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Screeningmethoden und Vorhersagemodelle zur
membrankontrollierten Freisetzung
pH-abhängig schwerlöslicher Wirkstoffe aus
multipartikulären peroralen Arzneiformen
Dissertation
der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät
der Eberhard Karls Universität Tübingen
zur Erlangung des Grades eines
Doktors der Naturwissenschaften
(Dr. rer. nat.)
vorgelegt von
Ulrich Heigoldt
aus Schwäbisch Hall
Tübingen
2010
II
Tag der mündlichen Prüfung 11. November 2010
Dekan Prof. Dr. Wolfgang Rosenstiel
1. Berichterstatter PD Dr. Karl G. Wagner
2. Berichterstatter Prof. Dr. Rolf Daniels
III
Die vorliegende Arbeit entstand unter der Leitung von
Herrn PD Dr. Karl Gerhard Wagner
in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Pharmazeutische Technologie der Eberhard Karls
Universität Tübingen unter Co-Betreuung durch Herrn Prof. Dr. Rolf Daniels. Der praktische
Teil der Arbeit wurde in der Abteilung für Pharmazeutische Forschung & Entwicklung der
Boehringer-Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG in Biberach angefertigt.
Meinem verehrten Doktorvater, Herrn PD Dr. Karl Gerhard Wagner, danke ich für die
Bereitstellung des interessanten Themas und die Möglichkeit, die Arbeit unter seiner Leitung in
Biberach durchführen zu können. Seine ständige Hilfs- und Diskussionsbereitschaft, die
Möglichkeit an Kongressen und Seminaren aktiv teilnehmen zu können, sowie die Schaffung
optimaler Arbeitsbedingungen haben wesentlich zum Gelingen der Arbeit beigetragen. Mit
seinem persönlichen Engagement hat er mich stets befördert und meine Arbeit unterstützt.
Herrn Prof. Dr. Rolf Daniels danke ich für die Bereitschaft zur Co-Betreuung der Arbeit, für
seine Bereitschaft zur Anfertigung des Zweitgutachtens und die stets herzliche Aufnahme an
seinem Lehrstuhl.
Für die Möglichkeit das Thema in der pharmazeutischen Industrie unter optimalen
Arbeitsbedingungen bearbeiten zu können, sowie für die finanzielle Unterstützung danke ich
Herrn Dr. Sven Schreder. Herrn Dr. Thomas Friedl sowie Herrn Dr. Georg Böck danke ich für
die wertvollen Diskussionen und die Einblicke in die galenische Entwicklung von
Arzneiformen in der pharmazeutischen Industrie.
Bei allen Kolleginnen und Kollegen aus der Formulierungsentwicklung sowie aus der Gruppe
Neue Technologien und Externe Kooperationen bedanke ich mich für die gute Zusammenarbeit
und ihre Hilfsbereitschaft. Insbesondere gilt mein Dank Luzia Meneghini, Sandra Hecht, Karl
Weber, Thomas Linkh, Birgit Schwarz und Dieter Wessel.
Dem Team von Wolfgang Schraivogl danke ich für die motivierte Zusammenarbeit bei der
Konstruktion und Anfertigung des Filmsprühgeräts und der Diffusionszellen.
Meinen Kollegen Dr. Roman Messerschmid, Dr. Wolfram Eisenreich, Niels Engel und Antje
Schildbach danke ich für die konstruktive Zusammenarbeit und die freudigen und lustigen
Momente in der Kantine oder beim Sportfest.
Bei meinen Laborkollegen Dr. Khaled Hussein und Martin Pfefferle bedanke ich mich für die
enge Zusammenarbeit, den herzlichen Umgang und die jederzeitige Bereitschaft zur Hilfe
sowie das sorgfältige Korrekturlesen der Arbeit.
IV
Besonderer Dank gilt meinem lieben Kollegen Dr. Florian Sommer für seine zahlreichen
Ratschläge, die wertvollen wissenschaftlichen Anregungen und Diskussionen und für seine
Anleitung bei der Erstellung von Publikationen. Die Zusammenarbeit mit ihm hat meinen
fachlichen Horizont wesentlich erweitert und war stets ein Vergnügen. Insbesondere für die
freundschaftliche Unterstützung und sein großes persönliches Engagement möchte ich mich
herzlich bedanken.
Meinen Eltern, die mir das Studium und die Promotion ermöglicht haben, und meiner Familie
danke ich herzlich für die Ermutigung und ihr Vertrauen. Ihr Zuspruch und Verständnis waren
mir stets eine große Unterstützung.
Meiner geliebten Frau Heike danke ich für die permanente, liebevolle Unterstützung und für
ihre große Geduld während meiner Promotionszeit.
V
VI
VII
Meiner Familie
in Liebe und Dankbarkeit
VIII
Inhaltsverzeichnis
Verzeichnis der Abkürzungen..............................................................................................XIII
Bereits veröffentlichte Teile dieser Arbeit .......................................................................... XIV
1 EINLEITUNG UND ZIELSETZUNG .......................................................................1
2 MODELL UND PELLETAUFBAU..........................................................................6
2.1 Funktion und Herstellung überzogener Pellets ............................................................6
2.2 Mechanismen des Stofftransports durch Membransysteme.......................................8
2.2.1 Quellungstheorie ...........................................................................................................8
2.2.2 Ioneninduzierter Transport ..........................................................................................12
2.3 Freisetzung von pH-abhängig schwerlöslichen Wirkstoffen.....................................14
2.4 Aufbau und Funktion membrangesteuerter Systeme................................................15
2.5 Auswahl der Wirk- und Hilfsstoffe..............................................................................18
3 MEMBRANKONTROLLIERTE FREIGABE VON WEINSÄURE .........................21
3.1 Auswahl und Charakterisierung der verwendeten Polymere...................................21
3.1.1 Eigenschaften der Polymere........................................................................................21
3.1.2 Freisetzungseigenschaften überzogener Weinsäurepellets .........................................23
3.1.3 Charakterisierung der Polymere mit Hilfe isolierter Filmüberzüge............................27
3.1.4 Osmotische Effekte von überzogenen Weinsäurepellets ............................................32
3.1.5 Zusammenfassung der Ergebnisse ..............................................................................34
3.2 Einflussgrößen auf die Freisetzung durch Eudragit RS 30D Membranen..............35
3.2.1 Screening der Einflussgrößen an isolierten Filmüberzügen........................................35
3.2.2 Untersuchung der Einflussgrößen an überzogenen Pellets .........................................43
3.2.3 Polymermischungen mit Eudragit RS 30D .................................................................48
X INHALTSVERZEICHNIS
3.2.4 Stabilitätsuntersuchungen an überzogenen Weinsäurepellets.....................................50
3.2.5 Zusammenfassung der Ergebnisse ..............................................................................53
3.3 Einflussgrößen auf die Freisetzung durch Aquacoat ECD Membranen .................55
3.3.1 Einfluss des Herstellungsprozesses (organisch / wässrig) ..........................................55
3.3.2 Einfluss der Überzugsmenge.......................................................................................56
3.3.3 Einfluss von Kollicoat IR als Porenbildner in Aquacoat ECD Überzügen.................57
3.3.4 Zusammenfassung der Ergebnisse ..............................................................................59
4 MEMBRANKONTROLLIERTE FREIGABE VON SCHWERLÖSLICHEN
WIRKSTOFFEN ..........................................................................................................60
4.1 Screening der Wirkstoffpermeabilität an isolierten Filmüberzügen .......................60
4.1.1 Screening geeigneter Polymermembranen..................................................................61
4.1.2 Screening des Porenanteils von Membranen ..............................................................64
4.2 Transfer der Screeningergebnisse auf überzogene Arzneiformen ...........................67
4.2.1 pH-unabhängige Filmüberzüge für schwerlösliche Wirkstoffe ..................................68
4.2.2 pH-abhängige Filmüberzüge für schwerlösliche Wirkstoffe ......................................69
4.3 Membrankontrollierte Freigabe pH-abhängig schwerlöslicher Wirkstoffe............70
4.4 Zusammenfassung des Kapitels ...................................................................................73
5 BESCHREIBUNG DER FREISETZUNGSKINETIK UND
VORHERSAGEMODELLE..........................................................................................74
5.1 Mathematische Beschreibung der Freisetzungskinetik .............................................74
5.1.1 Power-Law ..................................................................................................................74
5.1.2 Fick‘sche Diffusion .....................................................................................................76
5.1.3 Weibull-Funktion ........................................................................................................78
5.2 Möglichkeiten für semi-experimentelle Vorhersagemodelle.................................... 82
5.2.1 Korrelation mit isolierten Filmüberzügen .................................................................. 82
INHALTSVERZEICHNIS XI
5.2.2 Vorhersage der Freisetzung........................................................................................ 85
5.3 Zusammenfassung des Kapitels .................................................................................. 89
6 EIN ZWEIPHASIGES FREISETZUNGSMODELL MIT PH-GRADIENT ............. 90
6.1 Biopharmzeutische Aspekte ........................................................................................ 90
6.2 Konventionelle Freisetzungsmethoden....................................................................... 92
6.3 Aufbau des zweiphasigen Freisetzungsmodells mit pH-Gradient ........................... 93
6.4 Einflussfaktoren auf die Freisetzung in zweiphasigen Medien................................ 95
7 BIORELEVANZ DER ZWEIPHASIGEN FREISETZUNGSMETHODE ............... 98
7.1 Arzneiformen mit modifizierter Dipyridamol Freisetzung...................................... 98
7.1.1 Verwendete Formulierungen...................................................................................... 98
7.1.2 Konventionelle in vitro Freisetzung........................................................................... 99
7.1.3 Zweiphasiges in vitro Freisetzungsmodell ............................................................... 100
7.1.4 In vivo Bioverfügbarkeit........................................................................................... 101
7.2 Arzneiformen mit modifizierter BI XX Freisetzung............................................... 102
7.2.1 Verwendete Formulierungen.................................................................................... 102
7.2.2 Konventionelle in vitro Freisetzung......................................................................... 103
7.2.3 Zweiphasiges in vitro Freisetzungsmodell ............................................................... 104
7.2.4 In vivo Bioverfügbarkeit........................................................................................... 105
7.3 Zusammenfassung des Kapitels ................................................................................ 107
8 EXPERIMENTELLER TEIL............................................................................... 108
8.1 Verwendete Materialien ............................................................................................ 108
8.2 Geräte zur allgemeinen Anwendung ........................................................................ 110
8.3 Galenische Verfahren ................................................................................................ 111
XII INHALTSVERZEICHNIS
8.3.1 Herstellung von Wirkstoffpellets ............................................................................. 111
8.3.2 Überziehen von Wirkstoffpellets mit wässrigen Dispersionen ................................ 112
8.3.3 Überziehen von Wirkstoffpellets mit organischen Filmüberzügen.......................... 114
8.3.4 Herstellung von Mischungen wässriger Latex-Dispersionen................................... 115
8.3.5 Überziehen von Weinsäurepellets ............................................................................ 116
8.3.6 Herstellung von überzogenen Dipyridamol-Minitabletten ...................................... 117
8.3.7 Herstellung von isolierten Filmüberzügen ............................................................... 120
8.4 Analytik ....................................................................................................................... 122
8.4.1 Freisetzungsuntersuchungen und Gehaltsbestimmung ............................................ 122
8.4.2 Mechanische Eigenschaften isolierter Filmüberzüge............................................... 127
8.4.3 Differentielle-Thermo-Kalorimetrie......................................................................... 128
8.4.4 Anpassung nichtlinearer Funktionen........................................................................ 129
8.4.5 Bildgebende Verfahren ............................................................................................ 130
8.4.6 Bestimmung der wahren Dichte ............................................................................... 131
8.5 Datenverarbeitung ..................................................................................................... 131
9 ZUSAMMENFASSUNG DER ARBEIT ............................................................. 133
10 LITERATURVERZEICHNIS .............................................................................. 137
ANHANG.................................................................................................................. 152
I. Verzeichnis der akademischen Lehrer ......................................................................... 152
II. Curriculum Vitae ........................................................................................................... 153
XIII
Verzeichnis der Abkürzungen
Abb. Abbildung
API Wirkstoff (engl.: active pharmaceutical ingredient)
AUC Fläche unter der kurve (engl.: area under the curve)
BCS Biopharmazeutisches Klassifizierungssystem
bzw. beziehungsweise
ca. circa (lat.: ungefähr)
CAP Celluloseactetphtalat
Ch.-B. Chargenbezeichnung
d.h. das heißt
demin. demineralisert
et al. et alii (lat.: und andere)
Fa. Firma
GIT Gastrointestinal Trakt (Magen Darm System)
Gl. Gleichung
HP-50 Hyydroxypropymethylcellulosephtalat, löslich ab pH 5,0
HPMC Hydroxypropylmethylcellulose
LTS Lacktrockensubstanz
max. maximal
n.n. keine Angabe (lat.: nescio nomen)
PEG Polyethylenglykol
Ph. Eur. Europäische Pharmakopöe Ausgabe 6
PVP Polyvinylpyrrolidon
QAG quartäre Ammoniumgruppen
REM Raster-Elektronen-Mikroskop
s. siehe
TEC Triethylcitrat
UpM Umdrehungen pro Minute
vgl. vergleiche
Wo Wochen
XIV
Besondere Hinweise:
Die in Gleichungen verwendeten Konstanten und Parameter werden bei erstmaliger
Verwendung eingeführt und behalten Gültigkeit für die gesamte Arbeit.
Angegebene Mittelwerte beruhen, wenn nicht anders angegeben, auf 3-fachen Messungen.
Fehlerbalken sind, wenn nicht anders angegeben, Standardabweichungen der Mittelwerte aus
den Einzelmessungen.
Prozentangaben bei Rezepturen und Mischungen beziehen sich soweit nicht anders vermerkt
auf den Massenanteil (m/m).
Gesetzlich geschützte Warenzeichen werden ohne besondere Kennzeichnung verwendet.
Bereits veröffentlichte Teile dieser Arbeit
U. Heigoldt, F. Sommer, T. Friedl, K.G. Wagner. In vitro dissolution/absorption model –
a useful tool in development of modified release solid oral dosage forms. 6th World Meeting on
Pharmaceutics, Biopharmaceutics and Pharmaceutical Technology, Barcelona, Spain, 7th April
to 10th April 2008 (Talk)
U. Heigoldt, F. Sommer, K.G. Wagner. A pH-adjusted biphasic dissolution model as a useful
tool in development of modified release solid oral dosage forms. AAPS Annual Meeting and
Exposition 2009, Los Angeles, USA, 8th November to 12th November 2009 (Poster)
Heigoldt, U., Sommer, F., Daniels, R., & Wagner, K. G. 2010. Predicting in vivo absorption
behavior of oral modified release dosage forms containing pH-dependent poorly soluble drugs
using a novel pH-adjusted biphasic in vitro dissolution tes. European Journal of Pharmaceutics
and Biopharmaceutics, vol. 76, no. 1, pp. 105-111. (Research paper)
XV
1 Einleitung und Zielsetzung 1
1 Einleitung und Zielsetzung
Der galenischen Qualität eines Arzneimittels kommt neben der pharmakologischen
Wirksamkeit des Arzneistoffs maßgebliche Bedeutung für eine erfolgreiche
Arzneimitteltherapie zu. Diese gewährleistet, dass der Wirkstoff zum richtigen Zeitpunkt in
der richtigen Menge am passenden Ort zur Verfügung gestellt wird und seine optimale
Wirkung erzielen kann. Arzneiformen mit kontrollierter Wirkstofffreigabe finden in der
Pharmakotherapie Anwendung, um den Wirkstoff mit einer vorausbestimmten
Freigabekinetik freizusetzen und/oder den Ort der Freisetzung gezielt zu verändern [Robinson
1987]. Häufig wird bei kontrolliert freisetzenden Arzneiformen eine Freigabekinetik nullter
Ordnung angestrebt.
Die perorale Applikation von festen Arzneiformen nimmt sowohl bei schnellfreisetzenden
Arzneiformen als auch bei Arzneiformen mit kontrollierter Freisetzung mit einem Marktanteil
von 80 % nach wie vor eine herausragende Stellung in der Pharmakotherapie ein und stellt
derzeit die effizienteste Art der Arzneimittelherstellung dar [Glaeske 2009]. Eine kontrollierte
Wirkstofffreigabe aus peroralen Arzneiformen reduziert starke Fluktuationen der Wirkstoff-
Plasmaspiegel. Dadurch kann die Sicherheit und Wirksamkeit der Therapie verbessert und
unerwünschte Nebenwirkungen vermieden werden. Zudem bietet eine langanhaltende
Wirkstofffreigabe häufig die Möglichkeit die insgesamt verabreichte Dosis bei vergleichbarer
Wirkung zu vermindern und die Einnahmehäufigkeit zu reduzieren, was die Therapietreue der
Patienten fördert [Caruana 1987; Mäder 2009; Scheidel 1994]. Hingegen müssen beim
Einsatz kontrolliert freisetzender Arzneiformen höhere Herstellungskosten und besonders bei
monolithischen Arzneiformen stärkere interindividuelle Schwankungen der Bioverfügbarkeit
in Kauf genommen werden [Marvola 1986].
Besonders geeignet für eine kontrollierte Wirkstofffreisetzung nach peroraler Applikation
sind moderne, multipartikuläre Arzneiformen wie Pellets, Minitabletten oder Mikropartikel
mit einer Größe zwischen 0,2 und 2 mm. Sie haben aufgrund ihrer biopharmazeutischen und
technologischen Vorteile in den letzten Jahren eine immer größere Verbreitung gefunden und
werden in Kapseln und Sachets abgefüllt oder zu Tabletten verpresst [Beckert 1996;
Bodmeier 1997; Wagner 2000]. Ein wesentlicher Vorteil der multipartikulären Arzneiformen
gegenüber den klassischen, monolithischen Tabletten besteht darin, dass sich intra- und
interindividuelle Schwankungen bei der Resorption von Wirkstoffen minimieren [Follonier
1992]. Noch vor einigen Jahren wurde vermutet, dass dies darin begründet sei, dass nur kleine
Partikel wie Pellets den Pylorus auch im geschlossenen Zustand passieren könnten [Clarke
2 1 Einleitung und Zielsetzung
1993; Clarke 1995]. Neuere Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass dies auch Tabletten
möglich ist [Weitschies 1997; Weitschies 2010]. Die Variabilität in den Blutspiegelkurven
lässt sich jedoch durch die statistische Wahrscheinlichkeit erklären, mit der eine Tablette
entweder im Fundus des Magens verbleibt oder unmittelbar in den Dünndarm transportiert
wird. Bei multipartikulären Arzneiformen hingegen liegt eine gleichmäßigere Verteilung über
den Magen-Darm Trakt vor, es befinden sich immer teilweise Partikel im Magen und im
Dünndarm [Meyer 1988; Schiller 2005]. Die gleichmäßigere Verteilung im gastrointestinalen
Trakt (GIT) erhöht die Bioverfügbarkeit sowie die Unabhängigkeit der Wirkstoffresoption
von der Einnahme von Mahlzeiten. Zudem treten durch die größere spezifische Oberfläche
geringere lokale Wirkstoffkonzentrationen auf. Dies vermindert örtliche Irritationen und
somit Nebenwirkungen im GIT [McConnell 2008]. Außerdem macht die Aufteilung der
Gesamtdosis auf viele Einzelpartikel, von denen jedes einzelne alle Eigenschaften der
gezielten Steuerung der Wirkstoffabgabe besitzt, ein generelles Versagen des
Retardierungsprinzips unwahrscheinlich. So wird zum Beispiel bei membrankontrollierten
multipartikulären Arzneiformen das Risiko einer Intoxikation des Patienten durch eine
unkontrollierte Wirkstofffreisetzung („dose dumping“) aufgrund eines defekten Filmüberzugs
minimiert. Weitere Vorteile bietet das Mischen verschiedener Pellets in einer Arzneiform.
Beispielsweise können zwei miteinander unverträgliche Wirkstoffe oder eine schnell
freisetzende Initialdosis und eine langsam freisetzende Erhaltungsdosis eines Wirkstoffs in
einer Kapsel oder einer Tablette kombiniert werden. Desweiteren sind Pellets in der Regel
sondengängig und für die pädiatrische Anwendung geeignet [Breitkreutz 2007]. Eine
Dosisanpassung während der Entwicklung bereitet bei in Kapseln abgefüllten
multipartikulären Arzneiformen in der Regel technologisch ebenfalls keine Probleme, da im
Gegensatz zu herkömmlichen Tabletten das Oberfläche/Volumenverhältnis konstant bleibt
und sich die Freisetzungseigenschaften dadurch nicht ändern.
Zur Herstellung modifizierter Arzneiformen mit kontrollierter Freisetzung werden spezielle
Verfahren und Hilfsstoffe eingesetzt. Die Steuerung der Wirkstofffreigabe wird durch
Überziehen der Arzneiform mit funktionellen Polymeren, durch Einbetten des Wirkstoffs in
eine funktionelle Hilfsstoffmatrix oder durch eine Kombination aus beiden Mechanismen
erreicht. Man unterscheidet dementsprechend membrankontrollierte Systeme, quellungs-,
erosions- oder diffusionsgesteuerte Matrixsysteme und osmotisch gesteuerte Systeme.
Nach ihrem makroskopischen Aufbau werden multipartikuläre Arzneiformen in heterogene
und homogene Systeme eingeteilt. Bei homogenen Pellets ist der Wirkstoff in einer
Hilfsstoffmatrix dispergiert. Ihr Aufbau ist einheitlich, ohne erkennbare Kernregion. Sie
1 Einleitung und Zielsetzung 3
werden hauptsächlich durch Direktpelletieren oder Extrusion hergestellt [Breitenbach 2002;
Crowley 2007; Dukiç-Ott 2009; Follonier 1994; Ghebre-Sellasie 1989; Ghebre-Sellasie
2003]. Hierbei bietet insbesondere die Schmelzextrusion einen interessanten Ansatz zur
Formulierung schwerlöslicher Wirkstoffe [Crowley 2007; Repka 2007; Rosenberg 2003].
Heterogene Pellets sind schichtartig aufgebaut und zeichnen sich durch eine Kernregion und
mindestens eine äußere, anders zusammengesetzte, Mantelregion aus. Zur Herstellung
heterogener Pellets hat sich das Beschichten von Starterkernen mit funktionellen Überzügen
im Wirbelschichtverfahren etabliert [Langer 1983; Thoma 1999]. Neben der guten
Skalierbarkeit des Prozesses bietet das Überziehen der Arzneiformen vielseitige
Möglichkeiten zur Steuerung der Freigabeeigenschaften [Siepmann 2007]. Nachteile von
überzogenen multipartikulären Arzneiformen sind der aufwändige mehrstufige
Herstellungsprozess und die geringe Wirkstoffdichte. Dies begrenzt ihren Einsatz bei hoch
dosierten Wirkstoffen mit Dosierungen oberhalb ca. 200 mg in der Arzneiform.
Der Anteil an hoch wirksamen, aber sehr schlecht wasserlöslichen Substanzen hat in den
letzten Jahren in der Arzneistoffforschung deutlich zugenommen [Amidon 1995; Lipinski
2000]. Denn durch die genauere Aufklärung der physiologischen Zielstrukturen für den
Wirkstoffangriff, ist es heute mit Hilfe computerbasierter Ansätze möglich, die strukturelle
Affinität der Arzneistoffkandidaten zum häufig sehr lipophilen Bindungsort des Zielmoleküls
zu optimieren. Daraus resultieren häufig sehr lipophile Wirkstoffe mit ungünstigen
Löslichkeitseigenschaften. Nach dem biopharmazeutischen Klassifizierungssystem (BCS)
werden Arzneistoffe entsprechend ihrer biopharmazeutischen Eigenschaften in vier Klassen
eingeteilt [Amidon 1995]. Substanzen der Klasse I sind gut löslich und gut resorbierbar.
Stoffe der Klasse III sind ebenfalls gut löslich, jedoch im GIT schlecht permeabel. Substanzen
dieser Klassen gelten aus galenischer Sicht als unproblematisch. Schlecht lösliche, gut
resorbierbare Wirkstoffe werden der Klasse II und schlecht lösliche, schlecht resorbierbare
Wirkstoffe der Klasse IV zugeordnet. Bei diesen Stoffen sind Bioverfügbarkeitsprobleme
wahrscheinlich. Derzeit fallen etwa 40% der wichtigsten Wirkstoffe in diese Klassen [Kasim
2004; Takagi 2006] und bei neuen Wirkstoffen wird dieser Anteil auf bis zu 60 % geschätzt.
Dies stellt die galenische Entwicklung von Arzneiformen vor eine besondere Herausforderung
und erfordert innovative Formulierungsansätze. Da einige dieser Wirkstoffe schwache Basen
sind, weisen sie häufig ein pH-abhängiges Löslichkeitsprofil auf und ihre Löslichkeit sinkt
oberhalb des pKa-Werts deutlich ab. Zur kontrollierten Wirkstofffreisetzung dieser Stoffe
eignet sich besonders die membrankontrollierte Freisetzung aufgrund der vielseitigen
Anpassungsmöglichkeiten von Filmüberzügen an biopharmazeutische Herausforderungen
4 1 Einleitung und Zielsetzung
[Ensslin 2008a; Kranz 2005; Riis 2007; Siepmann 2008b]. Ein innovativer
Formulierungsansatz zur kontrollierten Freisetzung pH-abhängig schwerlöslicher Stoffe
basiert dabei auf dem Zusammenspiel pH-aktiver Substanzen, wie zum Beispiel organischen
Säuren, mit funktionellen Überzügen [Gruber 1982; Guthmann 2007]. Durch das Erzeugen
eines sauren mikro-pH-Milieus im Kern der Arzneiform kann die lokale Löslichkeit
verbessert und gleichzeitig die Freisetzungsrate durch funktionelle Überzügen kontrolliert
werden. Ein von Wagner et al vorgestelltes, modulares System zur membrankontrollierten
Freisetzung pH-abhängig schwerlöslicher Wirkstoffe bietet Möglichkeiten, die Freigabe pH-
aktiver Substanzen auf die Wirkstoffeigenschaften abzustimmen [Wagner 2008]. Es besteht
aus zwei oder mehr aufeinander abgestimmten, funktionellen Überzügen und wird in Kapitel
2.4 detailliert erläutert. Dieses System bietet deshalb das Potenzial als Plattform für die
Formulierung unterschiedlicher Wirkstoffe eingesetzt zu werden.
In der Vergangenheit wurde bei der Entwicklung und Optimierung von Retardarzneiformen
häufig nach dem Prinzip von „Versuch-und-Irrtum“ vorgegangen. Eine rationale,
wissensbasierte Vorgehensweise könnte hingegen nicht nur zielführender in der Entwicklung
und hilfreich beim „trouble-shooting“ sein, sondern ist auch aufgrund regulatorischer
(„quality by design“) und ökonomischer Zwänge zunehmend geboten. Ein sinnvoller Ansatz
könnte dabei der Einsatz von Screeningmethoden in der Entwicklung sein, um frühzeitig
aussagekräftige Ergebnisse als Grundlage für ein Vorhersagemodell zu erhalten und damit
maßgeschneiderte Arzneiformen zielgerichtet entwickeln zu können [Maus 2007; Siepmann
2007; Siepmann 2000; Spitael 1977; Ye 2007].
Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Weiterentwicklung und systematische Charakterisierung
multipartikulärer, membrankontrollierter Systeme auf Basis der von Wagner et al.
entwickelten Plattform zur membrankontrollierten Freisetzung. Zur Auswahl von
funktionellen Überzügen und zur Untersuchung der zugrunde liegenden
Freisetzungsmechanismen sollen Screnningmethoden und Vorhersagemodelle entwickelt
werden. Diese beschreiben die Wirkstofffreisetzung und basieren auf semi-empirisch
ermittelten Abhängigkeiten der verschiedenen Bausteine einer Formulierung.
Die letztendlich erfolgsentscheidenden Kriterien für eine modifiziert freisetzende Arzneiform
sind jedoch immer die klinisch erzielten Parameter wie Bioverfügbarkeit und Kinetik der
Blutspiegelkurve. Durch neue Erkenntnisse über die Physiologie des Magen-Darm Trakts hat
in den letzen Jahren deshalb auch die Suche nach geeigneten in vitro Modellen zur besseren
Vorhersage dieser Parameter neue Impulse erhalten [Kalantzi 2006; McConnell 2008]. Ein
1 Einleitung und Zielsetzung 5
neuer Ansatz für ein solches Modell wird in der vorliegenden Arbeit vorgestellt und anhand
von klinischen Humandaten bewertet [Heigoldt 2010].
6 2 Modell und Pelletaufbau
2 Modell und Pelletaufbau
2.1 Funktion und Herstellung überzogener Pellets
Das Überziehen von festen Arzneiformen mit Polymeren hat sich als galenischer
Standardprozess fest etabliert und wird für Tabletten, Kapseln, Pellets, Granulate und
Kristalle angewendet [Bauer 1988]. Filmüberzüge werden eingesetzt, um Arzneiformen mit
farbigen Überzügen zu kennzeichnen, einen unangenehmen Geschmack zu überdecken,
empfindliche Wirkstoff vor Feuchtigkeit zu schützen, oder um mit funktionellen
Filmüberzügen die Wirkstofffreisetzung im Vergleich zur nicht überzogenen Arzneiform zu
verändern. Funktionelle Filmüberzüge sind Polymerfilme, die aufgrund spezifischer
Eigenschaften der eingesetzten Polymere die Wirkstofffreigabe aus der Arzneiform steuern
können. Es werden entweder magensaftresistente Polymere, Polymere zur gezielten
Freisetzung in tieferen Darmabschnitten („colon targeting“) oder unlösliche Polymere als
Diffusionsbarrieren eingesetzt. Magensaftresistente Filmüberzüge lösen sich ab einem pH-
Wert zwischen 5,5 und 6,0 auf und werden eingesetzt, um säureempfindliche Wirkstoffe zu
schützen. Polymere zum „colon targeting“ lösen sich bei pH-Werten ab pH 7,0 auf.
Unlösliche Polymere verzögern die Wirkstofffreisetzung dauerhaft und pH- unabhängig. Für
diese Anwendungen stehen aufgrund biopharmazeutischer und technologischer Vorteile
zunehmend multipartikuläre Arzneiformen wie Pellets im Fokus. Besonders kugelförmige
Partikel wie Pellets eignen sich ideal für funktionelle Filmüberzüge, da sie gleichmäßige
Überzüge ermöglichen. Beim Überziehen von Tabletten können hingegen Filmüberzüge mit
stark unterschiedlichen Membrandicken entstehen [Zeitler 2007], da Kanten an zylindrischen
Arzneiformen schlechter benetzt werden.
Sehr gebräuchlich bei der Herstellung überzogener Arzneiformen ist das Überziehen in der
Wirbelschicht, das auch bei kleinen Partikeln und Produkten mit Klebetendenzen sehr
gleichmäßige Filmüberzüge in einem effektiven Prozess ermöglicht [Tang 2005; Wesseling
1999b]. Die Polymerlösung bzw. – dispersion wird dabei in das fluidisierte Bett von Kernen
eingesprüht. Die entstehenden Tröpfchen schlagen sich auf der Oberfläche der Kerne nieder,
koaleszieren und bilden nach nahezu vollständigem Verdunsten des Lösungs- bzw.
Dispersionsmittels einen Polymerfilm. Dabei unterscheidet man grundsätzlich die
Filmbildung von meist in organischen Flüssigkeiten gelösten Polymeren und Filmüberzüge
aus wässrigen Polymerdispersionen. Bei der Filmbildung aus organischen Lösungen kommt
es durch Verdunsten des Lösungsmittels der aufgesprühten Tröpfchen zu einem Sol-Gel-
Übergang der Polymere, die sich netzartig durchdringen und sich schließlich, nach nahezu
2.1 Funktion und Herstellung überzogener Pellets 7
vollständigem Verdunsten des Lösungsmittels, zu einem Film verfestigen. Da der Einsatz von
leicht brennbaren, toxischen Lösungsmitteln vermieden werden sollte, kommen inzwischen
soweit möglich wässrige Polymerdispersionen zum Einsatz [Lippold 1990].
Die Filmbildung aus Polymerdispersionen unterscheidet sich jedoch stark von der
Filmbildung aus Polymerlösungen. Treibende Kraft für die Deformation und das
anschließende Koaleszieren der dispergierten Partikeln zu einem zusammenhängenden,
mechanisch stabilen Film ist zum einen der Gewinn an Oberflächenenergie und zum anderen
der Kapillardruck, der während des Verdunstungsvorgangs zwischen den Polymerpartikeln
entsteht und die größere Rolle bei der Filmbildung spielt [Sutter 1988]. Der Kapillardruck P
ergibt sich nach Laplace aus der Grenzflächenspannung y und der Krümmung der Kapillare r,
die vom Partikelradius abhängig ist:
r
yP
2Gl. 2.1
Aus der Gleichung lässt sich erkennen, dass kleinere Polymerpartikel größere Kapillardrücke
erzeugen und damit die Filmbildung feinteiliger Dispersionen begünstigt ist. Die
physikalischen Eigenschaften von Latexfilmen lassen sich allerdings nicht allein mit der
Kapillarkraft erklären. Um einen kohärenten Film zu erhalten, ist eine Interdiffusion von
Polymerketten der Partikeloberflächen notwendig [Boczar 1993]]. Entsprechend des
Mechanismus der Filmbildung resultieren Unterschiede in den physiko-chemischen
Eigenschaften und in der Mikrostruktur der erhaltenen Filme. Diese können unterschiedliche
Freisetzungsprofile bewirken [Bando 2006; Lecomte 2004b].
Ein großer Vorteil membrankontrollierter Arzneiformen gegenüber nicht-erodierenden
Retardmatrizes liegt in der Möglichkeit eine lineare Wirkstofffreisetzung nach nullter
Ordnung zu erreichen (Abb. 2-1). Die diffusionskontrollierte Freisetzung aus Matrizes folgt
dagegen in der Regel einer nicht-linearen √t-Kinetik [Higuchi 1961]. Filmüberzüge mit
kationischen Polymethacrylat können jedoch auch sigmoidale Freisetzungsprofile
ermöglichen [Narisawa 1996; Wagner 2005a]. Desweiteren bieten Filmüberzüge eine große
Flexibilität in der Anwendung und relativ einfache Optionen, die Freisetzung zu steuern. Dies
kann durch die Polymerauswahl geschehen, durch unterschiedliche Membrandicken oder
durch Auswahl und Gehalt des verwendeten Weichmachers. Zusätzlich können die
Filmeigenschaften auch durch Mischen von Polymeren variiert werden.
8 2 Modell und Pelletaufbau
Abb. 2-1 Schematische in vitro Freisetzungsprofile für Membransysteme: a) diffusionskontrolliertesSystem, Kinetik nullter Ordnung; b) getriggertes System, sigmoidale Freisetzung; c) osmotischesSystem, Kinetik nullter Ordnung
2.2 Mechanismen des Stofftransports durch Membransysteme
Eine Vielzahl von Einflussparametern und parallel ablaufenden Prozessen bestimmt die
Permeabilität von Polymerfilmen. Dies macht eine Vorhersage des Freisetzungsverhaltens
sehr schwierig. Je mehr Hilfsstoffe ein Polymerfilm enthält, desto komplizierter gestaltet sich
die Interpretation der beobachteten Phänomene. Für die Entwicklung membrankontrollierter
Systeme ist es dennoch sehr hilfreich, die ablaufenden Vorgänge und
geschwindigkeitsbestimmenden Transportprozesse zu kennen, um eine optimierte Arzneiform
realisieren zu können. Ein weitgehend akzeptierter Ansatz zur Beschreibung der ablaufenden
Transportprozesse ist die Quellungstheorie [Bindschaedler 1987; Lippold 1985; Sutter 1988].
Sie kann auf viele nichtionische Membranen angewendet werden. Die Theorie des
ioneninduzierten Transports wurde von Grützmann und Wagner diskutiert [Grützmann 2005;
Wagner 2005a] und beschreibt die von der Quellungstheorie abweichenden Phänomene an
kationischen Polymethacrylatmembranen.
2.2.1 Quellungstheorie
Polymerüberzüge, wie sie zur Herstellung überzogener Arzneiformen eingesetzt werden,
stellen poröse Membranen dar. Die Diffusion von gelösten Molekülen durch eine
geschlossene Membran wird von der Porosität und der Porengröße kontrolliert und lässt sich
für den Fall, dass sich die Polymereigenschaften während des Diffusionsvorgangs nicht
ändern durch das Fick’sche Gesetz beschreiben (Gl. 2.2):
c100 %
tkumulatives in vitroFreisetzungsprofil
a
b
c
2.2 Mechanismen des Stofftransports durch Membransysteme 9
dx
dcDA
dt
dmm Gl. 2.2
Dabei beschreibt der Differenzialkoeffizient dm/dt die Freisetzungsrate, A die aktive
Membranfläche, Dm den stoffabhängigen Diffusionskoeffizienten und dc/dx den
Konzentrationsgradienten über die Membrandicke. Bei der Betrachtung der Einflussgrößen
auf den Diffusionskoeffizienten (Gl. 2.3) zeigt sich, dass neben der Temperatur auch die
Viskosität des umgebenden Mediums und die Molekülgröße des Arzneistoffs die
Diffusionsgeschwindigkeit bestimmen.
r
TkDm
6 Gl. 2.3
k = BoltzmannkonstanteT = absolute Temperatur = Viskosität des umgebenden Mediumsr = Molekülradius
Die Diffusionsrate wird also hauptsächlich von der Durchlässigkeit der Membran, d.h. ihrer
Porengröße und der Porosität, die Durchsatz und Ausschlussgröße definieren, kontrolliert.
Dabei können Porosität und Porengröße der Membran auf folgende Arten gesteuert werden:
1. Die zunächst trockene Membran mit geringer Porosität nimmt Wasser auf und quillt.
Die Polymerketten entfernen sich dadurch voneinander und haben eine höhere
Beweglichkeit. Die Porosität nimmt also als Funktion der Quellung zu und führt nach
Beendigung des Quellungsprozesses zu einer Wirkstofffreisetzung nullter Ordnung.
Die Freisetzungsrate wird hierbei durch die Dicke des aufgetragenen Überzugs
gesteuert [Lippold 1999a; Sutter 1988].
2. Durch Auswahl und Gehalt des verwendeten Weichmachers wird die Beweglichkeit
der Polymerketten beeinflusst und damit die Porosität der Membran variiert. Dadurch
kann die Freisetzungsrate in begrenztem Ausmaß gesteuert werden [Amighi 1996;
Bonacucina 2006; Fetscher 1999; Lecomte 2004a; Lippold 1990; Okarter 2000].
3. In die Membran werden wasserlösliche Porenbildner eingebettet, die durch Anzahl
und Größe die Freisetzungsrate steuern [Frohoff-Hülsmann 1998; Strübing 2008]
Nach Peppas [Peppas 1985b] werden Filmüberzüge in geschlossene, mikro-, und
makroporöse Membranen eingeteilt. Für geschlossene Membranen stellt der
Diffusionsprozess der gelösten Moleküle durch wassergefüllte Zwischenräume in der
gequollenen Membran den bestimmenden Transportprozess dar. Der Stofftransport durch
10 2 Modell und Pelletaufbau
makro- und mikroporöse Membranen ist nach Sutter [Sutter 1988] von der Porosität und der
Tortuosität der Membran abhängig und erfolgt entweder durch Diffusion oder Konvektion. Im
Folgenden werden die dabei ablaufenden Transportprozesse idealisiert beschrieben.
Diffusion durch geschlossene Polymermembranen
Bei Membranen mit einem Porendurchmesser kleiner als 10 nm muss der Permeand durch
wassergefüllte Räume zwischen den Polymerketten diffundieren. Die treibende Kraft für die
Diffusion durch eine geschlossene unlösliche Membran ist der Konzentrationsgradient des
diffundierenden Stoffs [Flynn 1974; Scheuplein 1968]. Der Freisetzungsmechanismus gliedert
sich in drei Abschnitte:
a) Penetration von Wassermolekülen in die Membran und Quellung
b) Auflösung des Arzneistoffs an der Grenzschicht
c) Diffusion des Arzneistoffs durch die Membran
Abb. 2-2 Schematische Darstellung der Wirkstoffdiffusion durch eine geschlossene Membran
Unter der Annahme von Pseudo-Steady-State- und perfekten Sink-Bedingungen erfolgt die
Freisetzung nach einer Kinetik nullter Ordnung (Abb. 2-1) und kann nach Gl. 2.2 berechnet
werden.
Diffusion durch wassergefüllte Mikroporen
Werden wasserlösliche Porenbildner in den Polymerüberzug eingebettet, stellt der Überzug
zunächst keine homogene Membran dar und enthält nach Herauslösen des Porenbildners
wassergefüllte Mikroporen [Ensslin 2008b; Frohoff-Hülsmann 1998; Palmer 2008; Zhang
2007]. In diesem Fall erfolgt der Transport sowohl durch die geschlossene Membran, als auch
durch die wassergefüllten Kanäle der Mikroporen [Bindschaedler 1987; Gunder 1995]. Da die
Beweglichkeit des gelösten Wirkstoffs in der wässrigen Phase größer ist, als in der Membran,
äußere Kontrollmembran
Wirkstoff Dm
2.2 Mechanismen des Stofftransports durch Membransysteme 11
wird die Freisetzungsrate maßgeblich von dem Transport durch die Kanäle bestimmt. Der
Freisetzungsmechanismus gliedert sich dann in die Abschnitte (Abb. 3-2):
a) Penetration von Wassermolekülen in die Membran und Quellung
b) Auflösung des Porenbildners in der Membran und des Arzneistoffs an der Grenzschicht
c) Diffusion des Arzneistoffs durch wassergefüllte Kanäle in der Membran
Abb. 2-3 Schematische Darstellung der Wirkstoffdiffusion durch eine mikroporenhaltige Membran
Die Freisetzungsrate der Diffusion kann in diesem Fall unter Berücksichtigung der Porosität
und der Tortuosität bestimmt werden [Martin 2002]:
dx
dcDA
dt
dmp
Gl. 2.4
Dabei beschreibt Dp den scheinbaren Diffusionskoeffizient, die Porosität und die
Tortuosität der Membran. Die Freisetzung erfolgt diffusionskontrolliert nach einer Kinetik
nullter Ordnung.
Konvektion durch wassergefüllte Poren
Sind größere Mengen osmotisch aktiver Stoffe im Pelletkern vorhanden, kann durch den
osmotisch getriebenen Wassereinstrom ein beträchtlicher hydrostatischer Druck im Inneren
eines Pellets entstehen. Falls im Polymerüberzug mikro- oder makroporöse Strukturen
existieren, kann der Wirkstoff durch diese Öffnungen per Konvektion ausströmen (Abb. 2-4).
Dieser Stofftransport erfolgt deutlich schneller als die parallel ablaufende Wirkstoffdiffusion
durch die geschlossene Membran und wird maßgeblich durch die Wasserpermeabilität der
äußeren Membran bestimmt [Guthmann 2007].
äußere Kontrollmembran
Wirkstoff Dm
Dp
12 2 Modell und Pelletaufbau
Abb. 2-4 Schematische Darstellung der Wirkstofffreisetzung via Konvektion durch einemikroporenhaltige Membran
Die Freisetzungsrate ergibt sich in diesem Fall wie folgt aus Gl. 2-5:
dx
dcDA
dt
dmw
Gl. 2.5
Dabei beschreibt Dw den scheinbaren Diffusionskoeffizient des Wassereinstroms und den
osmotischen Druck der osmotisch aktiven Substanz. Das typische Freisetzungsprofil zeigt
eine kurze Lag-Zeit und anschließend eine lineare Freisetzung nullter Ordnung (Abb. 2-1).
2.2.2 Ioneninduzierter Transport
Die Quellungstheorie stellt für diffusionsgesteuerte Transportprozesse über nichtionische
Membranen, die typischerweise nach einer Kinetik nullter Ordnung ablaufen, ein schlüssiges
und anerkanntes Konzept dar. Können Wechselwirkungen zwischen Arzneistoffmolekülen
oder Ionen mit dem Polymer jedoch nicht vernachlässigt werden, ergeben sich
Erklärungsschwächen. Für membrankontrollierte Systeme mit nicht-linearen
Freisetzungsprofilen sind die beschriebenen Mechanismen und Gesetze offensichtlich nicht
uneingeschränkt gültig. Arzneiformen mit Überzügen von kationischem Polymethacrylat
Eudragit RS erzeugen beispielsweise meist sigmoidale Freisetzungsprofile (Abb. 2-1)
[Narisawa 1994; Narisawa 1996]. Diese sind durch eine Verzögerungsphase bis zum
Einsetzen der Freisetzung (Lag-Zeit), gefolgt von einer Phase mit sehr schneller Freisetzung
gekennzeichnet. Nach der Quellungstheorie müsste bei diesem Freisetzungsverlauf zum Ende
der Lag-Zeit sprunghaft eine starke Quellung der Membran erfolgen, die die Porengröße und
Porosität und damit die Membranpermeabilität deutlich erhöht. Dabei muss in Frage gestellt
werden, in wieweit die Quellungskapazität des Polymers dies überhaupt ermöglicht und durch
welchen Auslöser die Quellung zum Ende der Lag-Zeit sprunghaft in Gang kommen sollte.
