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CO 2 -GIT. Zur Herstellung von komplexen hohlen Bautei- len, die mit konventionellen Kernen nicht umsetzbar sind, ist die Fluidinjektions- technik ein etabliertes Ver- fahren. Die Auswahl des Fluids hat entscheidenden Einfluss auf Bauteilqualität, Zykluszeit und die Güte der Innenoberfläche. Was bisher wenig bekannt ist: Kohlen- dioxid als Einspritzmedium bietet enormes Potenzial, um ohne Zusatzaufwand Bauteilkosten und Energieein- satz zu verringern sowie die Bauteilqualität zu verbessern. MARCEL OP DE LAAK U.A. U nter dem Oberbegriff Fluidinjek- tionstechnik (FIT) werden Spritz- gießverfahren zusammengefasst, bei denen ein Injektionsmedium noch flüssigen Kunststoff aus dem Kern eines Spritzgussteils verdrängt. Schon Hobson [1] hat in seiner Patentschrift 1939 be- schrieben, auf welche Weise dies gesche- hen kann. Aus diesem Grundgedanken haben sich in den 1980er-Jahren mehre- re Verfahren etabliert, die sich nach der Art der Schmelzeverdrängung einordnen lassen. Die wichtigsten dieser Prozesse sind: das Aufblas- bzw. Teilfüllverfahren, das Nebenkavitätenverfahren, das Masserückdrückverfahren und die Projektilinjektionstechnik. Neben verschiedenen Arten der Schmel- zeverdrängung wurde Ende der 1990er- Jahre auch mit unterschiedlichen Injek- tionsmedien experimentiert; aus diesen Versuchen haben sich die Wasser- (WIT) und die Gas-Wasser-Injektionstechnik (TiK-WIT-Verfahren) entwickelt [2, 3]. Wasser ist als Injektionsmedium vor al- lem wegen der großen Kühlwirkung und der geringen Kosten für das Medium selbst höchst attraktiv für die Herstellung großer Stückzahlen von Bauteilen. Aller- dings weist Wasser für den Prozess nega- tive Eigenschaften auf, da die Bauteile ent- leert bzw. getrocknet werden müssen und Leckagen gravierende Schäden und Kos- ten verursachen können. In diesem Artikel soll nun ein weiteres bekanntes, für die Fluidinjektion bisher allerdings noch ungebräuchliches Medi- um vorgestellt werden: Kohlendioxid (CO 2 ). Die für Gase eher untypischen physikalischen Eigenschaften von CO 2 , auf die später noch eingegangen wird, machen dieses Gas für die Gasinjektions- technik (GIT) so interessant. Vorteile der CO2-Gasinjektion Ein Vergleich, welches Medium sich nun für welche Bauteile am besten eignet, of- fenbart, dass der Energieaufwand für die Fluidinjektion und die erreichbaren Kühl- bzw. Zykluszeiten bei Wasser und CO 2 ähnlich positiv herausstechen (Tabelle 1, S. 28). Hinzu kommt, dass der Prozess der GIT mit CO 2 in etwa so einfach abläuft wie bisher mit Stickstoff (N 2 ). Betrachtet man die physikalischen Ei- genschaften von CO 2 , so sind die Vortei- Brach liegendes Potenzial in der Gasinjektionstechnik Verschiedene Griffe, hergestellt in Gasinjektionstechnik (Foto: TiK) 2 © Carl Hanser Verlag, München Kunststoffe 3/2013 SPRITZGIESSEN ARTIKEL ALS PDF unter www.kunststoffe.de Dokumenten-Nummer KU111284

SD Linde Maximator KU111284 KU3 13 FIN · 2014. 1. 26. · Bild 3. Die neu entwickelte CO 2-GIT-Anlage mit inte- griertem Flüssigverdichter ist geeignet für CO 2- und N 2-Anwendungen

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CO2-GIT. Zur Herstellung von

komplexen hohlen Bautei-

len, die mit konventionellen

Kernen nicht umsetzbar

sind, ist die Fluidinjektions-

technik ein etabliertes Ver-

fahren. Die Auswahl des

Fluids hat entscheidenden

Einfluss auf Bauteilqualität,

Zykluszeit und die Güte der

Innenoberfläche. Was bisher

wenig bekannt ist: Kohlen-

dioxid als Einspritzmedium

bietet enormes Potenzial, um ohne Zusatzaufwand Bauteilkosten und Energieein-

satz zu verringern sowie die Bauteilqualität zu verbessern.

