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Vorlesungsunterlagen
SEILBAHNBAU
am Institut für Infrastruktur, Arbeitsbereich intelligente Verkehrssysteme
Universität Innsbruck
Sommersemester 2012
Lektor: Dipl.-Ing. Dr. techn. Peter SEDIVY
Inhaltsverzeichnis
1 ENTWICKLUNG DES SEILBAHNBAUES 2 TERMINOLOGIE
3 SEILE
3.1 Seildraht 3.1.1 Drahtherstellung 3.1.2 Querschnittsformen von Seildrähten 3.1.3 Prüfung der Seildrähte
3.2 Litze 3.3 Arten der Seilkonstruktionen 3.4 Seilherstellung 3.5 Normung und Begriffe 3.6 Erläuterung zu Schlaglänge und Schlagwinkel 3.7 Berechnungsgrößen 3.8 Seillängung 3.9 Querschnittsverminderung 3.10 Seildrall 3.11 Kontrollen des Seiles 3.12 Seilschäden 3.13 Wartung der Seile
4 SEILVERBINDUNGEN 4.1 Seilspleiß 4.2 Seilmuffen
4.2.1 Vergussverbindung 4.2.2 Klemmenhülse
4.3 Plattenklemme (Schraubklemme) 4.4 Trommelverankerung 4.5 Weitere Seilendverbindungen
5 SEILSTATIK
5.1 Leeres Seil 5.2 Die Seilkurve unter der Wirkung einer Einzellast 5.3 Die Seilkurve unter der Wirkung mehrerer Einzellasten 5.4 Tragseil der Zweiseilbahn 5.5 Fundamentalsatz der Seilstatik 5.6 Fixverankerte Seile (fix abgespannte Seile) 5.7 Spanngewichtshub 5.8 Stützenlasten aus dem Seil
6 FESTIGKEITSLEHRE DER SEILE
6.1 Zugbeanspruchung 6.2 Biegebeanspruchung
6.2.1 Biegung mit vorgegebener Krümmung 6.2.2 Biegung mit freier Krümmung 6.2.3 Überlagerung der Biegerandspannungen
6.3 Oberflächenpressung 6.4 Sekundäre Biegebeanspruchung
7 SEILBEMESSUNG
7.1 Tragseil 7.2 Zug- und Gegenseile 7.3 Förderseil 7.4 Seile von Materialseilbahnen
8 SEILBAHNSYSTEME
8.1 Standseilbahn 8.2 People Mover, Cable Liner, MiniMetro 8.3 (Zweiseil-) Pendelbahn 8.4 Funifor 8.5 Zweiseilumlaufbahn 8.6 Einseilumlaufbahn 8.6.1 kuppelbare Einseilumlaufbahnen 8.6.2 festgeklemmte Einseilumlaufbahnen 8.6.3 Bemessung von Einseilumlaufbahnen 8.7 Gruppenumlaufbahn, Gruppenpendelbahn 8.8 Doppeleinseilumlaufbahn (DMC, DLM, Funitel) 8.9 Schlepplift 8.9.1 Schlepplifte mit niederer Seilführung 8.9.2 Schlepplifte mit hoher Seilführung
Literaturhinweise Bemerkung: Die im Skriptum enthaltenen fotographischen Bilder wurden mit freundlicher Zustimmung der Herstellerfirmen aufgenommen.
Bemerkung: Der eingerahmte Text dient ausschließlich der Erläuterung und stellt keinen Prüfungsstoff dar.
SEILBAHNBAU
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1 ENTWICKLUNG DES SEILBAHNBAUES
400 v. Ch. wurde eine chinesische Tuschezeichnung angefertigt, auf der erstmals eine seilbahnähnliche Anlage
(Zweiseilbahn) zum Transport von Steinen zum Bau einer Befestigung dargestellt ist.
1200 wurden in Japan Seilbahnen zum Güter- und Personentransport über Schluchten errichtet.
1405 wurde in Europa erstmals in einem Buch zur Bergbaukunde eine Einseil-Materialbahn mit Kurbelantrieb
erwähnt.
1411 wurde erstmals in einem Buch eine Einseilbahn mit geschlossener Seilschleife erwähnt.
1617 gibt Faustus Verantius eine vollkommene Darstellung einer Seilfähre zur Personenbeförderung wieder.
1834 erfand der Bergrat Albert in der Bergbaustadt Clausthal im Harz das Drahtseil.
1837 baute Wurm in Wien die erste Verseilmaschine.
1862 wurde die erste öffentlich verkehrende Standseilbahn in Lyon errichtet.
1868 erste Einseilbahn in England.
1873 ging die erste Cable-Car der Welt in San Franzisko in Betrieb.
1874 wurde in Hütteldorf bei Wien die erste kuppelbare Standseilbahn errichtet.
1894 wurde vermutlich die erste Pendelbahn zum öffentlichen Verkehr in Mailand in Betrieb genommen.
1908 erster Ski-Schlepplift im Schwarzwald.
1915 Im Zuge des österreich-italienischen Alpenkrieges entdeckte der Südtiroler Luis Zuegg die modernen
Seilspannungsgesetze
1926 erste Pendelbahn in Österreich auf die Rax bei Wien.
1935 erste Sesselbahn in Sun Valley (USA).
1945 erste kuppelbare Sesselbahn in Flims (CH)
1946 erster fixer Einersessellift in Österreich (Bad Gastein)
Von da an erfolgten die touristische Erschließung der Berge mit Hilfe der Seilbahnen und die rasante technische
Entwicklung der Seilbahnen weltweit.
1984 wurde die erste DMC (Double-Mono-Cable) von Denis Creissels in Serre-Chevalier (Frankreich)
errichtet.
1985 erste Luftkissen-Standseilbahn in Serfaus.
1987 erstes Fahrgastförderband bei einer fixgeklemmten Sesselbahn in Obergurgl.
1991 Inbetriebnahme der neuartigen 3-S-Bahn in Saas Fee.
2004 Inbetriebnahme der ersten 3-S-Bahn in Österreich (Kitzbühel)
2010 erste Seilbahn System FUNIFOR in Österreich (Bezau)
SEILBAHNBAU
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Weltweit stehen ca. 30000 Seilbahnen (ca. 11000 Seilschwebebahnen und Standseilbahnen und
ca. 19000 Schlepplifte) in Betrieb. Die Gesamtförderleistung beträgt ca. 20 Mio. Pers/h.
Entwicklung des Seilbahnbaues in Österreich
Die ersten Seilbahnen in Österreich waren Standseilbahnen. 1874 wurde eine Standseilbahn auf die
Sophienalpe (Ausflugsort bei Wien) errichtet. Allerdings wurde der Betrieb dieser Seilbahn nach
wenigen Jahren wieder eingestellt. 1892 folgte die Salzburger Festungsbahn, 1894 die Grazer
Schlossbergbahn und 1906 die Hungerburgbahn (Innsbruck). Nach in der Zwischenzeit erfolgten
Umbauten sind diese heute noch in Betrieb.
Eine lebhafte Bautätigkeit setzte in Österreich in der Zwischenkriegszeit ein, als die "klassischen"
Pendelbahnen, z.B. Raxbahn (1926), Tiroler Zugspitzbahn (1926), Nordkettenbahn in Innsbruck,
Hahnenkammbahn in Kitzbühel, zuletzt die Galzigbahn in St. Anton/Arlberg (1938) errichtet wurden.
Etwa die Hälfte dieser Seilbahnen ist heute nicht mehr in Betrieb. Sie wurden abgetragen und durch
moderne Pendelbahnen oder andere Seilbahnsysteme ersetzt.
Nach dem 2. Weltkrieg wurde erst Anfang der 50-er Jahre neuerlich in größerem Umfang mit dem
Bau von Seilbahnen, vornehmlich in Fremdenverkehrsgebieten begonnen. Aus den zaghaften
Anfängen hat sich dabei ein bedeutender Wirtschaftszweig entwickelt, der besonders in den 70-er
Jahren stark expandierte. Die rege Bautätigkeit hat aber bis heute nicht nachgelassen.
Nach 1950 wurden zunehmend Einseilsysteme gebaut, zunächst festgeklemmte Sessellifte mit
Einzelsitzen, ab 1954 mit Doppelsessel und ab Mitte der 70-er Jahre auch mit mehrplätzigen
Sesseln.
Mitte der 50-er Jahre wurden als "Massentransportmittel" kuppelbare Zweiseilumlaufbahnen (ein
Tragseil und ein Zugseil) gebaut, von denen einige noch in Verwendung stehen. 2004 ging die erste
Umlaufbahn mit 3 Seilen (zwei Tragseile und ein Zugseil) in Kitzbühel als kuppelbare Umlaufbahn in
Betrieb.
Im Vergleich zum Ausland wurde die erste kuppelbare Einseilumlaufbahn mit geschlossenen
Wagenkästen in Österreich erst relativ spät (1972) errichtet (im Ausland, insbesondere in der
Schweiz bereits seit Ende der 50-er Jahre in Verwendung).
SEILBAHNBAU
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Waren zuerst 4 Personen je Wagen das Maximum sind es derzeit 15 Personen (Talbahn in
Nassfeld, EUB Steinplatte in Waidring, EUB Mauterndorf). Der größte Wagenfassungsraum eines
Einzelwagens bei einem Umlaufbahnsystems beträgt dzt. 24 Personen (Doppeleinseilumlauf Funitel,
erstmals in Hintertux).
Seit 1976 werden auch kuppelbare Sesselbahnen errichtet, wobei bei modernen Anlagen im
Allgemeinen Sessel mit 4 oder 6 Plätzen, seit 1999 auch mit 8 Plätzen verwendet werden.
In Österreich stehen derzeit etwa 3200 Seilbahnen, davon etwa 2000 Schlepplifte, in Betrieb. Nur in
den USA sind mehr Seilbahnen in Betrieb als in Österreich.
In Österreich werden jährlich mehr Personen mit Seilbahnen befördert (600 Mio./Jahr), als mit
Eisenbahnen und Linienbussen gemeinsam.
Auf dem Materialseilbahnsektor ist die Bautätigkeit im Inland derzeit praktisch zum Erliegen
gekommen.
Seilbahnen, Gesetzliche Grundlagen in Österreich
Seilbahnen sind gesetzlich den Eisenbahnen zugeordnet. Grund für diese Zuordnung ist die mit
Eisenbahnen gleichartige Zwangsspurführung. Mit dem Seilbahngesetz 2003 (SeilbG 2003) wurde
eine neue gesetzliche Basis geschaffen. Bis dahin waren Seilbahnen im Eisenbahngesetz 1957
verankert.
erläuternde Bemerkung
Schlepplifte sind seit Seilbahngesetz 2003 nunmehr auch Seilbahnen. Vor 2003 waren sie gewerbliche Betriebe.
Mit dem Inkrafttreten des SeilbG 2003 wurde die Richtlinie 2000/9/EG vom 20. März 2000 der
europäischen Union in Österreich umgesetzt. Auf Grundlage der Richtlinie 2000/9/EG wurden
Seilbahnnormen (Auflistung siehe Anhang) europaweit harmonisiert. Die letzte Norm der
harmonisierten EN-Normen „Sicherheitsanforderungen für Seilbahnen für den Personenverkehr“
erschien im Jänner 2006.
erläuternde Bemerkung
Die Ausführung einer Seilbahn wird sehr stark von den in den einzelnen Staaten und Länder anzuwendenden technischen Regelwerken beeinflusst. So war z.B. der größtzulässige Bodenabstand in jedem Staat verschieden festgelegt. Oder der Nachweis der Dauerfestigkeit eines Fahrzeuges unterlag verschiedenen einzelstaatlichen Bestimmungen. Das führte dazu, dass für einen neuen Fahrzeugtyp auf mehreren Arten dessen Dauerfestigkeit nachzuweisen war. Technisch war diese Vorgangsweise nicht nachvollziehbar und begründbar und erschwerte für den Hersteller der Fahrzeuge die Einführung eines neuen Produktes.
Jede Seilbahn für den Personenverkehr (mit Ausnahme der Schlepplifte und Materialseilbahnen mit
Werksverkehr oder mit eingeschränktem öffentlichem Verkehr) benötigt für den Bau und Betrieb
eine Konzession. Damit erwirbt der Betreiber, das Seilbahnunternehmen, das Recht auf den Bau
und Betrieb einer Seilbahn (Einnahmen durch den Verkauf von Fahrkarten, Konkurrenzierungs-
rechte); er übernimmt damit aber auch die Verpflichtung der Beförderung (Fahrplan, Betriebszeiten).
SEILBAHNBAU
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erläuternde Bemerkung
Mit der Konzession erwirbt das Seilbahnunternehmen das Recht auf eine gewisse Zeit (zwischen 30 und 50 Jahren) ohne Konkurrenz die Seilbahn auf der Strecke von A nach B bauen und betreiben zu dürfen. Er hat somit das Recht bei einem geplanten Bau einer Seilbahn, die in unmittelbarer Nähe von seiner errichtet werden soll, dagegen Einspruch zu erheben. Das Konkurrenzierungsrecht stammt aus Zeiten, wo Eisenbahnlinien neu errichtet wurden. In einem Skigebiet heutigen Umfanges und moderner Struktur führt dieses Recht oft zu absurden Situationen.
Die behördliche Zuständigkeit für Seilbahnen in Österreich ist in Abhängigkeit vom Seilbahnsystem
zwischen dem Bund und den Bundesländern aufgeteilt. So befinden sich in Bundeskompetenz alle
Standseilbahnen, Seilschwebebahnen im Pendelbetrieb (vulgo Pendelbahnen), Zweiseilbahnen,
Doppeleinseilumlaufbahnen, Gruppenumlaufbahnen, Kombibahnen und kuppelbare Seilbahnen mit
geschlossenen Fahrzeugen. In Landeskompetenz befinden sich Schlepplifte, fixgeklemmte
Sesselbahnen und Materialseilbahnen. Bei kuppelbaren Sesselbahnen ist eine geteilte Zuständigkeit
gegeben. Die Konzessions- und die Baugenehmigungskompetenz liegt beim Bund; die Betriebs-
bewilligungs- und die Aufsichtskompetenz im Betrieb der Seilbahn beim jeweiligen Bundesland
(genauer beim jeweiligen Landeshauptmann).
Für jede neu zu errichtende Seilbahn für den Personenverkehr, aber auch für jeden Umbau einer
bestehenden Seilbahnanlage, sind eine Baugenehmigung und eine Betriebsbewilligung erforderlich.
Die Baugenehmigung erfolgt anhand eines Bauentwurfes. Seit Inkrafttreten des SeilbG 2003 ist
erstmals in Österreich, so wie in den meisten europäischen Ländern, die Erstellung einer Sicher-
heitsanalyse erforderlich, in der alle Gefährdungen von der Seilbahn selbst (Absturz, Kollision,
Entgleisen usw.) als auch die von außen auf die Seilbahn wirkenden möglichen Gefährdungen
(Lawinen, Brand, Erdbeben usw.) sicherheitstechnisch zu betrachten sind.
SEILBAHNBAU
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2 TERMINOLOGIE
SEILBAHN: Verkehrsmittel für den Transport von Personen oder Lasten in Fahrzeugen, wobei diese
durch ein oder mehrere Seile getragen und bewegt oder nur bewegt werden.
STANDSEILBAHN: Seilbahn, bei der das Laufwerk der Fahrzeuge (Wagen) auf Schienen geführt
wird und von einem oder mehreren Seilen gezogen werden.
SEILSCHWEBEBAHN: Seilbahn, bei der das Laufwerk oder Gehänge der Fahrzeuge auf einem
oder mehreren zwischen frei stehenden Stützen gespannten Seil geführt und gezogen wird.
ZWEISEILBAHN: Seilschwebebahn, bei dem die Fahrzeuge durch mindestens ein Tragseil
getragen und durch mindestens ein Zugseil bewegt werden.
EINSEILUMLAUFBAHN: Seilschwebebahn, bei welcher die Fahrzeuge durch ein Seil (Förderseil)
getragen und bewegt werden.
KOMBIBAHN: Einseilumlaufbahn, bei der auf dem Förderseil gleichzeitig Kabinen und Sessel
befördert werden.
DOPPELEINSEILUMLAUFBAHN: Seilschwebebahn, bei der die Fahrzeuge durch zwei synchron
laufenden parallelen Förderseilschleifen (DMC – Double Monocable) oder einer Doppelschleife
(DLM – Double Loop Monocable) getragen und bewegt werden.
SCHLEPPLIFT: Seilbahn, bei der Personen auf Skiern oder anderen Sportgeräten auf einer
Schleppspur mittels einem Gehänge durch ein Seil gezogen werden.
SEILBAHN im PENDELBETRIEB: Seilbahn, bei der das bewegende Seil seine Bewegungsrichtung
nach jedem Fahrtspiel umkehrt; bei der also die Fahrzeuge oder Gruppen von Fahrzeugen zwischen
den Stationen pendeln.
SEILBAHN im UMLAUFBETRIEB: Seilbahn, bei der das bewegende Seil immer in derselben
Bewegungsrichtung läuft, wobei kontinuierlicher oder intermittierender Betrieb möglich ist, also bei
der die Fahrzeuge in gleich bleibender Richtung verkehren.
PERSONENSEILBAHN: Seilbahn, die der Beförderung von Personen dient.
MATERIALSEILBAHN: Seilbahn, die der Beförderung von Materialien (z.B. Schüttgut) dient.
KUPPELBARE SEILBAHN: Seilbahn, bei denen die Fahrzeuge in den Stationen vom Zug- oder
Förderseil getrennt werden.
FESTGEKLEMMTE SEILBAHN: Seilbahn bei der die Fahrzeuge in den Stationen vom Zug- oder
Förderseil nicht getrennt werden.
FAHRZEUGE (FAHRBETRIEBSMITTEL): geschlossene Beförderungsmittel (Wagen, Kabinen) oder
offene Beförderungsmittel (Sessel, Stehkorb) ohne eigene Antriebsenergie, ausschließlich durch die
Zugwirkung des Zug- oder Förderseiles bewegt.
erläuternde Bemerkung
Die österreichische Terminologie hat zwischen Fahrzeuge und Fahrbetriebsmittel unterschieden. Das Fahrzeug wird durch eigene Antriebsenergie bewegt (z.B. LKW, Auto, Eisenbahn). Dies trifft bei einer Seilbahn nicht zu. Der in Deutschland gängige Ausdruck „Fahrzeug“ wurde bei der europaweiten Harmonisierung der Normen übernommen.
SEILBAHNBAU
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3 SEILE
So vielseitig die Verwendung der Drahtseile in der heutigen Technik ist, so verschieden sind auch
die Seile selbst, deren Werkstoff und Aufbau dem jeweiligen Verwendungszweck angepasst sein
muss.
Das Stahldrahtseil ist zweifellos das wichtigste Bauelement des Seilbahnbaues. Die große Bedeu-
tung, die dem Seil zukommt, zeigt sich in den umfangreichen wissenschaftlichen Arbeiten, die für
die Herstellung, Berechnung und Verwendung der Seile geleistet werden.
erläuternde Bemerkung Die Herstellung von Drähten durch Drahtziehen wurde bereits im Mittelalter erfunden. Aber erst 1834 wurde das erste Stahldrahtseil moderner Ausführung von Oberbergrat Albert für die Grube Carolina bei Clausthal im Harzgebirge in Handarbeit hergestellt. Das Seil war aus 3 Litzen mit je 4 Drähten von 3,5 mm Durchmesser in Gleichschlag (daher auch die noch veraltete Ausdrucksweise: Albertschlag) hergestellt; Drahtfestigkeit ca. 400 N/mm², Drahtlänge ca. 20 bis 40 m. Die praktische Einsatzmöglichkeit des Stahldrahtseiles in größerem Umfang ergab sich erst durch die Verbesserungen der Drahtziehmethoden und schließlich durch die Erfindung der Verseilmaschine durch den Wiener Mechaniker Wurm bei der Fa. Felten & Guilleaume 1840. Erst damit konnten Seilbahnen bis hin zu den modernsten Systemen entwickelt werden.
Ein Drahtseil besteht aus Drähten, die zu Litzen verseilt werden und aus einer Einlage, um die die
Litzen verseilt sind.
1 Drahtseil 2 Draht 3 Litze 4 Einlage
Abb.: Bestandteile eines Seiles
3.1 SEILDRAHT
3.1.1 Drahtherstellung
Ausgangsmaterial für die Drahtherstellung von Seilen für Seilbahnen ist unlegierter Kohlenstoffstahl
mit 0,5 % bis 1,0 % C-Gehalt in Form von Walzdraht, Drahtdurchmesser 9 - 12 mm.
Drähte haben üblicherweise einen kreisförmigen Querschnitt. Diese werden als Runddrähte be-
zeichnet. Bei der Drahtherstellung wird die bei einer Kaltverformung von Stahl entstehende
Festigkeitssteigerung ausgenutzt, um Drähte mit der gewünschten Festigkeit zu erhalten. Die Kalt-
verformung wird beim Ziehen des Drahtes durch im Querschnitt abgestufte Ziehdüsen (Ziehsteine)
SEILBAHNBAU
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erzielt, wodurch die gewünschte Kaltverformung in Form einer Querschnittsabnahme erreicht wird.
Bei der Herstellung von Runddrähten hat der Ziehstein (Ziehdüse) einen kreisrunden Querschnitt.
Bei der Herstellung von Formdrähten (beliebiger Querschnitt der Drähte) ist eine entsprechend
geformte Ziehdüse erforderlich.
Die Kaltverformung bewirkt im Draht außer der Festigkeitssteigerung auch eine Verminderung des
Verformungsvermögens und damit eine Versprödung. Dies ist vor allem an einer Verminderung der
Bruchdehnung und der Brucheinschnürung des Werkstoffes im Zugversuch zu erkennen.
Vor dem Ziehen muss der Draht einer Wärmebehandlung unterworfen werden, um ein günstiges
metallographisches Ziehgefüge zu erreichen (Glühen auf fein lamellaren Sorbit = Patentiergefüge).
Beim Ziehen kommt es wieder zu einer Vergröberung des Gefüges, was einer Versprödung des
Werkstoffes entspricht. Daher sind nach mehreren Zügen Zwischenglühungen (Patentieren) des
Drahtes erforderlich.
Die Bruchfestigkeit des Ausgangsmaterials beträgt 700 - 1000 N/mm² je nach C-Gehalt.
Die Bruchfestigkeit des fertigen Stahldrahtes beträgt bis zu 2200 N/mm² (für Seilbahnseile) und
darüber.
Die Drähte werden blank oder aus Gründen des Korrosionsschutzes verzinkt gezogen.
3.1.2 Querschnittsformen von Seildrähten
Runddraht mit einem Kreisquerschnitt
Formdrähte
- Keildraht mit einem trapezförmigen Querschnitt (T)
- Z-Draht mit einem Z-förmigen Querschnitt (Z)
- Taillendraht mit Ausnehmungen für einen Runddraht (H)
- Sonderformen
Abb.: Drahtformen
Die Formdrähte (Keildraht, Z-Draht, Taillendraht) können als Außenlagen über das durch Rund-
drähte gebildete innere Seil angebracht werden und haben den Zweck die Oberfläche des Seiles zu
formen. Diese Seilkonstruktionen werden als verschlossene Seile bezeichnet. Die Verbindungs-
fläche Runddraht-Formdraht ergibt jedoch keinen ausreichenden Verschluss in der Außenlage
gegen Eindringen von Feuchtigkeit.
SEILBAHNBAU
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3.1.3 Prüfung der Seildrähte
Die Anforderungen an die Seildrähte und die zulässigen Abweichungen sowie die Prüfmethodik
sind in den Normen ÖNORM EN 10264-1 bis 10264-4 festgelegt.
Demnach sind zu prüfen:
- Maßtoleranzen: Durchmessertoleranz;
- mechanische Eigenschaften: Zugfestigkeit, Hin- und Herbiegeversuch, Verwindeversuch;
- Anforderungen an die chemische Zusammensetzung des Stahldrahtes;
- Anforderungen an Überzüge: Zink oder Zinklegierung nach ÖNORM EN 10244-2.
erläuternde Bemerkung Die Biegezahl ist ein Maß für das Verformungsvermögen des Drahtes und gibt eine Aussage im Hinblick auf die Verseilung und die Beanspruchung im Seil. Die Verwindezahl ist ein Maß für das Verformungsvermögen und die Homogenität des Drahtmateriales, sowie für die Gleichmäßigkeit des Ziehgefüges.
3.2 LITZE
Eine Litze entsteht, wenn Drähte in einer oder mehreren Lagen um einen gemeinsamen Kerndraht
verseilt werden. Sie ist das Aufbauelement der Litzen- und Litzenspiralseile. Die Litzen werden in
verschiedenen Macharten hergestellt:
einlagige Litze parallel verseilte Litze (mindestens zwei Drahtlagen)
Machart Seale Machart Warrington
Machart Filler (Fülldraht) Machart Warrington-Seale
Kernlitze
nichttragende Fülldrähte
SEILBAHNBAU
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Die Litzen der Seilbahnseile weisen durchwegs einen Kerndraht und mindestens zwei
Drahtlagen auf. Ausnahme dazu ist eine der drei Warrington-Seale Macharten. Dabei ist der
Kerndraht durch eine Kernlitze ersetzt. (oben dargestellt)
Wird eine Anzahl von Litzen um die Einlage geschlagen, entsteht ein Rundlitzenseil, oder allgemein
Litzenseil.
Wird um eine Litze weitere Drahtlagen geschlagen, entsteht das Litzenspiralseil oder Spiralseil.
3.3 ARTEN DER SEILKONSTRUKTIONEN
Nicht alle der möglichen Seilkonstruktionen werden auch für Personenseilbahnen verwendet. Die
nachfolgenden Angaben sind der ÖNORM EN 12385-2 entnommen.
Spiralseil:
Verwendung als Tragseil.
Das Seil ist aus Runddrähten mit (üblicherweise)
gleichem Nenndurchmesser (Drähte in den Lagen gegen-
sinnig geschlagen). Solche Seile werden heute nur mehr
für Materialseilbahnen als Tragseil verwendet. Nachteil:
Bei Bruch eines Außendrahtes treten die Enden des
gebrochenen Drahtes und der Draht selbst sehr leicht aus
dem Seilverband heraus.
vollverschlossenes Spiralseil:
Verwendung als Tragseil.
Um ein Kernseil aus Runddrähten (Spiralseil) werden eine
oder mehrere Lagen aus Formdrähten gegensinnig ge-
schlagen;
für Materialseilbahnen: mindestens 1 Formdrahtlage
in der Außenlage.
für Personenseilbahnen: mindestens 2 Formdraht-
lagen in den Außenlagen.
Durch die außenliegenden Formdrahtlagen wird ein Aufsteigen eines Runddrahtes aus dem
Seilverbund verhindert. Bei Drahtbruch eines außenliegenden Formdrahtes kann die Bruchstelle
durch Verlöten gefüllt werden. Der Draht ist als nicht tragend zu bewerten.
erläuternde Bemerkung
Hinsichtlich der Schlagrichtung und Lage der Profildrähte in der Außenlage gilt: die Drähte sollten so befahren werden, dass sie sich infolge Belastung durch die Laufrollen des Fahrzeuges am Fuß des Nachbardrahtes, und nicht auf einer allenfalls darunter befindliche Runddrahtlage abstützen können. Um eine Lastverteilung der von Laufrollen aufgebrachten punktförmigen Belastung auf das Spiralseil zu erzielen sind für Personenseilbahnen immer mindestens zwei Formdrahtlagen in gegensinniger Schlagrichtung vorgesehen.
Kerndraht
1. Lage
2. Lage
3. Lage Außenlage
SEILBAHNBAU
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Litzenspiralseil:
Verwendung als Tragseil.
Das Seil ist aus gleichartig aufgebauten Litzen (üblicherweise) in Kreuzschlag hergestellt. Fallweise
kann die Kernlitze einen anderen Aufbau als die Litzen der einzelnen Lagen aufweisen. Es
entstehen zwischen den Litzenlagen Drahtkreuzungen, daher sind Druckkerben und daher
Dauerbrüche eher möglich; ungünstig für die Lebensdauer.
Litzenseil:
Verwendung als Zug- und Förderseile.
Eine Anzahl von gleichartig aufgebauten Litzen wird in einer Lage (oder mehreren Lagen) um eine
Einlage geschlagen. Die Litzen werden in verschiedenen Macharten, die Seile mit verschiedener
Litzenanzahl hergestellt. Die Einlage dient zur Bettung der Litzen und wurde früher ausschließlich
als Fasereinlage ausgeführt. Derartige Seile werden vor allem dort angewendet, wo die Seile häufig
auf Biegung beansprucht werden.
Litzenseil aus einlagigen Litzen mit einem Seilnenndurchmesser 7 bis 32 mm
Litzenseil in Machart Seale Seilnenndurchmesser 20 bis 54 mm
Litzenseil in Machart Warrington Seilnenndurchmesser 20 bis 54 mm
SEILBAHNBAU
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Litzenseil in Machart Filler Seilnenndurchmesser 20 bis 54 mm
Litzenseil in Machart Warrington-Seale Seilnenndurchmesser 28 bis 60 mm
Seil mit verdichteten Litzen (Seil mit kompaktierten Litzen):
Verwendung als Zug- oder Förderseile.