Ein osmotischer Mechanismus erscheint als Erklärungsansatz unwahrscheinlich, da die
Polymethacrylatmembran nicht über semipermeable Eigenschaften verfügt.
äußere Kontrollmembran
Wirkstoff Dm
Dw
2.2 Mechanismen des Stofftransports durch Membransysteme 13
Für Filmüberzüge mit dem kationischen Polymethacrylat Eudragit RS sind jedoch vielfach
ionische Interaktionen zwischen gelösten Anionen und den quartären Ammoniumgruppen
(QAG) des Polymers beschrieben[Beckert 1997; Bodmeier 1996; Grützmann 2005; Nopper
2004], die großen Einfluss auf die Membranpermeabilität haben. Durch Untersuchungen von
Grützmann und Wagner [Wagner 2002; Wagner 2005a] konnte gezeigt werden, dass der
Freisetzungsmechanismus durch Eudragit RS Membranen auf einen ioneninduzierten
Medienfluss zurückzuführen ist. Dieser Medienfluss entsteht durch den Austausch der
originär an die quartären Ammoniumgruppen des Polymers gebundenen Chlorid-Ionen gegen
Anionen, die aus dem Freisetzungsmedium oder dem System selbst stammen. Entsprechend
der elektrostatischen Anziehung der austauschenden Anionenspezies oszillieren diese
Anionen mehr oder weniger stark um die QAG des Polymers und induzieren den
Medienfluss. Der Freisetzungsmechanismus ist schematisch in Abb. 2-5 schrittweise
dargestellt.
Abb. 2-5 Freisetzungsmechanismus durch eine kationische Eudragit RS Membran a) Wasser- undIonenpenetration, b) leichte Quellung, Ionenaustausch der QAG gegen die Anionenkomponente desMediums bzw. des Pelletkerns und Auflösung des Wirkstoffs, c) aktiver Wirkstofftransport mittelsioneninduziertem Medienfluss
Wasser- und Ionenaufnahme
Eudragit RS Membran
wirkstoffhaltiger Kern
gelöste WirkstoffschichtwasserhaltigesEudragit RS,Ionenaustauschan den QAG
aktiver, ioneninduzierterMedienfluss
a)
c)
b)
14 2 Modell und Pelletaufbau
Der induzierte Medienfluss setzt dabei umso schneller und intensiver ein, je geringer die
Bindungskraft der entsprechenden Anionen an die quartären Ammoniumgruppen ist.
Außerdem konnte gezeigt werden, dass die Anzahl der quartären Ammoniumgruppen im
Polymervolumen, d.h. die Dichte der quartären Ammoniumgruppen, eine wesentliche Rolle
spielt [Grützmann 2005]. Dabei ist der Medienstrom umso stärker, je höher die Dichte der
kationischen Gruppen ist.
Die Freisetzung aus Systemen mit ioneninduziertem Transport wird deshalb insbesondere
gesteuert von:
- der Konzentration der Anionen
- den elektrostatischen Eigenschaften der Anionen (Ladung und Größe)
- der räumlichen Dichte der quartären Ammoniumgruppen
- der Membrandicke
Der sigmoidale Verlauf der Freisetzung von Retardsystemen mit Eudragit RS Überzug durch
den ioneninduzierten Medienfluss kann also durch den Einsatz geeigneter Anionenspezies im
Retardsystem beeinflusst werden. Da gelöste, ungeladene Wirkstoffe die Membran mit dem
ioneninduzierten Medienfluss gut passieren können, ergeben sich daraus folgende
Anwendungsmöglichkeiten für modifiziert freisetzende Arzneiformen:
1. Durch Auswahl der Spezies und Anzahl der Anionen bezogen auf QAG kann die
Freisetzungsrate gesenkt und damit Schichtdicke und Polymermenge reduziert
werden.
2. Durch Ausnutzung dieses Mechanismus können mehrschichtige Pellets eine
sigmoidale Freisetzungscharakteristik mit definierter Lag-Zeit erhalten. Diese Systeme
bieten eine Formulierungslösung für chronopharmakologische Phänomene, wie einen
exogen zeitabhängigen Wirkstoffbedarf oder transitabhängige Absorption aus dem
GIT.
2.3 Freisetzung von pH-abhängig schwerlöslichen Wirkstoffen
Wirkstoffe der BCS-Klassen II und IV zeigen keine ausreichende Löslichkeit über den
physiologisch relevanten pH-Bereich. Da viele dieser Wirkstoffe als schwache Basen oder
deren Salze synthetisiert werden, ist eine pH-abhängige Löslichkeit mit guten
Löslichkeitseigenschaften im sauren Bereich, aber stark eingeschränkter Löslichkeit bei pH-
Werten zwischen pH 4 und pH 7 nicht selten. Daraus ergeben sich häufig
Bioverfügbarkeitsprobleme [Dokoumetzidis 2006a]. Dies gilt nur bedingt für schnell
freisetzende Arzneiformen. Denn diese zerfallen im Magen schnell und der Wirkstoff wird im
2.4 Aufbau und Funktion membrangesteuerter Systeme 15
sauren Milieu des Magens gelöst. Nach Entleerung des Mageninhalts in den Dünndarm wird
anschließend trotz schlechter Löslichkeitsbedingungen meist noch ein Großteil der Dosis
resorbiert [Robinson 1987]. Bei Arzneiformen mit verzögerter Freisetzung ist hingegen mit
konventionellen Formulierungsansätzen für stark pH-abhängig schwerlösliche Wirkstoffe
keine ausreichende Bioverfügbarkeit zu erwarten. Lösungsansätze bieten Technologien zur
Löslichkeitsverbesserung wie Nanoisierung und Amorphisierung des Wirkstoffs oder der
Einsatz von pH-aktiven Stoffen (pH-modifier) wie zum Beispiel organischen Säuren [Mäder
2009]. Die Kombination von löslichkeitsverbessernden und retardierenden Attributen in einer
Formulierung ist jedoch nicht trivial und erfordert innovative Formulierungsansätze.
2.4 Aufbau und Funktion membrangesteuerter Systeme
In diesem Kapitel werden einige Möglichkeiten zum Aufbau membrankontrollierter
Retardpellets, die zur Applikation pH-abhängig schwerlöslicher Wirkstoffe eingesetzt werden
können, vorgestellt und diskutiert. Abb. 2-6 zeigt zunächst den klassischen Aufbau
überzogener Wirkstoffpellets mit verzögerter Freisetzung.
Abb. 2-6 Prinzipieller Aufbau einfacher Membransystemea) Arzneistoff aufgezogen auf einen Träger, b) Arzneistoff gleichmäßig im Kern verteilt
Die Freisetzung des auf einen Starterkern aufgebrachten Wirkstoffs wird dabei über eine
äußere Kontrollmembran gesteuert, die nach außen eine Diffusionsbarriere für den gelösten
Wirkstoff darstellt. Diese Systeme eignen sich zur verzögerten Freisetzung für Wirkstoffe mit
guter Löslichkeit über einen großen pH-Bereich. Die Auswahl des Kerns bestimmt die
Freisetzungseigenschaften nicht unerheblich [Guthmann 2007; Lecomte 2005]. Es eignen sich
inerte Cellulosekerne, lösliche Neutralpellets oder eventuell durch Extrusion oder
Direktpelletierung hergestellte Kerne mit hohem Wirkstoffanteil. Dabei erzeugen lösliche
Zuckerpellets einen schnelleren Wassereintritt, aufgrund eines höheren osmotischen
Gradienten und deshalb in der Regel höhere Freisetzungsraten als inerte Kerne [Lecomte
2005]. Wirkstoffstarterpellets (Abb. 2-6 b) ermöglichen einen hohen Wirkstoffgehalt, was für
a) b)
äußere Kontrollmembran
Wirkstoff
neutraler Hilfsstoff
16 2 Modell und Pelletaufbau
höhere Dosierungen sowie die anfallenden Materialkosten vorteilhaft ist. Jedoch ist ihre
Herstellung oft nicht unproblematisch und häufig mit Einschränkungen bei Abrieb, Form oder
Freisetzungseigenschaften verbunden. Der Fall a) findet vor allem bei niedrigen Dosierungen
wegen geringer Gehaltsschwankungen durch den Herstellungsprozesses und/oder
magensaftresistent überzogenen Formen aufgrund einer schnellen Auflösungskinetik bei
direkt unter dem Film liegender Wirkstoffschicht Anwendung.
Zur Kontrolle der Freisetzung sind verschiedene Arten von Polymermembranen denkbar:
magensaftresistente Überzüge [Bando 2006; Porter 1982], unlösliche Retardüberzüge
[Lippold 1999a], Mischungen aus pH-abhängig löslichen und unlöslichen Polymeren
[Lecomte 2008], Mischungen aus unlöslichen Polymeren mit löslichen Polymeren als
Porenbildner zur Diffusionserleichterung [Frohoff-Hülsmann 1998; Strübing 2008] oder eine
Mischung aus löslichen, pH-abhängig löslichen und unlöslichen Polymeren.
Für Arzneiformen mit modifizierter Freisetzung sind auch Formulierungsansätze mit zwei
oder mehr aufeinander liegenden Polymerschichten mit unterschiedlichen Permeabilitäten,
wie in Abb. 2-7 dargestellt, beschrieben. Durch eine äußere magensaftresistente Schicht, kann
beispielsweise zuerst der säureempfindliche Wirkstoff geschützt, und anschließend bei
höheren pH-Werten im Darm von der zweiten Schicht kontrolliert freigesetzt werden [Kim
2007]. Mit diesem Aufbau kann auch bei pH-abhängig löslichen Wirkstoffen mit hoher
Löslichkeit im Sauren eine schnelle inititale Freisetzung verhindert werden. Eine weitere
Anwendung ist die gezielte Wirkstofffreigabe in tieferen Darmabschnitten [Khan 1999;
Leopold 1999]. Da die Herstellung mindestens drei Schritte benötigt und die Steuerung der
Freisetzung äußerst schwierig ist, wird dieses Modell bislang nur selten angewendet.
Abb. 2-7 Prinzipieller Aufbau eines mehrschichtigen Membransystems
Weiterentwicklungen dieses mehrschichtigen Membransystems, die speziell zur gesteuerten
Freisetzung von pH-abhängig schwerlöslichen Wirkstoffen geeignet sind, zeigt Abb. 2-8. Der
pH-aktive Starterkern besteht zur Löslichkeitsverbesserung des Wirkstoffs beispielsweise aus
einer organischen Säure, auf die im Fall a) direkt die Wirkstoffschicht oder im Fall b) zuerst
magensaftresistenterÜberzug
Kontrollmembran
Wirkstoff
neutraler Hilfsstoff
2.4 Aufbau und Funktion membrangesteuerter Systeme 17
eine innere Kontrollmembran aufgetragen ist. Säurestarterpellets dienen der
Löslichkeitsverbesserung indem im Mikromilieu der finalen Pellets durch Absenkung des pH-
Werts bessere Lösungsbedingungen für schwache Basen entstehen [Ploen 2009; Siepe 2006].
Eine auf der Wirkstoffschicht aufgebrachte äußere Membran kontrolliert die
Wirkstofffreisetzung. Durch diesen Aufbau wird die pH-aktive Substanz bei der Freigabe
nach außen durch die darüber liegende Wirkstoffschicht gezwungen und damit ein optimales
Ausnutzen der Lösungsvermittlung gewährleistet.
Abb. 2-8 Prinzipieller Aufbau pH-modifizierter mehrschichtiger Membransystemea) ungesteuerte Freisetzung des pH-modifiers, b) synchronisierte pH-modifier Freisetzung
Im Fall a) wird die Freisetzung von Säure und Wirkstoff ausschließlich durch die äußere
Diffusionsbarriere kontrolliert. Da der Diffusionsimpetus der Säure, durch ihren größeren
Konzentrationsgradienten und die geringere Molekülgröße, die Diffusionsrate des Wirkstoffs
in der Regel deutlich überschreitet, verarmt die Arzneiform relativ schnell an Säure und
ungelöster Wirkstoff bleibt zurück. Daraus ergibt sich eventuell eine unvollständige
Freisetzung, was schlechte Bioverfügbarkeitswerte zur Folge haben kann.
Durch eine zusätzliche innere Kontrollmembran zwischen Säure und Wirkstoff wie in Fall b),
kann die Freisetzung und damit der Verlust der Säure aus der Arzneiform gezielt verlangsamt
werden. Die Freisetzung der Säure kann damit gezielt auf die Löslichkeitseigenschaften des
Wirkstoffes entsprechend der physiologischen Umgebungsbedingungen angepasst werden.
Für sehr stark pH-abhängig schwer lösliche Stoffe kann die Freisetzungsrate des Wirkstoffs
somit indirekt über die innere Membran zur Steuerung der Kinetik der Säurefreisetzung
maßgeblich bestimmt werden [Wagner 2008].
Für die innere Membran eignen sich unlösliche Retardpolymere mit starker
Freisetzungsverzögerung, die die Säure zeitkontrolliert freisetzen. Die äußere Membran kann
ebenfalls eine unlösliche Membran mit hoher Permeabilität oder ein porenhaltiger, pH-
abhängig löslicher Überzug sein. Durch den Einsatz pH-abhängig löslicher Polymere besteht
äußere Kontrollmembran
Wirkstoffschicht
innere Kontrollmembran
pH-modifier
a) b)
18 2 Modell und Pelletaufbau
somit eine weitere Möglichkeit, das System auf die pH-abhängige Löslichkeit des Wirkstoffs
anzupassen.
Ein Pelletaufbau nach dem Prinzip des Modells in Abb. 2-8b bietet eine Vielzahl an
Möglichkeiten, eine kontrollierte Freisetzung von Wirkstoffen mit stark pH-abhängiger
Löslichkeit zu erreichen. Durch die Auswahl der drei aufeinander abgestimmten,
funktionellen Bausteine – pH-aktiver Kern, innere Membran, äußere Membran – kann dieses
Modell flexibel auf unterschiedliche Wirkstoffeigenschaften angepasst und modular
zusammengesetzt werden. Ein modularer Aufbau erscheint deshalb in mehrfacher Hinsicht
besonders vorteilhaft:
1) Durch die physikalische Trennung der verschiedenen Bausteine minimiert sich das
Risiko von Inkompatibilitäten und Stabilitätsproblemen.
2) Die vielseitigen Anpassungsmöglichkeiten der Filmüberzüge ermöglichen den Aufbau
eines Baukastensystems, das auf die jeweiligen Substanzeigenschaften angepasst
werden kann.
3) Es liegen bereits klinische Daten von Markt- und Entwicklungspräparaten (Aggrenox,
Pradaxa) vor, die dieses Formulierungsprinzip grundsätzlich bestätigen.
2.5 Auswahl der Wirk- und Hilfsstoffe
Zum Screening der Permeabilität verschiedener Membranen zur kontrollierten Freisetzung
werden Modellarzneistoffe der BCS Klasse II mit unterschiedlichen Löslichkeitsprofilen
ausgewählt.
Die ausgewählten Wirkstoffe Dipyridamol, BI XX und BI 11634 Na sind pH-abhängig
schwerlösliche Substanzen (Tabelle 2-1). Als weiterer Modellarzneistoff dient Theophyllin,
dessen Löslichkeit unabhängig vom pH-Wert des Mediums ist. Nicht zuletzt aufgrund seiner
guten analytischen Zugänglichkeit wird Theophyllin häufig als Modellsubstanz eingesetzt.
Die verwendeten Überzugspolymere sind in Tabelle 2-2 aufgelistet und charakterisiert und
werden in den folgenden Kapiteln eingehend besprochen.
Theophyllin (THEO)
Überzogene Arzneiformen mit kontrollierter Theophyllin Freisetzung finden in der
Asthmatherapie in Tagesdosen von 200 mg bis 800 mg breite Anwendung. Die Löslichkeit
bei physiologischen pH-Werten ist mit ca. 10 mg/ml gering. Theophyllin (MR = 180,2) wird
aufgrund der Einordnung als schlecht lösliche, aber gut resorbierbare Substanz nach BCS II
[Lindenberg 2004] sehr häufig für Untersuchungen mit kontrollierter Freisetzung verwendet.
2.5 Auswahl der Wirk- und Hilfsstoffe 19
Physikalische Wechselwirkungen von Theophyllin mit Überzugspolymeren wurden in der
Vergangenheit nicht beschrieben.
Dipyridamol (DIP)
Membrankontrolliert freisetzende Aggrenox Retardpellets von Boehringer-Ingelheim mit
einer Dosis von zweimal täglich 200 mg Dipyridamol (MR = 504,6) in Kombination mit
Acetylsalicylsäure werden zur Sekundärprophylaxe nach ischämischem Insult oder transienter
ischämischer Attacke eingesetzt. Als schwach basischer Stoff löst sich Dipyridamol in saurer
Umgebung sehr gut, die Löslichkeit nimmt jedoch nahe des pKa-Wertes drastisch ab.
Dipyridamol wird deshalb ebenfalls als BCS II Substanz klassifiziert. Über Interaktionen mit
Überzugspolymeren berichten Beten et al. [Beten 1992] insbesondere über die Bildung von
Wasserstoffbrücken mit Polyvinylpyrrolidon [Chen 2007; Patterson 2006].
BI XX
BI XX (MR = ca. 400) ist eine lipophile, von Boehringer-Ingelheim entwickelte, Substanz mit
einem therapeutische Bereich zwischen 50 mg und 200 mg. Der schwach basische Stoff weist
eine extrem stark pH-abhängige Löslichkeit auf. Wechselwirkungen dieser BCS II Substanz
mit Überzugspolymeren sind bislang nicht bekannt.
BI 11634 Na
Das amphotere BI 11634 (MR = 441,9) ist eine Entwicklungssubstanz von Boehringer-
Ingelheim und reagiert in Wasser deutlich alkalisch. Der therapeutische Bereich von
BI 11634 Na liegt im Bereich zwischen 50 mg und 200 mg. Die BCS II Substanz ist löslich in
sauren Medien und hat ein Löslichkeitsminimum zwischen pH 4 und pH 8. Die Löslichkeit ist
generell gering, zeigt aber eine pH-abhängige Löslichkeit.
Tabelle 2-1 Löslichkeiten und physikalisch-chemische Eigenschaften der Wirkstoffe
Medium Theophyllin BI 11634 Na Dipyridamol BI XX
pH 1 12,4 6,9 53,0 6,2
pH 3 - 3,6 8,0 1,8
pH 4 - 0,92 0,65 0,2
pH 5,5 - 0,9 0,022 0,005
pH 6,8 - 0,6 0,006 0,002
Wasser 11,8 5,3 0,03 0,008
pKa 8,6 4,0 6,4 5,9
Log P - - > 4 > 4
20 2 Modell und Pelletaufbau
Verwendete Überzugspolymere
Die im Rahmen dieser Arbeit verwendeten Überzugsmaterialien sind in Tabelle 2-2 nach ihrer
chemischen Struktur und ihrer Funktion aufgelistet. Die spezifischen Eigenschaften der
Polymere werden in den Kapiteln 3 und 4 näher untersucht.
Tabelle 2-2 Verwendete Überzugspolymere: Nomenklatur und Eigenschaften
Handelsname Polymer Eigenschaften/Funktion
Aquacoat ECD Ethylcellulose unlösliche Retardüberzüge
Eudragit NE Poly(ethylacrylat-
methylmethacrylat)
unlösliche Retardüberzüge, weiches
Polymer, kein Weichmacher
erforderlich
Eudragit RS Trimethylammonium-
ethylmethacrylatclorid-Ethylacrylat-
methylmethacrylat Copolymer
unlösliche kationische
Retardüberzüge
Kollicoat IR PVA-PEG-Copolymer lösliche Schutzüberzüge,
Porenbildner
Kollicoat MAE Methacrylsäure-Ethacrylat-
Copolymer
magensaftresistente Überzüge,
löslich ab pH 5,5
Kollicoat SR Polyvinylacetat unlösliche Retardüberzüge,
Kollidon 17 Polyvinylpyrrolidon wasserlöslich, Porenbildner
HP- 50 Hyrdoxypropylmethycellulosephtalat magensaftresistente Überzüge,
löslich ab pH 5,0
3 Membrankontrollierte Freigabe von Weinsäure 21
3 Membrankontrollierte Freigabe von Weinsäure
In Kapitel 2 wurden innovative Formulierungsansätze zur kontrollierten Freigabe pH-
abhängig schwerlöslicher Wirkstoffe vorgestellt. Ein vielseitig anwendbarer Ansatz hierfür
besteht in einer indirekten Steuerung der Wirkstofffreigabe durch eine modifizierte Freigabe
pH-aktiver Substanzen. Dazu können organische Säuren eingesetzt werden. Aufgrund der
hohen Säurestärke und der toxikologischen Unbedenklichkeit auch in höheren Dosen, ist
Weinsäure für einen solchen Ansatz geeignet.
Zur membrankontrollierten Freigabe von Weinsäure eignen sich unlösliche Polymere, die eine
pH-unabhängige, zeitkontrollierte Freigabe ermöglichen. In diesem Kapitel werden die
Freisetzungseigenschaften von Weinsäure-Pellets untersucht, die mit solchen
Polymerüberzügen beschichtet wurden. Durch die Bestimmung der Permeabilität und der
mechanischen Eigenschaften isolierter Filmüberzüge können die Membranen unabhängig
vom Pelletkern charakterisiert werden. Außerdem wird der Einfluss von osmotischen
Phänomenen auf die Freisetzungseigenschaften überzogener Pellets analysiert. Die
entscheidenden Einflussgrößen auf den Freisetzungsverlauf von Arzneiformen mit Überzügen
von Eudragit RS 30D und Aquacoat ECD werden detailliert untersucht.
3.1 Auswahl und Charakterisierung der verwendeten Polymere
3.1.1 Eigenschaften der Polymere
Aquacoat ECD
Aquacoat ECD ist eine wässrige pseudolatex Dispersion von Ethylcellulosepolymeren mit
einer Partikelgröße kleiner 500 nm. Die Dispersion hat einen Gesamtfeststoffgehalt von
30 % (m/m) und ist mit Natriumlaurylsulfat (0,9 - 1,7 %) und Cetylalkohol (1,7 - 3,3 %)
stabilisiert [FMC BioPolymer 1996]. Zur Filmbildung müssen der Dispersion 20 - 30 %
(m/m) Weichmacher bezogen auf Lacktrockensubstanz (LTS) zugesetzt werden, um die
Mindestfilmbildetemperatur zu senken. Filmüberzüge von Aquacoat ECD sind
wasserunlöslich und haben bei geringer Elastizität eine hohe mechanische Festigkeit, sowie
eine geringe Wasseraufnahme und eine geringe Permeabilität [Bodmeier 1994]. Die
Freisetzung verläuft typischerweise pH-unabhängig nach einer Kinetik nullter Ordnung. Die
Freisetzungsrate kann über Auftragsmenge, Art und Gehalt des Weichmachers oder durch den
Zusatz wasserlöslicher Polymere als Porenbildner gesteuert werden [Frohoff-Hülsmann 1998;
Gunder 1995]. Nach dem Befilmen der Arzneiformen ist eine thermische Nachbehandlung
(Tempern) obligatorisch, um die Lagerstabilität zu gewährleisten, da vielfach eine Änderung
22 3 Membrankontrollierte Freigabe von Weinsäure
der Freisetzungsrate als Folge einer unvollständigen Filmbildung beobachtet wurde
[Siepmann 2008a].
Eudragit NE 30D
Eudragit NE 30D ist eine 30 prozentige wässrige Latexdispersion eines Copolymerisats auf
der Basis von Ethacrylat und Methymethacrylat im Molverhältnis 2:1. Die Latexpartikel mit
einer Größe von 100 - 200 nm sind mit 1,5 % Nonoxynol 100 stabilisiert. Seit einiger Zeit
steht mit Eudragit NM 30D auch eine Formulierung des Polymers zur Verfügung, die mit
0,7 % Macrogol-Stearylether-(20) stabilisiert ist. Das wasserunlösliche Polymer zeigt eine
relativ geringe Wasseraufnahme, bildet sehr flexible Polymerfilme und benötigt aufgrund der
sehr niedrigen Glasübergangstemperatur (s. Tabelle 5-1) keinen Zusatz von Weichmachern
[Degussa 2007]. Prozesstechnisch problematisch ist die starke Klebetendenz der Überzüge.
Die pH-unabhängige Freisetzung kann durch den Zusatz von wasserlöslichen oder pH-
abhängig löslichen Polymeren beeinflusst werden [Amighi 1995]. Trotz der niedrigen
Glasübergangstemperatur der Polymerüberzüge besteht auch für Eudragit NE ein während der
Lagerung auftretendes Stabilitätsproblem [Kucera 2008a; Kucera 2009; Kucera 2007; Kucera
2008b].
Eudragit RS 30D
Eudragit RS, ein Copolymerisat auf der Basis von Ethacrylat, Methylmethacrylat und
Trimethylammoniumethylmethacrylatchlorid, bildet wasserunlösliche, pH-unabhängig
quellbare Filmüberzüge. Für wässrige Filmüberzüge steht mit Eudragit RS 30D, eine
Latexdispersion mit einer Partikelgröße zwischen 20 nm und 200 nm und einem
Feststoffgehalt von 30 % (m/m) zur Verfügung. Die Dispersion ist mit 0,25 % Sorbinsäure
konserviert und enthält 0,1 % Natriumhydroxid. Zur Filmbildung wird in der Regel 10 - 20 %
(m/m) Weichmacher zugesetzt. Häufig wird ein pH-unbahängiger, sigmoidaler
Freisetzungsverlauf aus mit Eudragit RS überzogenen Arzneiformen erzielt, wobei hier, im
Gegensatz zu klassischen Diffusionsüberzügen, ein ioneninduzierter Stofftransport eine
wichtige Rolle spielt [Narisawa 1994; Wagner 2002].
Kollicoat SR 30D
Kollicoat SR 30D ist eine wässrige Latexdispersion von Polyvinylacetat mit 30 % (m/m)
Feststoffgehalt und einer mittleren Partikelgröße von 160 nm, die mit 2,7 %
Polyvinylpyrrolidon und 0,3 % Natriumlaurylsulfat stabilisiert wird. Das Polymer ist
wasserunlöslich, nimmt jedoch sehr leicht Wasser auf. Dem sehr flexiblen Polymer mit einer
niedrigen Glasübergangstemperatur wird zur Filmbildung 5 - 10 % Weichmacher zugesetzt.
Die Freisetzung aus überzogenen Arzneiformen erfolgt pH-unabhängig, reagiert jedoch sehr
3.1 Auswahl und Charakterisierung der verwendeten Polymere 23
empfindlich auf hydrostatischen Druck zum Beispiel durch osmotische Phänomene [Ensslin
2008b; Guthmann 2007]. Zur Veränderung der Permeabilität des Filmüberzugs werden dem
unlöslichen Polyvinylacetat häufig lösliche Polymere zugesetzt [Ensslin 2008a; Strübing
2008].
Tabelle 3-1 Eigenschaften der verwendeten Polymere
Substanz Molmasse Mr Glasübergang Tg pH-Wert Zusatzstoffe
Aquacoat ECD 80.000 ca. 90 °C 7,0 Cetylalkohol, Natrium-
laurylsulfat
Eudragit NE 30D 750.000 5 - 10 °C 7,5 Nonoxynol 100
Eudragit RS 30D 32.000 58 - 65 °C 5,5 Sorbinsäure, Natrium-
hydroxid
Kollicoat SR 30D 200.000 18 °C 4,5 Polyvinylpyrrolidon,
Natriumlaurylsulfat
3.1.2 Freisetzungseigenschaften überzogener Weinsäurepellets
Um den mikro-pH-Wert einer mehrschichtigen Arzneiform zu modifizieren, werden
Weinsäurepellets mit funktionellen Filmüberzügen beschichtet. Es wird untersucht, inwiefern
die verwendeten Polymere geeignet sind, auf die jeweiligen Wirkstoffeigenschaften
adaptierbare Freisetzungsprofile zu erzeugen. Die Freisetzungsprofile sollten durch eine
variable Verzögerungszeit (Lag-Zeit) zwischen 0,5 und zwei Stunden gekennzeichnet sein.
Anschließend sollte die pH-aktive Substanz innerhalb von zwei bis acht Stunden vollständig
zur Verfügung gestellt werden, um die Löslichkeitsbedingungen für den Arzneistoff zu
verbessern.
Freisetzungsprofile von überzogenen Weinsäurepellets sind in Abbildung 3-1 dargestellt. Die
Pellets wurden jeweils mit 20 % (m/m) Polymerauftrag der vier unterschiedlichen,
unlöslichen Polymere überzogen. Bei gleicher Auftragsmenge zeigen sich deutliche
Unterschiede in den Freisetzungsprofilen der überzogenen Weinsäurepellets. Pellets mit
einem Überzug von Eudragit RS 30D zeigen eine sigmoidale Freisetzung mit einer Lag-Zeit
von etwa 50 min. Darauf folgt eine schnelle, vollständige Freisetzung innerhalb einer Stunde.
In dieser Zeit wird ein starker Weinsäureauswärtsstrom erzeugt, der auch bei neutralen pH-
Werten in physiologischer Umgebung einen signifikanten Effekt auf die lokalen pH-
Verhältnisse der Umgebung haben kann. Die Überzüge von Kollicoat SR, Eudragit NE und
Aquacoat ECD bewirken hingegen eine länger anhaltende Freisetzung über mehrere Stunden.
24 3 Membrankontrollierte Freigabe von Weinsäure
Abb. 3-1 Freisetzungsdaten überzogener Weinsäurepellets mit 20 % (m/m) Polymerauftrag(= 4 mg/cm2); Freisetzung in 700 ml Aqua demin., 37 °C; Drehkörbchen-Apparatur 100 UpM;Einwaage: 500 mg Pellets; Mittelwerte ± Standardabweichung; n = 3
Die Freisetzungskinetik deutet bei dem letztgenannten Überzug, wie bei überzogenen
Arzneiformen prinzipiell zu erwarten, auf einen diffusionsgesteuerten Prozess hin. Auch bei
diesen Überzügen beginnt die Freisetzung verzögert. Die Lag-Zeit beträgt für mit Kollicoat
SR überzogene Pellets 30 Minuten, für Pellets mit Aquacoat ECD 80 Minuten und für mit
Eudragit NE überzogene Pellets beachtliche vier Stunden. Nach der Lag-Zeit erfolgt eine
vollständige Freisetzung der Weinsäure aus Pellets mit Kollicoat SR Überzug innerhalb von
drei Stunden. Mit Aquacoat ECD überzogene Pellets setzen innerhalb von zehn Stunden etwa
90 % der Weinsäure frei, während bei Eudragit NE nach der ausgeprägten Lag-Zeit eine
vollständige Freigabe innerhalb von acht Stunden erreicht wird. Die Freisetzungsrate der
Überzüge nimmt also bei unterschiedlichen Verzögerungszeiten in der Reihenfolge Eudragit
RS> Kollicoat SR > Eudragit NE > Aquacoat ECD ab.
Die Freisetzungsgeschwindigkeit überzogener Pellets kann durch die Variation der
Schichtdicke des Überzugs gesteuert werden. Die Zusammenhänge zwischen Auftragsmenge
und Schichtdicke der Überzüge zeigt Tabelle 3-2.
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 120
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
110
frei
gese
tzte
rA
ntei
l[%
]
Zeit [h]
Eudragit RS m. SulfatKollicoat SR 30DAquacoat ECD 30DEudragit NE 30D
3.1 Auswahl und Charakterisierung der verwendeten Polymere 25
Tabelle 3-2 Auftragsmenge und Schichtdicke von Weinsäurepellets mit d = 750 µm
Polymerauftrag (m/m) Flächenspezifischer Polymerauftrag Schichtdicke
10 % 2,1 mg/cm2 26 µm ± 3
20 % 4,2 mg/cm2 55 µm ± 4
30 % 6,3 mg/cm2 80 µm ± 5
40 % 8,4 mg/cm2 105 µm ± 5
Je größer die Membrandicke, desto stärker wird dadurch die Diffusion des gelösten Stoffs
durch die Membran behindert. Dadurch kann sowohl die Freisetzungsrate als auch die Dauer
der Verzögerungszeit von überzogenen Weinsäurepellets beeinflusst werden. Das
Freisetzungsverhalten von Weinsäurepellets bei verschiedenen Auftragsmengen der Polymere
ist in Abb. 3-2 dargestellt.
Abb. 3-2 Freisetzungsdaten von Weinsäurepellets mit verschiedenen Polymer-Auftragsmengen;a) Kollicoat SR, b) Eudragit RS, c) Aquacoat ECD, d) Eudragit NE; schwarz: 10 % (m/m) bzw. 2mg/cm2, rot: 20 % (m/m) bzw. 4 mg/cm2, blau: 30 % (m/m) bzw. 6 mg/cm2, grün: 40 % (m/m) bzw. 8mg/cm2; Freisetzung in 700 ml Aqua demin., 37 °C; Drehkörbchen-Apparatur 100 UpM; Einwaage:500 mg Pellets; Mittelwerte ± Standardabweichung; n = 3
0 1 2 3 4 5 6 7 8 90
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
110
10% Aquacoat ECD20% Aquacoat ECD30% Aquacoat ECD40% Aquacoat ECD
fre
ige
setz
ter
An
teil
[%]
Zeit [h]
0 1 2 3 4 5 6 7 8 90
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
110
fre
ige
setz
ter
An
teil
[%]
Zeit [h]
10% Kollicoat SR20% Kollicoat SR30% Kollicoat SR40% Kollicoat SR
0 1 2 3 4 5 6 7 8 90
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
110
fre
ige
setz
ter
Ant
eil[
%]
Zeit [h]
10% Eudragit NE15% Eudragit NE20% Eudragit NE
0 1 2 3 4 5 6 7 8 90
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
110
frei
gese
tzte
rA
nte
il[%
]
Zeit [h]
10% Eudragit RS20% Eudragit RS30% Eudragit RS40% Eudragit RS
a) b)
c) d)
26 3 Membrankontrollierte Freigabe von Weinsäure
Überzüge mit 10 % (m/m) Polymerauftrag Kollicoat SR behindern die Weinsäurefreisetzung
kaum. Pellets mit diesem relativ dünnen Filmüberzug weisen im Gegensatz zu Pellets mit
dickeren Kollicoat SR Überzügen kein sigmoidales Freisetzungsprofil auf und geben die
Weinsäure sehr schnell frei. Dies deutet auf eine unvollständige Beschichtung der Pellets oder
eine zu geringe Robustheit des dünnen Überzugs hin. Bei Überzügen mit 20 % und mehr
Kollicoat SR Auftrag beträgt die Verzögerungszeit 30 - 60 Minuten. Die Freisetzungsrate
sinkt bei steigender Überzugsmenge. Da trotz hoher Auftragsmengen nur eine sehr enge
Bandbreite an Profilen erzeugt werden kann, ist der Anwendungsbereich dieses Polymers zur
kontrollierten Weinsäurefreisetzung begrenzt.
Eudragit RS Überzüge hingegen erzeugen Profile mit sehr variablen Verzögerungszeiten
zwischen 15 Minuten und vier Stunden. Die pulsatile Kinetik ist dabei unabhängig von der
Schichtdicke. Die Freisetzungsrate verringert sich bei hohen Überzugsniveaus stetig, jedoch
erfolgt die Freisetzungsgeschwindigkeit auch bei 40 % (m/m) Polymerauftrag noch
ungewöhnlich schnell. Die sprunghafte Erhöhung der Permeabilität der Eudragit RS 30D
Überzüge wird durch ionische Interaktionen an den kationischen Gruppen des Polymers
ausgelöst (s. Kapitel 2. 3) [Wagner 2005a] und im Abschnitt 3.2 explizit beschrieben.
Bei Überzügen von Aquacoat ECD und Eudragit NE nehmen jeweils die Lag-Zeiten zu und
die Freisetzungsrate verringert sich bei steigendem Überzugniveau. Mit Überzügen dieser
Polymere kann durch die Variation der Schichtdicke eine große Bandbreite an
Freisetzungsprofilen generiert werden.
Aufgrund dieser Ergebnisse sind Überzüge von Eudragit RS, Eudragit NE und Aquacoat ECD
besonders interessant für weitere Untersuchungen zur kontrollierten Weinsäurefreigabe.
Sowohl beim Einsatz von Aquacoat ECD als auch bei Eudragit NE wird in der Literatur
jedoch über Stabilitätsprobleme und Veränderungen der Freisetzungsprofile in Abhängigkeit
von der Lagerungsdauer, thermischen Bedingungen und relativer Feuchte berichtet [Amighi
1997; Bajdik 2003; Kucera 2008a; Kucera 2009; Lippold 1989; Muschert 2008; Siepmann
2008a]. Für Aquacoat ECD Überzüge wird deshalb generell eine thermische Nachbehandlung
der überzogenen Arzneiformen bei 60 °C für bis zu 48 Stunden empfohlen [FMC BioPolymer
1996], Pellets mit Kollicoat SR oder Eudragit RS sollten für 24 h bei 40 °C getempert werden.
Die Standard-Bedingungen zur thermischen Nachbehandlung, die für die hier vorgestellten
Ergebnisse angewendet wurden, sind in Tabelle 3-3 zusammengefasst.
3.1 Auswahl und Charakterisierung der verwendeten Polymere 27
Tabelle 3-3 Auswahl der Empfehlungen zur thermischen Nachbehandlung von Filmüberzügen aufBasis wässriger Dispersionen
Polymer Hersteller-Empfehlungen (Literatur) gewählte Bedingungen
Aquacoat ECD 2 h – 48 h, 60 °C [FMC BioPolymer 1996] 48 h, 60 °C
Eudragit NE 30D n.n.; diverse [Amighi 1997; Gutierrez-Rocca 1993; Kucera 2009]
96 h, 60 °C
Eudragit RS 30D 24 h, 40 °C [Ravishankar 2005] 24 h, 40 °C
Kollicoat SR 30D nicht erforderlich [Dashevsky 2005] 24 h, 40 °C
Dadurch können Veränderungen in der Polymerstruktur des Überzugs weitgehend
ausgeschlossen werden [Lippold 2001b; Muschert 2008; Siepmann 2008a], sofern die
thermische Stabilität des Wirkstoffs dies erlaubt.
3.1.3 Charakterisierung der Polymere mit Hilfe isolierter Filmüberzüge
Spezifische Membraneigenschaften der Polymere werden an isolierten Filmüberzügen
bestimmt, um die Ursachen der unterschiedlichen Freisetzungsprofile und die zugrunde
liegenden Transportmechanismen aufzuklären. Dadurch ist es möglich Membranen
unabhängig von Einflüssen des Pelletkerns zu charakterisieren und detaillierte Erkenntnisse
über die Permeabilität und Reißfestigkeit der Membranen zu gewinnen, wenn vorausgesetzt
werden kann, dass sich die isolierten Filmüberzüge in ihrer Struktur nicht wesentlich von
Filmüberzügen unterscheiden, die in einer Wirbelschicht auf Pellets aufgebracht werden.
Die Bestimmung der mechanischen Eigenschaften einer Polymermembran, inklusive der beim
Überziehen üblichen Zusätze wie Weichmacher und Trennmittel, kann Hinweise geben, wie
die überzogene Arzneiform auf mechanische Einflüsse wie Deformation bei der Tablettierung
von Pellets zu einer Tablette oder auf osmotische Einflüsse des Pelletkerns reagieren wird.
Zudem bietet ein Screening der Permeabilität von isolierten Membranen in Abhängigkeit von
entscheidenden Rezepturparametern die Möglichkeit eine Vorauswahl für die Anwendung
geeigneter Membranen mit passenden Rezepturparametern zu treffen. Bei Kenntnis aller
freisetzungsrelevanten Faktoren wie Schichtdicke, aktive Diffusionsfläche und
Konzentrationsgefälle besteht eventuell die Option den Freisetzungsverlauf einer überzogenen
Arzneiform als Funktion der jeweils für unterschiedliche Stoffe berechneten, normierten
Permeabilität [cm2/s] der jeweiligen Membran vorherzusagen.
Zur Anwendung dieses Ansatzes werden isolierte Filmüberzüge mit identischen Rezepturen
wie die Überzüge der Pellets unter 3.1.2 auf einem Filmsprühgerät (s. Kapitel 8.3.7) mit
homogenen Filmdicken von 40 - 60 µm hergestellt, was einer Auftragsmenge von ca.
28 3 Membrankontrollierte Freigabe von Weinsäure
4 mg/cm2 entspricht. Bei Pellets mit einem Durchmesser von etwa 750 µm entspricht dies
20 % (m/m) Polymerauftrag. Die Überzüge werden nach dem Tempern organoleptisch und
bei Bedarf mit dem Rasterelektronenmikroskop hinsichtlich ihrer Struktur und Filmqualität
beurteilt. Alle Filme waren transparent und vollständig ausgefilmt. In der REM-Aufnahme in
Abb. 3-3 sind sowohl bei isolierten Filmen als auch bei Pelletüberzügen neben
sprühgetrockneten Partikeln kleine Tröpfchenstrukturen sichtbar. Bei den isolierten Filmen
sind diese etwas größer. Insgesamt bestätigen die REM-Aufnahmen eine vollständige
Filmbildung und eine Vergleichbarkeit der Filmoberflächen von Pellets und isolierten Filmen.
Abb. 3-3 Elektronenmikroskopische Aufnahmen von a) Eudragit RS überzogenes Weinsäurepellet;b) isolierte Eudragit RS Membran
Permeabilität von Weinsäure durch isolierte Filmüberzüge
Die Permeabilität, der mit dem Filmsprühgerät hergestellten Membranen, wird mit der in
Kapitel 8.4.1.5 vorgestellten Diffusionszelle mit Hilfe von sogenannten Permeationsgraphen
bestimmt (Abb. 3-4).
Die Permeabilität der Eudragit RS Membran ist sehr hoch und kann zuverlässig mit einer
geringen Streuung bestimmt werden. Interessant ist, dass auch bei der Diffusion einer Lösung
eine Lag-Zeit von etwa zehn Minuten beobachtet werden kann. Dieses Phänomen schließt
aus, dass die verzögerte Freisetzung bei überzogenen Pellets ausschließlich durch einen
langsamen Wassereinstrom und die darauffolgende Auflösung der Weinsäure begründet ist.
Die verwendeten Eudragit RS Membranen sind nach den Versuchen vollständig intakt,
unbeschädigt und in ihren Dimensionen unverändert.
a) b)
3.1 Auswahl und Charakterisierung der verwendeten Polymere 29
Abb. 3-4 Permeationsgraph von Weinsäure (gesättigte Lösung 20 ml) über isoliertePolymermembranen (4 mg /cm2; 60 µm); Akzeptormedium: 700 ml Aqua demin., 37 °C; Blattrührer-Apparatur 100 UpM; Mittelwerte ± Standardabweichung; n = 3
Bei der Bestimmung der Permeabilität an Polyvinylacetatmembranen (Kollicoat SR) kann
beobachtet werden, dass sich die sehr elastische Membran während des Experiments stark
nach außen wölbt. Die Membranen nehmen sehr schnell Wasser auf und sind in gequollenem
Zustand von kaugummiartiger Konsistenz [Kolter 1999]. Durch die Quellung und Dehnung
der Membran entsteht ein heterogenes Muster auf der Membran mit unterschiedlich stark
transparenten Flächen, die vermutlich zum Teil sehr durchlässig sind. Nach den Versuchen
sind kleine Löcher in der Membran sichtbar. Der Permeationsgraph zeigt dementsprechend
zuerst einen geringen Stofftransport und dann einen sprunghaften Anstieg der
Durchlässigkeit. Dieses Verhalten ist zwar reproduzierbar, jedoch starken zeitlichen
Schwankungen unterworfen. So setzt das schnelle Ausströmen der Säure durch die Löcher in
der Membran zwischen 30 Minuten und fünf Stunden nach Versuchsbeginn ein. Die
Membranpermeabilität kann deshalb nicht zuverlässig bestimmt werden (s. Abb. 3-4).
Aquacoat ECD und Eudragit NE Membranen haben eine sehr geringe Permeabilität. Wie bei
Kollicoat SR Membranen werden auch bei Eudragit NE Membranen eine Wölbung der
Membran beobachtet. Allerdings erfolgt dies wesentlich langsamer und weniger stark
ausgeprägt. Aquacoat ECD Membranen sind dagegen nach Versuchsende vollständig intakt
und in ihren Dimensionen unverändert.
Daraus ergibt sich, dass diese Art der Permeabilitätsbestimmung besonders für inerte, wenig
elastische Membranen aus Cellulosederivaten oder Eudragit RS geeignet ist. Die
0 30 60 90 120 150 180 210 240 270 3000
2
4
6
8
10
frei
gese
tzte
Wei
nsäu
re[m
g/cm
2 ]
Zeit [min]
Eudragit RS m. S.Kollicoat SREudragit NEAquacoat ECD
30 3 Membrankontrollierte Freigabe von Weinsäure
Permeabilität der isolierten Filme stimmt qualitativ mit den Freisetzungsraten von
überzogenen Pellets überein. Die Freisetzung durch Eudragit RS Membranen erfolgt
unabhängig vom Pelletkern zunächst verzögert und anschließend linear. Kollicoat SR und
Eudragit NE Membranen scheinen in gequollenem Zustand sehr empfindlich für mechanische
Einflüsse zu sein. Eudragit NE und Aquacoat ECD Membranen sind bei diesem
Versuchsaufbau nahezu undurchlässig (s. Abb. 3-4).
