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März 2002 Schweizerischer Bundesrat Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002

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März 2002

Schweizerischer Bundesrat

Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002

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Inhalt

Bericht des Bundesrates: Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002

Inhalt Inhalt/ImpressumEinführung Zweck und Inhalt des Berichts 1Teil 1 Ausgangslage 2

1.1 Auftrag 21.2 Neue Bundesverfassung 31.3 Internationaler Kontext 31.4 Strategieerarbeitungsprozess und Kriterien

für die Wahl der Massnahmen 6Teil 2 Leitlinien für die Politik der Nachhaltigen Entwicklung 8

2.1 Zukunftsverantwortung wahrnehmen 82.2 Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft gleichwertig berücksichtigen 92.3 Eigenheiten der Dimensionen

der Nachhaltigen Entwicklung anerkennen 102.4 Nachhaltige Entwicklung in alle Politikbereiche einbeziehen 112.5 Koordination zwischen den Politikbereichen verbessern

und Kohärenz erhöhen 122.6 Nachhaltige Entwicklung partnerschaftlich realisieren 12

Teil 3 Handlungsfelder und Massnahmen 143.1 Handlungsfeld 1: Wirtschaftspolitik und Service public 143.2 Handlungsfeld 2: Finanzpolitik 163.3 Handlungsfeld 3: Bildung, Forschung und Technologie 183.4 Handlungsfeld 4: Gesellschaftliche Kohäsion 203.5 Handlungsfeld 5: Gesundheit 223.6 Handlungsfeld 6: Umwelt und natürliche Ressourcen 233.7 Handlungsfeld 7: Raum- und Siedlungsentwicklung 263.8 Handlungsfeld 8: Mobilität 293.9 Handlungsfeld 9: Entwicklungszusammenarbeit und

Friedensförderung 313.10 Handlungsfeld 10: Methoden und Instrumente 34

Teil 4 Umsetzung und Begleitmassnahmen 364.1 Verantwortungsbereiche und Strukturen 364.2 Zeitplan, Controlling und Evaluation 374.3 Finanzierung 384.4 Partnerschaftliches Vorgehen und Kommunikation 38

Anhang Massnahmen der Strategie 1997 in ihrem Bezug zur Strategie 2002 39Bezugsquellen 41

Impressum

Inhaltsübersicht

Schweizerischer Bundesrat Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002Bericht des Schweizerischen Bundesratesvom 27. März 2002

Kontakt Interdepartementaler Ausschuss Rio (IDARio)c/o Bundesamt für Raumentwicklung (ARE)Nachhaltige EntwicklungCH-3003 Bern

Produktion ecos ag, Basel, Daniel Wiener, Edda Greiner

Gestaltung rébus Basel, Sybil Weishaupt, Hans Sommer

Fotonachweis Umschlagfoto: Andreas Busslinger/AURA, Luzern

Impressum

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Das Jahr 2002 steht im Zeichen des Jubiläums «10 Jahre nach Rio». ImSommer dieses Jahres findet in Johannesburg der «Weltgipfel für Nach-haltige Entwicklung» als Nachfolgeveranstaltung zur UNO-Konferenzüber Umwelt und Entwicklung von Rio de Janeiro im Jahre 1992 statt.Aus diesem Anlass legt der Bundesrat eine erneuerte Strategie zur Nach-haltigen Entwicklung der Schweiz vor.Im Nachgang zur Konferenz von Rio setzte der Bundesrat im März 1993für die Steuerung der Folgearbeiten den auf Direktionsebene angesiedel-ten Interdepartementalen Ausschuss Rio (IDARio) ein, dem alle Bundes-stellen mit Aufgaben im Bereich der Nachhaltigen Entwicklung ange-hören. Dieser Ausschuss steuerte auch die Arbeiten an der vorliegendenStrategie.Im Rahmen des IDARio wurde im Hinblick auf «5 Jahre nach Rio» eineerste Strategie «Nachhaltige Entwicklung in der Schweiz» erarbeitet undvom Bundesrat 1997 beschlossen. Die «Strategie Nachhaltige Entwicklung2002» basiert auf der Politik von 1997, führt und entwickelt diese aberweiter. Die neue Strategie verfolgt einen umfassenderen Ansatz und be-zweckt eine flächendeckende Integration der Grundsätze der NachhaltigenEntwicklung in jedem Politikfeld. Zur besseren Verankerung dieses ganz-heitlichen Ansatzes soll gemäss der neuen Bundesverfassung in sämtlichenGesetzen, Programmen, Konzepten und Projekten auf die NachhaltigeEntwicklung Bezug genommen werden.Der Bundesrat baut seine Politik der Nachhaltigen Entwicklung aufeinem breiten Verständnis dieses Prozesses auf. Er nimmt NachhaltigeEntwicklung als politisches Handlungsfeld wahr, das sich umfassend mitder Gewährleistung einer zukunftsfähigen Entwicklung befasst und dabeigleichermassen ökologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Heraus-forderungen aufgreift und umsetzt. Daher steht die vorliegende Strategievor Herausforderungen aus einem breiten thematischen Spektrum:Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit; Finanzpolitik; Forschung, Techno-logie und Bildung; gesellschaftlicher Zusammenhalt; Gesundheit; Umweltund natürliche Ressourcen; Raumordnung; Mobilität; internationaleBeziehungen.Die wesentlichen Eckpunkte der Strategie 2002 sind:• die Ausrichtung auf ein ausgewogenes Verhältnis der drei Pfeiler der

Nachhaltigen Entwicklung (Wirtschaft, Gesellschaft, Umwelt);• grundsätzlich breit angelegte Konzeption, d.h. nicht nur eine auf

wenige Politikbereiche beschränkte Strategie;• handlungs- und wirkungsorientierte Ausgestaltung der Massnahmen

im Sinne eines konkreten Aktionsplanes;• Einbezug der Kantone, der Gemeinden, der Zivilgesellschaft und des

Privatsektors.Gestützt auf die von dem IDARio erarbeiteten konzeptionellen Grund-lagen, beschliesst der Bundesrat mit der «Strategie Nachhaltige Entwick-lung 2002» zehn Handlungsfelder mit insgesamt 22 Massnahmen.Der Bundesrat legt auch die Rahmenbedingungen und Verantwortlich-keiten für die Implementierung der Strategie fest. Die Strategie ist auf eineDauer von sechs Jahren bis an das Ende der Legislaturperiode 2004–2007ausgerichtet. Für die Umsetzung jeder Massnahme wird ein Zeitrahmendefiniert. Ein Controlling- und Evaluationssystem für eine Erfolgskontrolleder Massnahmen soll eine regelmässige Berichterstattung garantieren.Darüber hinaus sollen Partnerschaften und gemeinsame Kommunika-tionsbemühungen mit Kantonen, Gemeinden, der Zivilgesellschaft unddem Privatsektor eine erfolgreiche Umsetzung unterstützen.

Einführung

Bericht des Bundesrates: Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 1

Einführung

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1 Ausgangslage1.1 Auftrag

Im Nachgang zur UNO-Konferenz über Umwelt und Entwicklung vonRio de Janeiro im Jahre 1992 setzte der Bundesrat für die Steuerung derFolgearbeiten im März 1993 den auf Direktionsebene angesiedeltenInterdepartementalen Ausschuss Rio (IDARio) ein, welchem jene Bun-desstellen angehören, die mit Aufgaben im Bereich der NachhaltigenEntwicklung betraut sind.Im Rahmen des IDARio wurde eine erste Strategie «Nachhaltige Ent-wicklung in der Schweiz» erarbeitet und vom Bundesrat 1997, also fünfJahre nach der Konferenz von Rio, beschlossen. Wie der Bundesrat ein-leitend zur Strategie 1997 deutlich machte, verstand sich diese nicht als umfassendes Instrument, sondern konzentrierte sich auf «wenigeumsetzbare Massnahmen, welche die im Rahmen der Legislatur-periode 1995–1999 bereits laufenden Aktivitäten stärken und ergän-zen» sollten1.Anlässlich eines Zwischenberichtes über den Stand der Umsetzung derStrategie2 gab der Bundesrat am 11. Dezember 2000 der Verwaltungden Auftrag zur Neubearbeitung: «Das UVEK (in Zusammenarbeit mitdem EDA und dem EVD) wird dem Bundesrat zu gegebenem Zeit-punkt einen Antrag mit den neuen Grundlagen für die Weiterent-wicklung der bundesrätlichen Strategie unterbreiten.» Als Zeitpunktwurde das Jahr 2002 vorgegeben. Die Weiterentwicklung der StrategieNachhaltige Entwicklung ist auch im Legislaturbericht 1999–20033

aufgeführt.Im Jahre 2002 blickt die Welt und damit auch die Schweiz auf ein Jahr-zehnt seit Rio zurück. Im Sommer dieses Jahres findet als Nachfolge-konferenz zu derjenigen von Rio Janeiro in Johannesburg (Südafrika)ein «Weltgipfel für Nachhaltige Entwicklung» statt. Vor diesem Hinter-grund und aus diesem Anlass legt der Bundesrat mit dem vorliegendenBericht eine erneuerte Strategie der Nachhaltigen Entwicklung vor.Die «Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002» baut auf jener von 1997auf und führt sie weiter. Sie ist aber umfassender als die bewusst selektivgehaltene Vorgängerin. Sie bezweckt den flächendeckenden Einbezugder Grundsätze der Nachhaltigen Entwicklung in alle Politiksektoren.Die Grundlage dafür stellt die total revidierte Bundesverfassung von1999 dar, welche die Nachhaltige Entwicklung in den Rang eines Staats-ziels erhebt.In seinem Beschluss vom 11. Dezember 2000 beauftragte der Bundesratdie Ämter, die Umsetzungsarbeiten an den Massnahmen der Strategie1997 gemäss den Schlussfolgerungen des Zwischenberichtes fortzufüh-ren. Was dies bezüglich einer allfälligen Weiterführung in der Strategie2002 bedeutet, zeigt die Tabelle im Anhang auf.

Bericht des Bundesrates: Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 2

Von Rio nach Johannes-burg: Nachhaltige Entwicklung zwischenzwei Erdgipfeln.© A. Busslinger/AURA

Ausgangslage

1 Bericht vom 9. April 1997: «Strategie Nachhaltige Entwicklung in der Schweiz», BBl 1997 III 1045 2 Zwischenbericht vom 11. Dezember 2000: «Überblick über den Stand der Umsetzung der Strategie

Nachhaltige Entwicklung in der Schweiz»3 Bericht vom 1. März 2000 über die Legislaturplanung 1999–2003, BBl 2000 2276; vgl. Rubrik «weitere

Geschäfte» im Bereich Umwelt und Infrastruktur

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1.2 Neue Bundesverfassung Ein Schlüsselereignis der Neunzigerjahre stellt für die Nachhaltige Ent-wicklung die Verabschiedung der neuen Bundesverfassung von 1999dar. Darin ist die Nachhaltige Entwicklung auf mehrfache Weise ver-ankert.Mit der Präambel bindet die neue Bundesverfassung das Schweizervolkund die Kantone u.a. in die Verantwortung gegenüber künftigen Gene-rationen ein.Artikel 2 umschreibt den übergeordneten Zweck der Eidgenossenschaft.Dieser umfasst die Förderung der gemeinsamen Wohlfahrt, der Nach-haltigen Entwicklung, des inneren Zusammenhaltes und der kulturel-len Vielfalt (Abs. 2) wie auch den Einsatz für die dauerhafte Erhaltungder natürlichen Lebensgrundlagen und für eine friedliche und gerech-te internationale Ordnung (Abs. 4). Damit wird die Förderung derNachhaltigen Entwicklung zu einem der Staatsziele der Eidgenossen-schaft.Gemäss Artikel 73 (Nachhaltigkeit) haben Bund und Kantone – als ver-bindlicher Handlungsauftrag an die staatlichen Organe aller Stufen –«ein auf die Dauer ausgewogenes Verhältnis zwischen der Natur undihrer Erneuerungsfähigkeit einerseits und ihrer Beanspruchung durchden Menschen anderseits» anzustreben.Mit Artikel 54 werden die aussenpolitischen Ziele genannt, die wichtigeElemente der Nachhaltigen Entwicklung aufnehmen: Förderung derWohlfahrt, Beitrag zur Linderung der Not und Armut in der Welt, zurAchtung der Menschenrechte, zur Förderung der Demokratie, zueinem friedlichen Zusammenleben der Völker und zur Erhaltung dernatürlichen Lebensgrundlagen.Der bedeutende Stellenwert der Nachhaltigen Entwicklung in der neu-en Bundesverfassung ist eine wesentliche und gewichtige Neuerunggegenüber der alten Verfassung.

1.3 Internationaler KontextUNOAnlässlich der UNO-Konferenz über Umwelt und Entwicklung vonRio de Janeiro verabschiedeten die Regierungen im Jahre 1992 mit derRio-Deklaration 27 universell gültige Prinzipien, welche die internatio-nalen Bestrebungen zur Erreichung des Ziels einer Nachhaltigen Ent-wicklung leiten sollen. Eine weitere grosse Errungenschaft der Kon-ferenz bestand darin, dass sich die Regierungen zudem auf einenkonkreten Aktionsplan für das 21. Jahrhundert, die Agenda 21, einigenkonnten. Der Aktionsplan für eine Nachhaltige Entwicklung sah vonden Staaten, die ihn wie die Schweiz verabschiedeten, u.a. die Erarbei-tung nationaler Strategien vor. Die Generalversammlung der VereintenNationen beschloss auf ihrer Sondertagung im Jahre 1997, dass diesebis spätestens 2002 zu verabschieden seien. In der Erklärung desMillenniumgipfels bekräftigten die Staats- und Regierungschefs erneutihre Unterstützung des Programms der Agenda 21.

OECDDie bisher ergriffenen Massnahmen zur Erreichung der Nachhaltig-keitsziele reichen nach der Einschätzung der OECD nicht aus. Obgleicheinige Fortschritte zu verzeichnen sind, zieht die OECD insgesamt einebeunruhigende Bilanz: Bei der Bewirtschaftung und Erhaltung derWasser- und Bodenressourcen sowie der Artenvielfalt hat sich die Lageerheblich verschlechtert. Ein Viertel der Bevölkerung in den Entwick-

Ausgangslage

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lungsländern lebt nach wie vor in bitterer Armut. Ebenso ist davon aus-zugehen, dass sich das Bevölkerungswachstum weiter beschleunigt unddie Verbreitung von Krankheiten fortschreitet. Anhaltende Armut undUngleichheit sind schwer wiegende Hindernisse für eine Zukunft mitFrieden, Sicherheit, Gerechtigkeit, Solidarität und intakter Umwelt aufglobaler, nationaler und regionaler Ebene.4

Angesichts dieser Situation verfasste die OECD einen «PraktischenLeitfaden für Strategien zu Gunsten einer Nachhaltigen Entwicklung»5,um die Länder bei der Bewältigung dieser Aufgabe zu unterstützen. Indiesem Dokument wird die Bedeutung der Mitwirkung und die Not-wendigkeit der Verknüpfung von nationaler und lokaler Ebene hervor-gehoben. Der Bericht macht besondere Empfehlungen für die BereicheKlimaveränderung und Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen,da dort die Gefahr einer nicht Nachhaltigen Entwicklung besondersgross erscheint.

Europäische UnionAn seiner Zusammenkunft in Göteborg im Juni 2001 verabschiedeteder Europäische Rat eine eigene Strategie für die Nachhaltige Ent-wicklung. Gemäss dieser Absichtserklärung müssen die wirtschaft-lichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen sämtlicher Politikenkoordiniert geprüft und in den Entscheidungsprozess einbezogen wer-den. Für eine verbesserte politische Koordinierung dieser Bemühungenfordert der Europäische Rat die Mitgliedstaaten auf, eigene Strategienzu entwickeln und zu implementieren. Die Strategie des Rates istbewusst auf ausgewählte Problembereiche ausgerichtet, die vor schwerwiegenden Bedrohungen stehen. Ergänzend zu den bereits bestehen-den Beschlüssen in den beiden Bereichen Armut und soziale Ausgren-zung sowie Alterung der Bevölkerung6, wurden Ziele und Massnahmenfür vier Hauptgebiete festgelegt:• Bekämpfung der Klimaveränderung und vermehrter Einsatz saube-

rer Energieträger, namentlich mit dem Ziel, den Anteil der aus erneuerbaren Energiequellen produzierten Elektrizität am Gesamt-verbrauch der EU auf 22% anzuheben;

• Gewährleistung einer ökologisch vertretbaren Mobilität und ent-sprechender Verkehrsmittel mittels Infrastrukturinvestitionen, dievorrangig den öffentlichen Verkehr und die Eisenbahnen berück-sichtigen, sowie durch den vollen Einbezug der sozialen und ökolo-gischen Verkehrskosten;

• Risikominderung im Gesundheitsbereich beispielsweise durch dieVerabschiedung einer Politik über chemische Stoffe bis zum Jahr2004 und durch die Schaffung eines europäischen Überwachungs-und Frühwarnsystems für Gesundheitsfragen;

• vermehrte Sensibilisierung für einen verantwortungsvollen Um-gang mit natürlichen Ressourcen, indem umweltverträgliche Pro-duktionsmethoden in der Landwirtschaft gefördert, Habitate undnatürliche Systeme wiederhergestellt sowie der Rückgang der Bio-diversität bis zum Jahr 2010 gestoppt werden.

Bericht des Bundesrates: Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 4

Ausgangslage

4 OECD: Policies to Enhance Sustainable Development. Paris 20015 OECD: Guide pratique pour les stratégies de développement durable. Paris 20016 Kommission der Europäischen Gemeinschaften. Strategie von Lissabon für den Bereich der Sozialpolitik,

März 1999

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Ergänzend sieht die Strategie der Europäischen Union Aktionen zurVerbesserung der Kommunikation zwischen den Mitgliedstaaten sowiezur Mobilisierung der Bevölkerung und der grossen Unternehmungenvor. Die Kommission wird deshalb u.a. ab 2002 alle zwei Jahre ein«Forum der interessierten Kreise» organisieren, um eine breite Öffent-lichkeit an der Evaluation der EU-Strategie zu beteiligen.