Das Seil stellt eine Sonderform eines Litzenseiles dar, bei dem Runddrähte in konventioneller
Weise zu Litzen geschlagen werden. Anschließend werden die Litzen vor dem Verseilen einem
Verdichtungsverfahren (plastische Verformung z.B. durch Ziehen, Walzen oder Hämmern)
unterzogen, wodurch sich der Durchmesser der Litzen entsprechend verkleinert, die Quer-
schnittsformen der Drähte (insbesondere der Drähte in der Außenlage) entsprechend "verquetscht"
werden, jedoch der metallische Querschnitt der Drähte erhalten bleibt. Bei nahezu gleichem
metallischem Querschnitt (daher nahezu gleicher Bruchlast) wird dadurch ein kleinerer
Seildurchmesser erhalten. Die Oberfläche der Litzen wird geglättet, wodurch sich der Fahrkomfort
erhöht (ruhigerer Seillauf). Die Berührungslinien der Einzeldrähte vergrößern sich zu Flächen.
Seile aus verdichteten Litzen haben eine höhere Bruchkraft und Flexibilität gegenüber Seilen aus
konventionellen Litzen mit gleichem Durchmesser und Nennfestigkeit.
Rundlitzenseil mit verdichteten Litzen
Litze vor dem Verdichten Litze nach dem Verdichten
SEILBAHNBAU
12
Abb.: Rundlitzenseil mit verdichteten
Litzen (keine Runddrähte mehr)
Litzenseil mit Kunststoffzwischenlage: (Seil mit gepolsterter Einlage)
Die Kunststoffzwischenlage aus einem Massiv-Polymer zwischen
den Litzen ist eine neuere Seilbauart, bei der eine vorgeformte
Kunststoffeinlage gemeinsam mit den Litzen zu einem Seil
geschlagen wird. Die Kunststoffeinlage vermeidet die Flanken-
berührung der Außenlitzen, hält das Seilgefüge zusammen, wirkt
einer Korbbildung entgegen, schließt die Schmiermittel ein, wirkt
inneren Drahtbrüchen entgegen und absorbiert dynamische
Beanspruchungen.
Seil mit Füllung aus Massiv-Polymer:
Seil, dessen freie Innenräume mit einem Massiv-Polymer ausgefüllt sind. Das Polymer reicht bis
zum äußeren Umfang des Seils oder etwas darüber hinaus. Diese Seilmachart zeichnet sich durch
eine extreme Laufruhe und Geräuscharmut im Betrieb aus. Es wird nur in Sonderfällen verwendet.
3.4 SEILHERSTELLUNG
Für die Verseilung wird üblicherweise eine Korbverseilmaschine verwendet. Die Drähte oder Litzen
werden um eine Achse (bei Litzen meist ein Kerndraht, bei Seilen eine Einlage) geschlagen und
dabei gleichzeitig durch den Verseilkopf gezogen, wodurch die Schraubenlinienform des Drahtes
bzw. der Litze im Seil entsteht. Die Schlaglänge im Seil ergibt sich aus der Drehzahl, mit der die
Drähte (Litzen) um die Achse geschlagen werden, und der Geschwindigkeit, mit der das Seil aus
der Maschine gezogen wird. Im Verseilkopf wird das flüssige (warme) Schmiermittel eingebracht,
überschüssiges Schmiermittel wird unmittelbar nach dem Verseilkopf wieder abgestreift, so dass
die Seiloberfläche möglichst fettfrei ist. Vor dem Verseilkopf werden die Drähte bzw. Litzen
vorgeformt, so dass sie sich besser in den Litzen- bzw. Seilverband einlegen, nach dem Verseilkopf
wird das Seil durch einen Richtapparat gezogen, um Verseilspannungen abzubauen; dies ergibt die
drall- und spannungsarme Ausführung.
SEILBAHNBAU
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3.5 NORMUNG UND BEGRIFFE
Seilbahnseile sind in der Normenreihe ÖNORM EN 12385 genormt. In diesen Normen sind Begriffe,
Berechnungsgrößen, Seilaufbau mit Angabe der Drahtnenndurchmesser, Festigkeitsstufen der
Seildrähte, Qualitätsanforderungen an Seildrähte und an Seile etc. festgelegt.
Seil/Litzendurchmesser
Durchmesser des dem Seil bzw. der Litze umschriebenen Kreises.
Abb.: Definition des Seildurchmessers
Einlage (C)
Material, das zur Bettung (vornehmlich) der Litzen im Seil dient.
- weiche Einlage aus Natur- oder Kunstfaserseilen oder aus Kunststoff (Seilseele)
- harte Einlage aus Stahldraht, aus einer Stahl-Litze oder aus einem Kernseil aus Stahldraht
Fasereinlage (FC)
Die Einlage wird entweder aus Naturfasern (NFC) oder aus Synthetikfasern (SFC) hergestellt.
erläuternde Bemerkung
Fasereinlagen werden üblicherweise in der Reihenfolge Fasern zu Garnen, Garne zu Litzen und Litzen zum Seil hergestellt.
Stahleinlage (WC)
Einlage aus Stahldrähten, die als Drahtlitze (WSC) oder als unabhängig verseiltes Drahtseil
(IWRC) ausgeführt ist
erläuternde Bemerkung
Die Stahleinlage und/oder ihre Außenlitzen können auch mit Fasern oder Massiv-Polymer ummantelt sein.
Φ
SEILBAHNBAU
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Einlage aus Massiv-Polymer (SPC)
Einlage aus einem Massiv-Polymerwerkstoff, die eine zylindrische Form oder eine zylindrische
Form mit Rillen aufweist. Sie darf auch ein Innenelement aus Draht (Drähten) oder Fasern
enthalten.
Die Einlage hat die Aufgabe, die durch die Seilspannkraft entstehenden radialen Kräfte der Litzen
aufzunehmen und so das gegenseitige Abstützen der Litzen (Gewölbewirkung) zu verhindern.
Durch das Einbetten der Litzen in die Einlage (Setzen des Seiles) kommt es zu einer bleibenden
Dehnung des Seiles infolge der Betriebsbelastung. Diese Dehnung beträgt je nach Seilkonstruktion
etwa 1,5 % bis 3 % und kann durch Wahl von einem möglichst druckfesten Einlagewerkstoff
entsprechend vermindert werden.
erläuternde Bemerkung
Seildehnungen erfordern bei Zug- und Förderseilen ein mehrmaliges Kürzen des Seiles (neuer Seilspleiß), um nicht allzu große Spannwege ausführen zu müssen. Zu harte Einlagewerkstoffe führen zu erhöhter Beanspruchung der Seildrähte.
Drall- und spannungsarme Ausführung
Ausführung, bei der die Drähte oder Litzen den Litzen- bzw. den Seilverband nicht oder nur gering
verlassen, wenn man die Seilenden freigibt; dies wird durch Vorformung und Nachformung erreicht.
Durch spezielle Seilkonstruktionen kann ein drehungsarmes Seil, das unter Belastung nur ein
vermindertes Drehmoment erzeugt, erreicht werden.
Schlaglänge und Schlagwinkel
Ganghöhe bzw. Steigungswinkel der Schraubenlinie der Drähte oder Litzen.
Abb.: Definition der Schlaglänge einer Litze (rechtsgängig) und eines Seiles (Kreuzschlag)
Die Schlaglänge ist der parallel zur Seil/Litzenlängsachse verlaufende Abstand, innerhalb dessen
ein Außendraht eine vollständige Windung um die Achse der Litze/des Seiles vollführt.
Der Schlagwinkel ist der Winkel der Drähte in der Außenlage zur Längsachse der Litze.
Schlagrichtung
Richtung der Schraubenlinie der einzelnen Drähte in den Litzen oder der Litzen im Seil (rechts-
gängig oder linksgängig). EN 12385-2 unterscheidet:
Schlagrichtung der Litze (z oder s): Richtung rechts (z) oder links (s) entsprechend der Schlag-
richtung der Außendrähte in Bezug zur Längsachse der Litze.
SEILBAHNBAU
15
Abb.: Definition der Schlagrichtung Litze: z (rechtsgängig), s (linksgängig)
Schlagrichtung des Seiles (Z oder S): Richtung rechts (Z) oder links (S) entsprechend der
Schlagrichtung der Litzen in Bezug zur Längsachse des Seiles.
Schlagart
bezeichnet die Schlagrichtung der Drähte in den Litzen in Bezug auf die Schlagrichtung der Litzen
im Seil, bzw. die Schlagrichtung in zwei aufeinanderfolgenden Drahtlagen eines Seiles:
- Kreuzschlag (nur für Litzenseile definiert: sZ oder zS)
- Gleichschlag (nur für Litzenseile definiert: zZ oder sS)
Abb.: Kreuzschlag sZ und zS Abb.: Gleichschlag zZ und sS
Schlagweise
bezeichnet die Art der Verseilung der Drähte in den einzelnen Lagen einer Litze,
- Normalschlag (Standardverseilung, Standardschlag)
Die einzelnen Lagen sind gleichsinnig oder gegensinnig geschlagen. Die Drähte haben im
Allgemeinen die gleichen Nenndurchmesser. Die Lagen haben meist gleiche Schlagwinkel,
daher verschiedene Schlaglängen. Die Drähte von benachbarten Drahtlagen weisen
Kreuzungen im Seilverband auf (Druckstellen, Druckkerben, Dauerbruchstelle), wobei bei
gegensinniger Schlagart der Lagen die Drähte in der Litze oder im Seil mehr Kreuzungspunkte
aufweisen als bei gleichsinniger Ausführung. Die Herstellung solcher Seile erfordert je
Drahtlage einen gesonderten Arbeitsgang.
SEILBAHNBAU
16
- Parallelschlag (Parallelverseilung)
Alle Drähte in der Litze haben die gleiche Schlaglänge, daher jedoch in den einzelnen
Drahtlagen verschiedene Schlagwinkel. Die Litzen oder Seile können in einem Arbeitsgang
verseilt werden. Die Drähte weisen untereinander Linienberührung, daher weniger Druckstellen
etc. auf, was günstiger gegenüber Dauerbeanspruchung ist.
Abb.: Schlagweise
Abb.: Unterschied zwischen Normalschlag und Parallelschlag
d1π d2π d1π d2π
l2
l1
l1 = l2
α1=α2
α2
α1
Normalschlag
gleiche Schlagwinkel
Parallelschlag
gleiche Schlaglänge
d1 : Durchmesser der inneren Drahtlage d2 : Durchmesser der äußeren Drahtlage α1 : Steigungswinkel der inneren Drähte α2 : Steigungswinkel der äußeren Drähte l1 : Schlaglänge der inneren Drähte l2 : Schlaglänge der äußeren Drähte
Drahtachsen
Mantelerzeugende
Berührungspunkte
Drahtachsen
Berührungslinien
Normalschlag Parallelschlag
SEILBAHNBAU
17
Seilnormbezeichnung
sie dient dazu, ein Seil im technischen Schriftverkehr in Kurzform zu beschreiben. Die Grundlagen
sind in der ÖNORM EN 12385-2 zusammengefasst. Dabei wird die zur Beschreibung eines Seiles
erforderliche Mindestmenge an Informationen angegeben.
Die Seilnormbezeichnung muss folgende Angaben enthalten:
Maße, Seilkonstruktion, Konstruktion der Einlage, Seilfestigkeitsklasse, Oberflächenausführung der
Drähte, Schlagart und Schlagrichtung.
Beispiel:
zZASFCWS 196036632
bedeutet:
Seil mit 32 mm Nenndurchmesser, 6 Litzen aus je 36 Drähten in Machart Warrington-Seale mit synthetischer Fasereinlage, Seilfestigkeitsklasse 1960 N/mm², Oberfläche mit Zinküberzug der Klasse A, Gleichschlag rechtsgängig.
erläuternde Bemerkung
Beispiel nach ÖNORM M 9500 (überholt):
Zugseil ÖNORM M 9534 - 32 E 1960 GR - BV - znk - SF - spa
bedeutet: Zugseil nach ÖNORM M 9534 mit 32 mm Nenndurchmesser in Sondermachart E (Warrington-Seale), Nennfestigkeit 1960 N/mm², Ausführung in Gleichschlag rechtsgängig, Drähte für besondere Verwendungszwecke in verzinkt gezogener Oberflächenqualität, mit synthetischer Fasereinlage, in drall- und spannungsarmer Ausführung.
3.6 ERLÄUTERUNG ZU SCHLAGLÄNGE UND SCHLAGWINKEL
Die ideale Schlaglänge bzw. der Schlagwinkel der Drähte in der Litze oder im Seil bzw. der Litzen
im Seil lassen sich auf Grund geometrischer Zusammenhänge berechnen. Die Bedingungen
werden vorgegeben: z.B. Anzahl der Drähte in den einzelnen Drahtlagen und Anzahl der Draht-
lagen in der Litze, Draht- bzw. Litzendurchmesser, Abstand der Drähte in der Litze je Lage vom
Seilmittelpunkt bzw. der Litzen im Seil etc.
Bei Seilen oder Litzen, die aus Drähten mit gleichem Nenndurchmesser hergestellt werden und sich
die Drähte in den einzelnen Lagen berühren, ergibt sich bei
∞ vielen Lagen ein Schlagwinkel von ω = 17,27°
Der Schlagwinkel liegt daher in Bereich zwischen 15,0° und 17,3°. Der tatsächliche Schlagwinkel
wird auf Grund der Ungenauigkeiten beim Ziehvorgang etwas kleiner gewählt.
Wird die Schlaglänge als Vielfaches des Seildurchmessers oder Litzendurchmessers angegeben,
kann daher für alle Seile oder Litzen angenommen werden:
Schlaglänge = 7-facher Seildurchmesser bei Kreuzschlagseilen
Schlaglänge = 8-facher Seildurchmesser bei Gleichschlagseilen
SEILBAHNBAU
18
Die Größe des Schlagwinkels (Flechtwinkel) beeinflusst die Seilsteifigkeit und den E-Modul ESeil des
Seiles.
Die Steifigkeit nimmt mit zunehmendem Schlagwinkel (bei kleinerer Schlaglänge) ab.
Biegsame Seile erhält man daher durch Vergrößern des Schlagwinkels bzw. durch Verkürzen der
Schlaglänge.
Da sich bei Gleichschlagseilen der Schlagwinkel der Drähte in der Litze und der Schlagwinkel der
Litzen im Seil summieren, ist verständlich, dass Gleichschlagseile biegsamer sind als Kreuzschlag-
seile. Hingegen liegen die Außendrähte der Litzen über eine größere Länge an der Außenseite des
Seiles. Ein Drahtbruch wird durch optische Kontrollen leichter erkennbar, jedoch trägt der Draht
erst nach einer größeren Länge wieder in voller Größe. Die Seiloberfläche ist glatter als bei
Kreuzschlagseilen. Bei Kreuzschlagseilen verschwinden die Außendrähte im Vergleich zu Gleich-
schlagseilen etwa nach der halben Länge wieder im Seilverband. Das bedeutet, dass Kreuz-
schlagseile einen besseren Seilverband haben, und die Außendrähte über eine kürzere Länge an
der Außenseite des Seiles liegen. Drahtbrüche von Außendrähten sind nicht so leicht durch
Augenschein erkennbar, dafür trägt der Draht bereits nach kurzer Länge wieder in voller Größe.
Wird bei einem Seil nachträglich die Schlaglänge geändert, wird dadurch der Seilverband (die rich-
tige Anordnung der Drähte im Seil) wesentlich gestört, was zu einem ungleichmäßigen Tragen der
einzelnen Drähte und damit zu Drahtbrüchen führen kann.
Für den Betrieb ist es daher wichtig, dass Einflüsse, die zu einer Veränderung der Schlaglänge im
Seil führen können (z.B. Verdrehen des Seiles infolge von Fehlern beim Auflegen der Seile,
schlecht fluchtende Rollenbatterien, schlechter Einlauf des Seiles in Seilscheiben), durch ent-
sprechende Maßnahmen verhindert werden.
3.7 BERECHNUNGSGRÖßEN
Nennzugfestigkeit des Drahtwerkstoffes R
Die Nennfestigkeit R ist die der Berechnung der rechnerischen Mindestbruchkraft oder der rechne-
rischen Bruchkraft des Seiles zugrundegelegte Zugfestigkeit des Drahtes von 1200 N/mm² bis
2200 N/mm².
erläuternde Bemerkung
Seilfestigkeitsklasse Rr
Anforderungsniveau der Seilfestigkeit (Bruchkraft), die durch eine Zahl bezeichnet wird (z.B. 1770, 1960) Dies bedeutet nicht notwendigerweise, dass die tatsächlichen Nennfestigkeiten der Drähte im Seil dieser Seil-festigkeitsklasse entsprechen. Die ÖNORM EN 12385-8 legt die Festigkeitsstufen für Seilbahnseile mit 1570, 1770 und 1960 N/mm² fest. Andere Nennfestigkeiten sind ausführbar, es handelt sich jedoch dann um eine Abweichung von der Norm. Gemäß der ehemals anzuwendenden ÖNORM M 9500 waren folgende Festigkeitsstufen genormt: 1370, 1570, 1770, 1960 und 2160 N/mm².
Füllfaktor f
Der Quotient metallischer Seilnennquerschnitt und Fläche des umschriebenen Kreises wird als
Füllfaktor f bezeichnet und für die Berechnung der Mindestbruchkraft herangezogen.
uA
Af Spiralseile: f 0,75 Rundlitzenseile: f 0,46
A : metallischer Querschnitt Au : umschriebene Kreisfläche
SEILBAHNBAU
19
Faktor für den metallischen Nennquerschnitt C
vom Füllfaktor abgeleiteter Faktor, der bei der Berechnung zur Bestimmung des metallischen
Nennquerschnitts eines Seils verwendet wird
44
uA
AfC
metallischer Nennquerschnitt A
Produkt aus dem Faktor für den metallischen Nennquerschnitt (C) und dem Quadrat des
Seilnenndurchmessers
444
2222
d
A
Adfd
fdCA
u
Rechnerischer metallischer Querschnitt Ac
Summe der Nennquerschnitte der tragenden Drähte in einem Seil im unverseilten Zustand (loses
Drahtbündel). Die Drahtquerschnitte sind daher Kreise entgegen der tatsächlichen Ellipsenform.
Diese Vereinfachung ist bei kompaktierten Litzen nicht möglich. Der Nennquerschnitt weicht vom
tatsächlichen Istquerschnitt ab.
n
i
icA
1
2
4
δ ... Drahtdurchmesser i … Anzahl der Drähte
erläuternde Bemerkung
Verseilverlustfaktor k
Der Verseilverlustfaktor wird als Quotient der rechnerischen Bruchkraft aus Nennquerschnitt (Fe.c.min) zur rechnerischen
Mindestbruchkraft (Fc.min) des Seiles oder als Quotient der rechnerischen Bruchkraft (Fe.min) zum festgelegten Wert der
Mindestbruchkraft (Fmin) des Seiles, definiert. Die Größe wird vom Seilhersteller angegeben.
Mindestbruchkraftfaktor K
Der Mindestbruchkraftfaktor zur Bestimmung der Mindestbruchkraft wird empirisch ermittelt. Für gebräuchliche Seile (Normseile) ist der Faktor in den Normen angegeben.
4
kfK
Bruchkraft F
Die Bruchkraft des Seiles stellt die wichtigste Größe für die Berechnung und Auswahl der Seile dar.
erläuternde Bemerkung
Auf Grund der verschiedenen Definitionen der Bruchkräfte des Seiles muss bei der Wahl von Sicherheitsfaktoren auch die Bezugsgröße (Bruchkraft) berücksichtigt und angegeben bzw. definiert werden. Zugsicherheitsbeiwerte, die in verschie-denen Normen oder Vorschriften angegeben werden, sind daher nicht ohne weiteres vergleichbar.
Mindestbruchkraft Fmin
festgelegter Wert in kN, der von der in einer vorgeschriebenen Bruchkraftprüfung gemessenen
Bruchkraft (Fm) nicht unterschritten werden darf und üblicherweise als Produkt aus dem Quadrat
des Nenndurchmessers (d), der Seilfestigkeitsklasse (Rr) und dem Bruchkraftfaktor (K) berechnet
wird.
SEILBAHNBAU
20
rechnerische Mindestbruchkraft Fc.min
Wert der Mindestbruchkraft, errechnet auf der Grundlage von Drahtnenndurchmesser, Nennzug-
festigkeit des Drahtes und des Verseilverlustfaktors entsprechend den Angaben des Herstellers.
erläuternde Bemerkung
Auf Grund des in Europa versuchten Übereinkommens zur Vereinheitlichung der Bemessung von Seilbahnen (harmonisierte Norm) wurden viele Begriffe für die wichtigste Größe für die Berechnung und die Auswahl der Seile eingeführt. Dies trägt aber wesentlich zur Verwirrung bei. Beispiele nachfolgend
wirkliche Bruchkraft Fm
die nach einem vorgeschriebenen Verfahren (Strangbruchversuch) ermittelte Bruchkraft.
rechnerische Bruchkraft Fe.min
festgelegter Wert in kN, der durch die in einer Prüfung erhaltene ermittelte Bruchkraft nicht unterschritten werden darf. Der Sollwert in kN wird üblicherweise nach nachstehender Formel errechnet:
1000
2
min.
CrRd
eF
d ... Seilnenndurchmesser Rr ... Festigkeitsklasse (Nennfestigkeit)
C ... Faktor für den metallischen Nennquerschnitt
rechnerische Bruchkraft aus Nennquerschnitt Fe.c.min
Wert der rechnerischen Bruchkraft der aus der Summe der Produkte aus den Querschnitten (basierend auf dem Draht-nenndurchmesser) und der Nennzugfestigkeit jedes Drahtes aus dem Seil, entsprechend den Angaben des Herstellers, berechnet wird.
reduzierte rechnerische Bruchkraft aus Nennquerschnitt Fe.red.min
festgelegter Wert, den die ermittelte reduzierte Bruchkraft aus Nennquerschnitt nicht unterschreiten darf und der aus der Summe der Produkte aus den Querschnitten (basierend auf dem Drahtnenndurchmesser) und der Nennzugfestigkeit jedes als lasttragend vereinbarten Drahtes des Seiles berechnet wird.
ermittelte Bruchkraft Fe.m
Summe der gemessenen Bruchkräfte aller Einzeldrähte aus dem Seil.
ermittelte reduzierte Bruchkraft Fe.red.m
Summe der gemessenen Bruchkräfte der als lasttragend vereinbarten Drähte aus dem Seil.
rechnerische wirkliche Bruchkraft Fm.c
Produkt aus der Summe der wirklichen Bruchkräfte der aus dem Seil entnommenen Einzeldrähte und dem aus den Ergebnissen der Typprüfung abgeleiteten anteiligen Verseilverlustfaktor.
rechnerisch ermittelte Bruchkraft Fe.m.c
der Wert, der durch Dividieren der wirklichen Bruchkraft (Fm) des Seiles durch den aus den Ergebnissen der Typprüfung
abgeleiteten anteiligen Verseilverlustfaktor errechnet wird.
längenbezogene Masse (Metergewicht) gS
Ist eine Rechengröße, die außer dem Gewichtsanteil der Seildrähte auch die Gewichtsanteile der
Einlage und des Schmierstoffes berücksichtigt. Sie ist eine für die Berechnung der Seillinie wichtige
Größe, z.B. für die Ermittlung der Höhenspannkraft.
Seil(nenn)durchmesser d
Durchmesser des dem Seilquerschnitt umschriebenen Kreises. Der Seilnenndurchmesser dient bei
vielen Bemessungsregeln (z.B. für die Länge des Seilspleißes, für die Wahl des Seilscheiben-
durchmessers) als Bezugsgröße.
SEILBAHNBAU
21
3.8 SEILLÄNGUNG
Unter Seillängung wird die bleibende Dehnung bezeichnet. Sie entsteht primär durch das Setzen
der Litzen in der Seileinlage infolge des zur Seilachse auf die weiche Einlage einwirkenden Schnür-
druckes. Sekundär entsteht Längung durch das Setzen der Drähte in den Litzen. Zur Verminderung
der primären Seillängung werden neuerdings die Einlagen bei Zugseilen durch eine Vollverfüllung
mit Kunststoff hergestellt. Zur Verminderung der bleibenden Dehnung werden Seile auch vor ihrer
Verwendung vorgereckt.
3.9 QUERSCHNITTSVERMINDERUNG
Durch den Schnürdruck der einzelnen Litzen auf die weiche Einlage erfolgt vor Allem durch die
Lageänderung der Litzen im Seilverband eine Verminderung des Seilquerschnittes.
3.10 SEILDRALL
Jeder Seildraht im Seil hat bei Aufbringung einer Zugkraft das Bestreben aus seiner gekrümmten
(geschlagenen) Form eine gerade Form anzunehmen. Die Seile sind daher an den Seilenden
gegen das Aufdrehen zu sichern.
Bei Seilen, wo die Schlagrichtung der Drähte und der Litzen gleichartig ausgebildet ist
(Gleichschlag), ist der Seildrall wesentlich größer als bei einem Seil, wo die Schlagrichtung der
Drähte und der Litzen unterschiedlich sind (Kreuzschlag).
erläuternde Bemerkung
Der Seildrall wird später noch behandelt.
3.11 KONTROLLEN DES SEILES
Seile sind einer Dauerbeanspruchung mit unterschiedlichen Belastungsgrenzen ausgesetzt. Im
Normalfall unterliegen Seildrähte einer Schwellbeanspruchung (ausschließlich Zugspannung) und
keiner Schwingbeanspruchung (Zug- und Druckspannung). Die Zugspannung überwiegt gegenüber
der Biegerandspannung im Seildraht. Aufgrund der Dauerbeanspruchung werden Seile in
periodischen Abständen Kontrollen unterzogen.
Augenscheinliche Kontrolle (visuelle Kontrolle):
Bei einem Zug- oder Förderseil wird bei geringer Seilgeschwindigkeit (ca. 0,3 m/s) das Seil in einer
Station visuell am gesamten Umfang kontrolliert. Bei einem Tragseil wird die Kontrolle vom
Fahrzeug aus durchgeführt.
Erkennbar sind äußere Schäden wie Drahtbrüche und Blitzschlagschäden.
SEILBAHNBAU
22
Kontrolle des Seildurchmessers: die Durchmesserkontrolle ergänzt die visuelle Kontrolle und gibt
Anhaltspunkte für Verschleiß im Seilinneren, für Versagen der Einlage etc.
Magnetinduktive Prüfung: Die magnetische Querschnittsmessung erlaubt als zerstörungsfreies
Prüfverfahren die Abschätzung der Restbruchkraft von Drahtseilen, die durch Korrosion, Verschleiß
oder Drahtbrüche geschwächt sind. Die Messung des Seilquerschnittes ist rückführbar auf eine
induktive Messung des magnetischen Seilflusses.
Diese Prüfmethode beruht auf dem physikalischen Prinzip, dass das Seil als ferromagnetischer
Werkstoff auf eine kurze Länge (etwa 30 cm) bis zur magnetischen Sättigung magnetisiert wird.
Dies kann durch Elektromagnete oder durch Dauermagnete erfolgen. Das dabei um das Seil
entstehende Magnetfeld wird durch Inhomogenitäten im Werkstoff, im metallischen Querschnitt
oder im Aufbau des Seiles gestört. Es entsteht ein magnetisches Streufeld. Wird eine Messspule
über das magnetisierte Seil bewegt, wird durch die Radialkomponente des Streufeldes in der Spule
eine Spannung induziert. Diese Spannung wird verstärkt, aufgezeichnet und ausgewertet. Je nach
Schadensart ergibt sich ein charakteristischer Verlauf der Spannung bzw. des Registrierschriebes.
Drahtbrüche verursachen charakteristische Inhomogenitäten im Streufeld und sind in der Mess-
signalaufzeichnung erkennbar. Sie können erkannt werden, wenn die Drahtbruchenden eine
entsprechende Klaffweite aufweisen. Auf Grund des Seilaufbaues weist jeder Messschrieb einen
"Grundpegel" von Ausschlägen auf, der von der Seilmachart, der Geräteauswahl und Geräte-
einstellung, der Prüfgeschwindigkeit, der Verstärkung des Messsignales etc. abhängt.
Abb.: Aufbau eines Messgerätes für die magnetinduktive Seilkontrolle
Abb.: Messung am Seil
SEILBAHNBAU
23
erläuternde Bemerkung
Die Anforderungen an diese Prüfmethode im Hinblick auf die Anwendung bei Personenseilbahnen sind in der Norm ÖNORM EN 12927-8 angeführt.
Die Auswertung und Beurteilung des Messschriebes erfordert große Erfahrung und gute Kenntnisse
des Prüfverfahrens, der Geräteeinstellung und der Aufzeichnungsverfahren, aber auch hinsichtlich
der Seilherstellung, der Seilbeanspruchung und der Seileigenschaften.
Die Aufzeichnung des Messergebnisses erfolgt verhältnismäßig einfach und ohne größeren
Zeitaufwand; die Prüfgeschwindigkeit liegt meist zwischen 3 m/s und 5 m/s. Die Auswertung benö-
tigt jedoch einen großen Zeitaufwand. Daher versuchen alle Prüfer, diesen Aufwand zu auto-
matisieren. In jüngster Zeit werden hierzu EDV-Programme erstellt, die in der Lage sind, die Kurven
des Messschriebes zu analysieren und mit charakteristischen Kurvenformen zu vergleichen. Die
EDV-Auswertung ergibt dann eine Tabelle mit der Lage und Anzahl der Drahtbrüche (oder
sonstigen Schäden).
erläuternde Bemerkung
Derartige Methoden sind beispielsweise in zwei Artikeln im Heft 5/95 der ISR beschrieben.