MARCEL OP DE LAAK U. A.

Unter dem Oberbegriff Fluidinjek-tionstechnik (FIT) werden Spritz-gießverfahren zusammengefasst,

bei denen ein Injektionsmedium nochflüssigen Kunststoff aus dem Kern einesSpritzgussteils verdrängt. Schon Hobson[1] hat in seiner Patentschrift 1939 be-schrieben, auf welche Weise dies gesche-hen kann. Aus diesem Grundgedankenhaben sich in den 1980er-Jahren mehre-re Verfahren etabliert, die sich nach derArt der Schmelzeverdrängung einordnenlassen. Die wichtigsten dieser Prozessesind:� das Aufblas- bzw. Teilfüllverfahren,� das Nebenkavitätenverfahren,

� das Masserückdrückverfahren und� die Projektilinjektionstechnik.Neben verschiedenen Arten der Schmel-zeverdrängung wurde Ende der 1990er-Jahre auch mit unterschiedlichen Injek-tionsmedien experimentiert; aus diesenVersuchen haben sich die Wasser- (WIT)und die Gas-Wasser-Injektionstechnik(TiK-WIT-Verfahren) entwickelt [2, 3].Wasser ist als Injektionsmedium vor al-lem wegen der großen Kühlwirkung undder geringen Kosten für das Mediumselbst höchst attraktiv für die Herstellunggroßer Stückzahlen von Bauteilen. Aller-dings weist Wasser für den Prozess nega-tive Eigenschaften auf,da die Bauteile ent-leert bzw. getrocknet werden müssen undLeckagen gravierende Schäden und Kos-ten verursachen können.

In diesem Artikel soll nun ein weiteresbekanntes, für die Fluidinjektion bisher

allerdings noch ungebräuchliches Medi-um vorgestellt werden: Kohlendioxid(CO2). Die für Gase eher untypischenphysikalischen Eigenschaften von CO2,auf die später noch eingegangen wird,machen dieses Gas für die Gasinjektions-technik (GIT) so interessant.

Vorteile der CO2-Gasinjektion

Ein Vergleich, welches Medium sich nunfür welche Bauteile am besten eignet, of-fenbart, dass der Energieaufwand für dieFluidinjektion und die erreichbaren Kühl-bzw. Zykluszeiten bei Wasser und CO2

ähnlich positiv herausstechen (Tabelle 1,S. 28). Hinzu kommt, dass der Prozess derGIT mit CO2 in etwa so einfach abläuftwie bisher mit Stickstoff (N2).

Betrachtet man die physikalischen Ei-genschaften von CO2, so sind die Vortei-

Brach liegendes Potenzialin der Gasinjektionstechnik

Verschiedene Griffe,hergestellt inGasinjektionstechnik(Foto: TiK)

2 © Carl Hanser Verlag, München Kunststoffe 3/2013

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ARTIKEL ALS PDF unter www.kunststoffe.deDokumenten-Nummer KU111284

Internet-PDF-Datei. Diese PDF Datei enthält das Recht zur unbeschränkten Intranet- und Internetnutzung, sowie zur Verbreitung über elektronische Verteiler. Eine Verbreitung in gedruckter Form ist mit dieser PDF-Datei nicht gestattet.

Bild 3. Die neu entwickelte CO2-GIT-Anlage mit inte-griertem Flüssigverdichter ist geeignet für CO2-und N2-Anwendungen (Foto: Maximator)

le offensichtlich [4]. Seine Dichte nimmterst ab 150 bar deutlich zu und nähertsich bei weiter steigendem Druck der vonWasser an (Bild 1). Ein weiterer interessan-ter Aspekt ist, dass sich CO2 bei Raum-temperatur allein durch Erhöhung desDrucks auf 60 bar verflüssigen lässt.Stick-stoff dagegen kann bei Raumtemperaturnicht verflüssigt werden und ist nur beitiefen Temperaturen (-196 °C bei Atmo-sphärendruck) flüssig.

