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Schweizer Schüler mit guten Pisa-Noten Weniger Leseschwache msc. In der internationalen Pisa-Stu- die 2012 schneiden asiatische Regionen und Länder am besten ab. Wie die am Dienstag weltweit präsentierten Ergeb- nisse zeigen, reihen sich Schanghai, Hongkong, Singapur, Japan und Korea in allen drei getesteten Bereichen – Lesen, Mathematik und Naturwissen- schaften – ganz vorne ein. Schanghai beispielsweise erreicht in Mathematik einen Wert von 613 Punkten. Die ameri- kanischen Schülerinnen und Schüler kommen dagegen nur auf 481 Punkte, die schwedischen auf 478. Für die Schweiz liefert «Pisa 2012» erfreuliche Daten. Die 15-Jährigen schneiden in den drei Bereichen besser ab als der OECD-Durchschnitt. In Ma- thematik zählen sie mit 531 Punkten gar zu den Besten in Europa, nur zwei Punkte hinter Liechtenstein. Diese Dif- ferenz liegt im nicht signifikanten Be- reich. Über die Jahre hinweg kann die Schweiz ihre gute Position in Mathema- tik halten, was anderen Ländern, die 2003 auch schon Spitzenresultate einge- fahren haben, nicht gelungen ist. Er- freulich ist insbesondere, dass der An- teil der Leseschwachen in der Schweiz markant reduziert werden konnte. Das ungenügende Lesevermögen hatte im Jahr 2000 den sogenannten «Pisa- Schock» ausgelöst. Die Verbesserungen haben jedoch zum grossen Teil mit einer veränderten Zuwanderungspolitik zu tun, im Zuge deren vermehrt Hoch- qualifizierte in die Schweiz einwandern. Schweiz, Seite 9 Kommentar, Seite 9

Schweizer schueler mit guten pisa noten nzz 4 12 13

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Page 1: Schweizer schueler mit guten pisa noten nzz 4 12 13

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EPA

Dow Jones 15914,62 –0,59%

SMI 8109,89 –1,79%

Euro in Franken 1,2293 –0,09%

Erdöl (WTI in $) 96,10 2,34%

Neuö Zürcör ZäitungNZZ – ZEITUNG FÜR DIE SCHWEIZ

gegründet 1780Mittwoch, 4. Dezember 2013 ! Nr. 282 ! 234. Jg. www.nzz.ch ! Fr. 4.20 ! ! 3.60

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Sportresultate 42 TV/Radio 51 Immobilien 12 Anlagefonds 39 Veranstaltungen 48, 50 Kino 50 Fahrzeuge 52 Trauer 14

Redaktion und Verlag: Neue Zürcher Zeitung, Falkenstrasse 11, Postfach, 8021 Zürich, Telefon +41 44 258 11 11,Leserservice/Abonnements: +41 44 258 15 30, weitere Angaben im Impressum Seite 49

INTERNATIONAL

Cameron wirbt umGunst der ChinesenSeite 3.. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .

SCHWEIZ

Günstiger Ausbau derS-Bahn in St. GallenSeite 13.. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .

ZÜRICH UND REGION

Jugendliche Polizei-Kritiker verhaftetSeite 15

PANORAMA

Raketenteile stürzenauf Häuser in ChinaSeite 22.. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .

WIRTSCHAFT

Indien blockiertBali-Paket der WTOSeite 23.. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .. . . .

SPORT

Le Mont will Basel imCup eine Falle stellenSeite 44

WETTER

Nach Nebelauflösung sonnigIm Norden sonnig. Im Mittelland an-fangs Nebel, Obergrenze bei 700 Me-tern, Auflösung um die Mittagszeit.Temperaturen um 4 Grad. In den Ber-gen Westwind und weniger mild. ImWesten sonnig. Vormittags über demMittelland Nebelfelder. Im Süden son-niges und in den Bergen mildes Wetter.

Seite 53

Lockruf des Mondes

37 Jahre ist es her, dass zum letzten Maleine Sonde weich auf dem Mond gelan-det ist. Nun möchte China mit den USAund der Sowjetunion gleichziehen. Dieam Wochenende gestartete SondeChang’e 3 ist Teil eines strategischenProgramms, an dessen Ende ein be-mannter Flug zum Mond stehen könnte.