Untersuchungsfristen: Seile haben eine begrenzte Lebensdauer. Durch regelmäßig durchgeführte
zerstörungsfreie Kontrollen sollen die Grenzen der Verwendbarkeit rechtzeitig erkannt werden, ehe
die Betriebssicherheit der Seile gefährlich eingeschränkt ist. Die Ablegereife (Eintritt einer unzu-
lässigen Schwächung der Seiltragkraft) muss rechtzeitig erkannt werden können. Die Unter-
suchungsfristen müssen daher so gewählt werden, dass die zu erwartende Schädigung (der
Schadensfortschritt) bis zur nächsten Untersuchung noch in zulässigem Rahmen bleibt.
Art und Umfang der erforderlichen Untersuchungen werden in den meisten Ländern durch
behördliche Vorschriften, teils auch in Normen (z.B. ÖNORM EN 12927-7) festgelegt.
Augenscheinliche (visuelle) Kontrollen sind monatlich vorzunehmen. Die Fristen für
magnetinduktive Untersuchungen schwanken zwischen 4 Jahren (für neue Förderseile) und
6 Jahren (für neue Trag- und Zugseile). Diese Fristen verkürzen sich jedoch mit zunehmender
Verwendungsdauer eines Seiles und werden auf Grund des Gesamtzustandes des Seiles und des
zu erwartenden Schadensfortschrittes vom Prüfer festgelegt. Sie sind so zu wählen, dass bis zur
nächsten Untersuchung keine unzulässige Schadensentwicklung mit Eintritt eines betriebs-
gefährlichen Zustandes zu erwarten ist. Um eine Grundlage für die spätere Auswertung der
Messschriebe zu erhalten, ist eine Grunduntersuchung innerhalb von 18 Monaten nach Auflage des
Seiles durchzuführen (Grunddiagramm).
3.12 SEILSCHÄDEN
Seilschäden treten als Drahtbrüche, Korrosionsnarben, Abnahme des metallischen Querschnittes
durch Verschleiß, Druckkerben, lockere Drähten, korkenzieherartige Verformungen und
Korbbildungen auf. Korrosionsnarben und Druckkerben führen zu Dauerbrüchen von Drähten.
Lockerdrähte sind nicht mittragend und daher wie ein gebrochener Draht zu werten.
SEILBAHNBAU
24
erläuternde Bemerkung Lockerdrähte können durch leichtes Klopfen mit einem kleinen Hammer auf die Seildrähte festgestellt werden. Lockere Drähte sind nicht so hell klingend wie ein gespannter Draht (gespannte Saite). „Korkenzieher“ entstehen durch ungleich-mäßige Vorspannung einer Litze beim Verseilen. Korbbildungen entstehen bei ungenügender Seilspannkraft (Schlaufenbildung) z.B. bei Spleißen, wenn das Seil nicht abgespannt wird.
Drahtbrüche sind, wenn es keine außenliegende Drahtbrüche sind, im Seil zu belassen. Bei außen-
liegenden Drähten sind diese durch Hin- und Herbiegen an den in den Seilverband verschwin-
denden Drahtenden abzubrechen. Bei verschlossenen Seilen kann ein außenliegender Drahtbruch
des Formdrahtes durch Verlöten der Bruchstelle saniert werden. Der gebrochene Draht trägt
üblicherweise nach 2 - 3 Schlaglängen wieder in voller Höhe mit.
erläuternde Bemerkung
Die Ursachen von Seilschäden können sehr unterschiedlich sein: - Unregelmäßigkeiten an den Drähten Durch Unregelmäßigkeiten oder Fehler an den Drähten können bereits beim Verseilvorgang oder später im Betrieb Drahtbrüche auftreten. Ein Fehler im Drahtquerschnitt (z.B. unzulässige Durchmesser-Abweichung, Unrundheit) kann zu Druckkerben und Reibung zwischen den Drähten führen und so zu einem Drahtbruch führen.
- mangelhafter Schmierzustand Durch zu geringe oder keine Schmierung können sowohl Korrosionsschäden als auch Verschleiß (zu hohe innere Reibung zwischen den Drähten und Drahtlagen) mit daraus folgenden Dauerbrüchen der Drähte entstehen. - thermische Wirkungen Thermische Wirkungen treten z.B. bei Blitzschlag, bei Brand im unmittelbaren Seilbereich oder bei Schweißarbeiten in der Nähe des Seiles auf. Sie führen zu Änderungen im metallurgischen Gefüge der Drähte, insbesondere werden dadurch Aufhärtungen an der Drahtoberfläche (Martensitbildung) verursacht. Bereits eine Erwärmung von 300° C führen zu einem starken Abfall der Festigkeit. Versprödung oder Anrisse führen zu Dauerbrüchen. Aufhärtungen können auch durch Rutschen von Klemmen oder Klemmapparaten am Seil entstehen (Reibmartensit). Aufhärtungen an der Seiloberfläche können durch vorsichtiges Abschleifen der Martensitschicht beseitigt werden. Draht-brüche können durch Einlegen von Drähten/Litzen entfernt werden.
- chemische Wirkungen Diese können zur Beschleunigung von Korrosion der Drähte und zur Verrottung der Einlage führen. Die Drähte können durch Verzinkung und Schmierung gegen Korrosion geschützt werden. Bei den Seileinlagen werden Kunststoffe (synthe-tische Fasern) anstatt Hanf verwendet.
- mechanische Wirkungen Dauernde mechanische Einwirkungen treten bei betrieblichen Beanspruchungen (Scheibenumlauf, Klemmstellen, Auflie-gen auf Unterstützungen oder Umlenkungen, Lauf über Stahlrollen etc.) auf und führen zu Dauerbrüchen von Drähten. Mechanische Einwirkungen als Folge des Seilaufbaues (Drahtkreuzungen, Litzenberührung) führen meist zu erhöhtem Verschleiß an der Drahtoberfläche, zu Kerben und Druckstellen und in Folge zu Dauerbrüchen von Drähten. Weitere mechanische Einwirkung treten als Folge von Unregelmäßigkeiten im Betrieb, z.B. Seilentgleisungen, Rutschen von Klemmen auf, Baumwurf auf das Seil und führen zu Veränderungen oder Lockerungen des Seilgefüges, Kerben an den Drähten und zu Drahtbrüchen (Gewaltbrüche). In diese Gruppe von Schadensursachen sind auch Schäden infolge unzureichender Tragwirkung der Einlage zu zählen (Litzenberührung infolge Gewölbewirkung), wodurch die Mehrzahl der Förderseile vorzeitig abzulegen sind.
3.13 WARTUNG DER SEILE
Seilschmierung
Ziel der Seilschmierung ist der Schutz gegen Korrosion und Reduzierung der inneren Reibung im
Seil (Reibung zwischen den Drähten bei Scheibenumlauf oder Rollenüberfahrt). Es ist jedoch bei
der Wahl des Schmiermittels zu beachten, dass aus dem Seil austretendes Schmiermittel nicht den
Reibungskoeffizienten zwischen Seil und Antriebsscheibe unzulässig vermindert oder den
Futterwerkstoff von Seilrollen zerstört. Die Wartung der Seile einer Seilbahn erstreckt sich vor allem
SEILBAHNBAU
25
darauf, den ausreichenden Schmierzustand des Seiles zu erhalten. Bei Rundlitzenseilen soll
zwischen den Litzen ein „Fugenverschluss“ durch das Schmiermittel entstehen, wodurch das
Eindringen von Feuchtigkeit in das Seilinnere verhindert wird. Im Laufe der Lebensdauer des Seiles
wird dieser Fugenverschluss spröd und bröckelt aus. Die Wartung muss daher auch darauf
abzielen, diesen Fugenverschluss entsprechend geschmeidig zu erhalten.
Die chemische Industrie bietet verschiedene Nachschmiermittel an. Dabei ist jedoch zu beachten,
dass das Nachschmiermittel mit der Grundschmierung des Seiles chemisch verträglich ist.
Abb.: Einfluss der Seilschmierung auf die Lebensdauer der Drähte
Schmierung der Tragseilschuhe
Das Tragseil wird auf den Stützen in Tragseilschuhen geführt. Durch den Betrieb der Seilbahn und
durch Temperaturänderungen wird das Tragseil auf den Stützen in Längsrichtung bewegt. Diese
Längsbewegung kann in Abhängigkeit von den an die Stütze angrenzenden Seilfeldlängen mehrere
Dezimeter bis Meter betragen. Die Einlage (Futter) der Tragseilschuhe sind daher aus einem
weichen Metall (Bronze) gefertigt und müssen regelmäßig geschmiert werden.
Nachlassen von Tragseilen
Das regelmäßige Nachlassen der Tragseile (alle 4 bis 12 Jahre) soll jene Seilstellen, die im Betrieb
auf den Stützen aufliegen und damit einer höheren Belastung ausgesetzt sind, in das freie Seilfeld
verlegt werden.
Versetzen der Klemmen
Bei Sesselbahnen mit fixen Klemmen und bei Schleppliften werden die Klemmen regelmäßig am
Seil versetzt, da dadurch die hohe Beanspruchung des Seiles an der Klemmstelle zeitlich begrenzt
wird. Insbesonders bewirkt der Scheibenumlauf des Seiles mit nicht vom Förderseil lösbaren
Klemmen eine hohe Biegebeanspruchung der Seildrähte, da die Klemme örtlich das Seil von der
Scheibeneinlage abhebt. Daher sind die Versetzintervalle von der Anzahl der Scheibenumläufe
abhängig. Das größtzulässige Versetzintervall beträgt 250 Betriebsstunden.
Zugspannung N/mm² 500 100 200 300 400
200
150
100
50
0
Biegewechselzahl in %
gefettet und nachgefettet
gefettet
entfettet
SEILBAHNBAU
26
4 SEILVERBINDUNGEN
Die Art der Seilverbindung ist vom Einsatzzweck des Seiles abhängig. Soll eine biegsame
Seilverbindung hergestellt werden, die ein Laufen des Seiles um die Antriebs- oder Gegenscheiben
und über Seilrollen ermöglicht, wird der Seilspleiß gewählt. Die auf Stützen aufliegenden
unverrückbaren Tragseile werden mit Muffen verbunden. Entweder als Verbindungsmuffe zweier
Seile (z.B. Verbindung des Tragseiles mit dem Spannseil) oder als Seilendverbindung des
Tragseiles. Die Wagen von Standseilbahnen oder Kabinen von Pendelbahnen können mit
Seilmuffen an das Zugseil verbunden werden (kein Scheibenumlauf). Die Seilklemmen ermöglichen
ebenfalls die Verbindung zweier Seilstücke oder der Verankerung von Seilenden ruhender Seile.
4.1 SEILSPLEISS
Hinsichtlich der ausgeführten Länge eines Seilspleißes wird unter Kurz- und Langspleiß unter-
schieden. Im Seilbahnbau wird bei der Verbindung von Zug- oder Förderseilen ausschließlich der
Langspleiß verwendet. Der Langspleiß als Seillängsverbindung dient zur Herstellung einer
geschlossenen Zug- oder Förderseilschleife. Der Kurzspleiß ist ausschließlich für untergeordnete
Zwecke, z.B. als Montagehilfsmittel zulässig. Nach den österreichischen Seilbahnvorschriften
beträgt die Mindestlänge des Langspleißes 1300.d (1300facher Seildurchmesser); europaweit wird
dies mit 1200.d zugelassen.
Abb.: Langspleißschema
Um einen Spleiß herzustellen müssen die beiden zu verbindenden Seilenden eine gleiche
Litzenanzahl, weiche (nicht tragende) Einlagen (Seelen), einen etwa gleichen Seil- und Litzen-
durchmesser sowie gleiche Schlaglänge aufweisen. Spleiße sind biegsame Verbindungen, bei
denen jeweils ein Litzenende (Einsteckende) in das Seilinnere geführt wird und die Einlage in
diesem Bereich herausgeschnitten wird. Die Einsteckenden werden umwickelt, damit einerseits
eine Schonung der umgebenden Litzen erfolgt und um andererseits die Abstützwirkung der
umgebenden Litzen an der Seele aufrecht bleibt. Wenn dies nicht oder nur unzureichend erfolgt,
kann der Spleiß „einfallen“. Die Einführung der Litze in die Seilmitte anstatt der Seilseele erfolgt an
den Spleißknoten.
Spleißlänge L ≈ 1300.d
L/6 L/12 L/6 L/12 L/2
Einsteckenden
SEILBAHNBAU
27
Im Seilspleiß muss die volle Seilspannkraft wie im ungestörten Seil übertragen werden können. Die
Übertragung der Spannkraft erfolgt durch Reibung zwischen den Außenlitzen und der als Einlage in
die Seilmitte eingelegten Litze (Einsteckende). Der Spleiß muss unter Zug stehen, damit die
Verbindung hält. Aus diesem Grund ist die größte zulässige Zugsicherheit im Seil nach oben
begrenzt (nz max < 20). Das Einsteckende muss eine Mindestlänge aufweisen, um die Reibkraft
übertragen zu können.
Abb.: Spleißknoten mit eingeführtem Einsteckende
Aus theoretischen Überlegungen (z.B. Czitary: „Seilschwebebahnen“) und auf Grund von
empirischen durchgeführten Versuchen gelangt man bei einem Seil mit sechs Litzen (übliche
Bauart für ein Zug- oder Förderseil) zur Mindestspleißlänge vom 120-fachen der Schlaglänge (etwa
das 1000-fache des Seilnenndurchmessers).
dlL längeSeilschlagSpleiß 1000120min_
erläuternde Bemerkung
Arbeitsschritte beim Spleißen Auflegen der beiden Seilenden Seil auf die richtige Länge kappen
Einsteckende ≈ L/12 ≈ 108.d
d Spleißknoten
SEILBAHNBAU
28
abgeschnittenes Seilende Lösen der Litzen an den Seilenden
Entfernen der Seele (weiche Einlage) Kürzen der sechs Litzen auf die richtige Länge
Ineinander legen der Litzen in die richtige Lage Flechten mit der Hand
Lage der Litzen vor dem Verbund Litzen einrichten
SEILBAHNBAU
29
Markieren des Spleißknotens Spleißknoten vor dem Einstecken
Einstecken der Litzenenden in das Seil mit der Spleißahle
fertiger Spleißknoten
SEILBAHNBAU
30
4.2 SEILMUFFEN
Seilmuffen können als Vergussverbindung mittels Vergusskegel oder als Klemmverbindung mittels
Klemmenhülsen hergestellt werden. Die Verbindung wird sowohl bei Tragseilen als auch bei
Zugseilen eingesetzt. Bei Personenseilbahnen dürfen Tragseilmuffen nicht befahren werden. Das
bedeutet, dass bei einem irreparablen Tragseilschaden das Seil vollständig erneuert werden muss.
Seilmuffen können als Kupplungsmuffen (Verbindung zweier Seile) oder als Endmuffen (Verbin-
dung des Seiles mit einem anderen Konstruktionsteil, z.B. mit dem Gehänge oder Laufwerk einer
Pendelbahn oder mit dem Spanngewicht des Tragseiles oder mit der Tragkonstruktion) ausgeführt
sein. In Folge von Seilschwingungen treten im Betrieb in der Nähe der Muffen in den Drähten
Wechselspannungen auf. Besonders beim Austrittsquerschnitt des Kegels entstehen Drahtbrüche.
Die Kegel sind daher regelmäßig ca. alle 4 bis 6 Jahre zu erneuern. Eine weitere Schutzmaßnahme
sind vorgesetzte Hülsen, die Schwingungen weitgehend eliminieren.
Abb. a)
Abb. b) Abb. c)
Abb. a): Kupplungsmuffe zwischen einem verschlossenen Tragseil und einem Spannseil
Abb. b): Endmuffe als Verbindung eines verschlossenen Tragseiles mit der Tragkonstruktion
Abb. c): Muffen als Verbindung eines Zugseiles mit dem Gehänge eines Seilbahnwagens
SEILBAHNBAU
31
4.2.1 Vergussverbindung
Abb.: Vergussmuffe
1 Länge des Vergusskörpers einschließlich vorhandener zylindrischer Teile und einschließlich des Radius am Seileintritt
2 schmales Ende des Vergusskörpers 3 breites Ende des Vergusskörpers 4 Öffnungswinkel des Vergusskörpers 5 Hülsenbohrung (innerer Durchmesser der Seileintrittsöffnung) 6 Bolzenachse 7 Länge des sich verjüngenden Teils der Seilhülse 8 Länge des zylindrischen Teils der Seilhülse einschließlich des Radius am Seileintritt 9 aus dem Verguss herausstehende Drähte
10 Länge des Drahtbesens 11 Wurzel des Drahtbesens
Der Vergusskegel hat üblicherweise folgende kennzeichnende Abmessungen:
Kegelneigung ca. 1 : 10, Nutzlänge ca. 5d (5-facher Seildurchmesser).
Der Öffnungswinkel des Vergusskörpers darf nicht kleiner als 9,5° und nicht größer als 18° sein.
Herstellung des Vergusskegels
Das Seil wird mit Draht abgebunden, damit ein Aufgehen des Seilverbundes verhindert wird. Nach
dem Abbinden werden die Drähte des Seilendes zu einem Besen geöffnet, entweder an ihrem
Ende um 180 ° gebogen oder auf ihre freie Länge wellenförmig verformt, und in einer kegelförmigen
Seilhülse mit Weichmetall vergossen. Vor dem Vergießen sind die Drahtenden zu entfetten
(organisches Lösungsmittel wie Tri- oder Perchloräthylen) und werden durch Tauchen in ein
Zinnbad mit Oberflächenschutz versehen. Das Weichmetall (meist Legierung aus Blei und Zinn,
Antimonblei) soll einen Schmelzpunkt von weniger als 500 °C haben (meist 300 bis 350 °C), damit
keine negative Gütebeeinflussung auf den Seildraht entstehen kann. Nach dem Erhärten des
Weichmetalls wird die Vergusshülse zurückgeschlagen und der Kegel augenscheinlich kontrolliert.
Beim Verguss kann der Zustand des Seiles nicht kontrolliert werden und die Gefahr einer Korrosion
ist nur bei einwandfreier Herstellung des Vergusskopfes nicht gegeben.
SEILBAHNBAU
32
erläuternde Bemerkung
Tabelle ÖNORM EN 12927-4: Zusammensetzung des Vergussmaterials
Bemessung der Muffe
Seilmuffen sind so zu dimensionieren, dass deren statische Bruchsicherheit nicht kleiner ist als die
Zugsicherheit des Seiles. Bei einem Zerreißversuch versagt nie die Muffe, sondern immer das Seil.
Abb.: Kräfte und Spannungen in der Seilmuffe unter der Seilspannkraft S
Die Bemessung der Kupplung erfolgt unter Berücksichtigung der
1. Längsspannungen
2. Tangentiale Zugspannungen (führen zum Reißen in der Erzeugenden)
3. Flächendruck von innen nach außen
Diese Beanspruchungen führen zu einem dreidimensionalen Spannungszustand in der Muffe.
Längszugspannung : A
Sz
Radiale Druckspannung: *pd
mittlere tangentiale Zugspannung t (nach der Ringzugformel):
tanA
St
S ....... Seilspannkraft A ....... Querschnitt einer Muffenhälfte in der Längsrichtung tan α .. Kegelneigung gegenüber der Längsrichtung ρ ....... Reibwert zwischen Vergusskegel und der Muffe (theor. 0,10)
D
p p*
α
S ρ
V
σt σt D
p*
SEILBAHNBAU
33
*
tanpD
S
→
aD
Sp
tan*
Ringzugformel:
DpV * →
tan
SV
A
S
A
S
A
S
A
Vt 15,1
55,3
tan
Bei einer Überfahrung der Seilmuffe (bei Seilbahnen mit Personenbeförderung nicht zulässig) sind
zusätzlich noch Biegespannungen zu berücksichtigen.
erläuternde Bemerkung
1974 wurden von ROSINAK an der TU Wien umfangreiche experimentelle Untersuchungen (Dehnungs- und Spannungs-messungen) und theoretische Untersuchungen (finite Element-Methode für den drehsymmetrischen Belastungsfall) durchgeführt. Das in der Literatur angeführte Rechenmodell (Ringzugformel) ist unzulässig, weil die Ringzugformel einen Zylinder und nicht eine konische Muffenhülse berücksichtigt. Insbesonders der Reibwert ρ beeinflusst die tatsächlichen Spannungsverhältnisse im Muffenkörper. Durch das nach dem Verguss notwendigen Zurückschlagen der Muffe unter Umständen mit Fettaufbringung auf dem Vergusskegel wird der Reibwert stark beeinflusst.
4.2.2 Klemmenhülse
Die Vergussverbindung ist eine sehr verlässliche und bewährte Verbindung. Die Herstellung ist
allerdings aufwendig und erfordert große Fachkenntnisse. OPLATKA hat an der ETH Zürich als
Befestigungsvorrichtung für Litzenseile die Klemmenhülse entwickelt. Dabei wird der Vergusskegel
durch einen starren Kegel ersetzt. Die Seilzugkraft wird durch Klemmen der einzelnen Litzen, also
durch Reibschluss auf die Außenhülse, übertragen. Am Ende des Seiles wird der Seilverband
geöffnet und die einzelnen Litzen so gerichtet, dass sie annähernd auf den Mantel eines Kegels zu
liegen kommen. Der Innenkegel und die Außenhülse sind mit einem plastisch deformierenden
Material (Aluminium oder Aluminiumlegierung AlMg) ausgekleidet. Die Kunststoffbuchse dient zur
Vermeidung von Wechselbiegebeanspruchungen des Seildrahtes aus den Seilschwingungen.
Die Länge des Innenkegels entspricht dem 7-fachen Seildurchmesser (selbsthemmend).
Die Länge der Umlenkhülse beträgt mindestens den 2-fachen Seildurchmesser.
p p*
S/Dπ
α+ρ
SEILBAHNBAU
34
Abb.: Klemmenhülse (ÖNORM EN 12927-4)
4.3 PLATTENKLEMME (Schraubklemme)
Abb.: Plattenklemmen
Plattenklemmen sind sehr häufig verwendete Verbindungen zur Übertragung der Seilspannkraft auf
ein Tragwerk, z.B. bei Tragseilen zur Übernahme der Restspannkraft bei Trommelverankerungen.
Seilklemmen können nicht befahren oder um Seilscheiben geführt werden.
Die Plattenklemmen bestehen aus zwei mit Seilrillen versehenen Stahlplatten, die durch Schrauben
miteinander zusammengepresst werden. Die Keilflächen, an denen sich die Berührungslinien des
Seiles mit den Klemmplatten befinden, sind 45° geneigt. Da die Zugkraft in den Schrauben erhalten
bleiben muss und eine zu große Pressung das Seil nachträglich schädigen könnte, wird bei
Personenseilbahnen an den Klemmschrauben ein Kraftspeicher (meist Tellerfedern) vorgesehen.
Damit kann eine geometrische Kontrolle (Federweg der Tellerfedern) als auch eine kraftgemäße
Kontrolle (Anziehen der Schrauben mit dem Drehmomentenschlüssel → begrenzt die Schrauben-
kraft Z1) erfolgen. Die Schraubenanzahl und damit die Länge der Klemmplatten wird durch die zu
übertragende Seilspannkraft und der Schraubenkraft bestimmt.
SEILBAHNBAU
35
Abb.: Plattenklemme
Aus den Beziehungen DnS 4 und 21 ZD kann die erforderliche Anzahl der
Schraubenpaare n ermittelt werden, die bei einer aufgebrachten Schraubkraft Z1 für die Übernahme
der Seilspannkraft durch die Seilklemme erforderlich ist.
24 1
Z
Sn
Der zulässige Reibwert µ ist in Abhängigkeit vom Widerstand des Seiles gegenüber der
Querkontraktion bzw. der Oberflächenbeschaffenheit des Seiles μ = 0,13 (bei verschlossenen
Tragseilen) und μ = 0,16 (bei Zugseile) vor.
erläuternde Bemerkung
Bei den neueren Ausführungen wird das Seil vollflächig umfasst. Die ÖNORM EN 12927-4:2004 legt die Berechnung der
Rutschkraft zwischen dem Seil und der „Schraubklemme“ fest, wobei die Berührungsfläche S mit LdS
360
ermittelt wird.
L …. Länge der Berührungsfläche zwischen dem Seil und der Seilrille d …. Seildurchmesser
…. Kontaktwinkel
D D
Z1
D
Z1 Z1
Z1
D
Tellerfedern
SEILBAHNBAU
36
Der Klemmendruck p wird mit
Ld
CFp
360
2 ermittelt.
CF …. Klemmkraft und die Summe der Einzelkraft jeder Schraube, multipliziert mit der Gesamtanzahl der Schrauben um 20% verringert.
Die Rutschkraft SF wird berechnet mit fCFSF 2 wobei f der Reibungskoeffizient zwischen den Klemmbacken und
dem Seil darstellt ohne deren Größe anzugeben.
Abb.: Schraubklemme mit vollflächiger Umfassung des Seiles (vollverschlossenes Tragseil)
SEILBAHNBAU
37
4.4 TROMMELVERANKERUNG
Abb.: Trommelverankerung ohne (links) und mit Vorratsseil (rechts)
An der Trommel liegen die Spannseile auf, die mit Seilmuffen (Kupplungsmuffen) mit dem Tragseil
verbunden sind (indirekte Abspannung) oder die Tragseile liegen direkt auf (direkt abgespannt). Die
Trommel wird meist in Stahlbeton in stehender oder liegender Ausführung gefertigt. Die Futterung
der Trommel besteht aus Holz.
erläuternde Bemerkung
nach den österreichischen Drahtseilbedingnissen ist Hirnholz aus gedämpfter Weißbuche, Esche oder Lärche zu verwenden. Eichenholz ist auf Grund der im Holz enthaltenen Säure ungeeignet.
Für den Reibwert ist die Annahme eines Mindestwertes ausreichend. Eine genaue Ermittlung ist im
Einzelfall nicht möglich, da abhängig von der Seiloberfläche und durch das Eindrücken des Seiles
in die Holzfutterung nicht nur eine ausschließliche Reibverbindung, sondern auch eine Verzahnung
stattfindet.
Die Annahme der Gültigkeit der Euler-Eytelwein'schen Formel mit gleich über die Kontaktfläche
Seil-Holz angenommenen Reibwert μ (Gesetz nach Coulomb) wird als Rechenmodell verwendet, ist
aber nur als Näherung anzusehen.
Die Vereinfachungen sind: genau genommen:
- μ ist über die Auflagefläche konstant ist Coulomb nicht zulässig
- Die Seilkrümmung ist konstant ändert der Eindrückmodul die Krümmung
- Ein starres Seil ist es kein starres Seil
- Eine starre Unterlage ist die Futterung elastisch
SEILBAHNBAU
38
Auf Grund des Forschungsergebnisses von ENGEL kann für die Ermittlung der Restspannkraft im
Seil nach den Umschlingungen ausreichend genau mit einem „theoretischen Reibwert“ μ’ gerechnet
werden. Der theoretische Reibwert μ’ beträgt mindestens 0,10 und wird in dieser Größe als
Berechnungsgrundlage herangezogen. Tatsächlich ist der „Reibwert“ insbesondere bei längerer
Auflagedauer wesentlich höher.
Der Umschlingungswinkel beträgt mindestens 1080° (drei volle Umschlingungen).
'
21 eSS 21 SSU
α .......... Umschlingungswinkel U .......... Umfangskraft μ’.......... theoretischer Reibwert 0,10 S1 ........ einlangende Seilspannkraft S2 ......... Restspannkraft
erläuternde Bemerkung
Ableitung der Euler-Eytelwein'schen Formel:
Mit der Näherung dSdT ergibt das Kräftegleichgewicht an einem Seilelement, das mit der Seilkraft S(φ) belastet ist, die
Radialkraft
Sdd
dSd
SdN 22
2
Um das Rutschen des Seiles zu verhindern muss für die Reibungskraft gelten dNdT
Somit wird SddS und durch Umformen folgt dS
dS
Die Integration
00d
S
dS führt zu 0lnln SS ,
ausgewertet für die am Ende der Aufliegelänge wirkenden Seilspannkräfte S1 und S2 wird 2ln1ln SS ,
gleichbedeutend mit
2
1ln
S
S.
Somit ergibt sich die bekannte Euler-Eytelwein’sche Bedingung:
eSS 21
Wenn die Restspannkraft S2 an der Abspanntrommel ermittelt wird, ist die Grenzbedingung
eSS 21 anzusetzen.
dT dN
S
S
dS
S+dS
S
dT
dN dφ
φ dφ/2
dφ/2
SEILBAHNBAU
39
Abb.: Kraftansatz bei der Trommelverankerung
Die Restspannkraft S2 muss gesichert in die Tragkonstruktion übertragen werden. Dies geschieht
mittels einer Halteklemme, der eine Sicherheitsklemme nachgeordnet ist. Beide sind als Platten-
klemmen ausgeführt.
Die Sicherheitsklemme wird mit einem festgelegten Spalt unmittelbar nach der tragenden
Halteklemme angeordnet. Der Abstand zwischen der tragenden Halteklemme und der Sicherheits-
klemme ist festgelegt (wenige Millimeter). Dieser Abstand wird mit einem "Spion" regelmäßig
kontrolliert, ob das Seil in der Halteklemme gerutscht ist. Bei einem Rutschen trägt die Sicherheits-
klemme mit.
Abb.: tragende Seilklemme und Sicherheitsklemme
Die Trommelverankerung ist eine „Fixabspannung“. Das heißt, dass Längsbewegungen des
Tragseiles an diesen Abspannpunkten nicht möglich sind.
erläuternde Bemerkung Bei direkter Abspannung des Tragseiles an einer Seiltrommel wird eine größere Seillänge des Tragseiles vorrätig aufgewickelt, da bei der Seilbestellung das regelmäßige Nachlassen des Tragseiles berücksichtigt werden muss.
