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. SCREEN SCREEN... ........... ..SPEX Nun haben wir-es endlich auch offiziell: Der deutsche Film ist im Arsch, am Ende - nur im Ausland ist man noch nicht so weit. Da wird der teutonische Genius bewundert. "Im Tal der toten Augen" sieht uns der" Filmkritiker der ”Zeit" aus Hamburg, wo die dortigen Filmkritiker die Kinofilme lan- ge vor den anderen sehen kön- nen, und so genügend Zeit ha- ben schon mal den Trend zu setzen. In den meisten ande- ren Städten orientiert man sich dann an den ”EmpfehIungen" aus Hamburg. Die Trendsetter von ”Zeit" und _"Tip" haben in jahrelanger entbehrungs- reicher Arbeit ihre Leser in Filme hineingequält, über die man sichjetzt so aufgeregt mo- kiert. Daß in den deutschen Filmen die Langeweile herrscht, weiß man eigentlich schon lange: Doch die, die sich’ jetzt am substanzlosen deut- schen ”Kinowunder" erschrek- ken, haben kürzlich noch so verkrampfte Kostümlangwei- ler wie etwa "Fabian" hochge- puscht. Das Kritikgeschäft verlangt Wellenbewegungen: Was man zuerst einmal erbar- mungslos hochgepuscht, kann man einige Monate später dann erbarmungslos verdam- men. Man schmiert die Pro- dukte gegeneinander aus - so bleibt die "Originalität" ge- wahrt. (In der gleichen "Zeit" trickst sich des öfteren ein Rockmusikkritiker damit aus, indem er die mangelnde Qua- lität der ”Sex-PistoIs" mit der Virtuosität der "Jam" begrün- det‚ oder Lou Reed gegen "Joy Division" einsetzt). Aber das braucht die SPEX-Leser nicht zu interessieren, dem stupiden deutschen Durchschnittsfilm g widmen wir ohnehin keinen l Platz: Wir interessieren uns‘ ' mehr Außenseiter, für Filme, die den Intentionen von SPEX entge- für die sogenannten genkommen, für Filme, die kaum eine Chance im Kinoge- schäft oder auf dem TV-Sektor : haben. Wir baten einige Filmer uns ein paar Zeilen über ihre Erfahrungen mit ihren Werken zu schreiben - Selbstdarstel- |ungen‚ die sich auch selbst- kritisch mit dem eigenen Pro- dukt beschäftigen und von den Problemen beim Produzieren i und Verkaufen berichten. Das kann etwas pathetischwerden wie Ilona Baltrusch über ihren Film "Flug durch die Nacht" in der letzten SPEX. Oder ein bis- serl chic wie das Interview, das Muscha und Trini Trimpop zu ihrem "Humanen Töten" ha- ben machen lassen. ”Humanes Töten" lief erstmalig bei dem Boring-Filmfest in Düsseldorf letztes Jahr und stach aus der muffigen Kinosoße dort her- aus. Der oben erwähnte "Zeit"- Kritiker fand den Film denn auch "fauvistisch". Wir sind weiterhin an neuen, grellen, harten, unabhängigen, unter- und-über-durchschnittlichen Filmen. Videos (aber auch Büchern) interessiert. Filme wie ”Fünf Flaschen für Angeli- ka" oder "AsphaItnacht" inte- ressieren uns weniger. l Informationen usw bitte an Multimedaa-SPEX. Hans Heinz Schwarz PAIIAMA, ixpngs; um) HIIMAIIES T0'I'EII Ein Gespräch" mit MUSCHA + TRIMPOP, die, wie ich der Vielzahl von Artikeln und Kritiken entneh- me, die über ihren Film geschrie- ben worden sind, eine „mörderi- sche Liebesgeschichte", eine „scheppernde und böse Schlacht- haus und Disco Revue", einen „neuen Kultfilm", einen „Film, den man sich nicht im Flugzeug anse- hen sollte", einen „Film überArbeit, Sex und Suff, aus kalten Farben in kahlenlnterieurs und Neonlichtauf blutigen Fliegen”, die „Zertrüm- merung jeglicher Sinnlichkeit", einen Film über einen Typen, der .