Nationale Strategien in EuropaEin Vergleich der Strategien der einzelnen europäischen Länder fälltschwer, weil sowohl Ansätze wie Inhalte stark differieren. In mehrerenLändern laufen die Bestrebungen jedoch parallel zu den schweize-rischen Bemühungen. Es lässt sich jedenfalls feststellen, dass die meis-ten europäischen Länder Strategien für eine Nachhaltige Entwicklungerarbeitet haben oder im Prozess dazu stehen.Einige nationale Strategien, wie z. B. die italienische, sind hauptsächlichauf den Umweltaspekt ausgerichtet. Andere Länder wie Grossbritan-nien, Deutschland, Frankreich oder Österreich entschieden sich fürbreiter gefächerte Ansätze mit ausgeprägten wirtschaftlichen, gesell-schaftlichen und ökologischen Komponenten. Auch in der Schweizwurde die Strategie 2002 gegenüber der ersten aus dem Jahre 1997 the-matisch erweitert und beinhaltet nun unter anderem auch die ThemenMobilität und Raumentwicklung.Die europäischen Strategien der Nachhaltigen Entwicklung sind zwarverschieden, doch basieren alle auf einem partizipativen Ansatz. Alleenthalten vorgelagerte und/oder begleitende Strukturen, die einenbreiten Kreis von Akteuren einbinden, sei es in Form eines rundenTischs, einer Kommission oder eines Nationalen Rats für NachhaltigeEntwicklung. Auch die vorliegende schweizerische Strategie entstandunter Einbezug der Kantone, der Zivilgesellschaft und des Privatsektorsüber die in unserem Land eingespielten Konsultationsverfahren. Einnoch intensiverer Dialog und partnerschaftliches Vorgehen sind für diePhase der Konkretisierung und Umsetzung der Massnahmen vorgese-hen (vgl. Ziff. 4).Evaluationssysteme sind nicht in allen Länderstrategien vorgesehen.Für die Umsetzung der Schweizer Strategie 2002 sind dagegen ein regel-mässiges Controlling und periodische Evaluationen in Vorbereitung(vgl. Ziff. 4).

Ausgangslage

Bericht des Bundesrates: Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 5

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1.4 Strategieerarbeitungsprozess und Kriterien für die Wahl der Massnahmen

Die vorliegende Strategie wurde wie ihre Vorgängerin im Rahmen desIDARio erarbeitet. Im Bestreben, möglichst viele Politikbereiche in denProzess der Nachhaltigen Entwicklung einzubinden, wurden alle Bun-desstellen eingeladen, an der Strategieerarbeitung mitzuwirken.In einer Vorbereitungsphase, die der Grundlagenbeschaffung diente,spielte der Expertenbericht «Politik der Nachhaltigen Entwicklung inder Schweiz: Standortbestimmung und Perspektiven»7 eine wichtigeRolle. Zusammen mit weiteren Dokumenten8 floss dieser Bericht in dieAnalyse von Ausgangslage und Herausforderungen ein. Die Schweizwird demnach in den kommenden Jahren im Landesinnern und iminternationalen Umfeld durch zahlreiche, nachhaltigkeitsrelevanteEntwicklungen herausgefordert, welche der wirtschaftlichen, dergesellschaftlichen und der ökologischen Sphäre zugeordnet werdenkönnen.Gestützt auf diese Analyse wurden die zehn Handlungsfelder festgelegt,nach welchen die Massnahmen der vorliegenden Strategie gegliedertsind. Auf die einleitenden Texte der Handlungsfelder, welche Ausgangs-lage und Entwicklungen darstellen, folgt jeweils ein knapper Überblicküber die wichtigsten Elemente der laufenden Politiken, welche bereitsNachhaltigkeitspostulate erfüllen. Die anschliessenden Massnahmen-beschriebe informieren über die Schwerpunkte der künftigen Politikim jeweiligen Handlungsfeld.Ein wichtiger Zwischenschritt war die schweizerische Standortbe-stimmung vom Juli 2001 zuhanden des Sekretariates der Commissionon Sustainable Development (CSD) der Vereinten Nationen9: GemässBeschluss des CSD-Treffens vom Mai 2000 waren alle Staaten aufgeru-fen, als Teil des internationalen Vorbereitungsprozesses für «Rio +10»eine Evaluation der Umsetzung der Agenda 21 auf nationaler Ebenevorzunehmen. Der Schweizer Bericht informierte einerseits die Partner-staaten im Rio-Prozess über den Stand der Umsetzung der Agenda 21in der Schweiz. Andererseits zeigte er aber auch zuhanden der schwei-zerischen Akteure den Status quo auf und gab zahlreiche analyse- undmassnahmenbezogene Anstösse für die neue bundesrätliche Strategieder Nachhaltigen Entwicklung.Sämtliche Bundesstellen konnten in einem partizipativen Prozess ander Festlegung der Massnahmen mitwirken und Vorschläge für dieStrategie formulieren. Alle Massnahmen wurden durch amts- unddepartementsübergreifende Arbeitsgruppen konzipiert. Diese werdenauch an der Konkretisierung und Umsetzung beteiligt sein. Dabei wur-den als Rahmenbedingungen, abgestützt auf die Leitlinien der Politikder Nachhaltigen Entwicklung (vgl. Ziff. 2), die folgenden Eckpunkteder neuen Strategie 2002 festgelegt:

Bericht des Bundesrates: Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 6

Der Bund koordiniertdie Strategieplanung:Prozess unter Einbezugder Gesellschaft.© E. Ammon/AURA

Ausgangslage

7 MAUCH Consulting, INFRAS, Ernst Basler und Partner AG: Politik der Nachhaltigen Entwicklung in der Schweiz: Standortbestimmung und Perspektiven. Bericht im Auftrag des Interdepartementalen Ausschusses Rio (IDARio). Zürich 2001

8 Neben Dokumenten, die einzelne Politikbereiche betreffen, ist insbesondere zu erwähnen:Schweizerische Bundeskanzlei und Bundesamt für Statistik: Herausforderungen 1999–2003 – Trendentwicklungen und mögliche Zukunftsthemen für die Bundespolitik. Bericht des Perspektivstabs der Bundesverwaltung. Neuenburg 1998

9 10 Jahre nach Rio 1992 – Die Schweiz auf dem Weg zu einer Politik der Nachhaltigen Entwicklung.Bericht des Schweizerischen Bundesrates vom 3. Juli 2001 zuhanden des Sekretariates der Commission on Sustainable Development

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• ausgewogenes Verhältnis der drei Pfeiler der Nachhaltigen Ent-wicklung (Wirtschaft, Gesellschaft, Umwelt);

• sowohl innen- als auch aussenpolitische Orientierung;• möglichst handlungs- und wirkungsorientierte Ausgestaltung im

Sinne eines Aktionsplanes;• grundsätzlich breit angelegte, d.h. nicht nur auf wenige Politik-

bereiche beschränkte Strategie;• innerhalb der einzelnen Politikbereiche strenge Selektion der Mass-

nahmen nach den folgenden Kriterien:a. neue Massnahmen (keine bereits laufende oder beschlossene

bundesrätliche Politik),b. Intergenerationalität (Massnahmen müssen langfristige Pro-

bleme oder Dynamiken betreffen),c. Wichtigkeit (Massnahmen, die ein Handeln des Bundesrates

erfordern),d. Ganzheitlichkeit (Integration der drei Dimensionen Umwelt,

Wirtschaft, Gesellschaft).Zu einer Entwurfsfassung wurden die Kantone und Interessengruppenkonsultiert. Ihre Hinweise sind ebenfalls in den vorliegenden Berichteingeflossen. Kantone, Zivilgesellschaft und Privatsektor sind auch inder Umsetzungsphase einzubeziehen, denn ihnen kommt in verschie-denen angesprochenen Themenbereichen auf Grund von rechtlichenKompetenzen, die von dieser Strategie in Respektierung des Sub-sidiaritätsprinzips nicht tangiert werden, oder faktischen Handlungs-möglichkeiten eine entscheidende Rolle zu.

Ausgangslage

Bericht des Bundesrates: Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 7

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2 Leitlinien für die Politik der Nachhaltigen Entwicklung

Die Leitlinien der bundesrätlichen Politik stützen sich einerseits aufPrinzipien ab, wie sie in den bereits erwähnten Bestimmungen der neuen Bundesverfassung verankert sind, und andererseits auf das imZusammenhang mit der Konferenz von Rio entwickelte Drei-Dimen-sionen-Konzept der Nachhaltigen Entwicklung, welches Wirtschaft,Gesellschaft und Umwelt umfasst. Die hier ausgeführten Leitlinien sindeine Weiterentwicklung und Konsolidierung der «Leitlinien undGrundsätze», welche der Bundesrat im Bericht «10 Jahre nach Rio –Die Schweiz auf dem Weg zu einer Politik der Nachhaltigen Entwick-lung»10 an die CSD übermittelte.Das heutige Grundverständnis der Nachhaltigen Entwicklung verän-derte sich im Vergleich zur Strategie 1997 nicht fundamental. Bei derStrategie 2002 ist der Bundesrat hingegen bestrebt, es auf der Mass-nahmen- und Vollzugsebene konsequent zu realisieren, so zum Beispielbezüglich der gleichwertigen Berücksichtigung der Dimensionen Um-welt, Wirtschaft und Gesellschaft oder der partnerschaftlichen Vor-gehensweise bei der Umsetzung der Strategie.

2.1 Zukunftsverantwortung wahrnehmenFür den Bundesrat ist nach wie vor die Definition von NachhaltigerEntwicklung massgebend, die im Hinblick auf die Konferenz von Riode Janeiro durch die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung1987 erarbeitet und die nach ihrer Vorsitzenden als «Brundtland-Defi-nition»11 benannt worden ist. Danach ist eine Entwicklung nachhaltig,wenn sie gewährleistet, dass die Bedürfnisse der heutigen Generationbefriedigt werden, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zurBefriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse zu beeinträchtigen.Dieser Definition liegt eine ethisch-philosophische Orientierung zu-grunde. An die Stelle einer umfassenden Verfügungsgewalt über dieZukunft soll eine Zukunftsverantwortung auf der Basis der Gerechtig-keit zwischen den Generationen und den Weltregionen treten. DennNachhaltige Entwicklung setzt voraus, dass die Lebensgrundlagen füralle jetzt und künftig lebenden Menschen gesichert werden, und zwarunter menschenwürdigen und gerechten Bedingungen. Diesen Grund-satz der Zukunftsverantwortung hat die Staatengemeinschaft – undmit ihr auch die Schweiz – mit der Verabschiedung der Dokumente derRio-Konferenz als verpflichtende Leitidee anerkannt.Zukunftsverantwortung bedingt eine Ethik des Gleichgewichts vonRechten und Pflichten zwischen gleichwertigen Partnern und Partner-ländern. Interessenkonflikte sollen nach den Regeln legitimer An-sprüche und nicht nach denjenigen der Machtverteilung geregelt werden. Interessenwahrung und Verantwortung sind die ethischeGrundlage einer nachhaltigen und zukunftsorientierten Politik. Fürden Bundesrat gilt dies sowohl nach aussen als auch im Innern: Dieschweizerische Aussenpolitik will die Interessen der Schweiz wahrenund gleichzeitig die Verantwortung, die unser Land als Teil der Staaten-gemeinschaft hat, wahrnehmen.12 Im Innern soll die Schweiz sowohloptimale Rahmenbedingungen für einen attraktiven Werk- und Denk-

Bericht des Bundesrates: Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 8

Politikziel: Gerechtig-keit zwischenGenerationen undWeltregionen.© E. Ammon/AURA

Leitlinien

10 Vgl. Anm. 911 World Commission on Environment and Development: Our Common Future.

Oxford/New York 1987, S. 4312 Aussenpolitischer Bericht 2000 – Präsenz und Kooperation: Interessenwahrung in einer

zusammenwachsenden Welt. Bericht des Bundesrates vom 15. November 2000, BBl 2001 261

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platz anbieten als auch eine entwicklungsfähige und lebenswerte Heimatfür alle Einwohnerinnen und Einwohner sein.Zukunftsverantwortung bedeutet auch, dass die Vorsorge-, Verursacher-und Haftungsprinzipien als grundlegende Rahmenbedingungen fürlangfristig tragfähiges wirtschaftliches, ökologisches und gesellschaftli-ches Handeln und Verhalten auf allen Ebenen zu fördern sind.In einer freiheitlich-demokratisch verfassten offenen Gesellschaft ist esaber weder zu vermeiden noch zu bedauern, dass unterschiedliche Vorstellungen bezüglich der inhaltlichen Konkretisierung der Nach-haltigen Entwicklung bestehen. Es wäre nach Ansicht des Bundesratesvermessen, die vermeintlich richtige nachhaltige Zukunft exakt defi-nieren und ein für alle Mal festlegen und umsetzen zu wollen. Nach-haltige Entwicklung ist vielmehr als gesellschaftlicher Such-, Lern- undGestaltungsprozess zu verstehen.Nachhaltige Entwicklung rückt damit in die Nähe anderer grundlegen-der ethischer Konzepte wie z.B. desjenigen der Freiheit, die sich nichtendgültig und abschliessend eingrenzen lassen, sondern immer wiederneu, im jeweiligen historischen Zusammenhang, zu interpretieren undfestzulegen sind. Nachhaltige Entwicklung wird damit als «regulativeIdee» verstanden, welche als dauerhafte Aufgabe den gesellschaftlichenLern- und Gestaltungsprozess inspirieren soll.13

2.2 Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft gleichwertig berücksichtigenNachhaltige Entwicklung verfügt über die drei Zieldimensionen«ökologische Verantwortung», «wirtschaftliche Leistungsfähigkeit»und «gesellschaftliche Solidarität». Zur Konkretisierung der jeweilsanzustrebenden Ziele sind nachfolgend einige Kriterien aufgeführt.14

Mit Bezug auf die Zieldimension «ökologische Verantwortung» ist dieEntwicklung dann nachhaltig, wenn der Lebensraum für Menschen,Tiere und Pflanzen erhalten bleibt und die natürlichen Ressourcen mit Rücksicht auf die zukünftigen Generationen genutzt werden. Diesbedeutet:• die Naturräume und die Artenvielfalt zu erhalten;• den Verbrauch erneuerbarer Ressourcen (z.B. nachwachsende Roh-

stoffe, Wasser) unter dem Regenerationsniveau bzw. dem natürlichenAnfall zu halten;

• den Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen (z.B. fossile Energie-träger, Rohstoffe) unter dem Entwicklungspotenzial von erneuer-baren Ressourcen zu halten;

• die Belastung der natürlichen Umwelt (Wasser, Boden, Luft, Klima)und des Menschen durch Emissionen bzw. Schadstoffe auf ein un-bedenkliches Niveau zu senken;

• die Auswirkungen von Umweltkatastrophen zu reduzieren und Unfallrisiken nur insoweit einzugehen, als sie auch beim grösst-möglichen Schadensereignis keine dauerhaften Schäden über eineGeneration hinaus verursachen.

Mit Bezug auf die Zieldimension «wirtschaftliche Leistungsfähigkeit»ist die Entwicklung dann nachhaltig, wenn Wohlstand und Entwick-lungsfähigkeit der Wirtschaft erhalten bleiben. Dies bedeutet:

Leitlinien

Bericht des Bundesrates: Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 9

13 Vgl. dazu: Jürg Minsch et al.: Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit.Berlin / Heidelberg 1998, S. 16; MAUCH Consulting, INFRAS, Ernst Basler und Partner AG (siehe Anm. 7)

14 Die Kriterien zu den drei Dimensionen der Nachhaltigen Entwicklung sind aus folgenden Werken abgeleitet worden: IDARio: Elemente für ein Konzept der Nachhaltigen Entwicklung. Bern 1995;Enquête-Kommission des Deutschen Bundestages: Konzept Nachhaltigkeit, Vom Leitbild zur Umsetzung. Bonn 1998; MAUCH Consulting, INFRAS, Ernst Basler und Partner AG (siehe Anm. 7)

Zukunftsfähige Schweiz:Balance zwischen Wirtschaft, Umwelt undGesellschaft.© E. Ammon/AURA

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• Einkommen und Beschäftigung zu erhalten und den Bedürfnissenentsprechend zu mehren unter Berücksichtigung einer sozial- undraumverträglichen Verteilung;

• das Produktivkapital, basierend auf dem Sozial- und Humankapital,mindestens zu erhalten und qualitativ mehren zu können;

• Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft der Wirtschaft zu ver-bessern;

• in der Bestimmung der Wirtschaft primär die Marktmechanismen(Preise) unter Berücksichtigung der massgebenden Knappheitsfak-toren und externen Kosten wirken zu lassen;

• ein Wirtschaften der öffentlichen Hand, das nicht auf Kosten zu-künftiger Generationen erfolgt (z.B. Schulden, vernachlässigteWerterhaltung).

Mit Bezug auf die Zieldimension «gesellschaftliche Solidarität» ist dieEntwicklung dann nachhaltig, wenn ein Leben und eine Entwicklungder Menschen in Solidarität und Wohlbefinden ermöglicht werden.Dies bedeutet:• Gesundheit und Sicherheit der Menschen in umfassendem Sinne zu

schützen und zu fördern;• Bildung und damit Entwicklung sowie Entfaltung und Identität der

Einzelnen zu gewährleisten;• die Kultur sowie die Erhaltung und Entwicklung gesellschaftlicher

Werte und Ressourcen im Sinne des Sozialkapitals zu fördern;• gleiche Rechte und Rechtssicherheit für alle zu gewährleisten, ins-

besondere die Gleichstellung von Frau und Mann, die Gleichbe-rechtigung bzw. den Schutz von Minderheiten sowie die Anerken-nung der Menschenrechte;

• die Solidarität innerhalb und zwischen den Generationen sowieglobal zu fördern.