α
S2
S1
Halteklemme
Sicherheitsklemme
Anschlagpunkt
Ø
Abspanntrommel
Halteklemme Sicherheitsklemme
Messspalt
Anschlag
Seiltrommel
SEILBAHNBAU
40
4.5 WEITERE SEILENDVERBINDUNGEN
Zu diesen zählen die Pressklemmenverbindungen, Endspleiße, Seilschloss, Seilklemme.
Diese dienen in erster Linie nur bei untergeordneten Seilen und werden nur in einem geringen
Umfang im Seilbahnbau verwendet.
erläuternde Bemerkung
4.5.1 Pressklemmenverbindungen
Zu den Seilendverbindungen mit Pressklemmen zählen die Aluminium-Pressverbindungen, die Flämischen Augen mit Stahl- oder Aluminiumpressklemmen und die Bolzenverpressungen. Die Pressklemmenverbindungen sind unlösbare Seilendverbindungen.
Aluminium-Pressverbindungen
Die Pressverbindungen können mit oder ohne Kausche hergestellt werden. Normen geben die Anforderungen an die Tragkraft und die Ausführung (ÖNORM EN 13411-3). Das zu verpressende Seil wird zur Schlaufe gebogen, dann die Aluminiumpressklemme aufgeschoben und verpresst.
Abb.: Pressverbindung ohne Kausche
Abb.: Pressverbindung mit Kausche
Flämische Auge
Beim Flämischen Auge wird das Seilendstück in zwei Hälfte geteilt und aufgedreht. Mit den beiden Hälften wird eine Schlaufe gebildet und im Schlaufenbereich wieder zu einem Seil zusammengedreht. Das Tragvermögen sinkt auf etwa 60 % der Seilbruchkraft. Die Befestigung der losen Litzenenden erfolgt mit einer Verpressung durch Stahl- oder Aluminiumpressklemmen. Das Flämische Auge kann mit oder ohne Kausche hergestellt werden. Zur Herstellung des Flämischen Auges dürfen nur spannungsarme, einlagige Rundlitzenseile mit Stahleinlage verwendet werden.
SEILBAHNBAU
41
Abb.: Herstellung des flämischen Auges
Bolzenverpressung
Die Bolzenverpressung ist eine sehr dünne Seilendverbindung. Sie wird nur selten im Seilbahnbau, viel öfter dagegen in der Luftfahrt, verwendet. Über das Seilendstück wird eine Stahlhülse geschoben und diese durch Aufpressen, Aufziehen, Aufwalzen oder Aufhämmern an das Seil gepresst. Mit diesen Verbindungen werden Bruchkräfte von 90 bis 100 % der Seilbruchkraft erreicht.
4.5.2 Endspleiße, Seilschloss, Seilklemme
Endspleiße
Es wird dabei unter Schlaufenspleiß und Kauschenspleiß als schlaufenbildende Spleiße unterschieden. Das Spleißen ist eine handwerkliche Tätigkeit, die mit Werkzeugen aber ohne Maschinen durchgeführt wird. Bei Zerreißversuchen erreicht die Endverbindung etwa 80 bis 90 % der Seilbruchkraft, die Dauerschwing- oder schwellfestigkeit ist allerdings gering.
Seilschloss
Seilschlösser sind in der ÖNORM EN 13411-6 angegeben. Sie arbeiten auf dem Prinzip der Selbsthemmung (Verkeilung), wenn das Seil unter Zug gebracht wird. Die Zugkraft wird im Seilschloss allein durch Reibung zwischen dem Seil und dem seilumschlungenen Keil bzw. dem Schlossgehäuse übertragen. Die Verbindung kann gelöst werden.
Abb.: asymmetrisches Seilschloss
Abb.: Seilendverbindung mit einem Seilschloss
SEILBAHNBAU
42
Seilklemme
Seilklemmen dienen ebenfalls zur Herstellung von lösbaren Seilendverbindungen (ÖNORM EN 13411-5). Die Endverbindung besteht aus einem Klemmbügel und einer Klemmbacke und kann sowohl mit als auch ohne Seilkauschen hergestellt werden. Die Schlaufenlänge soll mindestens das Dreifache des Aufhängebolzendurchmessers, mindestens jedoch das 15-fache des Seildurchmessers betragen.
Abb.: Seilklemme gesamt und Klemmbacke
Abb.: Seilendverbindung mit drei Seilklemmen und einer Kausche
SEILBAHNBAU
43
5 SEILSTATIK
Die Seilstatik dient zur Bestimmung der Linienführung der Seilbahn, zur Austeilung der Stützen, der
Bemessung der Seile und der Bemessung der durch Seile belasteten Bauteile.
Fachbegriffe:
LEERES SEIL: Seil, das nur durch sein Eigengewicht belastet ist
LEERSEIL: Seil, das mit leeren Fahrzeugen belastet ist
VOLLSEIL: Seil, das mit vollen Fahrzeugen belastet ist
SEILLINIE: jene Kurve, die ein Seil unter der Wirkung von Lasten (Eigengewicht, äußere Be-
lastungen) einnimmt.
LEERSEILLINIE: Seillinie des leeren Seiles (Seil ohne Fahrzeuge)
VOLLSEILLINIE: Seillinie eines Vollseiles bei Annahme einer gleichmäßigen Verteilung der äußeren
Belastungen
LASTWEGKURVE: jene Kurve, die das Tragseil unter Belastung einer Einzellast oder mehrerer
Lasten einnimmt. Sie wird aus der Verbindung des Tragseildurchhanges am einzeln betrachteten
Seilort ermittelt.
SEILFELD: Seilabschnitt zwischen zwei Seilunterstützungen
FELDSEHNE: Linie zwischen den Seilunterstützungen an den Feldenden
FELDLÄNGE l: horizontale Distanz zwischen den Sehnenschnittpunkten benachbarter Seilfelder
SCHRÄGE FELDLÄNGE l*: Distanz zwischen den Sehnenschnittpunkten an den Feldenden
cos*
ll
FELDHÖHE h: Höhenunterschied zwischen den Sehnenschnittpunkten an den Feldenden
DURCHHANG f: Höhendifferenz zwischen der Feldsehne und dem Seil
SEHNENNEIGUNG γ: Winkel zwischen der Feldsehne und der Horizontalen
l
htan
SEILNEIGUNG α: Winkel zwischen der Tangente an die Seilkurve und der Horizontalen
SEILSPANNKRAFT S: Zugkraft im Seil
HORIZONTALSPANNKRAFT H: Horizontalkomponente der Seilspannkraft
GRUNDSPANNKRAFT S0: Durch ein Spanngewicht oder durch eine hydraulische Spanneinrich-
tung eingebrachte konstante Seilspannkraft
HÖHENSPANNKRAFT SH: Durch die Eigenmasse des Seiles erzeugte Seilspannkraft
UMFANGSKRAFT U: Die an der Antriebsscheibe wirkende Differenz der Seilspannkräfte
SEILBAHNBAU
44
In den folgenden Abschnitten werden lediglich die Grundlagen zur Berechnung der kenn-
zeichnenden Größen angegeben und im Wesentlichen die wichtigsten Formeln angeführt und
erläutert. Für eine weitere Vertiefung wird auf die Fachliteratur, insbesondere auf das Standardwerk
von Czitary, "Seilschwebebahnen", 2. Auflage 1962, verwiesen.
In der Seilstatik werden die gespannten Drahtseile grundsätzlich als biegefreie Tragelemente
betrachtet. Die Fahrbahn einer Seilbahn wird durch ein oder zwei Seilen gebildet (ähnlich den
Schienen bei der Eisenbahn). Damit das Befahren möglich ist, muss das Seil gespannt werden. Bei
einer großen Seilspannkraft wird das Befahren ruhiger und äußere Störeinflüsse (z.B. Windkräfte,
Belastung durch das Fahrzeug) wirken geringer auf das Fahrverhalten der Seilbahnfahrzeuge. Die
Vorspannung des Seiles wird durch die Grundspannkraft S0 erzeugt. Diese Vorspannung ist für die
Seilstatik wesentlich. Ihre Wirkung soll kurz dargestellt werden:
Ein vollkommen biegsames Seil ist zwischen zwei Stützen lose gespannt und durch eine
Einzellast Q belastet. Zeichnet man für eine beliebige Laststellung sowohl das Seilpolygon als auch
das Kräftepolygon erhält man die Seilspannkräfte an den Abspannpunkten und eine in horizontaler
Richtung wirkende Komponente dieser Seilspannkräfte, die als HORIZONTALSPANNKRAFT H
bezeichnet wird.
Abb.: Kräftepolygon eines Seilfeldes, in dem das Seil lose gespannt aufliegt
Aus dem Kräftepolygon ist erkennbar, dass die Laststellung im Seilfeld die Größe und die Neigung
der Seilspannkraft beeinflusst. Das Befahren dieses zwischen zwei Stützen aufgehängten losen
Seiles wäre nicht möglich, da das Fahrzeug nicht auf die Stütze gelangt. Deshalb muss das Seil
durch eine Spanneinrichtung (Spanngewicht oder hydraulischer Zylinder) vorgespannt werden. Die
nächste Abbildung zeigt das Schema eines durch ein Spanngewicht vorgespannten Seiles.
Die Größe der Horizontalspannkraft H ist von der Größe der Grundspannkraft S0 (Masse des
Spanngewichtes G bei Einzelabspannung oder G/2 bei einer geschlossenen Zug- oder
Förderseilschleife) abhängig. Grundsätzlich wird im Seilbahnbau die Grundspannkraft S0 und die
Horizontalspannkraft wesentlich größer als die Einzellast Q gewählt. Der Quotient Q/H bzw. Q/S
wird als QUERBELASTUNGSVERHÄLTNIS definiert. Dieses beträgt höchstens 1/10 (bei
Tragseilen) und 1/15 (bei Förderseilen). Somit kann mit ausreichender Genauigkeit angenommen
werden, dass die Horizontalspannkraft für jedes einzelne Seilfeld konstant ist.
Je größer die Horizontalspannkraft H ist, umso geringer wird der Durchhang des Seiles.
Q
H1
H2
H3
1
2
3 Q Q
Q
3 2 1
Wagenortskurve
SEILBAHNBAU
45
Abb.: durch ein Spanngewicht stark gespanntes Seil und Kräftepolygon dazu
H = konstant für jedes Seilfeld
Bei geneigten Seilfeldern mit unterschiedlichen Sehnenneigungen ist die Horizontalspannkraft
jeweils verschieden groß.
iii SH cos , 111 cos iii SH ,
1 ii SS bei Vernachlässigung der Seilreibung auf der Stütze
Die Annahme einer im Seilfeld konstanten Horizontalspannkraft ist Voraussetzung für alle Berech-
nungen der Seilstatik und gilt für alle nachstehenden Formeln.
erläuternde Bemerkung Das Querbelastungsverhältnis Q/H beeinflusst nicht nur die Seilgeometrie und die Seilspannkräfte, sondern auch die im Seil auftretenden Zug- und Biegebeanspruchungen. Es sind daher aus anderen Sicherheitsüberlegungen wesentlich geringere Querbelastungsverhältnisse vorteilhaft; insbesonders aus Gründen der Dauerfestigkeit von Einzeldrähten im Seil.
Q Q
Q
2 3
1 G
H1 ≈ H2 ≈ H3
Q
1
2 3
Si+1=Si
Si
Hi
Hi+1
Stütze i
i i+1
SEILBAHNBAU
46
5.1 LEERES SEIL
Bei der Annahme eines biegefreien Seiles kann das Seil nur Zugkräfte aber keine Querbelastung
oder Biegemomente übertragen.
Seilspannkräfte
Als Last tritt neben der Grundspannkraft S0 nur die lotrecht wirkende Seilmasse q in Erscheinung.
Abb.: Kräfte und Lasten an einem Seilstück
dyqds
dydsqdsqdS sin
und beim Übergang vom Differential- zum Differenzenquotient wird
yqSyyqSS iiiii )( 11 und die Änderung der Seilspannkraft wird
yqSSS ii 1
Die Änderung der Seilspannkraft ΔS ist zum Höhenunterschied Δy proportional.
Die Höhenspannkraft SH wird aus der Seilmasse q und dem Differenzenquotient Δy ermittelt.
yqSH
Die gesamte Seilspannkraft an der betrachteten Seilstelle beträgt damit:
iHi SSS 0
S0 ist die durch ein Spanngewicht oder durch eine hydraulische Spanneinrichtung erzeugte
konstante Seilspannkraft (meist in der Talstation).
Die Seilspannkraft Sx an einem betrachteten Seilort x im Seilfeld oberhalb der Stütze i wird zu:
xix fxqSS tan)(
und im markanten Punkt Seilfeldmitte
mimim f
hqSf
hqSS
221
Es ist erkennbar, dass ohne Kenntnis des Durchhanges f(x) keine weitere Bestimmung möglich
ist, da die Verformung (Durchhang) einen wesentlichen Einfluss auf die Berechnung hat und
daher nicht wie bei der Theorie I. Ordnung vernachlässigt werden kann.
S+dS
q.ds
S H
α
dα/2
q.ds
ds dy
dx S
S+dS
α
α
SEILBAHNBAU
47
Abb.: Kräfte im Seilfeld
Um die Seilspannkraft S und weitere für die Auslegung und Dimensionierung notwendige
Kenngrößen im Seil wie Tangentenneigung an den Stützen, Seildurchhang usw. ermitteln zu
können, ist es notwendig die Seilgeometrie zu betrachten.
Seilgeometrie
Da das Seil keine Biege- oder Querbelastung übertragen kann, nimmt das Seil die Form einer
gespannten Kette ein (Kettenlinie).
Abb.: Kettenlinie
Allgemeine Gleichung der Kettenlinie a
xay cosh
Durch die Bestimmung vom kleinsten Krümmungsradius a ist die Form der Seilkurve festgelegt,
wobei der Parameter a in Meter angegeben wird.
q
Ha
-x x
a
a h
l
ρ a
xay cosh
h
l
γ
x
fm
Si
Si+1
Stütze i
Stütze i+1 fx
Δx
Δy
SEILBAHNBAU
48
Die Seillinie des leeren Seiles ist durchH
qx
q
Hy
cosh bestimmt.
Die Seilneigung an der betrachteten Seilstelle wird allgemein H
qx
a
xy
sinhsinhtan
Der Krümmungsradius ρ wird zu
22
2
coscoscosh
q
Ha
a
xa
Die Bogenlänge λ des Seilfeldes beträgt bis zu einem Punkt x a
xax sinh
und a
xa
a
xaxx
1212 sinhsinh und durch Einsetzen der Seilfeld bekannter Größen des
Seilfeldes h und l wird
2
2
2sinh2
a
lah mit Reihenentwicklung nach Taylor: .........
24
cos
cos 2
32
H
lql
Abb.: Seilfeld unter einer Gleichlast
Parabeltheorie
Um mit einfachen Mitteln die geometrische Lage des Seiles bestimmen zu können, wird die
Kettenlinie durch eine Parabel ersetzt. Die Form der Parabel wird dadurch ermittelt, dass die im
Seilfeld tatsächlich von der Seilneigung α variable Vertikallast q durch eine mit dem Sehnen-
neigungswinkel γ konstante Vertikallast ersetzt wird.
x
x
cos wird ersetzt durch
cos
Abb.: Vereinfachte Verteilung des Seilgewichtes in einem Seilfeld als Lastannahme
h
l
γ λ
x
fm
h
l
γ
x
fm αx h
l
γ
x
fm αx
xq q
SEILBAHNBAU
49
q' ist somit das auf die Feldsehne bezogene Gewicht des Seiles. Die Gleichlast q’ ändert sich von
Feld zu Feld, bleibt aber in einem Feld konstant.
Da die Biegesteifigkeit IE im Seil gleich Null ist, entspricht der Durchhang des Seiles der
Momentenlinie eines starren Trägers, also einer quadratischen Parabel.
Abb.: Seilfelder mit über die Sehne gleichmäßig verteilten Gleichlasten
erläuternde Bemerkung Die Bezeichnung der in einem Seilfeld auftretenden Größen erfolgt immer von der Nummer der am Ende des Seilfeldes befindlichen Stütze.
Für jedes einzeln zu betrachtendes Seilfeld gilt
21
2
2kxk
c
xy
c Parameter der Parabel,
q
H
q
Hc
cos
1kc
xy
cy
1
1. Randbedingung: k2 wird durch die Wahl der Lage des örtlichen Koordinatensystems
(Ursprung in der Seilhöhe der Stütze) zu Null
000 2 kyx
2. Randbedingung: bei x = l ist y definiert
c
l
H
ql
l
hklk
H
qlhhylx
2tan
2cos211
2
Bei Anwendung beider Randbedingungen und Einsetzen in die Gleichung y(x) folgt
c
lx
c
xy
2tan
2
2
und damit wird die Gleichung der Seilparabel festgelegt.
h1
l1
γ1
λ1 fm1
h2
l2
γ2
λ2
fm2
h3
l3
γ3
λ3
fm3
q’1
q’2
q’3
0
1
2
3
SEILBAHNBAU
50
Gleichung der Seilparabel:
xfxc
xlxxy
tan
2tan
Durchhang allgemein
c
xlxf x
2
Durchhang in Seilfeldmitte c
lfm
8
2
Seilspannkraft
c
xlxxqSfxqSyqSS ixiix
2tantan)(
erläuternde Bemerkung siehe dazu die allgemeine und hergeleitete Formel für die Seilspannkraft S vor dem Kapitel „Seilgeometrie“
Seilspannkraft Sm in Seilfeldmitte
cos82822
22tan
2
22
)2/(H
lqhqS
c
lhqS
c
ll
l
lqSSS iiilxm
erläuternde Bemerkung Sehr gut ist hier die Affinität zum Biegemoment des Trägers auf zwei gelenkig gelagerten Stützen unter einer gleichmäßig verteilten Linienlast g zu erkennen.
8
2lg
M
; cos
1
H
q
cg ;
H
lq
c
l
mf
8
2'
8
2
Die Seilneigung an der betrachteten Seilstelle wird allgemein c
xly
2
2tan
Und an den markanten Punkten der Seillage an den Stützen i und i+1 sowie in der Seilfeldmitte
c
lx i
2tantan0
c
llx i
2tantan 1 tantan
2 m
lx
Abb.: geometrische Eigenschaften der Seilparabel
fm
fm
l/2 l/2
γ
γ = αm
h
αi
αi+1
h/2+fm
fm-h/2 x
y
i+1
i
SEILBAHNBAU
51
Aus der Abbildung ist erkennbar, dass in Seilfeldmitte die Horizontalkomponente H aus
cos mSH bestimmt werden kann.
Übliche Vorgangsweise bei der Ermittlung der in einem Seilfeld konstanten Horizontalkomponente H
der Seilspannkraft S:
Gegeben ist die Grundspannkraft S0 im Seil in einer Station. An den Stützen i und i+1 werden die
Seilspannkräfte Si und Si+1 ermittelt. Die Höhendifferenzen betragen dabei Δhi und Δhi+1.
ii hqSS 0 101 ii hqSS und 2
1
1
iim
SSS
i
11 cos1 imi i
SH
Abb.: Darstellung für die übliche Ermittlung der Horizontalkomponente H
Die Seilkrümmung an einer beliebigen Seilstelle wird durch den Krümmungsradius ρ bestimmt:
5,12
5,125,12
tan11
tan11
c
c
y
y
li+1/2
γi+1
hi+1
αi
αi+1
x
y Hi+1
Hi+1
Hi+1
Si+1
Sm i+1
Si
Stütze i+1 Stütze i
S0
Δhi
G
Δhi+1
SEILBAHNBAU
52
und im markanten Punkt Seilfeldmitte
33 cos
cos
cos
q
Hc
erläuternde Bemerkung
bei Lösung nach der Kettenlinie wird
2
cos
q
H
Die Bogenlänge λ des Seilfeldes beträgt dxy
i
i
ii
1
2
1 1 mit Reihenentwicklung nach Taylor
.........24
cos
cos 2
32
1
H
lqlii
(erst im dritten Reihenglied treten Abweichungen zur Kettenlinie auf!)
.........cos
3
8
cos
32
1
l
fl mii
Bemerkung zur Näherung durch Parabel
Die Näherung der Kettenlinie mit der Parabel ist bei einem sehr großen Parameter c sehr gut.
Merkliche Abweichungen sind nur bei Pendelbahnen mit großen Seilfeldlängen (bei Seilfeldlängen
ab 2000 m) merkbar. Bei einem Tragseil bewegen sich die Parameter c zwischen 4000 m und
6000 m.
Bei geringen Lasten und kleinen Gehängeabständen am Seil (z.B. bei Sesselliften), oder wenn keine
besondere Genauigkeit des Ergebnisses gefordert wird, kann mit einer über die Seillänge verteilte
Gleichlast gerechnet werden. Die Gleichlast q* wird zu
w
Qgq s * für das Gesamtsystem der Seilbahn oder
**
i
isi
l
Qngq
für ein einzeln betrachtetes Seilfeld i
gs ... Seilmasse Q ... Masse des beladenen Fahrzeuges ni ... Anzahl der Fahrzeuge im Seilfeld i w ... Abstand der Fahrzeuge am Seil li* ... schrägen Seilfeldlänge (Sehnenlänge)
Die Grenze der Anwendung dieser vereinfachten Bemessungsart liegt bei weniger als drei
Fahrzeugen in einem Seilfeld und bei mehr als vierplätzigen Fahrzeugen.
Bei Fahrzeugen, die eine größere Personenanzahl befördern können oder bei größeren Abständen
am Seil sind am Seil Einzellasten anzunehmen.
Wird die Methode mit gleichmäßig verteilten Lasten angewendet, ist es erforderlich, bei der
Ermittlung extremer Stützenbelastungen zusätzlich zur Stützenlast herrührend aus den Seilwinkeln
bei Tragstützen noch das Gewicht ein einzelnen Fahrzeuges zu addieren und bei Niederhaltestützen
das Gewicht eines einzelnen Fahrzeuges zu subtrahieren.
SEILBAHNBAU
53
5.2 DIE SEILKURVE UNTER DER WIRKUNG EINER EINZELLAST
Die Einzellast Q befindet sich in einem Seilfeld an der Stelle x. Das Seil ist masselos und biegefrei
und ist am oberen Ende des Seilfeldes verankert und am unteren Ende durch ein konstantes
Spanngewicht vorgespannt.
Der Durchhang am Lastort x wird mit dem Biegemoment eines gedachten Ersatzbalkens ermittelt.
Abb.: Seilfigur unter einer Einzellast, gedachter Ersatzbalken
Aus der Ähnlichkeit der Dreiecke ist ersichtlich: H
A
x
f x
Die Auflagerlast A des Ersatzbalkens ist l
xlQA
Und somit ist der Durchhang fx an der Seilstelle x:
lH
xlxQ
H
xAf x
Aus der Durchhangsgleichung ist ersichtlich, dass die Seilfigur durch eine wandernde Einzellast im
Seilfeld (Lastwegkurve) bei masselosem Seil eine quadratische Parabel ist.
Für den Sonderfall Last in Seilfeldmitte x=l/2: H
lQffm
4max
erläuternde Bemerkung Auch hier ist die Ähnlichkeit mit dem Biegemoment eines Trägers auf zwei Stützen mit einer Einzellast in Trägermitte erkennbar.
H Sl
Q
Sr
x
l
l-x
H
Q
Mx
A
B
A B
Sr
Sl
B Q
A
H
fx
SEILBAHNBAU
54
Die Tangentenneigung an den Feldenden (x=0 und x=l) der Lastwegkurve ergibt sich aus der
bekannten geometrischen Bedingungen der quadratischen Parabel, dass ein Tangentenpunkt durch
den zweifach aufgetragenen Stich (in dem Fall fm) bestimmt werden kann (Parabelkonstruktion).
Abb.: Lastwegkurve
l
f
l
f mmA
4
2
2tantan
H
QA tantan
H
Q
l
fm 4
l
fm4tantan oder
H
Q
l
htan
5.3 DIE SEILKURVE UNTER DER WIRKUNG MEHRERER EINZELLASTEN
Diese Belastungsart tritt bei jedem Sessellift oder bei Umlaufbahnen mit geschlossenen Kabinen
auf. Da für den Konstrukteur immer nur die Extremwerte im betrachteten Seilfeld (kleinster und
größter Durchhang im Seilfeld, kleinste und größte Stützenlasten, kleinste und größte Seilneigung
an den Stützen) interessant sind, werden die im Seilfeld befindlichen Transportgehänge entweder
vollbesetzt oder leer angenommen.
plv QnQQ
Qv ......... größte Einzelmasse Ql ......... Fahrzeugmasse n .......... Personenanzahl Qp ........ Personenmasse, (785 N je Person, früher 80 kg)
fm
h
l/2
fm
φA
γ Q/H
A
B
Q Lastwegkurve
γ
φA
Q/H=4fm/l
H
A
Q
SEILBAHNBAU
55
Abb.: Seilfeld unter der Wirkung mehrerer Einzellasten bei masselosem Seil
Durchhangsbestimmung
Der Durchhang an einer beliebigen Seilstelle x wird aus dem Biegemoment Mx des gedachten
Ersatzbalkens bestimmt.
H
Mf x
x
Superpositionsgesetz
Der Durchhang an einer beliebigen Stelle zufolge mehrerer Lasten (z.B. Seilgewicht und
Einzellasten) setzt sich zusammen aus den Durchhangsanteilen, die zufolge der Wirkung der
einzelnen Belastungen jeweils entstehen.
n
i
ix ff1
Der Tangens der Seilneigung an einer beliebigen Stelle zufolge mehrerer Lasten (z.B. Seilgewicht
und Einzellasten) setzt sich zusammen aus den Tangenskomponenten, die zufolge der Wirkung der
einzelnen Belastungen jeweils entstehen.
n
i
ix
1
tantan und an den Seilfeldenden
n
i
ix
1
tantan
In der Regel sind die Einzellasten am Seil mit gleichem Abstand w am Seil befestigt.
Größter Durchhang in der Seilfeldmitte bei einer gleichmäßigen Verteilung von Einzellasten:
Bei einer ungeraden Anzahl (n = 1, 3, 5, 7, ......) von Fahrzeugen in einem Seilfeld ist in der
Seilfeldmitte eines anzuordnen und die weiteren Fahrzeuge sind mit einem Abstand w und einem
vielfachen davon entfernt.
H
H
A
B
Q1
Q2
Q3
x
y
f1
f3
f2
M1 M2
M3
Q1
Q2 Q3
A B
SEILBAHNBAU
56
Bei einer geraden Anzahl (n = 2, 4, 6, 8, ....) von Fahrzeugen sind diese so anzuordnen, dass von
der Seilfeldmitte jeweils ein Fahrzeug mit dem halben Abstand w/2 angeordnet ist und die weiteren
jeweils davon mit einem Vielfachen des Abstandes w am Seil befestigt sind.
Abb.: Seilfigur unter der Wirkung gleichmäßig verteilter Einzellasten mit dem Abstand w
(ungerade Fahrzeuganzahl)
Mit der Bestimmung der Schnittgrößen am Ersatzbalken kann durch Umwandlung der sich auf
Grund der Fahrzeuganzahl n im Seilfeld ergebenden monotonen Reihe in eine Berechnungsformel
der größte Durchhang in Seilfeldmitte angeschrieben werden:
Ungerade Fahrzeuganzahl n:
1
2cos4
2nwln
S
Qf
m
m
erläuternde Bemerkung Bei n = 1 wird der Durchhang gemäß jenem Wert, der im vorigen Kapitel „Die Seilkurve unter der Wirkung einer Einzellast“ berechnet wird.
Gerade Fahrzeuganzahl n:
2
2cos4n
wln
S
Qf
m
m
Sm ...... mittlere Seilspannkraft, kann mit ausreichender Genauigkeit gleich H/cosγ gesetzt werden.
Eine im Seilfeld gerade Fahrzeuganzahl ist für die Ermittlung des größten Durchhanges nicht
maßgebend.
w w
l/2
Q Q
Q Q
Q w
w
l
SEILBAHNBAU
57
Größte Seilneigung an den Seilfeldenden (Stützenablauf- bzw. Stützenanlaufwinkel) bei einer
gleichmäßigen Verteilung von Einzellasten:
Die größte Seilneigung wird dann erreicht, wenn unmittelbar an der Stütze ein Fahrzeug angeordnet
ist. Mit der Bestimmung der Schnittgrößen am Ersatzbalken wird die größte Neigung ermittelt.
1
2costan n
wl
Sl
Qn
l
h
m
erläuternde Bemerkung Bei n = 1 wird der größte Seilneigungswinkel gemäß jenem Wert, der im vorigen Kapitel „Die Seilkurve unter der Wirkung einer Einzellast“ berechnet wird.
w w
Q Q
Q Q
Q w w
l
φ
SEILBAHNBAU
58
5.4 TRAGSEIL DER ZWEISEILBAHN
Befindet sich eine Einzellast im Seilfeld einer Zweiseilbahn, so kann der Durchhang am Lastort aus
der Summe der Kräftewirkungen infolge des Eigengewichtes der Seile und der Nutzlast ermittelt
werden.