‚eingepfercht, stumpfsinnig, ab- gerichtet und abgefüttert vor sich hinlebt", einen "Schocker", kurz einen Filmtitels HUMANES TOTEN gemacht haben. Wir haben uns in der Stehbierhal- le des Düsseldorfer Hauptbahn- hofs verabredet. Muscha‚ mit einer wilden Popper- Frisur, einem undefinierbaren Plasticregenmantel und super- spitzen Stiefeln. Kettenraucher. Trini Trimpop in einer schwarz-rot gestreiften Trainingshose, silber- nen, feuerfesten Mannesmann Si- cherheitsschuhen und einem Tri- kot des l. FC Köln. Der eine sieht aus, als hätte er die Nacht durch- gemacht, der andere, als käme er gerade vom Uberlebenstraining. Muscha: Also, ich finde das sotoll hier, weil, hier am Zigaretten-Kiosk kriegst du die Panama. Trinistimmtihm zu undfingertsich auch mal einen Glimmstengel aus der blau-rot-weißen Packung mit dem grinsenden Gesicht eines Schiffsoffiziers drauf und vertieft dien ist das oft so bescheuert; die wollen immer wissen, warum du den Film gemacht hast, was du d'a- mit sagenwolltestund soin derArt. Die haben den doch meist ne halbe Stunde vorher gesehen, die kön- nen sich doch ihr eigenes Bild ma- chen. Da gibt's doch viel interes- santere Sachen. Einmal, bei einer Fernsehaufzeichnung hat uns die Moderatorin versichert, wir könn- ten sagen, was wir wollen. Da ha- be ich der ausführlich über meine Kindheit in einem Siamesischen Puff erzählt und der Trini über frü- her, als er noch Profi-Fußballer werden wollte. Natürlich haben wir uns auch über die Schwierigkei- ten, so einen Film zu machen, oder Filmsituation in Deutschland un- terhalten, aber die haben das dann für die Sendung so auf glatt und poliert zusammengeschnitten, um uns das Profil des typischen intel- lektuellen, dynamischen deut- schen Filmregisseurs zu geben. SPEX:Apropos Schwierigkeiten. Wie habt ihr denn diesen Film fi- nanziert? Muscha: Mit Drogenhandel Trini:und Prostitution. Der Film ist selbstproduziert, d.h. von Brigitte Bühler und uns. SPEX: Kosten? Trini: Knapp 100.000. (Pause) Muscha: Das meiste vom Dreh- buch ist hier in der Gegend ent- standen, im Auto‚ nachts. Happy mac und Curry Wurst. Wir haben dann immer in der Karre gesessen und haben die konkreten Einzelhei- ten besprochen. Abläufe, Zusam- menhänge, Dramaturgie usw. Das Auto war sozusagen unser Büro, da hatten wir unsere Ruhe. (Wir holen uns neneue Runde Bier) Muscha: lch kann so ein Konzept für einen Film fast nie aus Inhalten entwickeln.AlsoAmachtjetzt das, um zu verdeutlichen, daß er sich von B vernachlässigt fühlt oder so. Solche Momente ergeben sich, . glaubeich, automatisch, wenn du nur intensiv eine Stimmung oder einen Zustand beschreibst. Sich über die einzelnen Motivationen zu viele Gedanken zu machen, Iäßt die ganze Sachezu gestellt,zu kon- struiert erscheinen. lch möchte hauptsächlich meine Erfahrungen und Phantasien ungehemmt re- produzieren können. Z.B.: da geht der Hauptdarsteller im Film über einen neonerleuchteten, kalten S-Bahnhof. Die Kamera schwenkt mit ihm, und plötzlich siehst du da eine Mädchenleiche auf einer Bank liegen, mit starren Augen und halb geöffnetem Mund. In solche BilderwirdvonvieIeneinetiefgrün- dige, aussagenschwere Symbolik hineingedeutet. lch finde das manchmal auch ganz DK, aber wenn ich an so einerSzene arbeite, kann ich einfach nicht so denken. Mirgefällt dann ausschließlichdas Bild von einer Leiche in einem grau-grünlichen S-Bahn Schacht. Das ist dann für mich interessant, wenn solche Bilder dann ihr Eigen- leben entwickeln und jedem, der sie im Film sieht, eine eigene‚ande- re Geschichte vermitteln. Trini: Das Kinopublikum hat so- wieso konventionellere Sehge- wohnheiten als z.B. das Musikpub- »likum Hörgewohnheiten. Die po- pulären Bilder sehen schon seit Jahren irgendwie gleich aus, die Pop—Musik ändert