Üblicherweise wird CO2 im flüssigenZustand in Flaschen, Bündeln oder Tanksangeliefert. In diesem Aggregatszustandhat CO2 mit 3,0 kJ/(kg K) immerhin dreiViertel der Wärmekapazität cp von Was-ser mit 4,178 kJ/(kg K) – sie liegt damitfast dreimal so hoch wie diejenige von

Stickstoff mit 1,041 kJ/(kg K). Ein weite-rer physikalischer Vorzug des CO2 ist diehohe Expansionswärme, die das Gas derUmgebung bei abfallendem Druck ent-zieht. Die Gesamtheit dieser physikali-schen Eigenschaften erklärt das enormeKühlpotenzial von CO2, das – im Ver-gleich zu Stickstoff – mit einer Halbie-rung der Kühlzeit einhergehen kann.

Ein praktischer Vorteil bei der GIT mitCO2 ist die sehr gute Reinigungswirkungdes Gases. Ringspaltinjektoren könnennahezu nicht mehr verstopfen und durcheinfaches Ausblasen mit CO2 zwischenzwei Produktionszyklen vollständig ge-reinigt werden. Der Prozess läuft dadurchstabiler, weil die Gefahr gebannt ist, dasssich der Injektor langsam zusetzt.

Temperatur

1000

kg/m3

800

700

600

500

400

300

200

100

0

300

51

101

151201

251301

bar401

1

60100

140180

220°C

Druck

Dich

te

900–1000

800–900

700–800

600–700

500–600

400–500

300–400

200–300

100–200

0–100

Dichte Wasser

Bild 1. Die Dichte von CO2 in Abhängigkeit von Druck und Temperatur. CO2 lässt sich bei Raumtem-peratur durch Erhöhung des Drucks auf 60 bar verflüssigen, bei steigendem Druck nähert sich seineDichte der von Wasser an (Quelle: Maximator)

© Kunststoffe

Temperatur

CO2fest

(Trockeneis)

CO2überkritisch

CO2gasförmig

Gasinjektion

Gasentlastung

Sublimationspunkt-78,5 °C/1,013 bar

Tripelpunkt-56,6 °C/5,2 bar

kritischer Punkt31,0 °C/73,8 barArbeitsbereich

Flaschen/Bündel

ArbeitsbereichTankversorgung

CO2flüssig

104

103

102

101

100

10-1

bar

Druc

k

-100 -80 -60 -40 -20 0 20 40 80 150 200 250 °C 300

Bild 2. Aus dem Phasendiagramm des Kohlendioxid lässt sich der thermodynamische Prozess-verlauf der CO2-Gasinjektionstechnik bei Versorgung aus Flaschen oder Flaschenbündeln ablesen(Quelle: Linde/Maximator/TiK)

© Kunststoffe

Kunststoffe 3/2013 www.kunststoffe.de

Betrachtet man den für das Verdichten desMediums aufzuwendenden Energiebedarf,muss man unterscheiden, ob es sich um eineVerdichtung im flüssigen oder im gasförmi-gen Zustand handelt. Wenn das CO2 als Flüs-sigkeit vorliegt, ist die Förderleistung entspre-chender Flüssigverdichter sehr hoch und derEnergiebedarf während des Verdichtens ummehr als zwei Zehnerpotenzen niedriger alsbeim Verdichten von gasförmigem Stickstoff.Stickstoff kann zwar auch im flüssigen Zu-stand verdichtet werden, aber nur aus einemtiefkalten Flüssiggastank heraus, der sich aufDauer langsam erwärmt und damit eine kon-tinuierliche und große Abnahmemenge vor-aussetzt.

Ein Prozessverlauf, der dieZykluszeit verkürzt

Bevor der Injektor das Gas in das Spritz-gießwerkzeug und damit in das Kunststoffteileinpresst, wird es von dem im Flaschenbün-del herrschenden Druck (60 bar) im flüssi-gen Zustand effektiv und damit energetischsehr günstig auf ca. 300 bis 400 bar verdich-tet. Während der Injektion expandiert das

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Internet-PDF-Datei. Diese PDF Datei enthält das Recht zur unbeschränkten Intranet- und Internetnutzung, sowie zur Verbreitung über elektronische Verteiler. Eine Verbreitung in gedruckter Form ist mit dieser PDF-Datei nicht gestattet.