Durch die Bestimmung der Permeabilität an isolierten Membranen ist somit eine qualitative
Abschätzung der Freisetzungsgeschwindigkeit überzogener Weinsäurepellets möglich. Im
Gegensatz zu überzogenen Pellets sind isolierte Membranen von Aquacoat ECD und Eudragit
NE ohne Verzögerung permeabel.
Mechanische Eigenschaften
Für die mechanischen Eigenschaften von Polymerfilmen spielen die Molekularstruktur und
der Kristallisationsgrad der Probe neben den von außen einwirkenden Faktoren wie
Temperatur, umgebende Medien, Zeit und Größe der Belastung eine entscheidende Rolle. Die
kristallinen Bereiche wirken als Vernetzungsstellen der Polymermatrix und bestimmen bei
Raumtemperatur die Festigkeits- bzw. Steifigkeitseigenschaften der Probe, während die
amorphen Bereiche für das zähe, zeitabhängige Verhalten verantwortlich sind. Kurzkettige,
stark verzweigte Polymere mit hohem Kristallisationsgrad neigen daher zu sprödbrüchigem
Verhalten. Langkettige Polymere mit linearer Ausrichtung sind eher zäh und sehr dehnbar.
Die mechanischen Eigenschaften der isolierten Filmüberzüge wurden mit einer
standardisierten Reißdehnungsmethode nach DIN 527-3 bestimmt. Diese Ergebnisse sind
zwar nicht direkt auf die Verhältnisse einer sich ausdehnenden Arzneiform übertragbar, da die
Ausdehnung in diesem Fall mehrdimensional verläuft und bei der Reißdehnung von
Membranen nur in eine Richtung gedehnt wird. Dennoch geben die Messungen Aufschluss
über prinzipielle mechanische Charakteristika der Membranen.
Ein schematischer Verlauf der Spannungs-Dehnungskurven der untersuchten Polymere ist in
Abb. 3-5 dargestellt. Dabei lassen sich grundlegend unterschiedliche Eigenschaften erkennen.
Im linearen Bereich zwischen dem Ursprung A und dem Punkt B gilt das Hooke‘sche Gesetz.
Die Zugspannung ist der Dehnung proportional, die Polymerproben sind in diesem Bereich
ideal-elastisch. Oberhalb der Elastizitätsgrenze B führen innere Umlagerungen zu einer
bleibenden Formveränderung. Erhöht man die Spannung weiter, so wächst die Dehnung
deutlich stärker als die Spannung und erreicht im Punkt C ein lokales Maximum. Der Punkt C
wird als Fließpunkt bezeichnet. Bei zähen Materialien brechen oberhalb des Fließpunktes die
3.1 Auswahl und Charakterisierung der verwendeten Polymere 31
van-der-Waals-Bindungen, d.h. die Kettensegmente rutschen voneinander ab, und das
Material beginnt zu fließen. Bei zu großer Dehnung reißt oder bricht das Material im Punkt D,
R nennt man deshalb auch Reißfestigkeit und analog bezeichnet man R als Reiß- oder
Bruchdehnung.
Abb. 3-5 Mechanische Eigenschaften von Polymermembranen: a) qualitative Darstellung derSpannungs-Dehnungsdiagramme; b) quantitative Auswertung von Reißfestigkeit und Reißdehnung
Der Verlauf der Reißdehnungskurven zeigt, dass Aquacoat ECD Membranen durch eine hohe
Reißfestigkeit und wenig dehnbares, rein elastisches Verhalten gekennzeichnet sind. Bei
hohem Quellungsdruck besteht für solche Membranen das Risiko zu reißen [Schultz 1997a;
Schultz 1997b]. Die sehr langkettigen Polymere Kollicoat SR und Eudragit NE beginnen
dagegen oberhalb des Fließpunkts plastisch zu fließen (Tg < Raumtemperatur). Da sich solche
Überzüge oberhalb ihres Fließpunkts auf Arzneiformen quasi unbegrenzt verformen, wird ein
Reißen dieser Überzüge ausgeschlossen [Dashevsky 2005; Kolter 1999]. Eudragit RS
Membranen zeigen ein begrenzt plastisches Verhalten und eine geringe Reißfestigkeit. Es ist
jedoch zu beachten, dass Wasser bei Kunststoffpolymeren als Weichmacher wirkt und die
Dehnbarkeit in gequollenen Zustand dadurch deutlich höher ist [Bodmeier 1994].
Diese Ergebnisse lassen vermuten, dass das Freisetzungsverhalten von Aquacoat ECD
Überzügen wenig von mechanischen Einflüssen, hervorgerufen durch beispielsweise
osmotischem Druck im Pelletkern, beeinflusst wird, solange die Membran intakt ist. Die
geringe Dehnbarkeit und die hohe Festigkeit verhindern eine Änderung der
Pelletdimensionen. Im Fall einer Ruptur der Membran wäre ein schlagartiger Anstieg der
Freisetzungsrate zu erwarten, was im Freisetzungsprofil nicht zu erkennen ist. Kollicoat SR
und Eudragit NE Membranen sind dagegen sehr dehnbar und eine Ruptur dieser Membranen
kann ausgeschlossen werden. Jedoch können sich die Pelletdimensionen durch die
Wasseraufnahme und Quellung der überzogenen Arzneiform verändern und der Überzug wird
Spa
nnun
g
Dehnung A
A
C
Bx
x Dx
R
R
Aquacoat ECD
Kollicoat SR
Eudragit NE
Eudragit RS
A. ECD K. SR E. NE E. RS0
5
10
15
20
25
30
35
40
300400500600
Reißdehnung [%]max. Spannung [N/mm2]
a) b)
32 3 Membrankontrollierte Freigabe von Weinsäure
plastisch verformt. Das kann zu einer höheren Porosität und damit zu einer größeren
Permeabilität des Überzugs führen. Die Reißfestigkeit der Eudragit RS Membran ist am
schwächsten ausgeprägt. Eine Ruptur der Membran kann deshalb bei hohem osmotischem
Druck nicht ausgeschlossen werden. Andererseits erlaubt die Membran eine gewisse Dehnung
des Überzugs und in wässrigen Medien mit einer Temperatur von 37 °C wird die
Glasübergangstemperatur der weichmacherhaltigen Membran deutlich überschritten. Unter
diesen Bedingungen ist bei Freisetzungsuntersuchungen ebenfalls eine Dehnung der Membran
vorstellbar. Aufgrund der unterschiedlichen mechanischen Eigenschaften der verwendeten
Polymere, liegt es also nahe, dass auch überzogene Pellets unterschiedlich auf mechanische
Beanspruchungen reagieren.
3.1.4 Osmotische Effekte von überzogenen Weinsäurepellets
Vergleicht man die Ergebnisse der Permeabilitätsbestimmung an isolierten Membranen mit
den Freisetzungsprofilen der Pellets scheinen bei überzogenen Weinsäurepellets osmotische
Effekte des Pelletkerns bei Kollicoat SR und Eudragit NE Überzügen starken Einfluss auf die
Freisetzungsgeschwindigkeit zu haben. Um zu untersuchen, inwieweit die Polymerfilme auf
überzogenen Weinsäurepellets tatsächlich mechanischen Einflüssen, die durch osmotische
Effekte des Pelletkerns hervorgerufen werden, ausgesetzt sind, wird die räumliche
Ausdehnung überzogener Pellets unter einem Auflichtmikroskop zeitabhängig beobachtet (s.
Kapitel 8.4.5.2). In Abbildung 3-6 ist in einer Zeitreihe von Aufnahmen der Verlauf der
Größenänderung von mit Eudragit NE überzogenen Pellets dargestellt.
Abb. 3-6 Zeitreihe der Pelletquellung von mit Eudragit NE überzogenen Weinsäurepellets; Axioplan 2Mikroskop; Auflicht, Belichtungszeit 500 ms, Polarisationsfilter, Vergrößerung 5-fach
0 h 4 h
5 h 6 h 7 h 8 h
9 h 10 h 11 h 12 h
3 h2 h
500 µm
3.1 Auswahl und Charakterisierung der verwendeten Polymere 33
In Abb. 3-6 wird sichtbar, dass sich die Pellets nach etwa vier bis sechs Stunden deutlich
ausdehnen. Die treibende Kraft hierfür ist der osmotisch bedingte Wassereinstrom. Es ist eine
Zunahme der Rundheit der ursprünglich leicht unförmig, ovalen Pellets zu erkennen. Dies legt
eine Dehnung des Filmüberzugs nahe, die durch die radial wirkenden Kräfte des osmotischen
Drucks verursacht wird.
Die Analyse des Quellungsverlaufs der überzogenen Pellets zeigt (s. Abb. 3-7) eine
Übereinstimmung mit den Untersuchungen an isolierten Filmen. Der reißfeste, wenig
dehnbare Aquacoat ECD Überzug ist am wenigsten wasserpermeabel und setzt dem
osmotischen Druck der Weinsäure den größten mechanischen Widerstand entgegen, was in
der langsamen Progression und dem geringen Ausmaß der Oberflächenzunahme zum
Ausdruck kommt. Der Kollicoat SR Überzug lässt hingegen sehr schnell Wasser ins Innere
diffundieren, anschließend setzt eine schnelle Quellung der Pellets ein. Offensichtlich
diffundiert die Weinsäure sehr schnell durch die gedehnte Membran (s. 3.1.2). Dadurch wird
der osmotische Gradient schnell ausgeglichen und der osmotische Druck im Inneren steigt
nicht so stark an. Es erfolgt dann kein weiterer Größenzuwachs. Das größte Ausmaß der
Oberflächenzunahme zeigen die mit Eudragit NE überzogenen Pellets. Der sehr elastische,
jedoch schlecht wasserpermeable Überzug wird zwar erst nach sechs Stunden, dann jedoch
bis zur Verdopplung der Oberfläche der Pellets, gedehnt. Interessant ist das Verhalten von mit
Eudragit RS überzogenen Pellets. In Übereinstimmung mit der Weinsäure-Freisetzung von
überzogenen Pellets und der Diffusion durch isolierte Eudragit RS Filme setzt die Quellung
der Pellets auch in dieser Untersuchung verzögert, dann aber sehr schnell nach etwa zwei
Stunden ein, was durch einen ioneninduzierten Medienfluss und die dann stark erhöhte
Wasserdurchlässigkeit der Membran begründet sein können.
Abb. 3-7 Verlauf der Oberflächenzunahme überzogener Pellets; Inkubation in Aqua demin; 23 °C
0,5 h 2 h 4 h 6 h 12 h0
20
40
60
80
100
120
Obe
rfäc
henz
unah
me
[%]
Aquacoat ECDKollicoat SREudragit RSEudragit NE
34 3 Membrankontrollierte Freigabe von Weinsäure
Die Auswirkungen osmotischer Kräfte auf die Filmüberzüge der Weinsäurestarterpellets
erklären somit die Diskrepanz zwischen der Freisetzungsgeschwindigkeit überzogener Pellets
und der druckunabhängigen Permeabilität isolierter Membranen. Nach Wassereintritt führt
der osmotische Druck des Kerns zu einer Dehnung und Oberflächenzunahme des
Filmüberzugs. Dadurch ändern sich die Freisetzungseigenschaften. Die bei den Pellets
beobachteten Unterschiede in Verlauf und Ausmaß der Oberflächenzunahme hängen somit
eng mit den mechanischen Eigenschaften der isolierten Filmüberzüge zusammen. Es gilt: je
elastischer ein Überzugsmaterial ist, desto stärker ist die Oberflächenzunahme des osmotisch
aktiven Pellets, falls die Membrandehnung nicht bereits sehr schnell starke Auswirkungen auf
die Membranpermeabilität hat, wie dies bei Kollicoat SR der Fall ist.
3.1.5 Zusammenfassung der Ergebnisse
Die unlöslichen Überzugspolymere Aquacoat ECD, Eudragit NE und Eudragit RS sind
geeignet, durch Variation der Überzugsdicke ein breites Spektrum relevanter Freigabeprofile
von Weinsäure zu generieren. Kollicoat SR Überzüge hingegen sind selbst bei großen
Überzugsmengen sehr durchlässig für Weinsäure. Bei allen Überzügen setzt die Freisetzung
erst nach einer unterschiedlich stark ausprägten Verzögerungszeit ein.
Die Freisetzungsgeschwindigkeit überzogener Pellets lässt sich durch die Bestimmung der
spezifischen Membranpermeabilität von isolierten Filmüberzügen mit identischen
Rezepturparametern qualitativ vorhersagen.
Die Permeabilität von isolierten Filmüberzügen kann besonders gut für wenig quellende,
inerte Filme bestimmt werden. Die unterschiedlichen mechanischen Eigenschaften der
Membranen legen nahe, dass mechanischer Stress, wie zum Beispiel osmotischer Druck im
Pelletkern, großen Einfluss auf das Freisetzungsverhalten überzogener Pellets haben kann.
Bei der optischen Analyse des Quellungsverlaufs überzogener Pellets wird bestätigt, dass
neben dem Konzentrationsgradienten auch der osmotische Druck im Pelletkern wesentlichen
Einfluss auf das Freisetzungsverhalten hat. In Übereinstimmung mit den mechanischen
Eigenschaften der Polymere dehnen sich in Folge der Quellung der Pellets besonders die sehr
dehnbaren, elastischen Überzüge aus. Dadurch wird die Porosität dieser Membranen erhöht
und die Freigabe der Weinsäure erleichtert.
3.2 Einflussgrößen auf die Freisetzung durch Eudragit RS 30D Membranen 35
3.2 Einflussgrößen auf die Freisetzung durch Eudragit RS 30D
Membranen
Aufgrund der Voruntersuchungen in Kapitel 3.1 kommt das kationisch geladene
Polymethacrylat Eudragit RS in Betracht, den pH-verändernden Effekt der Weinsäure durch
eine zeitkontrollierte Freigabe so zu steuern, dass eine bessere Bioverfügbarkeit für pH-
abhängig schwerlösliche Wirkstoffe erreicht werden kann. Die mechanistischen Grundlagen
der Freisetzung aus kationischen Polymethacrlatmembranen wurden in Kapitel 2.2 vorgestellt.
Die wesentlichen Einflussfaktoren auf die Ziel-Parameter Lag-Zeit und Freisetzungsrate sind
bei Systemen mit einem ioneninduzierten Transport:
- Konzentration und elektrostatische Eigenschaften der Anionen (Ladung und
Größe)
- die Membrandicke
- die räumliche Dichte der quartären Ammoniumgruppen
Möglichkeiten, diese Einflussfaktoren zur gezielten Steuerung der Freisetzung zu nutzen,
werden in diesem Kapitel vorgestellt.
3.2.1 Screening der Einflussgrößen an isolierten Filmüberzügen
Einfluss von Anionen beim ioneninduzierten Transport
Wie Grützmann et al. zeigen konnten [Wagner 2005a], spielt die Art des Gegenions an den
quartären Ammoniumgruppen (QAG) des Polymers eine entscheidende Rolle für die
Permeabilität der Membran. Originär sind Chlorid-Ionen an die Ammonium-Gruppen
gebunden, die je nach Konzentration und Bindungsstärke durch Anionen aus dem
Umgebungsmedium ausgetauscht werden. Lag-Zeit und Freisetzungsrate sind deshalb von der
vorhandenen Anionenspezies abhängig. Es konnte gezeigt werden, dass Anionen in der
Reihenfolge Acetat < Chlorid < Sulfat < Nitrat mit zunehmender Kraft an die QAG binden
[Grützmann 2005]. Aus toxikologischer Sicht ist Sulfat dabei unbedenklicher als Nitrat. Eine
Möglichkeit diesen Effekt zu nutzen, um die Freisetzungsrate zu senken und damit die
Schichtdicke und die Polymermenge zu reduzieren, bietet die Umladung der QAG im
flüssigen Stadium der Dispersion, bevor der Überzug auf die Arzneiform aufgebracht wird.
Dazu werden Sulfat-Ionen im molaren Verhältnis 6:1 bezogen auf QAG in die Dispersion
eingebracht, um die Ammoniumgruppen mit den fest bindenden Gegenionen zu sättigen. Die
QAG sind dadurch blockiert und der ioneninduzierte Medienstrom kann erst verzögert
einsetzen, wenn andere Ionen in überschüssiger Menge vorhanden sind und die Sulfat-Ionen
von den QAG kompetitiv verdrängen.
36 3 Membrankontrollierte Freigabe von Weinsäure
Wie die in Abb. 3-8 dargestellten Ergebnisse zeigen, spielen diese Vorgänge beim Transport
von Weinsäure über isolierte Membran eine bedeutende Rolle. Der Transport von Weinsäure
wurde zum Einen an einer Eudragit RS Membran mit 20 % Weichmacher Anteil und zum
Anderen an einer Eudragit RS Membran, deren QAG zuvor mit Sulfat-Ionen blockiert worden
waren, bestimmt. Es ist bemerkenswert, dass beide Membranen eine Lag-Zeit aufweisen,
obwohl eine hoch konzentrierte Weinsäurelösung auf der Donatorseite der Membranen
vorliegt. Durch Sättigung der QAG mit Sulfat-Ionen kann diese Lag-Zeit von fünf auf zehn
Minuten verdoppelt werden. Die Freisetzungsrate bleibt weitgehend unverändert, da sie vor
allem von der Hydratationshülle der austauschenden Tartrat-Ionen abhängig ist. Sofern nicht
explizit anders angegeben, wurden alle im Folgenden vorgestellten Eudragit RS Überzüge
(isolierte Filme und überzogene Pellets) deshalb mit Sulfat-Ionen umgeladen.
Abb. 3-8 Permeationsgraph von Weinsäure (gesättigte Lösung 20 ml) über isolierte Eudragit RS 30D-Polymermembranen (4 mg /cm2; 55 µm); Akzeptormedium: 700 ml Aqua demin., 37 °C; Blattrührer-Apparatur 100 UpM; Mittelwerte ± Standardabweichung; n = 3
Einfluss der Membrandicke
Den Einfluss der Membrandicke auf die Membranpermeabilität veranschaulicht Abb. 3-9.
Wie zu erwarten nimmt mit zunehmender Membrandicke die spezifische Permeabilität ab, da
die Diffusionsstrecke und damit der Diffusionswiderstand zunimmt. Die Lag-Zeit einer
isolierten Membran verlängert sich proportional zur ihrer Membrandicke. Es ist erstaunlich,
dass auch bei großen Überzugsmengen mit bis zu 10 mg/cm2 immer noch eine hohe
Permeabilität der Membran erreicht wird. Der sprunghafte Anstieg der Permeabilität im
Anschluss an die Lag-Zeit ist ein Anzeichen dafür, dass die QAG der Membran zuerst
umgeladen und blockierende Sulfat-Ionen ausgetauscht werden, bevor der Medienstrom
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,00
10
20
30
40
50
60
70
Fre
iset
zung
Wei
nsäu
re[m
g/cm
2 ]
Zeit [h]
Eudragit RS ohne SulfatEudragit RS mit Sulfat
3.2 Einflussgrößen auf die Freisetzung durch Eudragit RS 30D Membranen 37
einsetzen kann. Um einen nach außen gerichteten Medientransport zu induzieren, muss sich
bereits eine Mindestmenge an Tartrat-Ionen im Akzeptormedium befinden. Es zeigt sich, dass
durch unterschiedliche Polymermengen Lag-Zeit und Permeabilität innerhalb einer großen
Bandbreite variiert werden können.
Abb. 3-9 a) Permeation von Weinsäure (gesättigte Lösung 20 ml) über isolierte Eudragit RS 30D-Membranen in Abhängigkeit der Schichtdicke; Akzeptormedium: 700 ml Aqua demin., 37 °C;Blattrührer-Apparatur 100 UpM; Mittelwerte ± Standardabweichung; n = 3; b) Korrelation vonPolymerauftrag und Verzögerungszeit bis zum Beginn der Freisetzung bei isolierten Membranen
Einfluss der Viskosität
Nach den klassischen Diffusionsgesetzen (s. Gl. 2-3) nimmt die Viskosität des Mediums, in
dem ein Diffusionsprozess abläuft, direkten Einfluss auf den Diffusionskoeffizienten. Je
höher die Viskosität des Mediums ist, desto stärker sind die gelösten Moleküle in ihrer
Beweglichkeit eingeschränkt und damit die Diffusionsvorgänge beeinträchtigt. Dieser
Einfluss kann an isolierten Membranen bestimmt werden. Dazu wird die Viskosität der
konzentrierten Weinsäurelösung auf der Donator-Seite durch unterschiedliche HPMC-Anteile
variiert. Wie in Abb. 3-10 gezeigt, hat eine Erhöhung der Viskosität des Mediums auf der
Donator-Seite einen direkten Einfluss auf die Freisetzungsrate. Andererseits wird die Lag-Zeit
der Membran davon kaum beeinflusst. Dies zeigt, dass die Umladungsvorgänge an den QAG
der Membran maßgeblich von Größe, Ladungszustand und Konzentration der vorhandenen
Ionen abhängen. Die Viskosität des umgebenden Mediums hat kaum einen Einfluss auf diese
primär auf elektrostatischen Wechselwirkungen beruhenden Ionenaustauschvorgänge. Als
Anwendung dieses Prinzips zur Steuerung der Freisetzungsrate bei überzogenen Pellets, sind
Viskositätsbarrieren in Form eines ‚subcoatings‘ oder Matrixeinbettungen denkbar. Dies
scheint besonders für Fälle interessant zu sein, bei denen primär die Freisetzungsrate
unabhängig von der Lag-Zeit der Membran verändert werden soll.
y = 0,187x + 1,4419R² = 0,9900
0
2
4
6
8
10
12
0 10 20 30 40 50
Pol
ymer
auft
rag
[mg/
cm2 ]
Lag-Zeit [min]
0,0 0,5 1,0 1,5 2,00
20
40
60
80
100
120
140
160
180
200
Fre
iset
zung
Wei
nsäu
re[m
g/cm
2 ]
Zeit [h]
Eudragit RS - 2,0 mg/cm2; 43 µm
Eudragit RS - 2,0 mg/cm2; 78 µm
Eudragit RS - 6,9 mg/cm2; 120 µm
Eudragit RS - 9,8 mg/cm2; 155 µm
a) b)
38 3 Membrankontrollierte Freigabe von Weinsäure
Abb. 3-10 a) Permeation von Weinsäure (gesättigte Lösung 20 ml) über isolierte Eudragit RS 30D-Membranen (4 mg /cm2; 55 µm) in Abhängigkeit der Viskosität des Donator-Mediums;Akzeptormedium: 700 ml Aqua demin., 37 °C; Blattrührer-Apparatur 100 UpM; Mittelwerte ±Standardabweichung; n = 3; b) Wertetabelle des Massentransports und der Lag-Zeit über Eudragit RSMembranen bei erhöhter Viskosität des Mediums
Einfluss des Weichmacher-Anteils
Der Weichmacheranteil von Eudragit RS Überzügen ist ein weiterer Einflussfaktor auf die
Freisetzungseigenschaften. Wie Maus et al. [Maus 2007] durch Untersuchungen von Eudragit
RS Matrixeinbettungen zeigen konnten, kann die Freisetzungsrate einer Matrix in
Abhängigkeit des Weichmacheranteils reproduzierbar vorherbestimmt werden, sofern die
Verarbeitung des Polymers gewährleistet ist. Bei den Untersuchungen an Matrizes wurde
festgestellt, dass die Freisetzungsrate bei steigendem TEC-Gehalt zunimmt. Die
Auswirkungen des TEC-Gehalts auf die Permeabilität von freien Eudragit RS
Überzugsmembranen sind in Abb. 3-11 dargestellt.
Abb. 3-11 Permeation von Weinsäure (gesättigte Lösung 20 ml) über isolierte Eudragit RS 30D-Membranen (4 mg /cm2; 55 µm) in Abhängigkeit des Weichmacheranteils bezogen auf Polymermasse;Akzeptormedium: 700 ml Aqua demin., 37 °C; Blattrührer-Apparatur 100 UpM; Mittelwerte± Standardabweichung; n = 3
Anteil Methocel E5 M (m/m) Massenfluss [mg/(cm2 x h)] Lag-Zeit
0 % 54,7 ± 8,11 8 min
10 % 42,2 ± 3,50 16 min
20 % 32,2 ± 0,43 17 min
30 % 17,2 ± 0,08 19 min
a)b) Massentransport und Lag-Zeit in Abhängigkeit der Viskosität
0,0 0,5 1,0 1,5 2,00
20
40
60
80
100
120Eudragit RS - 0% Methocel E5 MEudragit RS - 10% Methocel E5 MEudragit RS - 20% Methocel E5 MEudragit RS - 30% Methocel E5 M
Fre
ise
tzu
ngW
eins
äure
[mg/
cm2]
Zeit [h]
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,00
10
20
30
40
50
60
70
Fre
iset
zung
Wei
nsäu
re[m
g/cm
2 ]
Zeit [h]
Eudragit RS -10% TECEudragit RS -15% TECEudragit RS -20% TECEudragit RS -25% TECEudragit RS -30% TEC
3.2 Einflussgrößen auf die Freisetzung durch Eudragit RS 30D Membranen 39
Der Weinsäure-Transport über isolierte Membranen erfolgt bei unterschiedlichen Anteilen des
Weichmachers in den Eudragit RS Membranen stets nach einer off-on Kinetik. Bei der
Permeabilitätsbestimmung ergibt sich jedoch kein signifikanter Unterschied der
Freisetzungsrate bei variierenden TEC-Anteilen. Dies steht in einem klaren Gegensatz zu den
Untersuchungen an Matrizes und zeigt, dass die an den QAG ablaufenden elektrostatischen
Wechselwirkungen durch unterschiedliche TEC-Anteile kaum beeinflusst werden.
Andererseits wird berichtet, dass unterschiedliche Weichmacheranteile auch mechanische und
thermische Eigenschaften wie die Elastizität und die Glasübergangstemperatur verändern
können. So nimmt die Glasübergangstemperatur von Eudragit RS Membranen proportional
mit steigenden TEC-Anteilen ab [Fetscher 1999; Wagner 2005b]. Wie in Abb. 3-17
dargestellt, existieren auch bei mit Eudragit RS überzogenen Weinsäurepellets Änderungen
des Freisetzungsverhaltens in Abhängigkeit des Weichmachergehaltes. Diese müssen
demnach entweder auf strukturelle oder mechanisch-thermische Eigenschaften zurückgeführt
werden. Deshalb werden DSC-Untersuchungen an isolierten Membranen zur Bestimmung der
Glasübergangstemperatur durchgeführt (s. Abb. 3-12c). Die mechanischen Eigenschaften in
Abhängigkeit des Weichmachergehalts werden durch Bestimmung der
Reißdehnungseigenschaften trockener Membranen untersucht (s. Abb. 3-12a+b).
Abb. 3-12 a) Mechanische Eigenschaften von trockenen Eudragit RS Membranen (55-60 µm),Prüfung nach DIN 527; b) Korrelation von Reißdehnung und Lag-Zeit überzogener Pellets; c) Tg vonEudragit RS Membranen in Abhängigkeit des TEC-Gehalts (m/m) bezogen auf Polymer, Bestimmungnach DIN 53 765
0,0
20,0
40,0
60,0
80,0
100,0
120,0
140,0
160,0
Reißdehnung[%] Elastizitätsmodul [N/mm²]
15% TEC20% TEC25% TEC30% TEC
y = 1,3182x - 47,245R² = 0,9991
0,0
20,0
40,0
60,0
80,0
100,0
120,0
140,0
160,0
20,0 40,0 60,0 80,0 100,0 120,0 140,0 160,0
Rie
ßd
ehn
un
g[%
]
Lag-Zeit [min]
TEC-Gehalt
(m/m) Polymer
Tg
gemessen
Tg Literatur
[Maus 2007]
0 % 57 °C 62 °C
10 % 39 °C 37 °C
15 % 31 °C 24 °C
20 % 23 °C 12 °C
25 % 16 °C 1 °C
Korrelation y = -161 x + 56 y = -251 x + 62
R2 0,998 0,999
b)
a) c)
40 3 Membrankontrollierte Freigabe von Weinsäure
Die mechanische Prüfung der Membranen zeigt eine deutliche Änderung der
Membraneigenschaften bei unterschiedlichem Weichmachergehalt (Abb. 3-12a). Der
Elastizitätsmodul als Maß für den inneren Widerstand einer Membran nimmt bei steigendem
Weichmacheranteil stark ab, gleichzeitig wird die Membran um ein Vielfaches dehnbarer.
Membranen mit 25 % (m/m) oder mehr Weichmacher lassen sich auf die doppelte Länge
dehnen. Bei osmotisch aktiven Überzugskernen ist aufgrund dieser Eigenschaften deshalb im
Gegensatz zu isolierten Membranen, auf die wenig osmotischer Druck ausgeübt wird,
tatsächlich ein Einfluss des Weichmachergehalts auf das Freisetzungsverhalten der
überzogenen Pellets zu erwarten. Dies bestätigt der Zusammenhang zwischen der Dehnbarkeit
isolierter Membranen und der Zunahme der Lag-Zeit überzogener Weinsäurepellets bei
steigendem Weichmacheranteil (Abb. 3-12b). Eine Änderung der Permeabilität wäre demnach
vor allem durch eine höhere Beweglichkeit der Polymerketten und durch das Herauslösen des
hydrophilen Weichmachers aus der Membran zu erwarten. Durch die höhere Porosität der
Membran müsste ihre Permeabilität dann mit steigendem Weichmacheranteil zunehmen.
Diese Ergebnisse bestätigen die Beobachtung, dass die Freisetzungsrate einer Eudragit RS
Membran im Gegensatz zu einer Matrix neben der Membrandicke maßgeblich durch die
Anzahl und die elektrostatischen Zustände der QAG gesteuert wird. Dementsprechend ist die
Freisetzungsrate unabhängig vom TEC-Gehalt der Membran. Die Lag-Zeit überzogener,
osmotisch-aktiver Pellets nimmt jedoch mit steigendem TEC-Anteil zu (s. Abb. 3-17) und
korreliert mit den mechanischen Eigenschaften isolierter Membranen, deren Reißdehnung
abhängig vom Weichmacheranteil ist (s. Abb. 3-12).
Einfluss von Polymermischungen
Das Mischen von Überzugs-Polymeren wird zunehmend in der Entwicklung kontrolliert
freisetzender Arzneiformen eingesetzt, wenn sich dadurch vorteilhafte Eigenschaften zur
Kontrolle der Freisetzung erzeugen lassen [Siepmann 2008b]. Dies umfasst sowohl den
Zusatz von Porenbildnern in ansonsten wenig durchlässigen Überzügen [Gunder 1995], als
auch das Mischen von Polymeren mit unterschiedlichen Freisetzungseigenschaften [Amighi
1995] oder Mischungen von Polymeren mit dem Zweck die physikalische Stabilität zu
erhöhen [Kucera 2008a; Kucera 2009; Kucera 2007; Kucera 2008b; Siepmann 2008a]. Der
Einsatz wässriger Polymerdispersionen bietet hier besondere Chancen und
Herausforderungen. Einerseits können auf Basis des gleichen Dispersionsmittels Polymere
mit chemisch völlig unterschiedlichen Strukturen gemischt werden. Andererseits muss bei der
Herstellung und Verarbeitung dieser Mischungen große Sorgfalt auf Kompatibilität und
Stabilität der Überzüge gelegt werden.
3.2 Einflussgrößen auf die Freisetzung durch Eudragit RS 30D Membranen 41
Die Mischbarkeit verschiedener Retardpolymere und deren Eignung zur
membrankontrollierten Freisetzung wurden zunächst an isolierten Membranen untersucht.
Alle Membranen wurden morphologisch auf Inkompatibilitäten wie Ausfällungen oder
Phasentrennung geprüft. Die verwendeten Membranen waren transparent und morphologisch
ohne Auffälligkeiten. Um den pulsatilen Charakter der Freisetzungsprofile von Eudragit RS
haltigen Membranen zu erhalten und um gleichzeitig die Freisetzungsrate im Vergleich zur
Freisetzung aus reinen Eudragit RS Überzügen zu senken, wurden Eudragit RS Membranen
mit einem zweiten Polymer im Mischungsverhältnis 1:3 hergestellt (s. Abb. 3-13a).
Durch das Mischen unterschiedlicher Polymere kann die Permeabilität von Eudragit RS
Membranen verringert werden. Insbesondere bei Mischungen mit den wenig permeablen
Polymeren Aquacoat ECD oder Eudragit NE ergaben sich bei dem ausgewählten
Mischungsverhältnis Profile mit geringer Freisetzungsrate. Die Kombination von
Kollicoat SR und Eudragit RS scheint zu diesem Zweck nicht geeignet zu sein, da trotz des
geringen Anteils Eudragit RS immer noch hohe Freisetzungsraten erzielt werden und damit
wenig Spielraum zur Steuerung der Freisetzungsrate besteht.
Weitere Versuche mit den chemisch verwandten Polymeren Eudragit RS und Eudragit NE
wurden durchgeführt, um die Freisetzungseigenschaften und die physikalische Stabilität in
Abhängigkeit von unterschiedlichen Mischungsverhältnissen zu bewerten. Der Einfluss des
Mischungsverhältnisses der Polymere auf die Permeabilität der Membranen wurde durch
Diffusionsexperimente bestimmt. In Abb. 3-13b zeigt sich, dass alle Eudragit RS haltigen
Membranen eine off-on Kinetik mit unterschiedlichen Verzögerungszeiten aufweisen. Mit
abnehmendem Eudragit RS Anteil sinkt die Permeabilität. Zudem reduziert sich der pulsatile
Charakter, und die Permeabilitätsprofile zeigen eher einen Diffusionsprozess.
Abb. 3-13 Permeation von Weinsäure (gesättigte Lösung 20 ml) über a) verschiedeneMischpolymermembranen mit Eudragit RS 30D; b) verschiedene Mischpolymermembranen vonEudragit RS/Eudragit NE; je (4 mg /cm2; 55 µm); Akzeptormedium: 700 ml Aqua demin., 37 °C;Blattrührer-Apparatur 100 UpM; Mittelwerte ± Standardabweichung; n = 3
0,0 0,5 1,0 1,5 2,00
2
4
6
8
10
Fre
iset
zung
Wei
nsäu
re[m
g/cm
2 ]
Zeit [h]
Eudragit RSEudragit RS/ Kollicoat SR 25:75Eudragit RS/ Aquacoat ECD 25:75Eudragit RS/ Eudragit NE 25:75
0,0 0,5 1,0 1,5 2,00
2
4
6
8
10
Fre
iset
zung
Wei
nsäu
re[m
g/cm
2 ]
Zeit [h]
Eudragit RSEudragit RS/ NE 75:25Eudragit RS/ NE 50:50Eudragit RS/ NE 25:75Eudragit NE
a) b)
42 3 Membrankontrollierte Freigabe von Weinsäure
Nach der von Couchman [Kucera 2009] entwickelten Gleichung können die
Glasübergangstemperaturen von Polymermischungen wie folgt berechnet werden:
)()( 221112 wTwTT ggg Gl. 3.1
Tg12= Tg der Polymermischung
Tg1 = Tg des ersten Polymers
w1 = Massenanteil des ersten Polymers
Tg2 = Tg des zweiten Polymers
w2 = Massenanteil des zweiten Polymers
Die gemessenen Glasübergangstemperaturen (s. Tabelle 3-2) stimmen gut mit den
Literaturwerten überein [Degussa 2007; Kucera 2009; Wagner 2005b] und die DSC-
Thermogramme zeigen einzelne Phasenübergänge. Weitere thermische Ereignisse sind im
Thermogramm nicht zu beobachten. Dies bestätigt, dass die Polymere miteinander mischbar
sind. Mit zunehmendem Anteil des weichen, elastischen Polymers Eudragit NE nehmen also
die Glasübergangstemperatur ab und die mechanische Flexibilität des Polymers zu.
Tabelle 3-4 Tg von Polymermischungen; gemessen und berechnet nach Gl. 3.1
Polymere Mischungsverhältnis Tg gemessenTg berechnet/Literatur
Eudragit RS - 56 631, 672
Eudragit RS/Eudragit NE
3 : 1 44 49,53
Eudragit RS/Eudragit NE
1 : 1 33 363, 382
Eudragit RS/Eudragit NE
1 : 3 21 223, 232
Eudragit NE - 9 91, 132
Durch Mischen der Polymere lassen sich also die Lag-Zeit und die Freisetzungsrate deutlich
beeinflussen. Vor dem Mischen der Polymere müssen die pH-Werte der zu mischenden
Dispersionen jedoch durch Zugabe von Säure bzw. Lauge vorsichtig einander angepasst
werden. Da sich zudem die Viskosität der Dispersion beim Mischen der Polymere
vorrübergehend erhöht, ist eine Verdünnung der Dispersionen im Verhältnis 1:1 mit Wasser
zu empfehlen (s. Kap. 8.3.4). Bei sorgfältigem Vorgehen können die beiden Polymere so in
einem großen Bereich miteinander gemischt werden und gleichzeitig können
Permeabilitätsprofile in einem breiten Spektrum generiert werden. Dieser Ansatz stellt daher
eine interessante Möglichkeit zur Steuerung einer membrankontrollierten Freigabe von
1 Degussa 20072 Kucera 20093 Berechnet nach Gl. 3.1
3.2 Einflussgrößen auf die Freisetzung durch Eudragit RS 30D Membranen 43
Weinsäure dar. Inwieweit sich diese Eigenschaften auf überzogene Pellets übertragen lassen
wird in Kapitel 3.2.3 untersucht.
3.2.2 Untersuchung der Einflussgrößen an überzogenen Pellets
Einfluss von Anionen beim ioneninduzierten Transport
Der Effekt von Anionen auf die Permeabilität von kationischen Polymethacrylatmembranen
konnte beim Screening der Weinsäurepermeabilität an isolierten Membranen beobachtet und
nachgewiesen werden. Die Gültigkeit des beschriebenen Mechanismus auf überzogene
Weinsäurepellets zeigt Abb. 3-14. Durch die Blockade der QAG mit Sulfat kann die Lag-Zeit
von überzogenen Pellets bis zur pulsatilen Freisetzung in Übereinstimmung mit den
Ergebnissen an isolierten Membranen von 35 auf 55 Minuten verlängert werden. Die
Freisetzungsrate bleibt unverändert, da sie vor allem von der Hydratationshülle der
austauschenden Tartrat-Ionen abhängt. Dies bedeutet, dass durch Umladung der QAG der
Membran die Lag-Zeit bei identischem Polymerauftrag verlängert werden kann. Diese
Erkenntnis bietet die Option die Überzugsmenge bei gleichbleibender Freisetzung zu
reduzieren und damit die Prozesszeit und die Materialkosten zu senken [Grützmann 2005].
Abb. 3-14 Freisetzungsdaten überzogener Weinsäurepellets a) Effekte ionischer Beladung der QAG,mit/ohne Sulfat b) Einfluss der Überzugsmenge auf das Freisetzungsverhalten, QAG ohne Sulfat;Freisetzung in 700 ml Aqua demin., 37 °C; Drehkörbchen-Apparatur 100 UpM; Einwaage: 500 mgPellets; Mittelwerte ± Standardabweichung; n = 3
Einfluss der Membrandicke
Bei Diffusionsüberzügen kann die Freisetzungsgeschwindigkeit einer membrankontrollierten
Arzneiform durch Variation der Auftragsmenge häufig sehr gut gesteuert werden. Der
Einfluss unterschiedlicher Überzugsniveaus auf die Freisetzungseigenschaften von mit
Eudragit RS retardierten Weinsäurepellets ist in Abb. 3-15 dargestellt.
0 1 2 3 40
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
110
frei
gese
tzte
rA
ntei
l[%
]
Zeit [h]
10% Eudragit RS o. Sulfat20% Eudragit RS o. Sulfat30% Eudragit RS o. Sulfat40% Eudragit RS o. Sulfat
0 1 2 3 40
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
110
frei
gese
tzte
rA
ntei
l[%
]
Zeit [h]
20 % Eudragit RS o. Sulfat20 % Eudragit RS m. Sulfat
a) b)
44 3 Membrankontrollierte Freigabe von Weinsäure
Abb. 3-15 Einfluss der Überzugsmenge auf das Freisetzungsverhalten überzogenerWeinsäurepellets; Freisetzung in 700 ml Aqua demin., 37 °C; Drehkörbchen-Apparatur 100 UpM;Einwaage: 500 mg Pellets; Mittelwerte ± Standardabweichung; n = 3
Ein höheres Überzugsniveau hat großen Einfluss auf die Dauer der Lag-Zeit. Auch diese
Beobachtung stimmt mit den Ergebnissen der Permeabilitätsuntersuchung an isolierten
Membranen überein. Die Freisetzungsgeschwindigkeit nimmt, wie zu erwarten, bei
steigendem Überzugsniveau ab. Sie bleibt aber auch bei Auftragsmengen von 40 % (m/m)
Polymer noch so hoch, dass innerhalb von zwei Stunden die gesamte Weinsäuremenge
freigesetzt wird. Nach der Theorie des ioneninduzierten Transports kann dieses Verhalten
damit erklärt werden, dass die fest gebundenen Sulfat-Ionen, besonders bei großen
Überzugsmengen, im inneren Bereich des Überzugs nur schwer von den Ammoniumgruppen
des Polymers verdrängt werden können, da hierfür eine ausreichend hohe Konzentration des
austauschenden Anions vorliegen muss. Ist diese Schwelle jedoch erreicht, kommt der sehr
effektive Transportprozess schnell in Gang.
Vergleicht man Abb. 3-14b und Abb. 3-15 miteinander, so kann festgestellt werden, dass der
Einfluss der Anionen unabhängig vom Überzugsniveau eine Rolle spielt und die
Verzögerungszeit bei Membranen mit blockierten QAG stets deutlich länger ist.
Die Erkenntnis, dass mit Eudragit RS Überzügen eine pulsatile Freigabe der Weinsäure nach
einer ausgeprägten Verzögerungszeit von bis zu vier Stunden erreicht werden kann, eröffnet
für die kontrollierte Freigabe pH-abhängig schwerlöslicher Wirkstoffe große Chancen.
0 1 2 3 4 5 6 7 8 90
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
110
frei
gese
tzte
rA
ntei
l[%
]
Zeit [h]
10% Eudragit RS20% Eudragit RS30% Eudragit RS40% Eudragit RS
3.2 Einflussgrößen auf die Freisetzung durch Eudragit RS 30D Membranen 45
Einfluss der Viskosität
Eine Erhöhung der Viskosität des Diffusionsmediums lässt sich bei überzogenen
Arzneiformen entweder durch die Einbettung der Weinsäure in eine viskositätserhöhende
Matrix oder durch die Etablierung einer zusätzlichen hochviskosen Diffusionsbarriere in
Form eines Subcoatings zwischen Weinsäure und Eudragit RS realisieren. Freisetzungsprofile
dieser beiden Möglichkeiten sind in Abb. 3-16 dargestellt.
Abb. 3-16 Freisetzungsdaten von Eudragit RS überzogenen Weinsäurepellets (4 mg/cm2) mitzusätzlicher viskoser Diffusionsbarriere; a) Weinsäure in HPMC-Matrix eingebettet; b) 10% (m/m)HPMC-Subcoating
Die Freisetzung aus den überzogenen Matrizes in Abb. 3-16a zeigt ein komplett
unterschiedliches Verhalten gegenüber mehrschichtigen Pellets. Dabei spielen
Quellungseffekte der Matrix und die weniger runde Form der Pellets eine Rolle. Diese Option
kommt für eine membrankontrollierte Freigabe deshalb nicht weiter in Betracht. Durch ein
HPMC-Subcoating, kann die Verzögerungszeit und die Freisetzungsrate jedoch tatsächlich
weiter verzögert werden (s. Abb. 3-16b). Dieser Ansatz stimmt mit den Beobachtungen an
isolierten Membranen überein. Allerdings werden für das Aufbringen von wässrigen HPMC
Schichten lange Prozesszeiten benötigt, da aufgrund der Viskosität der HPMC Lösung deren
Feststoffgehalt zum Versprühen maximal sechs Prozent betragen sollte.
Einfluss des Weichmacher-Anteils
Der Einfluss des Weichmacheranteils auf die Freisetzungseigenschaften von überzogenen
Arzneiformen wurde in mehreren Berichten festgestellt [Frohoff-Hülsmann 1999; Lippold
2001a; Siepmann 1999; Tang 2005]. Vom Hersteller wird für Filmüberzüge von Eudragit RS
ein Weichmacheranteil von 20 % (m/m) empfohlen, um die Mindestfilmbildetemperatur
soweit zu senken, dass ein komplettes Ausfilmen des Überzugs bei den üblichen
Prozesstemperaturen von ca. 35 °C gewährleistet ist [Petereit 1999]. Höhere Anteile steigern
0 4 8 12 16 20 240
20
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ges
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An
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Wei
nsä
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[%]
Zeit [h]
20 % (m/m) Methocel K 100 M20 % (m/m) Methocel K 15 M20 % (m/m) Methocel E 10 M
0 1 2 3 4 5 60
20
40
60
80
100
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ges
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ter
An
teil
Wei
nsä
ure
[%]
Zeit [h]
20 % Eudragit RS10 % HPMC + 20 % Eudragit RS
a) b)
46 3 Membrankontrollierte Freigabe von Weinsäure
die Klebetendenz der Pellets während des Überzugsprozess deutlich. Bei optimalen
Prozessparametern lassen sich solche Überzüge dennoch problemlos herstellen.