Abb.: Lastangaben und Kräfteplan in einem Seilfeld einer Zweiseil-Pendelbahn
γ
STu
HGA
HTA
Q SGu
STo
HZB
SZo
HTB
Q*
x
fx
gG
l-x
gT
gT
gZ
a
b
b
Stütze A
Stütze B
V*
αTB
αTA
STB
STA
SZB
SGA
STu
STo V*
SZo
SGu
Q
STA
STB
gT’.x
gT’.(l-x)
HGA = HGu HTA = HTu
H*
HZo = HZB HTo = HTB
H*
gT’.x/2
gG’.x/2
gZ’.(l-x)/2
gT’.(l-x)/2
Q Q*
SEILBAHNBAU
59
Vereinfachungen und Voraussetzungen:
Die Lastfälle werden überlagert
- Wagengewicht Q = 0; Seile mit Eigengewicht massebehaftet
- Wagengewicht Q ≠ 0; Seile gewichtslos
erläuternde Bemerkung Diese Überlagerung ist bei fix verankerten Tragseilen nicht zulässig.
- am Lastort entsteht ein Knick im Seilverlauf des Tragseiles; die auf das Tragseil wirkende
Querlast V* wirkt in der Winkelsymmetrale des Knickwinkels auf das Tragseil
- das Zugseil greift im Abstand a unterhalb des Lastortes an und ist am Fahrzeug
beidseitig gelenkig angehängt
- die Abstände a und b sind gegenüber den anderen geometrischen Gegebenheiten im
Seilfeld (z.B. Seillänge l) vernachlässigbar klein 0 ba
- Die Seilspannkraft im Tragseil unterhalb des Laufwerkes ist gleich der Seilspannkraft
oberhalb des Laufwerkes STu = STo = ST (Vernachlässigung der Laufwerksrollenreibung)
Unter diesen Voraussetzungen verlaufen die Feldsehnen der Teilfelder des Trag- und des Zugseiles
beiderseits der Last parallel zueinander.
Aus der Gleichgewichtsbedingung ΣV=0 folgt dann
2
)(
222222*
xlgxglgQ
xlgxlgxgxgQQ ZGTZTGT
cos
TT
gg
cos
GG
gg
cos
ZZ
gg
erläuternde Bemerkung Bei gleicher Masse des Zug- und Gegenseiles (gG = gZ) vereinfachen sich die Formeln entsprechend.
Aus der Gleichgewichtsbedingung ΣH=0 folgt
ZoToGuTu HHHHH *
Der Durchhang des durch den Wagen und der Seilmassen belasteten Tragseils beträgt
*
*
Hl
xlxQfff xQxgx
und für die Seilfeldmitte *4
*
H
lQfm
SEILBAHNBAU
60
Damit wird die Lastwegkurve des Tragseiles (geometrischer Ort aller Lastangriffe, mit dem
Hochindex v festgelegt) bestimmt:
v
Tc
xlxxy
1
2tan
und die Neigung am Seilort x:
v
T
v
T c
x
c
ly
2tan
Der Durchhang
v
T
xc
xlxf
1
2
und der Seilparameter
l
Qgg
Hc
ZT
v
T2
cos
**
wobei die Zugseilmasse bei Zug- und Gegenseil l
xg
l
xlgg GZZ
*
erläuternde Bemerkung
Der Parameter v
Tc der Lastwegkurve des Tragseiles ist kleiner als der vom Tragseil Tc , da bei der Lastwegkurve größere
Durchhänge vorhanden sind.
Für die Bestimmung der Tangentenneigung des Tragseiles an den Feldenden (Stützen A und B)
wird der Seilbahnwagen jeweils zum betrachteten Seilende gestellt. Dabei ist die Gleichung der
Lastwegkurve zu berücksichtigen (Index „v“).
Für das linke Feldende (x = 0) wird: für das rechte Feldende (x = l) wird:
v
T
v
Ac
l
H
Q
2tan
*
*tantan
v
T
v
Bc
l
H
Q
2tan
*
*tantan
22
*lglg
QQ ZT
22
*lglg
QQ GT
ZT ggl
QQ cos2
* GT ggl
QQ cos2
*
v
BZoTB
v
AGuTA SSSSH cos)(cos*
SEILBAHNBAU
61
Zugwirkung des Wagens
Die bis jetzt betrachteten Lasten und Kräfte sind bei einer Zweiseilbahn zutreffend, wenn der Wagen
unbeweglich im Seilfeld steht. Bei Zweiseilbahnen zieht das Zugseil das am Tragseil laufende
Fahrzeug. Die dafür erforderliche Zugkraft wird von der Antriebsscheibe durch Reibung in das
Zugseil eingeleitet. Die oben angeführten Voraussetzungen und Vereinfachungen für das still-
stehende Fahrzeug im Seilfeld sind daher noch zu ergänzen:
- das bewegende Zugseil ist straff gespannt. Der Winkel zwischen den Zugseilspann-
kräften SZu und SZo ist bei großer Vorspannung der Zugseilschleife sehr klein, wodurch
annähernd SZo – SZu gleich der Zugkraft Z gesetzt werden kann.
sin QSSZ ZuZo
- der Abstand a ist sehr klein (a ≈ 0), sodass die Zugseilspannkräfte SZo und SZu
senkrecht zur Resultierenden V* stehen.
- Die Reibung zwischen dem Laufwerk (Rollen) und dem Tragseil vernachlässigbar
(STu = STo = ST).
SEILBAHNBAU
62
Abb.: Kräfteverhältnisse im freien Feld einer Zweiseilbahn
Die Wirkungsrichtung der Spannkräfte in den bewegenden Seilen kann somit ermittelt werden.
sinQZ
ψ
ψ
SZo
SZu
Q
STu
STo
V*
Z
a
Winkelhalbierende des Tragseilknickwinkels
Horizontale
SZo ≈ SZu+Z
SZu
Q
ST
ST
V*
SEILBAHNBAU
63
und der Zugwirkungswinkel ψ zur Horizontalen wird (ohne Ableitung) zu
*2
2cos
tantanH
xlgg
l
Q ZT
wobei ZT HHH * gesetzt wird.
Der Zugwirkungswinkel ψ wird für die Bestimmung der Seilspannkräfte im Zugseil und damit der
Kräfte an der Antriebsscheibe und der Ermittlung der Antriebsleistung benötigt.
Wird mit dem Zugwirkungswinkel die Gleichung der Tangentenwinkel an eine gedachte Kurve η
beschrieben, so wird diese Kurve als gedachte feste Fahrbahn bezeichnet. Diese wird durch
Integration und Umformung der Gleichung für den Zugwirkungswinkel ψ ermittelt.
*2
cos
H
xlxgg
l
Q
l
xh
ZT
Auf dieser Kurve ist die Zugkraft für den Wagen die gleiche wie auf der tatsächlichen Fahrbahn. Die
Kurve der gedachten festen Fahrbahn liegt zwischen der Leerseillinie und der Lastwegkurve.
Für ihren Parameter c* gilt:
l
Qgg
Hc
ZT
cos
**
erläuternde Bemerkung
Der Parameter der Lastwegkurve des Tragseiles beträgt
l
QZgTg
ZHTHvTc
2
cos
und der Parameter der Leerseillinie
Tg
TH
Tg
TH
Tccos
An den Feldenden wird die Tangenskomponente der Neigung der gedachten festen Fahrbahn
*2
2tantan
c
xl
SEILBAHNBAU
64
Wahre Tragseilquerbelastung
Zur Ermittlung jener Querbelastung, die bei einer Zweiseilbahn mit einer Einzellast auf das Tragseil
wirkt und damit wesentlich die Biegebeanspruchung des Tragseiles beeinflusst, wird das untere
Seilfeldende betrachtet. Hier liegt der für die Querbelastung kritische Bereich.
Abb.: Querbelastung bei hoher Zugseilablage
Das Querbelastungsverhältnis (Quotient von Querlast auf das Tragseil wirkend und der Trag-
seilspannkraft) soll den Wert 1:10 nicht überschreiten.
10
11
2cos
ZT
Z
T
T
ZZ
T SS
g
g
S
SlgQ
S
V
erläuternde Bemerkung
In früheren Bemessungen wurde die Querbelastung vereinfachend mit
TS
Q oder
TS
l
ZgQ2
berechnet.
Q
V
ST
SZu
b
Q
SZo
SZu
V
ST
ST
SEILBAHNBAU
65
Bei einer Zweiseilumlaufbahn ist zu beachten, dass neben der einzelnen Wagenlast und der
anteiligen Zugseilauflast die Wagen durch die Ablenkung des Zugseiles am Wagenort diese an das
Tragseil gepresst werden.
wgSQV ZZ cos
Abb.: Querbelastung bei einer Zweiseilumlaufbahn
5.5 FUNDAMENTALSATZ DER SEILSTATIK
Die bisher ermittelten Gleichungen sind für einfache Belastungsfälle ausreichend. Für allgemeine
Belastungen, z.B. auch für horizontale Kräfte oder seitliche Kräfte, hat ENGEL eine Theorie
entwickelt, um derartige Aufgaben auf kurzem Weg zu lösen.
erläuternde Bemerkung "Der Fundamentalsatz der Seilstatik" ist im ISR-Seilbahnbuch 1975 veröffentlicht.
Die Theorie geht von der Gleichgewichtsbestimmung am verformten Seil aus. Es wird die Annahme
getroffen, dass die äußeren Belastungen das Seil in einer nicht zu vernachlässigbaren Größe
verformen. Es liegt damit im Sinne der Statik ein Verformungsproblem 2. Ordnung vor.
Die Lagerung des Seiles an den Seilfeldenden kann statisch bestimmt oder einfach statisch
unbestimmt (beidseitige Festverankerung) sein. Das Seil ist wie bisher betrachtet biegeweich, d.h.
es ist die Übertragung von Querkräften oder Momenten nicht möglich (Kette). Der Vektor der
resultierenden Biegemomente Mres aller äußeren Kräfte (Lasten, Eigenmasse, Spannkräfte) an
jedem Punkt des Seiles ist daher Null.
0II
resM
Q Q Q Q Q
w w w w
Δε
SZ
SZ
Tragseil
Zugseil
SEILBAHNBAU
66
In der betrachteten Ebene, in dem die Seillinie liegt, werden alle auf das Seil wirkenden Lasten in
drei Lastgruppen aufgeteilt:
- Spannkräfte T → Momente MT
- Vertikale Lasten p, q, Q(x), R(ξ) → Momente MV
- Horizontale Lasten W → Momente MW
Abb.: Kräfte in einem Seilfeld
Das Moment an der Stelle x zufolge der Spannkraft T wird xxxT fHfTM cos)(
Fundamentalsatz: 0cos xxWxVres fTMMM
H
MM
T
MMf
xWxVxWxV
x
)()(
cos
erläuternde Bemerkung
Wenn nur lotrechte Lasten angreifen wird der Durchhang
H
xVM
xf
)( → umgekehrter Stützlinienbogen, der nur
Zugkräfte aufnimmt, da die Biegesteifigkeit B = 0 ist.
verformte Seillinie
γ
T
T
fx
fx
fx
W
Q
R p
q
ξ
x
l
A2H
B2V
B2H
A1
B1
A2V
SEILBAHNBAU
67
5.6 FIXVERANKERTE SEILE (fix abgespannte Seile)
erläuternde Bemerkung Bis vor wenigen Jahren wurden bei Seilbahnen mit Personenbeförderung ausschließlich Tragseile von Pendelbahnen oder von Zweiseilumlaufbahnen fixverankert ausgeführt. Nunmehr werden im vermehrten Ausmaß auch Förderseile von Einseilumlaufbahnen (Sesselbahnen oder Seilbahnen mit geschlossenen Wagenkästen) fix abgespannt.
„Fix abgespannt“ bedeutet, dass keine gesteuerte und permanent wirkende Spanneinrichtung
(Gewichtsspannung oder hydraulische Spanneinrichtungen) am Ende eines Seiles (Tragseil) oder
einer Antriebs- oder Umlaufscheibe (Förderseil) eine von allen Einflüssen unabhängige
Grundspannkraft im Seil sicherstellen. Bei fix abgespannten Tragseilen ist es oft so, dass nur selten
(einmal oder zweimal im Jahr) die Seilspannkraft durch Nachspannen eingestellt werden muss. Bei
Förderseilen, die gegenüber den Tragseilen eine wesentlich geringere Dehnsteifigkeit aufweisen, ist
eine Neueinstellung der Seilspannkraft oftmals notwendig (auch täglich), die Versetzeinrichtungen
ist daher so einzurichten, dass ein rasches Nachspannen möglich ist.
Der Vorteil einer Fixabspannung ist nicht nur durch den Entfall der teuren Spanneinrichtung
begründet. Der Vorteil liegt im Schwingungsverhalten der Seilbahn. Bei durch Einflüsse von außen
(z.B. hohe Bremsverzögerung der Seile an der Antriebsscheibe) werden ansonst induzierte
Schwingungen auf das Spanngewicht verhindert, die dann wieder als Erreger die Seile in
Schwingung versetzen.
Der Nachteil einer Fixabspannung ist das Aufgeben des statisch bestimmten Systems in den
Seilen. Die Seilspannkräfte und Seillinien hängen vom jeweiligen Betriebszustand der Seilbahn ab.
Die Seilspannkraft ist abhängig
- vom Montagezustand der Seile
- von der Temperatur bei der Montage
- vom jeweiligen Belastungszustand (Fahrzeuge, Wind, Temperaturschwankungen,
Eisanhang)
- von der bleibenden Dehnung, die nach der Montage eintritt.
Die regelmäßige Messung und Kontrolle der Seilspannkraft sowie eine einfache Möglichkeit zum
Nachlassen oder Nachspannen des fixverankerten Seiles ist daher ein wesentlicher Bestandteil zur
Gewährleistung des betriebssichern Zustandes des Seiles und der Seilbahn.
Einfluss der elastischen Dehnung D bei fixverankerten Seilen
Bei der Ermittlung der elastischen Dehnung wird vorerst jedes Seilfeld für sich betrachtet. Dabei
werden die Seillängen in den einzelnen Seilfeldern mit der bereits bekannten Gleichung ermittelt.
.........24
cos
cos 2
32
1
H
lqlii
SEILBAHNBAU
68
Die Seilspannkraft S am Seilort x des Seilfeldes wird mit )(
)(cos x
x
HS
angeschrieben, wobei
)(cos x
dxd
und die Dehnsteifigkeit SeilEAD das Produkt aus der Stahlfläche des Seiles und
dem Elastizitätsmodul des Seiles darstellt.
erläuternde Bemerkung Der Elastizitätsmodul des Seiles ist in der Projektierung eine nur abschätzbare Größe. Es ist daher nach Fertigung des Seiles dieser festzustellen und unter Umständen bei der Kontrolle der projektierten Berechnung neu zu berücksichtigen.
Die über die Seillänge eines Seilfeldes elastische Dehnung in Abhängigkeit von der Seilspannkraft S
wird
l
x
D dxD
Hd
D
S
0
2
0cos
1
Näherungsweise kann die elastische Dehnung über ein Seilfeld mit der Sehnenneigung des
Seilfeldes ermittelt werden. Es wird somit vereinfacht
2cos
l
D
HD
Aus der elastischen Dehnung wird die Seilspannkraft S um den Wert ΔS vermindert.
Einfluss der Temperatur
Die Längung des Seiles in einem Seilfeld wird mit einem konstanten Temperatur-Ausdehnungs-
koeffizienten αt berücksichtigt.
85000
11015,1 5
t pro Grad Celsius
Die Seillängung t ist aus der Beziehung ttt zu bestimmen.
Die Temperatureinflüsse werden auf das Leerseil untersucht. Bei einem Temperaturrückgang steigt
die Seilspannkraft.
ttot SSS
Die Änderung der Seilspannkraft tS wird aus der Bedingung von der Unveränderlichkeit der
ungedehnten, nicht erwärmten Seillänge der gesamten Seilbahn mit n Seilfeldern bestimmt.
Elastische Dehnung + geometrische Längenänderung = Längenänderung zufolge Temperatur-
differenz
n
i
ti
n
i
i
n
i
it t
D
S
111
aus dieser Gleichung wird durch Iteration tS ermittelt.
SEILBAHNBAU
69
Allgemein gilt, dass große Feldweiten einen geringen Einfluss auf die Änderungen der
Seilspannkraft haben. Je kleiner das Seilfeld ist, umso größer ist der Einfluss der
Temperaturänderung auf die Seilspannkraft.
Die gesamte zu berücksichtigende Temperaturdifferenz wird mit 70 °C angegeben, wobei ins-
besonders die Erwärmung des Stahlseiles im Sommer unter Sonneneinstrahlung zu berücksichtigen
ist.
Windeinfluss
Eine horizontal angreifende Windlast w je Seillänge ergibt zu der senkrecht wirkenden Gleichlast
des Seiles q eine resultierende Seilbelastung.
22 wqqres
Die relative Belastungszunahme beträgt
11
2
q
w
q
q
Aus q
lv SSS folgt die relative Spannkrafterhöhungl
q
S
S als Funktion der Seillänge l und dem
Leerseilparameter q
Sl
Einfluss einer Einzellast
Die Einzellast weist den größten Einfluss auf die Seilspannkraft aus. Die Einzellast wird dabei in die
Mitte des längsten oder in der Mitte des unteren Feldes gestellt.
Die elastische Dehnung aller Seilfelder + Änderung der Bogenlänge im Lastfeld i - Änderung der
Bogenlängen in den übrigen Seilfeldern j = 0
0
j
Q
i
Q
i
i
QL
D
S
Die Einzellast Q erzeugt eine Spannkraftzunahme QS
Aus
Q
Q
D
S wird QS ermittelt. Die Größe der Seilspannkrafterhöhung beträgt das
ca. 2 bis 5fache der Einzellast. Je stärker das Seil gespannt ist, desto größer wird die Zunahme der
Spannkraft QS .
erläuternde Bemerkung Bei einem fixverankerten Seil ist es zweckmäßig mehrere Seilfelder anzuordnen, da beim Befahren eines Einzelfeldes die unbelasteten Seilfelder Seil nachliefern können.
SEILBAHNBAU
70
Auf Grund des heutzutage vermehrten und selbstverständlichen Einsatzes von elektronischen
Rechengeräten sind die umfangreichen Iterationsrechenvorgänge nicht mehr so von Bedeutung wie
früher.
5.7 SPANNGEWICHTSHUB
Die Spannkraft wird in den Seilen durch Spanneinrichtungen aufgebracht. Diese Einrichtungen
garantieren an einem Seilende (Tragseil) oder an einer Seilscheibe (Zug- oder Förderseil) eine
gleich bleibende Spannkraft S0 (Grundspannkraft).
Durch das Befahren der Seile (Betriebshub infolge der Durchhangsänderung), durch Temperatur-
einflüsse oder durch bleibende Seildehnungen ändert sich die Lage des Spanngewichtes oder des
Spannwagens.
Temperaturdehnung des Seiles
Diese wird mit dem Temperatur-Ausdehnungskoeffizienten αt berücksichtigt.
85000
11015,1 5
t pro Grad Celsius. Die Seillängung l
l kann bei einer anzunehmenden
Temperaturdifferenz von 70° C mit 1 ‰ der Seillänge ausreichend genau festgelegt werden.
Bleibende Dehnung im Betrieb
Die bleibende Dehnung wird vor Allem durch die Verfestigung des Seiles (Lageverdichtung der
Drähte im Seil) hervorgerufen (keine plastische Verformung des Werkstoffes Stahl). Sie beträgt bei
Tragseilen etwa 0,5 ‰ der Seillänge und bei Zugseilen 1 ‰ der Seillänge.
erläuternde Bemerkung Näheres dazu im Kapitel „Seile“ und „Festigkeitslehre der Seile“.
Betriebshub bei Umlaufbahnen
Bei Umlaufbahnen werden die tiefste Lage des Spanngewichtes (hinterste Lage des Spannwagens)
bei unbelastetem Seil (Leeres Seil) und die höchste Lage des Spanngewichtes (vorderste Lage des
Spannwagens) bei belegtem Seil mit voll beladenen Fahrzeugen erreicht.
erläuternde Bemerkung
Seillänge eines Seilfeldes .......2
24
cos32
cos
H
lql
und der Durchhang in Seilfeldmitte
c
l
H
ql
mf
8
2
cos8
2
SEILBAHNBAU
71
Länge des Leerseiles in einem Seilfeld (tiefste Lage des Spanngewichtes)
32
cos3
8
cos
i
l
mi
i
il
il
fl
Länge des Vollseiles in einem Seilfeld (höchste Lage des Spanngewichtes)
32
cos3
8
cos
i
v
mi
i
iv
il
fl
Die Differenz für ein Seilfeld beträgt 223cos
3
8 l
mi
v
mi
i
i ffl
Bei mehreren Seilfeldern wird die gesamte Differenz als Betriebshub bezeichnet.
n
i
i
1
für n Seilfelder
erläuternde Bemerkung Bei Zugseilen von Zweiseilumlaufbahnen wird ähnlich vorgegangen. Der Hub ist allerdings sehr klein, da das Zugseil von den Wagen geführt und getragen wird.
Betriebshub des Tragseiles bei Pendelbahnen
Die tiefste Lage des Spanngewichtes wird erreicht, wenn sich der Wagen in einer Station befindet.
Die höchste Lage des Spanngewichtes wird erreicht, wenn sich der Wagen in der Seilfeldmitte
befindet.
Als ausreichende Näherung für die Berechnung des Betriebshubes können dabei die Sehnen anstatt
der Seilkurven angenommen werden.
223cos2 l
m
v
m ffl
Abb.: Näherungsüberlegung
Betriebshub des Zugseiles bei Pendelbahnen
Wegen der geschlossenen Zugseilschleife und der schwierigen Ermittlung der maßgeblichen
Laststellung ist der Betriebshub kaum zu ermitteln. Üblicherweise ist der Betriebshub allerdings sehr
klein (0,5 bis 1,0 m), sodass eine genaue Berechnung nicht durchgeführt wird.
γ
l
fl
fv
SEILBAHNBAU
72
5.8 STÜTZENLASTEN AUS DEM SEIL
Bei der Ermittlung der maßgebenden aus dem Seil herrührenden Bemessungsgrößen für die
Seilbahnstütze sind die vom jeweiligen Lastzustand in den Seilfeldern abhängigen Größen der
Seilspannkräfte Si am Stützenort i und die Tangentenneigungswinkel φi erforderlich. Daraus kann
die Stützenlast Di, die Reibungskraft Fi und der Stützendruckwinkel ψi ermittelt werden.
Die an der Stütze i wirkenden tal- und bergseitigen Seilspannkräfte Sit und Sib werden berechnet
und die Seilneigungen φit und φib dazu aus den in den vorigen Kapiteln angeführten Beziehungen
bestimmt.
Abb.: Stützenlast zufolge der Seilspannkräfte
Der Stützenknickwinkel εi ist als Differenz der beiden Tangentenneigungswinkel φit und φib definiert.
In der obigen Darstellung also ibiti .
Für die Berechnung der Stützenlast Di und der Reibungskraft Fi wird vereinfacht angesetzt
iibit SSS
Dann folgt aus dem Kräfteparallelogramm i
ii
S
D
22sin
und damit der Stützendruck D:
2sin2 i
ii SD
Die Reibungskraft F wird somit 2
sin2 iiii SDF
, wobei die Richtung von Fi wechseln
kann.
Der Reibungskoeffizient ist mit 0,10 bis 0,13 gegeben (Haftreibwert zwischen Seil und geschmierter
Metallrille).
Bei einem über Seilrollen geführten Zug- oder Förderseil wird die Stützenlast ebenso ermittelt, wobei
der Reibungskoeffizient mit 0,03 anzunehmen ist.
Stütze i
Sit
Sib
φit
φib
εi
Di
Seilfeld i+1
Seilfeld i
εi
Stützenschuh
Seilauflaufpunkte
Fi
ψi
SEILBAHNBAU
73
Für die weitergehende Berechnung der Seilspannkräfte sind die Reibungskräfte an den Stützen zu
berücksichtigen. So enthält die Seilspannkraft Sit die Reibungskräfte der vorhergehenden Stützen
i-1, i-2, ...., i-i+1 und die Seilspannkraft Sib wird für die weitere Berechnung
iitib FSS
Der Stützendruck Di ist im Schnittpunkt der beiden Seilspannkräfte anzunehmen. Der
Stützendruckwinkel ψi (ohne Berücksichtigung der Reibungskraft Fi) kann aus den geometrischen
Bedingungen ermittelt werden:
2
iti oder
2
ibi oder
2
itibi
wobei der Stützendruckwinkel dem eingeschlossenen Winkel zwischen der Resultierende der
Seilspannkräfte und der Vertikalen bedeutet.
Bei den Belastungsansätzen für die Bemessung der Stützen ist die Reibungskraft Fi zu
berücksichtigen.
Abb.: Stützenbelastung aus dem Seil unter Berücksichtigung der Seilreibung
Ψi+μ
Di
Fi1 = Di.μ
Fi2 = Di.μ
Di1
Di2
Ψi-μ
SEILBAHNBAU
74
6 FESTIGKEITSLEHRE DER SEILE
Seile sind je nach ihrem Einsatz und Verwendung zu bemessen. Bei der Wahl eines Seiles ist zu
beachten, dass alle bekannten Belastungen mit einer ausreichenden Sicherheit abgedeckt sind.
Bewegende Seile sind Verschleißbeanspruchungen ausgesetzt. Es sind daher neben der Bemes-
sung nach üblichen baustatischen Methoden auch Überlegungen hinsichtlich einer ausreichenden
Dauerfestigkeit anzustellen. Die Sicherheitsfaktoren von Seilen sind in ihrer überwiegenden Anzahl
empirisch festgelegt.
erläuternde Bemerkung Am Beginn des modernen Seilbahnbaues mit Stahldrahtseilen wurden bei Tragseilen von Materialseilbahnen Zugsicher-heiten (Sicherheit gegen Bruch) von ungefähr 10 gewählt und trotzdem wurde nur eine kurze Lebensdauer erreicht. ZUEGG erkannte auf Grund der Erfahrungen bei Seilbahnen während des 1. Weltkrieges, dass es für Seile günstiger ist, wenn die Sicherheit gegen Bruch klein gewählt wird, sie also straff gespannt werden. Er hat demnach für Tragseile die kleinste Zugsicherheit mit ca. 3,5 und für Zugseile mit ca. 5,0 gewählt. Diese Werte werden heute (nach 90 Jahren) fast un-verändert noch angewandt. BLEICHERT erkannte, dass das Querbelastungsverhältnis (Quotient Q/S oder Q/H) kleiner als 1:10 sein soll und der Scheibendurchmesser D größer als der 80-fache Seildurchmesser sein soll. Beide Werte begrenzen die Biegebeanspruchungen in den Seilen. Diese Annahmen, die auf Erfahrungen an weit einfacheren Anlagen beruhen, müssen nicht auch für Anlagen unter den heutigen Verhältnissen noch gelten. Beispielsweise bedeuten größere Geschwindigkeiten mehr Lastwechsel, größere Lasten andere Beanspruchungen, höhere Nennfestigkeiten anderes Werkstoff-Verhalten, hingegen elastische Futterungen von Scheiben und Rollen geringere Beanspruchungen, günstigere Konstruktionen der Seile weniger oder gar keine Draht-kreuzungen etc.
Im gespannten und belasteten Seil treten folgende Spannungen und Beanspruchungen auf:
a) Herstellungsspannungen
b) Zugspannungen infolge der axialen Seilspannkräfte
c) Biegebeanspruchungen infolge der Biegung der Seile an Scheiben, Rollen etc.
d) Oberflächenpressungen infolge der Unterstützung der Seile auf Auflagern etc.
e) zusätzliche Beanspruchungen infolge innerer Pressungen und sekundärer Biegung der
Drähte im Seilinnern
Von diesen Beanspruchungen werden die Zug- und Biegebeanspruchungen sowie die Oberflächen-
pressungen als Primäre Seilbeanspruchungen bezeichnet. Sie stellen die wesentlichsten Bean-
spruchungen für die Bemessung der Seile dar und werden daher eingehender behandelt.
Als Sekundäre Seilbeanspruchungen bezeichnet man jene Beanspruchungen im Seil, die nicht
durch äußere Kräfte hervorgerufen werden, sondern die durch Pressungen und Biegebeanspruchun-
gen der Einzeldrähte im Seil auftreten.
Herstellungsspannungen
Von der Drahtherstellung herrührende Spannungen (Kaltverfestigung) im Draht sind gewünscht, weil
sie die Festigkeitssteigerung bewirken. Bei der Seilherstellung (Verflechtung der Drähte) erfahren
die Drähte weitere Zug-, Biege- und Torsionsbeanspruchungen, die bei allen Seilmacharten zu mehr
oder weniger großen Formänderungen (bleibende Verformungen des Drahtes) führen. Dadurch wird
zwar ein Großteil der entstandenen Spannungen wieder abgebaut, ein Rest bleibt jedoch bestehen.
Dieser ist rechnerisch kaum erfassbar.
SEILBAHNBAU
75
erläuternde Bemerkung Theoretische Untersuchungen dafür gibt es in der Literatur, z.B. HEINRICH, "Zur Statik der Drahtseile" in der Zeitschrift Wasserwirtschaft und Technik, Heft 28 bis 30, 1937, sie sind jedoch für die praktische Anwendung nicht geeignet.
Trotz Verwendung einer drall- und spannungsarmen Ausführung im Seil werden noch vor-
handene Restspannungen durch die Wahl eines entsprechend erhöhten Sicherheitskoeffizienten
berücksichtigt.
6.1 ZUGBEANSPRUCHUNG
Der Seilzug bewirkt im Seil eine Dehnung, eine Querschnittsverminderung und das Bestreben sich
aufzudrehen und eine Flechtwinkeländerung.