Bei der Ausgestaltung der Politik ist darauf zu achten, dass allen dreiAspekten der Nachhaltigkeit Rechnung getragen wird. NachhaltigeEntwicklung soll nicht – wie dies teilweise der Fall ist – mit Umwelt-schutz gleichgesetzt, sondern als Politikfeld wahrgenommen werden,das sich umfassend mit der Gewährleistung einer zukunftsfähigenEntwicklung befasst und dabei gleichermassen ökologische, wirtschaft-liche und gesellschaftliche Herausforderungen aufgreift. Die angestreb-te Gleichwertigkeit der drei Nachhaltigkeitsdimensionen kommt auchbei den Massnahmen der Strategie 2002 zum Ausdruck.

2.3 Eigenheiten der Dimensionen der Nachhaltigen Entwicklung anerkennen

Die Berücksichtigung der Nachhaltigen Entwicklung bei der Erfüllungaller Bundesaufgaben setzt eine ständige Abwägung der drei Ziel-dimensionen voraus. In diesen stets schwierigen Konfliktbewältigungs-und Abwägungsprozessen sind die Eigenheiten der drei Dimensionenzu beachten. Wenn diese als gleichberechtigt zu berücksichtigen sind,so bedeutet dies weder, dass sie identische Charakteristiken aufweisennoch dass sie vollständig austauschbar sind. Hierfür ist die in derWissenschaft unter dem Begriffspaar der «starken» bzw. «schwachen»Nachhaltigkeit geführte Debatte von Belang.15 Diese Konzepte, dieEckpunkte eines Kontinuums mit einer Vielzahl von Zwischen-positionen darstellen, befassen sich mit der Frage der Substituierbar-keit zwischen und innerhalb der Bereiche Umwelt, Wirtschaft, Gesell-

Bericht des Bundesrates: Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 10

Leitlinien

15 MAUCH Consulting, INFRAS, Ernst Basler und Partner AG (siehe Anm. 7)

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schaft. Starke Nachhaltigkeit verlangt, dass jeder einzelne Bereich inBestand und Qualität mindestens erhalten werden muss, während nachdem Konzept der schwachen Nachhaltigkeit beispielsweise Umwelt-kapital aufgezehrt werden könnte, wenn in Kompensation dazu wirt-schaftliches oder gesellschaftliches Kapital aufgebaut würde.Nach Auffassung des Bundesrates wird eine ausgeprägte Auslegung derNachhaltigen Entwicklung im Sinne der schwachen Nachhaltigkeit denHerausforderungen nicht gerecht. Denn insbesondere einzelne Aspekteder Umwelt weisen spezifische Eigenschaften auf, die – auch unterBerücksichtigung des technischen Fortschrittspotenzials – eine Substi-tuierbarkeit durch gesellschaftliches oder wirtschaftliches Kapital als unrealistisch erscheinen lassen. Viele Umweltgüter, wie z. B. ein stabiles Klima, Biodiversität oder die Ozonschicht der Atmosphäre,sind einerseits unverzichtbar für das Überleben der Menschheit, eine Vernichtung lässt sich andererseits in der Regel nicht durch Kapitalkompensieren. Hinzu kommt das Problem der Irreversibilität. DieZerstörung von Umweltgütern ist – im Gegensatz zu Veränderungen inden Bereichen Wirtschaft und Gesellschaft – innert menschlicher Zeit-massstäbe unumkehrbar, sodass diesbezüglich besondere Vorsichtangebracht ist.Der Bundesrat hält aber auch eine Interpretation im Sinne der starkenNachhaltigkeit, die keinerlei Flexibilität im Verhältnis zwischen denBereichen Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft erlauben würde, fürnicht sachgerecht. Generell vertritt er zwischen starker und schwacherNachhaltigkeit vielmehr eine mittlere Position und ist der Auffassung,dass in den heiklen Abwägungsprozessen sicherzustellen ist, dass diesetransparent erfolgen, nicht systematisch zu Lasten des gleichenSchlüsselfaktors gehen und dass die Belastbarkeit der Biosphäre res-pektiert wird.

2.4 Nachhaltige Entwicklung in alle Politikbereiche einbeziehenDer Bundesrat versteht Nachhaltige Entwicklung nicht als weitere Sek-torpolitik, sondern als «regulative Idee», die in alle Sachpolitiken einzubeziehen ist. Infolgedessen ist die Strategie 2002 nicht selektiv auf wenige Politikbereiche beschränkt, sondern grundsätzlich breit angelegt. In der Strategie werden zahlreiche Politiken aus allen depar-tementalen Zuständigkeiten berücksichtigt, und es werden gleicher-massen die binnenorientierten wie die aussenpolitischen Aspekte auf-gegriffen.Auf Grund dieser Leitlinie ist auch bei den Massnahmen die Ganzheit-lichkeit, d.h. die Integration der drei Dimensionen der NachhaltigenEntwicklung, ein vorrangiges Kriterium. Es geht also darum, dass sicheher wirtschaftsorientierte Politiken vermehrt ihrer sozialen und öko-logischen Verantwortung stellen, dass die dem gesellschaftlichen Bereich zuzuordnenden Politiken unerwünschte wirtschaftliche undökologische Rückwirkungen beachten und dass auch die im Umwelt-bereich anzusiedelnden Politiken wirtschaftliche und gesellschaftlicheErfordernisse berücksichtigen.Zur Sicherstellung dieser Leitlinie hat der Bundesrat darauf geachtet,dass die Erarbeitung der Massnahmen der vorliegenden Strategie imQuerschnitt, also in amts- und departementsübergreifenden Arbeits-gruppen, erfolgte.

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2.5 Koordination zwischen den Politikbereichen verbessern und Kohärenz erhöhen

Neben der Notwendigkeit, sämtliche Politikbereiche auf die Nachhal-tige Entwicklung auszurichten, ist auch die Abstimmung zwischen deneinzelnen Politikbereichen zu verbessern. Über die Abstimmung unddas Konfliktmanagement hinaus sind Optimierungen anzustreben undSynergien zu entwickeln, so zum Beispiel zwischen Technologie-entwicklung, Umweltschutz und Wirtschaftswachstum. Durch die För-derung von Innovation über das Setzen von Anreizen, insbesondereaber auch indem genügende Entfaltungsspielräume für innovativeKräfte gewährleistet werden, können neue Technologien entwickeltwerden, die weniger natürliche Ressourcen benötigen, Umweltbelas-tungen und Risiken für Gesundheit und Sicherheit vermindern undüberdies in den entsprechenden Wirtschaftszweigen Wettbewerbsvor-teile schaffen.Nachhaltige Entwicklung erfordert einen frühzeitigen Einbezug derdrei Zieldimensionen und eine amtsübergreifende Problembear-beitung zu Gunsten langfristig tragfähiger Lösungen. Dabei sindKonflikte offen zu legen und die getroffenen Wertungen zu begründen.Bei der Erfüllung aller Aufgaben sind die ökologische, wirtschaftliche und soziale Dimension der Nachhaltigkeit zu berücksichtigen. Diessetzt eine ständige Abwägung der drei Schlüsselfaktoren der Nach-haltigkeit voraus.Mit transparenten Entscheidverfahren und durch einen breiten Ein-bezug der verschiedenen Akteure ist sicherzustellen, dass in den poli-tischen Entscheiden den Gesichtspunkten einer Nachhaltigen Entwick-lung möglichst Rechnung getragen wird. Zielkonflikte zwischenverschiedenen staatlichen Aktivitäten sind eine normale Begleiterschei-nung politischer Entscheidungen. Sie sind sichtbar zu machen undmöglichst transparent in den politischen Entscheidungsprozess einzu-bringen. Ein umfassender Einbezug der verschiedenen Akteure sollganzheitliche Güterabwägungen und breit legitimierte Entscheide er-möglichen sowie umsetzungsfähige Lösungen hervorbringen.Zur Erhöhung der Kohärenz sind die verwaltungsinternen horizonta-len Strukturen und Abläufe zu stärken. Bezüglich der Politik der Nach-haltigen Entwicklung ist anzumerken, dass der Bundesrat im Zuge derVerwaltungsreform 2000 das neue Bundesamt für Raumentwicklung(ARE) geschaffen hat, das unter anderem für die Koordination sektor-übergreifender Aktivitäten im Bereich der Umsetzung der Rio-Be-schlüsse in der Schweiz verantwortlich ist und zu diesem Zwecke einpermanentes Sekretariat des IDARio betreibt. Damit soll die Koordi-nation und Kohärenz in diesem Politikbereich verbessert werden.

2.6 Nachhaltige Entwicklung partnerschaftlich realisierenNachhaltige Entwicklung ist nicht nur eine Aufgabe staatlicher Instan-zen oder ausschliesslich des Bundes. Die heutigen Herausforderungenbringen es mit sich, dass Nachhaltige Entwicklung eine Aufgabe allerInstitutionen und Einzelpersonen ist. Nicht nur der Bund, sondernauch Kantone, Gemeinden und Städte sind gefordert. Ebenso sind ge-sellschaftliche Akteure wie Nichtregierungsorganisationen, Interessen-gruppierungen der Wirtschaft, Unternehmen und Kirchen aufgerufen,die Initiative zu ergreifen, sich an der Diskussion zu beteiligen und ent-sprechende Aktivitäten zu entwickeln. Der Bundesrat ist sich dabei be-wusst, dass es zu einer der Aufgaben des Bundes gehört, durch eigenes

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Verhalten eine Vorbildfunktion wahrzunehmen, z.B. in seinem eigenenBeschaffungswesen.Zahlreiche Probleme unseres Landes können konstruktiv nur in engerZusammenarbeit der drei staatlichen Ebenen gelöst werden. Eine Bun-desratsstrategie, die sich allein auf die Bundespolitik beschränken wür-de, würde daher zu kurz greifen. Die Zusammenarbeit mit Kantonen,Städten und übrigen Gemeinden ist unerlässlich, wobei sich der Bundvom Subsidiaritätsprinzip leiten lässt und mit der Politik der Nach-haltigen Entwicklung keine Kompetenzverschiebungen anstrebt. Mitdem Förderprogramm Lokale Agenda 21 unterstützte der Bund imRahmen der Strategie 1997 bisher rund 30 Projekte, die auf die Um-setzung der Grundsätze der Nachhaltigen Entwicklung auf Gemeinde-ebene abzielen.16

Zum besseren Einbezug vor allem der Kantone, Städte und Regionenist im Jahre 2001 ein «Forum Nachhaltige Entwicklung» geschaffenworden, an welchem sich der Bund, sämtliche Kantone und die grösse-ren Städte beteiligen. Es soll im Hinblick auf die Umsetzung derStrategie 2002 des Bundesrates eine wichtige Plattform für die Reali-sierung der Nachhaltigen Entwicklung auf der Stufe der Kantone undStädte bilden.Wie eine allein auf die Bundesebene beschränkte Strategie würde aucheine auf die öffentliche Hand eingegrenzte Strategie angesichts derheute für die Nachhaltige Entwicklung relevanten Einflussfaktoren undAkteurgruppen zu kurz greifen. In die Politik der Nachhaltigen Ent-wicklung sind daher auch die Zivilgesellschaft und der Privatsektoreinzubeziehen.Die Zusammenarbeit zwischen staatlichen Behörden und Interessen-gruppen ist in der Praxis bereits etabliert. In der internationalen Nach-haltigkeitspolitik existiert seit Jahren eine regelmässige Zusammen-arbeit mit interessierten Nichtregierungsorganisationen v.a. aus denBereichen Umwelt, Entwicklung und Wirtschaft. Diese werden in dieVorbereitungen der Behörden für wichtige internationale Verhand-lungen einbezogen und haben der Nachhaltigen Entwicklung in derSchweiz in den letzten zehn Jahren wichtige Impulse verliehen. DieZusammenarbeit mit Nichtregierungskreisen soll auch in Zukunftweitergeführt werden.Der Bundesrat ist der Ansicht, dass insbesondere auch die Kooperationmit der Wirtschaft zu verstärken ist, welche über wirkungsvolle Hand-lungsmöglichkeiten verfügt. Im Speziellen sei hier die Rolle der Finanz-märkte für die Nachhaltige Entwicklung erwähnt, wo Entwicklungenerkennbar sind, welche auf einen vermehrten Druck der Investoren aufUnternehmen zur stärkeren Ausrichtung auf die Nachhaltige Ent-wicklung hindeuten, um damit hohen, auf die Unternehmen zurück-fallenden Folgekosten umwelt- und sozialschädigenden Handelns zuvorzukommen. Es muss das Bestreben des Bundes sein, den Privat-sektor als Partner für die Nachhaltige Entwicklung zu gewinnen, umpositive, mit den öffentlichen Anliegen übereinstimmende Entwick-lungen zu unterstützen.

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16 Vgl. dazu die vom Bundesrat entgegengenommene Motion 97-033 der Kommission für Umwelt,Raumplanung und Energie des Nationalrates (UREK-NR) mit folgendem Wortlaut: «Der Bundesrat wird beauftragt, den Prozess der Erarbeitung und Umsetzung von kantonalen und kommunalen Agenden 21 einzuleiten und zu fördern.» Der Ständerat übernahm die Motion in Form einer Empfehlung.

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3 Handlungsfelder und Massnahmen

3.1 Handlungsfeld 1: Wirtschaftspolitik und Service public

Nachhaltige Entwicklung setzt voraus, dass der Wohlstand langfristiggesichert werden kann. Der sich verschärfende Standortwettbewerbund die Ausbildung von grossen, wachsenden regionalen Wirtschafts-blöcken stellen im Hinblick auf die Erhaltung der wirtschaftlichenProsperität die zentralen Herausforderungen für die Schweiz dar. Umunter dem Druck der fortlaufenden Globalisierung das hohe Wohl-standsniveau nicht zu gefährden, ist nach Ansicht des Bundesrates diePolitik der wirtschaftlichen Öffnung fortzusetzen. Entscheidend fürunser Land ist ein gut funktionierendes globales Regelwerk für deninternationalen Handel und Kapitalverkehr, welches aber nicht alleineinseitigen wirtschaftlichen Anliegen Rechnung trägt, sondern die füreine langfristig gedeihliche Entwicklung unerlässlichen sozialen undökologischen Erfordernisse respektiert. Aus Sicht der sozialen Dimen-sion der Nachhaltigen Entwicklung sind dabei u.a. Überlegungen zuintegrieren, wie eine systematischere Berücksichtigung der Grundver-sorgungsanliegen bei den Liberalisierungen im Infrastrukturbereichgewährleistet werden kann. Aus der ökologischen Perspektive derNachhaltigen Entwicklung sollten gegenüber heute von der Wirt-schaftspolitik über die Vermittlung von Anreizen und durch die Ent-wicklung geeigneter Rahmenbedingungen verstärkte Innovationsim-pulse für eine Modernisierung auf ökologischer Basis ausgehen.Deshalb gilt es, die Bemühungen für eine verbesserte Wettbewerbs-fähigkeit der Schweiz weiterzuführen und gleichzeitig die Diskussionum eine nachhaltigere Ausgestaltung der schweizerischen Wirtschafts-politik zu vertiefen.Angesichts der fortlaufenden Globalisierung wurden in den letztenzehn Jahren in der Schweiz bereits verschiedene Anstrengungen in die-sem Sinn unternommen. In Anpassung an die Regelungen der EU, derWTO-Abkommen oder aber aus eigenem Bestreben wurde die Öff-nung wichtiger Märkte, insbesondere von bisher staatlichen Mono-polen und stark reglementierten Wirtschaftszweigen vorangetrieben,wobei soziale und ökologische Anliegen mitberücksichtigt wurden:• Bestrebungen zur Beseitigung staatlicher Monopole im Eisenbahn-,

Post-, Telekommunikations- und Elektrizitätsmarkt unter Einbezugder für die nationale Kohäsion wichtigen Grundversorgungs-anliegen sowie auch flankierender ökologischer Massnahmen;

• Massnahmen zur Stärkung des Arbeitsmarktes (Lehrstellenbe-schluss, aktive Arbeitsmarktpolitik für eine rasche und dauerhafteWiedereingliederung von Stellensuchenden), um den sozialen Aus-schluss einzelner Bevölkerungssegmente zu verhindern und dieWettbewerbsfähigkeit zu erhalten;

• grundlegende Reform der Agrarpolitik nach den Grundsätzen derNachhaltigen Entwicklung mit Massnahmen zur Verbesserung derWettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft, mit der direkten Abgel-tung von gemeinwirtschaftlichen und ökologischen Leistungen undder Gewährleistung eines sozialverträglichen Strukturwandels.