Die Theorie des freien Volumens besagt, dass bei einer höheren Beweglichkeit der
Polymerketten durch hohe Weichmacheranteile die diffundierenden Stoffe leichter durch das
Polymernetzwerk diffundieren können [Siepmann 1999]. In einer anderen Hypothese wird
postuliert, dass die Porosität der Membran und die Freisetzungsgeschwindigkeit durch
hydrophile Weichmacher erhöht wird, weil diese im Freisetzungsmedium schnell aus der
Polymermatrix herausgelöst werden [Fetscher 1999; Gruetzmann 2005]. Den Einfluss des
Weichmacheranteils auf das Freisetzungsverhalten überzogener Weinsäurepellets zeigt
Abb. 3-17.
Abb. 3-17 Freisetzungsverhalten von mit Eudragit RS überzogenen Weinsäurepellets in Abhängigkeitdes Weichmachergehalts; Freisetzung in 700 ml Aqua demin., 37 °C; Drehkörbchen-Apparatur 100UpM; Einwaage: 500 mg Pellets; Mittelwerte ± Standardabweichung; n = 3
Entgegen der Erwartung, dass hydrophile Weichmacher sich schnell aus dem Filmüberzug
lösen und damit die Porosität des Überzugs erhöhen, wie dies auch bei Eudragit RS Matrizes
beobachtet werden konnte [Maus 2007], erfolgt die Weinsäure-Freisetzung aus Eudragit RS
Membranen bei steigendem Weichmacheranteil zunehmend verzögert. Auffällig ist dabei,
dass die Permeabilität der Überzüge nur sehr wenig variiert, die Lag-Zeit jedoch mit
zunehmendem Weichmacheranteil sehr stark verlängert wird. Das Freisetzungsverhalten der
Eudragit RS Membranen für Weinsäurepellets bei unterschiedlichen TEC-Anteilen steht
damit im Gegensatz zu den Beobachtungen an Matrizes sowie zu der für
diffusionskontrollierte Überzüge postulierten Theorie des freien Volumens. Durch
Untersuchungen an isolierten Membranen konnte der Einfluss des Weichmachers auf
0 1 2 3 4 5 60
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re[%
]
Zeit [h]
Eudragit RS 10% TECEudragit RS 15% TECEudragit RS 20% TECEudragit RS 25% TECEudragit RS 30 % TEC
3.2 Einflussgrößen auf die Freisetzung durch Eudragit RS 30D Membranen 47
mechanische und thermische Eigenschaften bestätigt, und ein Zusammenhang zwischen
Reißdehnung und zunehmender Lag-Zeit bei steigendem TEC-Anteil hergestellt werden
(Abb. 3-12b). Aufgrund dieser Untersuchungen liegt deshalb die Vermutung nahe, dass sich
die Membranpermeabilität durch den Weichmacheranteil nicht verändert, sondern die
unterschiedlichen mechanischen Eigenschaften für die Unterschiede der Freisetzungsprofile
verantwortlich sind. Dies wurde erneut durch eine zeitabhängige Bild-Analyse einzelner
Pellets untersucht (s. Abb. 3-18).
Abb. 3-18 Verlauf der Oberflächenzunahme überzogener Pellets; Inkubation in Aqua demin.; 23 °C
Dabei zeigt sich, dass sowohl der Verlauf als auch das Ausmaß der Zunahme der
Pelletoberfläche vom Weichmacheranteil abhängig sind. So verändert sich die Geometrie der
Pellets bei dem wenig dehnbaren Überzug mit 10 % (m/m) TEC nur sehr wenig. Die
elastischeren Überzüge mit 20 % bzw. 30 % (m/m) TEC ermöglichen den Pellets bei intaktem
Überzug jedoch eine Zunahme der Oberfläche um bis zu 50 %. Der zeitliche Verlauf der
Quellung ist ebenfalls sehr unterschiedlich. Pellets mit Überzügen, die 20 % (m/m) TEC
enthalten erreichen bereits nach vier Stunden die maximale Ausdehnung. Enthält der Überzug
30 % (m/m) TEC, wird dies erst nach sechs Stunden erreicht. Daraus kann geschlossen
werden, dass der Wassereinstrom je nach Elastizität der Membran unterschiedlich lange
andauert. Die Freisetzung beginnt erst mit Erreichen der Endausdehnung der Membran, die
abhängig von der Elastizität der Membran und des herrschenden osmotischen Drucks im
Pellet ist. Offensichtlich dominiert die Ausdehnungskinetik des Films über die
Oszillationskinetik der Anionen um die QAG. Dadurch kommt letztere erst bei abnehmender
Ausdehnungsgeschwindigkeit zum Tragen. Einen Erklärungsansatz für die dabei unveränderte
Permeabilität der Membranen bietet ebenfalls die Theorie des ioneninduzierten Transports.
0,5 h 1 h 2 h 4 h 6 h0
10
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30
40
50
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70
80
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henz
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[%]
Eudragit RS- 10 % TECEudragit RS- 20 % TECEudragit RS- 30 % TEC
48 3 Membrankontrollierte Freigabe von Weinsäure
Danach ist für den Transportmechanismus zwar die räumliche Verteilung der Ammonium-
Gruppen, an denen ein Medienstrom induziert werden kann insbesondere für das Starten des
Medienflusses sehr wichtig. Dass sich dadurch die Membranpermeabilität nicht wesentlich
ändert, liegt jedoch darin begründet, dass sich die Anzahl der QAG ebenfalls nicht ändert.
3.2.3 Polymermischungen mit Eudragit RS 30D
Eine weitere Option zur Steuerung der Freisetzung aus Eudragit RS Membranen ist damit die
Einflussnahme auf die räumliche Dichte der QAG-Verteilung. Eine Möglichkeit die QAG-
Verteilung weiter zu „verdünnen“ ist die Mischung nichtionischer Polymere mit kationischem
Polymethacrylat. Dies konnte in Kapitel 3.2.1 durch Permeabilitätsbestimmungen an
isolierten Filmüberzügen nachgewiesen werden. Dadurch bietet sich die Möglichkeit über
verschiedene Mischungsverhältnisse ein breiteres Spektrum an Freisetzungsprofilen zu
realisieren und gleichzeitig die vorteilhafte Eigenschaft der Eudragit RS Membranen,
sigmoidale Freisetzungsprofile zu erzeugen, in das Freisetzungsverhalten der Überzuge zu
integrieren. Über den Verdünnungseffekt hinaus ist jedoch zu erwarten, dass auch die
Eigenschaften des zweiten Polymers, je nach Mischungsverhältnis, wesentlichen Einfluss auf
die Eigenschaften des Misch-Überzugs haben werden. Solche Überzüge von Eudragit RS
wurden mit den Polymeren Aquacoat ECD, Eudragit NE und Kollicoat SR hergestellt.
Abb. 3-19 zeigt das Freisetzungsverhalten von Weinsäurepellets, die mit Mischüberzügen in
verschiedenen Mischungsverhältnissen jeweils mit einer Auftragsmenge von 20 % (m/m)
Polymer überzogen wurden.
Abb. 3-19 Freisetzungsdaten überzogener Weinsäurepellets; 20 % (m/m) Polymerauftrag (4 mg/cm2);a) Mischpolymermembranen mit Eudragit RS 30D im Verhältnis 1:1; b) Mischpolymermembranen vonEudragit RS 30D im Verhältnis 1:3; Freisetzung in 700 ml Aqua demin., 37 °C; Drehkörbchen-Apparatur 100 UpM; Einwaage: 500 mg Pellets; Mittelwerte ± Standardabweichung; n = 3
0 1 2 3 4 5 6 7 8 90
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Zeit[h]
20 % Eudragit RS/Kollicoat SR 1:120 % Eudragit RS/ Eudragit NE 1:120 % Eudragit RS/ Aquacoat ECD 1:1
0 1 2 3 4 5 6 7 8 90
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]
Zeit [h]
20 % Eudragit RS/Kollicoat SR 1:320 % Eudragit RS/ Eudragit NE 1:320 % Eudragit RS/ Aquacoat ECD 1:3
a) b)
3.2 Einflussgrößen auf die Freisetzung durch Eudragit RS 30D Membranen 49
Beim Vergleich dieser Überzüge fällt auf, dass Überzüge mit Kollicoat SR eine höhere
Freisetzungsgeschwindigkeit haben als reine Eudragit RS Überzüge. Der vermeintliche
Verdünnungseffekt der QAG konnte nicht beobachtet werden. Dies könnte in der sehr hohen
Wasseraufnahmekapazität des Kollicoat SR begründet sein [Strübing 2007]. Durch die gute
Hydratisierung der Membran wird der Verdünnungseffekt überlagert und der Anionen-
Austausch an den QAG sofort ausgelöst.
Überzüge mit Aquacoat ECD sind dagegen hydrophob und kaum quellbar [Wesseling 1999a].
Im Vergleich zu reinen Eudragit RS Überzügen erfolgt die Freisetzung, wie erwartet, deutlich
verzögert und mit einer geringeren Freisetzungsrate. Der Einfluss beider Polymere ist gut zu
erkennen. Durch den Eudragit RS Anteil wird nach der Verzögerungszeit ein Medienstrom
induziert und im Vergleich zu reinen Aquacoat ECD Überzügen die Freisetzungsrate erhöht.
Gleichzeitig zeigt sich in dem Freisetzungsprofil, das nach etwa 40 % - 60 % Freisetzung
deutlich abflacht, die diffusionskontrollierte Natur von Aquacoat ECD Überzügen. Bei
Überzügen mit geringem Eudragit RS Anteil tritt dies ausgeprägter auf.
Mischüberzüge von Eudragit RS und Eudragit NE wurden detailliert untersucht (s. Abb. 3-
20). Dabei zeigt sich, dass über die Wahl des Mischungsverhältnisses der beiden Polymere,
gezielt Einfluss auf die Freisetzungsrate genommen werden kann. Wie Abb. 3-20b zeigt
nimmt die Freisetzungsrate linear ab, je weniger Eudragit RS und damit je geringer die QAG-
Dichte in dem verwendeten Überzug ist.
Abb. 3-20 a) Freisetzungsdaten von Weinsäurepellets mit Eudragit RS- Eudragit NE Überzügen; 20 %(m/m) Polymerauftrag Mischpolymermembranen von Eudragit RS/Eudragit NE, unterschiedlicheMischungsverhältnisse; Freisetzung in 700 ml Aqua demin., 37 °C; Drehkörbchen-Apparatur 100UpM; Einwaage: 500 mg Pellets; Mittelwerte ± Standardabweichung; n = 3; b) KorrelationFreisetzungsrate (Pellets) / Anteil Eudragit RS
a) b)
y = 0,2144x + 2,76
R² = 0,948
0
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Freisetzungsrate[m
g/cm
2*h]
Anteil Eudragit RS [%] (m/m) Gesamtpolymer0 1 2 3 4 5 6 7 8 9
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Eudragit RSEudragit RS/NE 75:25Eudragit RS/NE 50:50Eudragit RS/NE 25:75Eudragit NE
frei
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]
Zeit [h]
50 3 Membrankontrollierte Freigabe von Weinsäure
Das typisch sigmoidale Profil bleibt erhalten. Im Vergleich zu einem reinen Eudragit NE-
Überzug beträgt die Verzögerungszeit der Mischüberzüge nur etwa 60 Minuten. Dies zeigt,
dass auch bei geringen Eudragit RS Anteilen ein ioneninduzierter Medienstrom ausgelöst
wird, der die geringe Permeabilität des Eudragit NE erhöht. Dabei steht die Freisetzungsrate
der Pellets in einem linearen Zusammenhang mit dem Mischungsverhältnis des Überzugs
(s. Abb. 3-20b).
Das Mischen verschiedener Polymere eignet sich somit, um neue Freisetzungsprofile zu
genieren, die sich aus den Eigenschaften der einzelnen Polymere zusammensetzen. Während
Eudragit RS - Kollicoat SR Überzüge eine sehr schnelle Freisetzung erlauben, kann mit den
Polymeren von Aquacoat ECD und Eudragit NE das Freisetzungsprofil von Eudragit RS
Überzügen so variiert werden, dass sich zusätzliche Möglichkeiten ergeben eine kontrollierte
Weinsäurefreisetzung als Baustein in mehrschichten Systemen zur kontrollierten Freisetzung
für pH-abhängig schwerlösliche Wirkstoffe einzusetzen.
3.2.4 Stabilitätsuntersuchungen an überzogenen Weinsäurepellets
Der Einsatz wässriger Latex- oder Pseudolatex-Dispersionen beim Überziehen von
Arzneiformen bietet gegenüber Überzügen auf organischer Basis viele Vorteile. Ein häufig
beschriebenes Problem bei der Anwendung wässriger Dispersion ist jedoch die physikalische
Stabilität dieser Überzüge [Bando 2006; Lippold 2001b; Thoma 1999]. Stabilitätsprobleme
von Polymermembranen können insbesondere durch eine unvollständige Filmbildung
während des Herstellungsprozesses oder durch physikalische Umwandlungen der
Polymerkonformität während der Lagerung entstehen [Lippold 2001b]. Um eine vollständige
Filmbildung der Überzüge aus wässrigen Dispersionen zu gewährleisten, werden überzogene
Arzneiformen häufig einer thermischen Nachbehandlung unterzogen [Amighi 1996; Yang
2010], dem sogenannten ‚Curing‘. Die überzogene Arzneiform wird dazu für eine definierte
Zeit einer Temperatur ausgesetzt, die mindestens 10 °C über der Mindestfilmbildetemperatur
des Überzugs liegen sollte. In dieser Zeit können unvollständig ausgefilmte
Dispersionströpfchen koaleszieren und das Polymernetzwerk vervollständigen. Man
unterscheidet davon die physikalischen Umwandlungsprozesse der Membranen, auch als
‚Aging‘ bezeichnet. Sie sind abhängig von Zeit, Temperatur und relativer Feuchte [Muschert
2008]. Die treibende Kraft dieser Umwandlungsprozesse ist das Streben der Polymere ein
thermodynamisches Gleichgewicht zu erreichen [Struik 1978], bei dem die molekulare
Bewegung der Polymerketten ein Minimum erreicht. Dabei kann sich das Polymernetzwerk
3.2 Einflussgrößen auf die Freisetzung durch Eudragit RS 30D Membranen 51
zunehmend verdichten, was Auswirkungen auf die Permeabilität haben kann und sich häufig
in Veränderungen des ursprünglichen Freisetzungsprofils niederschlägt [Siepmann 2008a].
In der Literatur sind diese Phänomene für Eudragit RS, Aquacoat ECD und Eudragit NE
beschrieben [Amighi 1996; Amighi 1997; Gutierrez-Rocca 1993; Körber 2010]. Mischungen
der in ihrer chemischen Struktur verwandten Polymere Eudragit RS und Eudragit NE zeigen
interessante Freisetzungseigenschaften beim Einsatz zur membrankontrollierten
Weinsäurefreigabe (s. Kap. 3.2.3). Vor dem routinemäßigen Einsatz dieser Membranen sind
Stabilitätsuntersuchungen deshalb unbedingt erforderlich.
Da die Glasübergangstemperatur von Eudragit NE weit unterhalb der Raum- und
Verarbeitungstemperatur liegt, sollte eine thermische Nachbehandlung dieser Überzüge nicht
notwendig sein. Für Überzüge von Eudragit RS wird eine Temperzeit von 12 bis 24 h bei
40 °C empfohlen [Lehmann 1989]. Bezüglich des Freisetzungsverhaltens in Abhängigkeit
verschiedener Temperbedingungen wurden dennoch umfangreiche Untersuchungen der
Stabilität an isolierten Filmen und überzogenen Pellets mit Überzügen von Eudragit RS -
Eudragit NE Mischungen durchgeführt (s. Abb. 3-21d). Die Untersuchung der Curing-
Bedingungen an isolierten Membranen bietet dabei den Vorteil, dass Inkompatibilitäten mit
dem Kerns ausgeschlossen werden können und keine Zersetzung der aktiven Inhaltsstoffe
berücksichtigt werden muss.
Wie Abb. 3-21 zeigt, verändert sich die Permeabilität von isolierten Membranen
temperaturabhängig sehr stark. Da die Polymere nach der Herstellung offensichtlich nicht ihr
thermodynamisches Gleichgewicht erreicht haben, werden die optimalen Bedingungen zur
thermischen Nachbehandlung ermittelt.
52 3 Membrankontrollierte Freigabe von Weinsäure
Abb. 3-21 Freisetzungs- bzw. Permeationsverhalten einer Eudragit RS/ Eudragit NE 1:1 Membran beiunterschiedlichen Temperbedingungen; a) isolierte Filme, Tempern bei RT (rot); b) isolierte Filme,Tempern bei 40 °C (blau); c) isolierte Filme, Tempern bei 60 °C (grün); d) überzogenen Pellets;Tempern bei 40 (blau) bzw. 60 °C (grün); Versuche in 700 ml Aqua demin., 37 °C; Mittelwerte ±Standardabweichung; n = 3
Nach einer Behandlung der Überzüge über 24 Stunden bei 40 °C (s. Abb. 3-21b) nimmt die
Freisetzungsrate deutlich ab. Auch nach 2 Wochen Lagerung bei 40 °C wird jedoch kein
stabiles Niveau der Freisetzungsrate erreicht. Bei einer thermischen Behandlung bei 60 °C
sinkt die Freisetzungsrate in kürzeren Zeiträumen noch sehr viel stärker ab (s. Abb. 3-21c).
Das Ausmaß der Permeabilitätsunterschiede zwischen ungetemperten und getemperten
Membranen ist enorm (vgl. Abb. 3-21a und 3-21c). Erst nach zwei Wochen bei 60 °C scheint
ein stabiler Zustand erreicht zu sein. Da Veränderungen der Membran selbst bei einer
Lagerung bei 40 °C, also deutlich oberhalb der Glasübergangstemperatur der beiden
Polymere, über mehrere Wochen andauern, erscheint eine unvollständige Filmbildung als
Ursache für die Permeabilitätsänderungen sehr unwahrscheinlich.
Die Untersuchungen der thermischen Effekte auf das Freisetzungsprofil überzogener Pellets
stimmen mit den Beobachtungen an isolierten Membranen überein (Abb. 3-21d). Selbst bei
40°C ist nach mehr als 4 Wochen noch kein stabiles Niveau erreicht. Diese Ergebnisse deuten
daraufhin, dass sich die Polymerketten nicht in ihrem thermodynamischen Gleichgewicht
0,0 0,5 1,0 1,5 2,00
5
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Zeit [h]
0h RT12h 40°C24h 40°C48h 40°C72h 40°C1 week 40°C2 week 40°C
0,0 0,5 1,0 1,5 2,00
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Zeit [h]
0h RT24h RT96h RT1 week RT2 week RT
0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,00
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Zeit [h]0,0 0,5 1,0 1,5 2,0
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g/cm
2 ]
Zeit [h]
0h RT12h 60°C24h 60°C48h 60°C72h 60°C96h 60°C1 week 60°C2 week 60°C4 week 60°C
a) b)
c) d)
3.2 Einflussgrößen auf die Freisetzung durch Eudragit RS 30D Membranen 53
befinden und eine weitere Verdichtung der Membran durch Ausrichten, Entwinden und
stärkere Interdiffusion der Polymerketten möglich ist. Je höher die dazu zur Verfügung
stehende Energie ist, desto schneller läuft dieser Prozess ab. Die Vermutung, dass sich die
beiden Polymere beim Erreichen des energetisch günstigsten Zustands behindern könnten,
muss dabei ebenfalls in Betracht gezogen werden [Kucera 2009]. Das hier beobachtete
Phänomen spielt deshalb besonders bei weichen Polymeren mit einer niedrigen
Glasübergangstemperatur eine Rolle, da die Umorientierung dieser Polymerketten in diesem
Fall so schnell abläuft, dass makroskopische Effekte sichtbar werden. Bei Polymeren mit
Glasübergangtemperaturen oberhalb der Raumtemperatur werden dieselben Vorgänge
thermodynamisch so langsam ablaufen, dass sie für die Stabilität der Arzneiformen keine
Rolle spielen. Es ist offensichtlich, dass es sich bei dem untersuchten Überzug um ein sehr
thermo-empfindliches System handelt. In weiteren Untersuchungen müsste deshalb geprüft
werden, ob sich die Stabilität dieses Überzugs durch Wahl anderer Prozessparameter bereits
bei der Herstellung verbessern lässt.
3.2.5 Zusammenfassung der Ergebnisse
Eudragit RS Membranen sind geeignet eine pulsatile, zeitkontrollierte Freisetzung von
Weinsäure zu gewährleisten. Zur gezielten Steuerung der Freisetzungsrate und der Lag-Zeit
wurden die relevanten Einflussfaktoren sowohl an isolierten Filmüberzügen wie auch an
überzogenen Pellets untersucht.
Da der Freisetzungsmechanismus von Eudragit RS Membranen auf einem ioneninduzierten
Transport an QAG der Membran beruht, spielt die Art und die Konzentration von Anionen in
der Umgebung eine wichtige Rolle für die Freisetzungseigenschaften. So kann durch die
Blockade der QAG mit Sulfat-Ionen die Lag-Zeit rezepturabhängig mit geringem Aufwand
deutlich verlängert werden, ohne die Überzugsmenge zu ändern. Durch Veränderungen des
Überzugsniveaus können Lag-Zeit und Freisetzungsrate gesteuert werden. Bei
Überzugsmengen zwischen 20 % und 40 % (m/m) werden Verzögerungszeiten zwischen ein
und vier Stunden erzielt. Eine Viskositätsbarriere vor der Überzugsmembran behindert den
Stofftransport zusätzlich und kann gegebenenfalls zur verstärkten Retardierung, zum Beispiel
in Form eines Subcoatings, auf Mehrschichtpellets angewendet werden. Wie sich durch
Untersuchungen an isolierten Filmüberzügen zeigt verändern unterschiedliche Mengen an
Weichmacher die mechanischen und thermischen Eigenschaften von Eudragit RS
Membranen. Dadurch können die Freigabeeigenschaften indirekt beeinflusst werden. So setzt
die Freisetzung aus überzogenen Pellets mit hohen Weichmacheranteilen erst nach deutlich
54 3 Membrankontrollierte Freigabe von Weinsäure
längeren Verzögerungszeiten ein. Durch den osmotischen Druck des Pelletkerns werden die
viel Weichmacher enthaltenden, sehr dehnbaren Überzüge stark gedehnt. Durch den lange
anhaltenden Wassereinstrom wird die Freisetzung behindert und dies führt somit indirekt zu
einer rezepturabhängigen Verzögerung des Freisetzungsbeginns.
Neue Eigenschaften von Überzugsmembranen und interessante Varianten der
Freisetzungsprofile können durch Mischungen von Überzugspolymeren mit Eudragit RS
erzielt werden. Dabei sind insbesondere Mischungen der chemisch sehr ähnlichen Polymere
Eudragit RS und Eudragit NE geeignet, die die Freisetzungsrate und die Verzögerungszeit in
Abhängigkeit des Mischungsverhältnisses zu steuern.
Filmüberzüge auf wässriger Basis neigen oft zu physikalischen Instabilitäten mit
Veränderungen des Freisetzungsprofils. Das bestätigen Stabilitätsuntersuchungen an
Weinsäure-Pellets, die mit einem Mischüberzug aus Eudragit RS und Eudragit NE beschichtet
wurden. Auf die Wahl optimaler Herstellungs- und Temperbedingungen muss bei
empfindlichen Überzügen auf wässriger Basis deshalb besonderes Augenmerk gelegt werden.
3.3 Einflussgrößen auf die Freisetzung durch Aquacoat ECD Membranen 55
3.3 Einflussgrößen auf die Freisetzung durch Aquacoat ECD
Membranen
Ethylcellulose stellt als teilsynthetisches Polymer einen wasserunlöslichen Filmbildner dar,
der für Isolierschichten und zur Retardierung von festen Arzneiformen eingesetzt wird
[Schultz 1997a; Schultz 1997b; Thoma 1998].
Die Freisetzungsrate bei diffusionsgesteuerten Ethylcelluloseüberzügen wird durch folgende
Faktoren beeinflusst:
- Herstellprozess (organisch/ wässrig)
- Membrandicke
- Weichmacher (Typ und Anteil)
- Zusatz von Porenbildner
3.3.1 Einfluss des Herstellungsprozesses (organisch / wässrig)
Ethylcellulose kann sowohl als organische Lösung als auch als wässrige Pseudolatex-
Dispersion verarbeitet werden. Neben der Zusammensetzung ist für die Qualität eines Filmes
die Art der Filmbildung ein wichtiges Kriterium [Wesseling 1999a]. Die Filmbildung und die
Struktur von Ethylcellulose-Filmen unterscheiden sich bei organisch bzw. wässrig basierten
Überzügen grundlegend. Während in organischen Lösungsmitteln gelöste Polymerketten nach
dem Verdunsten des Lösungsmittels über einen Sol-Gel-Übergang ein dreidimensionales
Netzwerk bilden, koaleszieren beim Einsatz der wässrigen Dispersion kleinste
Pseudolatexpartikel, um oberhalb der erforderlichen Mindestfilmbildetemperatur einen
kompletten Film zu bilden. Für Filmüberzüge der Pseudolatex Dispersion Aquacoat ECD
wird dazu der Zusatz von 30 % (m/m) Weichmacher empfohlen [FMC BioPolymer 1996].
Aus Gründen der Sicherheit, des Umweltschutzes und kürzerer Prozesszeiten werden
wässrige Ethylcellulose-Dispersionen in der Regel bevorzugt.
Die Freisetzungsprofile von Weinsäurepellets, mit organischen bzw. wässrigen Überzügen
sind in Abb. 3-22 dargestellt. Die Freisetzungsgeschwindigkeiten der Pellets sind sich sehr
ähnlich. Unterschiede ergeben sich jedoch in der Dauer der Lag-Zeit. Diese ist bei wässrigen
Überzügen deutlich länger. Eine Erklärung könnte in dem Zusatz hydrophober Anteile in
Aquacoat ECD Membranen (1,7 - 3,3 % Cetylalkohol), die die Wasserpermeabilität der
Membran zunächst einschränken, begründet sein. Einen anderen Ansatz zur Erklärung dieses
Phänomen liefern Siepmann et al. auf Basis der unterschiedlichen Mikrostruktur der Filme
und der unterschiedlich starken Durchdringung der Polymere [Lecomte 2004b]. So wird
56 3 Membrankontrollierte Freigabe von Weinsäure
diskutiert, dass die Polymere der Membranen, die auf wässriger Basis hergestellt wurden, eine
geringere Mobilität innerhalb der Membran besitzen als bei Überzügen auf organischer Basis.
Dadurch läuft der Prozess der Wasseraufnahme und der daran anschließenden Erhöhung der
Porosität der Membran durch Wassereinlagerung zunächst verzögert ab.
Abb. 3-22 Freisetzungsprofil von Weinsäurepellets mit Ethylcellulose-Überzug auf wässriger (rot)oder organischer Basis (schwarz, 5 % TEC; grün 30 % TEC); Freisetzung in 700 ml Aqua demin., 37°C; Drehkörbchen-Apparatur 100 UpM; Einwaage: 500 mg Pellets; Mittelwerte ± Standardabweichung;n = 3
Der Einfluss unterschiedlicher Weichmacheranteile in organischen Überzügen auf die
Freisetzungseigenschaften der überzogenen Pellets ist sehr gering. Da der Weichmacheranteil
bei wässrigen Systemen von Aquacoat ECD mindestens bei 30 % (m/m) liegen sollte, um eine
optimale Filmbildung zu gewährleisten, kann das Freisetzungsverhalten lediglich durch die
Wahl des Weichmachertyps (lipophil / hydrophil) beeinflusst werden [Lecomte 2004a;
Lippold 1989]. Yang et al [Yang 2010] konnten allerdings nachweisen, dass kein signifikanter
Einfluss des Weichmachertyps auf die Freisetzung besteht, wenn die Curing-Bedingungen so
gewählt werden, dass sich der Überzug im thermodynamischen Gleichgeweicht befindet.
3.3.2 Einfluss der Überzugsmenge
Durch unterschiedliche Auftragsmengen lassen sich variierende Freisetzungsprofile in einer
großen Bandbreite erzeugen. Dabei nimmt bei zunehmender Schichtdicke die Lag-Zeit zu und
die Freisetzungsgeschwindigkeit ab. Durch eine größere Membrandicke werden sowohl der
Wassereinstrom und die Auflösung der Weinsäure verlangsamt, als auch die Weinsäure-
Diffusion durch die Membran durch die größere Diffusionsstrecke behindert.
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 120
10
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Zeit [h]
EC N10 (5 % TEC)Aquacoat ECD 30DEC N10 (30 % TEC)
3.3 Einflussgrößen auf die Freisetzung durch Aquacoat ECD Membranen 57
Es zeigt sich, dass Aquacoat ECD Überzüge sehr gut geeignet sind, um über unterschiedliche
Auftragslevel verschiedene Freisetzungsprofile zu erzeugen, s. Abb. 3-23.
Abb. 3-23 Freisetzung überzogener Weinsäurepellets in Abhängigkeit der Polymerauftragsmenge(m/m); schwarz: 10 % (m/m) bzw. 2 mg/cm2, rot: 20 % (m/m) bzw. 4 mg/cm2, blau: 30 % (m/m) bzw.6 mg/cm2, grün: 40 % (m/m) bzw. 8 mg/cm2; Freisetzung in 700 ml Aqua demin., 37 °C;Drehkörbchen-Apparatur 100 UpM; 500 mg Pellets; Mittelwerte ± Standardabweichung; n = 3
3.3.3 Einfluss von Kollicoat IR als Porenbildner in Aquacoat ECD
Überzügen
Überzüge aus reiner Ethylcellulose besitzen häufig eine sehr geringe Permeabilität. Deshalb
kann es sinnvoll sein, die Membranpermeabilität durch den Zusatz von wasserlöslichen
Stoffen als Porenbildner zu erhöhen. Dadurch kann die Wasserpermeabilität und die
Freisetzungseigenschaften der Überzüge definiert werden [Gunder 1995; Muschert 2008;
Siepmann 2007]. Da diese wasserlöslichen Stoffe für organische Ethylcelluloselösungen nicht
geeignet sind, liegt hier ein weiterer Vorteil des Einsatzes wässriger Dispersionen.
Porenbildner ermöglichen es ohne Änderung der Membrandicke je nach Porenbildneranteil
unterschiedliche Freisetzungsraten zu erzeugen.
Als Porenbildner werden wasserlösliche Cellulosederivate, PVP oder Kollicoat IR
vorgeschlagen. HPMC wirkt stark viskositätserhöhend und kann deshalb nur in geringen
Konzentrationen eingesetzt werden. Zudem verläuft der Auflösungsprozess von HPMC sehr
langsam und es wird über Interaktion mit anderen Polymeren berichtet [Siepmann 2005].
Besser geeignet sind kurzkettige Polyvinylpyrrolidone oder das seit kurzem zur Verfügung
stehende Polyethylenglykol-Polyvinylalkol-Copolymer, Kollicoat IR. Diese lösen sich
schneller auf und wirken weniger viskositätserhöhend. Zudem erhöht Kollicoat IR tendenziell
0 1 2 3 4 5 6 7 8 90
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
110
10% Aquacoat ECD20% Aquacoat ECD30% Aquacoat ECD40% Aquacoat ECD
frei
gese
tzte
rA
ntei
lWei
nsäu
re[%
]
Zeit [h]
58 3 Membrankontrollierte Freigabe von Weinsäure
die Filmqualität und verbessert die Stabilitätseigenschaften der Überzüge [Muschert 2008;
Siepmann 2008a].
Den permeabilitätserhöhenden Effekt eines Porenbildners zeigen Untersuchungen an
isolierten Membranen mit Kollicoat IR (s. Abb. 3-24a). Die Membranen sind durch ihre hohe
Festigkeit und geringe Quellung sehr gut für Bestimmungen der Permeabilität geeignet. Die
Permeabilität der isolierten Filme lässt sich in Abhängigkeit des Porenanteils beeinflussen und
nimmt bei Anteilen von mehr als 10 % (m/m) bezogen auf LTS stark zu. Dies wird bei
Freisetzung der überzogenen Pellets bestätigt (s. Abb. 3-24b). Anteile zwischen 0 - 10 %
(m/m) scheinen am besten geeignet zu sein, um nach einer kurzen Lag-Zeit eine
langandauernde Freisetzung zu erreichen. Offensichtlich ist die Porosität der Membran bei
Anteilen > 10 % (m/m) bereits so stark erhöht, dass durch den großen osmotischen Druck und
den großen Permeabilitätsgradienten keine ausreichend große Barriere besteht, um eine
langandauernde Freisetzung für Weinsäure zu gewährleisten.
Dieses System ist deshalb zur Weinsäureretardierung nur bedingt geeignet. Zur kontrollierten
Freisetzung von Wirkstoffen sollten diese Membranen jedoch geeignet sein, da einige
Wirkstoffe sehr schlecht durch Ethylcellulosemembranen transportiert werden und deshalb
der Einsatz von Porenbildnern sinnvoll sein könnte.
Abb. 3-24 Membranpermeabilität und Freisetzung in Abhängigkeit des Porenanteils bei je 20 % (m/m)bzw. 4 mg/cm2 Polymerauftrag; a) Permeationsgraphen isolierter Membranen b) Freisetzungsdatenüberzogener Weinsäurepellets; schwarz: 30 % (m/m) Kollicoat IR (LTS), rot: 20 % (m/m) Kollicoat IR(LTS), blau: 10 % (m/m) Kollicoat IR (LTS), grün: 0 % (m/m) Kollicoat IR (LTS); Freisetzung in 700 mlAqua demin., 37 °C; Drehkörbchen-Apparatur 100 UpM; Einwaage: 500 mg Pellets; Mittelwerte ±Standardabweichung; n = 3
0,0 0,5 1,0 1,5 2,00
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Fre
iset
zung
We
insä
ure
[mg/
cm2 ]
Zeit [h]
Aquacoat ECD- 30% Kollicoat IRAquacoat ECD- 20% Kollicoat IRAquacoat ECD- 10% Kollicoat IRAquacoat ECD
a) b)
0 1 2 3 4 5 6 7 8 90
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
fre
iges
etzt
erA
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lWe
insä
ure
[%]
Zeit [h]
20 % Aquacoat ECD+ 30% Kollicoat IR20 % Aquacoat ECD+ 20% Kollicoat IR20 % Aquacoat ECD+ 10% Kollicoat IRAquacoat ECD 30D
3.3 Einflussgrößen auf die Freisetzung durch Aquacoat ECD Membranen 59
3.3.4 Zusammenfassung der Ergebnisse
Überzüge des wasserunlöslichen Filmbildners Ethylcellulose sind geeignet, um Weinsäure
über einen langen Zeitraum diffusionskontrolliert freizusetzen. Für die Filmbildung und die
Mikrostruktur der Überzüge ist es entscheidend, ob die Membran aus einer organischen
Lösung oder auf Basis einer wässrigen Dispersion hergestellt wird. Dies kann Unterschiede
im Wasseraufnahmeverhalten der Membranen zur Folge haben, was sich in unterschiedlich
langen Verzögerungszeiten niederschlägt. Die Freisetzungsgeschwindigkeit dieser Überzüge
bleibt jedoch identisch. Durch unterschiedliche Überzugsniveaus kann eine große Vielfalt von
Freisetzungsprofilen generiert werden. Sowohl die Lag-Zeit, als auch die Freisetzungsrate
kann damit gezielt auf die gewünschten Vorgaben angepasst werden.
Durch den Zusatz von wasserlöslichen Stoffen kann die Permeabilität von
Ethylcellulosemembranen erhöht werden. Das schnell lösliche Polymer Kollicoat IR ist dazu
sehr gut geeignet und ermöglicht es die Freisetzungsgeschwindigkeit überzogener Pellets bei
identischen Auftragsmengen allein rezepturabhängig zu steuern.
Da für eine langandauernde Retardierung der sehr gut löslichen Weinsäure starke
Diffusionsbarrieren eingesetzt werden müssen, sind Ethylcellulosemembranen mit
Porenbildner nur bedingt geeignet. Der Einsatz porenhaltiger Membranen ist deshalb
insbesondere bei Wirkstoffen mit begrenzter Löslichkeit sinnvoll. Desweiteren könnten
porenhaltige Überzüge insbesondere für die kontrollierte Freisetzung von großen
Arzneistoffmolekülen mit einer Molekularen Masse größer 500 g/mol geeignet sein, wenn
diese aufgrund ihrer Größe nicht durch die Mikroporen einer reinen Ethylcellulose-Membran
diffundieren können [Lippold 1999b].
60 4 Membrankontrollierte Freigabe von schwerlöslichen Wirkstoffen
4 Membrankontrollierte Freigabe von schwerlöslichen
Wirkstoffen
Bislang werden membrankontrollierte Formulierungsansätze für schwerlösliche Wirkstoffe
selten angewendet, da durch die geringe Löslichkeit ein zu geringer Diffusionsimpetus
herrscht, um retardierende Barrieren in einem ausreichenden Maß zu überwinden. Die in
Kapitel 2 beschriebenen Vorteile membrankontrollierter Systeme und der Bedarf an
freisetzungsoptimierten Arzneiformen erfordern dennoch neue Lösungsansätze. Ein Ansatz
die Limitierungen membrankontrollierter Systeme für pH-abhängig schwerlösliche Wirkstoffe
aufzuheben wurde in Kapitel 2.3 vorgestellt und besteht in der Kombination von lokaler
Löslichkeitsverbesserung und membrankontrollierter Freigabe. Möglichkeiten das pH-Milieu
von überzogenen Arzneiformen zu steuern und auf die Eigenschaften verschiedener
Wirkstoffe anzupassen, wurden in Kapitel 3 diskutiert. Die direkte Kontrolle der
Wirkstofffreigabe durch funktionelle Überzüge ist Gegenstand dieses Kapitels.
Die Entwicklung überzogener Arzneiformen mit definierten Freisetzungseigenschaften basiert
häufig hauptsächlich auf Erfahrungswerten, sodass in der Regel eine große Anzahl von
Versuchsreihen erforderlich ist. Dadurch sind solche Entwicklungen oft sehr arbeits- und
zeitintensiv. In diesem Kapitel wird eine Screeningmethode zur Vorauswahl und
Charakterisierung geeigneter Überzüge vorgestellt. Damit sollen Erkenntnisse zur schnelleren
Formulierungsfindung gewonnen werden. Dazu wird der Transfer dieser Erkenntnisse auf das
Freisetzungsverhalten von überzogenen Pellets evaluiert. Abschließend wird an einer
Arzneiform mit mehrschichtigem Aufbau exemplarisch das Potenzial innovativer
membrankontrollierter Arzneiformen aufgezeigt.
4.1 Screening der Wirkstoffpermeabilität an isolierten
Filmüberzügen
Ein Screening der Wirkstoffpermeabilität an ausgewählten isolierten Membranen bietet die
Möglichkeit, schnell und mit geringem Aufwand eine erste Einschätzung der
Diffusionseigenschaften eines Wirkstoffs treffen zu können und geeignete Polymere
auszuwählen. In einem zweiten Screening an prinzipiell geeigneten Membranen kann der
Einfluss von Rezepturparametern, wie der Anteil von Porenbildnern, Weichmachern oder die
Schichtdicke auf die Freisetzung detailliert untersucht werden (s. Abb. 4-1). Ausgehend von
diesen Bestimmungen kann untersucht werden, inwiefern die Ergebnisse aus
Screeningversuchen dazu verwendet werden können, um mit einem semi-empirischen Modell
4.1 Screening der Wirkstoffpermeabilität an isolierten Filmüberzügen 61
die Freisetzungseigenschaften überzogener Pellets quantitativ durch Definition von
Rezepturparametern vorherzubestimmen (s. Kapitel 5).
Abb. 4-1 Schema zum Einsatz von Screeningmethoden bei der Entwicklung membrankontrollierterArzneiformen
4.1.1 Screening geeigneter Polymermembranen
Zur membrankontrollierten Freigabe schwerlöslicher Wirkstoffe sind Überzüge mit
Porenbildnern besonders geeignet, da reine Polymerüberzüge oft zu wenig permeabel sind
[Gunder 1995]. Durch den Zusatz von Porenbildnern lässt sich die Freisetzung in gewünschter
Weise steuern [Lippold 1999a; Siepmann 2007]. Um die Auswahl hierfür geeigneter
Polymermembranen zu erleichtern, wird die Membranpermeabilität ausgewählter Wirkstoffe
durch ein Screening an isolierten Membranen bestimmt (s. Abb. 4-2). Deren
Rezepturparameter und Schichtdicke werden so gewählt, dass ein direkter Transfer der
Ergebnisse auf überzogene Arzneiformen prinzipiell möglich ist.
API-Eigenschaften
4-6 ausgewählteModellmembranen
Screening -Permeabilität
Screening -Permeabilität
1-2 ausgewählteMembranen
• Porenbildner (Typ/Anteil)• Weichmacher (Typ/ Anteil)• Schichtdicke
• Polymerauswahl
quantitative Vorhersage derFreisetzung entsprechend
Rezepturparameter
qualitative Abschätzung derRezepturparameter
optio
nal
62 4 Membrankontrollierte Freigabe von schwerlöslichen Wirkstoffen
Abb. 4-2 Permeationsgraphen verschiedener Wirkstoffe an isolierten Membranen; a) Theophyllin,b) Dipyridamol, c) BI 11634, d) BI XX; in 0,1 N HCl; cDonor = 5 mg/ml; Membrandicke 2 mg/cm2
Polymerauftrag (25 µm); Freisetzung aus der isolierten Freisetzungszelle jeweils in 700ml 0,1 N HClbei 37 °C; 50 UpM Blattrührer-Apparatur; Sink-Bedingungen auf der Akzeptor-Seite; Mittelwerte ±Standardabweichung; n = 3
Für das Screening wurden Kollicoat MAE und Aquacoat ECD Membranen auf wässriger
Basis mit Kollicoat IR als Porenbildner sowie HP-50 Membranen mit Kollicoat IR oder
Kollidon 17 ausgewählt (s. Abb. 4-2). Die Permeationsgraphen des Wirkstofftransports über
isolierte, porenhaltige Membranen verlaufen dabei weitgehend linear. Dies deutet, wie zu
erwarten, auf diffusionsgesteuerte Transportprozesse hin (s. Kapitel 2). Die spezifischen
Permeabilitätswerte können aus der Steigung der Graphen bestimmt werden. Die auf der
Donor-Seite der Membran eingesetzten Wirkstofflösungen haben zwar identische
Konzentrationen (m/V), die Permeationsgraphen unterschiedlicher Wirkstoffe könnten jedoch
nur bei Verwendung identischer Molaritäten (mmol/ml) der Wirkstofflösungen direkt
verglichen werden, da sich der Konzentrationsgradient über der Membran aus der
Stoffmengenkonzentration des diffundierenden Stoffes ergibt.
0,0 0,5 1,0 1,5 2,00,0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
Fre
iset
zung
BI1
1634
[mg/
cm2]
Zeit [h]
Kollicoat MAE 30D-20% Kollicoat IRAquacoat ECD-20% Kollicoat IRHP50-20% Kollicoat IRHP50 -20% Kollidon 17
0,0 0,5 1,0 1,5 2,00,0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8F
reis
etzu
ngT
heop
hylli
n[m
g/c
m2]
Zeit [h]
Kollicoat MAE 30D-20% Kollicoat IRAquacoat ECD-20% Kollicoat IRHP50-20% Kollicoat IRHP50 -20% Kollidon 17
0,0 0,5 1,0 1,5 2,00,0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
Fre
iset
zung
Dip
yrid
am
ol[
mg
/cm
2 ]
Zeit [h]
Kollicoat MAE 30D-20% Kollicoat IRAquacoat ECD-20% Kollicoat IRHP50-20% Kollicoat IRHP50 -20% Kollidon 17
a)
c) d)
b)
0,0 0,5 1,0 1,5 2,00,0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
Fre
ise
tzun
gB
IXX
[mg
/cm
2]
Zeit [h]
Kollicoat MAE 30D-20% Kollicoat IRAquacoat ECD-20% Kollicoat IRHP50-20% Kollicoat IRHP50-20% Kollidon 17
4.1 Screening der Wirkstoffpermeabilität an isolierten Filmüberzügen 63
Tabelle 4-1 Molaritäten der verwendeten Wirkstoffe bei einer Wirkstofflösung mit einerMassenkonzentration von 5 g/ml
Wirkstoff Theophyllin Dipyridamol BI 11634 BI XX
Molarität[µmol/ml]
27,7 9,92 11,3 12,8
In der pharmazeutischen Entwicklung ist jedoch die Verwendung volumenbezogener
Massenkonzentrationen (g/ml) üblich, da die zu verabreichende Dosis eines Arzneistoffs als
Masse und nicht als Stoffmenge bestimmt wird. Die Unterschiede zwischen
Stoffmengenkonzentration und Massenkonzentration für die eingesetzten Stoffe zeigt Tabelle
4-1. Es fällt auf, dass Theophyllin in Abb. 4-2a bei allen Membranen die höchste
Transportrate erreicht. Da die relative Masse von Theophyllin mit 180,2 nur in etwa die
Hälfte der anderen Wirkstoffe (MR = 400-500) beträgt (s. Kap. 2.5), können die kleineren
Theophyllin-Moleküle offensichtlich leichter durch Membranporen diffundieren. Die Poren,
die nach Herauslösen der porenbildenden Stoffe entstehen, sind demnach insbesondere bei
den weniger durchlässigen Membranen auf Cellulosebasis so klein, sodass Effekte wie die
Molekülgröße relevant sind. Zudem ist die Molarität der verwendetet Theophyllin-
Wirkstofflösung mehr als doppelt so groß wie die Molarität der anderen Wirkstoffe, was den
Transport ebenfalls begünstigt. Die Kollicoat MAE Membran weist für alle untersuchten
Wirkstoffe die höchste Durchlässigkeit auf. Zudem sind bei dieser Membran die
Permeabilitäten aller Stoffe sehr ähnlich. Gleichzeitig weist dieses Polymethacrylat-basierte
Polymer gegenüber den Polymeren auf Cellulose-Basis die höchste Wasseraufnahmefähigkeit
auf [Lecomte 2004a; Obara 1994]. Da die Aufweitung des porenhaltigen Polymernetzwerkes
zusätzlich durch die größere Wasseraufnahme begünstigt wird, entstehen bei dieser Membran
möglicherweise größere Poren, die dann bezüglich der Molekülgröße nicht mehr selektiv sind.