sich ständig. In dem Großteil der Filmproduktio- nen werden dem deutschen Volk auch heute noch entweder Heile Welt, wie z.B. Holocaust, oder die großen Verstrickungen internatio- naler Schicksalsschläge vorge- gaukeh. SPEX: Und HUMANES TÖTEN? Trini: HUMANES TÖTEN ist die Version eines Weltuntergangs in Schweiß, Blut und Tränen. Erzählt, mit den Mitteln modernster Ton- und Kameratechnik. SPEX: Und die Film-Musik? Wa- rum Material aus den frühen 60er Jahren? Muscha: Wir werden relativ oft darauf angesprochen, warum wir hauptsächlich auf Phil Spector- Sound, Tamla Motown und sowas zurückgegriffen haben, aber auch das stimmt nur bedingt. Der eigentliche Soundtrack besteht ausschließlich aus neuen Geräu- schen wie Pyrolator, DAF, Resi- dents etc. lm Gegensatz dazu, kommen diese Produktionen aus den frühen 60ern richtig zur Gel- tung. Da entsteht ein Spannungs- feld. Die passen so gar nicht zu dem Geschehen,wasaufderLein- wand abläuft, aber es geht irgend- wie um die gleichen Dinge. Da ent- steht manchmal eine Ironie, ein Sarkasmus. Die kommentieren die Handlung so süßlich, so plastic- naiv, irgendwie unschuldig. kind- lich. Und außerdem stehe ich un- heimlich auf dem Sound, z.B. das Titelstück „lt’s a man's world", am Anfang und Ende des Films, da bekomme ich auch jetzt noch, wenn ich den Film zum hunderts- ten Mal sehe, eine Gänsehaut. SPEX: Ja, ging mir ähnlich. Muscha: Uberhaupt, mit der Mu- sik, das war eine aufreibendeGe- schichte für sich. Wochenlang hockten wir im stickigen Schnei- deraum. Mini-Pizza mit Spinat und viel Knoblauch, Cola, riesige Plat- tenstapel, Tonbänder, Filmschnip- sel. Stundenlanges hin und her, ob Mary Wells, Smokey Robinson, Darlene Love oder die Ronettes. -Chrome, Der Plan, Heavy Metal Machine Music oder Pere Ubu, da fällt Trini plötzlich ein, daß er „Un- chained Melodie" von den Righ- teous Brothers noch nie leiden konnte. (Trini rillpst zustimmend) SPEX SPEX: Wo wir gerade bei Musik sind, ich hab dich vor ein paar Mo- naten mit Mirakel Wip gesehen, in Düsseldorf, da habt ihr in einem Maschendrahtverhau gespielt. Muscha:Ja,MirakeIWip machich zusammen mit 2 ex-Smarties, wir sind ein Untergrund-Terzett. SPEX: Warst du nicht mal beim KFC, Trini? Trini: Ja, ich habe den Verein 78 mit Thommy gegründet. 79 bin ich dann gefeuert worden, weil ich nicht trinkfest war. Es gibt Fans, die sag-en‚ da war der KFC so gut wie der FC (ermeintden l . FC Köln) mit Flohe. lm Moment habe ich eine Menge ldeen für eine Platte. Heavy Metal im 4-Kanal Atatak Studio. SPEX: Gibt es neue Film-Pläne? Muscha: Ja, ich hab gerade ein neues Drehbuch geschrieben, für einen Film mit dem Arbeitstitel VALERIE. Es gehtda um zwei män- nermordende Frauen, die am En- de, auf der Kanalinsel Guernsey‚ beim Schlammrennen, eine Kiste Whisky gewinnen und sich damit im Sonnenuntergang besaufen. Die Dialoge stammen hauptsäch- lich aus dem „Manifestder Gesell- schaft zur Vernichtung der Män- ner" von Valerie Solanas. Trini: Und dann haben wir noch das Projekt NEUE DEUTSCHE WELLE und BURGER—KRIEG,einen Film den wir mit Max Bip Off ma- chen wollen. Dazu noch einen eigenen Verleih. SPEX: Geht es in euren neuen Spielfilmprojektenauchwiederum Sex und Töten? Trini: Töten und Sex ist das Glei- che. Nennt man den Orgasmus nicht den kleinen Tod? Hast du Spaß am Töten? Beides erweist sich als eine Aufgabe, bei der man versagt oder Erfolg hat, die einen erregt oder die man verachtet. Wenn man die Herausforderung besteht, ist es gut. Wenn nicht. fühlst du dich zum Kotzen elend. Chini Zano SPEX ‘l9 E B.’ C3 (D o b < 2,5 .9 O L1.