Darüber hinaus engagiert sich der Bundesrat in den nächsten Jahrenbesonders in den zwei folgenden Bereichen:

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Handlungsfelder und Massnahmen

Politik der Öffnungweiterführen: mit Rück-sicht auf Randregionenund die Umwelt.© J.D. Pretto/AURA

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Massnahme 1: WTO und Nachhaltige Entwicklung

Die Schweiz wird gemeinsam mit den übrigen WTO-Mitgliedern bestrebt sein, die weitere Liberalisierung und Integration der Weltwirt-schaft im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) voranzu-treiben. Das Weltwirtschafts- und Finanzsystem hat aber auf Dauer nurBestand, wenn es gesellschaftliche und ökologische Erfordernisse in-tegriert. Aus diesen Gründen engagiert sich die Schweiz in der WTOspeziell für die Nachhaltige Entwicklung und versucht, die daraus her-vorgehenden Interessenskonflikte zu thematisieren. In den künftigenVerhandlungen in der WTO will sich der Bundesrat einerseits für diewirtschaftliche und entwicklungsspezifische Dimension der Nachhal-tigkeit einsetzen, wobei insbesondere durch den weiteren Abbau nichtnachhaltiger Subventionen sowie von Handels- und Investitions-hemmnissen die ökonomische Ressourcenverwendung optimiert wer-den soll. Damit die erweiterten und intensivierten Wirtschaftsbezie-hungen vor Verwerfungen und unerwünschten Nebenwirkungenbewahrt und langfristig funktionierende Märkte aufgebaut werdenkönnen, gilt es andererseits, mittelfristig auch die anderen Dimen-sionen der Nachhaltigkeit innerhalb der WTO zu stärken. Im BereichÖkologie setzt sich deshalb der Bundesrat für die Kohärenz zwischenhandelsrelevanten Bestimmungen und internationalen Umweltab-kommen, für die Sicherstellung der Konsumenteninformation mittelseines WTO-kompatiblen Öko-Labelling, für ökologische Mindest-standards sowie für die Anwendung und die Erweiterung des Vorsorge-und Verursacherprinzips innerhalb der WTO ein. Als Massnahmen imgesellschaftlichen Bereich tritt die Schweiz in der WTO für eine Stär-kung der gegenseitigen Zusammenarbeit der multilateralen Organi-sationen und für eine Verbesserung des Dialogs mit Nichtregierungs-organisationen ein.

Massnahme 2: Konzept für den Service public im Infrastrukturbereich

Das bislang angewandte Konzept zur Sicherung des Service public imInfastrukturbereich, welches in sektorspezifischer Vorgehensweise diepolitische Definition der zu erbringenden Leistungen, gesetzliche Vor-gaben zu ökologischen Rahmenbedingungen und die vermehrte Ein-führung marktwirtschaftlicher Elemente umfasst, ist zu evaluieren undweiterzuentwickeln. Ziel ist die Schaffung eines sektorübergreifendenOrientierungsrahmens, der in allen relevanten Bereichen sinnvolle in-dividuelle Lösungen ermöglicht und den drei Zieldimensionen derNachhaltigen Entwicklung gerecht wird. Langfristig soll dieser Rahmenökonomisch effiziente Leistungen zu tragbaren Kosten ermöglichen,faire Preise und gleiche Zugangskonditionen für alle garantieren unddurch schonenden Ressourcenumgang sowie Emissionsbegrenzungenfür die ökologische Verträglichkeit sorgen. Angestrebt wird ein dyna-mischer, für neue Entwicklungen offener Ordnungsrahmen, der pro-zessuale Grundsätze und Regeln zur Definition der benötigtenStandards festhält.

Handlungsfelder und Massnahmen

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3.2 Handlungsfeld 2:Finanzpolitik

Nachhaltige Entwicklung verlangt, dass die gegenwärtige Generationnicht auf Kosten der zukünftigen lebt. In finanzpolitischer Hinsicht giltes dabei, eine unerwünschte Umverteilung von Wohlstand zwischenden Generationen zu verhindern. Grundlegend für eine Politik der Nachhaltigen Entwicklung, die zwangsläufig einen gewissen Gestaltungsanspruch hat, ist ein gesunder Finanzhaushalt mit einemflexiblen finanzpolitischen Spielraum zur Erfüllung entsprechenderStaatsaufgaben. Die getätigten Ausgaben und erzielten Einnahmen sindein Spiegelbild der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Optioneneines Landes. Die Zusammensetzung der Staatseinnahmen und -aus-gaben sowie deren Wirkung auf Wirtschaft, Gesellschaft und Umweltist für eine erfolgreiche Politik der Nachhaltigen Entwicklung von zent-raler Bedeutung. Durch ihr wechselseitiges Wirken auf die Bundes-politiken kommt deshalb der Finanzpolitik in Bezug auf die Nach-haltige Entwicklung eine Schlüsselfunktion zu. Um die Finanzpolitikstärker auf die Nachhaltige Entwicklung auszurichten, sind insbeson-dere ökologisch kontraproduktive direkte und indirekte Subventionenzu vermeiden. Daneben gilt es, Anreize für einen sparsameren Ressour-cenverbrauch über die Steuer- und Tarifpolitik zu schaffen.Die Ausgangsbasis ist in der Schweiz mit einem im internationalen Ver-gleich nach wie vor attraktiven Steuerniveau gut, vorausgesetzt, es ge-lingt, die Sanierungsbemühungen der letzten Jahre zu konsolidieren. Esgeht darum, zwischen der Notwendigkeit der Schuldenstabilisierung,den Forderungen nach tieferen Steuern und den Begehrlichkeiten nachzusätzlichen Leistungen des Bundes ein Optimum zu finden und gleich-zeitig den Grundsätzen der Nachhaltigen Entwicklung Rechnung zutragen. Der schwierige Prozess des Interessenausgleichs soll dabei mög-lichst transparent erfolgen und die verschiedenen Dimensionen derNachhaltigen Entwicklung gleichwertig berücksichtigen. Angesichtsder innen- und aussenpolitischen Herausforderungen wurden in derFinanzpolitik in der jüngsten Vergangenheit bereits folgende Anstren-gungen unternommen:• Die Umsetzung einer Reihe von steuerlichen Reformen in den

Neunzigerjahren diente der Förderung der Wettbewerbsfähigkeit,was eine wichtige Grundlage für wirtschaftliche Prosperität undausreichende Staatseinnahmen ist.

• Das Stabilisierungsprogramm 1998 und das Haushaltsziel 2001dienten als Instrumente, um das anhaltende Budgetdefizit in denGriff zu bekommen. Die im Jahre 2001 beschlossene Schulden-bremse beschränkt das künftige Ausgabenwachstum auf denUmfang der mittelfristigen Wachstumsrate des BIP. Dabei geht esum die Sicherstellung des Handlungsspielraumes des Staates.

• Die Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgaben (NFA)soll als Instrument zur Revitalisierung des Föderalismus einen ver-besserten kantonalen Ressourcenausgleich ermöglichen, eineninterkantonalen Lastenausgleich für Zentrumsaufgaben schaffensowie spezifische geografisch-topografische und soziodemogra-fische Lasten abgelten, womit die Rahmenbedingungen für eineNachhaltige Entwicklung verbessert werden sollen.

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Anreize zur Ressourcen-schonung: gezielteSteuerpolitik und vorausschauendesBeschaffungswesen.© E. Ammon/AURA

Handlungsfelder und Massnahmen

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Für die Berücksichtigung der Anliegen der Nachhaltigen Entwicklungsetzt der Bundesrat in der Finanzpolitik in den nächsten Jahren die fol-genden zusätzlichen Schwerpunkte:

Massnahme 3: Fiskalische Anreize zur Ressourcenschonung

Die heutige Problematik der Umweltbelastung – insbesondere dieKlimaerwärmung – steht in engem Zusammenhang mit dem zu hohenVerbrauch an nicht erneuerbaren Energieträgern und anderer Ressour-cen. Um die mit dem CO2-Gesetz, dem Programm EnergieSchweiz unddem Kyoto-Protokoll vorgegebenen Ziele einer Nachhaltigen Entwick-lung zu erreichen, bieten sich marktwirtschaftliche Instrumente an.Ökosteuern und Lenkungsabgaben sind wirksamer und kostengünsti-ger als konventionelle regulative Instrumente. Trotz der Ablehnung derEnergievorlagen vom 24. September 2000 ist für den Bundesrat diemittelfristige Prüfung fiskalischer Anreize als Mittel der Energie- undKlimapolitik ein wichtiges Postulat. Ziel ist eine aufkommensneutraleVerlagerung der Steuerbelastung von der Arbeit zur Energie. Der Bun-desrat wird deshalb 2003 einen Lagebericht vorlegen, in welchem dieFrage von verstärkten ökologischen Anreizen im Steuersystem – unterBerücksichtigung der allfälligen Einführung einer CO2-Abgabe undder energiepolitischen Entwicklungen im Ausland – erneut geprüftwird.

Massnahme 4: Einführung einer integrierten Produktepolitik

Um die Grundsätze der Nachhaltigen Entwicklung auch auf der Pro-dukteebene (Güter und Dienstleistungen) zu konkretisieren, unter-stützt der Bundesrat die Einführung einer integrierten Produktepolitik(IPP). Mittels der Schaffung besserer nationaler und internationalerRahmenbedingungen bemüht sich der Bundesrat um eine Verlagerungder Nachfrage seitens der öffentlichen Hand und der Privaten auf Pro-dukte, die hohen wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Standardsentsprechen. Produkte und Dienstleistungen sollen neu über ihren ge-samten Lebenszyklus (Planungs-, Herstellungs-, Nutzungs- und Ent-sorgungsphase) hohen wirtschaftlichen, ökologischen und sozialenAnforderungen genügen. Die Ziele der IPP sind dementsprechend viel-fältig: Die Prinzipien der IPP sollen in sämtlichen Phasen der Formu-lierung und der Umsetzung von Politiken, die Produkte betreffen, zurAnwendung kommen. Für alle IPP-relevanten Politikbereiche sindKriterien und Instrumente zu entwickeln, welche die Zusammenhängezwischen den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit besser erkennenlassen und für eine Umsetzung dieser Politik förderlich sind.

Handlungsfelder und Massnahmen

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Den digitalen Grabenüberwinden: Internet-zugang nicht nur fürPrivilegierte.© E. Ammon/AURA

3.3 Handlungsfeld 3:Bildung, Forschung und Technologie

Wissen und die Nutzung dieses Wissens gehören heute zu den kost-barsten Ressourcen, um Entwicklungsprozesse nachhaltig zu gestalten.Wissen als Resultat von Bildung, Forschung und Technologie ist aus einem ökonomischen Blickwinkel eine zentrale Notwendigkeit,um im verschärften internationalen (Standort-)Wettbewerb zu beste-hen. Ferner ist Wissen aus Sicht der gesellschaftlichen Dimension derNachhaltigen Entwicklung die Voraussetzung dafür, die globalen Ver-änderungen nicht nur als Gefahr, sondern vor allem auch als Chance zu betrachten, kritisch über Werte und Verhalten zu reflektieren, die eigene Identität zu entfalten, sich praktische Orientierung für dieLebensbewältigung anzueignen und die kulturelle und wirtschaftlicheIntegration zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen zu er-möglichen. Wissen ist schliesslich auch wichtig, um die Zusammen-hänge zwischen Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und natürlicher Um-welt aus einer ökologischen Perspektive zu verstehen und adäquat zuhandeln. Dies erfordert im Bereich Bildung, Forschung und Techno-logie höhere Qualität, verstärkte Leistungsorientierung, mehr Inter-nationalität, grössere Weltoffenheit, höhere interkulturelle Kompetenzund lebenslanges Lernen.Der Bereich Bildung, Forschung und Technologie steht national undinternational unter Druck und ist gezwungen, sich den laufendenVeränderungen hin zu einer Wissensgesellschaft anzupassen. Vor die-sem Hintergrund ist es für den Bundesrat besonders wichtig, gezielteAnstrengungen zu unternehmen, um die Nachhaltige Entwicklung inder obligatorischen Schule, an den Hochschulen und in der Berufs-bildung zu verankern. In der Schweiz laufen bereits viele Bemühungenin dieser Richtung:• Die Reformen auf der Hochschulstufe, die Einführung der Fach-

hochschulen, die Schaffung der Berufsmittelschulen, die Diskus-sion um den Einsatz von Informationstechnologien in möglichstvielen Unterrichtsfächern, aber auch die Schaffung von zwei For-schungsschwerpunkten im Bereich Klimawissenschaften und derNord-Süd-Zusammenarbeit sind Beispiele laufender, auf Nach-haltigkeit ausgerichteter Anstrengungen.

• Mit dem Bundesbeschluss über die Partnerschaft staatlicher undprivater Institutionen «Public-Private-Partnership-Schulen im Netz(PPP-Sin)» legt die Schweiz zukunftsfähige Grundlagen sowohl für die Wissensgesellschaft als auch für die Weiterentwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie. Dies verhilft derjüngsten Generation zu mehr Chancengleichheit gegenüber denfrüheren Generationen und schafft Synergien zwischen Privatwirt-schaft, Bund und Kantonen.

Um das Zusammenwirken von Bildung, Forschung, Technologie undder Nachhaltigen Entwicklung zu vertiefen, sieht der Bundesrat in die-sem Bereich die folgenden weiteren Massnahmen vor:

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Handlungsfelder und Massnahmen

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Massnahme 5: Sensibilisierung der Bevölkerung über das Bildungswesen

Für die Verbreitung und die Umsetzung des Konzepts der NachhaltigenEntwicklung braucht es eine möglichst breite öffentliche Debatte. DerBundesrat will deshalb unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips bzw.der Kompetenzen der Kantone über das gesamte Bildungssystem einehohe Sensibilisierung zu Gunsten der Nachhaltigen Entwicklung er-reichen. Aus diesem Grund sind die spezifischen Aus- und Weiter-bildungsangebote zur Nachhaltigen Entwicklung auf Bundes- undKantonsebene besser bekannt zu machen, um eine verstärkte öffent-liche Debatte zu lancieren und Aufmerksamkeit zu schaffen. DerBundesrat will zu diesem Zweck zusammen mit den Kantonen die laufenden Bildungsinitiativen verstärkt koordinieren und systematischbewerten, um die vorhandenen Ressourcen optimal zu verwenden unddie beteiligten Akteure zu vernetzen. In einem Diskussionsforum wer-den Bund und Kantone unter Einbezug von Schulen, Firmen sowieweiteren Interessierten ihre Erfahrungen austauschen können, damitdie Bildungs- und Weiterbildungsprogramme im Hinblick auf eineNationale Agenda 21 für den Bildungsbereich weiterentwickelt werdenkönnen.

Massnahme 6: Förderung der wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit Entwicklungs- und Transitionsländern

Der Bundesrat misst der wissenschaftlichen Zusammenarbeit zwischender Schweiz und den Entwicklungs- und Transitionsländern sowie demsystematischen Lernen im Bereich der Nachhaltigen Entwicklung einegrosse Bedeutung zu. Er beantragt deshalb dem Parlament seit 1960jährlich Kredite, um Studierenden und jungen Wissenschafterinnenund Wissenschaftern aus Entwicklungsländern eine höhere Ausbildungoder eine Weiterbildung in der Schweiz zu ermöglichen. Der Bundesratwird, ausgehend von einer Evaluation bestehender Massnahmen, ent-scheiden, ob er im Rahmen seiner Botschaft über die Förderung vonBildung, Forschung und Technologie dem Parlament zusätzliche Mass-nahmen oder allenfalls eine Intensivierung bereits bestehender Mass-nahmen vorschlagen wird.

Handlungsfelder und Massnahmen

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3.4 Handlungsfeld 4:Gesellschaftliche Kohäsion

Eine nachhaltige gesellschaftliche Entwicklung basiert auf einer soli-darischen und gerechten Gesellschaft. Teilaspekte wie der Schutz derMenschenrechte, die Sicherstellung der Lebenschancen benachteiligterMenschen, kulturelle und persönliche Entfaltungsmöglichkeiten, einesozial und regional gerechte Wohlstandsverteilung, medizinische Ver-sorgungssicherheit, die öffentliche Sicherheit oder die Gleichstellungvon Frau und Mann sind deshalb wichtige Nachhaltigkeitsanliegen.Zahlreiche Entwicklungen stellen an den gesellschaftlichen Zusam-menhalt – bezüglich der sozialen Schichtung, aber auch der verschie-denen Sprach- und Kulturgemeinschaften unseres Landes – hohe An-forderungen. Die demografische Alterung, die Veränderung derHaushaltsstrukturen durch die Zunahme von Einzelhaushalten undkinderlosen Ehepaaren, der Wandel der Lebensläufe, Lebensformenund Geschlechterrollen, steigende Trennungs- und Scheidungsratenund die Migration und Integration von Ausländerinnen und Aus-ländern haben vielfältige Auswirkungen u.a. auf die Finanzierung unddie Kostenentwicklung der Sozialversicherungen, den Arbeitsmarkt,das Bildungswesen und den Wohnungsmarkt. Daneben stellen dieEntwicklungen von Kriminalität und Gewalt die öffentliche Sicherheitvor neue Herausforderungen.Für den Bundesrat ist es speziell im Bereich der sozialen Sicherheitwichtig, dass die Finanzierung der Sozialversicherungen gesichert istund gleichzeitig die in der neuen Bundesverfassung (Art. 41) festgehal-tenen Sozialziele verfolgt werden. Diese gehen über einen allgemeinenSchutz vor Armut hinaus: Alle Personen sollen an der sozialen Sicher-heit teilhaben können.Mit Blick auf die Kriterien insbesondere der sozialen Dimension derNachhaltigen Entwicklung verfolgt der Bundesrat bereits verschiedenePolitiken:• Mit der Revision des Erwerbsersatzgesetzes – Anspruchserweite-

rung auf erwerbstätige Mütter während des Mutterschaftsurlaubes– folgt ein weiterer Schritt in Richtung Gleichstellung von Frau undMann.

• Im Rahmen des Steuerpakets 2001 werden die Lasten zwischenHaushalten mit Kindern und den übrigen Steuerpflichtigen um-verteilt (Teilsplitting-Verfahren für Verheiratete, Erhöhung des Kinderabzugs, Abzug für ausserfamiliäre Kinderbetreuung, Abzugfür Alleinerziehende).

• Die langfristige Sicherung der Finanzierung der Sozialversiche-rungen, insbesondere der Alters- und Hinterlassenenversicherung(AHV), steht im Zentrum der 11. AHV-Revision.

• Die Einführung einer regelmässigen Generationenbilanzierung er-möglicht die Prüfung der Auswirkungen der Finanz- und Sozial-politik auf die Generationen.