Während die Graphen der Membranen mit Kollicoat IR als Porenbildner weitgehend linear
verlaufen, ergeben sich bei PVP-haltigen HP-50 Membranen einige Besonderheiten. So sind
diese Membranen trotz Porenbildner für Dipyridamol und BI XX quasi undurchlässig. Dies
deutet auf Polymer-Wirkstoff-Interaktionen, zum Beispiel über Bildung von
Wasserstoffbrücken zwischen PVP und Dipyridamol hin [Beten 1992; Chen 2007; Palmer
2008]. Der Transport von BI 11634 Na und Theophyllin verläuft erst nach 30 Minuten linear.
Als Begründung hierfür sind Veränderungen der Membran während der Freisetzung
wahrscheinlich. So können wasserlösliche Polymere wie PVP oder HPMC zunächst die
Wasseraufnahme einer Membran fördern. Auf der anderen Seite können diese Polymere die
64 4 Membrankontrollierte Freigabe von schwerlöslichen Wirkstoffen
Viskosität des Diffusionsmediums lokal erhöhen und den Stofftransport somit einschränken
[Frohoff-Hülsmann 1998; Frohoff-Hülsmann 1999; Hjärtstam 1998; Siepmann 2007].
Die Löslichkeit des Wirkstoffs spielt durch den apparenten Konzentrationsgradienten beim
diffusionsgesteuerten Transport eine wichtige Rolle. Dies wird auch beim Screening an
isolierten Membranen bestätigt. So erfolgt beim Vergleich der Diffusion aus gesättigten
Lösungen der Stofftransport von Dipyridamol schneller als der Transport von Theophyllin,
obwohl beim Einsatz von Lösungen mit gleicher Konzentration Theophyllin die Membran
leichter überwinden kann (s. Abb. 4-3).
Abb. 4-3 Konzentrationsabhängigkeit des diffusionsgesteuerten Stofftransports an einer AquacoatECD-Kollicoat IR (4:1) Membran, Schichtdicke 25-30 µm (= 2 mg/cm2 Polymerauftrag); a) gesättigteWirkstofflösungen; b) Wirkstofflösungen mit 5 g/ml; Freisetzung aus der isolierten Freisetzungszellejeweils in 700ml 0,1 N HCl bei 37 °C; 50 UpM Blattrührer-Apparatur; Sink-Bedingungen auf derAkzeptor-Seite; Mittelwerte ± Standardabweichung; n = 3
Aus dem unterschiedlichen Verhalten der Wirkstoffe beim diffusionsgesteuerten Transport
über isolierte Filmüberzüge ergibt sich, dass ein Screening dieser Eigenschaften wertvolle
Hinweise für die weitere Entwicklung von überzogenen Arzneiformen geben kann. Alle der
hier untersuchten Membranen sind prinzipiell geeignet, um die spezifische Permeabilität eines
Wirkstoffs am Modell isolierter Filme zu bestimmen. Zur detaillierten Bestimmung von
rezepturabhängigen Einflussfaktoren auf die Membranpermeabilität kann das Screening auf
Membranen beschränkt werden, die mit dem entsprechenden Wirkstoff kompatibel sind.
4.1.2 Screening des Porenanteils von Membranen
Der Einfluss des Porenanteils auf die Membranpermeabilität von Theophyllin und
Dipyridamol wird an Aquacoat ECD-Kollicoat IR Membranen untersucht, die eine pH-
unabhängige Kontrolle der Freisetzung ermöglichen (s. Abb. 4-4).
0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,00,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
Wirk
stof
ffrei
setz
ung
[mg/
cm2 ]
Zeit [h]
Theophyllin- 12,5mg/mlDipyridamol- 53,5mg/ml
0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,00,00
0,05
0,10
0,15
0,20
0,25
0,30
0,35
0,40
0,45
Wirk
stof
ffrei
setz
ung
[mg/
cm2 ]
Zeit [h]
Theophyllin- 5mg/mlDipyridamol- 5mg/ml
a) b)
4.1 Screening der Wirkstoffpermeabilität an isolierten Filmüberzügen 65
Abb. 4-4 Permeationsgraphen isolierter Filmüberzüge mit variierendem Porenanteil; gesättigteWirkstofflösungen, 0,1 N HCl; a) und c) Theophyllin, b) und d) Dipyridamol; a)-c) 2 mg/cm2,d) 4 mg/cm2 Polymerauftrag; Freisetzung aus der isolierten Freisetzungszelle jeweils in 700ml 0,1 NHCl bei 37 °C; 50 UpM Blattrührer-Apparatur; Sink-Bedingungen auf der Akzeptor-Seite; Mittelwerte ±Standardabweichung; n = 3
Zudem werden Membranen von Kollicoat MAE bzw. HP-50, jeweils mit Porenbildner,
untersucht, die als sogenannte ‚leaky enteric coatings‘ nur in saurem Milieu relevanten
Einfluss auf die Wirkstofffreigabe haben. Die Permeationsgraphen an isolierten
Filmüberzügen in Abb. 4-4 zeigen, dass die Freisetzungsrate der Membranen tatsächlich über
variierende Anteile von Porenbildnern eingestellt werden kann. Die Permeabilitätswerte von
Theophyllin und Dipyridamol lassen sich an Aquacoat ECD Membranen sehr präzise
bestimmen und können durch den zugesetzten Anteil von Porenbildner exakt gesteuert
werden (Abb. 4-4a & b). Bei diesen Membranen fällt auf, dass die massenbezogene
Permeabilität der beiden Wirkstoffe bei geringen Porenanteilen trotz unterschiedlicher
Konzentration und Molekülgröße annähernd identisch ist. Bei mehr als 20 % Porenanteil
diffundiert jedoch aufgrund des größeren molaren Konzentrationsgradienten mehr
Dipyridamol pro Zeiteinheit [mg/ (cm2 x h)] durch die Membran (s. Tabelle 4-2). D.h., dass
0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,00,0
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
3,5
4,0F
reis
etzu
ngT
heop
hylli
n[m
g/cm
2]
Zeit [h]
Aquacoat ECD-Kollicoat IR (70:30)Aquacoat ECD-Kollicoat IR (75:25)Aquacoat ECD-Kollicoat IR (80:20)Aquacoat ECD-Kollicoat IR (85:15)Aquacoat ECD-Kollicoat IR (90:10)Aquacoat ECD
0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,00,0
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
3,5
4,0
Fre
iset
zung
Dip
yrid
amol
[mg/
cm2 ]
Zeit[h]
Aquacoat ECD-Kollicoat IR (70:30)Aquacoat ECD-Kollicoat IR (75:25)Aquacoat ECD-Kollicoat IR (80:20)Aquacoat ECD-Kollicoat IR (85:15)Aquacoat ECD-Kollicoat IR (90:10)Aquacoat ECD
0 10 20 30 40 50 600,0
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
Fre
iset
zung
The
ophy
llin
[mg/
cm2 ]
Zeit [min]
HP-50 -Kollidon 17 (50:50)HP-50 -Kollidon 17 (55:45)HP-50 -Kollidon 17 (60:40)HP-50 -Kollidon 17 (70:30)HP-50 -Kollidon 17 (80:20)HP-50 -Kollidon 17 (90:10)
0,0 0,5 1,0 1,5 2,00,0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
Fre
iset
zung
Dip
yrid
amol
[mg/
cm2]
Zeit [h]
Kollicoat MAE-Kollicoat IR (90:10)Kollicoat MAE-Kollicoat IR (80:20)Kollicoat MAE-Kollicoat IR (70:30)Kollicoat MAE-Kollicoat IR (60:40)
d)
b)
c)
a)
66 4 Membrankontrollierte Freigabe von schwerlöslichen Wirkstoffen
die relativ großen Dipyridamol Moleküle bei höheren Porenanteilen leichter durch die dann
vermutlich größeren Poren diffundieren können und der Unterschied der molaren
Konzentrationen dann stärker zur Geltung kommt. Die massenspezifische Transportrate von
Dipyridamol übersteigt dabei den Fluss von Theophyllin über die Membran in etwa um
dieselbe Größenordnung, um die sich die molare Konzentration der Lösungen unterscheidet.
Aus den Werten der Transportraten (Tabelle 4-2) ergeben sich ferner deutliche Hinweise, dass
der Anstieg der Membranpermeabilität in Abhängigkeit des Porenanteils nicht linear verläuft.
Tabelle 4-2 Löslichkeiten (37 °C) und Massenfluss von Theophyllin und Dipyridamol über eineAquacoat ECD Membran mit 10 - 30 % Porenanteil (Kollicoat IR); 2 mg/cm2 Polymerauftrag
Theophyllin Dipyridamol
c (gesättigte Lösung) [mg/ml] 12,5 52,0
c (gesättigte Lösung) [µmol/ml] 69,4 103,1
Por
enan
teil
30 %Massenfluss [mg/(cm2 x h)] 1,29 2,19
Molarer Massenfluss [µmol/(cm2 x h)] 7,13 4,35
20 %Massenfluss [mg/(cm2 x h)] 0,28 0,45
Molarer Massenfluss [µmol/(cm2 x h)] 1,55 0,91
10 %Massenfluss [mg/(cm2 x h)] 0,016 0,013
Molarer Massenfluss [µmol/(cm2 x h)] 0,089 0,027
Die Freisetzungsrate von Theophyllin durch porenhaltige HP-50 Membranen kann über einen
großen Bereich durch variierende Anteile von Kollidon 17 gesteuert werden (Abb. 4-4c). Zur
Permeabilitätserhöhung sind relativ große Mengen an Porenbildner notwendig. Dies
ermöglicht es, eine große Bandbreite verschiedener Membranen zu generieren. Im Vergleich
zu den wässrigen Überzügen, bei denen nur der Porenbildner in der Latexdispersion des
Polymers gelöst ist, liegen bei organischen HP-50 Überzügen Porenbildner und
Überzugspolymer in gelöster Form vor. Daraus kann geschlossen werden, dass sich die
Polymere aufgrund der anderen Art der Filmbildung intensiver durchdringen als dies bei
wässrigen Dispersionen der Fall ist. Grundsätzlich werden jedoch aus ökologischen und
ökonomischen Gründen Filmüberzüge auf wässriger Basis bevorzugt. Zudem bestehen bei der
Anwendung von wässrigen Dispersionen im Gegensatz zu organischen Lösungsmitteln keine
Beschränkungen hinsichtlich der Löslichkeit des Porenbildners. Als Alternative zum nicht
wasserlöslichen HP-50 wurden deshalb Membranen auf wässriger Basis aus Kollicoat MAE
30D hergestellt. Zudem treten zwischen Dipyridamol und PVP-haltigen Membranen
4.2 Transfer der Screeningergebnisse auf überzogene Arzneiformen 67
Interaktionen auf [Palmer 2008], sodass für diesen Wirkstoff Kollicoat IR als Porenbildner
eingesetzt werden sollte.
Kollicoat MAE 30D-Überzüge reagieren im Gegensatz zu HP-50 Membranen äußerst
empfindlich auf größere Anteile an Porenbildner (Abb. 4-4d). Die Membranen werden sehr
instabil und reißen leicht. Eine zuverlässige Bestimmung der Permeabilität ist deshalb nur bei
Membranen mit geringem Porenanteil möglich. Es zeigt sich erneut, dass die Permeabilität
nahe der Perkolationsschwelle (ab etwa 40 % Anteil des Filmbildners) drastisch zunimmt. Da
der Porenbildner oberhalb dieser Schwelle nicht mehr komplett von dem dominanten
Matrixpolymer eingeschlossen ist, ändern sich vermutlich Membraneigenschaften wie die
Wasseraufnahme, die durch das schnell quellende Kollicoat IR begünstigt wird,
überproportional. Der Einsatz von Porenbildnern in Überzügen auf wässriger Basis mit
geringen Schichtdicken sollte deshalb im Bereich zwischen 5 % und 20 % liegen.
Es ist festzuhalten, dass sich Permeationsversuche an isolierten Filmüberzügen sehr gut zur
Bestimmung der spezifischen Membranpermeabilität unterschiedlicher Wirkstoffe eignen.
Insbesondere an reißfesten Polymeren auf Cellulose Basis können Permeabilitätswerte durch
Bestimmung der diffundierten Arzneistoffmenge präzise bestimmt werden. Da durch den
Einsatz eines Film-Sprühgeräts eine Methode etabliert werden konnte, die es ermöglicht
reproduzierbar unterschiedlichste Membranen mit identischen Rezepturparametern wie für
Überzüge auf Arzneiformen herzustellen, ist ein Transfer dieser Ergebnisse auf
Freigabeeigenschaften überzogener Arzneiformen prinzipiell möglich. Durch das
Permeabilitäts-Screening an isolierten Membranen können relevante Erkenntnisse über die
Art und die Menge eines Porenbildners sowie über Grenzen der Formulierungsmöglichkeiten
gewonnen werden. Dies unterstützt die Formulierungsfindung in frühen Phasen der
Arzneiformenentwicklung und ermöglicht eine fundierte erste Abschätzung geeigneter
Rezepturparameter.
4.2 Transfer der Screeningergebnisse auf überzogene
Arzneiformen
Der Transfer der unter 4.1 vorgestellten Ergebnisse auf überzogene Arzneiformen wird an
einfachen Formulierungen überzogener Arzneiformen geprüft (s. Abb. 4-5). Dadurch können
Störeinflüsse auf die Freisetzung zunächst eliminiert und ausschließlich die membran-
gesteuerte Freigabe betrachtet werden. Dazu werden inerte Starterkerne (mikrokristalline
Cellulose) zunächst mit einer Wirkstoffschicht beschichtet und anschließend mit einer
Kontrollmembran analog dem Screening aus Kapitel 4.1 überzogen.
68 4 Membrankontrollierte Freigabe von schwerlöslichen Wirkstoffen
Abb. 4-5 Transfer der Screeningergebnisse auf überzogene Arzneiformen; a) Screening derMembranpermeabilität mit Freisetzungszelle, b) Freisetzung überzogener Arzneiform
4.2.1 pH-unabhängige Filmüberzüge für schwerlösliche Wirkstoffe
Mischungen von Aquacoat ECD mit dem gut wasserlöslichen Porenbildner Kollicoat IR
können als Filmüberzüge eingesetzt werden, um Wirkstoffe pH-unabhängig über eine längere
Zeit freizusetzten. Dieses System bietet die Möglichkeit die Membranpermeabilität über den
Zusatz verschiedener Mengen an Porenbildner variabel einzustellen und ist besonders zur
Retardierung schwerlöslicher Stoffe geeignet. Diese Überzüge können ebenso bei
Arzneiformen mit modifiziertem mikro-pH als äußere Kontrollmembran zur kontrollierten
Freigabe pH-abhängig schwerlöslicher Wirkstoffe angewendet werden.
Abb. 4-6 Freisetzungsdaten überzogener Pellets, a) Theophyllin, b) Dipyridamol; je 100 mg Wirkstoffund 10 % (m/m) Polymerauftrag (= 2 mg/cm2); Freisetzung in 900 ml 0,1 N HCl bei 37 °C;Drehkörbchen-Apparatur mit 100 UpM; Dosis je 100 mg; Freisetzung unter Sink-Bedingungen;Mittelwerte ± Standardabweichung; n = 3
Wie im Screening an isolierten Filmüberzügen, kann auch die Freisetzungsrate von
überzogenen Theophyllin- bzw. Dipyridamolpellets in Anhängigkeit des Porenanteils variabel
gesteuert werden (Abb. 4-6). Die Freisetzung erfolgt bis zu ca. 60 % Freisetzung nach einer
Kinetik nullter Ordnung. Dies ist ein klarer Hinweis für einen maßgeblich
äußere Kontrollmembran
Wirkstoff
MCC - Kern
Wirkstofflösung
Kontrollmembran
a) b)
0 1 2 3 4 5 60
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
110
frei
gese
tzte
ran
teil
Dip
yrid
amol
[%]
Zeit [h]
ohne ÜberzugA. ECD-K. IR (75:25)A. ECD-K. IR (80:20)A. ECD-K. IR (85:15)
0 1 2 3 4 5 6 7 8 90
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
110
frei
gese
tzte
rA
ntei
lThe
ophy
llin
[%]
Zeit [h]
A. ECD-K. IR (70:30)A. ECD-K. IR (75:25)A. ECD-K. IR (80:20)A. ECD-K. IR (85:15)A. ECD-K. IR (90:10)
a) b)
4.2 Transfer der Screeningergebnisse auf überzogene Arzneiformen 69
diffusionsgesteuerten Stofftransport. Ebenfalls in Übereinstimmung mit den
Screeninguntersuchungen kann bei dem gewählten Überzugsniveau bei Porenanteilen
zwischen 10 % und 20 % (m/m) eine große Spanne von Freisetzungsprofilen generiert
werden. Die Freisetzung aus überzogenen Dipyridamolpellets erfolgt vermutlich aufgrund des
größeren Konzentrationsgradienten deutlich schneller als aus Theophyllinpellets mit dem
identischen Überzug. In Übereinstimmung mit den Ergebnissen an isolierten Überzügen lässt
sich die Freisetzungsgeschwindigkeit am besten mit Porenanteilen von weniger als 20 %
variieren.
4.2.2 pH-abhängige Filmüberzüge für schwerlösliche Wirkstoffe
Porenhaltige Überzüge von magensaftresistenten Filmbildnern kontrollieren die
Freisetzungsgeschwindigkeit ausschließlich in saurem pH-Milieu. Unter veränderten pH-
Bedingungen, zum Beispiel beim Übertritt vom Magen in den Dünndarm, lösen sie sich in
der Regel auf. Der Einsatz dieser ‚leaky enteric coatings‘ macht insbesondere zur gesteuerten
Freigabe sehr stark pH-abhängig löslicher Wirkstoffe Sinn, die in saurer Umgebung gut
löslich, oberhalb von pH 5,0 dagegen praktisch unlöslich sind. Ein ‚leaky enteric coating‘
nutzt die guten Löslichkeitsbedingungen im Magen aus, verhindert aber eine komplette
Freisetzung der Dosis im Magen, ohne die Wirkstofffreigabe in tieferen Darmabschnitten zu
behindern. Dadurch können bei diesen Wirkstoffen häufig auftretende
Bioverfügbarkeitsprobleme verhindert werden.
Abb. 4-7 Freisetzungsdaten überzogener Pellets; a) Dipyridamol, b) Theophyllin; je 100 mg Wirkstoffund 10 % (m/m) Polymerauftrag (= 2 mg/cm2); Freisetzung in 900 ml 0,1 N HCl bei 37 °C;Drehkörbchen-Apparatur mit 100 UpM; Dosis je 100 mg; Freisetzung unter Sink-Bedingungen;Mittelwerte ± Standardabweichung; n = 3
Die Freisetzungsgeschwindigkeit von überzogenen Dipyridamolpellets kann bei der
gewählten Überzugsdicke der Kollicoat MAE Membran nur in begrenztem Umfang durch
0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,00
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
110
frei
gese
tzte
rrA
ntei
lDip
yrid
amol
[%]
Zeit [h]
Kollicoat MAE-Kollicoat IR (80:20)Kollicoat MAE-Kollicoat IR (85:15)
0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 4,5 5,0 5,5 6,00
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
110
frei
gese
tzte
rA
ntei
lThe
oph
yllin
[%]
Zeit [h]
HP-50 - Kollidon 17 (50:50)HP-50 - Kollidon 17 (55:45)HP-50 - Kollidon 17 (60:40)HP-50 - Kollidon 17 (70:30)HP-50 - Kollidon 17 (80:20)
a) b)
70 4 Membrankontrollierte Freigabe von schwerlöslichen Wirkstoffen
variierende Anteile des Porenbildners gesteuert werden (Abb. 4-7a). In Übereinstimmung mit
Untersuchungen an isolierten Überzügen ist die Durchlässigkeit der Membran relativ hoch.
Innerhalb der ersten Stunde wird etwa die Hälfte der Dosis freigesetzt. Da gequollene
Kollicoat MAE / Kollicoat IR Überzüge mit hohen Porenanteilen im Screening eine hohe
Variabilität aufweisen und schwer zu handhaben sind, ist die Vorhersagekraft dieser
Membranen für das Verhalten überzogener Pellets begrenzt. Eine Alternative zu den Kollicoat
MAE-Überzügen auf wässriger Basis ist die Kombination von HP-50 und Kollidon 17 auf
organischer Basis. Das Screening an isolierten Filmen zeigte, dass solche Membranen auch
bei großen Anteilen Porenbildner stabil sind. Dadurch ist der Einsatz von bis zu 50 %
Porenbildner möglich. Wie die Freisetzungsdaten von überzogenen Theophyllinpellets in
Abb. 4-7b bestätigen, ist es durch eine gezielte Auswahl des Porenanteils möglich, eine große
Spanne an Freisetzungsprofilen zu erzeugen. Wie bei den Untersuchungen an isolierten
Filmen kann dadurch die Freisetzungsrate präzise eingestellt werden.
Es zeigt sich, dass der diffusionsgesteuerte Wirkstofftransport über retardierende Membranen
ein komplexes Zusammenspiel zwischen a) spezifischen Wirkstoffeigenschaften wie
Löslichkeit, Molekülgröße, Struktur und b) spezifischen Membraneigenschaften wie
Polymerstruktur, Schichtdicke, Porenanteil sowie c) den Umgebungsbedingungen ist.
Dennoch konnte gezeigt werden, dass wesentliche Erkenntnisse über das
Freisetzungsverhalten überzogener Pellets in Abhängigkeit von Rezepturparametern durch
Untersuchungen an isolierten Filmüberzügen gewonnen werden können. Auf dieser Basis
macht ein semi-empirisches Vorgehen bei der Entwicklung überzogener Arzneiformen Sinn.
Dadurch könnten aufwändige Versuchsreihen an überzogenen Arzneiformen eingespart
werden. Der quantitative Zusammenhang zwischen Screeningergebnissen und
Freisetzungsdaten überzogener Arzneiformen wird in Kapitel 5 detailliert untersucht.
4.3 Membrankontrollierte Freigabe pH-abhängig schwerlöslicher
Wirkstoffe
Auf Basis der den in Kapitel 3 und 4 vorgestellten Bausteine zur Modifikation des mikro-pH-
Wertes sowie zur Kontrolle der Wirkstofffreigabe lassen sich Arzneiformen aus einzelnen
Modulen mit definierten Funktionen in einem mehrschichtigen Aufbau zusammensetzen. Die
Eigenschaften der einzelnen Bausteine werden dabei gezielt auf die Eigenschaften des
eingesetzten Wirkstoffs abgestimmt. Der Aufbau eines Pellets analog Abb. 4-8 ist speziell für
die kontrollierte Freigabe pH-abhängig schwerlöslicher Wirkstoffe geeignet.
4.3 Membrankontrollierte Freigabe pH-abhängig schwerlöslicher Wirkstoffe 71
Abb. 4-8 Schema eines mehrschichtigen Pellets mit modifiziertem mikro-pH
In Abb. 4-9 sind Freisetzungsdaten einer solchen Arzneiform mit dem pH-abhängig löslichen
Wirkstoff BI XX bei verschiedenen pH-Werten dargestellt. Bei dieser Formulierung ist der
Weinsäurekern des Pellets mit einer inneren Retardmembran aus einer Mischung von
Eudragit RS und Eudragit NE überzogen. Die Freisetzung der darauf liegenden
Wirkstoffschicht wird von einer Membran aus HP-50 und Kollidon17 kontrolliert.
Abb. 4-9 Freisetzungsdaten einer BI XX-Pelletformulierung; Freisetzung in 900 ml 0,1 N HCl (sink),(grün); Freisetzung in 900 ml Phosphatpuffer (0,05 M) pH 5,5 (non-sink) (rot); jeweils Drehkörbchen-Apparatur 100 UpM; 37 °C; Dosis je 100 mg; Mittelwerte ± Standardabweichung; n = 3
Wie die Freisetzungsdaten zeigen, erfolgt die Freisetzung in saurer Umgebung (0,1 N HCl,
pH 1) in den ersten Stunden zunächst mit einer konstanten Freisetzungsgeschwindigkeit.
Nach etwa zwei Stunden folgt ein Anstieg der Freisetzungsrate und nach sechs Stunden wird
die komplette Freisetzung der Dosis erreicht. Im Medium mit pH 5,5 wird hingegen nur eine
Freisetzung von ca. 50 % der Dosis erzielt, da dann die Sättigungslöslichkeit des Stoffs
äußere Kontrollmembran
Wirkstoffschicht
innere Kontrollmembran
pH modifierI
II
0 1 2 3 4 5 6 7 8 90
20
40
60
80
100
pH 5,5pH 1
frei
gese
tzte
rA
ntei
l[%
]
Zeit [h]
72 4 Membrankontrollierte Freigabe von schwerlöslichen Wirkstoffen
erreicht wird. Nach der initialen Freisetzung von etwa 20 % des Wirkstoffs kann wie im
Sauren Medium nach zwei Stunden ein pulsatiler Anstieg der Freisetzungskurve beobachtet
werden. Dieser pulsatile Anstieg wird durch die zeitgesteuerte Freigabe der Weinsäure aus
dem Pelletkern ausgelöst und ermöglicht somit trotz ungünstiger Löslichkeitsbedingungen in
vitro eine „zusätzliche“ Freigabe von etwa 30 % der Dosis.
Diese Freisetzungseigenschaften der Arzneiform konnten in einer humanen
Bioverfügbarkeitsstudie bestätigt werden. Das Konzentrationsprofil im Blutplasma spiegelt
die pulsatile Wirkstofffreigabe der Arzneiform wider und bestätigt damit den gewählten
Formulierungsansatz (s. Abb. 4-10). Die Eudragit RS/Eudragit NE Membran gibt
zeitgesteuert eine große Menge Weinsäure frei. Dadurch sinkt der lokale pH-Wert der
Arzneiform ab. In Folge dieser zeitgesteuerten Weinsäurefreisetzung erfolgt eine pH-
getriggerte Freisetzung des Wirkstoffs trotz ungünstiger pH-Bedingungen in den
entsprechenden Darmabschnitten. Dadurch wird es möglich für diesen bei hohen pH-Werten
sehr schlecht löslichen Wirkstoff eine maximale Plasmakonzentration vier Stunden nach der
Einnahme zu erreichen. Damit kann eine langandauernde Wirkung und eine ausreichende
Bioverfügbarkeit des Wirkstoffs gewährleistet werden.
Abb. 4-10 Humanes in vivo Plasmaprofil einer BI XX Formulierung mit modifiziertenFreisetzungseigenschaften; geometrisches Mittel; n = 20; Ergebnisse im nüchternen Zustand
0 4 8 12 16 20 24 28 32 36 40 44 480
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
110
120
130
Pla
smak
onze
ntra
tion
[ng/
ml]
Zeit [h]
4.4 Zusammenfassung des Kapitels 73
4.4 Zusammenfassung des Kapitels
Zur membrankontrollierten Freisetzung schwerlöslicher Wirkstoffe werden zunehmend
Membranen mit Porenbildnern eingesetzt, durch welche der Wirkstoff trotz eines geringen
Konzentrationsgradienten in ausreichender Menge diffundieren kann. Um die Auswahl von
Filmüberzügen zur membrankontrollierten Freisetzung zu erleichtern, wurde ein
Screeningverfahren an isolierten Filmüberzügen etabliert. Dazu werden zunächst mit Hilfe
eines Filmspühgeräts isolierte Membranen hergestellt, deren Rezepturparameter und
Schichtdicke identisch mit Filmüberzügen auf Arzneiformen sind. Die Permeabilität der
Membranen wird durch die Bestimmung der Diffusionsrate des Wirkstoffs, der aus einer
Lösung durch die Membran diffundiert, ermittelt. Damit kann zuverlässig abgeschätzt werden
wie das spezifische Permeabilitätsverhalten eines Wirkstoffs ist, welche Polymere oder
Porenbildner prinzipiell geeignet sind, in welchem Ausmaß der Einsatz von Porenbildnern
sinnvoll ist und welchen Einfluss Weichmacher und variierende Schichtdicken auf die
Membranpermeabilität haben. Insbesondere mechanisch stabile, nicht quellende Membranen
auf Cellulose-Basis sind für diese Screeninguntersuchungen gut geeignet. Beim Transfer der
Screeningergebnisse auf überzogene Arzneiformen konnte die Relevanz der Ergebnisse
bestätigt und eine qualitative Korrelation zwischen Membranpermeabilität und
Freisetzungsgeschwindigkeit gezeigt werden. Auf Basis dieser Ergebnisse empfiehlt sich ein
semi-empirisches Vorgehen bei der Entwicklung überzogener Arzneiformen, um unnötige
Versuchsreihen an überzogenen Arzneiformen einzusparen. Der quantitative Zusammenhang
zwischen Screeningversuchen und Freisetzungsdaten überzogener Arzneiformen wird in
Kapitel 5 untersucht.
Das enorme Potenzial des Einsatzes innovativer membrankontrollierter Arzneiformen einen
pH-abhängig schwerlöslichen Wirkstoff, in Kombination mit einer zeitgesteuerten
Freisetzung von Weinsäure zur Löslichkeitsverbesserung, membrankontrolliert so
freizusetzen, dass eine gute Bioverfügbarkeit und definierte pharmako-kinetische Parameter
in vivo erreicht werden, wird am Beispiel einer mehrschichtigen Pelletformulierung
aufgezeigt und durch Ergebnisse einer humanen Bioverfügbarkeitsstudie bestätigt.
74 5 Beschreibung der Freisetzungskinetik und Vorhersagemodelle
5 Beschreibung der Freisetzungskinetik und
Vorhersagemodelle
Unter Verwendung ausgewählter Freisetzungsdaten aus Kapitel 4 sollen
Freisetzungsfunktionen gefunden werden, welche die Wirkstofffreisetzung aus den
verwendeten Formulierungen beschreiben. Daraus sollen Hinweise auf den
Freisetzungsmechanismus abgeleitet und auf der Basis eines semi-experimentellen Ansatzes
Möglichkeiten zur rezepturabhängigen Vorhersage von Freisetzungsprofilen mit Hilfe von
isolierten Filmüberzügen evaluiert werden. Damit wäre es möglich die Formulierungsfindung
und die Optimierung von Formulierungs-Prototypen von membrankontrollierten
Arzneiformen zu unterstützen und maßgeschneiderte Arzneiformen zielgerichtet entwickeln
zu können.
5.1 Mathematische Beschreibung der Freisetzungskinetik
5.1.1 Power-Law
Das von Ritger und Peppas [Peppas 1985a; Ritger 1987a; Ritger 1987b] vorgestellte Power-
Law ist eine semi-empirische Gleichung (Gl. 5.1), die die Wirkstofffreisetzung aus
Arzneiformen beschreibt und zur Charakterisierung des Freisetzungsmechanismus
insbesondere von Matrixformulierungen angewendet werden kann:
nt tkM
M
0Gl. 5.1
Mt = kumulative Freisetzungsmenge zur Zeit t [g]M0 = Grenzwert für maximal erreichbarer kumulative Freisetzungsmenge [g]k = Freisetzungsratet = Zeit [s]n = Freisetzungsexponent; Indikator für Freisetzungsmechanismus
Das aus dem Fick’schen Diffusionsgesetz abgeleitete Power-Law beschreibt häufig die
Beobachtung, dass sich bei der Wirkstofffreigabe aus Arzneiformen zwei voneinander
unabhängige Arten des Stofftransports überlagern können. Dies sind der
diffusionskontrollierte Transport und der erosions- bzw. relaxationskontrollierte Transport
durch Polymerschichten. Für den Fall, dass der Freisetzungsexponent n den Wert n = 0,5
annimmt, beschreibt dieser Sonderfall der Gleichung das Quadratwurzelgesetz nach Higuchi
[Higuchi 1961; Higuchi 1963]. Aus Gl. 5-1 ergibt sich außerdem, dass die Freisetzung bei
n = 1 nach einer Kinetik nullter Ordnung abläuft, was bei einer membrankontrollierten
5.1 Mathematische Beschreibung der Freisetzungskinetik 75
Freisetzung mit Fick’scher Diffusion der Fall ist. Diese beiden Extreme sind nur für den
Transport durch dünne Polymerfilme gültig, für die Betrachtung von anderen geometrischen
Formen müssen die Werte des Freisetzungsexponenten angepasst werden [Freichel 2002;
Peppas 1985a; Siepmann 2001; Siepmann 2008c], siehe Tabelle 5-1.
Tabelle 5-1 Bedeutung des Freisetzungsexponenten n für den Freisetzungsmechanismus vonArzneiformen unterschiedlichen Typs und Geometrie, modifiziert für Membransysteme
Freisetzungsexponent n Transport / Kinetik Anwendung
Film Zylinder Kugel
0,5 0,45 0,43 √t (Case-I) diffusionskontrollierte Frei-
setzung inerter Matrices;
stark quellende Membranen
0,5<n<1,0 0,45<n<0,89 0,43<n<0,85anomaler
Transport
diffusionskontrollierte
Matrizes mit Erosion;
komplexe Membransysteme
1,0 0,89 0,85nullte Ordnung
(Case-II)
diffusionskontrollierte
Membransysteme;
erodierende Matrizes;
Eine Freisetzung nach einer √t-Kinetik findet man in der Regel bei Matrizes ohne Erosion, bei
denen die Hydratation der Polymere und die Lösungsgeschwindigkeit des Wirkstoffs
schneller sind als die Diffusion der Arzneistoffmoleküle aus der Arzneiform. Die Diffusion
über eine zunehmende Diffusionsstrecke ist dann der geschwindigkeitsbestimmende Schritt.
Dies gilt auch für membrankontrollierte Systeme, bei denen die Membran eine starke
Quellung zeigt, wodurch sich die Diffusionsstrecke verlängert. Eine Abweichung von der
√t-Kinetik kann bei Matrizes beobachtet werden, wenn sich der Diffusionsweg während der
Wirkstofffreigabe durch eine Erosion der Matrix verkürzt. Übersteigt die
Erosionsgeschwindigkeit der Matrix die Diffusionsgeschwindigkeit deutlich, so resultiert eine
lineare Wirkstofffreisetzung und die Auflösung des Polymers ist
geschwindigkeitsbestimmend. Bei inerten Membransystemen mit konstanten Dimensionen
der Membran ergibt sich unter Sink-Bedingungen nach dem Fick’schen Diffusionsgesetz
ebenfalls eine Kinetik nullter Ordnung. Resultiert bei der Freisetzung eine Kinetik, die
zwischen √t-Kinetik und nullter Ordnung liegt, spricht man von anomalem Transport. Dies
tritt häufig dann auf, wenn bei Matrizes neben der Diffusion auch Erosionsprozesse die
Freisetzungsgeschwindigkeit beeinflussen. Bei Membransystemen ist dies der Fall, wenn
entweder Interaktionen zwischen Membran und Wirkstoff auftreten oder zum Beispiel bei
76 5 Beschreibung der Freisetzungskinetik und Vorhersagemodelle
mehrschichtigen Systemen, andere komplexe Mechanismen die Freisetzungsgeschwindigkeit
beeinflussen. Für die überzogenen Theophyllinpellets aus Kapitel 4 sind die Werte des
Freisetzungsexponenten n und der Freisetzungsrate k in Tabelle 5-2 angegeben. Diese werden
aus den Freisetzungswerten < 60 % Wirkstofffreisetzung ermittelt [Peppas 1985a].
Tabelle 5-2 Ergebnisse der Power-Law-Anpassung für Freisetzungsdaten von Theophyllinpellets mita) HP-50 bzw. b) Aquacoat ECD Überzug
Der Freisetzungsexponent n, der Hinweise auf den Freisetzungsmechanismus gibt, nimmt für
alle untersuchten Formulierungen Werte um 1 ein. In guter Übereinstimmung mit der Theorie
zeigt dies eine diffusionskontollierte Freisetzung der membrankontrollierten Arzneiformen
nach einer Kinetik nullter Ordnung an.
5.1.2 Fick‘sche Diffusion
Die Wirkstofffreisetzung aus überzogenen Arzneiformen kann unter Zugrundelegung eines
membrankontrollierten Diffusionsvorgangs nach dem Fick‘schen Diffusionsgesetz (Gl. 5.2)
beschrieben werden [Amidon 2000]. Dieses ist wie folgt definiert:
mm
h
dcDKA
dt
dm Gl. 5.2
dm/dt = Freisetzungsrate [mg/s]Dm = Diffusionskoeffizient der MembranK = VerteilungskoeffizientA = aktive Diffusionsfläche [cm2]h = Membrandicke [cm]dc = Konzentrationsgradient [mg/cm3]
Solange sich im Inneren der Arzneiform eine konstante Wirkstoffkonzentration befindet,
erfolgt die Freisetzung bei vorliegenden Sink-Bedingungen mit einer konstanten
Freisetzungsgeschwindigkeit. Voraussetzungen sind konstant bleibende Werte der
Membrandimensionen, des Verteilungskoeffizienten Membran/Inneres der Arzneiform und
des Diffusionsweges.
Theophyllinpellets mit Aquacoat ECD Überzug; 10 % (m/m)
Anteil
Kollicoat IR
Freisetzungs-
exponent nFreisetzungs-
rate kKorrelations-
koeffizient
10 % 1,087 2,99 0,9926
15 % 1,133 7,37 0,9968
20 % 1,147 25,25 0,9893
25 % 1,029 41,19 0,9909
30 % 1,133 77,93 0,9939
Theophyllinpellets mit HP-50 Überzug; 8 % (m/m)
Anteil
Kollidon 17
Freisetzungs-
exponent nFreisetzungs-
rate kKorrelations-
koeffizient
20 % 1,030 10,9 0,9999
30 % 0,967 18,0 0,9995
40 % 0,999 45,1 0,9981
45 % 1,085 77,8 0,9909
50 % 0,929 159,9 0,9852
a) b)
5.1 Mathematische Beschreibung der Freisetzungskinetik 77
In diesem Fall ist es sinnvoll die Freisetzungsrate (Gl. 5.4) als Funktion der
Membranpermeabilität P (Gl. 5.3) anstelle des Terms K x Dm zu definieren (Gl. 5.2) [Flynn
1974; Scheuplein 1968]:
dcAdt
hdmP m
s
cm 2
Gl. 5.3; mitmh
dcPA
dt
dm Gl. 5.4
Ergibt sich aus den Freisetzungsdaten ein linearer Zusammenhang zwischen der kumulativen
Freisetzung über der Zeit, so kann die Permeabilität graphisch aus der Steigung der Geraden
oder mathematisch aus Gleichung 5.4 bestimmt werden.
Die Beschreibung des Freisetzungsverlaufs nach dem Fick’schen Gesetz besitzt unter diesen
Voraussetzungen für Arzneiformen jedoch nur bis zur Freisetzung von max. 60 % des
Wirkstoffs Gültigkeit. Für die Funktionsanpassung werden daher die Werte der kumulativen
Freisetzung bis zu dieser Grenze gegen die Zeit aufgetragen und mit der Geradengleichung
Gl. 5.5 beschrieben (s. Abb. 5-1und 5-2 sowie Tabelle 5-3 und 5-4).
tkM
M t 0
Gl. 5.5 mit dcAPk Gl. 5.6
Mt = kumulative Freisetzungsmenge zur Zeit t [g]M0 = Grenzwert für maximal erreichbarer kumulative Freisetzungsmenge [g]k = Freisetzungsrate [% / s]t = Zeit [s]
Abb. 5-1 Freisetzungsdaten für Theophyllin-pellets mit HP-50 Überzug 8 % (m/m);Porenbildner Kollidon 17 (20 % - 50 %);lineare Regression
Tabelle 5-3 Ergebnisse der linearen Regressionder Freisetzungsdaten aus Abb. 5-1
Anteil
Kollidon 17
Freisetzungs-
rate kKorrelations-
koeffizient
20 % 9,54 0,9990
30 % 19,39 0,9994
40 % 43,47 0,9970
45 % 75,14 0,9916
50 % 152,9 0,9920
0 1 2 3 4 5 6 7 8 90
20
40
60
80
100
frei
gese
tzte
rA
ntei
lThe
ophy
llin
[%]
Zeit [h]
78 5 Beschreibung der Freisetzungskinetik und Vorhersagemodelle
Abb. 5-2 Freisetzungsdaten für Theophyllin-pellets, Aquacoat ECD Überzug 10 % (m/m);10 % - 30 % Kollicoat IR; lineare Regression
Tabelle 5-4 Ergebnisse der linearen Regressionder Freisetzungsdaten aus Abb. 5-1
Anteil
Kollicoat IR
Freisetzungs-
rate kKorrelations-
koeffizient
10 % 3,748 0,9942
15 % 8,922 0,9978
20 % 32,243 0,9958
25 % 49,345 0,9934
30 % 97,291 0,9994
Die Werte für überzogene Theophyllinpellets in Tabelle 5-3 zeigen eine sehr gute
Übereinstimmung der Freisetzungsdaten mit der mathematischen Beschreibung durch Gl. 5.5.
Die Güte der linearen Regression ist mit 0,99 für alle Proben sehr gut und bestätigt die
Hypothese einer diffusionskontrollierten Freisetzung nach einer Kinetik nullter Ordnung. Bei
diesem Verfahren bleiben jedoch 40 % der Freisetzung unberücksichtigt. Die mathematische
Beschreibung der membrankontrollierten Freisetzung nach dem 1. Fick’schen Gesetz ist
deshalb nur für den Fall gültig, dass die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind und
somit nur für den Anfangsverlauf geeignet. Es besitzt deshalb nur begrenzte Aussagekraft.
5.1.3 Weibull-Funktion
Die ursprünglich zur Beschreibung statistischer Verteilungen aufgestellte Weibull-Funktion
[Weibull 1951] wurde erstmals von Langenbucher [Langenbucher 1972] für die empirische
Beschreibung von Freisetzungsgraphen diskutiert. Kosmidis et al. [Kosmidis 2003a;
Kosmidis 2003b] untersuchten diese Funktion im Hinblick auf einen Zusammenhang mit
physikalischen Grundlagen der Freisetzung. Dokoumetzidis et al. [Dokoumetzidis 2006b]
gelang es die Gleichung von den nach Noyes und Whitney [Noyes 1897] gefundenen
Zusammenhängen der Feststoffauflösung (Gl. 5.7) abzuleiten. Zur Beschreibung der
Freisetzungskurve kann durch Integration von Gleichung 5.7 die Gleichung 5.8 erhalten
werden.
)( cckdt
dcs Gl. 5.7
dc/dt = Zunahme der Konzentration in der Lösung je Zeiteinheitk = Geschwindigkeitskonstantecs = Sättigungskonzentrationc = Konzentration der Lösung
0 1 2 3 4 5 6 7 8 90
20
40
60
80
100fr
eige
setz
ter
Ant
eilT
heop
hylli
n[%
]
Zeit [h]
5.1 Mathematische Beschreibung der Freisetzungskinetik 79
)1(0kt
t ecc Gl. 5.8
ct = Konzentration der Substanz in der Lösung zum Zeitpunkt t [g/l]c0 = Grenzkonzentration nach Erreichen der Sättigungslöslichkeitt = Zeit [s]
Gl. 5.8 kann dabei als Sonderfall der modifizierten Weibull-Funktion zur Beschreibung des
Freisetzungsverlaufs (Gl. 5.9) betrachtet werden [Dokoumetzidis 2006b].
d
Wk
t
eMtM 1)( 0 Gl. 5.9
Mt = kumulative Freisetzungsmenge zur Zeit t [g]M0 = Grenzwert für maximal erreichbarer kumulative Freisetzungsmenge [g]kW = Zeitpunkt zu dem 63,2 % des Wirkstoff freigesetzt sind [s]t = Zeit [s]d = Formfaktor der Freisetzungskurve; Indikator für Freisetzungsmechanismus
Setzt man für den Kurvenfaktor d in Gleichung 5.9 den Wert d = 1 ein, so erhält man wieder
Gl. 5.8. Dabei entspricht 1/kW der Geschwindigkeitskonstanten k, welche als Maß für die
Freisetzungsgeschwindigkeit verwendet werden kann. Den Einfluss der Parameter kW und d
auf den Verkauf einer fiktiven Freisetzungskurve zeigt Abb. 5-3. Dabei wird deutlich, dass d
maßgeblichen Einfluss auf die Form der Kurve hat, während kW in diesem Fall in erster Linie
die Geschwindigkeit des Freisetzungsprofils definiert.