Forschung und Technik, Seite 56

"

BÖRSE

Seite 29

Industriestadtin Japan wird grün

OECD kürt Kitakyushu

koa. ! Noch vor 50 Jahren war die StadtKitakyushu ein Zentrum der japani-schen Schwerindustrie. Nun hat dieOrganisation für wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung (OECD)Kitakyushu zur Modellstadt für «grünesWachstum» gekürt. Dies scheint ver-wunderlich, denn die Millionenstadtzeigt sich eher grau als grün. Jedochgeht es der OECD nicht nur um das Kri-terium «grün». Unternehmen müsstenauch global wettbewerbsfähig sein. DerSchlüssel sei, einen Ausgleich zwischenIndustrie und Ökologie zu finden.

Wirtschaft, Seite 27

Luzerner Polizeichefmuss abtreten

Konsequenzen aus Polizeiaffäre

maa. ! Der Kommandant der LuzernerPolizei, Beat Hensler, hat sich seit Junischweren Vorwürfen ausgesetzt gese-hen. Er soll gewalttätige Polizisten imKorps geduldet und sogar beförderthaben. Nun muss Hensler seinen Postenräumen. Als Konsequenz organisiertder Regierungsrat zudem die Polizei-führung neu. In ihren Reaktionen ha-ben die Parteien klargemacht, dass dieAffäre noch nicht ausgestanden sei. Sieerwägen den Einsatz einer parlamenta-rischen Untersuchungskommission.

Schweiz, Seite 11Meinung & Debatte, Seite 21

Schweizer Schülermit guten Pisa-Noten

Weniger Leseschwache

msc. ! In der internationalen Pisa-Stu-die 2012 schneiden asiatische Regionenund Länder am besten ab. Wie die amDienstag weltweit präsentierten Ergeb-nisse zeigen, reihen sich Schanghai,Hongkong, Singapur, Japan und Koreain allen drei getesteten Bereichen –Lesen, Mathematik und Naturwissen-schaften – ganz vorne ein. Schanghaibeispielsweise erreicht in Mathematikeinen Wert von 613 Punkten. Die ameri-kanischen Schülerinnen und Schülerkommen dagegen nur auf 481 Punkte,die schwedischen auf 478.

Für die Schweiz liefert «Pisa 2012»erfreuliche Daten. Die 15-Jährigenschneiden in den drei Bereichen besserab als der OECD-Durchschnitt. In Ma-thematik zählen sie mit 531 Punkten garzu den Besten in Europa, nur zweiPunkte hinter Liechtenstein. Diese Dif-ferenz liegt im nicht signifikanten Be-reich. Über die Jahre hinweg kann dieSchweiz ihre gute Position in Mathema-tik halten, was anderen Ländern, die2003 auch schon Spitzenresultate einge-fahren haben, nicht gelungen ist. Er-freulich ist insbesondere, dass der An-teil der Leseschwachen in der Schweizmarkant reduziert werden konnte. Dasungenügende Lesevermögen hatte imJahr 2000 den sogenannten «Pisa-Schock» ausgelöst. Die Verbesserungenhaben jedoch zum grossen Teil mit einerveränderten Zuwanderungspolitik zutun, im Zuge deren vermehrt Hoch-qualifizierte in die Schweiz einwandern.

Schweiz, Seite 9Kommentar, Seite 9

Grauen und Frohmutnah beisammen

Zwei Gedenkstätten in Rumänien

koa. ! Im Norden Rumäniens begegnetder Besucher dem Tod auf kleinstemRaum auf zwei gegensätzliche Arten.Das Gefängnis der Kleinstadt SighetuMarmatiei ist ein Ort des Grauens mitdunkler Geschichte. Dort wurden Geg-ner des kommunistischen Regimesmisshandelt und erniedrigt. In unmittel-barer Nähe tritt einem der Tod über-raschend anders entgegen. Der «Fröh-liche Friedhof» mit bunten Grabstelenund Bildern gibt einen Einblick in diebodenständige Mentalität der Bevölke-rung in der abgeschiedenen Region.

International, Seite 7

Demonstranten protestieren vor dem Parlamentsgebäude in Kiew gegen die ukrainische Regierung. ONUR COBAN / ANADOLU / KEYSTONE

Misstrauensantrag gegenukrainische Regierung gescheitert

Anhaltende Demonstrationen in Kiew, aber keine neuen Zwischenfälle

Die Kiewer Opposition hat nichtgenügend Stimmen für ein Miss-trauensvotum gegen die Regie-rung Asarow zusammengebracht.Eine Aufweichung der Frontenist nicht in Sicht.