Das Seil wird als ein Bündel beanspruchter Einzeldrähte betrachtet. Die Dehnung des Seiles
erstreckt sich gleich über den gesamten Seilquerschnitt. Der Einzeldraht δ übernimmt daher an der
Gesamtzugkraft S den ihm proportional seiner Fläche an der Gesamtfläche A entsprechenden
Anteil.
Die Zugspannung im Einzeldraht wird daher A
Sz
SeilesdestsflächeQuerschnitemetallisch
raftSeilspannk
Die Zugsicherheit nZ beträgt: S
Fn c
Z raftSeilspannk
SeilesdesBruchkraft
erläuternde Bemerkung Bei der Angabe einer Zugsicherheit muss immer auch die Art der Bruchlast, auf die bezogen wird, angegeben werden; Werte der Zugsicherheit sind sonst nicht vergleichbar. Die tatsächliche Zugsicherheit hängt von der tatsächlichen Bruchkraft des Seiles ab, die von
- der tatsächlichen Festigkeit des Drahtes - dem tatsächlichem Querschnitt (Ist-Querschnitt) - der Verteilung der Seilspannkraft in den Drähten - der Schlaglänge (Störung des Flechtwinkels ergibt eine Änderung der Schlaglänge) - allenfalls vorhandenen Querschnittsverminderungen (Fehlern, Drahtbrüchen etc.)
bestimmt wird. Die tatsächliche Zugsicherheit kann je nach Seilkonstruktion 5 bis 15 % kleiner als die rechnerische Zugsicherheit nZ sein.
SEILBAHNBAU
76
Seildehnung
Die Dehnsteifigkeit des Seiles wird mit Seilc EA festgelegt, wobei
Ac die Summe des metallischen Querschnittsfläche der Einzeldrähte i
n
i 1
2
4
und
ESeil der fiktive Seildehnungsmodul (fiktiver Elastizitätsmodul) bedeuten.
erläuternde Bemerkung Zur eindeutigen Trennung der Elastizitätsmodule wird im Folgenden festgelegt: ESeil Elastizitätsmodul des Seiles ES Elastizitätsmodul Stahl
Für gereckte Spiralseile und Litzen kann näherungsweise 3cos SSeil EE gesetzt werden.
(Flechtwinkel ω). Über den jeweiligen Seildehnungsmodul ESeil gibt der Seilhersteller Werte an.
Bei Litzenseilen ist nur eine grobe Abschätzung möglich, da die Querkontraktionszahl der Litzen-
wendel einen wesentlichen Einfluss auf den Seildehnungsmodul hat. Daher ist es bei Bedarf (z.B.
bei einem fixabgespannten Förderseil) notwendig, den Seildehnungsmodul ESeil für das gegenständ-
liche Seil experimentell zu ermitteln.
Tragseile: 80,075,0 S
Seil
E
E 150.000 bis 170.000 N/mm²
Zugseile: 50,0S
Seil
E
E 90.000 bis 120.000 N/mm²
erläuternde Bemerkung Durch die neuartigen Seilkonstruktionen (mit optimierten Drahtdurchmessern oder verdichteten Seilen oder Seilen mit Kunststoffzwischenlagen) wird der Elastizitätsmodul ESeil in nicht unbedeutender Höhe angehoben. Die Normbestimmungen legen fest, dass für Zugseile mit zwei verschiedenen Elastizitätsmodule gerechnet werden soll: Für ein neues Seil 80 kN/mm² und für ein gebrauchtes Seil 120 kN/mm². Der Elastizitätsmodul ist einerseits für die Anfangslängung des Seiles und für die Berechnung des Spannweges bei einseitig abgespannten Seilen und andererseits bei fixabgespannten Seilen wichtig.
SEILBAHNBAU
77
Aufdrehbestreben des Seiles; Seildrall
Abb.: Aufdrehbestreben des Seiles unter der Zugkraft S
Die Seilspannkraft wird auf alle Einzeldrähte des Seiles entsprechend deren Querschnittsfläche
aufgeteilt. Das Seil ist mit p Lagen und i Anzahl der Drähte in den einzelnen Lagen aufgebaut.
p i
pipTS cos
Als Näherung wird angenommen, dass der Flechtwinkel ω in den einzelnen Lagen konstant ist.
Die Zugspannung über das Seil ist gleich der Zugspannung in den Einzeldrähten
ip
ip
c
mA
T
A
S
Der Seildrall (Verdreh- bzw. Torsionsmoment) Mt über das gesamte Seil wird
i
p
p
pipt rTM sin , der Quotient
i p
pip
i p
ppip
t
T
rT
S
M
cos
sin
und somit
i p pip
ppip
tT
rTSM
cos
sin SM t
Der Faktor μ (Dimension einer Längeneinheit) ist eine von der Seilkonstruktion abhängige Größe.
Der Seildrall und damit das Bestreben des Seiles sich aufzudrehen wächst proportional mit der
Seilspannkraft. Das Torsionsmoment Mt wird daher auch als „Belastungsdrall“ bezeichnet.
Aus der Formel ist zu erkennen, dass Seile in Gleichschlagausführung einen größeren Seildrall
aufweisen wie Seile in Kreuzschlag.
Tip.sinωp
ωp
Tip
Tip.cosωp
ωp
rp
Tip
S S
Tip.sinωp
Tip.sinωp
Tip.sinωp
Tip.sinωp
Tip.cosωp S
SEILBAHNBAU
78
Der Seildrall kann zu der gefürchteten Schlingenbildung bei der Seilmontage führen, wenn entweder
die Zugkraft S beim Auflegen des Seiles zu gering ist oder die Seilenden nicht gegen Verdrehen
gesichert (geknebelt) werden.
Abb.: Schäden durch Seildrall
Das Seil wird in der Schlinge auf Druck beansprucht, wodurch die Drähte knicken und das Seil
unbrauchbar wird.
Auch bei verhinderter Verdrehung der Endquerschnitte kann es über die Seillänge zu einer Verände-
rung der Schlaglänge, damit zu einer teilweisen Verdrehung der Seilquerschnitte und zu einer
ungleichmäßigen Verteilung der Spannkraft auf die Einzeldrähte kommen (z.B. bei einem langen
Seil mit großem Höhenunterschied).
erläuternde Bemerkung Bei Seilbahnen, die einen großen Höhenunterschied aufweisen (Höhenspannkraft), bewirkt das Eigengewicht des Seiles bereits einen oft merkbaren Seildrall. Bei Seilen von Umlaufbahnen mit einem geringen Fahrzeugabstand bewirken diese Fahrzeuge bereits eine ausreichende „Knebelung“ und damit eine Verhinderung eines spürbaren Seildralles. Werden bei Seilbahnen leichte Sessel oder Kabinen vereinzelt auf das Förderseil befestigt, so kann durch Anbringung einer Seilmarkierung in der Talstation oft beobachtet werden, dass das Seil in der Bergstation zur Klemme oder zum Klemmapparat verdreht ankommt. Das bedeutet, dass der Seildrall die Reibungskräfte zwischen dem Seil und den Klemmbacken überwunden und sich gedreht hat. Zum Seildrall gibt es verschiedene Untersuchungen in der Literatur, z.B. ENGEL, "Das Drehbestreben der Seile", ÖIZ, Heft 1/1958, oder Institutshefte des Institutes für Eisenbahnwesen der TU Wien aus 1993 und 1994.
Die Verdrehsteifigkeit D des Seiles wird in Nmm²/° angegeben.
Der auf die Längeneinheit bezogenen spezifische Verdrehwinkel δ wird zu D
M t .
Der Endverdrehwinkel α wird mit lD
Sl
D
M t
berechnet.
Auch hier ist die lineare Proportionalität des Verdrehwinkels zur Größe der Seilspannkraft erkennbar.
Druck !
S
S
l Mt
SEILBAHNBAU
79
Flechtwinkeländerung
Der Flechtwinkel (Schlagwinkel) ω wird durch die Längung des Seildrahtes durch die Zugbean-
spruchung und durch das Aufdrehbestreben des Seiles beeinflusst.
l* stellt die wahre Länge des Drahtes bei einer Schlaglänge l dar.
rD
S
l
r
tan
Durch die Flechtwinkeländerung wird der Seilverband gestört. Verschiedene Radien der Drahtlagen
erzeugen verschieden große Flechtwinkeländerungen.
Bei der Bewegung (Zug- und Förderseile) oder beim Befahren der Seile (Tragseile) werden die Seile
„verdichtet“. Das bedeutet, dass die Drähte im Seil ihren Platz im Seilverband entsprechend der
Belastung einnehmen. Daher treten im Betrieb einer Seilbahn Nachdehnungen auf. Diese sind nicht
auf plastische Verformungen der Einzeldrähte zurückzuführen, sondern auf bleibende Dehnungen
zufolge der Seilverdichtung.
Eine grobe Abschätzung beträgt die bleibende Dehnung bei
Tragseilen ca. 0,5 ‰ und
Zugseilen ca. 1,0 ‰
erläuternde Bemerkung Die fabrikneuen Seile werden aufgelegt und kurze Zeit nach der Seilauflage müssen sie gekürzt oder nachgespannt werden. Manche Seilbahnunternehmer lassen nach der Seillieferung (Abrollen der Seile von der Seiltrommel und Seil liegt entlang der Trasse auf den Stützen) und vor dem Spleißen das Seil einen oder mehrere Tage rasten.
l/2
2r ω
2rπ
r.α
l ω
Δω l*
SEILBAHNBAU
80
6.2 BIEGEBEANSPRUCHUNG
Die Bestimmung der Biegesteifigkeit ist von wesentlicher Bedeutung für die Ermittlung der
Biegespannungen im Seildraht und der Biegung von Drahtseilen. Obwohl die Biegesteifigkeit des
Seiles eine konstruierte Größe ist, erleichtert sie die Vorstellung der Vorgänge bei der Biegung.
6.2.1 Biegung mit vorgegebener Krümmung
Biegung mit vorgegebener Krümmung tritt dann ein, wenn das Seil gezwungen wird eine
vorgegebene Lage einzunehmen. Als typisches Beispiel dafür ist der Seilumlauf bei einer Antriebs-,
Gegen-, Ablenk- oder Umlaufscheibe.
Abb.: Biegung mit vorgegebener Krümmung an einer Seilscheibe
Vorgegebenes Biegemoment BD
Br
M 21
und xEIyM
Die vorgegebene Krümmung 5,121
1
y
y
r
und die Biegespannung
W
M
erläuternde Bemerkung
Annahme: Das Seil als homogener Stab
Diese Annahme beruht auf der vollkommenen Verhinderung einer Verschiebung zwischen den Drähten.
Damit wird das Widerstandsmoment d
xI
xW
2
nach dem Satz von Steiner wird das Trägheitsmoment )²(
i pip
yip
Aip
Ix
I
und die Biegesteifigkeit x
IS
EB
das Biegemoment x
IS
ED
M 2
und die Biegerandspannung am Seil wird
xID
dx
IS
E
W
M
b
2
2
D
d
SE
b
d
D
SEILBAHNBAU
81
Annahme: Das Seil als ein reibungsloses Drahtbündel
Diese Annahme beruht auf der vollkommenen unbehinderten Verschiebung zwischen den Drähten.
Bei Drahtdurchmesser δ wird das Trägheitsmoment des Einzeldrahtes 64
4 iI
Und des Drahtseilbündels i p
ipx II
Damit wird das Widerstandsmoment
xx
IW
2 und die Biegesteifigkeit xS IEB
die Biegerandspannung am Einzeldraht wirdx
xSb
ID
IE
W
M
2
2
D
Eσ Sb
Formel nach REULEAUX
erläuternde Bemerkung In einem Litzenseil betragen die gemessenen Drahtbiegerandspannungen ungefähr 10 % mehr als die theoretische Biege-randspannung nach Reuleaux. Die Dauerfestigkeitsnachweise bei der Bemessung von Seilen beim Scheibenumlauf nach den früheren österreichischen Drahtseilbedingnissen erfolgt nach dieser Gleichung. Die neuen europaweit geltenden Normen begrenzen das Durchmesserverhältnis δ/D und d/D.
Tatsächlich tritt der Zustand eines „reibungsfreien Drahtbündels“ erst nach Überwindung der inneren
Reibungskräfte zwischen den Einzeldrähten ein.
Abb.: vereinfachte Spannungsverteilung der Biegespannung vor und nach der Überwindung der Reibung
Bei mehreren Drahtseillagen im Seil tritt die Überwindung der Reibungskräfte zwischen den Drähten
abschnittsweise ein.
Abb.: vereinfachte Spannungsverteilung der Biegespannung mit teilweise überwundener Reibung
erläuternde Bemerkung Bei jedem Umlauf des Seiles um eine Seilscheibe treten diese Verschiebungen zwischen den Seildrähten auf. Deshalb ist insbesonders die Seilschmierung im Inneren des Seiles wichtig.
σ
σ‹σR σ›σR
σ‹σR
SEILBAHNBAU
82
6.2.2 Biegung mit freier Krümmung
Die Seillinie wird durch die Biegesteifigkeit des Seiles bestimmt. Die Belastung ist punktförmig
anzunehmen. Typische Fälle sind Rollenlasten des Fahrzeuges auf das Tragseil wirkend oder
Klemmenlasten auf dem Zug- bzw. Förderseil im freien Seilfeld. In diesem örtlich begrenzten
Untersuchungsbereich des Seiles ist die Biegesteifigkeit nicht vernachlässigbar. Die Annahme
eines biegefreien Seiles führt bekanntlich zur Kettenlinie, wie sie für die Betrachtung des gesamten
Seilfeldes zutreffend ist.
Abb.: Seillinie unter einer Einzellast bei freier Krümmung
Näherungsweise wird angenommen, dass über die gesamte Biegelinie ein konstantes Trägheits-
moment des Seiles gegeben ist und ausschließlich kleine Ablenkwinkel auftreten.
Dann wird S
Q
2tansin
Eine kleine Krümmung vorausgesetzt wird ByBr
M 1
und ySM x
ByyS
und der Zusammenhang kann als homogene Differentialgleichung 2.Ordnung angeschrieben
werden:
0 ySyB
Lösung der Differentialgleichung:
0 yB
Sy mit
B
Sa 2
wird 02 yay
Ansatz einer Exponentialfunktion:
axax eCeCy 21 axax eCaeCay 21
axax eCaeCay 2
2
1
2
Randbedingungen:
1) 00 1 axeCyyx da der Wert 0axe ist, muss 01 C sein
2) S
QeCayx ax
2tan0 2 daraus folgt
B
SS
Q
aS
QC
22
2
Die Krümmung yr
1
ist allgemein axeCay 2
2
y
S
α
Q S
S
S
Q
α
α Seillinie, wenn keine Biegesteifigkeit angenommen wird (Kettenlinie)
x
SEILBAHNBAU
83
axe
B
SS
Q
B
Sy
2
und somit axe
B
SB
Qy
2
Die Gleichung der Seillinie ist axax e
B
SS
QeCy
2
2
Am Lastort x=0 wird
B
SS
Qyx
2
0 und die Krümmung
B
SB
Q
B
Myx
2
0
und das größte als äußere Belastung auftretende Biegemoment wird
B
S
QySM x
2
0
Das innere und das äußere Moment ist gleichzusetzen, wobei für das Seil wieder die zwei
Grenzfälle für die Biegesteifigkeit (homogener Stab und reibungsloses Drahtbündel) untersucht
werden.
Annahme: Das Seil als homogener Stab
xS IE
S
Q
B
S
QM
22
das Widerstandsmoment d
IW x 2
und das Trägheitsmoment i p
ipipipx yAII 2
Nun wird ein Faktor (Füllfaktor f – siehe Abschnitt 3.7) eingeführt wird, der als Quotient der
theoretischen und der wahren umschriebenen Seilfläche angeführt ist:
4
42
2
dA
Af
ip
u
c
somit werden die Fläche und das Trägheitsmoment des Seiles
fd
I x
64
4 und f
dAc
4
2 oder cx A
dI
16
2
Die Biegerandspannung W
Mb ;
IE
SI
dQ
S
b
4
oder IS
EdQ S
b
4
c
S
b
Ad
S
EdQ
164
2 und vereinfacht
c
S
bAS
EQ
die Biegerandspannung ist daher c
Sb
AS
EQ
Formel nach ISAACHSEN
SEILBAHNBAU
84
erläuternde Bemerkung
Annahme: Das Seil als ein reibungsloses Drahtbündel
Jeder Einzeldraht i trägt zum inneren Biegemoment bei.
i
M
iM
ixI
SE
iS
iQ
iB
iS
iQ
iM
22
Das Trägheitsmoment des Einzeldrahtes beträgt i
Ai
I
16
2
64
4
Die Biegerandspannung am Einzeldraht wird somit
iA
iS
SE
iQ
iA
SE
iS
iQ
iI
M
W
M
b
16
22
2
2
Nachdem auf Grund der gleichmäßigen Dehnung aller Einzeldrähte über den gesamten Seilquerschnitt ( DrahtSeil ) die
Zugspannung σz ebenfalls gleichmäßig über den Querschnitt verteilt ist, wird die Biegerandbeanspruchung jedes
Einzeldrahtes ebenfalls gleich sein. Das Produkt i
Ai
S ist konstant, sodass unabhängig, ob mit der Annahme eines
homogenen Stabes oder eines reibungslosen Drahtbündels die Biegerandspannung gleich groß ist.
cAS
SE
Qb
WYSS hat neben der theoretischen Bestimmung der Biegerandspannung auch Messungen
durchgeführt, wobei die Biegerandspannungen gemäß der Formel nach ISAACHSEN nicht erreicht
werden. Die größten gemessenen Biegerandspannungen betragen etwa 85 % der theoretisch
ermittelten Biegerandspannungen. Auf Grund dieser Versuche wird die Biegerandspannung nach
der Formel
c
Sb
AS
EQ
85,0 bestimmt.
Bei weiterer Umformung der Formel nach Isaachsen wird die Biegerandspannung
Sz
c
Sb E
S
Q
A
ES
S
Q
85,085,0
erläuternde Bemerkung Aus der vorangeführten Formel zur Ermittlung der Biegerandspannung im Einzeldraht des Seiles wird die Bedeutung des Querbelastungsverhältnisses Q/S für die Lebensdauer des Seiles erkennbar. Bei einem großen Querbelastungsverhältnis (z.B. 1/10) treten wesentlich höhere Biegerandspannungen im Seildraht auf als bei einem kleinem Querbelastungsverhältnis (z.B. 1/25). Bei einer Anhebung der Seilspannkraft (geringere Zugsicherheit) wird bei gleicher Querlast die Lebensdauer erhöht.
SEILBAHNBAU
85
6.2.3 Überlagerung der Biegerandspannungen
Wie in der vorangeführten allgemeinen Gleichung des Krümmungsverlaufes bzw. der Verteilung der
Biegemomente im Seil bei freier Krümmung gezeigt, klingen die Biegemomente exponentiell ab.
Wenn nun mehrere Einzellasten nahe am Seil angreifen, führen diese zu einer gegenseitigen
Beeinflussung. Ein typischer Fall für die Beeinflussung benachbarter Lasten ist das Befahren des
Tragseiles mit einem Wagen, der mehrere Laufrollen hat. Als ausreichende Näherung können die
Momente unter jeder Rolle summiert werden.
Abb.: Beeinflussung benachbarter Lasten bei einem Tragseil durch ein Laufwerk
Nach WYSS kann das Abklingen eines Biegemomentes in einem Seil dargestellt werden.
z
eb
bx
83,110
Für den Abklingfaktor λ wird beim reibungssteifen Seil x/d und beim reibungsfreien Seil x/δ
angenommen. σbx ist jene Biegespannung, die zusätzlich an einem Lastort i zufolge einer im
Abstand x angreifenden benachbarten Last wirkt.
Da der Seildurchmesser d wesentlich größer als ein Drahtdurchmesser δ ist, klingt das Biege-
moment im reibungsfreien Seil im Vergleich zum reibungssteifen Seil viel rascher ab. Nach WYSS
ist bereits in 1/10 jener Entfernung, die für das reibungssteife Seil errechnet wird, das Biegemoment
im reibungsfreien Seil praktisch auf Null abgeklungen.
Die Entfernung, für die das Biegemoment bei einem reibungssteifen Seil auf die Hälfte (λ0,5) bzw. auf
0,1 % (λ0,001)abgeklungen ist, beträgt nach WYSS
z
d
1
86,765,0 und 5,0001,0 10
Bei reibungsfreien Seilen, z.B. Förderseilen oder Zugseilen braucht der Einfluss benachbarter
Lasten, z.B. innerhalb von Rollenbatterien, nicht berücksichtigt werden.
i i+2 i+1
x
Biegerandspannungen b
bx
SEILBAHNBAU
86
Einfluss eines elastischen Futters
Bei modernen Seilbahnen sind Seilrollen und Seilscheiben mit einer elastischen Einlage als Seil-
auflage ausgerüstet. Die zuvor getroffene Annahme hinsichtlich der Überlagerung der Biegerand-
spannungen ist daher als sehr ungünstig anzusehen. Die elastischen Einlagen (Futterung)
verringern die Biegespannungen und die Oberflächenpressungen. Als Futterungsmaterial wird bei
Seilrollen üblicherweise Gummi, bei Laufrollen und Seilscheiben Gummi oder Bekorit (härterer
Kunststoff) eingesetzt.
Die ermittelte Biegerandspannung im Falle der freien Krümmung geht von der Annahme einer
Punktberührung aus. Eine Verringerung der Biegespannung tritt dann ein, wenn anstelle der
Punktberührung durch die elastische Einlage die Auflage des Seiles auf einer Druckellipse erfolgt.
erläuternde Bemerkung
Das Problem wurde u.a. von CZITARY, Verhalten eines Drahtseiles auf einer Rolle mit elastischem Futter, Ing. Archiv Heft 4/1957, und von ENGEL, Zur Biegebeanspruchung eines Seiles auf einer elastisch gefutterten Rolle, ÖIAZ Heft 3/1957, untersucht.
Abb.: Einfluss der Futterung auf die Biegespannungen
Die Gesamtbeanspruchung eines Seildrahtes setzt sich aus der Zugspannung und der Biegerand-
spannung im Einzeldraht zusammen bzges
, wobei die Biegerandspannungen bei jedem
Scheibenumlauf oder bei jedem Befahren des Seiles auftreten.
erläuternde Bemerkung Die Festlegung einer „Dauersicherheit“ oder besser eines ausreichenden Widerstandes gegenüber einer Wechsel- oder Schwellbeanspruchung liegt nahe. So wurden in Österreich bis 2004 diesbezügliche Nachweise für die Seile verlangt und geführt. Mit den nunmehrigen EN-Normen werden, wie in allen anderen Seilbahnländern, der Durchmesser der Seilscheiben oder die Querbelastung in Abhängigkeit vom Seil- oder Drahtdurchmesser ermittelt .
Tragseile schmiegen sich an Seilschuhe (Stützeschuhe oder Stationsschuhe), an Ablenkscheiben
und an Verankerungstrommeln (Stationen). Für die Ermittlung der Biegerandspannung werden die
Tragseile als reibungssteif angenommen.
Zug- und Förderseile weisen bei Seilrollen und Klemmen Punktberührung auf. Für die Ermittlung der
Biegerandspannung werden die Zug- und Förderseile als reibungssteif angenommen.
Zug- und Förderseile schmiegen sich an Scheiben (Ablenk-, Umlenk-, Antriebsscheiben) an; sie
sind als reibungsfrei zu rechnen.
σb
Weg
σb
Weg
theoretischer Biegeverlauf
tatsächlicher Biegeverlauf
Scheibenumlauf Querbelastung
tatsächlicher Biegeverlauf
theoretischer Biegeverlauf
SEILBAHNBAU
87
6.3 OBERFLÄCHENPRESSUNG
Oberflächenpressungen treten im Bereich der Biegedruckspannungen auf und sind abhängig vom
Futterwerkstoff und vom Durchmesser der Scheiben/Rollen, sowie davon, ob Anschmiegen oder
Punktberührung eintritt.
Auf Grund des räumlichen Spannungszustandes wirkt nur ein Teil der Oberflächenpressungen in
Richtung der Zug- und Biegespannungen und ist daher als Erhöhung dieser Beanspruchung in
Rechnung zu setzen. Nach WYSS werden daher Vergleichsspannungen erhalten.
Pressung an vorgegebenen Krümmung
Bei vollständigem Anschmiegen an eine vorgegebene Krümmung (Seilscheiben, Tragseilschuhe)
wird die größte Pressung dD
Sp
3max
Bei Antriebsscheiben wird die Umfangskraft durch Reibung zwischen der Seilfutterung und dem Seil
übertragen. Die Umfangskraft ist dabei der Unterschied zwischen den Seilspannkräften S1 und S2 an
der Seilscheibe. Die Seilspannkraft für die Ermittlung der größten Pressung kann vereinfacht
angesetzt werden:
)(5,0 21 SSSm
erläuternde Bemerkung Ein Futterwerkstoff ist dann tauglich, wenn seine Druckfestigkeit größer als die maximale Pressung ist. Für Gummi kann die zulässige Pressung mit etwa dem halben Wert der Härte nach Shore A angenommen werden (in Ausnahmefällen auch der volle Wert). Bei einer Futterung aus Gummi wird mit einem Elastizitätsmodul EF von ca. 10000 N/mm² gerechnet. Bei weniger elastischem Futter als Gummi (EF > 10000 N/mm²) treten höhere örtliche Pressungen sowohl am Futter als auch an der Seiloberfläche auf. Da nach WYSS nur ein Teil der Pressung in Richtung der Zug- und Biegespannungen wirkt, wird für die Gesamt-beanspruchung σges erhalten: für die Druckzone von
verschlossenen Seilen: max4,0 pbzges
Litzenspiral-/Litzenseilen: max35,0 pbzges
für die Zugzone von
allen Seilarten: bzges
Wird der Scheibendurchmesser entsprechend groß und die Futterung elastisch gewählt, kann der Wert pmax vernachlässigt werden. Bei einem Stützenschuh treten am Tragseil auch in der Biegezugzone beim Überfahren durch das Laufwerk Ober-flächenpressungen auf. Diese sind nach WYSS für die Zugzone von
verschlossenen Seilen: max26,0 pbzges
Litzenspiralseilen: max35,0 pbzges
wobei pmax als Pressung infolge der Rollenlast zu berechnen ist.
Pressung bei freier Krümmung
An Streckenrollen (Stützen) oder an Laufwerksrollen (Fahrzeug) tritt keine vollständige Punkt-
berührung auf. Das elastische Futter wird durch die Rollenlast verformt, sodass eine Druckfläche
entsteht.
SEILBAHNBAU
88
Die Größe der Flächenpressung zwischen Seil und Rolle wird beeinflusst durch
- den Rollendurchmesser DR
- den Rillendurchmesser im Futter der Rolle DF
- den Seildurchmesser d
- den Drahtdurchmesser δ in der Außenlage
- die Schlaglänge und der Machart des Seiles
- dem Krümmungsradius der Seilachse, also vom Quotienten d/DR
Nach der allgemeinen Gleichung der Hertz‘schen Pressung ist
ba
Qp
2
3max
wobei: Q die Querlast und a, b die Halbachsen der Druckfläche (Druckellipse) sind.
Die mittlere spezifische Oberflächenpressung beträgt nach WYSS
ba
Qppm
max3
2
In der Regel gilt bei Gummi als Futtermaterial a : b = 3 : 1.
erläuternde Bemerkung WYSS hat aus der Hertz‘schen Gleichung eine allgemein für alle Seile geltende Formel hergeleitet, die auch die Form der Seilrille (den Rillendurchmesser DF) und die unterschiedlichen E-Module von Seil und Futter berücksichtigt. Der anzunehmende Elastizitätsmodul Em ist wie folgt zu ermitteln
FESEmE
115,0
1
Bei einem dem Seil angepassten Rillendurchmesser wird
32
32
23 2
38,0maxd
Q
RD
d
mEp
Bei einem dem Seil nicht angepassten Rillendurchmesser wird
32
3
2
13 238,0max
d
Q
FD
d
RD
d
mEp
Damit wird nach WYSS die maximale Oberflächenpressung für eine angepasste Seilrille und für EF < 50000 N/mm²
3 23602,0max
RD
Q
FEp
Pressungen bei Seilrollen mit Gummifutter sind etwa 115-mal kleiner als bei Stahlrollen und noch 10-mal kleiner als bei Rollen mit einem Futter aus Kunststoff. Bei Personenseilbahnen werden daher aus Gründen der Seillebensdauer immer gefutterte Rollen und Scheiben verwendet. Da wieder nur ein Teil der Oberflächenpressung in Richtung der Zug- und Biegespannungen wirkt, gilt nach WYSS für die
örtliche Pressung pö bei
verschlossenen Seilen: max05,1 pöp
Litzenspiralseilen: max2 pöp
Litzenseilen: max25,2 pöp
Die Gesamtspannung σges in der Biegedruckzone ergibt sich damit für
verschlossene Seile: öpbzges 26,0
Litzenspiralseile und Litzenseile: öpbzges 35,0
SEILBAHNBAU
89
6.4 SEKUNDÄRE BIEGEBEANSPRUCHUNG
Beim Abstützen der Drähte einer Drahtlage auf den darunter liegenden Drähten der benachbarten
Drahtlage entstehen - insbesondere bei einem Seilaufbau mit Drahtkreuzungen - sekundäre Biege-
beanspruchungen.