Abb. 5-3 Simulation von Freisetzungskurven mit fiktiven Werten der Weibullparameter kW und d;
a) d= 1, k = variabel; b) d = variabel, k = 5
Kosmidis und Argyrakis [Kosmidis 2003b] konnten zeigen, dass kW in Matrixsystemen linear
von der Oberfläche, die für die Freisetzung zur Verfügung steht und dem Volumen der Matrix
abhängig ist. Maus et al. [Maus 2007] bestätigten dies für Eudragit RS Membranen und
konnten darüberhinaus einen rezepturabhängigen Zusammenhang von d und kW zeigen.
0 2 4 6 8 10 120
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
110
Fre
iset
zung
[%]
Zeit [h]
d = 0,25d = 0,5d = 1,0d = 2,5d = 5,0
a) b)
0 2 4 6 8 10 120
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
110
Fre
iset
zung
[%]
Zeit [h]
kW
= 0,5
kW
= 1,0
kW
= 2,5
kW
= 5,0
kW
= 10
kW
= 50
80 5 Beschreibung der Freisetzungskinetik und Vorhersagemodelle
Mit Gleichung 5.9 ist jedoch auch eine Beschreibung der Freisetzungsdaten überzogener
Arzneiformen möglich. Eine solche Anpassung wird für Freisetzungsdaten von Theophyllin-
pellets mit porenhaltigen Überzügen von HP-50 bzw. Aquacoat ECD durchgeführt. Dadurch
kann der Zusammenhang der Parameter d und kW mit dem rezepturabhängigen
Freisetzungsverhalten von Pellets mit porenhaltigen Überzügen ermittelt werden (s. Abb. 5-4
und 5-5). Die in Kapitel 8.4.4 beschriebene Vorgehensweise der Anpassung nichtlinearer
Funktionen durch das Programm Origin erlaubt das gleichzeitige Anpassen der Funktion für
mehrere Datensätze. Der Exponent d kann dabei für alle untersuchten Arzneiformen trotz
unterschiedlicher Überzüge bei einem Wert von 1,0 konstant gehalten werden, während der
Koeffizient kW umgekehrt proportional zur Freisetzungsrate abnimmt. Betrachtet man dies als
Spezialfall für diffusionskontrollierte Membranen, deutet es daraufhin, dass d bei
Membransystemen mit dem Freisetzungsmechanismus korreliert, während kW in direktem
Zusammenhang mit der Freisetzungsgeschwindigkeit steht.
Abb. 5-4 Freisetzungsdaten fürTheophyllinpellets mit HP-50 Überzug 8 %(m/m); 20 – 50 % Porenbildner Kollidon 17;Weibull Anpassung´(gestrichelte Linie)
Tabelle 5-5 Werte der Weibull Anpassung ausAbb. 5-4
Anteil
Kollidon 17
Exponent
dKoeffizient
kW
R2
20 % 1,0 7,592 0,9944
30 % 1,0 3,811
40 % 1,0 1,632 Chi
45 % 1,0 0,948 7,68
50 % 1,0 0,393
Abb. 5-5 Freisetzungsdaten fürTheophyllinpellets mit Aquacoat ECD Überzug10 % (m/m); 10 – 30 % Porenbildner KollicoatIR; Weibull Anpassung (gestrichelte Linie)
Tabelle 5-6 Werte der Weibull Anpassung ausAbb. 5-5
Anteil
Kollicoat IR
Exponent
dKoeffizient
kW
R2
10 % 1,0 24,686 0,9835
15 % 1,0 7,171
20 % 1,0 2,180 Chi
25 % 1,0 1,456 25,8
30 % 1,0 0,821
0 1 2 3 4 5 6 7 8 90
20
40
60
80
100
frei
gese
tzte
rA
ntei
lThe
ophy
llin
[%]
Zeit [h]
0 1 2 3 4 5 6 7 8 90
20
40
60
80
100
frei
gese
tzte
rA
ntei
lThe
ophy
llin
[%]
Zeit [h]
5.1 Mathematische Beschreibung der Freisetzungskinetik 81
Wie die Abb. 5-4 und 5-5 zeigen, wird mit der Anpassung eine gute Annäherung der
berechneten Freisetzungswerte an die tatsächlichen Freisetzungsdaten erhalten. Die Werte der
Anpassung für überzogene Theophyllinpellets sind in Tabelle 5-5 und 5-6 dargestellt.
Gegenüber den Anpassungen nach dem Power-Law bzw. Fick’scher Diffusion ist mit der
Weibull-Anpassung eine Beschreibung der Freisetzungsdaten von 0 - 100 % der Freisetzung
möglich. Die Funktionen, die die Freisetzung beschreiben, starten im Ursprung und haben
eine Asymptote bei 100 % Freisetzung und entsprechen damit gut dem tatsächlichen Verlauf.
Insgesamt zeigen die angepassten Funktionen eine sehr gute Übereinstimmung mit den
experimentell ermittelten Werten und liegen innerhalb der üblichen Varianz von
Freisetzungsprofilen in frühen Entwicklungsphasen.
82 5 Beschreibung der Freisetzungskinetik und Vorhersagemodelle
5.2 Möglichkeiten für semi-experimentelle Vorhersagemodelle
Die membrankontrollierte Wirkstofffreisetzung aus Arzneiformen mit porenhaltigen
Überzügen lässt sich sowohl mit dem Fick’schen Diffusionsgesetz als auch mit der Weibull-
Anpassung beschreiben. Die Weibull-Funktion ermöglicht eine vollständige Beschreibung des
Freisetzungsverlaufs. Bei Kenntnis der rezepturabhängigen Funktionsparameter d und k kann
daher eine Vorhersage des kompletten Freisetzungsverlaufs ermittelt werden. Die
Untersuchung der Daten in Kapitel 5.1 zeigt, dass der Exponent d bei der
diffusionskontrollierten Freisetzung durch dünne Membranen den Wert 1 annimmt. Dadurch
reduziert sich Gl. 5.9 auf nur eine unbekannte Variable. Der Formfaktor kW beinhaltet somit
alle weiteren rezepturabhängigen Einflüsse der Membran. Es wird geprüft, inwieweit sich
dieser Parameter durch eine experimentelle Bestimmung der Membraneigenschaften an
isolierten Filmüberzügen bestimmen lässt.
5.2.1 Korrelation mit isolierten Filmüberzügen
Der geschwindigkeitsbestimmende Schritt für die Freisetzung membrankontrollierter
Arzneiformen ist der Stofftransport über die Polymermembran. Die Transportrate wird dabei
von der Membranpermeabilität bestimmt, die deshalb alle freisetzungsrelevanten
Rezepturparameter erfasst. Die Permeabilität einer Membran für einen Stoff kann durch
Diffusionsexperimente an isolierten Membranen (Methode s. 8.4.1.5) bestimmt werden. Dazu
wird der Massenfluss über die Membran in Abhängigkeit der Zeit unter Berücksichtigung der
aktiven Diffusionsfläche, der Membrandicke und des Konzentrationsgradienten des Stoffes
bestimmt und nach Gl. 5.5 die Permeabilität der Membran ermittelt. Zur besseren
Übertragbarkeit der Ergebnisse von isolierten Membranen auf überzogene Arzneiformen
sollten grundsätzlich Membranen mit einem möglichst identischen Auftragsniveau wie auf der
Arzneiform eingesetzt werden. Die experimentell bestimmten und auf die Membrandicke
normierten Permeabilitätswerte für HP-50 und Aquacoat ECD Membranen mit Porenbildner
sind in Tabelle 5-7 dargestellt.
5.2 Möglichkeiten für semi-experimentelle Vorhersagemodelle 83
Tabelle 5-7 Permeabilität von HP-50 und Aquacoat ECD Membranen in 0,1 N HCl für Theophyllin inAbhängigkeit des Porenanteils (Kollidon 17 / Kollicoat IR)
Wie Tabelle 5-7 zeigt, kann mit dieser Größe der Einfluss von Rezepturparametern auf das
Freisetzungsverhalten quantifiziert werden. Ein Zusammenhang mit dem Formfaktor kW der
Weibull-Anpassung scheint daher wahrscheinlich. In den Korrelationsgraphen in Abb. 5-5 sind
dazu die Kehrwerte des Formfaktors und die Permeabilitäten der isolierten Membranen
gegeneinander aufgetragen.
Abb. 5-6 Korrelation des Weibullparameters kW und der Membranpermeabilität, bestimmt an isoliertenMembranen; a) HP-50- Kollidon 17 Membranen, b) Aquacoat ECD- Kollicoat IR Membranen
Die lineare Regression zeigt für HP-50 Membranen einen klaren Zusammenhang der Werte.
Der Korrelationskoeffizient der Aquacoat ECD Membranen ist zwar weniger eindeutig, aber
weist dennoch stark auf einen linearen Zusammenhang der Werte hin. Dabei ist zu beachten,
dass es sich bei Aquacoat ECD um einen pH-unabhängigen Überzug handelt, der immer eine
gewisse Durchlässigkeit besitzt, während HP-50 bei pH-Werten kleiner 4,5 eine undurchlässige
Membran bildet. Dies wird durch den positiven Ordinatenabschnitt in Abb. 5-6b bestätigt,
während der negative Ordinatenabschnitt in Abb. 5-6a die Undurchlässigkeit von reinen HP-50
Membranen ausdrückt. Die Güte der Korrelation lässt sich vermutlich weiter verbessern, wenn
die Spanne des eingesetzten Porenanteils eingeschränkt wird. Die Relevanz der Korrelation
zwischen Formparameter und Membranpermeabilität für das Freisetzungsverhalten
HP50 Membran Aquacoat ECD Membran
Anteil
Kollidon 17
Permeabilität
[cm2/s]
Anteil
Kollicoat IR
Permeabilität
[cm2/s]
20 % 3,97E-08 10 % 1,66E-09
30 % 5,50E-08 15 % 8,93E-09
40 % 7,67E-08 20 % 2,62E-08
45 % 1,04E-07 25 % 4,37E-08
50 % 2,52E-07 30 % 1,04E-07
y = 1E+07x - 0,2765
R² = 0,991
0,0
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
0,0E+00 5,0E-08 1,0E-07 1,5E-07 2,0E-07 2,5E-07 3,0E-07
1/k
W(W
eibull-Anpassung)
PFilm [cm2/s]
y = 1E+07x + 0,0886
R² = 0,9715
0,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
1,2
1,4
0,0E+00 2,0E-08 4,0E-08 6,0E-08 8,0E-08 1,0E-07 1,2E-07
1/k
(Weibull-Anpassung)
PFilm [cm2/s]
a) b)
84 5 Beschreibung der Freisetzungskinetik und Vorhersagemodelle
überzogener Pellets wird dadurch bestätigt, dass der Formfaktor kW auch umgekehrt
proportional zu den Freisetzungsraten überzogener Pellets, also dem Massenfluss über eine
Membran einer Arzneiform, ist (s. Abb. 5-7). Die guten Korrelationskoeffizienten für zwei
unterschiedliche Membranpolymere bestätigen die Validität des Zusammenhangs zwischen der
Permeabilität isolierter Membranen und der Freisetzungsrate überzogener Arzneiformen.
Abb. 5-7 Korrelation zwischen der Freisetzungsrate [% / h] und dem Weibullparameter kw ;a) Theophyllinpellets mit HP-50 Membran b)Theophyllinpellets mit Aquacoat ECD Membran
Durch das umgekehrt proportionale Verhältnis zwischen Porenanteil und Permeabilität von
HP-50 Membranen lässt sich der Einfluss der Rezepturparameter auf das Freisetzungsverhalten
quantifizieren. Diesen Zusammenhang zeigt Abb. 5-8.
Abb. 5-8 Korrelation der Membranpermeabilität für Theophyllin und des Porenanteils (Kollidon 17) einerHP-50 Membran
Der umgekehrt proportionale Einfluss des Porenanteils auf die Permeabilität ist in der Regel
nur in einem begrenzten Spektrum gültig und kann nicht generell vorausgesetzt werden. Der
Einfluss des Porenanteils ergibt sich aus den jeweiligen Eigenschaften der verwendeten
Polymere und Porenbildner sowie aus deren Interaktion [Muschert 2009a]. Über diese
Zusammenhänge können bisher keine grundsätzlichen Aussagen gemacht werden, da dazu
bislang nur wenige Untersuchungen vorliegen. Der Einsatz eines Screenings an isolierten
Membranen ist deshalb gerade vor diesem Hintergrund sinnvoll.
y = 58,999x + 5,7483
R² = 0,9938
0
20
40
60
80
100
120
140
160
180
0 0,5 1 1,5 2 2,5 3
Freisetzungsrate[%
/h]
1 /Weibullparameter k
y = 79,67x - 2,2186
R² = 0,9951
0
20
40
60
80
100
120
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4Freisetzungsrate[%
/h]
1 / Weibullparameter k
a) b)
y = -687444x + 4E+07
R² = 0,9961
0,0E+00
5,0E+06
1,0E+07
1,5E+07
2,0E+07
2,5E+07
3,0E+07
0 10 20 30 40 50 60
1/PMembran[cm2/s]
Porenanteil [%]
5.2 Möglichkeiten für semi-experimentelle Vorhersagemodelle 85
Allerdings kann aus dem Abszissenabschnitt in Abb. 5-8 abgelesen werden, dass die
Permeabilität der Membran ab einem Porenanteil von etwa 60 % nicht mehr zu bestimmen sein
wird. Dies stimmt mit der Perkolationstheorie überein, die besagt, dass bei unterschreiten eines
Schwellenwertes von etwa 30 - 40 % (V/V) Anteil eines Polymers kein durchgängiges
Netzwerk (inifinites cluster) ausgebildet werden kann [Caraballo 1993; Egermann 1992]. Die
Membran wäre demnach ab etwa 60 % Anteil Porenbildner nach dem Herauslösen des
wasserlöslichen Polymeranteils aus der Membran komplett durchlässig und die Freisetzung des
Wirkstoffs könnte ungehindert ablaufen.
5.2.2 Vorhersage der Freisetzung
Modellinterne Vorhersage
Durch die Aufklärung des Zusammenhangs zwischen Rezepturparametern,
Membranpermeabilität und den Funktionsparametern der mathematischen Beschreibung des
Freisetzungsverlaufs kann auf Basis des Porenanteils einer Rezeptur der Verlauf des
Freisetzungsgraphen einer überzogenen Arzneiform bestimmt werden. Dazu wird anhand der
Zusammenhänge in Abb. 5-8 und Abb. 5-6 die Membranpermeabilität und der Parameter kW
einer Membran mit definiertem Porenanteil berechnet. Die modellinterne Vorhersage der
Graphen zeigt Abb. 5-9a. Dabei ist zu erkennen, dass die Vorhersage der Freisetzung nur
geringfügig von den experimentellen Daten abweicht. Ausgehend davon ist eine Interpolation
auf Rezepturen innerhalb des untersuchten Bereichs möglich. Dies kann durch unabhängig
bestimmte experimentelle Daten belegt werden. Dazu werden überzogene Pellets mit 25 % und
35 % (m/m) Porenanteil hergestellt und freigesetzt, (s. Abb. 5-9b). Die Abweichung der
Vorhersage von den Messwerten beträgt weniger als 10 % über den gesamten Zeitraum und
liegt damit in einem für die frühe Entwicklung akzeptablen Bereich.
Abb. 5-9 Vorhersage und experimentelle Freisetzungsdaten von Theophyllinpellets mit HP-50-Kollidon 17 Membranen; a) modellinterne Vorhersage (20 % - 50 % (m/m) Kollidon 17),b) modellunabhängige Vorhersage (25 % und 35 % (m/m) Kollidon 17)
0 1 2 3 4 5 6 7 8 90
20
40
60
80
100
frei
gese
tzte
rA
ntei
lThe
ophy
llin
[%]
Zeit [h]
interne Vorhersage
0 1 2 3 4 5 6 7 8 90
20
40
60
80
100
frei
gese
tzte
rA
ntei
lThe
ophy
llin
[%]
Zeit [h]
externe Vorhersage
86 5 Beschreibung der Freisetzungskinetik und Vorhersagemodelle
Modellunabhängige Vorhersage
Nach Muschert [Muschert 2009b] kann für Aquacoat ECD Membranen ein direkter
Zusammenhang zwischen den für den Massenfluss über eine Membran entscheidenden
Faktoren und dem Parameter kW der Weibull-Funktion zur Beschreibung
membrankontrollierter Diffusionsvorgänge hergestellt werden (vgl. Gl. 5.10 und Gl. 5.9). Dies
gilt unter der Annahme, dass d bei der diffusionskontrollierten Freisetzung über eine Membran
den Wert d = 1 annimmt. Damit können theoretische Vorhersagen, ohne den Zwischenschritt
einer mathematischen Modellanpassung, auf Basis von experimentellen Daten ermittelt und
direkt aus der Bestimmung der Membranpermeabilität getroffen werden. Dabei gehen in den
rezepturabhängigen Faktor das Oberfläche/ Volumen (A/V) Verhältnis [1/cm] eines Pellets, die
Diffusionskonstante D [cm2/s] und der dimensionslose Verteilungskoeffizient K sowie die
Dicke der Membran l [cm] ein:
t
Vl
ADK
t eMM 10 Gl. 5.10
Mt = zum Zeitpunkt t freigesetzte Wirkstoffmenge [g]
M0 = zur Verfügung stehende Wirkstoffmenge der Pellets [g]
Die Diffusionskonstante D und der Verteilungskoeffizient K werden von Muschert et al. durch
die Bestimmung der Wirkstofffreisetzung aus wirkstoffhaltigen Filmen ermittelt. Der Einfluss
der Wirkstoffeinbettung in die Membran auf die Struktur und die Permeabilität der Membran
bleibt dabei unberücksichtigt. Die Übertragbarkeit dieser Ergebnisse auf Membranen ohne
eingebetteten Wirkstoff kann deshalb nicht generell gewährleistet werden. Die Bestimmung der
Membranpermeabilität an isolierten Membranen, deren Rezeptur und Struktur dem Überzug
der Arzneiformen entsprechen sind diesem Verfahren daher vorzuziehen.
Unter 5.2.1 konnte gezeigt werden, dass der Formfaktor kW in Gl. 5.9 sowohl mit der
Freisetzungsrate, also dem Massenfluss aus überzogenen Pellets, als auch mit dem
experimentell bestimmten Massenfluss über isolierte Membranen korreliert. Dies steht in
Übereinstimmung mit den Beobachtungen von Muschert et al. Daher sollte eine mathematische
Bestimmung von kW an porenhaltigen HP-50 bzw. Aquacoat ECD Membranen durch eine
experimentelle Bestimmung der Membranpermeabilität möglich sein. Unter der Annahme, dass
die Membranpermeabilität eines Pelletüberzuges und die Permeabilität einer isolierten
Membran äquivalent sind, wird der Massenfluss dm/dt [mg/h] außerdem durch den
Konzentrationsgradienten des diffundierenden Stoffes dc [mg/ml], die Membrandicke l [cm]
und die für die Gesamtmenge der Dosis D [mg] zur Verfügung stehende aktive
5.2 Möglichkeiten für semi-experimentelle Vorhersagemodelle 87
Diffusionsfläche AP [cm2] bestimmt. Der Konzentrationsgradient, die Membrandicke sowie die
aktive Diffusionsfläche können sich beim Vergleich des Massetransports an isolierten
Membranen mit der Freisetzung von überzogenen Pellets jedoch deutlich unterscheiden. Dies
muss zur Berechnung der zur Zeit t [h] aus überzogenen Pellets freigesetzten Menge Mt
berücksichtigt werden. Daraus ergibt sich nach Gl. 5.9 für d = 1:
1
10
Wk
t
eMM t Gl.5.9 mitdt
dm
AD
A
l
l
dc
dc
k M
P
P
M
M
P
W
1
Gl. 5.11
Mt = zum Zeitpunkt t freigesetzte Wirkstoffmenge [g]
M0 = zur Verfügung stehende Wirkstoffmenge der Pellets [g]
dcP = Konzentrationsgradient über die Membran bei überzogenen Pellets [mg/ml]
dcM = Konzentrationsgradient über die Membran bei isolierten Filmen [mg/ml]
lP = Membrandicke des Pelletüberzuges [cm]
lM = Membrandicke der isolierten Membran [cm]
AP = aktive Diffusionsfläche der Pellets [cm2]
AM = aktive Diffusionsfläche der isolierten Membran [cm2]
D = Wirkstoffdosis der eingesetzten Pellets [mg]
dm/dt = diffundierte Wirkstoffmenge je Zeiteinheit [mg/h]
Unter der Annahme gleicher Konzentrationsverhältnisse fällt dcP/dcM weg. Die experimentell
an isolierten Membranen bestimmte und auf die aktive Diffusionsfläche normierte
Membranpermeabilität PM entspricht dem Term dm/(dt x AM). Damit ergibt sich zur
Berechnung der freigesetzten Wirkstoffmenge Gl. 5.12.
tDl
PAl
tP
MPM
eMM 10 Gl. 5.12
PM = experimentell bestimmte auf die Fläche normierte Membranpermeabilität [mg/cm2 x h]
Somit kann kW durch die experimentelle Bestimmung der Membranpermeabilität an isolierten
Membranen berechnet werden. Dies ermöglicht eine Vorhersage des Freisetzungsverlaufs
überzogener Pellets, wie in Abb. 5-10 dargestellt, ohne auf weitere experimentelle Daten
zurückgreifen zu müssen. Gleichzeitig basiert diese Vorhersage jedoch auf schnell und einfach
zu erhebenden Daten. Dieser Ansatz kann deshalb angesichts des üblicherweise empirischen
Vorgehens bei der Entwicklung von Formulierungen eine zuverlässige Grundlage zur
Formulierungsfindung und Optimierung bieten.
88 5 Beschreibung der Freisetzungskinetik und Vorhersagemodelle
Abb. 5-10 Vorhersage (Linie) und experimentelle Freisetzungsdaten (Symbol) auf Basis des semi-experimentellen Vorhersagemodells nach Weibull (Gl. 5.8); a) HP-50- Kollidon 17 Membranen, 20 % -50 % Kollidon 17; b) Aquacoat ECD- Kollicoat IR Membranen (10 % - 30 % Kollicoat IR)
Die vorhergesagten Freisetzungsprofile bilden die experimentell ermittelten Werte qualitativ
und quantitativ in guter Näherung ab. Die Abweichung der Werte für beide Membranen beträgt
weniger als 10 %. Einzig die Membranen mit 20 % Kollidon bzw. 15 % Kollicoat IR weichen
stärker von den Messwerten ab.
Abb. 5-11 Korrelation der Vorhersagewerte für kW mit den Werten aus der Funktionsanpassung(Tabelle 5-5 und 5-6); a) Theophyllinpellets mit HP50- Kollidon 17 Überzug; b) Theophyllinpellets mitAquacoat ECD- Kollicoat IR Überzug
Die Gegenüberstellung der kW Werte aus den Funktionsanpassungen und den Vorhersagen in
Abb. 5-10 zeigt grundsätzlich eine gute Übereinstimmung der Werte. Die Korrelationsgüte ist
mit R = 0,998 bzw. 0,991 jeweils sehr gut. Die Steigung der Regressionsgeraden beträgt für
HP-50 Membranen nahezu 1 und weicht für Aquacoat ECD hauptsächlich aufgrund des
„Ausreißer“-Wertes der Formulierung mit 15 % Kollicoat IR davon ab.
Auf der Basis dieses semi-experimentellen Ansatzes kann das Freisetzungsverhalten
membrankontrolliert freisetzender Arzneiformen in guter Näherung vorhergesagt werden. Die
Entwicklung und Optimierung membrankontrollierter Arzneiformen kann daher unter
Anwendung der Permeabilitätsbestimmung an isolierten Membranen in frühen
Entwicklungsphasen deutlich vereinfacht und beschleunigt werden.
0 1 2 3 4 5 6 7 8 90
20
40
60
80
100fr
eige
setz
ter
Ant
eilT
heop
hylli
n[%
]
Zeit [h]
0 1 2 3 4 5 6 7 8 90
20
40
60
80
100
frei
gese
tzte
rA
ntei
lThe
ophy
llin
[%]
Zeit [h]
a) b)
y = 1,018x
R² = 0,998
0,0
1,0
2,0
3,0
4,0
5,0
6,0
7,0
8,0
0,0 1,0 2,0 3,0 4,0 5,0 6,0 7,0 8,0
VorhersagewertfürkW
kW aus Anpassung an Freisetzungsgraph
y = 1,3741x - 1,3319
R² = 0,991
0,0
5,0
10,0
15,0
20,0
25,0
30,0
35,0
0,0 5,0 10,0 15,0 20,0 25,0 30,0 35,0
VorhersagewertfürkW
kW aus Anpassung an Freisetzungsgraph
a) b)
5.3 Zusammenfassung des Kapitels 89
5.3 Zusammenfassung des Kapitels
Durch die Analyse der Freisetzungsdaten überzogener Theophyllinpellets mit Hilfe des Power-
Law, kann der Freisetzungsmechanismus der Arzneiformen bestimmt werden. Wie für
hauptsächlich diffusionsgesteuerte überzogene Arzneiformen zu erwarten, folgt der
Freisetzungsverlauf der untersuchten Pellets einer Kinetik nullter Ordnung. Zur
mathematischen Beschreibung des Freisetzungsprofils eignet sich insbesondere eine
Anpassung der Weibull-Funktion und in eingeschränktem Ausmaß eine lineare Kinetik
entsprechend der Fick‘schen Diffusion.
Somit ist bei Kenntnis der Funktionsparameter der Weibull-Anpassung eine Vorhersage des
Freisetzungsverlaufs möglich. Da aufgrund des konstanten Freisetzungsmechanismus der
Exponent d für unterschiedliche Formulierungen jeweils den Wert 1 annimmt und ein
umgekehrt proportionaler Zusammenhang zwischen dem Formfaktor kW und der experimentell
bestimmten Membranpermeabilität besteht, kann die Freisetzungsfunktion bestimmt und der
Freisetzungsverlauf in guter Näherung vorhergesagt werden.
Die gute Übereinstimmung zwischen semi-experimenteller Vorhersage und tatsächlichem
Freisetzungsprofil bestätigt die Hypothese einer diffusionskontrollierten Freisetzung. Der
Einfluss von Formulierungs- und Prozessparametern geht direkt in die Berechnung ein und
kann dementsprechend bestimmt und die Rezeptur bei Bedarf angepasst werden. Dieser semi-
experimentelle Ansatz kann deshalb durch die Vorhersage der tatsächlichen Freisetzung sehr
hilfreich bei der Entwicklung und Optimierung von neuen Arzneiformen mit
membrankontrollierter Freisetzung sein.
6 Ein zweiphasiges Freisetzungsmodell mit pH-Gradient 90
6 Ein zweiphasiges Freisetzungsmodell mit pH-Gradient
Freisetzungsuntersuchungen an festen oralen Arzneiformen sind bei der Entwicklung von
Arzneimitteln ein wichtiges Instrument zur Charakterisierung der Formulierungseigenschaften.
Freisetzungsuntersuchungen werden einerseits in der Qualitätsprüfung zur Kontrolle der
Chargenhomogenität und der Chargenvergleichbarkeit sowie zur Stabilitätsprüfung eingesetzt
[Tong 2009]. Die Prüfung der Freisetzungseigenschaften eignet sich aber auch zur Auswahl
und Optimierung von Formulierungsprototypen und zur Untersuchung von
Freisetzungsmechanismen [Azarmi 2007; Dressman 1998]. Rahmenbedingungen für eine
regulatorische Anwendung von in vitro Freisetzungsuntersuchungen als Marker für klinische
Daten werden in den aktuellen Bioäquivalenz-Richtlinien und der BCS Einteilung gesetzt
[Amidon 1995; Siewert 2003; Takagi 2006]. Dabei steht die Identifizierung der
geschwindigkeitsbestimmenden Schritte des Resorptionsprozesses, die für eine Vorhersage der
pharmakokinetischen Variablen geeignet sind, sowie die Biorelevanz von in vitro
Freisetzungsuntersuchungen und spezifische Bioverfügbarkeitsstudien zu kritischen
Formulierungs- und Prozessvariablen im Fokus.
Durch neue Erkenntnisse über die Physiologie des Magen-Darm Trakts hat in den letzen Jahren
die Suche nach biorelevanten in vitro Modellen zur besseren Vorhersage der Resorption von
Arzneistoffen neue Impulse erhalten [Kalantzi 2006; McConnell 2008]. Ein Ansatz für ein
solches Modell wird in der vorliegenden Arbeit vorgestellt und in Kapitel 7 anhand von
klinischen Humandaten bewertet [Heigoldt 2010].
6.1 Biopharmzeutische Aspekte
Die Wirkstoffresorption wird von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst. Neben den
physikalisch-chemischen Eigenschaften des Wirkstoffs und dem Freisetzungsverhalten der
Arzneiform, sind auch zahlreiche physiologische Prozesse an der Wirkstoffresorption aus dem
GIT beteiligt [Hörter 2001]. Besonders bei der Applikation von Retardarzneiformen kommt
dem Milieu, das die Darreichungsform lokal umgibt, sowie der Verweildauer der Arzneiform
in den unterschiedlichen Abschnitten des GIT eine besonders wichtige Rolle zu. Für BCS II
Substanzen ist davon auszugehen, dass die Wirkstofffreisetzung aus der Arzneiform der
geschwindigkeitsbestimmende Schritt ist, der die Kinetik der Resorption bestimmt
[Dokoumetzidis 2006a]. Durch die Auswahl eines biorelevanten Freisetzungstests ist deshalb
prinzipiell eine gute Korrelation zwischen in vitro Freisetzung und in vivo Parametern zu
erwarten.
6.1 Biopharmzeutische Aspekte 91
Anatomische Voraussetzungen
Abb. 6-1 Schematische Darstellung des Gastrointestinaltraktes des Menschen (nachwww.wikipedia.de) mit Verweilzeiten des Speisebreis und nüchtern-pH-Verhältnissen in den einzelnenKompartimenten
Nach der peroralen Applikation durchläuft eine Arzneiform nacheinander Mund und
Speiseröhre, den Magen, den Dünndarm und schließlich den Dickdarm. Dabei treten
unterschiedliche Transitzeiten, Flüssigkeits- und pH-Verhältnisse sowie Unterschiede im
Absorptionsverhalten auf. Untersuchungen der physiologischen Verhältnisse werden oft durch
Anwendung der Gammaszintigraphie oder der Detektion der Magnetfelder von magnetischen
Markern durchgeführt [Evans 1988; Weitschies 2005; Weitschies 2010]. Die Ergebnisse dieser
Untersuchungen spiegeln die hohe Variabilität des GIT wider [Karalis 2008]. Allgemein wird
angenommen, dass im nüchternen Zustand im Magen pH-Werte zwischen 1,5 und 3,0
vorliegen [Kalantzi 2006; McConnell 2008; Murphy 2006]. Eine Ausnahme stellen ältere
Menschen und Patienten, die Protonenpumpeninhibitoren einnehmen dar. In diesen
Populationen sind im Magen generell höhere pH-Werte um pH 4,0 bis pH 5,0 zu erwarten
VerweildauerdesSpeisebreis
Mund/Speiseröhre< 1 min
Magen0,5 - 4 h
Dünndarm2 – 6 h
Dickdarm4 -70 h
Rektum0
pH Bereich(nüchtern)
MagenpH 1,5 – 3,0(bis 5,0)DünndarmpH 5 – 7
DickdarmpH 5 – 7
92 6 Ein zweiphasiges Freisetzungsmodell mit pH-Gradient
[Russell 1993]. Die Magen-Verweildauer im nüchternen Zustand beträgt in der Regel 30 bis 60
Minuten. Sie kann jedoch durch gleichzeitige Nahrungsaufnahme mit der
Arzneimittelanwendung beträchtlich verlängert werden [Charman 1997].
Die pH-Verhältnisse in den Abschnitten des Dünndarms (Duodenum, Ileum, Jejunum) liegen
im Bereich zwischen pH 5,0 und pH 7,2. Die Transitzeit durch diesen Bereich beträgt zwischen
zwei und fünf Stunden. In den tieferen Darmabschnitten des Kolon liegen die pH-Werte
zwischen pH 6 und pH 7 und die Transitzeiten variieren zwischen mehreren Stunden und
mehreren Tagen. Der Flüssigkeitshaushalt des GIT ist ebenfalls hochvariabel. Das
Gesamtvolumen der täglich im GIT prozessierten Flüssigkeit beträgt etwa neun Liter. Davon
werden nur ungefähr 100 ml täglich mit dem Fäzes ausgeschieden [Schiller 2005].
6.2 Konventionelle Freisetzungsmethoden
Für in vitro Freisetzungsuntersuchungen an festen oralen Arzneiformen sind in der
Europäischen Pharmakopöe 6 (2010) mehrere Methoden beschrieben, die je nach Arzneiform
eingesetzt werden:
Rotating Basket (Drehkörbchen): Kapseln und Tabletten, die zum Aufschwimmen
neigen
Paddle (Blattrührer): unproblematische Tabletten
Reciprocating cylinder bzw. BioDis: nicht zerfallende Tabletten; ermöglicht Wechsel
des Mediums im Laufe des Versuchs
Durchflusszelle: alle Arten von peroralen Arzneiformen und Zäpfchen; kontinuierlicher
Medienstrom
Die Mehrzahl der Untersuchungen wird entweder mit der Blattrührer- oder der Drehkörbchen-
Apparatur durchgeführt. Diese Methoden eignen sich sehr gut zur routinemäßigen
Qualitätskontrolle [Jorgensen 1998]. Sie werden üblicherweise in einem Medium, bei einem
konstanten pH-Wert durchgeführt. Zur Anpassung an biorelevante Faktoren wie wechselnde
pH-Verhältnisse bieten sie nur wenig Spielraum. Zudem können durch das festgelegte
Volumen des Freisetzungsmediums bei der Prüfung schwer löslicher Arzneistoffe häufig keine
Sink-Bedingungen gewährleistet werden. Insbesondere für Arzneiformen mit pH-abhängig
schwerlöslichen Wirkstoffen und modifizierten Freisetzungseigenschaften sollte jedoch eine
Untersuchung der Wirkstofffreisetzung in Medien mit verschiedenen, aufeinanderfolgenden
pH-Werten in einem Experiment durchgeführt werden. Größere Freiheiten, um auf biorelevante
Bedingungen Rücksicht zu nehmen, bieten die ebenfalls im Arzneibuch beschriebenen
6.3 Aufbau des zweiphasigen Freisetzungsmodells mit pH-Gradient 93
alternativen Methoden wie die Durchflusszelle und die BioDis-Methode. Bei diesen Methoden
können Freisetzungsmedien relativ einfach gewechselt und dadurch Volumen und pH-
Verhältnisse des Freisetzungsmilieus geändert werden [Fotaki 2009b]. Sie sind deshalb
besonders für den Einsatz biorelevanter Medien geeignet [Galia 1998; Jantratid 2008; Jantratid
2009; Klein 2008], die in ihrer Zusammensetzung dem tatsächlichen Inhalt des GIT näher
kommen als herkömmliche Freisetzungsmedien auf Basis einfacher Puffersysteme. Nachteile
dieser Methoden sind die relativ aufwändige Durchführung und die Gefahr erneut
unphysiologische Bedingungen zu generieren. So werden beim Einsatz der Durchflusszelle für
schwerlösliche Wirkstoffe häufig hohe Flussraten gewählt, um Sink-Bedingungen zu
gewährleisten. Der Verbrauch großer Mengen des Freisetzungsmediums entspricht jedoch
einerseits nicht den physiologischen Bedingungen und kann andererseits dazu führen, dass
funktionelle Hilfsstoffe ungewöhnlich schnell aus der Arzneiform ausgewaschen werden
[Qureshi 1994]. Dadurch stehen diese jedoch, beispielsweise zur Verbesserung der Löslichkeit,
nicht mehr ausreichend zur Verfügung. Bei der Anwendung der BioDis-Anlage wurden in der
Vergangenheit die ungenügende Automatisierung der Anlage und deren technische
Zuverlässigkeit bemängelt [Rohrs 1995].
6.3 Aufbau des zweiphasigen Freisetzungsmodells mit pH-Gradient
Die erfolgsentscheidenden Kriterien für eine Arzneiform mit modifizierter Freisetzung sind in
der frühen Entwicklungsphase die pharmakokinetischen Parameter der Blutspiegelkurve und
die Bioverfügbarkeit. Wachsende Herausforderungen durch die zunehmende Zahl
schwerlöslicher Arzneistoffe und neue Erkenntnisse über die Physiologie des Magen-Darm
Trakts erfordern neue in vitro Methoden zur besseren Vorhersage dieser Parameter [Fotaki
2009b; Klein 2008]. Gibaldi und Grundy [Gibaldi 1967; Grundy 1997a; Grundy 1997b]
schlagen zur besseren Charakterisierung von Formulierungen schwerlöslicher Wirkstoffe eine
Weiterentwicklung der konventionellen Blattrührer-Apparatur vor. Um während des gesamten
Experiments Sink-Bedingungen zu gewährleisten, wird zusätzlich zum wässrigen
Freisetzungsmedium eine organische Phase implementiert. Gelöste Wirkstoffmoleküle können
sich entsprechend ihres Verteilungskoeffizienten in diese Phase umverteilen. Auf diesem
Umweg können Sink-Bedingungen während des gesamten Experiments aufrechterhalten
werden. Zur besseren Anwendung dieses Systems für pH-abhängig schwerlösliche
Arzneistoffe, wird zusätzlich ein Titrationsautomat in die Freisetzungsapparatur integriert.
Dieses Gerät kann den pH-Wert im Freisetzungsmedium zu festgelegten Zeitpunkten ändern,
94 6 Ein zweiphasiges Freisetzungsmodell mit pH-Gradient
den pH-Wert über einen bestimmten Zeitraum konstant halten und den pH-Verlauf im Medium
permanent aufzeichnen (s. Abb. 6-2).
Abb. 6-2 (a) Schema eines zweiphasige Freisetzungsmodells mit pH-Kontrolle im wässrigen Mediumzur Simulation physiologischer pH-Verhältnisse; (b) exemplarischer pH-Gradient über die Testdauer
Für die organische Phase wird n-Octanol als sehr lipophile Flüssigkeit ausgewählt. n-Octanol
wird zur Bestimmung des n-Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizienten routinemäßig eingesetzt
[Smith 1975], sodass für die meisten Arzneistoffe der Verteilungskoeffizient bekannt ist.
Außerdem verfügt n-Octanol über weitere vorteilhafte physikalisch-chemische Eigenschaften
(s. Tabelle 6-1): n-Octanol ist praktisch unlöslich in Wasser; n-Octanol hat eine geringere
Dichte als Wasser, dadurch wird der Probenzug erleichtert; n-Octanol verfügt über eine sehr
geringe Flüchtigkeit, sodass ein konstantes Volumen der organischen Phase gewährleistet ist;
die Viskosität von n-Octanol ist sehr gering, sodass der Probenzug über Pumpen möglich ist;
die schwer wasserlösliche Arzneistoffe sind häufig gut löslich in n-Octanol und besitzen
günstige n-Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizienten, was einen schnellen Übergang in die
organische Phase fördern sollte. Aufgrund dieser Eigenschaften eignet sich n-Octanol optimal
für ein zwei-phasiges Freisetzungssystem.
Obere Phase:n-octanol
Untere Phase:aq. Puffer
Freisetzungsgefäß
Rührer
Kapsel/Tablette
Sinker
Bürette
pH-Sensor
t0 = 0h t1 = 1h t2 = 3h t3 = 5h t4 = 24h
pH 2 pH 5.5 pH 5.5 pH 6.8
(a)
(b)
6.4 Einflussfaktoren auf die Freisetzung in zweiphasigen Medien 95
Tabelle 6-1 Physikalisch-chemische Eigenschaften von n-Octanol [Smith 1975]
Molare Masse 130,23
Siedepunkt 195 °C
Viskosität [mPa·s] 7,26
Dampfdruck [Pa] (20 °C) 3,2
Dichte [g/ml] (20 °C) 0,83
Löslichkeit in Wasser 0,3 g/l bei 20 °C
Eigenschaften Farblose Flüssigkeit mit charakteristischem Geruch,Flammpunkt bei 81 °C, bei 270 °C entzündet sich dieVerbindung selbst
6.4 Einflussfaktoren auf die Freisetzung in zweiphasigen Medien
Zur Bestimmung der Wirkstofffreisetzung in dem vorgestellten Freisetzungsmodell wird die
Arzneiform mit einem Drahtkörbchen (Sinker) in das wässrige Freisetzungsmedium
eingebracht. Dort wird der Wirkstoff aus der Arzneiform freigesetzt. Durch den Sinker wird
verhindert, dass die Arzneiform in die organische Phase aufschwimmt und direkten Kontakt
mit n-Octanol kommt. Nach der Wirkstofffreisetzung kann gelöster Wirkstoff entsprechend
seines Verteilungskoeffizienten in die organische Phase übertreten.
Die freigesetzte Arzneistoffmenge wird in jeder der beiden Phasen bestimmt. Durch Addition
der freigesetzten Menge in beiden Phasen ergibt sich die Gesamtfreisetzungskurve. In Abb. 6-
3 sind die einzelnen Fraktionen der Gesamtfreisetzungskurven von zwei unterschiedlichen
Arzneiformen, die denselben Wirkstoff enthalten, dargestellt.
Abb. 6-3 Freisetzungsprofile von Arzneiformen mit verzögerter Freisetzung, 50 Upm;(a) überzogene Pellets (b) Matrixtablette;
0 4 8 12 16 20 240
20
40
60
80
100
frei
gese
tzte
rA
ntei
l[%
]
Zeit [h]
aq. Puffern-octanolGesamtkurve
(a)
0 4 8 12 16 20 240
20
40
60
80
100
frei
gese
tzte
rA
ntei
l[%
]
Zeit [h]
aq. Puffern-octanolGesamtkurve
(b)
96 6 Ein zweiphasiges Freisetzungsmodell mit pH-Gradient
An den völlig unterschiedlichen Freisetzungswerten der beiden Formulierungen in der
wässrigen Phase lässt sich erkennen, dass der Wirkstoff aus den beiden Formulierungen über
einen komplett anderen Mechanismus freigesetzt wird. In Abb. 6-3a werden zu Beginn hohe
Wirkstoff-Konzentrationen in der wässrigen Phase erreicht, die nach Veränderung des pH-
Werts stark absinken. Die pH-Wert Erhöhung kann in diesem Fall eine temporäre Ausfällung
von gelöstem Wirkstoff auslösen. Die Freisetzung und Verteilung des Wirkstoffs in Abb. 6-3b
erfolgt dagegen kontinuierlich und Präzipitationserscheinungen treten nicht auf. Diese
Beobachtungen zeigen, dass durch den Verteilungsschritt des gelösten Wirkstoffs in die
lipophile Phase eine aussagekräftige Charakterisierung der Freisetzungseigenschaften bei pH-
Werten möglich ist, bei denen ansonsten aufgrund der schlechten Löslichkeit des Wirkstoffs
keine Sink-Bedingungen und damit keine ausreichende Charakterisierung der
Freisetzungseigenschaften der Arzneiform möglich wäre.
Wichtige Einflussfaktoren auf die Wirkstofffreisetzung in diesem zweiphasigen
Freisetzungsmodell mit pH-Gradient sind die Rührgeschwindigkeit, die Wahl des pH-Verlaufs,
die Größe der Grenzfläche der beiden Phasen und die Volumenverhältnisse der beiden Medien.
Durch hohe Drehzahlen des Rührers steigt die Hydrodynamik in beiden Phasen, und die
Scherkräfte auf die Arzneiform nehmen zu. Bei hohen Drehzahlen wird der Übertritt des
gelösten Wirkstoffs von der wässrigen in die organische Phase durch eine bessere
Durchmischung und geringfügige Veränderungen der Grenzflächen begünstigt. Dies bestätigen
Untersuchungen an einer Dipyridamol-Formulierung (s. Abb. 6-4).
Abb. 6-4 Freisetzungsverhalten einer dipyridamolhaltigen Arzneiform im zweiphasigenFreisetzungsmodell in Abhängigkeit der Drehzahlgeschwindigkeit
0 4 8 12 16 20 240
20
40
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80
100
frei
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tzte
rA
ntei
l[%
]
Zeit [h]
25 Upm50 Upm75 Upm
6.4 Einflussfaktoren auf die Freisetzung in zweiphasigen Medien 97
Die Freisetzung erfolgt bei Drehzahlen ab 50 UpM deutlich schneller als bei 25 UpM. Im
Zeitraum ab 5 h nach Versuchsbeginn bestätigt der Unterschied der Kurven mit 50 UpM bzw.
