Prinzip Teilen“ eine Selbstverständlichkeit darstellt.

Heimat bedeutet zudem, dass Arbeit und Freizeit keine scharfe Trennung haben, ist ein Raum, in dem die unterschiedlichsten

auch ständig eine Frage der Lebendigkeit, balancierend zwischen Erholung und Tempo, Kontinuität und Veränderung.

der einen ständig auf den Prüfstein stellt, den man laufend neu erf nden muss. Heimat ist für mich

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Werner SchretzmeierTheaterhausleiter und Gastgeber

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„Als er von Straßburg herüberfuhr und den dunklen Wald seiner Hei-mat erblickte, als er zum erstenmal wieder jene kräftigen Gestalten, jene freundlichen, treuen Gesichter der Schwarzwälder sah, als sein Ohr die heimatlichen Klänge stark, tief, aber wohltönend, vernahm, da fühlte er schnell an sein Herz, denn sein Blut wallte stärker, und er glaubte, er müsse sich freuen und müsse weinen zugleich.“So beschreibt Wilhelm Hauff in seinem Märchen „Das kalte Herz“ die Gefühle seines Märchenhelden, wie er nach langer Zeit in seine Heimat zurückkehrt.

Solche Gefühle spüre ich auch selbst bei mir, wenn ich auf meinem geliebten Kappelberg stehe.

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Sigrid FrühMärchen- und Sagenforscherin

Erzählerin

Auf dem Kappelberg zwischen Fellbach und Stuttgart

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Gudrun Greth

Prof. Kurt Weidemann

Dr. Helga Breuninger

Gangolf Stocker

Klaus Käppler„Schwäbisches Poesiealbum“

Ausstellungsdauer vom 27.9. bis 20.10.

Öffnungszeiten: Do & Fr 17 - 20 Uhr, Sa 11-14 Uhr

Dr. Jussuf Schoaib

Positionen zur modernen Heimat von Gestaltern aus Politik, Kultur und Wirtschaft

Alexanderstrasse 164B 70180 Stuttgart

Telefon 0711 / 470 9944

Vernissage am 27.9. um 19.00 Uhr in der Galerie Zukunftslabor

Heike Förster

Hannes Rockenbauch

Peter Grohmann

Ein Fotokunstprojekt von Juliane Spitta und Heiko Hellwig

Cem Özdemir