Abb.: Biegebeanspruchung im Seildraht durch Drahtkreuzungen
sin1616max
PlPM st
Wenn unter dieser Belastung die auftretenden Hertz'schen Pressungen größer als die Festigkeit des
Drahtwerkstoffes sind, treten plastische Verformungen auf. Diese Kerbwirkungen führen zu
Aufhärtungen (Materialversprödung), die zu Mikrorissen und Dauerbrüchen der Drähte führen
können.
ω
Drahtlage p+1
Drahtlage p
Stützlänge lst
δ
δ
P
SEILBAHNBAU
90
7 SEILBEMESSUNG
Die Gesamtbeanspruchung des Seildrahtes setzt sich aus folgenden Einflüssen zusammen:
2121 ffbbpzHtot
H Herstellungsspannung
z Zugspannung aus der Seilspannkraft
p Spannung aus der Oberflächenpressung
1b primäre Biegebeanspruchung nach Reuleaux oder Isaachsen
2b sekundäre Biegebeanspruchung aus dem Seilaufbau
1f Beanspruchung aus dem Seildrall
2f Beanspruchung aus der Drahtreibung
Zu diesen Komponenten ist festzuhalten, dass
- Herstellungsspannungen nicht erfassbar sind
- zusätzliche Beanspruchungen großteils durch die Wahl der Seilkonstruktion sehr gering
gehalten werden können
- bei (hoch-)elastischem Futter, z.B. Gummi, sind Oberflächenpressungen nicht maßgeblich
und daher vernachlässigbar
- Beanspruchungen aus dem Seildrall bzw. aus der Drahtreibung durch betriebliche
Maßnahmen gering gehalten werden können (Seilschmierung) und daher in ihrer Größe
nicht quantifizierbar sind.
Somit bleibt als wesentlichste Bemessungsgrundlage des Stahlseiles die Gesamtbeanspruchung
aus der Zug- und Biegebeanspruchung.
erläuternde Bemerkung Die Bemessung der Seile erfolgt nicht ausschließlich unter der Überlegung der ausreichenden Sicherheit gegenüber einem Seilversagen. Die Bemessungsregeln beinhalten oft konstruktive Vorgaben, die aus der Praxis stammen und die sich empirisch bewährt haben. Dazu zählen unter Anderem das Querbelastungsverhältnis, die Zugsicherheit, der Durchmesser von Seilscheiben, das Drahtbruchverhalten unter Dauerbelastungen, die Seilprüffristen. BITTNER hat mit dem Ziel, die Überlagerung der Zug- und der Biegebeanspruchung im Seildraht als Bemessungsgrund-lage von Seilen unter Berücksichtigung der Materialermüdung eine Methode der Seilbemessung entwickelt und in ISR Heft 4/1969 und Heft 1 + 2/1970 veröffentlicht. Diese Methode wurde in die österreichischen Vorschriften (Drahtseilbedingnisse 1973, 3. Auflage 1980) aufgenommen. Mit Inkrafttreten der Europäischen Normenreihe für Seilbahnen gelangt diese Methode nicht mehr zur Anwendung.
Im Folgenden werden die Zugsicherheiten und die Angaben zur Begrenzung der Biegespannungen
im Seil angeführt, die in der ÖNORM EN 12930 (Berechnungen) und der ÖNORM EN 12927-2 (Seile
– Sicherheitsfaktoren) angegeben sind.
SEILBAHNBAU
91
7.1 TRAGSEIL
Zugsicherheit
Damit eine straffe Seilführung (feste Fahrbahn und ruhiges Befahren) erzielt wird und damit die
Biegebeanspruchung an den Seilunterstützungspunkten (Stützenschuhe, Stationsschuhe) begrenzt
wird, ist auf Grund praktischer Erfahrungen die Zugsicherheit nZ festgelegt mit
kleinste Zugsicherheit im Betrieb nZ min = 3,15
bei Berücksichtigung einer Tragseilbremsung nZ min = 2,70
bei Berücksichtigung der Einwirkungen von Wind und Eis außer Betrieb
nZ min = 2,25
Begrenzung der Biegebeanspruchungen (freie Biegung)
Zur Begrenzung der Biegebeanspruchung und zum Erreichen einer wirtschaftlichen Lebensdauer ist
das Querbelastungsverhältnis η (Quotient der kleinste Seilspannkraft Smin zur größten Fahrzeuglast
Qmax) begrenzt.
Für Tragseile, die mit Gewichten oder mit hydraulischen Einrichtungen abgespannt sind:
η = 10
Für fix abgespannte Tragseile: η = 8
Das Querkraftverhältnis einer einzelnen Laufrolle darf bei Verwendung eines Futterwerkstoffes
mit einem Elastizitätsmodul E > 5 000 N/mm² den Wert ηR = 80
und bei Verwendung eines Futterwerkstoffes mit einem Elastizitätsmodul E ≤ 5 000 N/mm² den
Wert ηR = 60
nicht unterschreiten.
erläuternde Bemerkung Bei mehr als 8 Rädern ist eine Erhöhung des kleinsten Radlastverhältnisses auf ηR ≥ 120 zweckmäßig.
erläuternde Bemerkung Bei Materialseilbahnen (meist 4-rollige Laufwerke) beträgt das Rollenastverhältnis ηR:
für Wagenfolgezeiten von t ≥ 60 s ηR = 60 für Wagenfolgezeiten von t ≤ 20 s ηR = 120
Zwischenwerte können interpoliert werden; für Anlagen, die nur befristet aufgestellt werden, gelten die halben Werte.
SEILBAHNBAU
92
Begrenzung der Biegebeanspruchungen (erzwungene Biegung)
Die Biegespannungen an den Einzeldrähten des Tragseiles werden durch die Festlegung von
Richtwerten für die konstruktive Ausführung der Abspannpoller oder der Tragseilschuhe in
Abhängigkeit vom Seilnenndurchmesser d begrenzt.
D/d ≥ 300 bei Bewegung des Tragseiles (Stützenschuh)
D/d ≥ 65 bei keiner Bewegung des Tragseiles (Trommelverankerung, Stationsschuh)
7.2 ZUG- und GEGENSEILE
Zugsicherheit
Die Größe der kleinsten Zugsicherheit nZ min ist hauptsächlich empirisch begründet. Die Erfahrungen
zeigen, dass bei einer kleinsten Zugsicherheit von ca. 4,0 sehr gute Lebenserwartungen des
Zugseiles gegeben sind.
erläuternde Bemerkung Tatsächlich ist aus Festigkeits- oder Sicherheitsüberlegungen diese Grenze keinesfalls zwingend. Arbeiten und theoretische Überlegungen zeigen, dass die Zugsicherheit als Bemessungsgröße auf Grund ihrer einfachen Festlegung zweckmäßig, aber keinesfalls technisch begründet ist.
Die normgemäßen kleinsten Zugsicherheitswerte sind bei
Standseilbahnen nZ min = 4,20
Pendelbahnen nZ min = 3,80
Zweiseilumlaufbahnen nZ min = 4,00
Beim Nachweis Einhaltung der kleinsten Zugsicherheit sind dynamische Wirkungen beim Anfahren
und Bremsen der Seilbahn zu berücksichtigen. Üblicherweise werden diese mit 0,15 m/sec² (Anfah-
ren) und 0,40 m/sec² (Bremsen) angenommen. Die dynamischen Wirkungen sind näherungsweise
in Form der Trägheit der bewegten Massen zu berücksichtigen, wobei die seilbedingten Massen als
mit dem Seil fest verbunden und darüber gleichmäßig verteilt angenommen werden können.
Ist die Seilbahn mit einer Fangbremse (Tragseilbremse bei einer Zweiseilpendelbahn oder
Schienenzangenbremse bei einer Standseilbahn) ausgerüstet, muss bei Einfallen der Fangbremse
die Zugsicherheit mindestens
nZ min = 1,50
betragen.
Bei endlosen Seilschleifen muss zur Sicherheit des Seilspleißes (Reibverbindung, Haftreibung) die
größte Zugsicherheit mit
nZ max ≤ 20
begrenzt werden, wobei dynamische Wirkungen nicht berücksichtigt werden müssen.
SEILBAHNBAU
93
Begrenzung der Biegebeanspruchungen (freie Biegung)
Zur Begrenzung der Biegerandspannung am Drahtseil darf das Querlastverhältnis
- bei einem Fahrzeug mit einer Einzelklemme oder mit zwei Klemmen, die einen geringeren
Abstand als zwei Schlaglängen des Seiles aufweisen
15max
min Q
S
- bei einem Fahrzeug mit zwei Klemmen, die einen größeren Abstand als zwei Schlaglängen des
Seiles aufweisen
12max
min Q
S
nicht überschreiten.
Begrenzung der Biegebeanspruchungen (erzwungene Biegung)
Die Biegespannungen an den Einzeldrähten des Seiles werden durch die Festlegung von
Richtwerten für die konstruktive Ausführung der Seilscheiben (Seilscheibendurchmesser D)
begrenzt.
Seilscheibendurchmesser D / Seildurchmesser d: D/d ≥ 80
7.3 FÖRDERSEIL
Zugsicherheit
Die Festlegung der Zugsicherheit bei Förderseilen erfolgt nach den gleichen Kriterien wie für das
Zugseil.
4,0 ≤ nZ ≤ 20,0
Bei der Ermittlung der kleinsten Zugsicherheit werden die Kräfte infolge Beschleunigung (Anfahren)
oder Verzögerung (Bremsen) wieder vereinfacht in der Größe der d’Alembertschen Trägheitskräfte
berücksichtigt.
Begrenzung der Biegebeanspruchungen (freie Biegung)
Es gelten dieselben Bestimmungen wie beim Zug- und Gegenseil.
Begrenzung der Biegebeanspruchungen (erzwungene Biegung)
Es gelten dieselben Bestimmungen wie beim Zug- und Gegenseil.
7.4 SEILE VON MATERIALSEILBAHNEN
Für Materialseilbahnen gelten die Werte gemäß ÖNORM V 4001 (Materialseilbahnen, Zweiseil-
bahnen) und ÖNORM V 4003 (Materialseilbahnen, Einseilbahnen).
SEILBAHNBAU
94
8 SEILBAHNSYSTEME
Jede Seilbahn erfüllt unterschiedliche Interessen und Anforderungen. Die Wahl des Seilbahn-
systems erfolgt dabei unter folgenden zu beachtenden Gesichtspunkten:
- die Wirtschaftlichkeit des Seilbahnsystems
- den Zweck der Seilbahn
- die Anlageverhältnisse (Seilbahntrasse)
- die klimatischen Verhältnisse
- die Betriebsabwicklung
- die Vorschriften und normativen Vorgaben
- die technische Ausführbarkeit
- die Förderleistung
Wirtschaftlichkeit des Seilbahnsystems
Diese wird durch eine Kosten-Nutzen-Analyse untersucht. Die gewünschte Förderleistung
(Personen/Stunde oder Lastenmasse/Stunde) muss zu den Anlage-, Betriebs- und Instand-
haltungskosten (einschließlich Baukosten) während der Nutzungsdauer, die mit etwa 15 bis 25
Jahren für kuppelbare Seilbahnsysteme und mit etwa 30 bis 50 Jahren bei Standseilbahnen und
Pendelbahnen angenommen werden kann, in einem ausgewogenen Verhältnis stehen.
erläuternde Bemerkung Einige Seilbahngesellschaften schließen sich zu Betriebs- bzw. Verbundgemeinschaften zusammen. Mit einer Skikarte im Verbundnetz können somit mehrere Seilbahnen auch weiterer Seilbahnunternehmen benutzt werden, ohne dass jedes Mal ein neuer Fahrschein gelöst wird. Die Abrechnung (Aufteilungsschlüssel der Gewinn- bzw. Kostenteilung) erfolgt z.B. nicht nur über die Anzahl der beförderten Personen (Feststellung über Drehkreuze), sondern auch unter Berücksichtigung der Wertigkeit einer Seilbahn. So ist eine kuppelbare Sesselbahn mit einer höheren Wertigkeit versehen als ein fixgeklemmter Sessellift. Dies führt zum vermehrten Bau von hochwertigen Seilbahnsystemen, das nicht nur dem Seilbahnunternehmen nützt, sondern auch das Angebot an die Fahrgäste erhöht.
Zweck der Seilbahn
Erschließung eines Erholungsgebietes (Skigebietes), Erfüllung eines Verkehrs- oder Transport-
bedürfnisses (Erschließung eines Siedlungsgebietes), Erhaltung eines regionalen Siedlungsraumes
(Vermeidung von Abwanderungen durch touristische Erschließung), Ersatz für sonstige Transport-
mittel im unwegsamen Gelände.
erläuternde Bemerkung Der Transport von Lebensmittel und Gebrauchsgüter (z.B. Brennmaterial) zu privaten oder touristisch geführten Almen und Berghütten erfordert oft eine Ladekapazität, die mit einfachen kleinen Systemen nicht gegeben ist. Aus diesem Grund wurden einige Pendelbahnen im Skigebiet errichtet, wo für den ausschließlichen Personenverkehr auch eine Sesselbahn gereicht hätte.
SEILBAHNBAU
95
Anlageverhältnisse (Seilbahntrasse)
Die Geländeverhältnisse und der Geländeverlauf entlang der Trasse sind oft maßgebend. Der
Projektant findet nicht immer ideales Gelände vor, sondern muss geologische und geotechnische
Verhältnisse, das Vorhandensein einer Wildbach- und Lawinengefährdung, sowie Hindernisse im
Trassenverlauf (z.B. überfahrende Gebäude, kreuzende Verkehrswege) berücksichtigen.
erläuternde Bemerkung Die Trasse einer Seilbahn und damit auch die Stützenstandorte werden meist auf privatem Grund errichtet. Der Grundbe-sitzer muss daher seine Zustimmung zur Errichtung einer Seilbahn, die sein Grundstück überspannt, geben. Das Seilbahn-gesetz sieht zwar eine Enteignungsmöglichkeit im Interesse des Verkehrsbedürfnisses vor, allerdings sind solche Verfahren sehr langwierig und für das Seilbahnunternehmen daher nicht wirklich ein reales Mittel zum Durchsetzen seiner Interessen.
klimatische Verhältnisse
Bei einer sehr ausgesetzten Seilbahn mit einem großen Bodenabstand muss deren Betrieb auf
Grund einer höheren Windbelastung früher eingestellt werden als bei einer Seilbahn, die bodennahe
u.U. sogar im Baumbereich geführt wird. In den Hochgebirgen sind neben Wind auch die
Beeinflussungen durch Schnee- und Vereisungen zu berücksichtigen.
erläuternde Bemerkung Hier wurde in den letzten Jahren insbesonders der Vorteil von Zweiseilbahnen (Pendelbahnen, Zweiseilumlaufbahnen) oder Doppelseilbahnen (Funitel, Funifor) ausgenützt. Bei Skigebieten, wo die große Transportleistung von Fahrgästen zu diesen nur durch Seilbahnen ermöglicht wird (z.B. die meisten Gletscherskigebiete Österreichs), ist die Rückbringung von Fahrgästen am späten Nachmittag ein unbedingt zu betrachtender Umstand, da in diesen Gebieten am Ende eines Skitages oft mehr als 10.000 Personen talwärts zu befördern sind. Bei Aufkommen von Wind sind daher windstabile Seilbahnsysteme besonders wichtig.
Betriebsabwicklung
Es ist bei der Systemwahl zu berücksichtigen, ob ein ausschließlicher Winter- oder Sommerbetrieb
geführt werden soll, oder ob ganzjährig ein Betrieb erforderlich ist. Die Beförderung im Winter
erfordert geänderte Aussteigestellen für Fahrgäste mit angeschnallten Wintersportgeräten (Skier,
Snowboards etc.) Es ist weiter zu unterscheiden, ob ausschließlich Fußgänger befördert werden
oder ob eine gemischte Beförderung (Fußgänger und Wintersportler) stattfindet. So kann das Ein-
bzw. Aussteigen von Fußgängern nur mit einer geringeren Fahrgeschwindigkeit stattfinden als bei
Skifahrer, die über die Abfahrtsrampe abrutschen.
Ebenfalls zur Betriebsabwicklung zählt das Erfordernis Wartungsarbeiten während der Stillstandzeit
der Seilbahn vorzunehmen.
erläuternde Bemerkung Bei Seilbahnen, die ganzjährig betrieben werden, ist dieser Umstand besonders wichtig, da wartungsintensive Seilbahnsysteme eine lange Betriebspause erfordern. Hier ist die Wahl eines einfachen Seilbahnsystems zweckmäßig. Zum Beispiel bedürfen Pendelbahnen oder Standseilbahnen wesentlich weniger Wartung als kuppelbare Seilbahnsysteme.
SEILBAHNBAU
96
Vorschriften und normativen Vorgaben
Die anzuwendenden Normen sind im Anhang zum Skriptum angegeben.
erläuternde Bemerkung Gesetzliche Grundlagen bilden ein wesentliches Kriterium für die Errichtung einer Seilbahn. Umweltbedingungen (Naturschutz, Denkmalschutz, Umweltverträglichkeitsnachweise usw.) sowie Forderungen der Grundbesitzer und Anrainer gründen oftmals wesentliche Entscheidungskriterien. Normbestimmungen erleichtern dem Konstrukteur die Planungsarbeiten. Allerdings können Normen bei „nicht normgemäßen“ bzw. bei „nicht üblichen“ Anlageverhältnissen oder bei Innovationen auch zu einschränkende bzw. hemmende Wirkungen haben.
technische Ausführbarkeit
Diese Grenzen sind sowohl wirtschaftlich als auch durch die Forderung nach Betriebssicherheit
beeinflusst.
erläuternde Bemerkung Der Grundsatz, dass technisch alles möglich ist, stimmt bedingt. Allerdings werden für ein Sonderproblem nicht unbedingt Sonderlösungen gefunden. Wenn z.B. durch die gewählte Trassierung eine große Seilneigung auftritt, wird von den Herstellern nicht deshalb ein in Serienfertigung vorhandener Klemmapparat abgeändert, sondern die Trassierung erfolgt so, dass ein standardisierter Bauteil eingesetzt werden kann.
Förderleistung
Die theoretische stündliche Förderleistung umfasst jene Anzahl von Personen, die von einer
Seilbahn in einer Stunde bei größter Auslastung (jedes Fahrzeug voll besetzt, ungestörter Betrieb
mit größter Fahrgeschwindigkeit) befördert werden können.
Die tatsächliche Förderleistung ist geringer als die theoretische und wird vor Allem durch den
Besetzungsgrad der Fahrzeuge beeinflusst.
erläuternde Bemerkung Vor allem die Fahrzeuge mit einer geringen Fahrgastanzahl (Dreier- oder Vierersessellift, geschlossene Wagenkästen bis zu 6 Personen) haben gegenüber Großkabinen einen geringen Besetzungsgrad, da die Individualität der Fahrgäste ein nicht zu unterschätzender Faktor ist.
Die theoretische stündliche Förderleistung M einer Seilbahn ist das Produkt aus Anzahl n der
Fahrzeuge, die in einer Stunde die Zielstation erreichen, und dem Fassungsraum P eines
Fahrzeuges:
PnM (Pers/h)
SEILBAHNBAU
97
Theoretische Förderleistung einer Seilbahn im Pendelbetrieb
Die Anzahl n der Wagen (Standseilbahn) oder der Kabinen (Zweiseilpendelbahn), die in einer
Stunde die Zielstation erreichen, sind vom „Fahrtspiel“ t abhängig. Unter Fahrtspiel wird jene
Zeitspanne genannt, die sich aus der Fahrzeit t1 und dem Stationsaufenthalt t2 zusammensetzt.
21 ttt
Bestimmung von t1:
Abb.: Fahrdiagramm am Beispiel einer Pendelbahn
Die Beschleunigung, mit der die Seilbahn aus der Station bis zum Erreichen der größtzulässigen
Fahrgeschwindigkeit (Nennfahrgeschwindigkeit) ausfährt beträgt üblicherweise
0,20 bis 0,30 m/sec².
Die Verzögerung, mit der die Wagen in die Stationen einfahren, beträgt üblicherweise
0,20 bis 0,40 m/sec².
Die Fahrzeit, mit der die Seilbahn mit konstanter Fahrgeschwindigkeit fährt, ist von der
Trassenlänge L* abhängig.
Bei einer hohen Nennfahrgeschwindigkeit (bis 12,0 m/sec) der Seilbahn wird meist auf Grund der
hohen Zentripedalbeschleunigung beim Überfahren einer Stütze auf eine geringere Fahrge-
schwindigkeit abgesteuert.
Die Einfahrt der Wagen in die Station erfolgt mit einer sehr geringen Fahrgeschwindigkeit (etwa
0,3 m/sec), da am Ende der Fahrt der Wagen an den Stationspuffer auffährt.
Der Fahrtablauf erfolgt durch die Seilbahnsteuerung (festgestellter Wagenstand und Vorgabe durch
das Kopierwerk) automatisch. Er kann aber auch manuell erfolgen.
Für die Bestimmung der Fahrzeit t1 werden die einzelnen Fahrtzeitabschnitte ermittelt und die
Summe gebildet.
Beschleunigungsphase: ba
vt max bzw.
ba
vvt 12
ab: Beschleunigung (m/sec²)
v
(m/sec)
t (sec)
Beschleunigung
v=const.
Stützenüberfahrt
Beschleunigung Verzögerung
Stationseinfahrt
v=const.
t1
SEILBAHNBAU
98
Verzögerungsphase: va
vt max bzw.
va
vvt 21
av: Verzögerung (m/sec²)
Bestimmung von t2:
Der Stationsaufenthalt setzt sich aus dem Zeitbedarf für die Türöffnung, für das Aus- bzw.
Einsteigen der Fahrgäste, für das Türschließen und für die betrieblichen Handlungen, die für das
Abfahren der Wagen notwendig sind, zusammen. Der Fahrgastwechsel (Ein- und Aussteigen der
Fahrgäste) ist wesentlich von der Fahrgastanzahl, von der Türöffnungsbreite des Wagens, von der
Möglichkeit einer Bereitstellung von Fahrgästen am Bahnsteig und vom Betriebspersonal der
Seilbahn ab.
erläuternde Bemerkung In der Literatur ist für den Fahrgastwechsel eine Zeitspanne von 0,5 bis 1,0 sec/Person angegeben. Diese Werte sind aber höchstens Richtwerte, da die maßgeblichen Einflüsse sehr variabel sind.
Die theoretische stündliche Förderleistung M wird durch die Bestimmung der Anzahl der Fahrtspiele
in einer Stunde n und dem Wagenfassungsraum P ermittelt.
21
36003600
tttn
und
21
3600
ttPM
Theoretische Förderleistung einer Seilbahn im Umlaufbetrieb
Die Anzahl n der Fahrzeuge, die in einer Stunde die Zielstation erreichen, ist von der Folgezeit tF
abhängig. Die Folgezeit wird vom Gehängeabstand w am Seil (m) und von der Nennfahr-
geschwindigkeit vmax (m/sec) ermittelt.
maxv
wtF
Die Förderleistung beträgt
Ft
PM
3600
erläuternde Bemerkung Bei einer Sesselbahn mit einem Sitzplatzangebot von 4 Personen und einer Folgezeit von 9 Sekunden beträgt die
Förderleistung 16009
43600
M Personen/Stunde.
Antriebe von Seilbahnen
Seilbahnen werden heute fast ausschließlich mit Gleichstrommotoren (Thyoristorantrieb), den
sogenannten Hauptantrieb, ausgerüstet. Der Motor treibt über Kardanwellen und über ein Getriebe
(übersetzt den schnelllaufenden Motor zur langsam laufenden Antriebsscheibe, Drehzahlverhältnis
etwa 1:40 bis 1:80) die Antriebsscheibe an.
SEILBAHNBAU
99
Abb.: Getriebe (blau, mittig) mit zwei
Abgängen zu zwei Antriebsscheiben
Jede Seilbahn, mit Ausnahme von sehr kurzen Standseilbahnen oder Schleppliften, muss zusätzlich
mit einem Notantrieb ausgerüstet werden. Bei einer Störung des Hauptantriebes (Ausfall Stromnetz,
Getriebe- oder Motorschaden etc.) wird ein vom Stromnetz unabhängiger Notantrieb (meist ein
Dieselmotor, der über eine Hydraulikpumpe und einen Hydraulikmotor auf einen Zahnkranz der
Antriebsscheibe wirkt) in Betrieb genommen und mit geringer Fahrgeschwindigkeit werden die
Fahrgäste in eine Station befördert (Fahrgeschwindigkeit etwa 1,0 m/sec).
Abb.: Hydraulikmotor (blau) wird bei Fahren
mit dem Notantrieb eingerückt und
treibt auf den Zahnkranz der
Antriebsscheibe
Anhalten der Seilbahn, Bremsen
Das Anhalten bzw. die Bremsung einer Seilbahn erfolgt durch den Antrieb (elektrische Motorbremse
mit einstellbarere Verzögerung etwa 0,4 – 1,0 m/sec²) oder durch mechanisches Bremsen am
Antrieb (genannt Betriebsbremsen) und an der Antriebsscheibe (genannt Sicherheitsbremsen).
Betriebsbremsen können zwischen den E-Motoren und dem Getriebe oder an der Antriebsscheibe
angebracht werden. Sicherheitsbremsen müssen an der Antriebsscheibe angebracht sein (im Falle
eines Getriebebruchs). Jede Bremseinheit für sich muss die vollbeladene Seilbahn anhalten können.
SEILBAHNBAU
100
Abb.: mechanische Bremse (Backenbremse) am Bremskranz der Antriebsscheibe (Sicherheitsbremse). In den beiden Kolben (schwarz) erfolgt das hydraulische Öffnen (Lüften) der Bremsen (Lüftspalt etwa 2 mm)
Die Betriebsbremsen und die Sicherheitsbremsen sind als Passivbremsen ausgeführt. Die
Bremskraft wird durch andauernd unter Spannung stehenden Federn erzeugt (meist Tellerfedern),
die die Bremszangen schließen wollen. Der entgegenwirkende Druck zum Offenhalten der Bremsen
im Betrieb (Lüften der Bremsen) erfolgt entweder hydraulisch (Hydraulikaggregat) oder seltener
pneumatisch (Pneumatikaggregat). Wenn eine Sicherheitseinrichtung der Seilbahn anspricht (oder
der Maschinist die Stillsetzung der Seilbahn veranlasst) wird in der hydraulischen
Druckversorgungsleitung ein Ventil geöffnet, der Druck im Hydrauliksystem fällt ab und die Bremse
schließt sich durch die Federkraft.
erläuternde Bemerkung
Diese Art der Bremsung wird als „passiv wirkendes Bremssystem“ genannt. Im Gegensatz dazu erfordert das „aktiv
wirkende Bremssystem“ eine aktive Tätigkeit. Ein typisches Beispiel für ein Aktivbremssystem ist das Kraftfahrzeug (PKW, LKW), wo erst durch Betätigen des Bremspedals der Druck aufgebaut wird. Vom Sicherheitsniveau gilt das Passivbremssystem als höherwertiger, da bei einem Versagen der Bremseinrichtung (z.B. durch ein Lecken der Bremsleitung) die Bremse geschlossen wird. Bei einem Aktivbremssystem sind gegen diese Gefahr eines nicht möglichen Druckaufbaues oder eines Verlustes des Bremsdruckes durch eine schadhafte Bremsleitung immer mindestens zwei Bremskreise erforderlich.
erläuternde Bemerkung Pneumatische Bremseinrichtungen sind vom Aufbau wesentlich einfacher. Das Problem ist die Vereisung der wasserhaltigen Luft bei geringen Temperaturen, die zu Bremsversagen führen kann. Luft als Druckmittel muss daher kondenswasserfrei sein, was umfangreiche Entfeuchtungseinrichtungen und deren Wartung bedingt.
SEILBAHNBAU
101
8.1 STANDSEILBAHN
Die 1862 in Betrieb genommene Standseilbahn in Lyon hatte eine Länge von 489 m und einen
Höhenunterschied von 70 m. Eine Wasserturbine trieb das Seil mit 2,0 m/sec an. Eine der modern-
sten Standseilbahnen Österreichs, die Stollenbahn Mölltaler Gletscher wurde 1997 in Innerfragant
(Kärnten) in Betrieb gesetzt. Die Länge der Standseilbahn beträgt 4827 m, der Höhenunterschied
beträgt 1012 m und die größte Fahrgeschwindigkeit beträgt 12,0 m/sec. In Barcelona errichtete die
Fa. Waagner-Biró 1992 für die olympischen Spiele eine Standseilbahn, deren Wagen 400 Personen
fassen und eine Förderleistung von 8000 Pers/h aufweist.
Standseilbahnen haben sich parallel zu den Eisenbahnen entwickelt. Grundstein für die Entwicklung
der Standseilbahn war das Stahlseil.
Standseilbahnen werden fast ausschließlich im Pendelbetrieb betrieben. Die übliche Fahrgeschwin-
digkeit beträgt 5 bis 12 m/sec. Bei hohen Fahrgeschwindigkeiten sind zusätzliche Untersuchungen
über die Entgleisungssicherheit der Laufräder erforderlich. Seit 1996 verkehrt die schnellste Stand-
seilbahn der Welt in Österreich mit 14,0 m/sec (Wurzeralmbahn in Spital am Pyhrn/Oberösterreich).
Antrieb bei Standseilbahnen
Standseilbahnen können durch eine Winde in der Bergstation (Windenantrieb), durch ein von der
Antriebsscheibe in der Bergstation angetriebenes Zugseil oder mit Hilfe einer geschlossenen
Zugseilschleife (Zug- und Gegenseil) angetrieben werden.