75 Upm wie zu erwarten, dass eine höhere Rührintensität nicht nur die Freisetzungsrate,
sondern auch die Umverteilung in die n-Octanolphase beschleunigt, da Grenzflächeneffekte bei
höherer Hydrodynamik an der Phasengrenze weniger ausgeprägt auftreten. Der
Präzipitationseffekt und die anschließende Umverteilung sind hier deshalb weniger ausgeprägt.
Bei hohen Drehzahlen muss jedoch besonders bei multipartikulären Arzneiformen die größere
Tendenz zum Aufschwimmen beachtet werden. Ein direkter Kontakt der Arzneiformen mit der
organischen Phase sollte jedoch vermieden werden. Mit den Versuchsbedingungen und
Volumenverhältnissen für die in Kapitel 7 beschrieben Versuche war der Effekt der Drehzahl
auf die Freisetzungsrate insgesamt gering. Es sollte deshalb eine Drehzahl zwischen 50 UpM
und 75 UpM gewählt werden.
Der Verlauf des pH-Gradienten ist bei der Definition einer biorelevanten Methode zur
Charakterisierung der Freisetzung pH-abhängig löslicher Substanzen ein entscheidender
Faktor. Dies zeigt sich an den Löslichkeitswerten der verwendeten Substanzen in Tabelle 2-1
(Kapitel 2) und den deutlichen Reaktionen des Freisetzungsverhaltens nach pH-Änderungen (s.
Abb 6-3). Eine Orientierung am physiologischen pH-Verlauf und den Transitzeiten des GIT ist
zur biorelevanten Charakterisierung von Retardarzneiformen sinnvoll. Die modifizierte
Freisetzungsapparatur ist jedoch in der Anzahl und Dauer der pH-Schritte nicht beschränkt. Zur
stärkeren Diskriminierung von Formulierungen oder zur Qualitätskontrolle können weitere
Anpassungen jederzeit problemlos vorgenommen werden.
Der Einfluss der Volumenverhältnisse der wässrigen und der organischen Phase, sowie die
Variation der Grenzflächenverhältnisse sollte Gegenstand weiterer Untersuchungen sein.
Die Methode, die für die in Kapitel 7 beschriebenen Versuche eingesetzt wurde, wird detailliert
im Experimentellen Teil der Arbeit in Kapitel 8.4.1.3 beschrieben. Der pH-Gradient wurde
entsprechend den unter 6.1 diskutierten physiologischen Verhältnissen gewählt. Durch die
Beschränkung auf zwei pH-Wechsel bleibt das System komfortabel in der Handhabung und
simuliert dennoch biorelevante Versuchsbedingungen.
98 7 Biorelevanz der zweiphasigen Freisetzungsmethode
7 Biorelevanz der zweiphasigen Freisetzungsmethode
Im Rahmen der Entwicklung von Retardarzneiformen steht das Design von Arzneiformen mit
definierten Freisetzungskriterien im Fokus der Formulierungsfindung. Als Grundlage für die
Auswahl und Optimierung der geeigneten Formulierungen sind dazu verlässliche,
aussagekräftige und biorelevante Freisetzungsmethoden entscheidend.
Zur Bestimmung des prädiktiven Potentials des in Kapitel 6 vorgestellten Freisetzungsmodells
werden in diesem Kapitel Ergebnisse aus konventionellen Freisetzungsuntersuchungen,
Ergebnisse eines zweiphasigen Freisetzungsmodells mit integriertem pH-Gradient und
Humandaten einer klinischen Studie einander gegenübergestellt. Die Untersuchungen stützen
sich auf je vier unterschiedliche Formulierungen der beiden pH-abhängig schwerlöslichen
Wirkstoffe Dipyridamol und BI XX (s. Tabelle 2-1, Kapitel 2).
7.1 Arzneiformen mit modifizierter Dipyridamol Freisetzung
7.1.1 Verwendete Formulierungen
Vier Arzneiformen mit je 200 mg Dipyridamol, die auf unterschiedlichen
Herstellungstechnologien basieren (s. Tabelle 7-1), werden in einer konventionellen
Freisetzungsapparatur bei unterschiedlichen pH-Werten und in einem zweiphasigen
Freisetzungsmodell mit integriertem pH-Gradient auf ihr Freisetzungsverhalten untersucht. Bei
den Formulierungen D-1 und D-2 handelt es sich um mehrschichtige, multipartikuläre
Arzneiformen mit funktionellen Überzügen. Die Formulierungen D-3 und D-4 bestehen aus je
acht 6 mm Tabletten, deren Freisetzungsverhalten durch funktionelle Überzüge kontrolliert
wird.
Tabelle 7-1 Arzneiformen mit modifizierter Dipyridamol-Freisetzung (Dosis: 200 mg)
Formulierung Technologie Überzug
D-1 mehrschichtige Pellets Eudragit S- HP 55 - PVP
D-2 mehrschichtige Pellets Eudragit S- HP 55 - PVP
D-3 überzogene Tabletten EC - CAP - PEG
D-4 überzogene Tabletten EC - CAP PEG
7.1 Arzneiformen mit modifizierter Dipyridamol Freisetzung 99
7.1.2 Konventionelle in vitro Freisetzung
Freisetzungsuntersuchungen der Dipyridamol Formulierungen werden in einer konventionellen
Freisetzungsapparatur (Drehkörbchenmethode) nach Ph. Eur. 6 (2010), Monographie 2.9.3
„Wirkstofffreisetzung aus festen Arzneiformen“, bei konstanten pH-Werten durchgeführt.
Abb. 7-1 Freisetzungsprofile vondipyridamolhaltigen Arzneiformen mit modi-fizierter Wirstofffreisetzung; Körbchen-methode, 100 UpM; in 900 ml
(a) 0,1 N Salzsäure,(b) 0,05 M Phosphatpuffer pH 5,5 + 2 %Cremophor RH,(c) 0,05 M Phosphatpuffer pH 6,8 + 2 %Cremophor RH;Mittelwerte ± Standardabweichung; n=3
Aus den Pelletformulierungen D-1 und D-2 wird trotz unterschiedlicher pH-Werte in jedem der
Freisetzungsmedien mehr als 80 % des Wirkstoffs innerhalb der ersten 6 h freigesetzt. Die
Freisetzung aus überzogenen Tabletten erfolgt demgegenüber stärker pH-abhängig.
Formulierung D-3 erreicht 80 % Freisetzung nach 2,5 h in pH 1 und nach 3,5 h in Medien mit
pH 5,5, jedoch erst nach 16 h in pH 6,8. Die deutlich langsamere Freisetzung in pH 6,8 zeigt
das pH-abhängige Freisetzungsverhalten dieser Arzneiform.
Das Freisetzungsprofil der Formulierung D-4 ist durch eine ausgedehnte Lag-Zeit geprägt, an
die sich eine vergleichsweise langsame Freisetzung des Wirkstoffs anschließt. Bei pH-Werten
0 4 8 12 16 20 240
20
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(b)
D-1D-2D-3D-4
frei
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l[%
]
Zeit [h]
0 4 8 12 16 20 240
20
40
60
80
100
(a)
frei
gese
tzte
rA
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l[%
]
Zeit [h]
D-1D-2D-3D-4
0 4 8 12 16 20 240
20
40
60
80
100
(c)
frei
gese
tzte
rA
ntei
l[%]
Zeit [h]
D-1D-2D-3D-4
100 7 Biorelevanz der zweiphasigen Freisetzungsmethode
über 6,8 verringert sich diese Lag-Zeit jedoch deutlich von 5 h auf 1 h. Offensichtlich ändert
sich bei diesem pH-Wert der Freisetzungsmechanismus.
Die konventionellen Freisetzungsuntersuchungen bei drei verschiedenen, konstanten pH-
Werten zeigen hinsichtlich der Freisetzungsgeschwindigkeit keine homogene Reihenfolge der
getesteten Formulierungen. Aufgrund der variierenden pH-Empfindlichkeit der vier
Formulierungen ist eine technologieübergreifende Abstufung des Freisetzungsverhaltens auf
Basis der konventionellen Freisetzungsmethoden für unterschiedliche pH-Werte nicht möglich.
Damit ist die in vivo Vorhersagekraft dieser Methode sehr gering (vgl. Abb. 7-1 und Abb. 7-3).
7.1.3 Zweiphasiges in vitro Freisetzungsmodell
Die Freisetzung der vier Dipyridamol-Formulierungen wird analog der Methode in Kapitel
8.4.1.3 im zweiphasigen Freisetzungsmodell mit pH-Gradient untersucht (s. Abb. 7-2).
Abb. 7-2 Freisetzungsverhalten dipyridamolhaltiger Arzneiformen mit modifizierter Freisetzung imzweiphasigen Freisetzungsmodell; pH-Änderungen nach 1 h, 3 h, 5 h Freisetzung; Blattrührer 50 UpM;500 ml Phosphatpuffer, 100 ml n-Octanol; Mittelwert ± Standardabweichung; n = 3
Das Freisetzungsprofil der Formulierung D-1 zeigt eine komplette Wirkstofffreisetzung nach
5 h. In dieser Zeit setzt Formulierung D-2 mit 80 % Freisetzung ebenfalls einen Großteil der
Dosis frei. Nach der pH-Erhöhung auf pH 6,8 findet bei beiden Formulierungen keine weitere
Freisetzung statt. Aus Formulierung D-3 wird innerhalb der ersten 3 h 90 % des Wirkstoffs mit
einer identischen Kinetik wie aus Formulierung D-1 freigesetzt. Im Gegensatz zu dieser
Formulierung findet bei D-3 allerdings bereits nach der erneuten Einstellung des pH auf 5,5
nach 3 h keine weitere Freisetzung mehr statt. Die relativ langsam freisetzenden Tabletten der
Formulierung D-4 erreichen nach einer Lag-Zeit von 5 h noch etwa 50 % Freisetzung. Dies ist
0 4 8 12 16 20 240
20
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frei
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tzte
rA
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l[%
]
Zeit [h]
D-1D-2D-3D-4
7.1 Arzneiformen mit modifizierter Dipyridamol Freisetzung 101
erstaunlich, da bei diesen Bedingungen in der wässrigen Phase keine ausreichende Löslichkeit
des Wirkstoffs gewährleistet ist. Dadurch kommt die Qualität der Arzneiform zum Ausdruck,
entgegen den ungünstigen pH-Verhältnissen lösungsvermittelnd zu wirken.
7.1.4 In vivo Bioverfügbarkeit
Zur Bewertung der pharmakokinetischen Parameter der vier Dipyridamol Formulierungen wird
eine Bioverfügbarkeitsstudie an mindestens sechs gesunden männlichen Probanden in
nüchternem Zustand durchgeführt. Die Arzneiformen werden in einem cross-over Design in
Form einer Einmal-Dosierung verabreicht und die Blut-Plasmakonzentrationen zu
vorherbestimmten Zeitpunkten ermittelt. Anhand der Blut-Plasmaspiegel einer schnell
freisetzenden Tablette mit identischer Dosis wird auf Basis der individuellen
Plasmakonzentrationen die relative Bioverfügbarkeit der verzögert freisetzenden Arzneiformen
bestimmt (Gl. 7-1).
IR
MRrel
AUC
AUCAUC Gl. 7-1
Die Daten dieser Studie zeigt Abb. 7-3 in einem kumulativen Bioverfügbarkeits-/ Zeit- Profil.
Abb. 7-3 Kumulativer Verlauf der Resorption (in vivo) dipyridamolhaltiger Arzneiformen mit modifizierterFreisetzung in Relation zu einer schnell freisetzenden Formulierung; je n = 6; nüchtern
Formulierung D-1 erzielt eine Bioverfügbarkeit von annähernd 100 % und zeigt eine leicht
verzögerte Wirkstoffresorption. Die Bioverfügbarkeit der Formulierung D-2 erreicht denselben
Wert, obwohl die in vivo Daten eine Lag-Zeit von etwa einer Stunde anzeigen. Obwohl die
Wirkstoffresorption bei Formulierung D-3 zu Beginn identisch der Kinetik der Formulierung
D-1 verläuft, bleibt die Bioverfügbarkeit bei dieser Formulierung unvollständig. Entsprechend
0 4 8 12 16 20 240,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
rel.
AU
C
Zeit [h]
D-1D-2D-3D-4
102 7 Biorelevanz der zweiphasigen Freisetzungsmethode
der Beobachtungen der in vitro Freisetzung von Formulierung D-4 ist auch ihr in vivo Profil
durch eine ausgeprägten Lag-Zeit von 3,5 h charakterisiert. Die Formulierungen D-3 und D-4
zeigen eine Bioverfügbarkeit von nur knapp 80 %.
Bei der Gegenüberstellung der Freisetzungsprofile des zweiphasigen Freisetzungsmodells mit
den in vivo Daten aus der Bioverfügbarkeitsstudie zeigt sich eine qualitative Übereinstimmung.
In beiden Untersuchungen erfolgt die Wirkstofffreigabe der Formulierungen D-1 und D-3 sehr
schnell. Die geringere Bioverfügbarkeit des Wirkstoffs aus Formulierung D-3 könnte durch
eine unvollständige Bereitstellung des Wirkstoffs aus der Arzneiform begründet sein. So
ermöglicht Formulierung D-1 im in vitro Modell eine Freisetzung des Wirkstoffs über 5 h und
erzielt eine gute Bioverfügbarkeit gegenüber nur 3 h aktiver Freisetzung bei Formulierung D-
3. Dies wird von den Ergebnissen der Formulierung D-2 gestützt. Die gute Bioverfügbarkeit
korrespondiert hier ebenfalls mit der Kapazität den Wirkstoff in vitro auch bei unvorteilhaften
Löslichkeitsbedingungen zur Verfügung zu stellen. Die geringere in vitro Freisetzung von D-2
gegenüber D-1 wird in vivo nicht bestätigt. Das schlechte Abschneiden der Formulierung D-4
in der Bioverfügbarkeitsstudie stimmt mit dem Ergebnis der in vitro Freisetzung überein. Der
kinetische Verlauf beider Untersuchungen gleicht sich in der Lag-Zeit zu Beginn und der stark
verzögerten Freisetzungs- bzw. Resorptionskinetik.
7.2 Arzneiformen mit modifizierter BI XX Freisetzung
7.2.1 Verwendete Formulierungen
Vier Arzneiformen mit je 100 mg BI XX, die auf unterschiedlichen Herstellungstechnologien
basieren, werden in einer konventionellen Freisetzungsapparatur bei unterschiedlichen pH-
Werten und in einem zweiphasigen Freisetzungsmodell mit integriertem pH-Gradient auf ihr
Freisetzungsverhalten geprüft. Diese in vitro Ergebnisse werden einer humanen Bioverfügbar-
keitsstudie gegenübergestellt und bewertet. Bei den Formulierungen B-1, B-2 und B-4 handelt
es sich um mehrschichtige multipartikuläre Arzneiformen mit funktionellen Überzügen, bei
Formulierung B-3 um eine verzögert freisetzende Matrixtablette (s. Tabelle 7-2).
Tabelle 7-2 Typ und Überzüge von Arzneiformen mit modifizierter BI XX Freisetzung
Formulierung Technologie Überzug
B-1 mehrschichtige Pellets HP- 50- PVP
B-2 mehrschichtige Pellets HP- 50- PVP
B-3 Matrixtablette -
B-4 mehrschichtige Pellets EC/ Eudragit L 30D
7.2 Arzneiformen mit modifizierter BI XX Freisetzung 103
7.2.2 Konventionelle in vitro Freisetzung
Freisetzungsuntersuchungen der BI XX Formulierungen werden in einer konventionellen
Freisetzungsapparatur (Körbchenmethode) nach Ph. Eur. 6 (2010), Monographie 2.9.3
„Wirkstofffreisetzung aus festen Arzneiformen“, bei konstanten pH-Werten in
Freisetzungsmedien mit pH 1,0 und pH 5,5 durchgeführt (s. Abb 7-4).
Abb. 7-4 Freisetzungsprofile von BI XX Arzneiformen mit modifizierter Wirkstofffreisetzung;(a) in 0,1 N Salzsäure, (b)in 0,05 M Phosphatpuffer pH 5,5 + 0,5 % Cremophor RH; Körbchenmethode,100 UpM; in 900 ml; Mittelwerte ± Standardabweichung; n = 3
Die Pellet-Formulierung B-1 zeigt in beiden Freisetzungsmedien eine sehr schnelle
Freisetzungsgeschwindigkeit der gesamten Dosis. Das Freisetzungsprofil in salzsaurem Milieu
ist durch eine markante, etwa zweistündige Lag-Zeit gekennzeichnet, während die
Wirkstofffreisetzung in pH 5,5 sofort einsetzt. Die Freisetzung aus der Arzneiform B-2 verläuft
stärker pH-abhängig. Während die Freisetzung im Medium mit pH 1 sehr gleichmäßig und in
den ersten 12 h fast nach einer Kinetik nullter Ordnung erfolgt, wird in pH 5,5 80 % der Dosis
innerhalb der ersten 4 h freigesetzt. Die Matrixtablette, Formulierung B-3, setzt den Wirkstoff
sehr konstant und relativ pH-unabhängig frei. In beiden Medien werden nach 4 h 40 % der
Dosis und nach 12 h etwa 80 % der Dosis freigesetzt. Formulierung B-4 setzt den Wirkstoff in
beiden Medien relativ langsam frei. Auffällig ist bei dieser Formulierung, dass die Freisetzung
im Vergleich zu den anderen Arzneiformen bei pH 5,5 schneller stattfindet, als im sauren
Medium.
Die Freisetzungsuntersuchungen bei unterschiedlichen pH-Werten zeigen hinsichtlich der
Freisetzungsgeschwindigkeit erneut keine homogene Reihenfolge der getesteten
Formulierungen. Bei den Pellet-Formulierungen scheint Formulierung B-1 den Wirkstoff am
0 4 8 12 16 20 240
20
40
60
80
100
frei
gese
tzte
rA
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l[%
]
Zeit [h]
B-1B-2B-3B-4
(b)
0 4 8 12 16 20 240
20
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60
80
100
frei
gese
tzte
rA
ntei
l[%
]
Zeit [h]
B-1B-2B-3B-4
(a)
104 7 Biorelevanz der zweiphasigen Freisetzungsmethode
schnellsten und Formulierung B-4 am langsamten freizugeben. Aufgrund der variierenden pH-
Sensitivität der vier Formulierungen ist es jedoch unmöglich auf Basis dieser
Freisetzungsmethode eine Vorhersage des in vivo Verhaltens über die Grenzen der
verwendeten Herstellungstechnologie hinaus zu treffen.
7.2.3 Zweiphasiges in vitro Freisetzungsmodell
Die Freisetzung der vier BI XX Formulierungen wird entsprechend der in Kapitel 8.4.1.3
beschriebenen Methode ebenfalls in einem zweiphasigen Freisetzungsmodell mit pH-Gradient
untersucht (s. Abb. 7-5).
Abb. 7-5 Freisetzungsverhalten von BI XX Arzneiformen mit modifizierter Freisetzung im zweiphasigenFreisetzungsmodell; pH-Änderungen nach 1 h, 3 h, 5 h Freisetzung; Blattrührer 50 UpM; 500 mlPhosphatpuffer, 100 ml n-Octanol; Mittelwert ± Standardabweichung; n = 3
In diesem Freisetzungsmodell tritt bei Formulierung B-1 nach 1,5 h eine deutliche
Beschleunigung der Freisetzungsgeschwindigkeit ein. Innerhalb von zwei Stunden werden trotz
des für die Löslichkeit der Substanz sehr ungünstigen pH-Wertes des Mediums bis zu 70 % der
Dosis freigesetzt. Das darauffolgende Absinken der freigesetzten, gelösten Wirkstoffmenge
wird durch Präzipitation eines Teils des gelösten Wirkstoffs verursacht, nachdem der pH-Wert
5 h nach Versuchsbeginn auf pH 6,8 erhöht wurde. Wie schon bei den Versuchen mit
Dipyridamol Formulierungen zu beobachten, wird der ausgefällte Wirkstoff mit zunehmender
Versuchsdauer erneut gelöst und in die organische Phase umverteilt. Formulierung B-2 setzt
den Wirkstoff am zweitschnellsten frei. Im Bereich zwischen 1 h und 5 h nach Versuchsbeginn,
wird ebenfalls ein Anstieg der Freisetzungsrate beobachtet. Danach erfolgt die weitere
Freisetzung mit einer relativ konstanten Freisetzungsrate. Am wenigsten pH-abhängig erfolgt
die Freigabe des Wirkstoffs aus der Matrixtablette B-3. Trotz der großen pH-Änderungen
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 240
20
40
60
80
100
frei
gese
tzte
rA
ntei
l[%
]
Zeit [h]
B-1B-2B-3B-4
7.2 Arzneiformen mit modifizierter BI XX Freisetzung 105
verläuft die Freigabe über 18 h annähernd nach einer Kinetik nullter Ordnung. Die geringste
Freisetzungsgeschwindigkeit zeigt Formulierung B-4. Innerhalb der ersten sechs Stunden
werden nur 15 % der Dosis freigesetzt. Im Anschluss an diese Lag-Zeit steigt die
Freisetzungsrate allerdings trotz des hohen pH-Werts in der wässrigen Phase an. Die pulsartige
Beschleunigung der Freisetzung aus den Formulierungen B-1 und B-2 nach etwa 1,5 h ist also
Ausdruck der Fähigkeit dieser Arzneiformen, den Wirkstoff auch bei sehr ungünstigen äußeren
Löslichkeitsbedingungen gelöst freizugeben.
7.2.4 In vivo Bioverfügbarkeit
Zur Bewertung der pharmakokinetischen Parameter der Formulierungen wird eine
Bioverfügbarkeitsstudie an 20 gesunden männlichen Probanden im nüchternen Zustand
durchgeführt. Die Arzneiformen werden in einem cross-over Design als Einmal-Dosierung
verabreicht und die Blut-Plasmakonzentrationen zu vorherbestimmten Zeitpunkten ermittelt.
Anhand der Blut-Plasmaspiegel einer schnell freisetzenden Tablette mit identischer Dosis
wurde auf Basis der individuellen Plasmakonzentrationen die relative Bioverfügbarkeit der
verzögert freisetzenden Arzneiformen bestimmt (s. Gl. 7-1). Die Daten dieser Studie werden in
einem kumulativen Bioverfügbarkeits-/ Zeit- Profil und in einem Plasmakonzentrations-/ Zeit-
Profil dargestellt (Abb. 7-6a und b).
Abb. 7-6 a) Kumulativer Verlauf der Resorption (in vivo) von BI XX Arzneiformen mit modifizierterFreisetzung in Relation zu einer schnell freisetzenden Formulierung; b) absolutePlasmakonzentrationen (in vivo) von BI XX Arzneiformen mit modifizierter Freisetzung; je n = 20;nüchtern
Die Formulierungen B-1 bis B-3 erreichen ordentliche Bioverfügbarkeitswerte zwischen 80 %
und 90 %. Formulierung B-4 schneidet mit einer Bioverfügbarkeit von weniger als 30 % sehr
schlecht ab (s. Abb. 7-6a). Die Resorptionsgeschwindigkeit, des aus Formulierung B-1
0 4 8 12 16 20 24 28 32 36 40 44 480,0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
0,9
1,0
B-1B-2B-3B-4re
l.A
UC
Zeit [h]
0 4 8 12 16 20 240
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Pla
smak
onze
ntra
tion
[ng/
ml]
Zeit [h]
B-1B-2B-3B-4
a) b)
106 7 Biorelevanz der zweiphasigen Freisetzungsmethode
freigesetzten Wirkstoffs ist am höchsten, gefolgt von B-2. Aus Formulierung B-3 wird der
Wirkstoff über einen sehr langen Zeitraum von bis zu 48 h mit einer sehr konstanten
Resorptionsrate aufgenommen. Aus der Darstellung der Plasmakonzentrationskurven (s. Abb.
7-6b) der einzelnen Formulierungen wird deutlich, dass die Freigabe des Wirkstoffs aus
Formulierung B-1 auch in vivo pulsatil nach einer Lag-Zeit von etwa 1 - 2 h erfolgt und diese
etwa 4 h lang anhält. Da in vivo in den Abschnitten des Dünndarms, wo sich die Arzneiform
nach 2 h befinden müsste, die pH-Verhältnisse ebenfalls ungünstig für die Löslichkeit des
Wirkstoffs ist, beweisen die in vivo Daten, dass der Formulierungsansatz von Formulierung B-
1 auch in vivo funktioniert und geeignet ist, um diesen pH-abhängig schwerlöslichen Wirkstoff
zuverlässig bei guter Verfügbarkeit zu verabreichen. Dies gilt auch für Formulierung B-3, die
den Wirkstoff trotz ungünstiger Löslichkeitsbedingungen gleichmäßig in bioverfügbarer Form
freigibt. Die Werte von B-2 müssten relativ zu B-1 niedriger liegen, da hier unterschiedliche
Studiengruppen verglichen werden. Das relative Abschneiden der Formulierungen
untereinander wird deshalb durch Abb. 7-6a besser dargestellt.
Beim Vergleich der in vitro Freisetzungsraten des neuen Freisetzungsmodells mit den
Resorptionsraten der in vivo Studie ergeben sich klare Übereinstimmungen. Die gute
Bioverfügbarkeit und die schnelle Resorptionsgeschwindigkeit von Formulierung B-1
korrespondiert offensichtlich mit der pulsatilen Freigabe des Wirkstoffs, die im neuen
Freisetzungsmodell nach 1,5 h auftritt. Dieser Effekt ist bei Formulierung B-2 in vitro
schwächer ausgeprägt und nach 12 h wird kein weiterer Wirkstoff freigesetzt. Demzufolge
ergibt sich eine geringere Bioverfügbarkeit. Formulierung B-3 überzeugt dagegen in vitro mit
einer pH-unabhängigen, linearen Freisetzungskinetik. Dieses Freisetzungsverhalten wird auch
vom Verlauf des in vivo Profils bestätigt. Die Fähigkeit den Wirkstoff trotz sehr schlechter
Löslichkeitsbedingungen in gelöster Form freizusetzen scheint auch auf den physiologischen
pH-Verlauf übertragbar zu sein und resultiert schließlich in einer guten Bioverfügbarkeit. Das
überdurchschnittlich schlechte Abschneiden der Formulierung B-4 konnte auf Basis der
konventionellen Freisetzungsergebnisse nicht erwartet werden. Da der Wirkstoff BI XX über
den kompletten Verdauungstrakt resorbiert werden kann, liegt die Ursache der schlechten
Bioverfügbarkeit vermutlich in der ungenügenden in vivo Freisetzung aus der Arzneiform. Dies
wird durch das Freisetzungsverhalten der Formulierung B-3 unterstützt, die trotz langsamer
und gleichmäßiger Freisetzung eine gute Bioverfügbarkeit erzielt. Auch für B-4 stimmt somit
das qualitative Abschneiden der Formulierung in vivo mit dem Freisetzungsverhalten im
zweiphasigen Freisetzungstest besser mit den in vivo Daten überein als bei Untersuchungen mit
konventionellen Freisetzungsmethoden.
7.3 Zusammenfassung des Kapitels 107
Die Ergebnisse des zweiphasigen Freisetzungssystems der BI XX Formulierungen geben
wichtige Hinweise auf das Freisetzungsverhalten der Formulierungen unter physiologischen
pH-Verhältnissen und stimmen weitgehend mit den Erkenntnissen aus der in vivo Studie
überein.
7.3 Zusammenfassung des Kapitels
Konventionelle Freisetzungsmethoden haben insbesondere bei der Prüfung von
Retardarzneiformen mit pH-abhängig löslichen Arzneistoffen häufig nur eine begrenzte
Aussagekraft, was das tatsächliche in vivo Verhalten der Arzneiformen betrifft. In zahlreichen
Untersuchungen konnte durch Freisetzungsmethoden, bei denen die Arzneiform mehrere
aufeinanderfolgende pH-Änderungen durchläuft, eine höhere Biorelevanz der in vitro
Untersuchung erreicht werden [Fotaki 2009a; Klein 2008; Kostewicz 2002; Nicolaides 1999;
Nicolaides 2001; Willmann 2007]. Bei der Prüfung von Arzneiformen mit schwerlöslichen
Wirkstoffen können Sink-Bedingungen häufig nur durch den Zusatz von Tensiden oder den
Einsatz großer Volumina der Freisetzungsmedien beseitigt werden.
Die Kombination eines zweiphasigen, wässrig-organischen Freisetzungsmediums mit einem
direkt in der wässrigen Phase kontrollierbarem pH-Gradienten, der den pH-Verlauf des GIT
simuliert, ermöglicht, das Freisetzungsverhalten von Arzneiformen mit pH-abhängig
schwerlöslichen Wirkstoffen in bewährten Freisetzungsmedien zu untersuchen, ohne dass
aufgrund fehlender Sink-Bedingungen artifizielle Ergebnisse generiert werden.
Für unterschiedliche Formulierungen mit modifiziertem Freisetzungsverhalten der Wirkstoffe
Dipyridamol und BI XX zeigen konventionelle Freisetzungsuntersuchungen uneinheitliche
Ergebnisse bei unterschiedlichen pH-Werten, die deshalb schwer auf das in vivo Verhalten zu
übertragen sind. Das zweiphasige Freisetzungsmodell liefert dagegen aussagekräftige
Ergebnisse und ermöglicht biorelevante Vergleiche zwischen Freisetzungsprofilen von
Formulierungen mit verschiedenen Herstellungstechnologien. Die qualitative Vorhersagekraft
des neuen Freisetzungssystems konnte mit je vier Formulierungen an zwei unterschiedlichen
Wirkstoffen bestätigt werden. Insbesondere Formulierungen mit schlechter Bioverfügbarkeit
werden stärker diskriminiert und können auch bei widersprüchlichen Freisetzungsergebnissen
der konventionellen Methoden im Vorfeld einer klinischen Prüfung erkannt werden. Auf dieser
Basis kann das zweiphasige Freisetzungssystem als ein wertvolles Instrument bei der Auswahl
und Optimierung von Retardformulierungen von BCS II Substanzen eingesetzt werden.
108 8 Experimenteller Teil
8 Experimenteller Teil
8.1 Verwendete Materialien
Tabelle 8-1 Standardsubstanzen, Lösungsmittel und Chemikalien
Trivialname / IUPAC / CAS Ch.-B. bzw. Lot. Nummer Hersteller / Lieferant
Aceton 704480 Boehringer-Ingelheim
BI 11634 Na 3070161 Boehringer-Ingelheim
BI XX 0404059311 Boehringer-Ingelheim
Cellets 700 306776 Harke Pharma
Dipyridamol, kristallin 705981 Boehringer-Ingelheim
Isopropylalkohol 90002387 Boehringer-Ingelheim
Natriumhydroxid Plätzchen B0042998 Merck
Natronlauge 0,1 M TitriPur HC938353 Merck
Natronlauge 1 molar OC5666168 Merck
Salzsäure 1 molar HC808411 Merck
Theophyllin 8072771AX10 BASF
Weinsäurerundlich 101529 Boehringer-Ingelheim
Weinsäurestarterpellets 706982 Boehringer-Ingelheim
Tabelle 8-2 Materialien für die Tablettierung
Trivialname / IUPAC / CAS Ch.-B. bzw. Lot. Nummer Hersteller / Lieferant
demineralisiertes Wasser - Boehringer-Ingelheim
Dipyridamol, kristallin 705981 Boehringer-Ingelheim
Laktose fein 401240 Boehringer-Ingelheim
Weinsäure pulvis 701298 Boehringer-Ingelheim
Magnesiumstearat 703378 Boehringer-Ingelheim
Siliciumdioxid 701575 Boehringer-Ingelheim
8.1 Verwendete Materialien 109
Tabelle 8-3 Materialien für Filmüberzüge auf Pellets und isolierte Filmüberzüge
Trivialname / IUPAC / CAS Ch.-B. bzw. Lot. Nummer Hersteller / Lieferant
Aquacoat ECD 30 JN07818105 FMC Biopolymers
demineralisiertes Wasser - Boehringer-Ingelheim
Dibutylsebacat 00066033.1 Boehringer-Ingelheim
Eudragit NE 30D B060912100 Röhm / Evonik
Eudragit RS 30D G060318044 Röhm / Evonik
HP-50 5121449 Shin-Etsu
Isomalt 705161 Palatinit
Isopropylalkohol 90002387 Boehringer-Ingelheim
Klucel EF (HPC) 504192 Gattefosse
Kollicoat IR 72580716KO BASF
Kollicoat MAE 30D 4320300TO BASF
Kollicoat SR 30D 4543512440 BASF
Kollidon 17 704997 Boehringer-Ingelheim
Natriumsulfat anhydrat 51440 Riedel-de Haen
Polysorbat 80 500118 Boehringer-Ingelheim
Talkum 600592 Boehringer-Ingelheim
Triethylcitrat 602280 Boehringer-Ingelheim
Ethylcellulose N 14 801808 Hercules
Celluloseacetat 62505NF Eastman
110 8 Experimenteller Teil
8.2 Geräte zur allgemeinen Anwendung
Gerätebezeichnung Typ Hersteller
Laborwaage PG5002-S Delta Range Mettler Toledo
Präzisionswaage XP 12002M DeltaRange Mettler Toledo
Analysenwaage XP 504 Delta Range Mettler Toledo
Analysenwaage XP 404 Delta Range Mettler Toledo
Turbula Mischer Turbula H2C Bachofen
Magnetrührer MR Hei-Mix S Heidolph Instruments
Umlufttrockenschrank FP 115 Binder
Schlauchquetschpumpe 505 Di Watson Marlow
Schlauchquetschpumpe IP-12 Ismatec
Pipette 100 µl-1000 µl Eppendorf
Silikonschläuche ID: 2mm, GD: 6 mm VWR International
Maprene Silikonschlauch 913.A0024.016 Watson Marlow
Dispergiergerät T 25 Ultra-Turrax IKA
Flügelrührer Eurostar digital IKA
Wirbelschichtgerät, 0,5 kg – 5 kg Unilab Hüttlin
Wirbelschichtgerät, 50 g – 700 g Mycrolab Hüttlin
Wirbelschichtgerät, 30 g – 200 g MiniGlatt Glatt
Wirbelschichtgerät, 20 g – 150 g Aircoater Innojet
Einhub-Tablettenpresse Flexitab Röltgen
8.3 Galenische Verfahren 111
8.3 Galenische Verfahren
8.3.1 Herstellung von Wirkstoffpellets
Auf eine Ansatzgröße von 1500 g Cellets 700 wird in einem Wirbelschichtgerät (Unilab, Fa.
Hüttlin) im Gleichstromverfahren eine Wirkstoffschicht aufgetragen (Theophyllin,
Dipyridamol, BI XX). Die isopropanolische Wirkstoffsuspension mit einem Feststoffgehalt
von 25 % enthält 5 % Hydroxyropylcelluslose als Binder und 15 % Talkum als Trennmittel. Es
wird eine Wirkstoffbeladung der Pellets von 20 % (m/m) angestrebt.
Herstellung der Wirkstoffsuspension
In der vorgelegten Menge von 1600 g Isopropylalkohol werden 80 g Hydroxypropylcellulose
portionsweise zugegeben und gelöst. Anschließend wird die mit Talkum gemischte Menge des
eingesetzten Wirkstoffs dispergiert, verschlossen und über Nacht lichtgeschützt bei
Raumtemperatur gerührt. Vor Beginn des Sprühprozess wird der Verlustausgleich an
Lösungsmittel mit Isopropylalkohol durchgeführt. Die Wirkstoffsuspension wird unter
permanentem Rühren über eine Schlauchpumpe (Modell 500, Fa. Watson-Marlow) gefördert
und mit einer Dreistoffdüse mit einem Durchmesser von 1,2 mm versprüht.
Tabelle 8-4 Prozessparameter zum Überziehen von Pellets am Hüttlin Unilab
Ansatzgröße [g] 1500
Zuluftmenge [m3/h] 120
Zulufttemperatur [°C] 30
Kernbetttemperatur [°C] 25
Ablufttemperatur [°C] 25
Aufheizzeit [min] 30
Sprühdauer [min] ca. 360
Sprühdruck [bar] 0,6
Mikroklima [bar] 0,3
Düsenöffnung [mm] 1,2
Sprührate [g/min] 2-30
Nachtrocknung [min] 10
112 8 Experimenteller Teil
Es wird ein Sprühverlust von 15 % berücksichtigt. Die Wirkstoffpellets werden anschließend
im Umlufttrockenschrank 12 h bei 40 °C getrocknet. Die getrockneten Pellets werden gesiebt
und die agglomeratfreie Fraktion kleiner 1,25 mm verwendet.
8.3.2 Überziehen von Wirkstoffpellets mit wässrigen Dispersionen
Jeweils 100 g Wirkstoffpellets werden in einem Wirbelschichtgerät (MycroLab, Fa. Hüttlin) im
Gleichstromverfahren mit den in Tabelle 8-5 und 8-6 angegebenen Filmdispersionen
überzogen. Der Feststoffanteil der Dispersionen beträgt 12 % (m/m). Den Kollicoat MAE-
Dispersionen wird als Weichmacher 20 % (m/m) TEC, als Trennmittel 50 % (m/m) Talkum,
jeweils bezogen auf LTS, zugesetzt. Dispersionen von Aquacoat ECD 30D wird als
Weichmacher 30 % (m/m) TEC bezogen auf LTS zugesetzt, ein Trennmittel ist nicht
erforderlich (s. Tabelle 8-6). Das wasserlösliche Polymer Kollicoat IR wird in Anteilen von 10
% - 40 % (m/m) bezogen auf LTS eingesetzt. Der Polymerauftrag auf den Pellets nach
Überziehen beträgt 8 % (m/m) oder 2 mg/cm2.
Herstellung der Filmsuspension
TEC, Kollicoat IR und Talkum werden in Wasser gelöst und unter kräftigem Rühren auf einem
Magnetrührer 30 min homogenisiert. Die Suspension wird unter Rühren der Polymerdispersion
zugefügt und anschließend erneut 30 min homogenisiert.
Tabelle 8-5 Zusammensetzung wässriger Filmüberzüge von Wirkstoffpellets
Filmüberzug I II II IV V
Kollicoat MAE 30D [g] 33,3 30 26,7 23,3 20
Kollicoat IR [g] 0 1 2 3 4
Triethylcitrat [g] 2 2 2 2 2
Talkum [g] 5 5 5 5 5
Wasser [g] 101,3 103,7 106 108,3 110,7
Gesamt [g] 141,7 141,7 141,7 141,7 141,7
LTS bezogen auf Ansatzgröße 8 % 8 % 8 % 8 % 8 %
Porenanteil bezogen auf LTS 0% 10% 20% 30% 40%
8.3 Galenische Verfahren 113
Tabelle 8-6 Zusammensetzung wässriger Filmüberzüge von Wirkstoffpellets
Filmüberzug I II II IV V
Aquacoat ECD 30D [g] 33,3 30 26,7 23,3 20
Kollicoat IR [g] 0 1 2 3 4
Triethylcitrat [g] 3 3 3 3 3
Wasser [g] 72 74,33 76,7 79 81,3
Gesamt [g] 108,3 108,3 108,3 108,3 108,3
LTS bezogen auf Ansatzgröße 8 % 8 % 8 % 8 % 8 %
Porenanteil bezogen auf LTS 0% 10% 20% 30% 40%
Tabelle 8-7 Prozessparameter zum Überziehen von Pellets am Hüttlin MycroLab
Filmüberzug Aquacoat ECD 30D-Dispersion Eudragit L 30D- Dispersion
Ansatzgröße Pellets [g] 100 100
Düsentyp 3-Stoff 3-Stoff
Düsendurchmesser [mm] 0,6 0,6
Zuluftmenge [m3/h] 16-19 16-19
Zulufttemperatur [°C] 60 45-55
Kernbetttemperatur [°C] 45 32-35
Ablufttemperatur [°C] 33 28
Aufheizzeit [min] 30 30
Sprührate [g/min] 0,4-2,5 0,4-2,5
Sprühdauer [min] ca. 90 ca. 90
Sprühdruck [bar] 0,7 0,7
Mikroklima [bar] 0,3 0,3
Nachtrocknung [min] 10 10
Es wird mit einem Sprühverlust von 10 % kalkuliert. Die Wirkstoffpellets werden anschließend
im Umlufttrockenschrank 12 h bei 40 °C bzw. 60 °C getrocknet. Die getrockneten Pellets
werden gesiebt und die agglomeratfreie Fraktion kleiner 1,25 mm verwendet.
114 8 Experimenteller Teil
8.3.3 Überziehen von Wirkstoffpellets mit organischen Filmüberzügen
Jeweils 50 g Wirkstoffpellets werden in einem Wirbelschichtgerät (MiniGlatt, Fa. Glatt) im
Gleichstromverfahren mit Stickstoffzufuhr und den in Tabelle 8-8 angegebenen
Filmdispersionen überzogen. Polymere und Weichmacher liegen dabei gelöst vor, Talkum wird
dispergiert. Der Feststoffanteil der Dispersionen beträgt 7,5 % (m/m). Als Weichmacher wird
20 % (m/m) TEC, als Trennmittel 50 % (m/m) Talkum, jeweils bezogen auf LTS, zugesetzt.
Die wasserlöslichen Polymere Kollidon 17 bzw. Kollicoat IR werden in Anteilen von 10 % -
50 % (m/m) bezogen auf LTS eingesetzt. Der Polymerauftrag auf den Pellets nach Überziehen
beträgt 8 % (m/m) oder 2 mg/cm2.
Herstellung der Filmsuspension
HP-50 wird in Isopropanol auf einem Magnetrührer 10 min dispergiert. TEC, Kollicoat IR bzw.
Kollidon 17 werden in Wasser gelöst und zusammen mit Talkum unter kräftigem Rühren auf
einem Magnetrührer 30 min homogenisiert. Die Suspension wird unter Rühren der organischen
Polymerdispersion zugefügt und anschließend 120 min auf einem Magnetrührer gerührt. Die
Suspension wird vor der weiteren Verwendung auf ungelöste Polymeranteile geprüft und nur
dann verwendet, wenn diese nicht vorhanden sind.
Tabelle 8-8 Zusammensetzung organischer Filmüberzüge am MiniGlatt
Filmüberzug I II II IV V
HP- 50 [g] 9 8 7 6 5
Kollicoat IR / Kollidon 17[g] 1 2 3 4 5
Triethylcitrat [g] 2 2 2 2 2
Talkum [g] 5 5 5 5 5
Wasser [g] 28,6 28,6 28,6 28,6 28,6
Isopropanol [g] 114,4 114,4 114,4 114,4 114,4
Gesamt [g] 160 160 160 160 160
LTS bezogen auf Ansatzgröße 8% 8% 8% 8% 8%
Porenanteil bezogen auf LTS 10% 20% 30% 40% 50%
8.3 Galenische Verfahren 115
Tabelle 8-9 Prozessparameter zum Überziehen von Pellets am MiniGlatt
Ansatzgröße [g] 50
Prozessdruck [bar] 0,6-1,0
Zulufttemperatur [°C] 30
Kernbetttemperatur [°C] 28
Ablufttemperatur [°C] 28
Aufheizzeit [min] 20
Sprühdauer [min] 60
Sprühdruck [bar] 0,5
Düsenöffnung [mm] 0,6
Sprührate [g/min] 1,0-1,5
Nachtrocknung [min] 15
Es wird mit einem Sprühverlust von 10 % kalkuliert. Die Wirkstoffpellets werden anschließend
im Umlufttrockenschrank 12 h bei 40 °C getrocknet, gesiebt und die agglomeratfreie Fraktion
kleiner 1,25 mm verwendet.
8.3.4 Herstellung von Mischungen wässriger Latex-Dispersionen
Herstellung talkumhaltiger Eudragit RS 30D-Dispersionen
Talkum wird in Wasser suspendiert und die Suspension 10 min mit dem Ultra-Turrax
homogenisiert. Nach Zugabe von TEC und Eudragit RS 30D wird die Dispersion 30 min bei
Raumtemperatur auf einem Magnetrührer gerührt. Die Dispersion wird vor der weiteren
Verwendung auf sichtbare Ausfällungen geprüft und nur dann verwendet, wenn diese nicht
vorhanden sind. Unmittelbar vor Gebrauch wird die Dispersion durch ein Sieb mit 250 µm
Maschenweite gesiebt, um mögliche Agglomerate zu entfernen.
Herstellung salzhaltiger Eudragit RS 30D-Dispersionen
Die Herstellung erfolgt analog zur Herstellung der Dispersionen ohne Salzzusatz. Die Eudragit
RS 30D-Dispersion wird mit 30 ml weniger Wasser hergestellt als vorgesehen. In den 30 ml
wird die erforderliche Menge des Salzes gelöst und diese Lösung anschließend tropfenweise
unter ständigem Rühren der Eudragit RS 30D-Dispersion hinzugefügt. Die Dispersion wird vor
der weiteren Verwendung auf sichtbare Ausfällungen geprüft und nur dann verwendet, wenn
diese nicht vorhanden sind. Unmittelbar vor Gebrauch wird die Dispersion durch ein Sieb mit
250 µm Maschenweite gesiebt, um mögliche Agglomerate zu entfernen.