SCREEN SPEX - poparchivduesseldorf.files.wordpress.com€¦ · ..SPEX Nun habenwir-es endlichauch offiziell: Der deutsche Film ist imArsch, am Ende-nur Ausland ist man noch nicht

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Page 1: SCREEN SPEX - poparchivduesseldorf.files.wordpress.com€¦ · ..SPEX Nun habenwir-es endlichauch offiziell: Der deutsche Film ist imArsch, am Ende-nur Ausland ist man noch nicht

.SCREENSCREEN................SPEXNun haben wir-es endlichauchoffiziell: Der deutsche Film istim Arsch, am Ende - nur imAusland ist man noch nicht soweit. Da wird der teutonischeGenius bewundert."Im Tal dertoten Augen" sieht uns der"Filmkritiker der ”Zeit" ausHamburg, wo die dortigenFilmkritikerdie Kinofilme lan-ge vor den anderen sehen kön-nen, und so genügend Zeit ha-ben schon mal den Trend zusetzen. In den meisten ande-ren Städtenorientiertman sichdann an den ”EmpfehIungen"aus Hamburg. Die Trendsettervon ”Zeit" und _"Tip" habenin jahrelanger entbehrungs-reicher Arbeit ihre Leser inFilme hineingequält, über dieman sichjetztso aufgeregtmo-kiert. Daß in den deutschenFilmen die Langeweileherrscht, weiß man eigentlichschon lange: Doch die, die sich’jetzt am substanzlosen deut-

i schen ”Kinowunder"erschrek-ken, haben kürzlich noch soverkrampfte Kostümlangwei-ler wie etwa "Fabian"hochge-puscht. Das Kritikgeschäftverlangt Wellenbewegungen:Was man zuerst einmal erbar-mungslos hochgepuscht, kannman einige Monate späterdann erbarmungslos verdam-

.men. Man schmiert die Pro-dukte gegeneinander aus - sobleibt die "Originalität" ge-wahrt. (In der gleichen "Zeit"trickst sich des öfteren einRockmusikkritiker damit aus,indem er die mangelnde Qua-lität der ”Sex-PistoIs" mit derVirtuosität der "Jam" begrün-det‚ oder Lou Reed gegen "JoyDivision" einsetzt). Aber dasbraucht die SPEX-Leser nichtzu interessieren,dem stupidendeutschen Durchschnittsfilm

g widmen wir ohnehin keinenl Platz: Wir interessieren uns‘' mehr

‘ Außenseiter, für Filme,die den.

