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ANERKENNEN WAS IST UND HOFFEN AUF DAS WAS KOMMT Seelsorgliche /spirituelle Begleitung im Labyrinth der Sinnsuche K. Scheer Universitätsmedizin Essen Hospizarbeit 1 17. Nordwestdeutscher Hospiztag Trennt sich die Hospizbewegung von ihren Wurzeln?

Seelsorgliche /spirituelle Begleitung im Labyrinth der ... · „Es gab ein paar herausragende Dozenten, einzelne, die immer sich so ein bisschen zurückgenommen haben und von ihrer

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ANERKENNEN WAS IST UND

HOFFEN AUF DAS WAS KOMMT

• Seelsorgliche /spirituelle Begleitung im Labyrinth der Sinnsuche

K. Scheer Universitätsmedizin Essen Hospizarbeit

1

17. Nordwestdeutscher Hospiztag Trennt sich die Hospizbewegung von ihren Wurzeln?

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Gliederung

Anfangsfrage 1 Das Labyrinth betreten 2 Den roten Faden finden 3 Lebensgeschichten wahrnehmen

„Den Löffel abgeben“

4 Sprache verstehen lernen „Menschen - sensibel sein“

5 Begegnung zulassen „Dazwischen“ fragen

6 Sinn/en-begegnen 7 Seelsorglich/spirituell begleiten Ausgangsfrage

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1. Das Labyrinth betreten

Mit welcher Frage zum Leben und Sterben und „danach“ betreten wir das Labyrinth?

• Frage nach dem „Sinn“ • als Sinnsuchende • als Kranke, Sterbende • als Professionelle • als Hospizbewegte

als Mensch in Rollen und auch als Menschen, die Rollen ablegen können/ müssen.

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Labyrinth er-fahren

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Übung: Versuchen Sie dem roten Faden zu folgen - sinnlich zu er-fahren.

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Übung: Zur Mitte kommen. Das Ziel vor Augen

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Folgende Fragen können den Weg durchs Labyrinth begleiten: - Was ist mir wirklich wichtig? - Was will ich erreichen? - Was will ich tun? - Wohin will ich gelangen? - Mit wem will ich gehen? - Was will ich lassen? - Was kann ich getrost loslassen? - Wen lasse ich in Frieden ziehen? - Was brauche ich nicht mehr? - Auf wen höre ich? - Wem kann ich vertrauen? - Wofür möchte ich danken? - Wen möchte ich segnen?

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Chartre

Wer es bis zur Mitte des Labyrinths schafft, muss dort seine Richtung ändern. Auf diese Weise stellt das Labyrinth ein Bild für die Grundhoffnung (des Christentums) dar: Derjenige, welcher bereit ist und nicht aufgibt, darf in seinem verschlungenen Leben umkehren, neu beginnen und schließlich Hoffen (auferstehen).

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Labyrinth Irrgarten

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Ich bin mir selbst zur Frage geworden: zwischen Labyrinth und Irrgarten.

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Selbstverständnis

Ich bin mir selbst zur Frage geworden

Verlust der Freiheit

Verlust der Selbständigkeit

oder

Hoffnung

Veränderung

Zukunft

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Was macht Sinn?

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www.sinnforschung.org

Zeitungsartikel vom 8 Juni 2019 Wiesbadener Kurier

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Berühmte Leute über den Sinn des Lebens

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Literatur Beckett, S. (1974). Endspiel. Frankfurt: Suhrkam. Beckett, S. (1994). Murphy. Frankfurt: Suhrkamp. Beckett, S. (1971). Warten auf Godot. Frankfurt: Suhrkamp. Büchner, G. (1999). Woyzeck. Ditzingen: Reclam. Camus, A. (1998). Die Pest. Berlin: Rowohlt (Tb.). Coelho, P. (2003). Der Alchimist. Zürich: Diogenes Verlag. De Saint-Exupéry, A. (2007). Der kleine Prinz. (64. Aufl.). Düsseldorf: Karl Rauch Verlag.

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Berühmte Leute über den Sinn des Lebens

10 Kategorien – Zitate Richard T. Kinnier, Jerry L. Kernes, Nancy E. Tribbensee & Christina M. Van Puymbreck, 2003, „What Eminent People Had Said About The Meaning Of Life“, Journal of Humanistic Psychology 2003, 43, 105- 118

1.„Das Leben genießen, erfahren und erforschen. Den Augenblick genießen. Die Lebensreise.“ 2. „zu lieben, zu helfen oder anderen zu dienen. Mitgefühl erleben oder zeigen.“ 3. „das Leben ist ein Mysterium“. 4. „Das Leben ist Sinnlos“ 5. „Gott dienen oder ihn würdigen und/oder sich auf das nächste Leben vorbereiten“ 6. „Das Leben ist ein Kampf.“ 7. „Im Leben einen Beitrag zu etwas machen, das viel großartiger ist, als wir selbst“, 8. „Das Streben nach Wahrheit, Weisheit, einer höheren Sinnesebene. 9. „Den eigenen Sinn finden.“ 10. „Das Leben ist absurd oder es ist ein Witz“.