• In Anpassung an die Veränderungen des Arbeitsmarktes, die Indi-vidualisierung der Lebensläufe und der Geschlechterrollen erfolgteeine wesentliche Weiterentwicklung des Sozialversicherungssystemsbereits in der 10. AHV-Revision (Anpassung des Rentenalters,Rentensplitting, Anerkennung von Erziehungs- und Betreuungs-arbeit). Mit dem Ziel der Gleichstellung von Frau und Mann erfolg-ten analoge Anpassungen bei der beruflichen Vorsorge und derInvalidenversicherung. Mit der 11. AHV-Revision wird zudem eineFlexibilisierung des Rentenalters angestrebt.

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Einheitliche Familien-zulagen: Kinder sollenkein Armutsrisiko sein.© A. Busslinger/AURA

Handlungsfelder und Massnahmen

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• Das 1996 eingeführte Krankenversicherungsgesetz gewährleistetheute allen in der Schweiz lebenden Personen den Zugang zu einerguten medizinischen Versorgung und verbesserte die Solidaritätunter den Versicherten. Die Massnahmen zur Kosteneindämmunghaben bisher nur mangelhaft gewirkt und sollen mit einer Ge-setzesrevision verstärkt werden, um neben den sozialen vermehrtauch die wirtschaftlichen Anliegen zu integrieren.

• Der Bundesrat hat sich in der laufenden Legislatur zum Ziel gesetzt,den sprachpolitischen Auftrag von Artikel 70 der Bundesverfassungin einem Sprachengesetz umfassend zu konkretisieren. Im Zentrumdes Auftrags steht die Förderung der Verständigung und des Aus-tausches zwischen den Sprachgemeinschaften, womit letztlich dernationale Zusammenhalt gestärkt werden soll.

• Auf Grund der im Herbst 2000 in Kraft getretenen Verordnungüber die Integration von Ausländerinnen und Ausländern engagiertsich der Bund für Bestrebungen, die zu einer Verbesserung desgegenseitigen Verständnisses zwischen der schweizerischen und derausländischen Bevölkerung dienen.

In Ergänzung dazu will der Bundesrat den laufenden gesellschaftlichenHerausforderungen mit folgender Massnahme begegnen:

Massnahme 7: Abdecken neuer Armutsrisiken

Das Sozialversicherungssystem ist insbesondere bezüglich der Alters-und Invalidenvorsorge sehr wirksam. Doch die Problematik der Armutist nicht verschwunden, sondern hat sich durch den gesellschaftlichenWandel vor allem auf soziale Gruppen wie die Working Poor oder Familien verlagert, die im gegenwärtigen System der Sozialver-sicherungen nicht besonders berücksichtigt werden. Da Armut sich besonders negativ auf die Entwicklungs-, Bildungs- und späteren Ar-beitsmarktchancen von Kindern auswirkt und damit eine grosse inter-generationelle Herausforderung vorliegt, besteht für den BundesratHandlungsbedarf im Rahmen der Politik der Nachhaltigen Entwick-lung. Heute reicht ein Erwerbseinkommen allein häufig nicht für dieExistenzsicherung einer Familie aus. Die Höhe der kantonalen Unter-stützungsbeiträge variiert stark und deckt nur einen geringen Teil der realen Kosten. Ebenso verfügen Personen mit Erziehungspflichtenwegen fehlender familienergänzender Betreuungsangebote nur übereingeschränkte Erwerbsmöglichkeiten. Vielerorts führt teilzeitliche Er-werbsarbeit auch zu einem reduzierten Anspruch auf Kinderzulagen.Im Sinne der Nachhaltigen Entwicklung sollten Kinder in der Schweizmöglichst gute Rahmenbedingungen für ihre physische, psychischeund kognitive Entwicklung vorfinden. Der Bundesrat setzt sich daherfür eine gesamtschweizerische Regelung der Familienzulagen auf Bun-desebene ein, die unabhängig von der Erwerbsarbeit der Eltern dieAbdeckung eines Teils der Kinderkosten ermöglichen würde. Er unter-stützt auch Bestrebungen im Bereich familienergänzender Betreuung.

Handlungsfelder und Massnahmen

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3.5 Handlungsfeld 5:Gesundheit

Nachhaltige Entwicklung erfordert eine Sicherstellung der Lebens-qualität der Bevölkerung, wozu in ausgeprägtem Mass die physischeGesundheit und das psychische Wohlbefinden gehören. Beispiele wieRinderwahnsinn (BSE), Aids, das verbreitete Unwissen über den Zu-sammenhang von Ernährungs- und Bewegungsverhalten einerseitsund Gesundheit andererseits sowie zunehmende Entwicklungs-störungen von Jugendlichen zeigen das breite Spektrum der nachhal-tigkeitsrelevanten Herausforderungen in diesem Bereich.In der Gesundheitspolitik wird es künftig darum gehen, das bisherErreichte in einem sich wandelnden wirtschaftlichen und technologi-schen Umfeld langfristig zu sichern. Eine nationale, von allen Beteilig-ten getragene Gesundheitspolitik sollte dem Paradigmenwechsel vonder Krankheits- hin zur Gesundheitsorientierung zum Durchbruchverhelfen. Prävention und Gesundheitsförderung müssen einen höhe-ren Stellenwert erhalten. Dazu ist es unabdingbar, dass sich auch dieanderen Politiksektoren ihrer Verantwortung und ihrer Einflussmög-lichkeiten auf die Gesundheit der Bevölkerung vermehrt bewusst wer-den. Die Integration der Nachhaltigen Entwicklung in die Gesund-heitspolitik wurde in den letzten Jahren vor allem über das folgendeInstrument verfolgt:• Der schweizerische Aktionsplan «Umwelt und Gesundheit», wel-

cher 1997 als Umsetzung des Kapitels «Gesundheit» der Agenda 21ausgearbeitet wurde, bezweckt die Förderung der Gesundheit unddes Wohlbefindens aller Menschen in einer gesunden Umwelt. Ausdem weiten Feld möglicher Schwerpunkte wurden die Themen«Natur und Wohlbefinden», «Mobilität und Wohlbefinden» sowie«Wohnen und Wohlbefinden» ausgewählt.

Künftig will der Bundesrat die Bevölkerung mit folgender Massnahmefür eine ganzheitliche Gesundheit sensibilisieren:

Massnahme 8: Nationales Programm «Gesundheit, Ernährung, Bewegung»

Essensgewohnheiten und Bewegungsverhalten haben einen eminentenEinfluss auf die Gesundheit der Menschen, und gleichzeitig wirkt dasKonsumverhalten auf die Produktionsweise der Lebensmittel und damit auch auf die Umwelt zurück. Um im Sinne der NachhaltigenEntwicklung positive Interdependenzen zwischen den angesprochenenBereichen zu fördern, stellt der Bundesrat Handlungsbedarf insbeson-dere zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen fest. Es gilt,das Wissen über gesunde Ernährung, die Zusammenhänge zwischenKaufverhalten und Produktionsweisen sowie die Notwendigkeit fürausreichend körperliche Bewegung in allen Schichten der Bevölkerungbekannt zu machen. Um diese Zielsetzungen zu realisieren, unterstütztder Bundesrat das nationale Programm «Gesundheit, Ernährung, Be-wegung», das namentlich folgende Aktivitäten umfassen wird: Es sollein Netzwerk aufgebaut werden, das alle thematisch betroffenenRegierungs- und Nichtregierungsorganisationen einbezieht und so-wohl die Abstimmung bestehender und die Lancierung neuer innova-tiver Massnahmen als auch deren Evaluation ermöglicht. Daneben solldie Bevölkerung intensiv über die positiven Wechselwirkungen von ge-

Bericht des Bundesrates: Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 22

Bewegungsförderung:vorbeugen gegenHerz-Kreislauf-Erkrankungen.© E. Ammon/AURA

Handlungsfelder und Massnahmen

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sunder Ernährung, nachhaltiger landwirtschaftlicher Produktion undgenügend körperlicher Bewegung informiert werden, was spezifischeFortbildungs- und Motivationsprogramme für Lehrkräfte und verbes-serte Produktedeklarationen erforderlich macht.

3.6 Handlungsfeld 6:Umwelt und natürliche Ressourcen

Trotz unbestrittener Erfolge in diesem Politikbereich, namentlich durchtechnische Effizienzgewinne und Umweltschutzmassnahmen, ist dieEntkoppelung von Ressourcenverbrauch und sozioökonomischer Ent-wicklung noch nicht in genügendem Mass gelungen. In der Schweizstehen die natürlichen Ressourcen durch die Entwicklungs- undModernisierungsprozesse in Wirtschaft, Verkehr, (Gen-)Technologieund Tourismus unter Druck. Auch die Folgen der Klimaerwärmungund Grossrisiken stellen Herausforderungen dar. Dies spiegelt sich ineiner sehr hohen Bevölkerungsdichte und einer intensiven wirtschaft-lichen Tätigkeit. Seit den Siebzigerjahren bemühen sich deshalb Bundund Kantone, die negativen Folgen dieser Prozesse mittels einer ehrgei-zigen Umweltpolitik zu begrenzen. Trotzdem hält sektoriell der Abbauvon Naturkapital an, was zugleich ein globales Phänomen ist.Die Zielerreichung ist beim qualitativen Gewässerschutz und bei derAbfallverwertung weit fortgeschritten. Im Bereich Luft ist es durch einekohärente Strategie gelungen, die Emissionen der meisten Luftschad-stoffe (SOx, NOx, VOC, CO, Partikel, Schwermetalle) zu reduzieren unddie Luftqualität bedeutend zu verbessern. Trotzdem liegen die Emis-sionen vieler Luftschadstoffe (NH3, NOx, VOC, Partikel) noch übereinem umwelt- und gesundheitsverträglichen Niveau. Problematischist die Entwicklung nach wie vor bei den CO2-Emissionen, die mass-geblich zur Klimaerwärmung beitragen. Problematisch bleibt auch deranhaltende Boden- und Kulturlandverlust durch die Siedlungs- undVerkehrsentwicklung, die Bodenbelastungen durch schwer abbaubareStoffe, die trotz erhöhter Anstrengungen weiterhin abnehmendeArtenvielfalt und die Gefährdung der Wasserressourcen durch neu-artige Gewässerbelastungen. Im Lärmbereich ist neben gewissenVerbesserungen bei den Eisenbahnen dank grossen Investitionen fürLärmschutzbauten und vorbeugenden Massnahmen an der Quelle derweiterhin bestehende Handlungsbedarf beim Strassenlärm und beimFluglärm zu erwähnen.Um die Belastung der natürlichen Ressourcen und der Umwelt zu ver-ringern, laufen gegenwärtig folgende Bemühungen:• Mit der 1995 initiierten CO2-Strategie des Bundesrates wurde das

Ziel gesetzt, die Verpflichtungen der Klimakonvention umzusetzen;das Bundesgesetz zur Reduktion von CO2-Emissionen trat 2000 inKraft. Wenn das Reduktionsziel durch freiwillige Vereinbarungenmit der Wirtschaft nicht erreicht wird, ist die Einführung einerCO2-Abgabe vorgesehen.

• Mit dem 1990 vom Bundesrat lancierten Aktionsprogramm Ener-gie 2000 wurde das Ziel einer Stabilisierung der CO2-Emissionenbis 2000 annähernd erreicht. Zur Erreichung der schweizerischenenergie- und klimapolitischen Ziele und zur Einleitung einer nach-haltigen Energieversorgung dient das seit 2001 laufende Nachfolge-programm EnergieSchweiz.

Handlungsfelder und Massnahmen

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Natur- und Landschafts-parks: wirtschaftlicheGrundlage für sanftenTourismus.© E. Ammon/AURA

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• Durch die Anpassung des Waldgesetzes im Jahre 1991 konnte einwichtiger Schritt in Richtung Nachhaltige Entwicklung erzielt wer-den. Neben der Produktionsfunktion wurden neu ausdrücklichauch die wichtigen sozialen und ökologischen Funktionen desWaldes berücksichtigt.

• In der Natur- und Landschaftspolitik hat der Bundesrat 1997 mitdem Landschaftskonzept Schweiz (LKS) Rahmenbedingungen ge-schaffen, die bei der Umsetzung sämtlicher raumrelevanter Bun-desaufgaben die Berücksichtigung der Anliegen des Natur- undLandschaftsschutzes sicherstellen.

• Zum langfristig besseren Schutz des Lebensraums vor Naturge-fahren unterstützt der Bund in enger Zusammenarbeit mit denKantonen den Paradigmawechsel «Weg von der Sicherheitskulturhin zum Risikodialog», da die technischen Schutzmöglichkeiten be-schränkt sind. Für eine nachhaltige Bewirtschaftung der Wasser-ressourcen werden wasserwirtschaftliche Massnahmen zunehmendvernetzt und gesamtheitlich geplant und umgesetzt.

• Um die Nachhaltige Entwicklung im Bereich natürliche Ressourcenauch weltweit voranzutreiben, engagiert sich die Schweiz seit länge-rem für den Aufbau internationaler Umweltinstitutionen.

Mit folgenden Massnahmen will der Bundesrat in diesem Politikfeldsein Engagement vertiefen:

Massnahme 9: Weiterentwicklung der Energie- und Klimapolitik

Für den Bundesrat hat die Reduktion der CO2-Emissionen Priorität,denn es gilt, die durch den Energieverbrauch verursachte Klimaerwär-mung mit gefährlichen Folgen auf globaler, regionaler und lokalerEbene einzudämmen. Auf längere Sicht benötigt die Schweiz deshalbeine Energieversorgung, die eine höhere Energieeffizienz ermöglichtund den Einsatz erneuerbarer Energien verstärkt. Das Programm Ener-gieSchweiz und die Instrumente des Energie- und CO2-Gesetzes bildendie Grundlagen für die Weiterentwicklung der heutigen Energie- undKlimapolitik zu Gunsten einer nachhaltigen und klimaverträglichenEnergieversorgung. Zunächst will der Bundesrat mit Nachdruck einewirkungsvolle Umsetzung dieser Massnahmen vorantreiben. Da wederdas CO2-Gesetz noch das Programm EnergieSchweiz Vorschriften fürFlugtreibstoffe vorsehen, setzt sich der Bundesrat zudem für eine Be-grenzung der Emissionen aus Flugtreibstoffen über ein internationalesAbkommen ein. Gemäss CO2-Gesetz (Art. 2 Abs. 6) unterbreitet er derBundesversammlung auch rechtzeitig Vorschläge zu Reduktionszielenfür die Zeit nach dem Jahr 2010. Das Szenario 2000-Watt-Gesellschaftdient der Energie- und Klimapolitik als Zielvorstellung, was lang-fristig eine Reduktion der Treibhausgase (primär CO2) auf nachhaltig1 Tonne/Kopf, eine Deckung des Energieverbrauchs von 500 Watt/Kopfaus fossilen und 1500 Watt/Kopf aus erneuerbaren Energieträgern er-fordern würde. In dieser Hinsicht unterstützt der Bundesrat weitere Abklärungen einer bundesinternen Arbeitsgruppe, die Zwischenzieleformuliert und Zuständigkeiten und Termine abklärt.

Bericht des Bundesrates: Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 24

Handlungsfelder und Massnahmen

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Massnahme 10: Förderung von sauberen Fahrzeugen

Um mit der Nachhaltigen Entwicklung im Bereich Strassenverkehrvoranzukommen, besteht für den Bundesrat Handlungsbedarf durchdie wachsenden Treibhausgasemissionen und die Überschreitung ein-zelner Immissionsgrenzwerte gemäss Luftreinhalte- und Lärmschutz-verordnung. Visionsziel ist, auf einen Motorfahrzeugpark mit be-sonders sauberen, lärm- und verbrauchsarmen Motoren sowielärmabsorbierenden Reifen hinzuarbeiten. Zunächst will der Bundes-rat in einem Zwischenschritt von 10 Jahren 400 000 Motorfahrzeugemit ressourcenschonenden Antrieben und 1,5 Mio. Personenwagen mitlärmarmen Reifen ausrüsten. Dafür sollen insbesondere fiskalischeInstrumente nach dem Verursacherprinzip zur Förderung saubererFahrzeuge entwickelt werden. Für den Bundesrat ist aber auch abzu-klären, ob die Schweiz eigene Vorschriften beschliessen oder auf inter-nationale Erlasse warten soll.

Massnahme 11: Anreizstrategie für Natur und Landschaft

Der Bundesrat prüft eine intensivierte Förderung von Natur- undLandschaftsparks in der Schweiz, weil dadurch alle drei Dimensionender Nachhaltigen Entwicklung stimuliert werden. In wirtschaftlicherHinsicht werden die Regionalpolitik, der sanfte Tourismus und derlokale Produkteabsatz gestärkt. Zugleich wird eine ökologisch angepassteLandschaftsentwicklung und schonende Landnutzung vorangetrieben,was der Biodiversität zugute kommt. Darüber hinaus setzt die Auf-wertung von Erholungsräumen neue Akzente und Anreize für eineangepasste soziokulturelle Entwicklung. Mit neuen Kooperationsfor-men kann die Partizipation lokaler, regionaler und kantonaler Akteuregefördert werden. Der Bundesrat wird für Natur- und Landschafts-parks differenzierte Anforderungen nach Gebietskategorien festlegen,um die von lokalen und regionalen Initiativen ausgearbeiteten Vor-schläge zur Errichtung von neuen Nationalpärken, Biosphärenreser-vaten und regionalen Naturparks mittels zeitlich befristeter Qualitäts-labels auszuzeichnen. Er wird die Unterstützung mit begrenztenspezifischen Subventionen prüfen. Er will auf diese Weise auch dieaktuellen Bestrebungen von Regionen, Kantonen und privaten Fach-organisationen zum Schutz grösserer Räume aufwerten.