Rudolf Hermann, Kiew

Die ukrainischen Oppositionsparteienhaben am Dienstag nicht genügendStimmen zusammenzubringen ver-mocht, um der Regierung von Minister-präsident Asarow im Parlament dasMisstrauen auszusprechen. Für die Vor-lage stimmten 186 Abgeordnete; nötigwären 226 gewesen. Obwohl seit Mon-tag Berichte kursieren, dass es in derregierenden Partei der Regionen ru-more, fand dies bei der Misstrauens-abstimmung keinen Niederschlag. Asa-

row zeigte sich vor der Abstimmung imParlament sehr selbstsicher. Er bat zwarin Namen der Regierung um Entschul-digung für Polizeigewalt gegen De-monstrierende, doch Verantwortung da-für wies er zurück. Weder er noch Präsi-dent Janukowitsch hätten den Einsatzbefohlen. Ausserdem richtete er eineWarnung an die Manifestanten, die dasKiewer Stadthaus besetzt halten. SeineRegierung strecke nun die Hand aus,doch wenn man auf eine Faust treffe,habe man genügend Kräfte, um sich da-mit auseinanderzusetzen. Das klang we-nig versöhnlich.

Rücktritte gefordertAsarow stellte eine tiefgreifende Regie-rungsumbildung in Aussicht. Die De-monstranten, die sich auch am Dienstagwieder in grosser Zahl im Stadtzentrumvon Kiew einfanden, verlangen aber

den Rücktritt Asarows und Januko-witschs. Die Fronten sind nach wie vorverhärtet. Weil die parlamentarischeGeschäftsordnung nur einen Misstrau-ensantrag pro Sessionsperiode zulässt,hat die Opposition bis Februar keineMöglichkeit mehr, eine Abberufung derRegierung zu bewirken.

Friedliche AtmosphäreAuf dem Platz der Unabhängigkeit inKiew, den die Demonstrierenden mitBarrikaden abgesperrt haben, um sichgegen einen möglichen Polizeieinsatz zuschützen, herrschte am Dienstag einegelöste Stimmung. Polizei war weit undbreit keine zu sehen. Bei Manifestatio-nen vor dem Parlament und anderenInstitutionen war die Atmosphäre ange-spannter gewesen, doch zu ernsterenZwischenfällen kam es auch dort nicht.

Meinung & Debatte, Seite 21

Asyl-Testbetriebkann beginnen

Doppelzentrum in Zürich

C. W. ! Im Januar beginnt in Zürich dieTestphase für das neue Asylverfahren.Eine Abteilung des Bundesamts fürMigration und die Betreuungsorganisa-tion AOZ sind startbereit und haben dieMedien im Einzelnen informiert. Nachdem Reformkonzept von BundesrätinSimonetta Sommaruga sollen die Nähevon Unterkunfts- und Verfahrenszen-trum, neue Abläufe und die Begleitungdurch Rechtsvertreter die Prüfung derAsylgesuche beschleunigen. Die Aus-wirkungen auf die Quartierbevölkerungdürften sich in Grenzen halten.

Zürich und Region, Seite 17

rohrbach
NZZ, 4.12.2013
Page 2: Schweizer schueler mit guten pisa noten nzz 4 12 13

0 100 200 300 400 500

OECD-Mittel

2012

2009

2006

2003

2000

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OECD-Mittel

2012

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OECD-Mittel

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2006

2003

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Die Pisa-Studie für die Schweiz 2012Mittelwerte 2000 bis 2012, in Punkten

QUELLE: NATIONALER BERICHT PISA 2012 NZZ-INFOGRAFIK / efl.