Intentionen von SPEX entge-

für die sogenannten

genkommen, für Filme, die,

kaum eine Chance im Kinoge-schäft oder aufdem TV-Sektor: haben.Wir baten einige Filmer

uns ein paar Zeilen über ihreErfahrungen mit ihren Werkenzu schreiben - Selbstdarstel-|ungen‚ die sich auch selbst-kritisch mit dem eigenen Pro-dukt beschäftigenund von denProblemen beim Produzieren

i und Verkaufenberichten. Daskann etwaspathetischwerdenwie Ilona Baltrusch über ihrenFilm "Flug durch die Nacht" inder letzten SPEX. Oder ein bis-serl chic ‚ wie das Interview,das Muscha und TriniTrimpopzu ihrem "HumanenTöten"ha-ben machenlassen. ”HumanesTöten" lief erstmalig bei demBoring-Filmfest in Düsseldorfletztes Jahr und stach aus dermuffigen Kinosoße dort her-aus.Der obenerwähnte "Zeit"-Kritiker fand den Film dennauch "fauvistisch". Wir sindweiterhin an neuen, grellen,harten, unabhängigen, unter-und-über-durchschnittlichenFilmen. Videos (aber auchBüchern) interessiert. Filmewie ”Fünf Flaschen für Angeli-ka" oder "AsphaItnacht"inte-ressieren uns weniger. l

Informationen usw bitte anMultimedaa-SPEX.Hans Heinz Schwarz

PAIIAMA,ixpngs;um) HIIMAIIES T0'I'EII Ein Gespräch" mit MUSCHA +TRIMPOP, die, wie ich der Vielzahlvon Artikeln und Kritiken entneh-me, die über ihren Film geschrie-ben worden sind, eine „mörderi-sche Liebesgeschichte", eine„scheppernde und böse Schlacht-haus und Disco Revue", einen„neuen Kultfilm", einen „Film, denman sich nicht im Flugzeug anse-hen sollte", einen „FilmüberArbeit,Sex und Suff, aus kalten Farben inkahlenlnterieursund Neonlichtaufblutigen Fliegen”, die „Zertrüm-merung jeglicher Sinnlichkeit",einen Film über einen Typen, der.‚eingepfercht, stumpfsinnig, ab-gerichtet und abgefüttert vor sichhinlebt", einen "Schocker", kurzeinen Filmtitels HUMANES TOTENgemachthaben.Wir haben uns in der Stehbierhal-le des Düsseldorfer Hauptbahn-hofs verabredet.Muscha‚ mit einer wilden Popper-Frisur, einem undefinierbarenPlasticregenmantel und super-spitzen Stiefeln. Kettenraucher.Trini Trimpop in einer schwarz-rotgestreiften Trainingshose, silber-nen, feuerfesten MannesmannSi-cherheitsschuhen und einem Tri-kot des l. FC Köln. Der eine siehtaus, als hätte er die Nacht durch-gemacht, der andere, als käme ergerade vom Uberlebenstraining.Muscha: Also, ich finde das sotollhier, weil, hier am Zigaretten-Kioskkriegst du die Panama.Trinistimmtihmzu undfingertsichauch mal einen Glimmstengel ausder blau-rot-weißen Packung mitdem grinsenden Gesicht einesSchiffsoffiziers drauf und vertieft