Massnahme 12: Stärkung des internationalen Umweltsystems

Das globale Umweltregime ist heute durch die Heterogenität vonInstitutionen und Abkommen stark fragmentiert, teilweise inkohärent,und mögliche Synergien bleiben ungenutzt. Dies behindert Anstren-gungen zu Gunsten der Nachhaltigen Entwicklung. Der Bundesratengagiert sich deshalb für eine Straffung und Stärkung des weltweitenUmweltregimes, um dessen Stellung gegenüber anderen Regimes imwirtschaftlichen und im sozialen Bereich zu verbessern. Er stellt dieAufwertung des UNEP (United Nations Environment Programme) alspolitisches, institutionelles und organisatorisches Zentrum des globa-len Umweltsystems und dadurch eine gesteigerte Kohärenz der Um-

Handlungsfelder und Massnahmen

Bericht des Bundesrates: Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 25

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weltinstitutionen in den Vordergrund seiner Bemühungen. Er unter-stützt ferner eine verbesserte Koordination und Zusammenarbeit zwischen allen Institutionen und Abkommen, eine Wiederauffüllungund Stärkung des GEF (Global Environment Facility) als zentraleninternationalen Umweltfinanzierungsmechanismus im Bereich derKonventionen sowie einen strukturellen und geografischen Zusam-menschluss von Umweltinstitutionen, namentlich die Schaffung einesChemikalienclusters in Genf.

3.7 Handlungsfeld 7:Raum- und Siedlungsentwicklung

Die räumlichen Prozesse sind für die Nachhaltige Entwicklung vongrosser Relevanz, weil sich in der Raumordnung die drei Nachhaltig-keitsdimensionen Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt verschränken.So muss die Raumordnungspolitik gleichermassen räumliche Voraus-setzungen für die Wirtschaft, leistungsfähige Infrastrukturen, eine haus-hälterische Bodennutzung und den Schutz der natürlichen Lebens-grundlagen sowie die gesellschaftlich-räumliche Kohäsion sicherstellen.Speziell sei auch die Bedeutung des Bauwesens für die Nachhaltige Ent-wicklung hervorgehoben. Als eine der bedeutendsten Wirtschafts-branchen, die hohe Stoff- und Energieflüsse generiert und die mit ihrenBauten auch das gesellschaftliche Leben mitprägt, ist dessen Einbin-dung in die Politik der Nachhaltigen Entwicklung unerlässlich.Zahlreiche Entwicklungstrends schaffen neue Herausforderungen. Derräumliche Strukturwandel in Richtung «Metropolisierung» führt zueiner Konzentration des wirtschaftlichen Geschehens auf wenigeGrossagglomerationen, was die funktionale Entmischung in den gross-städtischen Räumen verstärkt und das Ziel einer dezentralen Sied-lungsstruktur in Frage stellt. Dadurch steigt u.a. die Bedeutung derStädte und Agglomerationen als Wirtschafts- und Innovationsmo-toren, aber auch der damit verbundene soziale Problemdruck. Paralleldazu nimmt die besiedelte Fläche immer noch stärker zu als dieBevölkerung. Das anhaltende Wachstum der Siedlungsfläche pro Kopfder Wohnbevölkerung äussert sich in einem Wachstum der Siedlungs-gebiete und einer fortschreitenden Zersiedelung der Landschaft underschwert eine ressourcenschonende Organisation des Verkehrs sowiedie Erhaltung und Weiterentwicklung urbaner Qualität. Dadurch er-geben sich Nachteile im internationalen Standortwettbewerb.Mit verschiedenen politischen Antworten versuchte der Bundesrat inden letzten Jahren, auf diese Herausforderungen zu reagieren:• Bereits 1996 wurde mit den «Grundzügen der Raumordnung

Schweiz» ein neuer strategischer Gesamtrahmen für die schweizeri-sche Raumordnungspolitik geschaffen, indem das Raumplanungs-gesetz auf der Ziel- und Handlungsebene konkretisiert und aus-drücklich auf die Nachhaltige Entwicklung ausgerichtet wurde. DieUmsetzung dieser Politik ist aber mit erheblichen Vollzugspro-blemen konfrontiert.

• In der Regionalpolitik erfolgte 1996 eine strategische Neu-orientierung unter einem ganzheitlichen Ansatz der NachhaltigenEntwicklung, indem der Zielkatalog neben wirtschaftlichen auchökologische und soziale Elemente aufweist. Die Anpassung desInstrumentariums erfolgte bisher erst in wenigen Teilbereichen.

Bericht des Bundesrates: Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 26

Handlungsfelder und Massnahmen

Begehrte Flächen: dieZersiedlung der Land-schaft ist nach wie vor ein Problem. © E. Ammon/AURA

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• 2001 beschloss der Bundesrat, eine aktive Agglomerationspolitikauf der Basis der Nachhaltigen Entwicklung zu lancieren. Da vonStädten und Agglomerationsgemeinden heute und in Zukunftwichtige gesellschaftliche und wirtschaftliche Impulse ausgehen,sollen innovative und nachhaltige Projekte in diesem Bereich übergezielte Anreize gefördert werden.

• Mit dem 2002 verabschiedeten Gesetz über die Förderung preis-günstigen Wohnens (WFG) will der Bundesrat an Stelle einer allge-meinen Wohnbauförderung die gezielte Unterstützung wirtschaft-lich benachteiligter Bevölkerungsgruppen ermöglichen. Der Fokusliegt dabei auf Wohnungserneuerungen und Verdichtungen mithohen Nutzungsqualitäten unter Berücksichtigung der Kriteriender Nachhaltigen Entwicklung.

Künftig verfolgt der Bundesrat die folgenden zusätzlichen Mass-nahmen:

Massnahme 13: Massnahmenprogramm «Nachhaltige Raumplanung»

Um die räumliche Entwicklung nachhaltiger zu gestalten, wird derBundesrat ein Bündel von Massnahmen ergreifen, wobei primär eineVerbesserung des Vollzugs von bereits geltendem Recht angestrebtwird. In Bezug auf den Leitindikator Flächenverbrauch verfolgt derBundesrat die Zielvorstellung, die Siedlungsfläche pro Kopf auf demheutigen Stand von rund 400 m2 zu stabilisieren. Im Rahmen einesMassnahmenprogramms «Nachhaltige Raumplanung» will derBundesrat namentlich:• die Grundzüge der Raumordnung Schweiz insbesondere hinsicht-

lich einer Siedlungserneuerung und -entwicklung nach innen kon-kretisieren,

• das Instrument der Konzepte und Sachpläne des Bundes stärker aufdie Nachhaltige Entwicklung ausrichten, hierfür die räumlichenAuswirkungen von Bundesvorhaben und die damit auftretendenInteressens- und Zielkonflikte besser abklären, auf eine vermehrteAbstimmung der Sachpläne hinwirken und insbesondere thema-tisch verwandte Konzepte und Sachpläne bündeln sowie die Zu-sammenarbeit von Bundesstellen und Kantonen bei der Planer-arbeitung und Umsetzung verbessern,

• das Instrument des kantonalen Richtplans in der Zusammenarbeitmit den Kantonen besser nutzen und verstärkt Nachhaltigkeits-kriterien berücksichtigen,

• eine Anpassung des heutigen Systems der Nutzungsplanung prüfenund Kriterien für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung entwickeln,

• Impulse für eine verstärkte grenzüberschreitende interkantonaleund überkommunale Zusammenarbeit in der Raumplanung ver-mitteln,

• die Zusammenarbeit zwischen Raumplanung und Wohnbauför-derung, Wohnungswirtschaft sowie Bauwirtschaft allgemein ver-stärken,

• Impulse für die Standortpolitik im Bereich grosser, publikumsin-tensiver Anlagen geben sowie Modellvorhaben und deren Eva-luation unterstützen,

Handlungsfelder und Massnahmen

Bericht des Bundesrates: Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 27

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• auf eine bewegungsfreundliche Gestaltung der Siedlungsräume hin-wirken (räumliche Bedürfnisse für Bewegung, Sport und Freizeit),

• ein Controlling (Ziel-, Wirkungs- und Vollzugskontrolle) derRaumordnungspolitik ausarbeiten.

Massnahme 14: Neue Strategie Regionalpolitik

Die Sicherstellung der räumlichen Kohäsion gerade in einem ausge-prägt föderalistischen Bundesstaat wie der Schweiz ist eine Grundvor-aussetzung für den nationalen Zusammenhalt und damit für eineNachhaltige Entwicklung. Ähnlich wie in anderen OECD-Ländernsteht in der Schweiz ein Paradigmenwechsel in der Regionalpolitik an,weil diese durch den Druck der globalen wirtschaftlichen Entwicklungkünftig nicht nur die peripheren, sondern auch die besonders im inter-nationalen Wettbewerb stehenden zentralen Regionen berücksichtigenmuss. Bereits 1996 beschloss der Bundesrat eine Neuorientierung derRegionalpolitik auf einer konzeptionellen Ebene. Doch die regionalpo-litischen Instrumente entsprechen den neuen Anforderungen nochnicht. Deshalb spricht sich der Bundesrat für die Erarbeitung einesneuen regionalpolitischen Instrumentariums unter Einbezug von öko-logischen und sozialen Aspekten der Nachhaltigen Entwicklung mitden folgenden zwei Stossrichtungen aus:• Einerseits sind neue rechtliche Grundlagen für die Regionalpolitik

zu erarbeiten. Diese soll eine integrierte, programmorientierte undnachhaltige Konzeption verfolgen. Mit zeitlich befristeten Mass-nahmen (Mehrjahresprogramme) soll den regionalen Herausfor-derungen flexibel entsprochen werden. Ziel der neuen Politik ist dieStärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Teilgebiete der Schweiz ineinem grossregionalen Kontext unter Berücksichtigung der ökolo-gischen und sozialen Dimension.

• Andererseits ist für die bisher prioritär verfolgte Berggebietsför-derung eine neue, tragfähige Grundlage zu schaffen, die einerseitsden weiterhin bestehenden besonderen Anforderungen dieserRegionen Rechnung trägt und die sich andererseits optimal in dieregionalpolitische Gesamtkonzeption einfügt. Der Bund wird dazudie Schaffung einer Kohäsionsstiftung prüfen, in welche die bishe-rige Infrastrukturförderung im Berggebiet (Investitionshilfegesetz)überführt würde. Ihr Zweck wäre, eine dauerhafte Wettbewerbs-fähigkeit der kleinräumigen Regionen des Berggebietes zu fördernund ihnen zu ermöglichen, spezifischen Herausforderungen, bei-spielsweise zur Sicherstellung eines qualitativ hoch stehenden undlangfristig tragfähigen Tourismusangebots, zu begegnen.

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Handlungsfelder und Massnahmen

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3.8 Handlungsfeld 8:Mobilität

Das stetig wachsende Verkehrsaufkommen ist eine zentrale Herausfor-derung für die Nachhaltige Entwicklung. Die schweizerische Verkehrs-politik verfolgt das Ziel, eine nachhaltige Mobilität zu gewährleisten.Das bedeutet, dass die Mobilitätsbedürfnisse wirtschaftlich tragbar undeffizient befriedigt werden, dass alle Bevölkerungsgruppen und Lan-desteile Zugang zur Mobilität haben und dass die erforderliche Mobi-lität möglichst umweltgerecht bewältigt wird. Zur Umsetzung diesesZiels setzt die Verkehrspolitik der Schweiz auf eine koordinierte, mitdem Ausland abgestimmte Politik, welche die einzelnen Verkehrsträgerentsprechend ihren komparativen Vorteilen einsetzt und sinnvoll mit-einander verknüpft. Technische Möglichkeiten zur Optimierung derInfrastrukturen, Fahrzeuge und Treibstoffe sollen ausgenutzt werden.Der Anteil des öffentlichen Verkehrs sowie des Langsamverkehrs ist zuerhöhen. Hierbei muss der Blick neu vermehrt auf die Agglomeratio-nen und den Freizeitverkehr gelenkt werden. Ausserdem gilt es, dieEigenwirtschaftlichkeit und die Kostenwahrheit der einzelnen Ver-kehrsträger zu fördern und die Verkehrssicherheit insbesondere imStrassenverkehr zu verbessern.In der Schweiz wurden in den letzten Jahren schon erhebliche Fort-schritte in Richtung nachhaltige Mobilität erzielt. Der Bundesrat hatmit seiner Verkehrspolitik wichtige Schritte in Richtung Nachhaltigkeitverwirklicht bzw. eingeleitet. Dazu zählen namentlich die folgendenBemühungen:• 1998 hat der Souverän die Modernisierung der Bahninfrastruktur

mit der Verwirklichung von Bahn 2000 in ihrer 1. und 2. Etappe,dem Bau der NEAT, dem Anschluss der Bahnen an das europäischeHochgeschwindigkeitsnetz und der Lärmsanierung der Eisen-bahnen, gutgeheissen.

• Die auf den 1. Januar 1999 in Kraft gesetzte Bahnreform überträgtden SBB mehr unternehmerische Freiheit und Verantwortung,damit sie produktiver und attraktiver werden kann.

• 2000 konnte das Landverkehrsabkommen mit der EU abgeschlos-sen werden, mit welchem die EU das Ziel der Verlagerung desSchwerverkehrs auf die Schiene und die damit verbundenen Instru-mente, insbesondere die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe(LSVA), akzeptiert.

• Die Einführung der LSVA auf den 1. Januar 2001 ist ein wichtigesmarktkonformes Instrument für die Verlagerung des Güterverkehrsauf die Schiene.

• Schliesslich beabsichtigt der Bundesrat, das Engagement desBundes bei der Finanzierung des Agglomerationsverkehrs künftigzu verstärken. Er hat dem Parlament im Jahr 2001 im Rahmen derBotschaft zum neuen Finanzausgleich (NFA) erste entsprechendeAnträge unterbreitet.

Im Zusammenhang mit der Strategie Nachhaltige Entwicklung willsich der Bundesrat im Verkehrsbereich darüber hinaus mit folgendenMassnahmen engagieren:

Handlungsfelder und Massnahmen

Bericht des Bundesrates: Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 29

Öffentlicher Verkehrund Langsamverkehr:ein umweltschonendesPaar. © E. Ammon/AURA

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Massnahme 15: Leitbild nachhaltige Mobilität

Ein Leitbild nachhaltige Mobilität soll die auf die Nachhaltige Ent-wicklung ausgerichtete Verkehrspolitik der letzten Jahre weiter konkre-tisieren. Das Leitbild legt Prinzipien, Grundsätze und langfristige Zieleeiner nachhaltigen Mobilität fest, welche die drei Dimensionen Um-welt, Wirtschaft und Gesellschaft gleichwertig gewichtet, und dient alswichtiges Führungs- und Koordinationsinstrument. Das Leitbild sollinsbesondere auch Mechanismen aufzeigen, wie allfällige Zielkonfliktezwischen den Interessen von Schützen und Nutzen sowie von Umwelt-und Infrastrukturpolitik in tragfähige Lösungen überführt werdenkönnen.

Massnahme 16: Stärkung des öffentlichen Verkehrs

Nur wenn der Marktanteil der Schiene weiterhin erhöht und der ge-samte öffentliche Verkehr weiterhin gestärkt wird, lässt sich dassteigende Verkehrsaufkommen nachhaltig bewältigen. Zukünftig ist alserste Hauptaufgabe der Verkehrspolitik die Eisenbahninfrastrukturweiter zu modernisieren (insbesondere 2. Etappe von Bahn 2000, Hoch-geschwindigkeitsanschlüsse an das Ausland). Eine zweite Hauptauf-gabe besteht darin, die institutionellen Strukturen für den öffentlichenVerkehr weiter zu verbessern (2. Etappe der Bahnreform). Hierfür gibtder Bundesrat folgende Anstösse: Er will die Infrastrukturfinanzierung,den Infrastrukturbesitz, die Lastenteilung von Bund und Kantonen, dieRahmenbedingungen sämtlicher Transportunternehmungen sowie dieInvestitionen im Verkehrsbereich neu ordnen und aufeinander abstim-men. In wirtschaftlicher Hinsicht tragen die Modernisierung derEisenbahninfrastruktur und die Weiterführung der Bahnreform zurNachhaltigen Entwicklung bei, indem sie für die Förderung der Eigen-wirtschaftlichkeit der Transportunternehmen mehr Transparenz beider Finanzierung, den freien Netzzugang, die Verbesserung der Er-reichbarkeit, die Einbettung in Europa, die Verbesserung der Kunden-nähe bzw. des Angebotes und somit der Auslastung der Bahn sorgen.Die ökologische Dimension wird über die Senkung des Energiever-brauchs mittels einer modernisierten Infrastruktur, die bessere Aus-lastung der Bahn und die Senkung der mobilitätsbedingten Umwelt-belastung durch Verlagerung, Veränderung des Modalsplits und dieVerminderung von Staus durch Entlastung der Strasse gewährleistet.Sicherstellung der Grundversorgung und mehr Kundennähe sindwichtige Faktoren im Hinblick auf die soziale Nachhaltigkeit.

Massnahme 17: Neue Strassenverkehrssicherheitspolitik

Ohne die Mobilität zu beschränken, sollen die Risiken für schwere Un-fälle im Strassenverkehr so weit wie möglich reduziert werden. DerBundesrat hat mit der ganzheitlichen «Vision Zero» einen Strassen-verkehr ohne Tote und Schwerverletzte im Blick. Deshalb will er in dennächsten zehn Jahren Schritte einleiten, welche die Zahl der Unfälle mitTodesfolgen um mindestens 50% von 600 auf 300 Tote reduzieren. Vor-erst sollen einige der bereits erprobten Massnahmen (Einführung vonTempo-30-Zonen, Verwendung des Lichts tagsüber, Anpassungen derStrassenausstattung, Integration des Langsamverkehrs) intensiver

Bericht des Bundesrates: Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 30

Handlungsfelder und Massnahmen

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gefördert und realisiert werden. Zudem will der Bundesrat die Ver-kehrsteilnehmenden über Aus- und Weiterbildung sowie Kontrollenvermehrt sensibilisieren und telematische Verkehrsleitsysteme für dieUnfallverhütung einsetzen.