Lesen:

Mathematik:

Naturwissenschaften:

529

527

530

534

531

494

494

499

499

501

509

496

495

513

512

517

515

501

9Mittwoch, 4. Dezember 2013 ! Nr. 282 SCHWEIZNeuö Zürcör Zäitung

Nationalrat stimmt demBudget für das Jahr 2014 zu Seite 10

Der Luzerner Polizeikommandantmuss seinen Posten räumen Seite 11

Roveredo hat wieder einehandlungsfähige Exekutive Seite 11

Mit dem Fahrplanwechsel gibt esmehr Bahn in der Ostschweiz Seite 13

Masshaltenbeim Messen

Beschränkte Aussagekraft von Pisa

msc. ! Nun ist also wieder ein Pisa-Tri-ennium vergangen. Zurück liegen fünfinternationale Vergleichsstudien. DieSchweizer Schülerinnen und Schülerschneiden 2012 gut ab, teilweise ausge-zeichnet. Die 15-Jährigen sind kompeti-tiv. Dies sollte insbesondere die inländi-sche Wirtschaft zur Kenntnis nehmen,die sich über mangelhafte Kompeten-zen der Schulabgänger beklagt. Mittler-weile bleibt der Pisa-Hype aus, wenn dieErgebnisse veröffentlicht werden. Dasist gut so. Denn die Pisa-Studien sind inihrem Aussagewert begrenzt. Es sindBeschreibungen und Momentaufnah-men. Wenn sie aufrütteln, kann daspositiv sein – sofern nicht reiner Akti-vismus die Folge ist. Präzisere Erklärun-gen liefert Pisa nicht. Interessant wirdes, wenn die Ursachen von Bildungs-erfolgen oder Bildungslücken im Zen-trum stehen, wenn die Wirksamkeit vonMassnahmen überprüft und nach demWarum gefragt wird.

Pisa hat zunächst die Sucht derMedien nach Rankings perfekt gestillt.In Kombination mit dem dürftigen Ab-schneiden der Schweizer 15-Jährigen imJahr 2000 im Lesen war schnell eineexplosive Mischung hergestellt. Heute –dies selbstredend auch dank dem gutenAbschneiden – kann die Sache nüchter-ner betrachtet werden. Das muss sieaber auch: Es sei darauf verwiesen, dassdie meisten Veränderungen bei denPunktzahlen im statistisch nicht signifi-kanten Bereich liegen. Man kann diesenUmstand nicht genug betonen.

Insgesamt hat Pisa jedoch in der Bil-dungspolitik einiges ausgelöst. DerGlaube an die Messbarkeit von Bildungist heute verbreiteter als vor zwanzigJahren. Bildungsmonitoring und stär-kere Steuerung sind en vogue. Dabei hateine alte Weisheit auch im 21. Jahrhun-dert Bestand: Zentral für umfassendeBildung und schulischen Erfolg vonJugendlichen ist die Qualität der Lehr-person, ihr Engagement und ihre Bezie-hung zur Schülerin und zum Schüler. Esist darauf zu achten, dass Überprüfungund Monitoring, Steuerung und mög-liche Rankings und die damit verbun-dene stärkere bürokratische Belastungder Schulen den Lehrpersonen nicht dieFreude am Unterricht und die Freude ander kommenden Generation vermiesen.Beim Messen ist masszuhalten.

Deutschland: GenügendSeit dem «Pisa-Schock» ist im Bildungsbereich viel geschehen

U. Sd. Berlin ! Man blickt stets mitBangen auf die Ergebnisse der neuestenPisa-Studie in Deutschland – tief sitztder «Pisa-Schock» des Jahres 2001, alsdie erste Veröffentlichung der OECDgezeigt hatte, dass die Leistungen deut-scher Schüler in vielen Fächern zu wün-schen übrig lassen. Das Aufatmen derVerantwortlichen war denn am Diens-tag auch sehr vernehmlich. Deutschlandschneidet in der neusten Erhebung zwarnicht berauschend, aber doch solide abund zeigt sich in allen Sparten verbes-sert. Im Bereich Mathematik kommendie deutschen Schüler auf Platz 16, imLesen auf Rang 20 und bei den Natur-wissenschaften auf Platz 12.

Dass die Deutschen damit erstmalsin allen Bereichen über dem OECD-Durchschnitt liegen, hat weitum verhal-tene Genugtuung ausgelöst – auch wennnatürlich jeder Pädagoge betont, esmüsse noch viel, viel mehr geschehen.