dien ist das oft so bescheuert; diewollen immer wissen, warum duden Filmgemachthast, was du d'a-mit sagenwolltestundsoin derArt.Die habenden doch meist ne halbeStunde vorher gesehen, die kön-nen sich doch ihr eigenes Bild ma-chen. Da gibt's doch viel interes-santere Sachen. Einmal, bei einerFernsehaufzeichnung hat uns dieModeratorin versichert, wir könn-ten sagen, was wir wollen. Da ha-be ich der ausführlich über meineKindheit in einem SiamesischenPuff erzählt und der Trini über frü-her, als er noch Profi-Fußballerwerden wollte. Natürlich habenwiruns auch über die Schwierigkei-ten, so einen Filmzu machen,oderFilmsituation in Deutschland un-terhalten, aberdie habendas dannfür die Sendung so auf glatt undpoliert zusammengeschnitten,umuns das Profil des typischen intel-lektuellen, dynamischen deut-schen Filmregisseurs zu geben.

SPEX:Apropos Schwierigkeiten.Wie habt ihr denn diesen Film fi-nanziert?Muscha: Mit DrogenhandelTrini:und Prostitution. Der Film istselbstproduziert, d.h. von BrigitteBühler und uns.SPEX: Kosten?Trini:Knapp 100.000.(Pause)Muscha: Das meiste vom Dreh-buch ist hier in der Gegend ent-standen, im Auto‚ nachts. Happymac und Curry Wurst. Wir habendann immer in der Karre gesessenund habendie konkretenEinzelhei-ten besprochen. Abläufe, Zusam-menhänge, Dramaturgie usw. DasAuto war sozusagen unser Büro,da hatten wir unsere Ruhe.(Wir holen uns neneue Runde Bier)Muscha: lch kann so ein Konzeptfür einen Film fast nie aus Inhaltenentwickeln.AlsoAmachtjetztdas,um zu verdeutlichen, daß er sichvon B vernachlässigtfühlt oder so.Solche Momente ergeben sich,

. glaubeich, automatisch,wenn dunur intensiv eine Stimmung odereinen Zustand beschreibst. Sichüber die einzelnen Motivationenzu viele Gedanken zu machen, Iäßtdie ganze Sachezugestellt,zu kon-struiert erscheinen. lch möchtehauptsächlich meine Erfahrungenund Phantasien ungehemmt re-produzieren können. Z.B.: da gehtder Hauptdarsteller im Film übereinen neonerleuchteten, kaltenS-Bahnhof. Die Kamera schwenktmit ihm, und plötzlich siehst du daeine Mädchenleiche auf einerBank liegen, mit starren Augen undhalb geöffnetem Mund. In solcheBilderwirdvonvieIeneinetiefgrün-dige, aussagenschwere Symbolikhineingedeutet. lch finde dasmanchmal auch ganz DK, aberwenn ich an so einerSzenearbeite,kann ich einfach nicht so denken.Mirgefällt dann ausschließlichdasBild von einer Leiche in einemgrau-grünlichen S-Bahn Schacht.Das ist dann für mich interessant,wenn solche Bilderdann ihr Eigen-leben entwickeln und jedem, dersie im Filmsieht, eine eigene‚ande-re Geschichte vermitteln.Trini: Das Kinopublikum hat so-wieso konventionellere Sehge-wohnheiten als z.B. das Musikpub-

»likum Hörgewohnheiten. Die po-pulären Bilder sehen schon seitJahren irgendwie gleich aus, diePop—Musik ändert sich ständig. Indem Großteil der Filmproduktio-nen werden dem deutschen Volkauch heute noch entweder HeileWelt, wie z.B. Holocaust, oder diegroßen Verstrickungen internatio-naler Schicksalsschläge vorge-gaukeh.SPEX: Und HUMANES TÖTEN?