3.9 Handlungsfeld 9:Entwicklungszusammenarbeit und Friedensförderung

Die Nachhaltige Entwicklung steht vor der Herausforderung zuneh-mender globaler wirtschaftlicher und sozialer Ungleichheiten undneuer Abhängigkeiten zwischen Nord und Süd, die ihrerseits eng mitden Phänomenen der Umweltdegradation verknüpft sind. Es sindinternational anerkannte Lösungsstrategien für eine zukunftsfähigeEntwicklung für alle Menschen und Länder zu finden. Als offene Volks-wirtschaft mittlerer Grösse ist die Schweiz von globalen Prozessen starkbetroffen. Zudem kann eine Nachhaltige Entwicklung nur im Verbundmit der internationalen Gemeinschaft realisiert werden. Der Bundesratanerkennt aus diesen Gründen die Bedeutung eines ausgebauten inter-nationalen Engagements der Schweiz. Generell will sich der Bundesratfür eine bessere Verankerung der Nachhaltigen Entwicklung in denmultilateralen Institutionen und Prozessen einsetzen. Intensivierte An-strengungen auf multilateraler, aber auch bilateraler Ebene sollen eineerfolgreiche und langfristige Beseitigung von Armut und Hunger er-möglichen und mithelfen, Migrationsursachen gezielt zu beseitigen.Ziel der Entwicklungszusammenarbeit ist dementsprechend die Ar-mutsbekämpfung im Sinne der Selbsthilfe in den Partnerländern. DaFrieden und Sicherheit zentrale Voraussetzungen für die NachhaltigeEntwicklung sind, gilt es, die zivilen und militärischen Beiträge derSchweiz für die Konfliktprävention, die Friedenssicherung und -förde-rung sowie den Wiederaufbau im Rahmen der verfügbaren Mittel zuverstärken. Auf die vielfältigen Herausforderungen in diesem Bereichreagierte der Bundesrat in den letzten Jahren mit verschiedenen Vor-stössen:• Mit dem aussenpolitischen Bericht vom 15. November 2000 wurde

die bereits 1993 beschlossene Politik der Öffnung weiter vertieftund konkretisiert. Darin wurden folgende Ziele und Schwerpunktefür die schweizerische Aussenpolitik formuliert:a) friedliches Zusammenleben der Völker;b) Achtung der Menschenrechte und Förderung der Demokratie;c) Wahrung der Interessen der schweizerischen Wirtschaft im

Ausland;d) Linderung von Not und Armut in der Welt;e) Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen.

• Der sicherheitspolitische Bericht des Bundesrates vom 7. Juni 1999geht von einem umfassenden Sicherheitsverständnis aus, welchessowohl militärische als auch zivile und naturbedingte Sicherheits-risiken beinhaltet. Entsprechend wird die Kooperation sowohl imInland als auch gegenüber dem Ausland verstärkt. Ein Teil der Um-setzung dieser Politik war die vorgezogene Teilrevision des Militär-gesetzes, welche 2001 in einer Volksabstimmung angenommenwurde und eine grössere Wirksamkeit der militärischen Beiträgezum Frieden zum Ziel hat. Parallel dazu wurden die zivilen sicher-heitspolitischen Zielsetzungen aufgewertet und die entsprechendenInstrumente erweitert.

Handlungsfelder und Massnahmen

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Finanzierung für Ent-wicklung: produktivePartnerschaften vonStaat und Privaten.© E. Ammon/AURA

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• In den Beziehungen der Schweiz zu den Entwicklungs- und Tran-sitionsländern hat die Armutsbekämpfung als Instrument der För-derung der Nachhaltigen Entwicklung einen zentralen Stellenwert.Im erwähnten aussenpolitischen Bericht bestätigte der Bundesratseine Zielsetzung, die öffentliche Entwicklungshilfe mit demZeithorizont 2010 auf 0,4% des BSP anzuheben. Neue Leitlinien fürdie internationale Zusammenarbeit der Schweiz werden im Jahre2002 erarbeitet und sollen das Leitbild Nord-Süd von 1994 ablösen.

In Zukunft will der Bundesrat die Entwicklungszusammenarbeit unddie Friedensförderung mit folgenden Massnahmen weiterentwickeln:

Massnahme 18: Mitwirkung bei der Formulierung und Umsetzung einer multilateralen Politik der Nachhaltigkeit

Als Diskussionsforen für die Erarbeitung von globalen und regionalenLösungen im Sinne der Nachhaltigen Entwicklung sind die internatio-nalen Organisationen in den letzten Jahren immer wichtiger geworden.Multilaterale Politik hat für den Bundesrat gegenüber bilateralen Be-ziehungen Vorteile für die Festlegung einer umfassenden Strategie der Nachhaltigen Entwicklung, denn das multilaterale System verfügt einerseits über eine universelle Präsenz und kann andererseits dieinternationale Zusammenarbeit konsolidieren und regeln. Ausserdemist multilaterale Politik geeignet, die Zivilgesellschaft in Prozesse ein-zubeziehen. Dieser Aspekt gewinnt angesichts der zunehmendenBedeutung von Dialog und Partnerschaften mit multilateral vernetzteninternationalen Akteuren aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesell-schaft an Wichtigkeit.Der Bundesrat will das Instrumentarium der multilateralen Politikausbauen und besser in der Aussenpolitik verankern, um die Anliegender Nachhaltigen Entwicklung auf globaler Ebene verstärkt einzubrin-gen und um sich aktiv an der Umsetzung von neuen innovativenProblemlösungen zu beteiligen. Er plant ein Vorgehen auf drei Ebenen:• Die Schweiz setzt sich verstärkt für eine aktive Mitbestimmung in

der Geschäftspolitik der internationalen Organisationen unter um-fassender Berücksichtigung der Nachhaltigen Entwicklung ein.

• Über die multilaterale Politik unterstützt die Schweiz gezielt dieAnliegen der ärmsten Entwicklungsländer.

• Um die Akzeptanz der multilateralen Politik in der Schweizer Poli-tik und Öffentlichkeit zu vergrössern, will der Bundesrat Partner-schaften mit Organisationen und Vertreterinnen und Vertretern ausPolitik, Zivilgesellschaft, Privatsektor und Wissenschaft fördern.

Massnahme 19: Neue Formen der Entwicklungsfinanzierung

Im OECD-Raum reduzierte sich der Anteil der öffentlichen Entwick-lungshilfe am Bruttosozialprodukt (BSP) in der Zeit von 1992–1997von 0,33% auf 0,22%. Dieser Trend hat sich 1998 und 1999 auf niedri-gem Niveau stabilisiert, wobei in der Schweiz im Jahre 2000 die Ent-wicklungsgelder der öffentlichen Hand 0,34% des BSP ausmachten.Die UNO ihrerseits hat einen Anteil von 0,7% des BSP gefordert. Aus

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Handlungsfelder und Massnahmen

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Sicht des Bundesrates erfordert die Nachhaltige Entwicklung einenangemessenen internationalen Lastenausgleich (Burden Sharing).Nebst dem bereits beschlossenen Ausbau der öffentlichen Entwick-lungshilfe auf 0,4% des BSP bis zum Jahre 2010 betrachtet der Bun-desrat einen verstärkten privaten Kapitalfluss in die ärmsten Länder,d.h. über Direktinvestitionen oder im Rahmen von Partnerschaftenzwischen Privaten und der öffentlichen Hand, als wichtiges Mittel derzusätzlichen Entwicklungsfinanzierung. Darüber hinaus wird sich dieSchweiz im Rahmen multilateraler Bemühungen für die Erschliessungneuer Finanzierungsquellen einsetzen. Einen wichtigen Punkt stelltschliesslich die Verbesserung der Wirksamkeit der internationalen Ent-wicklungsanstrengungen dar. Entscheidende Bedeutung kommt in die-sem Zusammenhang dem politischen Willen der Partnerländer zu, ihrewirtschaftlichen Ressourcen zu Gunsten ihrer eigenen Entwicklung –wie etwa über eine entsprechende Ausgestaltung ihrer Steuersysteme –zu mobilisieren.

Massnahme 20: Zivile Friedensförderung, Konfliktprävention und Wiederaufbau

Während die Zahl der traditionellen militärischen Auseinanderset-zungen zwischen einzelnen Staaten in den letzten Jahrzehnten abge-nommen hat, sind zunehmend Gewaltkonflikte mit nichtstaatlichenAkteuren und mit innerstaatlichem oder grenzübergreifendem Cha-rakter festzustellen. Vielfach stehen diese Konflikte in direktem Zusam-menhang mit dem Besitz und der Nutzung von natürlichen Ressourcen(z.B. Wasser) oder mit dem sozialen Gefälle. Häufig geht dies mit demZerfall der staatlichen und gesellschaftlichen Strukturen, Rechtsun-sicherheit und grossem Leid für die Zivilbevölkerung einher. Friedenund Sicherheit sind zentrale Grundlagen für eine Nachhaltige Ent-wicklung, deshalb will der Bundesrat im globalen und regionalen Rahmen auf Verhältnisse hinwirken, die eine gewaltlose Lösung vonbestehenden Problemen ermöglichen. Im Bereich von Politik und Diplomatie stehen für ihn Bemühungen zur Vermittlung, Vertrauens-bildung und Konfliktprävention im Vordergrund, weshalb er im Rah-men der verfügbaren Mittel den Aufbau von entsprechend leistungsfä-higen und professionellen Verwaltungskapazitäten in der Schweizunterstützt. Aktionsprogramme sowie Experten aus dem Schweize-rischen Pool für zivile Friedensförderung (SEF) sollen dazu beitragen,die Schlüsselakteure in Krisenregionen zu überzeugen, Konflikte unterEinhaltung der politischen und rechtlichen Leitlinien friedlich zuregeln, womit gleichzeitig eine Stärkung der demokratischen, institu-tionellen und zivilgesellschaftlichen Strukturen angestrebt wird. ImFeld der Entwicklungszusammenarbeit legt der Bundesrat die Schwer-punkte auf den Abbau von strukturellen Konfliktursachen, dieLeistung humanitärer Nothilfe sowie den Wiederaufbau in gesell-schaftlicher, wirtschaftlicher und ökologischer Hinsicht.

Handlungsfelder und Massnahmen

Bericht des Bundesrates: Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 33

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3.10 Handlungsfeld 10:Methoden und Instrumente

Zur Förderung der Nachhaltigen Entwicklung braucht es nicht nurmaterielle Politiken, sondern auch ein wissenschaftlich gestütztesmethodisches Instrumentarium für die Bewertung, Modifikation undWeiterentwicklung der konkreten Massnahmen. Im Interesse transpa-renter Entscheidverfahren ist es für den Bundesrat ein zentralesAnliegen, die politisch interessierte Öffentlichkeit regelmässig über denGrad der Zielerreichung und die Wirksamkeit seiner Politik der Nach-haltigen Entwicklung zu informieren. Damit sollen sich die gesell-schaftlichen Akteure gezielt und effizient an der Diskussion beteiligenkönnen. Ein Monitoring mit Hilfe von Indikatoren und gezielte Wirk-samkeitsüberprüfungen sind zentrale Instrumente, um diese Anfor-derungen zu erfüllen. Zur besseren Integration der Nachhaltigen Ent-wicklung in alle Politikbereiche will er auch neue Gesetze, Vorhaben,Konzepte, Projekte auf ihre Auswirkungen auf die NachhaltigeEntwicklung prüfen und darüber Auskunft geben. Dafür sieht er folgende Massnahmen vor:

Massnahme 21: Monitoring Nachhaltige Entwicklung

Da die Eidgenossenschaft gemäss der Bundesverfassung die Nach-haltige Entwicklung fördert, braucht es zur Prüfung der Umsetzungdieses Verfassungsauftrages geeignete Messinstrumente. Deshalb ver-langt der Bundesrat die periodische Produktion von Nachhaltigkeits-indikatoren. Mit der Entwicklung eines Indikatorensystems zur Beur-teilung der Nachhaltigen Entwicklung will der Bundesrat Bevölkerungund Entscheidungsträger regelmässig über Lage und Tendenzen diesesProzesses hinsichtlich der drei Dimensionen Wirtschaft, Umwelt undGesellschaft informieren. Dies ermöglicht auch die Früherkennungvon potenziellen Problembereichen sowie eine generelle Erfolgskon-trolle der getroffenen Massnahmen in den einzelnen Politikfeldern. Inder Bundesverwaltung werden diesbezüglich Grundlagen erarbeitet,Definitionen formuliert und ein Indikatorset entwickelt. Für eine an-schliessende effektive und publikumswirksame Umsetzung ist für denBundesrat bereits Folgendes klar:• Die Daten der Indikatoren müssen regelmässig aktualisiert und die

Ergebnisse auf verständliche Weise und über eine zielgruppenspe-zifische Informationsplattform transparent kommuniziert werden.

• Der Aufbau des Indikatorensystems basiert so weit wie möglich aufbestehenden Datensätzen. Allerdings fehlen in wichtigen Bereichenstatistisch gesicherte Entscheidungsgrundlagen. Für eine Nachhal-tigkeitspolitik, die sich auf objektive Sachverhalte stützt, ist es un-erlässlich, diese Lücken zu schliessen.

• Da die Nachhaltige Entwicklung einen prozessualen und wandel-baren Charakter aufweist, gilt es, das Indikatorensystem laufend anveränderte Bedürfnisse und Fragestellungen anzupassen.

Bericht des Bundesrates: Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 34

Handlungsfelder und Massnahmen

Nachprüfbare Erfolge:für eine glaubwürdigePolitik. © E. Ammon/AURA

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Massnahme 22: Nachhaltigkeitsbeurteilung

Viele Projekte und Konzepte aus unterschiedlichen Fachbereichen wer-den heute unter dem Begriff der Nachhaltigen Entwicklung sub-sumiert, doch bisher fehlt ein geeignetes Instrument, welches Vorhabenspezifisch auf dieses Merkmal prüft. Damit die Kriterien für eineNachhaltige Entwicklung mehr Verbindlichkeit erlangen, stärker in dieverschiedenen Handlungsebenen einfliessen und von den Sachpoliti-ken systematisch berücksichtigt werden, will der Bundesrat die Mach-barkeit eines methodischen Instrumentariums zur Nachhaltigkeits-beurteilung abklären. Ziel ist die Entwicklung eines Werkzeugs, welchesdie Auswirkungen von Gesetzesvorlagen, Konzepten und Projekten imHinblick auf die drei Dimensionen der Nachhaltigen Entwicklung ab-schätzen und allfällige Defizite aufzeigen kann. So erhält der Bundesratfür die Beurteilung und Weiterentwicklung von Bundesvorhaben eineDiskussionsbasis auf Grund transparenter und sachlicher Kriterien zurNachhaltigen Entwicklung. Für die Etablierung und Umsetzung einerNachhaltigkeitsbeurteilung will der Bundesrat vorab die folgendenFragen klären:• Welche Geschäfte könnten einer Nachhaltigkeitsbeurteilung unter-

liegen und auf welcher Wirkungsebene sollte diese ansetzen?• In welcher Phase eines Vorhabens müsste eine derartige Beurtei-

lung einsetzen?• Sind neue Instrumente zu entwickeln, oder können bestehende

Prüfwerkzeuge durch den Einbezug weiterer Kriterien ergänzt werden?

• Wie grenzt sich eine spezifische Nachhaltigkeitsbeurteilung vonbestehenden oder geplanten Prüfinstrumenten ab?

• Sind die Ergebnisse einer Nachhaltigkeitsbeurteilung verbindlich,und wo liegen die Entscheidungskompetenzen?

• In welche Verfahren kann die Beurteilung der Nachhaltigkeit ein-gebettet werden?

Handlungsfelder und Massnahmen

Bericht des Bundesrates: Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 35

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4 Umsetzung und Begleitmassnahmen

Die Strategie 2002 gestaltet sich als dynamischer Prozess. Vorangehendwurden die Leitlinien für die Nachhaltige Entwicklung in der Schweizsowie die vorgesehenen Handlungsfelder und Massnahmen dargelegt.Damit diese realisiert werden können, müssen gewisse Voraussetzun-gen für deren Umsetzung erfüllt sein, namentlich muss die Fortsetzunggesichert sein, es braucht einen Zeitplan, Finanzierung und Partner-schaften müssen geregelt sein. Dadurch können Koordination und Zusammenarbeit als Querschnittsaufgabe auf Bundesebene verstärktwerden. Gleichzeitig wird es möglich sein, den Austausch zwischen denverschiedenen, an der Nachhaltigen Entwicklung in der Schweiz be-teiligten Stellen – das sind insbesondere die Kantone, die Städte und dieinteressierten Kreise aus Zivilgesellschaft und Privatsektor – zu inten-sivieren. Die Strategie zeigt damit nicht nur Massnahmen auf Bundes-ebene auf, sondern schafft ebenso einen Rahmen für die umfassendeAnwendung des Konzepts der Nachhaltigen Entwicklung auf kanto-naler, regionaler und lokaler Ebene.

4.1 Verantwortungsbereiche und StrukturenDie politische Verantwortung für die Strategie trägt der Bundesrat,welcher regelmässig über den Stand der Umsetzung informiert und zuden Ergebnissen der Evaluationen Stellung nimmt.Generell gilt, dass keine neuen, zusätzlichen Umsetzungsstrukturenvorgesehen sind. Die Umsetzung erfolgt vielmehr über die bestehendenVerwaltungsstrukturen.Für die konsequente Verfolgung der Strategie ist der Interdeparte-mentale Ausschuss Rio (IDARio) zuständig. Dieser übernimmt folgen-de Aufgaben:• Gewährleistung der Kohärenz der Politiken der verschiedenen Bun-

desämter;• Bewertung der Evaluationen für den Bundesrat;• allenfalls Unterbreitung von Verbesserungsvorschlägen;• Festlegung gemeinsamer Grundsätze zur Information und Kom-

munikation über die Strategie bzw. deren Massnahmen.Der IDARio erfüllt dabei die Rolle einer Informations-, Koordinations-und Diskussionsplattform für sämtliche nachhaltigkeitsrelevantenTätigkeiten und Prozesse des Bundes. Zu diesem Zweck trifft sich die-ses Gremium regelmässig. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco),die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), dasBundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) sowie einAmt des Eidgenössischen Departements des Innern übernehmen alter-nierend den Vorsitz. Der Vorstand des IDARio besteht jeweils aus Ver-treterinnen und Vertretern dieser Ämter zuzüglich des Bundesamtesfür Raumentwicklung (ARE). Er bereitet Beschlüsse des Plenums vorund sorgt für eine transparente Kommunikation.Die Verantwortung für die Umsetzung der einzelnen Massnahmen liegtbei dem jeweils federführenden Amt. Im Sinne der Konsistenz und derWirksamkeit führt dieses gegebenenfalls Zusammenkünfte seiner Part-ner aus den Arbeitsgruppen des IDARio durch, die mit der Begleitungder Umsetzung der Massnahmen beauftragt sind. Die federführendenÄmter informieren jährlich über den Stand der Aktionen.