4Kunststoffe 3/2013 www.kunststoffe.de

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CO2 in die Schmelze, verdrängt dabei dennoch flüssigen Kunststoff und bildet soden Hohlraum im Bauteil. Während deranschließenden Druckhaltezeit erwärmtdie verbleibende Schmelze das CO2, so-dass es durch diese intensive Wärmeauf-nahme in den überkritischen Zustandübergeht (Bild 2).

Am Ende der Druckhaltezeit wird dasGas aus dem Bauteil abgelassen. Mit fal-lendem Druck sinkt auch die Temperaturdes CO2 stark ab, wobei es dem Bauteilviel Wärme entzieht. Dieser enorme Ab-kühleffekt lässt sich zusätzlich nutzen, umHotspots im Spritzgießwerkzeug partiellzu kühlen. Um den CO2-GIT-Prozess er-folgreich anzuwenden, müssen Verarbei-ter ein paar wichtige Verfahrensdetails be-achten. Dabei geht es um � die Auswahl des richtigen Injektors

und � das Vermeiden von Querschnitts-

sprüngen in der Zuleitung zwischenGIT-Anlage und Injektor.

Die Auswahl des Injektors ist deshalb sowichtig, damit ein reibungsloser Ablaufder Gasinjektion und der Entlastung ge-währleistet ist [5]. Dies gilt zwar auch beiVerwendung von Stickstoff, aber durchdie deutlich höhere Dichte des CO2 bei

entsprechendem Druck dauert die Gas-entlastung bei der Verwendung von zukleinen Ringspaltinjektoren länger als beiN2. Die Zuleitung von der GIT-Anlagezum Injektor darf keine Querschnitts-sprünge aufweisen, weil diese durch Ex-pansion des CO2 zur Trockeneisbildungund damit zum Verstopfen der Zuleitungführen können.

Wenn Anwender diese Hinweise be-achten, können sie den CO2-GIT-Prozessmit den meisten der bereits vorhandenenGIT-Spritzgießwerkzeuge umsetzen, diebisher mit N2 betrieben wurden. Somitkann bei vielen aktuell laufenden GIT-Prozessen durch bloßen Austausch des

Gases und der Anlagentechnik (Bild 3) – ei-ne gemeinschaftliche Entwicklung derMaximator GmbH, Nordhausen, und derLinde AG, München – die Zykluszeitdurchschnittlich um mehr als 25 % redu-ziert werden, wie die folgenden Fallbe-schreibungen verdeutlichen.

Umsetzung in die Praxis mit Gewinn

Mit der beschriebenen Vorgehensweise,also allein durch den Austausch der An-lagentechnik und des Injektionsgases, ge-lang es der Engel Formenbau und Spritz-guss GmbH, Sinsheim, die Zykluszeit bei

Bild 4. Die Zykluszeit bei der Fertigung dieses Kühlschrankgriffs konnte um über ein Drittel verkürztwerden. Das unmittelbar nach Prozessende aufgenommene Wärmebild zeigt die höhere Bauteiltem-peratur des mit N2 hergestellten Griffs (links) im Vergleich zur CO2-GIT (rechts) (Bilder: Linde)

Verfahren Einfach zuhändeln Fluidkosten Invest

AnlageInvest

WerkzeugMaterial-

kosten

Prozess-energie

Fluidinjektion Injektorgröße Zykluszeit

CO2-GIT ++ � 75 100 100 1 + 50

CO2-GIT mitSpülung

+ – 75 105 100 3 � 40

GIT ++ � 100 100 100 100 + 100

GIT mit Spülung + – 100 105 100 300 � 80

TiK-WIT � + 150 120 130 1 – 50

GIT cool � � 120 100 100 200 + 95

Tabelle 1. Vergleich einiger Fluidinjektionsverfahren mit unterschiedlichen Medien. Die angegebenen Prozentzahlen beziehen sich auf das GIT-Ver-fahren mit Stickstoff (= 100 %) (Quelle: TiK)

Bild 5. Die Temperatur des aus einem PA6.6-GF30 mit der CO2-GIT hergestellten Führungsrohrs für Ölpeilstäbe liegt am Zyklusende deutlich unter der fürsolche Materialien üblichen Entformungstemperatur, wie das unmittelbar nach Prozessende im 2-fach-Werkzeug aufgenommene Wärmebild beweist(Bilder: Linde)

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5 © Carl Hanser Verlag, München Kunststoffe 3/2013

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der Fertigung eines Kühlschrankgriffswährend der laufenden Serie um 36 % zuverkürzen. Ein effektives Hilfsmittel istdabei der Einsatz einer Wärmebildkame-ra, mit der jeweils unmittelbar nach derautomatischen Entnahme des Griffs ausdem Werkzeug die Temperaturverteilungim Bauteil analysiert werden kann (Bild 4).Der direkte Vergleich zeigt, dass der mitKohlendioxid hergestellte Griff sich we-sentlich kälter entformen lässt als sein mitStickstoff hergestelltes Pendant. Dies er-möglicht nicht nur eine Verkürzung derZykluszeit, sondern verbessert zudem dasVerzugsverhalten.