Man liege jetzt «fast auf Augenhöhe mitden stärksten westlichen Ländern wieder Schweiz, den Niederlanden undFinnland», konstatierte befriedigt derBerliner «Tagesspiegel», und stolz wie-sen Bildungsfachleute darauf hin, dasssich der Rückstand von Schülern ausMigrantenfamilien in der Mathematikin den letzten zehn Jahren von 81 auf 54Punkte verringert hat. Über die Gründefür den Erfolg wagt man erst zu speku-lieren. Bundesbildungsministerin Jo-hanna Wanka verwies vage auf dieempirische Bildungsforschung, die nach«Pisa» aufblühte und mitverantwortlichdafür ist, dass mehr Kindertagesstättengebaut, zentralisierte Standards einge-führt und Ganztagesschulen eingerich-tet wurden. Für Manfred Prenzel, denLeiter des deutschen Pisa-Verbunds,steht fest, dass es vor allem die nationalbeachteten Bildungsstandards sind, dieden Aufschwung bewirkt haben.

Hell im KöpfchenDie Pisa-Studie 2012 attestiert Schweizer Schülerinnen und Schülern überdurchschnittliche Leistungen

In Lesen, Mathematik undNaturwissenschaften schneidendie 15-jährigen Schüler gut bissehr gut ab. Fortschritte machensie insbesondere bei denLesefähigkeiten.

Michael Schoenenberger, Bern

Schweizer Schüler haben sich in derPisa-Studie 2012 erneut in den vorderenRängen placieren können. Die vonihnen erbrachten Leistungen liegen inden drei getesteten Bereichen Lesen,Mathematik und Naturwissenschaftenüber dem Mittelwert aller OECD-Län-der. Die Mathematik sticht hervor: DieSchweiz erreicht 531 Punkte. Damitkommt sie auf den dritten Platz derOECD-Länder. Nur Liechtenstein undeinige asiatische Regionen schneidenbesser ab. Etwas weniger gut rangierendie 15-jährigen Schüler im Lesen, näm-lich auf dem elften Platz der OECD-Länder (509 Punkte). Auf dem zwölftenPlatz schliesslich landen sie in denNaturwissenschaften mit 515 Punkten.

Hervorzuheben ist, dass die Schwei-zer Jugendlichen Texte wieder besserlesen und verstehen können. Der Anteil

der Leistungsschwachen im Lesen hatsich seit dem «Pisa-Schock» 2000 signi-fikant reduziert – von 20,4 auf 13,7 Pro-zent. Dies sei aufgrund erster Auswer-tungen zum grossen Teil auf eine andereZusammensetzung der Einwandererder ersten Generation zurückzuführen,sagte Christoph Eymann bei der Prä-sentation der Pisa-Ergebnisse amDienstag in Bern. Die Einwanderungs-politik, die auf gut qualifizierte Zuwan-derer fokussiert, mache sich bemerkbar,konstatierte der Präsident der Eid-genössischen Erziehungsdirektoren-konferenz (EDK). Die Schweizer Leh-rerverbände LCH und SER sprachenvon einer offensichtlich positiven Wir-kung der Investitionen in die Leseförde-rung. Der nächste Bildungsbericht, derim Juni 2014 erscheinen wird, sollteAufschluss darüber geben, inwieferndiese Massnahmen gefruchtet haben.Pisa kann hierzu wenig aussagen.

Einfluss des Sozialen kleinerAls Schwerpunkt wurde 2012 zum zwei-ten Mal nach 2003 die Mathematik ge-testet. Erstmals lassen sich die Leistun-gen über diese Zeit vergleichen. DieSchweizer Jugendlichen haben in die-sem Fach die guten Werte erneut bestä-

tigen können. Es zeigen sich Konstanzund Stabilität auf hohem Niveau. Ananderen Ländern wird ersichtlich, wieschwierig es ist, Top-Ergebnisse zu hal-ten. Verbessern konnten sich im Ver-gleich zu 2003, als das Fach zum erstenMal den Schwerpunkt bildete, vor allemLänder mit tiefen Leistungen. In derSchweiz bleiben die Anteile der Leis-tungsschwachen und der Leistungsstar-ken unverändert. Positiv ist, dass derAnteil der Leistungsschwachen mit 13Prozent vergleichsweise klein, jener derLeistungsstarken mit 22 Prozent ver-gleichsweise hoch ist. Eymann hob her-vor, dass der Einfluss der sozialen Her-kunft auf die Leistungen in Mathematikkleiner ist als im OECD-Durchschnitt.