Bericht des Bundesrates: Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 36

Umsetzung und Begleitmassnahmen

Transparenz undOffenheit: Diskussionund Ideen erwünscht. © E. Ammon/AURA

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Das ARE führt das Sekretariat des IDARio und nimmt dabei folgendeAufgaben wahr:• Gewährleistung der Koordination unter den Bundesämtern, u.a.

durch die Organisation der Sitzungen des IDARio;• Erstellung eines detaillierten Programms für die Umsetzung der

Strategie;• Berichterstattung über den Verlauf der Umsetzung auf der Basis

der Mitteilungen der Ämter und Koordination von Evaluations-arbeiten;

• Intensivierung des Dialogs mit weiteren Partnern, insbesondereden Kantonen und Städten;

• Kommunikation der Strategie sowohl horizontal auf Bundesebeneals auch mit den übrigen Beteiligten;

• Aufbau und Pflege eines Erfahrungsaustauschs über die nationalenStrategien im europäischen Umfeld.17

Grundsatzfragen der Nachhaltigen Entwicklung erörtert der vom Bun-desrat eingesetzte «Rat für Raumordnung» (ROR)18. Die Sekretariats-arbeit für diese ausserparlamentarische Kommission leisten das AREund das seco gemeinsam.

4.2 Zeitplan, Controlling und EvaluationFür jede Massnahme wird ein eigener Terminplan erstellt. Die Strategieinsgesamt umfasst einen Handlungsrahmen von sechs Jahren. Im Jahre2003, am Ende der Legislaturperiode 1999–2003, folgt ein Zwischen-bericht über den Stand der Umsetzung. Falls die Evaluationsergebnissedies nahe legen, können zu diesem Zeitpunkt Verbesserungen vorge-nommen werden. Darauf wird die Strategie für vier weitere Jahreerneuert und in die Legislaturplanung 2004–2007 überführt. Zu gege-bener Zeit ist eine Überprüfung und Überarbeitung der Strategie fürdie folgende Legislaturperiode vorgesehen.Während die Wirkungskontrolle der Massnahmenumsetzung denzuständigen Ämtern obliegt, erstellt das ARE aufgrund der Mitteilun-gen der Ämter einen jährlichen Kurzbericht mit einer Zusammen-fassung der Resultate. Nach einer Überprüfung durch den IDARio werden diese Informationen dem Bundesrat, dem Parlament und derVerwaltung zur Verfügung gestellt.Im Hinblick auf die Zwischenbilanz Ende 2003 und die vertiefteEvaluation der Strategie im Jahre 2007 wird ein Indikatorensystem ent-wickelt. Es wird sich auf das Projekt «Monitoring der NachhaltigenEntwicklung in der Schweiz» abstützen (vgl. Massnahme 21). Diesesarbeitet auf der Grundlage nationaler und internationaler Arbeiten einIndikatorensystem aus, welches die Fortschritte der Nachhaltigen Entwicklung in der Schweiz aufzeigt. Es dient der systematischen undobjektiven Abklärung, wie sich die wirtschaftliche Effizienz, das ökologische Verantwortungsbewusstsein und die gesellschaftliche Soli-darität in der Schweiz entwickeln. Auf indirekte Weise lässt sich damitauch überprüfen, wie zielorientiert die Massnahmen der Bundes-strategie sind und ob Anpassungen nötig sind. Das Indikatorensystemermöglicht zudem internationale Vergleiche.

Umsetzung und Begleitmassnahmen

Bericht des Bundesrates: Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 37

17 Generell sind für Fragen der Nachhaltigen Entwicklung auf aussenpolitischer, insbesondere globaler Ebene, je nach Thema die DEZA, das seco oder das BUWAL zuständig.

18 1998 wurde im Rahmen der Strategie 1997 ein Rat für Nachhaltige Entwicklung ins Leben gerufen.Seine Aktivitäten wurden im Zuge der Verwaltungsreform und der Schaffung des ARE Anfang 2001 mit dem Aufgabenbereich des Rates für Raumordnung zusammengelegt, welcher nun den Bundesrat sowohl in Fragen der Raumordnungspolitik als auch der Nachhaltigen Entwicklung berät.

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4.3 FinanzierungDie Nachhaltige Entwicklung soll grundsätzlich keine Ausweitung der staatlichen Aktivität schaffen, sondern primär durch Prioritäten-setzung und Umschichtung bei den bestehenden Ressourcen realisiertwerden. Es geht also darum, dass die bisherige Verwaltungstätigkeit imSinne der Nachhaltigen Entwicklung neu ausgerichtet wird. Einezukunftsfähige Umsetzung kann dabei nur im Rahmen einer nach-haltigen Finanzpolitik stattfinden.Mit dem vorliegenden Strategiebericht sind keine Finanzierungs-beschlüsse verbunden. Die Kosten und die Finanzierung der Mass-nahmen sind im Einzelfall im weiteren Verlauf der Arbeiten zu konkretisieren. Die Finanzierung der einzelnen Massnahmen mussüber die ordentlichen Budgetverfahren gesichert werden.

4.4 Partnerschaftliches Vorgehen und KommunikationDie Grundsätze der nationalen Strategie lassen sich nur durch den Ein-bezug sämtlicher interessierten Kreise auf nationaler, kantonaler, regio-naler und lokaler Ebene umsetzen. Die optimale Zusammenarbeit imBundesstaat soll namentlich über das im Juni 2001 gegründete «ForumNachhaltige Entwicklung» sichergestellt werden (vgl. Ziff. 2.6). Ebensoist die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und derBevölkerung zu verstärken. Der vorliegende Strategiebericht soll Aus-gangspunkt eines intensiven Dialoges zwischen Bund, weiteren öffent-lichen Akteuren, der Zivilgesellschaft und dem Privatsektor werden,welche an der Konkretisierung und Umsetzung der Massnahmen zubeteiligen sind. Dies erfordert auch verstärkte Kommunikations-bemühungen, deren Modalitäten der IDARio definieren wird.

Bericht des Bundesrates: Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 38

Umsetzung und Begleitmassnahmen

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Bericht des Bundesrates: Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002

Anhang

Massnahmen der Strategie 1997 in ihrem Bezug zur Strategie 2002Aktionsfeld / Massnahme Schlussfolgerung gemäss Zwischenbericht Bezug zu Strategie 2002in Strategie 1997 des Bundesrates vom 11. Dezember 2000

Aktionsfeld 1: Internationales EngagementMassnahme 1Schaffung eines gemein- Die Massnahme ist mit der Gutheissung Da umgesetzt, wird die samen Grundverständnisses der «Base commune» umgesetzt. Der Massnahme nicht weiter-für die internationale Inhalt bleibt im Sinne einer Richtschnur geführt. Die StrategiePolitik der Nachhaltigen als Daueraufgabe erhalten. 2002 enthält aber meh-Entwicklung rere weiterführende

Massnahmen (insbeson-dere 1, 12, 18, 19, 20).

Aktionsfeld 2: EnergieMassnahme 2Weiterführung und Ver- Die Massnahme ist in Bearbeitung. Massnahme wird in stärkung der Ansätze im Energiegesetz und CO2-Gesetz sind in Form der MassnahmenEnergiebereich Kraft. Das Programm «EnergieSchweiz» 3 und 9 weitergeführt.

ist in Vorbereitung und wird ab Früh-jahr 2001 umgesetzt.

Aktionsfeld 3: WirtschaftMassnahme 3Verstärkung der Einkaufs- Die Massnahme ist noch nicht abge- Weiterverfolgung und richtlinien schlossen. Die Beschaffungsverantwort- Umsetzung erfolgt

lichen sind für den Einbezug ökologischer ausserhalb der Strategie und nachhaltiger Kriterien in die Beschaf- 2002 im Rahmen der fungstätigkeit zu sensibilisieren und mit normalen Verwaltungs-geeigneten Hilfsmitteln zu unterstützen. tätigkeit. Als sachver-Die aus der Zusammenarbeit mit der wandte Massnahme wird OECD erzielten Resultate sind den Be- in der Strategie 2002 schaffungsstellen zugänglich zu machen. die «integrierte Pro-Die Anstrengungen zur Umsetzung des duktepolitik» eingeführt Programms «Ressourcen- und Umwelt- (Massnahme 4).management in der Bundesverwaltung» (RUMBA) und verbunden damit die Analyse der Beschaffungstätigkeiten der verschiedenen Organisationseinheiten sind fortzusetzen. Parallel sind Anreiz-systeme für die ökologische Beschaffung zu prüfen. Die Schweiz wird sich ferner dafür einsetzen, dass bei der Umsetzung der WTO-Abkommen, insbesondere des «Government Procurement Agreement» (GPA), den Interessen der Nachhaltigen Entwicklung Rechnung getragen wird.

Massnahme 4Erweiterung der Wirtschafts- Die Massnahme ist noch nicht abge- Massnahme wird in und Konjunkturförderungs- schlossen. Die Überprüfung zeitlich dieser Form nichtprogramme unbeschränkt laufender Förderungs- weitergeführt. In gene-

massnahmen des Bundes ist erfolgt. reller Weise soll aber Ein entsprechender Bericht liegt vor. die Massnahme 22 Die Möglichkeiten der Förderungs- sämtliche Bundes-massnahmen, zu einer nachhaltigen aktivitäten bezüglichEntwicklung beizutragen, sind damit ihres Beitrages zur aber noch nicht ausgeschöpft. Weitere Nachhaltigen Ent-Anstrengungen sind erforderlich. wicklung analysieren.

Aktionsfeld 4: KonsumverhaltenMassnahme 5Förderung von Transparenz, Wesentliche Teilschritte zur Umsetzung Weiterverfolgung imInternalisierung und der Massnahme sind unternommen. Rahmen der Mass-Harmonisierung auf inter- Da es sich aber um eine weitreichende nahmen 1 und 18.nationaler Ebene Forderung handelt, bildet die Mass-

nahme eine Daueraufgabe.

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Aktionsfeld / Massnahme Schlussfolgerung gemäss Zwischenbericht Bezug zu Strategie 2002in Strategie 1997 des Bundesrates vom 11. Dezember 2000

Massnahme 6Anerkennung und Der Bericht «Anerkennung und För- Weiterverfolgung erfolgt Förderung von Labels derung von Labels» ist vom Bundesrat im Rahmen der norma-

verabschiedet. Mit der Verabschiedung len Verwaltungstätigkeit.und dem Auftrag, die darin beschrie-benen Tätigkeiten als Daueraufgabe weiterzuverfolgen, ist die Umsetzung der Massnahme gewährleistet.

Aktionsfeld 5: SicherheitspolitikMassnahme 7Darstellung der Zusammen- Die Massnahme ist in Bearbeitung. Weiterverfolgung in hänge zwischen Nachhaltiger modifizierter Form in Entwicklung und allge- der Massnahme 20.meiner Existenzsicherung

Aktionsfeld 6: Ökologische SteuerreformMassnahme 8Besteuerung der Energie Die Massnahme hat nicht realisiert Massnahme wird über und Entlastung der Arbeit werden können. Sie bleibt wichtiges Massnahme 3 weiter-

Postulat einer fortschrittlichen geführt.Umwelt-, Klima- und Energiepolitik.

Aktionsfeld 7: BundesausgabenMassnahme 9Weiterentwicklung des Teilschritte der Massnahme sind aus- Aufnahme eines Finanzierungskonzeptes geführt. Da es sich um eine weitreichende Handlungsfeldesim Verkehrsbereich Massnahme handelt, sind weitere Teil- «Mobilität» in die

schritte erforderlich. Insbesondere ist ein Strategie 2002 mit ver-Massnahmenplan «Nachhaltige Ent- schiedenen Mass-wicklung der Mobilität» auszuarbeiten. nahmen, u.a. «Leitbild Der vorgeschlagene Pilotversuch zur Nachhaltige Mobilität» Nachfragebeeinflussung des Individual- (Massnahme 15).verkehrs über den Preis ist zu überprüfen und in der Agglomeration zweckmässig und zielgerichtet umzusetzen.

Massnahme 10Weiterführung und Teilschritte der Massnahme sind aus- Nach den grundlegenden konsequente Umsetzung geführt. Der ab dem Jahr 2000 jährlich Reformschritten der der Agrarreform erscheinende Agrarbericht sowie die Agrarpolitik gemäss

Erkenntnisse aus Evaluationsprojekten den Grundsätzen der werden es erlauben, klare Aussagen zur Nachhaltigen Entwick-Entwicklung der Landwirtschaft im lung erfolgt die Weiter-Bereich der Nachhaltigkeit zu machen. entwicklung ausserhalb Bereits heute gibt es erste Zeichen, dass der Strategie Nachhaltigesich die Förderung ökologischer Leis- Entwicklung.tungen durch die Agrarreform positiv auf Natur und Umwelt auswirkt. Die Wende ist eingeleitet. Es gibt aber immer noch Bereiche, in denen zur Lösung der Umweltprobleme zusätzliche Anstren-gungen notwendig sind (Nitrat im Grund-wasser, Qualität der ökologischen Aus-gleichsflächen).

Aktionsfeld 8: Umsetzung und ErfolgskontrolleMassnahme 11Schaffung eines Rates für Die Massnahme ist umgesetzt. Sie Da umgesetzt, wird Nachhaltige Entwicklung wird mit der Zusammenlegung der die Massnahme nicht

beiden Räte für Raumordnung und für weitergeführt.Nachhaltige Entwicklung eine grössere Wirkung und mehr Effizienz entfalten können.

Bericht des Bundesrates: Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 40

Anhang

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Bezugsquellen

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Bezugsquellen

Bestellung der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002Weitere Exemplare der vorliegenden Broschüre Schweizerischer Bundesrat: Strategie NachhaltigeEntwicklung 2002. Bericht vom 27. März 2002, Bern 2002 (44 Seiten inkl. Umschlag), sind aufDeutsch, Französisch, Italienisch und Englisch kostenlos erhältlich beim:

Bundesamt für Bauten und Logistik, BBL, 3003 Bern,www.bbl.admin.ch/bundespublikationen, Fax 031 325 50 58,Bestell.-Nr. 812.014.d bzw. für die anderen Sprachausgaben:bitte jeweils das entsprechende Kürzel f, i oder e an die Bestellnummer anhängen.

Weitere Bezugsquellen im InternetDie Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 des Bundesrates ist in Deutsch, Französisch,Italienisch und Englisch auch unter www.are.admin.ch sowie www.johannesburg2002.ch einseh-bar. PDF-Versionen des Strategieberichtes können von denselben Websites bezogen werden.

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Johannesburg 2002

«Die Menschheit steht an einem entscheidendenPunkt ihrer Geschichte. Die Welt ist mit der Tat-sache konfrontiert, dass Armut, Hunger, Krankheitund Analphabetismus um sich greifen und dass die Ökosysteme, von denen unser Wohlergehen ab-hängt, immer mehr in Mitleidenschaft gezogenwerden. Die Kluft zwischen Arm und Reich ist nachwie vor unverändert.Der einzige Weg, der uns eine sicherere und blü-hendere Zukunft bescheren kann, besteht darin,Umwelt- und Entwicklungsfragen gleichermassenund miteinander anzugehen. (...) Keine Nationkann sich ihre Zukunft allein sichern; gemeinsamist es aber möglich – in einer weltweiten Partner-schaft für eine Nachhaltige Entwicklung.»

So beginnt die Agenda 21, der Aktionsplan zurUmsetzung einer Nachhaltigen Entwicklung,wie er an der «Konferenz der Vereinten Natio-nen über Umwelt und Entwicklung» 1992 in Riode Janeiro verabschiedet wurde. Die Tatsache,dass die Staats- und Regierungschefs der gan-zen Welt sowie hochrangige Abgeordnete ausKultur, Wirtschaft und von Nichtregierungsor-ganisationen anerkannt haben, dass ein neuesDenken und Handeln notwendig ist, machte denErdgipfel zu einem Meilenstein der Geschichte.Das gilt auch für den zweiten Erdgipfel in Johannesburg (Südafrika) Ende August 2002,der die Politik der Nachhaltigen Entwicklungund ihre Berücksichtigung in allen Bereichenthematisiert.

Der Schweizerische Bundesrat hat nicht nurSchwerpunkte für seine Beteiligung am interna-tionalen Umsetzungsprozess vor und nach denKonferenzen gesetzt, er will auch die Umset-zung der Agenda 21 im Inland vorantreiben. Zudiesem Zweck hat er – zum zweiten Mal nach1997 – eine Strategie mit 22 konkreten Mass-nahmen in 10 Handlungsfeldern verabschiedet.Das vorliegende Heft präsentiert diese Strate-gie und beschreibt zugleich den Zusammen-hang mit der Strategie von 1997. Der Bundes-rat demonstriert damit seine Verantwortungfür die kommenden Generationen.

Über den Stand der internationalen und der na-tionalen Debatte des Themas Nachhaltige Ent-wicklung informieren regelmässig die Websiteswww.johannesburg2002.ch sowiewww.are.admin.ch.