Trini: HUMANES TÖTEN ist dieVersion eines Weltuntergangs inSchweiß, Blut und Tränen. Erzählt,mit den Mitteln modernster Ton-und Kameratechnik.SPEX: Und die Film-Musik? Wa-rum Material aus den frühen 60erJahren?Muscha: Wir werden relativ oftdarauf angesprochen, warum wirhauptsächlich auf Phil Spector-Sound, Tamla Motown und sowaszurückgegriffen haben, aber auchdas stimmt nur bedingt. Dereigentliche Soundtrack bestehtausschließlich aus neuen Geräu-schen wie Pyrolator, DAF, Resi-dents etc. lm Gegensatz dazu,kommen diese Produktionen ausden frühen 60ern richtig zur Gel-tung. Da entsteht ein Spannungs-feld. Die passen so gar nicht zudem Geschehen,wasaufderLein-wand abläuft, aber es geht irgend-wie um die gleichen Dinge. Da ent-steht manchmal eine Ironie, einSarkasmus.Die kommentierendieHandlung so süßlich, so plastic-naiv, irgendwie unschuldig. kind-lich. Und außerdem stehe ich un-heimlich auf dem Sound, z.B. dasTitelstück „lt’s a man's world", amAnfang und Ende des Films, dabekomme ich auch jetzt noch,wenn ich den Film zum hunderts-ten Mal sehe, eine Gänsehaut.SPEX: Ja, ging mir ähnlich.Muscha: Uberhaupt,mit der Mu-sik, das war eine aufreibendeGe-schichte für sich. Wochenlanghockten wir im stickigen Schnei-deraum. Mini-Pizza mit Spinat undviel Knoblauch, Cola, riesige Plat-tenstapel, Tonbänder,Filmschnip-sel. Stundenlanges hin und her, obMary Wells, Smokey Robinson,Darlene Love oder die Ronettes.

-Chrome, Der Plan, Heavy MetalMachine Music oder Pere Ubu, dafällt Trini plötzlich ein, daß er „Un-chained Melodie" von den Righ-teous Brothers noch nie leidenkonnte.(Trini rillpst zustimmend)

SPEX

SPEX: Wo wir gerade bei Musiksind, ich hab dich vor ein paar Mo-naten mit Mirakel Wip gesehen, inDüsseldorf, da habt ihr in einemMaschendrahtverhaugespielt.Muscha:Ja,MirakeIWipmachichzusammen mit 2 ex-Smarties,wirsind ein Untergrund-Terzett.SPEX: Warst du nicht mal beimKFC, Trini?Trini: Ja, ich habe den Verein 78mit Thommy gegründet. 79 bin ichdann gefeuert worden, weil ichnicht trinkfest war. Es gibt Fans,die sag-en‚ da war der KFC so gutwie der FC (ermeintden l

.FC Köln)

mit Flohe. lm Moment habe icheine Menge ldeen für eine Platte.Heavy Metal im 4-Kanal AtatakStudio.SPEX: Gibt es neue Film-Pläne?Muscha: Ja, ich hab gerade einneues Drehbuch geschrieben, füreinen Film mit dem ArbeitstitelVALERIE. Es gehtda um zwei män-nermordende Frauen, die am En-de, auf der Kanalinsel Guernsey‚beim Schlammrennen, eine KisteWhisky gewinnen und sich damitim Sonnenuntergang besaufen.Die Dialoge stammen hauptsäch-lich aus dem „ManifestderGesell-schaft zur Vernichtung der Män-ner" von ValerieSolanas.Trini: Und dann haben wir nochdas Projekt NEUE DEUTSCHEWELLE und BURGER—KRIEG,einenFilm den wir mit Max Bip Off ma-chen wollen. Dazu noch eineneigenen Verleih.SPEX: Geht es in euren neuenSpielfilmprojektenauchwiederumSex und Töten?Trini:Töten und Sex ist das Glei-che. Nennt man den Orgasmusnicht den kleinen Tod? Hast duSpaß am Töten? Beides erweistsich als eine Aufgabe, bei der manversagt oder Erfolg hat, die einenerregt oder die man verachtet.Wenn man die Herausforderungbesteht, ist es gut. Wenn nicht.fühlst du dich zum Kotzen elend.

Chini Zano

SPEX ‘l9

EB.’C3(Dob<2,5.9O

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