Ein ähnlicher Erfolg glückte mit ei-nem Führungsrohr für Ölpeilstäbe, dasdie Gebr. Wielpütz GmbH & Co. KG,Hilden, produziert. Bei diesem Bauteilkonnte der Zyklus um 22 % verkürztwerden. Das aus einem PA6.6-GF30 her-gestellte Bauteil weist bei der Entnahmeeine sehr homogene (niedrige) Tempe-ratur von ca. 75 bis 80 °C auf, die deut-lich unter der üblichen Entformung-stemperatur von 120 bis 150 °C liegt(Bild 5). Bei diesem Bauteil ist nicht mehrder Gaskanal ausschlaggebend für dieZykluszeitverkürzung, sondern in ersterLinie die spanende Nachbearbeitung, die

Formteil

Kapillar-rohr

CO2 CO2

CO2

Expansions-raum

Bild 6. Schemati-scher Aufbau einesSpritzgießwerkzeugsmit Spot Cooling [6,7]. Das CO2 kühlt denBereich um den Ex-pansionsraum effek-tiv ab (Bild: Linde)

© Kunststoffe

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an diesem Bauteil im Anschluss an denSpritzprozess notwendig ist.

Eine zu starke Verkürzung der Zykluszeithätte an den dickwandigeren Bereichen derHalter und Rippen Hotspots zur Folge. Die-se heißen Stellen sind bedingt durch klein di-mensionierte Schieber, die nicht mit Wassergekühlt werden können. Bei Verwendung vonCO2 als Medium für die Gasinjektion ließesich in dieser Anwendung durch „Spot Coo-ling“ ohne weitere Anlagentechnik, aber mitgeringfügiger Werkzeugmodifikation die Zy-kluszeit weiter verkürzen und dabei sogar dieFormteilqualität steigern.

Synergieeffekte zurProduktionskosten- und Qualitätsoptimierung

Hat man sich strategisch schließlich für CO2

als Gasinjektionsmedium entschieden, so er-geben sich weitere technische Möglichkeiten,um die Produktionskosten zu senken und dieBauteilqualität zu verbessern:� das „Spot Cooling“ von Spritzgießwerkzeu-

gen,� die dynamische Formnesttemperierung

und � die Reinigung von Spritzgießwerkzeugen

oder Kunststoffoberflächen (zur Vorbe-handlung beim Lackieren).

Beim Spot Cooling (Bild 6) wird flüssiges CO2

durch ein maximal 1,6 mm breites flexiblesKapillarröhrchen an die zu kühlende Stelle desFormteils geleitet. Dort expandiert das CO2 ineinen im Werkzeug vorzusehenden Raum undkühlt dabei den Bereich um den Expansions-raum effektiv ab [6, 7]. Durch Kombinationder CO2-GIT mit dem Spot Cooling kann dasCO2 während der Gasentlastung im GIT-Pro-zess einen Hotspot in demselben Werkzeugversorgen und abkühlen.

Die extrem schnelle dynamische Formne-sttemperierung von Spritzgießwerkzeugenoder Werkzeugeinsätzen stellt ein weiteres An-wendungsgebiet für CO2 dar (Bild 7). DiesesVerfahren haben die Linde AG, die gwk Ge-sellschaft Wärme Kältetechnik mbH, Kierspe,und die Iserlohner Kunststoff-TechnologieGmbH entwickelt und jüngst auf der Fakuma2012 vorgeführt. Dabei werden sowohl derHeiz- als auch der Kühlprozess in ein unddemselben Werkzeugeinsatz mit CO2 umge-setzt. Um die Kavität zu erwärmen, wird dasCO2 gasförmig mithilfe eines Verdichters undeines Turboheizers erhitzt und durch die kon-turnahen Temperierbohrungen des Werkzeu-geinsatzes geleitet. Das Gas wird dabei im ge-schlossenen Kreislauf gefördert. Um denWerkzeugeinsatz wieder abzukühlen, wirdflüssiges CO2 in dieselben Temperierkanäleeingespeist und entspannt. Der Kühleffektentspricht dem des bereits erwähnten Spot