Die genauere Betrachtung des Prü-fungsfachs Mathematik zeigt sodann,dass die Schweizer Schüler im Bereich«Raum und Form» stark überdurch-schnittlich abschneiden, während sie injenem der «Wahrscheinlichkeit und Sta-tistik» deutlich abfallen. Dies hat lautBeat W. Zemp, dem Zentralpräsidentdes Dachverbands der Lehrer (LCH),damit zu tun, dass dieser Bereich auf derSek-I-Stufe nicht unterrichtet wird. DieSchweiz verschenke hier neun Punkte,sagte Zemp an der Medienkonferenz inBern. Er bemerkte indes, dass eine

Änderung der Stundentafel Folgen aufdas gute Abschneiden in Geometriehätte. Verdeutlicht wird an diesem Bei-spiel die eingeschränkte Aussagekraftvon Pisa, denn untersucht wird nicht,wie gut die Schweizer Schüler zu einembestimmten Zeitpunkt die Ziele derSchweizer Lehrpläne erreichen.

Naturwissenschaft aufwertenVerbesserungswürdig sind die Leistun-gen in den Naturwissenschaften. DerGeneralsekretär der EDK, Hans Am-bühl, verwies auf die Uneinheitlichkeitder Lehrpläne in den Kantonen und aufdie im Vergleich zum Ausland tiefereLektionenzahl in diesem Bereich. Sei-tens der EDK wurde betont, der Hand-lungsbedarf sei erkannt, eine Aufwer-tung dieser Fächer geplant.

An Pisa 2012 haben in 65 Ländernrund 510 000 Jugendliche im Alter von15 Jahren teilgenommen. 11 000 Schülerwaren es in der Schweiz – anteilsmässigverteilt auf Volksschüler, Privatschüler,Gymnasiasten und Berufsschüler. DieSchweiz wird 2015 wieder an Pisa teil-nehmen, aber mit einer kleineren Stich-probe. Fokussiert wird ab 2016 auf dieÜberprüfung der nationalen Bildungs-ziele in der obligatorischen Schule.

Österreich macht Absturz wettGute Resultate in Mathematik – tiefe Geschlechterkluft

bam. Wien ! In Österreich wurde dieneueste Pisa-Studie von Experten undPolitikern mit ähnlicher Spannung er-wartet, wie Kinder der Verteilung einesnur knapp genügenden Zeugnisses ent-gegensehen. Das Land hatte in den ver-gangenen Jahren insbesondere bei derLesekompetenz miserabel abgeschnit-ten, und die nun besseren Ergebnisseder Studie 2012 wurden von einigenZeitungen am Dienstag bereits vorabveröffentlicht. «Die Presse» schrieb garvon einem «Spitzenplatz» in Mathema-tik, denn hier landete Österreich im-merhin auf dem 11. Platz unter 66 Län-dern. Die 15- und 16-jährigen Schülerhaben sich um 10 Punkte verbessert undliegen nun mit 506 Punkten über demOECD-Schnitt von 495 Punkten.

Auch in den Naturwissenschaftenkonnten die Schüler zulegen und liegenknapp über dem OECD-Schnitt.Schwachpunkt bleibt aber das Lesen. In

diesem Bereich resultierte zwar ein Plusvon 20 Punkten, doch mit 490 Punktenliegt Österreich immer noch unter demOECD-Schnitt und landet nur auf dem21. Platz der 34 OECD-Länder. Unver-ändert blieb die Kluft zwischen Kindernmit und ohne Migrationshintergrund.Der Unterschied zwischen Knaben undMädchen ist vergleichsweise gross undgibt gar zur Sorge Anlass. Buben errei-chen durchschnittlich 22 Punkte mehrals Mädchen, das ist mehr als doppelt soviel wie 2003, als Mathematik letztmalsSchwerpunktfach war, und der höchsteZuwachs aller Länder.

Österreich hat in der Studie 2012lediglich das Niveau von 2003 und 2006wieder erreicht und damit den Absturzim Jahr 2009 wettgemacht. Unterrichts-ministerin Claudia Schmied sah aberimmerhin eine Trendumkehr. Das Er-gebnis sei jedoch auch ein klarer Auf-trag, Reformen weiter voranzutreiben.

Schweizer Jugendliche können Texte wieder besser lesen und verstehen. CHRISTOPH RUCKSTUHL / NZZ