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2. Den roten Faden finden

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Werte - Kompass nach Innen und nach Außen

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Religiosität und Lebenseinstellung /

Sinnfindung

• Intrinsische Religiosität

basiert auf einer großen inneren Motivation und ist ungemein wichtig für sie.

• Extrinsische Religiosität

Religion z.B. dahingehend genutzt, in eine Gemeinschaft integriert zu sein.

• Quest („Suche“)

Menshen sammeln Informationen und Antworten zu religiösen Fragen, ohne die Festlegung darauf, dass es nur eine mögliche Klärung dafür gibt.

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Den Faden aufnehmen

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3. Lebensgeschichten wahrnehmen

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„Den Löffel abgeben“

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Herr Z.

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Ich habe einen nicht allzu großen Freundeskreis, aber der hat Qualität...

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4. Sprache verstehen lernen

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Kultursensibler Befähigungskurs

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„Menschen sensibel sein“

• „Danach habe ich mich mit einem Herrn türkischer Herkunft, getroffen

und hab über seine sieben Monate im Krankenhaus berichtet bekommen. Es war das erste Mal, dass er in dieser Zeit mit jemandem gesprochen hat insbesondere über seinen Hund und seine Erfahrung mit seiner Krankheit.“

• „Für mich war diese Begleitung in vieler Hinsicht sehr bereichernd unter anderem, weil sie in meiner Muttersprache geführt wurde und ich für mich das Gefühl hatte, noch mehr zu helfen nicht nu rzuzuhören und zu sprechen sondern ein Stück Heimatgefühl zu schenken.“

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Augustinus Confessiones IV 4, 9 „Nach wenigen Tagen wiederholte sich das Fieber und er verschied, da ich gerade abwesend war.“ ……… „Ich war mir selbst zur großen Frage geworden, und ich nahm meine Seele ins Verhör, warum sie traurig sei und mich so sehr verstörte, und sie wusste mir nichts zu sagen.“

Augustinus Confessiones IV 4, 9

Augustinus (354 – 430 n. Chr.) Tugendlehre virtutes acquistae : Tugenden, die man sich aneignen kann virtutes infusae : Tugenden, die sich dem Heiligen Geist verdanken. Nicht lernbar, aber eine Frage des Bewusst- Machens.

Erfahrung Verhalten Haltung Spiritualität

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Heutzutage „Auffallend an der öffentlichen Debatte über die Frage des Sterbens ist freilich, dass die öffentliche Rede über das Sterben und den Tod nicht das übliche Medium solcher Debatten in Anspruch nimmt, in denen es um politische und rechtliche Regulierungen geht. Entscheidende Medium ist vielmehr die authentische Rede,

das Zeugnis von Erfahrungen, die Darstellung einer Praxis, die vor allem dadurch lebt, dass der Darstellende darin praktisch und persönlich verwickelt ist .“ Armin Nassehi, Formen der Vergesellschaftung des Sterbeprozesses, in Nationaler Ethikrat (Hg.), Wie wir sterben/ Selbstbestimmung am Lebensende. Tagungsdokumentationen, Berlin 2006, 81.92, dort 83f.

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5. Begegnung zulassen

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"Beginnende Auflösung", 80 x 100 cm (H x B), © Hans-D. Pfundtner

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„Dazwischen“ fragen

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Sichtwechsel Begegnung Mitgehen

Erich Fried Aufhebung Sein Unglück ausatmen können tief ausatmen so dass man wieder einatmen kann Und vielleicht auch sein Unglück sagen können in Worten in wirklichen Worten die zusammenhängen und Sinn haben und die man selbst noch verstehen kann und die vielleicht sogar irgendwer sonst versteht oder verstehen könnte Und weinen können Das wäre schon fast wieder Glück.

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Befragung der Rotanten einer Palliativstation

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Befragung von Ärzten nach Rotation zur Palliativstation in der Ausbildung zum Facharzt.

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Beispiel aus Befragung: Haltung

Präparation eine Leiche

„Es gab ein paar herausragende Dozenten, einzelne, die immer sich so ein bisschen zurückgenommen haben und von ihrer fachlichen Zeit ein bisschen was von ihrer rein naturwissenschaftlichen Zeit ein bisschen was

weggenommen haben und verlangsamt haben und mit uns in kleineren Kursen gesprochen haben über die Rolle der Medizin und im Leben“

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Beispiele aus Befragung: Haltung

Das Spannungsgebiet Ich weiß gar nicht, ob das Gute, was man tun will, ob die anderen das wollen. Ob das gut ist für die anderen. Und alles was man übertreibt, das klappt meistens nicht. Also muss man irgendwie einen Mittelweg aus Aufrechterhaltung dieser Motivation, was

Gutes für die anderen zu tun, und eine gewisse Bescheidenheit, die

am besten mit ein bisschen Humor gekoppelt ist, dass man über sich selber/ dass man sich zurückzieht und ich glaube, dass man das irgendwie kann.“

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Beispiele aus Befragung: Haltung

Palliativmedizin

Also jeder Mensch wird geboren, jeder Mensch stirbt. Und im Krankenhaus da tut man so, als ob es den/ oft so, als ob es den Tod nicht gibt. Aber vierzig Prozent der Menschen sterben im Krankenhaus. Der Tod ist immer da. Und darum geht es, um Gesundheit und Tod.(...) Und Palliativmedizin für mich ist die Anerkennung dieses Faktums.