116 8 Experimenteller Teil
Herstellung von Mischungen wässriger Polymerdispersionen
Weinsäurestarterpellets werden mit Mischungen wässriger Polymerdispersionen (Kapitel 3)
überzogen. Zunächst wird der pH-Wert der ungemischten Polymerdispersionen bestimmt:
Eudragit RS 30D : pH 4,5 Latex-Dispersion
Eudragit NE 30D : pH 7,0 Latex-Dispersion
Kollicoat SR 30D : pH 4,0 Latex-Dispersion
Aquacoat ECD 30D : pH 7,0 Pseudo-Latex-Dispersion
Die eingesetzten Polymerdispersionen werden jeweils mit demineralisiertem Wasser im
Verhältnis 1:1 verdünnt. In dem für die Eudragit RS 30D-Dispersion eingesetzten Anteil wird
zuvor Polysorbat 80 gelöst. Für Mischungen von neutralen und sauren Polymerdispersionen
wird separat jeweils der pH-Wert beider Dispersionen mit 1 molarer Salzsäure bzw. 1 molarer
Natronlauge durch tropfenweise Zugabe unter ständigem Rühren auf pH 5,5 angeglichen.
Erneut unter starkem Rühren werden die Dispersionen vorsichtig gemischt, dabei ist auf
eventuell sichtbare Ausfällungen zu achten.
Im verbleibenden Anteil Wasser wird die erforderliche Menge des Salzes und des TEC gelöst.
Anschließend wird Talkum zugegeben und 10 min mit dem Ultra-Turrax homogenisiert.
Die Suspension wird der Polymerdispersion unter ständigem Rühren zugefügt.
Die Dispersion wird 30 min auf einem Magnetrührer gerührt und nur dann verwendet, wenn
keine sichtbaren Ausfällungen vorhanden sind. Unmittelbar vor Gebrauch wird die Dispersion
durch ein Sieb mit 250 µm Maschenweite gesiebt, um mögliche Agglomerate zu entfernen.
8.3.5 Überziehen von Weinsäurepellets
100 g Weinsäurestarterpellets werden in einem Wirbelschichtgerät (MycroLab, Fa. Hüttlin) im
Gleichstromverfahren mit den in Kapitel 3 angegebenen Polymeren und Polymermischungen
überzogen. Die gewählten Prozessparameter sind in Tabelle 8-11 angegeben. Beim Überziehen
der sehr gut wasserlöslichen Weinsäurepellets mit wässrigen Dispersionen muss der Prozess
besonders zu Beginn hinsichtlich Temperatur und Sprührate sorgfältig beobachtet und gesteuert
werden. Trotz hoher Trennmittel-Anteile in den Rezepturen sind besonders die Polymere mit
niedrigen Glasübergangstemperaturen sehr anfällig für Agglomeration und Verkleben. Deshalb
sollte die Produkttemperatur 35 °C nicht überschreiten und bis zu einem Auftrag von etwa 2 %
Polymer (m/m) nur eine sehr geringe Sprührate von etwa 0,5 g/min/100g gewählt werden.
Danach kann die Sprührate zügig auf bis zu 4,0 g/min/100g erhöht werden.
8.3 Galenische Verfahren 117
Der Feststoffanteil der versprühten Dispersionen beträgt jeweils 12 % (m/m). Der
Polymerauftrag auf den Pellets nach Überziehen beträgt 10 % bis 40 % (m/m) entsprechend
etwa 2 - 8 mg/cm2.
Tabelle 8-10 Prozessparameter zum Überziehen von Weinsäurepellets - Hüttlin MycroLab
Filmüberzug Aquacoat ECD
30D-Dispersion
Eudragit RS 30D-
Dispersion
Eudragit NE 30D-
Dispersion
Ansatzgröße [g] 100 100 100
Düsentyp 3-Stoff 3-Stoff 3-Stoff
Düsendurchmesser [mm] 0,6 0,6 0,6
Zuluftmenge [m3/h] 16-19 16-19 16-19
Zulufttemperatur [°C] 60 45-55 40-50
Kernbetttemperatur [°C] 45 32-36 30-33
Ablufttemperatur [°C] 33 28 26
Aufheizzeit [min] 30 30 30
Sprührate [g/min] 0,5-4,0 0,5-4,0 0,5-4,0
Sprühdauer [min] - - -
Sprühdruck [bar] 0,7 0,7 0,7
Mikroklima [bar] 0,3 0,3 0,3
Nachtrocknung [min] 10 10 10
Es wird mit einem Sprühverlust von 10 % kalkuliert. Die Pellets werden gesiebt und die
agglomeratfreie Fraktion kleiner 1,25 mm verwendet. Anschließend werden die
Wirkstoffpellets im Umlufttrockenschrank 12 - 48 h bei 40 °C bzw. 60 °C getempert.
8.3.6 Herstellung von überzogenen Dipyridamol-Minitabletten
Die Zusammensetzung der hergestellten 6 mm Minitabletten umfasst pro Tablette:
Dipyridamol [mg] 25,0
Weinsäure [mg] 12,5
Lactose fein [mg] 12,5
Magnesiumstearat [mg] 1-2%
Siliciumdioxid [mg] 0,5%
118 8 Experimenteller Teil
Wirbelschichtgranulat
Chargen einer Ansatzgröße von 150 g werden in einem Wirbelschichtapparat (MycroLab, Fa.
Hüttlin) 10 min lang gemischt und anschließend mit 30 g demineralisiertem Wasser im
Gegenstromverfahren granuliert. Die Granulierflüssigkeit wird mit einer Rate von 0,5 g/min
mittels einer Schlauchpumpe (Modell 500, Fa. Watson-Marlow) über eine 3-Stoff-Düse
versprüht Folgende Rezeptur wird zur Herstellung des Wirbelschichtgranulats eingesetzt:
Dipyridamol 50 Teile
Lactose fein 25 Teile
Weinsäure 25 Teile
Tabelle 8-11 Granulationsbedingungen zur Herstellung des Dipyridamol-Granulats
Apparat Mycrolab
Ansatzgröße [g] 150
Düsenöffnung [mm] 0,8
Vorheizzeit [min] 30
Sprühzeit [min] 20-40
Zulufttemperatur [°C] 70
Ablufttemperatur [°C] 30
Sprühdruck [bar] 0,8
Mikroklima [bar] 0,4
Sprührate [g/min] 0,5 - 1,0
Nachtrocknung [min] 10
Tablettierung
Die getrockneten Granulate werden gesiebt und die Fraktion kleiner 500 µm verwendet. Es
werden 1 % Magnesiumstearat und 0,5 % Siliciumdioxid aufgesiebt und die Mischung 5 min
im Freifall-Mischer (Turbula H2C, Fa. Bachofen) bei 42 U/min gemischt.
Die Tablettiermischung wird auf einer instrumentierten hydraulischen Presse (FlexiTab, Fa.
Röltgen) zu runden bikonvexen Tabletten verpresst. Die eingesetzten Stempel liefern Tabletten
mit 5 mm Durchmesser und einem Wölbungsradius von 9 mm. Die Datenerfassung und
Auswertung erfolgt mit Hilfe der DAQ4 Data Acquisition System, Edition FlexiTab, Version
2.2.6 Software (Fa. Hucke Software)
Es werden Tabletten mit einer Masse von 51 mg und einer Steghöhe von 1,2 mm sowie einer
Bruchfestigkeit von 80 N hergestellt.
8.3 Galenische Verfahren 119
Überziehen der Tabletten
60 g Tablettenkerne werden in einem Wirbelschichtgerät (Aircoater, Fa. Innjet) mit einer der in
Tabelle 8-12 angegebenen Filmdispersionen überzogen. Der Polymerauftrag auf den Kernen
nach Überziehen beträgt 12 % (m/m) oder 6 mg / Tablette.
Tabelle 8-12 Zusammensetzung organischer Filmüberzüge am Aircoater
Filmüberzug I II
Celluloseacetat [g] 4,3 2,9
PEG 6000[g] 2,9 4,3
Wasser [g] 22,6 22,6
Aceton [g] 90,2 90,2
Gesamt [g] 120 120
LTS bezogen auf Ansatzgröße 12% 12%
Porenanteil bezogen auf LTS 40% 60%
Celluloseacetat wird in Aceton gelöst. PEG 6000 wird in Wasser gelöst und anschließend
langsam unter Rühren zur vorgelegten CAP-Aceton-Lösung dazugegeben.
Die Filmsuspension wird mit einer Schlauchpumpe gefördert und über eine Innojetdüse
versprüht. Die Prozessparameter finden sich in Tabelle 8-13. Zur Vervollständigung der
Filmbildung werden die überzogenen Tabletten 12 h bei 40 °C im Umluft-Trockenschrank
getempert.
Tabelle 8-13 Prozessparameter zum Überziehen von Minitabletten am Innojet-Aircoater
Einwaage an Minitabletten [g] 60
Zulufttemperatur [°C] 30
Kernbetttemperatur [°C] 27
Ablufttemperatur [°C] 26
Aufheizzeit [min] 10
Sprühzeit [min] 90
Sprührate [g/min] 1,0-2,0
Nachtrocknung [min] 10
120 8 Experimenteller Teil
8.3.7 Herstellung von isolierten Filmüberzügen
Herstellung mittels eines Filmsprühgeräts
Isolierte Filme werden auf einem selbst konstruierten Filmspühgerät (Abb. 8-1) hergestellt.
Dabei wird die wässrige Dispersion bzw. die organische Filmlösung von einer Dreistoffdüse
mit einer Düsenöffnung von 0,5 mm (Modell 940, Fa. Schlick) auf eine rotierende,
teflonbeschichtete, beheizbare Walze gesprüht. Die Düse wird gleichmäßig entlang einer
parallel zur Rotationsachse der Walze verlaufenden Achse bewegt, sodass sich der Sprühkegel
gleichmäßig über die Oberfläche der Walze verteilt. Zusätzlich wird die Walze rückseitig von
einem Gebläse erwärmt. Nach Verdampfen des Lösemittels bleibt ein gleichmäßiger
Filmüberzug auf der Walze zurückbleibt. Die Temperaturen der Walze und des Gebläses
werden auf einem konstanten Wert gehalten. Der Regelbereich beträgt ± 1 K des Sollwerts. Die
Filme werden nach dem Ablösen von der Walze 24 h bei 40° C im Umlufttrockenschrank
getrocknet. Standard-Prozessparameter sind in der nachfolgenden Tabelle angegeben.
Tabelle 8-14 Standard-Prozessparameter zur Herstellung isolierter Filme - Filmsprühgerät
organische Lösung wässrige Dispersion
Gebläse-Temperatur [°C] 30 50
Walzen-Temperatur [°C] 25 35
Walzen-Drehzahl [U/min] 80 80
Aufheizzeit [min] 10 20
Sprührate [g/min] 4 3,5
Sprühdruck [bar] 0,6 0,6
Mikroklima [bar] 0,3 0,3
Nachtrocknung [min] 5 5
8.3 Galenische Verfahren
Abb. 8-1 Schema des Aufb
Herstellung mittels eines Filmzi
Zur Herstellung isolierter Film
eingesetzt (Abb. 1-2), das insbe
Lösemitteln geeignet ist. D
beheizbaren Edelstahl-Platte und
definiertem Spalt (19,5 cm x 0,4
Teflonfolie (Fa. Beichler &
gelegt. Die organische Filmlösung
Die ausgegossene Flüssigkei
2,5 mm/s über die Glasplatte ge
spreitet während der Bewegun
der Platte wird mit einem
gehalten. Der Regelbereich
Lösemittels werden die Filme
ufbaus und der Funktionsweise des Filmsprühgerä
mziehgeräts
ilme wird das Filmziehgerät Coatmaster 509
insbesondere zur Herstellung isolierter Film
Das Gerät besteht aus einer exakt horizo
und einem darüber hinweg gleitenden Schlitte
x 0,4 mm) an der Unterseite, über die Heizpla
Grünenwald) beschichtete Glasplatte wird
lösung bzw. wässrige Dispersion wird darauf la
keit wird durch das mit einer konstanten G
e geführte Rakel gleichmäßig verteilt. Die Lösung
ung in dünner Schicht auf der Teflonoberfläc
Pt100-Messfühler gemessen und auf einem
h beträgt ± 1 K des Sollwerts. Nach dem
e für 24 h bei 40° C im Umlufttrockenschrank
121
räts
509 MC (Fa. Erichsen)
ilme aus organischen
zontal ausgerichteten,
tten, der ein Rakel mit
platte bewegt. Eine mit
rd auf die Heizplatte
langsam ausgegossen.
Geschwindigkeit von
ösung bzw. Dispersion
läche. Die Temperatur
nem konstanten Wert
dem Verdampfen des
nk getempert.
122
Abb. 8-2 Schema des Aufb
Messung der Filmdicke
Die Filmdicke der hergestellte
Fischer) nach dem Prinzip de
Kalibrierfolien kalibriert. Die
±1 µm.
8 Experimenteller Teil
ufbaus und der Funktionsweise des Filmziehgeräts
lten Filme wir mit einem Schichtdickenmessge
des Wechselstromwiderstands gemessen. D
ie Mess-Genauigkeit beträgt bei Filmen zwische
äts
gerät (Dualoscope, Fa.
Das Gerät wird mit
schen 20 µm - 150 µm
8.4 Analytik 123
8.4 Analytik
8.4.1 Freisetzungsuntersuchungen und Gehaltsbestimmung
8.4.1.1 UV-Spektrometrie
UV-Spektrophotometer: HP 8453 mit Diodenarraydetektor (Fa. Agilent)
Küvetten: 1 cm Quarzglas-Durchflussküvette
Alle Proben werden in aufsteigender Konzentration vermessen und die Durchflussküvette vor
jeder Messung mit ca. 2 ml Probe gespült. Die Mess-Wellenlänge für den jeweiligen
Arzneistoff wird durch Aufnahme eines Spektrums zwischen 200 nm und 600 nm ermittelt. Die
Kalibrierung erfolgt gemäß Gottwald [Gottwald 2000] äquidistant über 6 Konzentrationen bei
je 6 Wiederholungsmessungen (Tabelle 8-15).
Tabelle 8-15 Kalibrierdaten des UV-Spektrometers für die verwendeten Arzneistoffe
ArzneistoffWellenlänge
[nm]y-
AchsenabschnittSteigung Bestimmtheitsmaß
BI XX 278 0,002 0,3856 0,9999
Dipyridamol 402 0,0016 0,6237 0,9999
Theophyllin 272 -0,0005 0,5623 0,9999
Gehaltsbestimmungen
Zur Gehaltsbestimmung der Wirkstoffpellets wird eine je etwa 100 mg Wirkstoff enthaltende
Probe von Pellets in 200 ml 0,1 M HCl etwa eine Minute lang mit einem Ultra-Turrax bei
20.000 U/min zerkleinert. Zur vollständigen Auslaugung der Bruchstücke wird die Lösung für
30 min in ein Ultraschallbad überführt. Die Suspension wird mittels 0,22 µm Membranfilter
von Schwebstoffen befreit und die Konzentration des Wirkstoffs mit dem HP 8453 UV/IS
Spektrometer bestimmt.
8.4.1.2 Wirkstofffreisetzung
Die Freisetzungsuntersuchungen für Wirkstoffpellets werden nach der Körbchenmethode,
gemäß der Ph. Eur. 6 (2010) Monographie 2.9.3 „Wirkstofffreisetzung aus festen
Arzneiformen“ durchgeführt. Die Freisetzung erfolgt in einer Sotax AT7 (Fa. Sotax)
Freisetzungsapparatur, die über eine Kolbenhubpumpe mit einem UV-Spektrometer mit
Diodenarraydetektor (HP 8453, Fa. Agilent) und Durchflussküvetten aus Quarzglas verbunden
124 8 Experimenteller Teil
ist. Die Standard-Versuchsdauer beträgt 12 bzw. 24 Stunden. Zu jedem vorab festgelegten
Probenzeitpunkt wird das Freisetzungsmedium zur spektralphotometrischen Bestimmung des
freigesetzten Arzneistoffs im Kreislauf gepumpt und in den Durchflussküvetten vermessen.
Durch Vorschalten eines Glasfaserfilters (Typ GF/D, Fa. Whatman) können keine Partikel in
die Pumpe oder die Probengefäße gelangen. Die verwendeten Durchflussküvetten haben eine
Schichtdicke von 1 cm, bei höherem Arzneistoffgehalt werden 1 mm-Küvetten verwendet, um
eine Überschreitung des gültigen spektralphotometrischen Mess-Bereiches zu vermeiden.
Die Spektren werden mit der Software ChemStation (Fa. Agilent) aufgezeichnet und die
gelöste Menge Arzneistoff berechnet. Die Messungen werden mindestens 3-fach durchgeführt
und die Ergebnisse als arithmetisches Mittel mit Standardabweichung angegeben. In der Regel
werden 900 ml 0,1M HCl bzw. phosphatgepufferte Lösungen als Freisetzungsmedium
verwendet (s. Tabelle 8-16). Für Freisetzungsuntersuchungen wird jeweils eine etwa 100 mg
des jeweiligen Wirkstoffs enthaltende Menge der Pellets eingewogen.
Tabelle 8-16 Sotax AT7-Komponenten und Versuchsbedingungen für Freisetzungen
Gerätekomponente Typenbezeichnung
Pumpe: Kolbenhubpumpe CY 7-50
Filter: GF/D; Porengröße = 0,45 µm
Software ChemStation
Parameter Versuchsbedingungen
Küvettendicke: 1 cm bzw. 1 mm
Rührertyp Körbchen
Rührergeschwindigkeit 100 U/min
Volumen Freisetzungsmedium 900 ml
Temperatur 37 °C ± 0,5
Anzahl der Bestimmungen 3-fach
8.4.1.3 Zwei-Phasen Freisetzungsmethode mit pH-Anpassung
Freisetzungen mit einer integrierten pH-Anpassung und zweiphasigem Medium werden in
einer modifizierten Freisetzungsanlage durchgeführt (Abb. 8-3). Eine herkömmliche
Freisetzungsapparatur nach Monographie 2.9.3 Ph. Eur. 6 wird dazu mit einem
halbautomatischen Titrationsgerät (Titrando 842, Fa. Metrohm) und einem UV-Spektrometer
kombiniert.
8.4 Analytik 125
Abb. 8-3 Schema der pH-kontrollierten zwei-phasigen Freisetzungsapparatur
Die Freisetzungen werden mit einer Blattrührer-Apparatur in 500 ml phosphatgepuffertem
wässrigem Medium und einer darüber liegenden organischen Phase von 100 ml n-Octanol bei
37 °C durchgeführt. Die Versuchsbedingungen sind in Tabelle 8-17 angegeben.
Der pH-Wert des wässrigen Mediums wird während der Freisetzung kontinuierlich registriert
und nach 1 h, 3 h und 5 h mit 5 molarer Natronlauge entsprechend einem festgelegten pH-
Profil angepasst. Es werden Freisetzungsgefäße mit einem Dorn am Boden verwendet, um eine
reproduzierbare Hydrodynamik zu gewährleisten. Die Arzneiformen werden von einem
Spiraldraht eingeschlossen, um ein aufschwimmen in die organische Phase auszuschließen. Die
Wirkstoffkonzentration in beiden Medien wird zu festgelegten Zeitpunkten mit
Durchflussküvetten simultan UV-spektrometrisch gemessen. Die Standardversuchsdauer
beträgt 24 h. Nach Ablauf der Versuchszeit wird das Medium auf pH 1,5 angesäuert und 60
min mit hoher Intensität gerührt. Zur Verwendung als 100 % Wert der Freisetzung wird die
freigesetzte Gesamtmenge Wirkstoff in beiden Phasen bestimmt.
Obere Phase:n-octanol
Untere Phase:aq. Puffer
Freisetzungsgefäß
Blatt-Rührer
Kapsel/Tablette
Sinker
Bürette
pH-Sensor
t0 = 0h t1 = 1h t2 = 3h t3 = 5h t4 = 24h
pH 2 pH 5.5 pH 5.5 pH 6.8
126 8 Experimenteller Teil
Die Messungen werden mindestens 3-fach durchgeführt und die Ergebnisse als arithmetisches
Mittel mit Standardabweichung angegeben.
Tabelle 8-17 Versuchsbedingungen für pH-integrierte Freisetzungen
Gerätekomponente Typenbezeichnung
Pumpe: Kolbenhubpumpe CY 7-50
Filter: GF/D; Porengröße = 0,45 µm
Titrator: Titrando 842
Software ChemStation; Tiamo 2.0
Parameter Versuchsbedingungen
Küvettendicke: 5 mm ; 2 mm
Rührertyp Blattrührer
Rührergeschwindigkeit 50 U/min
Volumen Freisetzungsmedium 500 ml Phosphatpuffer
100 ml n-Octanol
Temperatur 37 °C ± 0,5
Anzahl der Bestimmungen 3-fach
8.4.1.4 Weinsäure-Freisetzung
Die Freisetzungsuntersuchungen für Weinsäurepellets werden nach der Körbchenmethode
gemäß der Monographie 2.9.3, nach Ph. Eur. 6 (2010) durchgeführt. 500 mg Pellets werden in
ein Körbchen eingewogen und bei einer Rührergeschwindigkeit von 100 U/min in 700 ml
demineralisiertem Wasser bei pH 5,5 freigesetzt. Die freigesetzte Menge Weinsäure wird
kontinuierlich über Titration mit eingestellter, 0,1 molarer Natronlauge direkt im
Freisetzungsgefäß bestimmt. Zur Titration wird eine pH-Glaselektrode (Art. 6.023.220, Fa.
Metrohm) und das Titrationsgerät Titrando 842 (Fa. Metrohm) verwendet. Die Standard-
Versuchsdauer beträgt 12 h. Die Datenaufnahme erfolgt über die Tiamo 2.0 Software (Fa.
Metrohm). Die Messungen werden mindestens 3-fach durchgeführt und die Ergebnisse als
arithmetisches Mittel mit Standardabweichung angegeben.
8.4.1.5 Diffusion durch isolierte Filmüberzüge
Isolierte Filme werden zu Scheiben von 26 mm Durchmesser geschnitten, zwischen zwei
Dichtungen gelegt, mit dem Filmhalter beidseitig seitlich an der Freisetzungszelle befestigt und
mit einem Spannring fixiert (Abb. 1-4). Die effektive Diffusionsfläche einer Freisetzungszelle
8.4 Analytik 127
beträgt 6,29 cm2. Sie wird mit 20 ml Wirkstoff- bzw. Weinsäurelösung befüllt und in eine
Blattrührer-Apparatur gemäß Ph. Eur. (37° C, 100 U/min) eingesetzt (Abb. 1-5). Das Volumen
des Akzeptor-Mediums beträgt 700 ml.
Die Wirkstoffkonzentration im Freisetzungsgefäß wird mit einem UV-Spektrophotometer
(8453, Agilent) zu festgelegten Zeitpunkten bestimmt. Dazu wird die Lösung, analog einer
Standard-Apparatur, im Kreislauf vom Freisetzungsgefäß durch die Durchflussküvette des UV-
Spektrophotometers gepumpt. Die eingesetzte Apparatur ermöglicht eine simultane 6-fach
Bestimmung. Die Datenaufnahme erfolgt über die ChemStation Software (Agilent).
Zur Bestimmung der diffundierten Weinsäuremenge werden eine pH-Glaselektrode (Art.
6.023.220, Metrohm) und eine Bürette in das Medium des Freisetzungsgefäßes getaucht. Mit
einem halbautomatischen Titrationsgerät (Titrando 842, Fa. Metrohm) wird der pH-Wert im
Freisetzungsgefäß konstant bei pH 5,5 gehalten, indem freigesetzte Säure sofort mit 0,1
molarer Natronlauge zurücktitriert wird. Der Verlauf der Titrationskurve beschreibt die
Freigabekinetik und die Permeabilität der isolierten Filme. Die Datenaufnahme erfolgt über die
Tiamo 2.0 Software (Fa. Metrohm).
Abb. 8-4 Freisetzungszelle und Apparatur zur Diffusionsmessung aus isolierten Filmen
8.4.2 Mechanische Eigenschaften isolierter Filmüberzüge
Die mechanischen Eigenschaften von isolierten Filmüberzügen werden mit einem
Materialprüfgerät (Fa. CADIS) nach DIN EN 527 bestimmt. Rechteckige Streifen (16 cm x
2,0cm) der Probe werden so in den Probenhalter eingespannt, dass ein 10 cm langes Stück
zwischen den Halter zur Prüfung zur Verfügung steht. Die obere Fixierung ist mit einem
Kraftmesser (max. 200 N) verbunden. Die Zugprüfung wird mit einer konstanten
Prüfgeschwindigkeit von 10 mm/min vertikal ausgeführt. Kraft-Weg Messungen bis zum
128 8 Experimenteller Teil
Reißen des Films werden aufgezeichnet und anschließend zur Bestimmung der mechanischen
Eigenschaften ausgewertet. Die Datenaufzeichnung erfolgt mit der WinUPM Software (Fa.
Cadis).
8.4.3 Differentielle-Thermo-Kalorimetrie
Die Glasübergangstemperatur Tg wird gemäß DIN 53 765 A20 (Temperaturprogramm siehe
Tabelle 8-18) mittels dynamischer Differenzkalorimetrie (DSC) bestimmt.
Verwendet wird ein Mettler TA 8000 Thermoanalysesystem mit einer DSC 820 Messzelle und
einem FRS 5 Messfühler. Das Gerät ist mit einer automatischen Kühlung ausgestattet, die mit
flüssigem Stickstoff betrieben wird. Die Messungen werden unter Spülung der Messzelle mit
trockenem Stickstoff bei einer Flussrate von ca. 50 ml/min durchgeführt. Das Gerät wird vor
den Messungen einer Temperaturkalibrierung im Bereich von ca. -95 °C bis ca. 420 °C
unterzogen. Die Abweichung der Temperatur zwischen Ofenkörper und DSC-Sensor bei
unterschiedlichen Aufheizraten (Tau-lag) wird ebenfalls bestimmt. Die Temperatur und die
Tau-lag Kalibrierung werden mittels des Schmelzpeaks von Indium überprüft.
Als Mess- und Auswertesoftware findet das Programm STARe (Version 8.0, Mettler)
Anwendung. Die Daten einer Blindkurve, die mit einem Leertiegel auf Referenz und
Messposition aufgenommen wird, werden von allen Messungen subtrahiert.
Versuchsdurchführung
Die Probe mit einer Masse von ca. 20 mg, exakt gewogen, wird in einen 40 µl Aluminium-
Tiegel mit perforiertem Deckel eingebracht und gegen einen Referenztiegel (leerer
Standardaluminium-Tiegel, 40 µl) gemessen. Die Probe durchläuft zwei Temperaturzyklen mit
Isothermen von jeweils 2 min. Die zweite Aufheizkurve wird schließlich zur Bestimmung der
Glasübergangstemperatur Tg herangezogen. Die Glasübergangstemperatur wird, wenn nicht
anders angegeben, als arithmetischer Mittelwert zwischen Tonset und Tendset berechnet.
2onsetendset
g
TTT
Gl. 8.1
8.4 Analytik 129
Tabelle 8-18 Temperaturprogramm zur Bestimmung der Tg nach DIN 53 765
Vorgang Temperaturprogrammierung Zweck
Isotherme T = Tg – 50 °C
2 min
Probe äquilibrieren
Lineares
Aufheizen
V = 20 K/min
von Tg – 50 °C bis Tg + 50 °C
Löschen der thermischenVorgeschichte der Probe durchÜberschreiten der Tg
Isotherme T = Tg + 50 °C
2 min
Probe äquilibrieren
Lineares
Abkühlen
V = -20 K/min
von Tg + 50 °C bis Tg - 50 °C
„Einfrieren“ der Probe für Glaszustand
Isotherme T = Tg-50 °C
2 min
Probe äquilibrieren
Lineares
Aufheizen
V = 20 K/min
von Tg – 50 °C bis Tg + 50 °C
Messung der Tg bei hoher Auf-heizrate, um eine bessere Auflösungdes geringen thermischen Effekts zuerhalten
8.4.4 Anpassung nichtlinearer Funktionen
Die Anpassung der Weibullfunktion und die zahlenmäßige Bestimmung der
Funktionsparameter für die einzelnen Freisetzungsgraphen wurden mit der Software OriginPro
8G (Fa. OriginLab) durchgeführt.
Die Funktion für die Beschreibung der Freisetzungsgraphen ist wie folgt definiert:
100;0;0;0;exp1)( 00
Qdkt
k
tQtQ
d
Gl. 8-2
Die Definitionen und Interpretationen der Parameter der Weibullfunktion im Rahmen der
vorliegenden Arbeit sind in Kapitel 5 zu finden.
Da das Programm x als Abszisse und y als Ordinate verlangt, wird in der Programmdefinition t
gegen x und Q(t) gegen y ausgetauscht. Das Fitting wird iterativ solange wiederholt, bis keine
weitere Änderung der Funktionsparameter folgt.
130 8 Experimenteller Teil
8.4.5 Bildgebende Verfahren
8.4.5.1 Pelletgrößenbestimmung mittels Bildanalysesystem Occhio Belt
Das dynamische Bildanalyse System Occhio Belt (Fa. Occhio) dient zur Bestimmung der
Pelletgrößenverteilung sowie zur Berechnung der Pelletoberfläche. Das System arbeitet mit
einer CCD-Kamera, die die auf ein Förderband dispergierte Probe aufnimmt. Durch die
Kombination unterschiedlicher Fördergeschwindigkeiten der Transportrinne und des
Förderbands, auf das die Probe von der Rinne durch ein Fallrohr fällt, wird die Probe
dispergiert und so ausgerichtet, dass der maximale Probendurchmesser zweidimensional
aufgenommen wird.
5 g bis 10 g Pellets werden auf die vibrierende Transportrinne aufgebracht, anschließend
dispergiert, von dem Förderband durch das Bildfeld der Kamera transportiert und registriert.
Die Messung wird nach 3000 gemessenen Partikeln gestoppt und mit der Callistat Software
(Fa. Occhio) ausgewertet. Als Größen-Parameter dient der equivalent diameter (Durchmesser
eines flächengleichen Kreises) und als Form-Parameter die inertial elongation als Maß für die
Sphärizität der Partikel.
8.4.5.2 Pelletgrößenbestimmung am Axioplan 2 Mikroskop
Mikroskop: Axioplan 2 (Carl Zeiss)
Kamera: Sony 3 CCD Color Video Camera MC-3255
Software: AxioVision 4.7 (Carl Zeiss)
Zur Bestimmung der zeit- und quellungsabhängigen Pelletgröße wird eine Probe mit 2 ml
Medium versetzt und unter dem Mikroskop unter 5-facher Vergrößerung mit der CCD Kamera
mit einer Belichtungszeit von 500 ms in Abständen von jeweils 15 min über 12 h
aufgenommen. Die Aufnahmen werden im Dunkelfeld unter Auflicht und mit einem
Polarisationsfilter aufgenommen. Der Durchmesser der Pellets wird als maximaler
Innkreisdurchmesser bestimmt.
8.4.5.3 Rasterelektronische Aufnahmen
Alle Proben werden mit Leit C (Fa. Neubauer) auf den Probenträgern befestig, im Sputter
Coater mit einer dünnen Goldschicht bedampft, in das REM eingebracht und unter Vakuum
untersucht. Die Querschnitte von Bruchstücken der isolierten Filme werden durch
Schockgefrieren mit flüssigem Stickstoff hergestellt.
8.5 Datenverarbeitung 131
8.4.6 Bestimmung der wahren Dichte
Die wahre Dichte von Pellets und isolierten Filmen wird mit einem Heliumpyknometer
(Accupyc 1330, SI Instruments) bestimmt. Messungen erfolgen bei ca. 30 % iger Füllung des
Probenbehälters mit Helium als Messgas. Nullpunkt und Startwert werden vor jeder Messreihe
entsprechend der Bedienungsanleitung überprüft. Die wahre Dichte ist der Quotient aus
Substanzeinwaage und gemessenem wahren Volumen als Mittelwert aus drei Messungen.
8.5 Datenverarbeitung
Tabelle 8-19 Verwendete Software und Hersteller
Software Hersteller
ChemStation Agilent
Tiamo 2.0 Metrohm
ReferenceManager 11 Thomson Research Software
AxioVision 4.7 Carl Zeiss
OriginPRO 8G OriginLab
Microsoft Office 2007 Microsoft
STARe Mettler
SCOPUS Elsevier
Windows XP Professional Microsoft
CADIS Software / WinUPM Cadis
Occhio Callistat Occhio
9 Zusammenfassung der Arbeit 133
9 Zusammenfassung der Arbeit
Die perorale Applikation von multipartikulären Arzneiformen mit kontrollierter Freisetzung
bietet das Potenzial einer sicheren und effektiven Arzneimitteltherapie für Anwendungsgebiete
mit speziellen pharmakokinetischen Anforderungen. Durch den Einsatz von Arzneiformen mit
einem membrankontrollierten Freisetzungsmechanismus können die Eigenschaften solcher
Arzneiformen flexibel und gezielt, sowohl auf die physikalisch-chemischen Eigenschaften des
Wirkstoffs als auch auf die biopharmazeutischen Anforderungen, angepasst werden.
Im Rahmen dieser Arbeit wird dargestellt, wie die Entwicklung innovativer Arzneiformen mit
membrankontrollierter Freisetzung von pH-abhängig schwerlöslichen Wirkstoffen durch die
Anwendung von Screeningmethoden und semi-empirischen Vorhersagemodellen unterstützt
und erleichtert werden kann. Dazu werden Untersuchungen an isolierten Überzugsmembranen
eingesetzt, ein mathematisches Modell zur Beschreibung des Freisetzungsverlaufs überzogener
Arzneiformen entwickelt und ein neues biorelevantes Freisetzungsmodell etabliert.
Modular aufgebaute, mehrschichtige Arzneiformen, die eine Löslichkeitsverbesserung des
Wirkstoffs mit einer kontrollierten Freigabe kombinieren, stellen einen innovativen Ansatz zur
Darreichung von pH-abhängig schwerlöslichen Wirkstoffen dar. Eine Möglichkeit zur
Löslichkeitsverbesserung besteht in der Kombination eines Wirkstoffs mit pH-aktiven
Substanzen. So kann beispielsweise durch eine zeitgesteuerte Freisetzung von Weinsäure aus
dem Pelletkern die Freigabe eines pH-abhängig löslichen Wirkstoffes kontrolliert werden, der
sich in einer äußeren Schicht auf der Arzneiform befindet.
Bestimmungen der Permeabilität und der mechanischen Eigenschaften von isolierten
Membranen sowie Freisetzungsuntersuchungen von überzogenen Pellets zeigen, dass sich die
Retardpolymere Aquacoat ECD, Eudragit NE und Eudragit RS zur Einstellung eines
definierten Freisetzungsprofils von Weinsäure eignen. Mit Hilfe einer mikroskopischen
Bildanalyse wird bestätigt, dass dabei der osmotische Druck im Inneren von Weinsäurepellets
in Abhängigkeit der mechanischen Eigenschaften des jeweiligen Überzugstyps und der
jeweiligen Rezeptur einen wechselnden Einfluss auf die Freisetzung hat.
Hierbei ermöglichen Überzüge von Eudragit RS eine zeitgesteuerte, pulsatile Freisetzung von
Weinsäure mit Lag-Zeiten zwischen 0,1 und vier Stunden. Durch die Bestimmung der
Permeabilität von isolierten Membranen und des Freisetzungsprofils überzogener
Weinsäurepellets, konnte bestätigt werden, dass dies maßgeblich auf elektrostatischen
Austauschprozessen an den QAG der Membran beruht. Das resultierende Freisetzungsprofil
134 9 Zusammenfassung der Arbeit
kann deshalb durch eine vorherige Beladung dieser Gruppen mit Sulfat, durch unterschiedliche
Anteile von TEC oder variierende Überzugslevel variabel gesteuert werden. Der Anteil des
zugesetzten Weichmachers TEC beeinflusst dabei einerseits die mechanischen Eigenschaften
von Eudragit RS Membranen und verändert dadurch unter Einfluss von osmotischem Druck
andererseits das Freisetzungsverhalten überzogener Pellets. Es wird beobachtet, dass die Lag-
Zeit bis zum Beginn der Weinsäurefreisetzung länger wird, je höher der TEC-Anteil in der
Rezeptur ist. Durch Mischungen der Polymerdispersionen Eudragit RS und Eudragit NE wird
die Freisetzungsrate von überzogenen Pellets gegenüber reinen Eudragit RS Überzügen bei
identischen Überzugsmengen gesenkt. Übereinstimmend zeigen Permeabilitätsuntersuchungen
an isolierten Membranen einen erhöhten Diffusionswiderstand dieser Membranen. Die
Stabilität dieser Mischüberzüge ist jedoch hinsichtlich ihres Freisetzungsverhaltens
unbefriedigend. Freisetzungsuntersuchungen der überzogenen Pellets im Rahmen einer
Stabilitätsstudie mit Lagerung bei Temperaturen zwischen 40 °C und 60 °C sowie
Untersuchungen der Membranpermeabilität in Abhängigkeit von der thermischen
Nachbehandlung zeigen eine zunehmende Verlangsamung der Freisetzung, was vermutlich auf
physikalischen Veränderungen der Membran beruht.
Zwischen dem Freisetzungsverhalten von Weinsäurepellets mit Ethylcelluloseüberzügen auf
organischer bzw. wässriger Basis treten nur zu Beginn, während des Medieneinstroms ins
Pelletinnere, Unterschiede auf. Die Freisetzungsgeschwindigkeit aus überzogenen Pellets wird
jedoch nicht beeinflusst. Die Einbettung von Porenbildnern wie Kollicoat IR eignet sich sehr
gut, um die Durchlässigkeit eines Ethylcellulose Überzuges auf wässriger Basis
rezepturabhängig zu steuern. Zur Kontrolle der Freigabe von Weinsäure sind porenhaltige
Überzüge jedoch nicht geeignet, da bereits sehr kleine Mengen des Porenbildners die
Freisetzungsrate deutlich erhöhen.
Zur direkten Steuerung der Freisetzung von schwerlöslichen Wirkstoffen können funktionelle,
porenhaltige Überzüge jedoch sehr gut angewendet werden, weil sich ihre Freisetzungsrate
rezepturabhängig sehr flexibel steuern lässt. Die Ergebnisse an isolierten Filmen, hinsichtlich
der Membranpermeabilität solcher Membranen mit unterschiedlichen Anteilen des
Porenbildners, korrelieren mit den Freisetzungsdaten überzogener Pellets. Deshalb können
durch das Screening der Membranpermeabilität für einen Stoff an isolierten Filmüberzügen
wichtige Eigenschaften schnell charakterisiert und der Prozess der Formulierungsfindung
unterstützt werden.
9 Zusammenfassung der Arbeit 135
Eine Kombination der beiden Bausteine a) zeitgesteuerte Freisetzung von Weinsäure in
Abhängigkeit der Wirkstoffeigenschaften und b) membrankontrollierte Freisetzung des
Wirkstoffs in einer Arzneiform, ist geeignet, um pH-abhängig schwerlösliche Wirkstoffe
pulsatil oder über einen langen Zeitraum hinweg freizusetzen. In klinischen Humanstudien
konnte bestätigt werden, dass mit diesem Modell gute Bioverfügbarkeitswerte trotz eigentlich
schlechter Löslichkeit des Wirkstoffs am Resorptionsort, erzielt werden können.
Der Freisetzungsverlauf membrankontrollierter Arzneiformen kann mathematisch mit der
Weibull-Funktion beschrieben werden. Dabei wird beobachtet, dass der Weibull Exponent d
für diffusionskontrolliert-freisetzende, überzogene Arzneiformen konstant den Wert 1
annimmt. Da der Funktionsparameter kW und die experimentell an isolierten Filmüberzügen
bestimmte, rezepturabhängige Permeabilität der Membran korrelieren, ermöglicht dieser semi-
empirischer Ansatz mit einem Screening der Permeabilität isolierter Filme die direkte
Bestimmung der Funktionsparameter der Weibull-Funktion. Für diffusionskontrolliert-
freisetzende porenhaltige Membranen kann somit auf Basis der Weibull Funktion schnell eine
gute Näherung des Freisetzungsverhaltens überzogener Pellets mathematisch berechnet
werden, ohne dass zuvor tatsächlich Pellets hergestellt werden müssen. Dies konnte für die
Überzüge aus HP-50 / Kollidon 17 und Aquacoat ECD / Kollicoat IR gezeigt werden.
Andererseits ist eine direkte Vorhersage der Rezeptur für ein definiertes Freisetzungsprofil
nicht möglich. Diese Rezeptur kann jedoch durch ein Screening der Permeabilität
verschiedener Membranen mit Hilfe von isolierten Filmüberzügen zielgerichtet iterativ
ermittelt werden. Dadurch bieten sich neue Möglichkeiten für eine Wirkstoff und Zeit sparende
Entwicklung überzogener Arzneiformen.
Abschließend wird zur Abschätzung des in vivo Verhaltens von oralen Darreichungsformen mit
pH-abhängig schwerlöslichen Wirkstoffen ein zweiphasiges Freisetzungsmodell vorgestellt.
Dieses besteht aus einem wässrigen Medium mit pH-Gradient und einer n-Octanol-Phase.
Durch den pH-Gradienten können biorelevante pH-Bedingungen simuliert und durch die n-
Octanol Phase Sink-Bedingungen gewährleistet werden. Die Untersuchung des
Freisetzungsverhaltens von jeweils vier Formulierungen unterschiedlicher Technologie mit
konventionellen Freisetzungsmethoden sowie mit dem zweiphasigen Modell bestätigt im
Vergleich mit humanen in vivo Daten eine bessere Vorhersagekraft des zweiphasigen Modells
für das tatsächliche in vivo Verhalten. Das Modell ist weitgehend automatisiert, einfach zu
bedienen und kostengünstig auf Basis konventioneller Freisetzungsapparaturen zu installieren.
Damit steht bereits in frühen Phasen der Entwicklung ein biorelevantes Freisetzungsmodell zur
Verfügung, das durch eine bessere Vorhersagekraft als konventionelle Freisetzungsmethoden
136 9 Zusammenfassung der Arbeit
für das tatsächliche in vivo Verhalten einer Arzneiform entscheidende Hinweise für das in vivo
Verhalten einer Formulierung liefern kann. Dies erleichtert die Auswahl von Prototypen für die
klinische Entwicklung bereits in frühen Phasen der Arzneiformenentwicklung.
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152 Anhang
Anhang
I. Verzeichnis der akademischen Lehrer
Meine akademischen Lehrer waren die Damen und Herren:
Prof. Dr. Eric Beitz Pharmazeutische Chemie
Dr. Christian Beyer Pharmazeutische Chemie
Prof. Dr. Rolf Daniels Pharmazeutische Technologie
Prof. Dr. Gerd Döring Mikrobiologie
Prof. Dr. Gisela Drews Pharmakologie und Toxikologie
PD Dr. Martina Düfer Pharmakologie und Toxikologie
Prof Dr. Günther Gauglitz Physikalische Chemie
PD Dr. Berthold Gust Pharmazeutische Biologie
Prof. Dr. Lutz Heide Pharmazeutische Biologie
Prof. Dr. Karl-Arthur Kovar Pharmazeutische Chemie
Prof. Dr. Peter Krippeit-Drews Pharmakologie und Toxikologie
Prof. Dr. Stefan A. Laufer Pharmazeutische Chemie
Prof. Dr. Shuming Li Pharmazeutische Biologie
PD Dr. Stefan Linder Pharmazeutische Chemie
Dr. Hans-Peter Lipp Klinische Pharmazie
PD Dr. Nicolas Lembert Pharmakologie und Toxikologie
Prof. Dr. Peter Ruth Pharmakologie und Toxikologie
Klinische Pharmazie
Prof. Dr. Peter C. Schmidt Pharmazeutische Technologie
Prof. Dr. Joachim E. Schultz Pharmazeutische Chemie
Prof. Dr. Katja Taxis Pharmazeutische Biologie
Prof. Dr. Martin A. Wahl Pharmazeutische Technologie
PD Dr. Karl G. Wagner Pharmazeutische Technologie
Anhang 153
II. Curriculum Vitae
13. März 1981 geboren in Schwäbisch Hall
Juni 2000 Allgemeine Hochschulreife in Backnang
August 2000 – Juli 2001 Freiwilliger Sozialer Einsatz in St. Petersburg,
Russland
Oktober 2001 Beginn des Studiums der Pharmazie an der
Eberhard Karls Universität Tübingen
August 2004 1. Abschnitt der Pharmazeutischen Prüfung
Oktober 2005 2. Abschnitt der Pharmazeutischen Prüfung
November 2005 – April 2006 Pharmazeutisches Praktikum bei Boehringer-
Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG; Biberach,
Formulierungsentwicklung
Mai 2006 – Oktober 2006 Pharmazeutisches Praktikum in der Winthir-
Apotheke in München
November 2006 3. Abschnitt der Pharmazeutischen Prüfung
Approbation zum Apotheker
Januar 2007 – August 2010 Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Boehringer-
Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG, Biberach/ Riss,
zur Anfertigung einer Promotion unter Anleitung von
PD Dr. Karl G. Wagner in Kooperation mit dem
Lehrstuhl für Pharmazeutische Technologie und
Biopharmazie der Universität Tübingen
(Co-Betreuer: Prof. Dr. Rolf Daniels)
Beginn der Dissertation mit dem Titel:
„Screeningmethoden und Vorhersagemodelle zur
membrankontrollierten Freisetzung pH-abhängig
schwerlöslicher Wirkstoffe aus multipartikulären
peroralen Arzneiformen“