Bild 7. Die Anlage für dynamische Formnesttemperierung vereint Aufheizen und Abkühlen imschnellen Wechsel mit Temperaturgradienten von bis zu 20 K/s (Foto: gwk)

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Coolings. Mit dieser Technologie lassensich Temperaturgradienten beim Aufhei-zen und Abkühlen von bis zu 20 K/s er-reichen.

Fazit

Durch Nutzung von Kohlendioxid als Me-dium für die Gasinjektionstechnik und ei-ner leicht modifizierten Anlagentechnikkönnen Spritzgießbetriebe auf einfachemWege die Zykluszeiten und damit die Bau-teilkosten reduzieren.Da die Handhabungdes Prozesses ebenso einfach ist wie dieUmrüstung von Stickstoff auf CO2, kanndas CO2-GIT-Verfahren sowohl laufendeals auch zukünftige GIT-Anwendungenverbessern. Der Reinigungseffekt des CO2

an Injektoren stabilisiert die Produktions-prozesse dauerhaft. Darüber hinaus bietetCO2 die Möglichkeit, Temperieraufgabenin Spritzgießwerkzeugen effektiv undkostengünstig zu lösen.�

LITERATUR

1 PS-US 2331688: Method and apparatus for ma-king hollow articles of plastic material (1939) Hobson, R.

2 DE 103 39 859 B3: Verfahren und Vorrichtung zurHerstellung eines Kunststoff-Bauteils, welches ei-nen Innenhohlraum hat (2003) Op de Laak, M.

3 Op de Laak, M.; Rupprecht, V.: Die Qual der Wahl.Kunststoffe 96 (2006) 9, S. 115-120

4 N.N.: Eigenschaften der Kohlensäure. Fachver-band Kohlensäure-Industrie e.V., 1997

5 Eyerer, P.; Elsner, P.; Knoblauch-Xander, M.; vonRiewl, A.: Gasinjektionstechnik. Hanser Verlag,München 2003

6 N.N.: Technisches Handbuch Toolvac, Fir-menschrift der AGA Gas GmbH, 1995

7 Berghoff, M.: Kühlen kritischer Bereiche im Werk-zeug mittels CO2-Temperierung. Diplomarbeit,Märkische Fachhochschule Iserlohn 1999

DIE AUTOREN

DIPL.-ING. MARCEL OP DE LAAK, geb. 1970, istGeschäftsführer des Ingenieurbüros TiK-Technologiein Kunststoff GmbH, Teningen; [email protected]

DIPL.-ING. AXEL ZSCHAU, geb. 1965, ist Ge-schäftsführer des Ingenieurbüros TiK-Technologie inKunststoff GmbH, Teningen; [email protected]

DIPL.-ING. ANDREAS PRALLER, geb. 1966, ist beider Linde AG, Geschäftsbereich Linde Gas, Unter-schleißheim, als Projektleiter zuständig für die Ent-

wicklung und Markteinführung gasebasierter Techno-logien für die kunststoffverarbeitende Industrie;[email protected]

DIPL.-ING (FH) MADS RASMUSSEN, geb. 1977,betreut im Technischen Büro Sinsheim der Maxima-tor GmbH Kunststoffverarbeiter mit Technologienfür die Gas- und Wasserinjektionstechnik und dasphysikalische Schäumen; [email protected]

SUMMARY

UNTAPPED POTENTIAL IN GASINJECTION MOLDINGCO2 GAIM. Fluid injection technology is an establishedmethod for producing complex hollow parts that can-not be implemented with conventional cores. The choiceof fluid has a significant impact on part quality and cy-cle time, and the quality of the inner surface. What isnot so well known is that carbon dioxide, acting as in-jection medium, offers huge potential to reduce partcosts and energy input and to improve part quality –without additional effort.

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© Carl Hanser Verlag, München 2013. Alle Rechte, auch die des Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe dieses Sonderdrucks und der Übersetzung behält sich der Verlag vor.

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