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7. Seelsorglich / spirituell begleiten

Traugott.Roser(at)uni-muenster.de24/06/14 24

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6. Sinn / en begegnen

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Mosaik "The Golden Rule" Norman Rockwell UN1/Mar/1987. Im Gebäude der

UN. Photo/Milton Grant. www.unmultimedia.org/photo

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Spiritualitat/Religiositat (SpR) als Kraftquelle

SpR ist für viele Patienten eine wichtige Ressource, um mit chronischer Krankheit umzugehen (Coping)

Koenig et al. (1998, 2001); Mehnert et al., (2003); Büssing et al. (2005, 2007, 2009); Wachholz et al. (2009); McCullough et al. (2009) – u.v.a.m.

SpR ist auch in einer weitgehend säkularen Gesellschaft für Patienten als Ressource von Bedeutung.

Mehnert et al., 2003; Büssing et al. (2005, 2009, 2010); Frick et al., 2006, 2007; Zwingmann et al. (2008); Murken et al. (2010) – u.a.

Dennoch wird sie im klinischen Kontext meist ausgeblendet, da sie scheinbar nicht in den „Zuständigkeitsbereich“ des medizinischen Systems gehört.

Büssing et al.: Spiritualita t / Religiosita t (SpR) als Ressource und Bewaltigungsstrategie (Spir Care 2012)

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Arbeitsdefinition „Spiritualitat“ (EAPC)

Spiritualität ist die dynamische Dimension menschlichen Lebens, die sich darauf bezieht, wie Personen (individuell und in Gemeinschaft) Sinn, Bedeutung und Transzendenz erfahren, ausdrücken und / oder suchen, und wie sie in Verbindung stehen mit dem Moment, dem eigenen Selbst, mit Anderen/m, mit der Natur, mit dem Signifikanten und / oder dem Heiligen. Nolan, S., Saltmarsh, P., Leget, C. (2011). Spiritual Care in palliative care. Europ J of Palliative Care, 18 (2), 86–89;

Multidimensional • Existenzielle Fragen (z.B. Sinn, Schuld, Scham, Hoffnung, Freude) • Wertorientierte Einstellungen und Haltungen (z.B. zu Familie, Arbeit, Kunst, Ethik, Moral, Leben) • Religiöse Überzeugungen (z.B. Glaube, Praktiken, Beziehung zu Gott)

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Spiritualitat ist,

was der Patient (die Patientin) dafur halt

In der Begleitung geht es darum, das Gegenuber zu unterstutzen, die eigenen spirituellen Ressourcen zu erschließen, die versiegte Quelle wieder zum Fließen zu bringen...

Pragmatik: „r/s“ für „religiös und/oder spirituell“

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Dorothee Sölle

„Die Annahme der Endlichkeit des Lebens und der Vergänglichkeit des Ichs verbindet uns mit allen anderen Lebewesen, macht aus Besitzern und Benutzerinnen endlich Geschwister.“ „Solange wir der Welt und uns selber gegenüber keine anderen Gesten haben als die der Sieger und Macher, also die imperiale Deutung des Lebens, kann es keine Schwäche geben, die eine Botschaft für uns enthielte, dann sind Krankheit und Tod ohne Fingerzeig, sinnlos, ohne jeden Segen. Sie bleiben Feinde und wir lernen niemals, dass wir Fragment sind und unser Sinn nicht nur in unseren Aktivitäten liegt. Vielleicht aber ist es möglich, widersprüchliche Stimmen zu hören angesichts der Schmerzen. Protest und Fügung, Rebellion und Bejahung, Aufruhr und Demut – ich brauche dieses altmodische Wort gern – gehören zusammen, sie können, so merkwürdig das klingt, Geschwister werden.“

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Eingangsfrage - Ausgangsfrage

Augustinus Confessiones IV 4, 9: „Ich war mir selbst zur großen Frage geworden, und ich nahm meine Seele ins Verhör, warum sie traurig sei und mich so sehr verstörte, und sie wusste mir nichts zu sagen.“ D. Sölle (1995): Titel: Ich sehe das Leiden – ich glaube die Liebe: „Hört die Seele in der Nacht der Verzweiflung nicht auf zu lieben, ins Leere hinein, so kann Gegenstand ihrer Liebe nun zu Recht „Gott“ genannt werden“ (S. 218f).

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Faden aufnehmen und verbinden

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Anerkennen, was ist, und hoffen auf das, was kommt.