Frühe Standseilbahnen wurden mehrmals mit Wasser als Ballast betrieben. Im Unterteil der Wagen
waren Wassertanks angebracht. In der Bergstation wurde Wasser zugeladen und in der Talstation
abgelassen. Die Wassermasse im talwärts fahrenden Wagen wirkte der Nutzlast des bergfahrenden
Wagens entgegen.
Bei hohen Fahrgeschwindigkeiten ist die Bauart mit einem Windenantrieb nicht möglich.
Die häufigste Bauart einer Standseilbahn ist jene, wo zwei Wagen auf einer geschlossenen
Zugseilschleife auf nur einem Gleis fahren. Dies wird durch den Einbau einer Abt’schen Ausweiche
ermöglicht.
SEILBAHNBAU
102
Abb.: Standseilbahn mit Windenantrieb, mit Antriebsscheibe und mit geschlossener Zugseilschleife
erläuternde Bemerkung Erfolgt der Antrieb mit Hilfe einer Seilwinde, so spricht man auch von einem Schrägaufzug.
Bei den modernen Standseilbahnen wird durch die hohe Personenanzahl je Wagen der Unterschied
zwischen den Seilspannkräften an der Antriebsscheibe so groß, dass es schwierig wird die Über-
tragung der Umfangskraft an der Antriebsscheibe zu sichern. Deshalb werden Standseilbahnen fast
nur mehr mit geschlossenen Zugseilschleifen gebaut (Zug- und Gegenseil), die durch Anordnung
eines Spanngewichtes an der Antriebsscheibe eine höhere Seilspannkraft erzeugen und damit eine
erhöhte Umfangskraftübertragung gewährleisten oder/und der Umschlingungswinkel an der
Antriebsscheibe wird durch doppelt gerillte Antriebsscheiben oder durch Sonderkonstruktionen
vergrößert.
Abb.: zweifach gerillte Antriebsscheibe, Umschlingungswinkel α > 2π
Winde
Wagen
Zugsei
l
Antriebsscheibe
Zugsei
l
Gegenseil
Spanngewicht
Antriebsscheibe
Gegenscheibe
zweirillige
Antriebsscheibe
Gegenscheibe
Ablenkscheibe
S1
S2
SEILBAHNBAU
103
Die Umfangskraft ist die Differenz der Seilspannkräfte S1 und S2. Aus der Seil- und Längenschnitts-
berechnung wird die größtauftretende Umfangskraft ermittelt.
max12max SSU
Die aus der Reibung zwischen Seil und dem Scheibenfutter mögliche Umfangskraft beträgt
11 eSU , wobei S1 die kleinere der Seilspannkräfte ist.
Der Reibungskoeffizient μ ist vom Material abhängig und wird bei Gummi mit 0,16 bis 0,22
angesetzt. Bei Verwendung von Becorit (Kunststoff) beträgt der angesetzte Reibwert 0,28.
Die Sicherheit wird durch einen Erhöhungsfaktor erreicht, mit dem die Umfangskraft vermehrt wird.
max5,1 UUerf
Konstruktionen bei Standseilbahnen
Das Fahren von zwei Wagen auf einem Gleis wird durch die Anordnung einer Abt’schen Ausweiche
in der Streckenmitte ermöglicht.
Abb.: Abt’sche Ausweiche
SEILBAHNBAU
104
Abb.: Abt’sche Ausweiche (Darstellung einer Standseilbahn ohne Gegenseil)
Die Ausweiche hat keine beweglichen Teile. Sie funktioniert daher vollautomatisch.
In der Abt’schen Ausweiche fährt ein Wagen immer auf dem linken; der andere Wagen auf dem
rechten Gleis. Die in der Ausweiche außen liegenden Schienen sind durchgehend und lückenlos.
Die Spurführung wird durch die Spurräder mit doppeltem Spurkranz auf einer Wagenseite erzielt.
Die andere Wagenseite ist mit breiten Walzenrädern ausgestattet, die über die Weiche mit der
Öffnung für das Zug- und Gegenseil fahren.
Abb.: Achse und Laufräder bei einer Standseilbahn mit einer Abt’schen Ausweiche
Das Zugseil und das Gegenseil sind am Unterbau des Wagens entweder mit Muffen oder durch
Schlingen (ähnlich einem Tragseilpoller) befestigt. Bei der Überfahrt der Rollen durch den Wagen
werden das Zugseil und das Gegenseil von den Rollen abgehoben. Für das Befahren in einem
Bogen oder vor und in der Ausweiche sind die Streckenrollen in der Seilresultierenden schräg
gestellt.
Spurrad Walzenrad
Zugseil Gegenseil
Streckenrollen
Rollengrube
Ф 30 – 35 cm
10 - 25 cm
Zugseilrollen
Spurräder
Walzenräder
Zugseil
Antrieb
SEILBAHNBAU
105
Abb.: Schrägstellung der Streckenrollen in der Kurve
Die Neigung der Streckenrollen darf nicht zu klein sein. Die Streckenrollen sollen in der Richtung der
Resultierenden angeordnet werden. Die Rollenborde (seitliche Führungen) an den Streckenrollen
verhindern das Entgleisen des Zug- bzw. des Gegenseiles. Die Rollen müssen in den Kurven auch
den horizontalen Raddruck aufnehmen können.
Werden Kurven in Neigungsbrüchen ausgeführt, besteht die Gefahr, dass - vor allem bei einem
großen Radstand, ohne Drehgestelle - eine Entlastung eines Rades eintritt und damit Entgleisungs-
gefahr besteht. Bei Anwendung größerer Geschwindigkeiten, z.B. über 10 m/s, werden daher vor
Allem in räumlichen Kurven Messungen von Radentlastungen durchgeführt.
Abb.: Kräfte bei Kurvenfahrt
Die vier Räder liegen nicht auf einer Fläche. Besonders kritisch ist die Anordnung einer Kurve in
einer Kuppe. Der Wagenrahmen und die Federung sollen deshalb weich sein. Bei schnellfahrenden
Standseilbahnen sind allerdings weiche Federn ungünstig, da diese zu Schwingungen führen.
Die Wahl des Ausrundungsradius ist besonders bei der Weiche wichtig. Bei Fahrgeschwindigkeiten
von mehr als 10 m/sec werden daher Übergangsbogen gewählt.
Die Wagen von Standseilbahnen sind zusätzlich mit Schienenzangenbremsen ausgerüstet (ebenso
wie bei den meisten Pendelbahnen; dort werden sie Tragseilbremsen genannt). Diese werden im
Gefahrfall selbsttätig oder manuell zum Einfall gebracht. So wird z.B. ein Verlust der Spannkraft im
Zug- oder Gegenseil (Seilriss, Schlappseil) selbsttätig erkannt und die Backen der Schienen-
zangenbremse krallen sich an der Schiene fest.
Entwässerung
Zugkraft
Führungskraft
Kippachse
R
Rad, das die Führung übernehmen
soll, wird entlastet
SEILBAHNBAU
106
Abb.: Schema der Schienenzangenbremse bei einer Keilkopfschiene
Die Schienenzangenbremsen sind zwischen den Laufwerken angebracht. Die Bremskraft wird
permanent meist durch Federn, bei neueren Bauarten durch Federn und Hydraulik oder nur durch
Hydraulik aufgebracht. Die Lüfteinrichtung hält während der Fahrt, entgegen der Bremskraft
wirkend, die Bremse offen. Beim Einfallen der Schienenzangenbremse wirkt keine (meist
hydraulisch aufgebrachte) Lüftkraft und die Bremsbacken drücken gegen die Schiene.
Die Bremsbacken sind aus einer Metalllegierung oder Grauguss. Bei schweren Standseilbahnen
(schwere Wagenkasten, hohe Fahrgeschwindigkeiten) wird auch Stahl als Material für die
Bremsbacken eingesetzt.
Bei Standseilbahnen mit einer Abt’schen Ausweiche können die Schienenzangenbremsen nur an
jener Wagenseite angebracht werden, wo sich die Spurräder befindet, da die Schienenzangen-
bremse nicht durch die Weiche geführt werden kann.
Trassenführung einer Standseilbahn
Die Trasse von Standseilbahnen ist im Grundriss vorzugsweise geradlinig anzuordnen, obwohl das
Gleis eine mehrfache, fast unbegrenzte Kurvenführung zulässt. Allerdings ist jede im Grundriss
geführte Kurve mit einem zusätzlichen konstruktiven Aufwand verbunden. Die Ausrundungsradien
betragen im Allgemeinen 200 m bis 500 m.
Ausrundungsradien Rmin = 120 m (besser 150 m)
Die Radien werden vor Allem durch die seitlichen Rollendrücke und von der Freigängigkeit der
Backen der Schienenzangenbremse gegenüber dem Schienenkopf beim Durchfahren von Kurven
bestimmt. Weiter zu berücksichtigende Einflüsse sind
- die auf die Fahrgäste wirkende Seitenbeschleunigung (max. 0,65 m/s²)
- die sichere Seilablage auf den Seilrollen
- die sichere Spurführung der Wagen in Hinblick auf mögliche Radentlastungen
- die erforderliche Bremskraft und sichere Funktion der Schienenzangenbremsen.
Bau- und Bemessungsrichtlinien, so wie sie im Eisenbahnbau auf Grund der gezwungenen
Vereinheitlichung der Fahrzeuge weltweit gegeben sind, existieren im Standseilbahnbau nicht. Es
gibt daher keine genormten Grenzprofile, Lichtraumprofile oder Spurweiten. Die Standseilbahn kann
Anpresskraft
Lüftkraft
Bremskraft
Bremsbacke
SEILBAHNBAU
107
jeweils speziell an das erforderliche Verkehrsbedürfnis und an die Anlageverhältnisse angepasst
werden.
Spurweiten von 50 cm bis 400 cm.
Fahrgeschwindigkeiten bis 14 m/sec.
Wagenfassungsräume von bis zu 400 Personen.
Förderleistungen bis 8000 Pers/h.
Die Linienführung einer Standseilbahn kann im Allgemeinen nicht völlig frei gewählt werden. Das
Gelände gibt gewisse Zwangspunkte sowohl der Höhe nach als auch im Grundriss vor. Allerdings
werden bei den neuen Trassierungen vermehrt Kunstbauten (Tunnel oder Brückentragwerke)
errichtet.
Die Neigung der Trasse ist so zu wählen, dass die tatsächliche Längsneigung des Fahrzeugbodens
im Bezug auf die Horizontale höchstens +/- 20 rad beträgt.
erläuternde Bemerkung Die Einzelabteile von modernen Standseilbahnwagen sind mit Einrichtungen ausgestattet, die eine Anpassung der Fußbodenneigung an die Streckenneigung ermöglichen. Zum Beispiel werden die Kabinen schwingungsgedämpft pendelnd im Fahrzeugrahmen aufgehängt oder durch Vorgabe des Kopierwerksstandes (Wagenstandes) werden die Kabinen mittels Stellmotoren in eine nahezu waagrechte Neigung gebracht.
Im Längenschnitt der Seilbahn sind die üblichen Kuppen und Wannen gebräuchlich. Dabei ist zu
achten, dass das Zugseil gesichert auf den Zugseilrollen verbleibt und keine Überbeanspruchung
der Zugseilrollen stattfindet. Die zulässige Rollenlast ist von der Konstruktion der Rolle abhängig und
beträgt im Allgemeinen mehr als 10,0 kN. Der Ablenkwinkel des Seiles je Seilrolle liegt zwischen
2 % und 5 %.
Kuppe
Bei einer Kuppe sind die Rollenabstände so zu wählen, dass das Zug- oder Gegenseil keine
Berührung mit den Schwellen hat und die Rollenlasten nicht zu hoch werden. Die Rollenabstände
sind daher bei Kuppen geringer als auf der gerade geneigten Strecke.
für Kuppen: mRK 300
Wanne
Bei der Wanne besteht die Gefahr des Abhebens des Seiles von den Zugseilrollen. Daher wird
folgende Sicherheitsüberlegung getroffen:
Je größer die Seilspannkraft S in der Wanne wird, genauer am oberen Ende der Wanne mit dem
größten Winkel , umso gespannter wird das Seil und umso weniger Rollendruck wird in den in der
Wanne angeordneten Seilrollen erreicht. Die Seilspannkraft ist in Abhängigkeit vom Wagenstandort
DRhqQS sin
SEILBAHNBAU
108
Die größte Seilspannkraft Smax am oberen Ende der Wanne ist bei voll beladenem Wagen in
Abhängigkeit vom jeweiligen Wagenstandort mit der Streckenneigung und der Höhenspannkraft,
der Reibungskraft durch die Seilrollen (ca. 2 – 3 % des Rollendruckes) und der dynamischen
Spannkraftserhöhung D beim Anfahren zu ermitteln.
Mit dieser ermittelten größten Seilspannkraft Smax am oberen Ende der Wanne wird der größte
Krümmungsradius ρ des Leerseiles ermittelt.
2
)(
2 coscos
q
Hc
x
(siehe Krümmungsradius der Kettenlinie)
mit cosmax SH wird der Krümmungsradius des Leerseiles
cos
max
q
S
Abb.: Überlegungen zum kleinsten Wannenradius
RW …... Wannenradius
Smax …. größte Seilspannkraft im Zugseil am oberen Ende der Wanne
β ……. größte Neigung der Wanne
q ……. Seilmasse
Der aus dieser Überlegung ermittelte Krümmungsradius wird mit dem Faktor 1,3 multipliziert,
womit eine 30%-ige Sicherheit erreicht wird.
cos3,13,1 max
min
q
SRW
In der Praxis liegt der Wannenradius zwischen 2000 m und 3000 m. Soll die Abhebesicherheit des
Seiles an den Seilrollen verbessert werden, ist ein einfacher Weg die Erhöhung der Zugseilmasse.
RW
RW β
α
Q Δh
Smax
SEILBAHNBAU
109
erläuternde Bemerkung
Bei der Trassierung wird versucht dem „optimalen Längenschnitt“ nahe zu kommen. Ausschließlich bei unterirdisch
geführten Standseilbahnen kann die Linienführung vollkommen nach dem optimalen Längenschnitt erfolgen. Den optimalen Längenschnitt bei einer Standseilbahn erhält man, wenn bei vollem bergwärts fahrenden Wagen und leerem talwärts fahrenden Wagen die Umfangskraft während der Fahrt konstant ist. Die Umfangskraft U ist die Differenz der Seilspannkräfte an der Antriebsscheibe und ist die maßgebende Berechnungsgröße für den Antrieb.
constDRhqWQSSU 2112 sinsin
Q Masse des vollbesetzten Wagens
W Masse des leeren Wagens
α1 Trassenneigung am Ort des vollen Wagens
α2 Trassenneigung am Ort des leeren Wagens
q Masse des Zugseiles
Δh Höhenunterschied zwischen den Wagen
R Streckenreibung
D dynamische Seillastanteile Der theoretische Längenschnitt hat die Form einer Zykloide. Der Gesichtspunkt einer möglichst gleichmäßigen Umfangskraft an der Antriebsscheibe ist im Hinblick auf die modernen Antriebssteuerungen nicht wichtig. Schwankungen in der Umfangskraft können von modernen Antriebsregelungen einfach ausgeglichen werden.
Grenzprofil, Lichtraumprofil von Standseilbahnen
Das Grenzprofil von Standseilbahnen wird durch die Begrenzung des Wagens und dessen
kinematischen Raumbedarf (Ausladung des Wagens in Gleisbögen, Einfederung der Wagen,
Spurspiel, Abmessungstoleranzen) und den Handbereich (z.B. 1,00 m bei den Fensteröffnungen
und bei offenen Wagen) bestimmt.
Das Lichtraumprofil von Standseilbahnen wird ermittelt, in dem zum Grenzprofil zusätzlich
Sicherheitsabstände berücksichtigt werden. Diese sind mit mindestens 0,1 m festgelegt. Für
Verkehrswege des Personals ist eine Mindestbreite von 0,6 m vorzusehen.
Ober- und Unterbau von Standseilbahnen
Der Ober- und Unterbau ähnelt denen bei Eisenbahnen. Da die Traktion der Wagen allerdings nicht
durch Reibung zwischen den Laufrädern und den Schienen erfolgt, sondern extern durch die vom
Antrieb bewegten Seile, sind die zusätzlichen Längskräfte durch Reibung bei der Bemessung des
Ober- und Unterbaues nicht zu berücksichtigen. Allerdings sind die Längskräfte, die durch das
Einfallen der Schienenzangenbremse in die Schiene eingeleitet werden, zu berücksichtigen. Bei den
Schienen werden im Allgemeinen die baugleichen Ausführungen wie für Eisenbahnen verwendet
(Standardware) oder Keilkopfschienen. Bei den Schienenbefestigungen nur die einfachen
Ausführungen.
Wie im Eisenbahnbau werden entweder Schienenstöße oder auch neuerdings lückenlos
verschweißte Schienen verwendet. Besonders zu berücksichtigen sind die unteren Anschlagpunkte
der Schienenenden, die neben den Kräften aus Dehnungen durch Temperatur auch die schräge
Schienenmasse zu tragen haben.
SEILBAHNBAU
110
Abb.: Beispiel eines Regelquerschnittes bei flacher Trasse
Bei Trassenneigungen mit mehr als 33 % werden abschnittsweise Fixpunkte notwendig. Diese sind
meist Stahlbetonscheiben oder Stahlkonstruktionen. Wird Beton als Unterbau verwendet, werden
die Schienen meist direkt über Stahlschwellen befestigt.
Abb.: Beispiel einer Stahlbetonscheibe als Abstützpunkt bei größer geneigter Trasse
Kopierwerk, Wagenstandsanzeige
Bei Seilbahnen im Pendelbetrieb (Standseilbahn oder Seilschwebebahnen) ist der jeweilige Standort
des Wagens auf der Strecke festzustellen. Der Lauf der Seilbahnwagen wird durch das Kopierwerk
festgestellt und überwacht. Das Zugseil treibt die Umlenk- oder Ablenkscheibe (nicht die Antriebs-
scheibe! – möglicher Seilschlupf), an der eine Messeinrichtung (Wegmessung) befestigt ist. Die
Wegmessung und deren Summierung ermöglicht die genaue Standortbestimmung des Wagens auf
der Strecke. Die Steuerung der Seilbahn (Beschleunigungsstrecke, Stützenüberfahrt bei
Seilschwebebahnen, Stationseinfahrt und vieles mehr) erfolgt auf Grund der eingegebenen
Streckenpunkte in der Steuerung, die das Kopierwerk vorgibt.
5 %
Schwellenanker
Mauerwerk
Dienststeig > 60 cm
SEILBAHNBAU
111
erläuternde Bemerkung Der Kopierwerksstand am Kommandostand des Maschinisten wird meist in Meter angegeben. So bedeutet z.B. der Kopierwerksstand von 225 m, dass der Wagen sich noch 225 m vor dem Regelhaltepunkt in der Station befindet oder dass der Wagen 225 m aus der Station ausgefahren ist. Die Antriebsscheibe ist als Messwertgeber für das Kopierwerk ungeeignet, da ein ungewolltes Rutschen des Zugseiles an der Antriebsscheibe oder unerkannte Relativbewegungen zwischen dem Zugseil und der Futterung der Antriebsscheibe (z.B. durch die Umfangskraft) zu Messwertverfälschungen führen können.
Abb.: Kopierwerkzähler (Wegerfassung über Zahnräder an einer Ablenkscheibe)
Der Wagenstandsanzeiger ermöglicht dem Maschinisten auf Grund einer schematischen Strecken-
abbildung mit einem Blick die augenblicklichen Standorte der Wagen festzustellen. Der Wagen-
standsanzeiger hat keine sicherheitstechnischen oder steuerungstechnischen Aufgaben.
SEILBAHNBAU
112
8.2 PEOPLE MOVER, CABLE LINER, MINIMETRO
Als Peoplemover wird eine Standseilbahn benannt, deren Wagen entweder festgeklemmt oder
kuppelbar mit einem zwischen der Fahrbahn liegenden Zugseil verbunden sind.
Bei einem festgeklemmten System mit einem oder zwei Wagen erfolgt die Betriebsweise wie bei der
klassischen Standseilbahn im Pendelbetrieb. Bei den kuppelbaren Systemen sind meist mehrere
Stationen und mehrere Wagen vorhanden, wobei jeder Wagen vor der Station vom Seil getrennt
wird und in der Station mit Reifenförderer (Gummiräder) weiterbefördert wird. Nach Durchlauf der
Station wird der Wagen wieder an das Zugseil angekuppelt.
Der erste Peoplemover wurde 1967 auf der 5,7 km lange Strecke von Montréal zum Messegelände
errichtet. Die Anlage wurde nach wenigen Jahren zunächst stillgelegt und dann abgerissen.
Anwendung
Beförderung großer Personenmengen in urbanen und nicht wintertouristischen Bereichen,
Innenstädten (z.B. Venedig, Las Vegas, Perugia), auf Ausstellungsgeländen und bei Flughäfen
(Zürich, London Heathrow, Anchorage, Birmingham). In Wien war die Verbindung des neuen
Hauptbahnhofes mit der U-Bahn mittels Cable-Liner (Fa. Doppelmayr) in Planung.
erläuternde Bemerkung Der Cable Liner Shuttle verbindet die Parkhäuser und die neu entstehenden Dienstleistungs- und Bürozentren auf der Insel „Tronchetto“ mit der Altstadt von Venedig. Stündlich verwenden bis zu 3.000 Personen pro Richtung diese komfortable Verbindung. Die Anlage ist mit zwei Zügen mit einem Fassungsvermögen von je 200 Personen ausgerüstet und verkehrt mit einer Geschwindigkeit von 8,0 m/sec (knapp 30 km/h) zwischen den Stationen.
SEILBAHNBAU
113
Vorteile
flache Trassierung mit kleinen Radien
auf kurzen Strecken ist eine große Höhenüberwindung mögliche
automatische Zugsteuerung möglich (APM Automated People Mover)
hohe Förderleistung (bis zu 25.000 Pers/Stunde)
gesonderte niveaufreie Fahrbahn (meist aufgeständert oder in Tunnel)
Erschließung einer neuen Verkehrsebene
Ökologischer Betrieb
Wagenführung
Die Führung der Wagen kann in unterschiedlicher Art erfolgen. In der klassischen Art der
Standseilbahn Rad/Schiene-System oder auf Luftreifen oder durch elektromagnetisches
/elektrodynamisches Schweben oder mittels Luftkissen.
Fahrbahn
Die Fahrbahn liegt niveaufrei (aufgeständert oder unterirdisch) und erschließt damit ein neues bisher
unbenütztes Niveau.
SEILBAHNBAU
114
8.3 (ZWEISEIL-) PENDELBAHN
Abb.: Kabinen und Laufwerk
Die Zweiseil-Pendelbahn ist die klassische Seilschwebebahn schlechthin. Daher wird sie im üblichen
Sprachgebrauch auch als „Pendelbahn“ genannt. Im Folgenden wird diese technisch unsaubere
Bezeichnung auch vorgenommen.
Die Pendelbahn ist ein sehr einfaches, auf Grund der langjährigen Verwendung auch ein sehr
ausgereiftes Seilbahnsystem. Sie ist weitgehend vom Gelände unabhängig.
Die erste moderne und dokumentierte Pendelbahn wurde in Brighton 1893 errichtet. Sie hatte eine
stündliche Förderleistung von 300 Pers/h und wurde 1910 wieder eingestellt. Es folgten in Italien
(Mailand, Venedig, Turin), Deutschland (Hamburg, Berlin) sowie in Genf und Stockholm ab 1893
Ausstellungsbahnen, die aber im selben Jahr wieder demontiert wurden. Diese Seilbahnen fuhren
meist auf zwei Doppeltragseilen mit zwei acht- bis zehnplätzigen Wagenkasten und mit bis zu
5,0 m/sec Fahrgeschwindigkeit pendelnd. Die Feldspannweiten betrugen 50 bis 250 m.
Ab dem Beginn des 20. Jahrhunderts wurden dann Pendelbahnen zur Erschließung schwer
zugänglicher Gebiete und Siedlungen errichtet. Wenn Merkmale hinsichtlich der Sicherheits- und
Spurführungstechnik verwendet werden, kann als Geburtsstunde der klassischen Zweiseilpendel-
bahn 1907 mit der Errichtung einer Pendelbahn in San Sebastian (Spanien) festgelegt werden. Die
bauartgleiche Seilbahn wurde auf kanadischer Seite bei den Niagara-Katarakten errichtet. Diese ist
immer noch so in Betrieb.
SEILBAHNBAU
115
In Österreich wurde am 9.6.1926 die Pendelbahn auf die Rax bei Wien und am 5.7.1926 die Tiroler
Zugspitzbahn bei Ehrwald eröffnet. Im Jahr 1927 folgte dann die Pfänderbahn in Bregenz und die
Feuerkogelbahn in Ebensee.
erläuternde Bemerkung Die erste Pendelbahn im jetzigen Österreich, die Raxbahn, hatte für den Sommer zwei 23-plätzige Sommerkabinen, die mit 4,0 m/s auf den Berg schwebten. Die Fahrgäste wurden, nur durch Geländer gesichert, befördert. Ein Novum, das aus Sicherheitsgründen heutzutage undenkbar wäre.
Mit der Pendelbahn kann unwegsames oder schwieriges Gelände mit großen Seilfeldlängen über-
fahren werden. Das längste Seilfeld ist bei der Pendelbahn „Aiguille du Midi“ in Chamonix mit
3100 m vorhanden. Die höchste Seilbahnstütze der Welt befindet sich in Kaprun bei der
Gletscherbahn I mit 114 m.
Fahrgeschwindigkeiten von bis zu 12,5 m/s. (In Österreich die Pfänderbahn mit 12,0 m/sec)
Förderleistungen bis 2000 Pers/h.
Wagenfassungsraum bis zu 180 Personen. (In Österreich die Ahornbahn mit 160 Personen)
Antrieb bei Zweiseil-Pendelbahnen
Im Personenverkehr werden bei Zweiseil-Pendelbahnen grundsätzlich nur Systeme mit
geschlossener Zugseilschleife gefahren (Zug- und Gegenseil oder durchgehendes Zugseil). Der
Antrieb ist meist in der Berg- die Spanneinrichtung der Seile in der Talstation angeordnet. Es ist
aber auch möglich, dass der Antrieb und die Vorspannung des Zugseiles gemeinsam in einer
Station erfolgt (Stelling’scher Antrieb).
Abb.: Antriebsarten des Zugseiles bei Zweiseil-Pendelbahnen
W1
W2
W2
W1
Antrieb
Abspannung G G
Antrieb + Abspannung
Zugseil Zugseil
Gegenseil Gegenseil
SEILBAHNBAU
116
Die Antriebsleistung wird auf Grund der Umfangskraft U, der Differenz der beiden Zugseilspann-
kräfte an der Antriebsscheibe und der Nennfahrgeschwindigkeit v ermittelt.
DRUZZU qWQ
ZQ Zugwirkung des vollen Wagens ZW Zugwirkung des leeren Wagens
ΔUq Höhenspannkraftunterschied des Zug- und Gegenseiles hqqU GZq
R Reibungskräfte D dynamische Kräfte beim Anfahren oder Bremsen
Abb.: Umfangskraftdiagramm (Beispiel), Wagen 1 fährt vollbeladen bergwärts, Wagen 2 fährt leer talwärts
Die Neigung der Wagen, die Nutzlast sowie die Beschleunigungs- und Verzögerungskräfte
beeinflussen die jeweils wirkende Differenz der Seilspannkräfte an der Antriebsscheibe. Das
Umfangskraftdiagramm zeigt die jeweilige Umfangskraft in Abhängigkeit vom Wagenort auf der
Strecke.
l2
l2
l1
l1
Wagen 1
Wagen 2
Beschleunigung Verzögerung
Umfangskraft S1 – S2
S1
S2
Talstation
Bergstation
Umfangskraft U [kN]
Strecke [m]
Seilfeld 1
Seilfeld 2 Stütze
Δh
W2 (leer)
W1(voll)
SEILBAHNBAU
117
Zu untersuchende Lastfälle:
Voller Wagen bergwärts, leerer Wagen talwärts
Voller Wagen talwärts, leerer Wagen bergwärts
Leere Wagen talwärts, leerer Wagen bergwärts
Voller Wagen bergwärts, voller Wagen talwärts
Wenn mit dem Antrieb eine treibende Wirkung erzielt wird beträgt die erforderliche
Antriebsleistung N
1 vUN (Nm/sec), (W)
Wird mit dem Antrieb gebremst, beträgt die erforderliche Antriebsleistung N
vUN (Nm/sec), (W)
U . . . Umfangskraft in [kN] v . . . Fahrgeschwindigkeit in [m/s] η . . . Wirkungsgrad
erläuternde Bemerkung Für den Wirkungsgrad η wird bei modernen Anlagen ein Wert zwischen 0,85 und 0,90 eingesetzt.
SEILBAHNBAU
118
Trassierung bei Zweiseil-Pendelbahnen
Die Trasse muss im Grundriss, bis auf gering zulässige Ablenkungen auf den Stützen,
geradlinig verlaufen. Die zulässige horizontale Seilablenkung beträgt 0,5 % (0,29°) gegeben.
Bei der Linienführung sind zu beachten, dass
- die notwendigen (erforderlichen) Stützenlasten bzw. Seilablenkungen in lotrechter Ebene
zur sicheren Auflage des Tragseiles auf dem Tragseilschuh erreicht wird,
- die erforderlichen Bodenabstände (kleinste und größte) eingehalten werden.
Die sichere Auflage des Tragseiles wird erzielt, wenn für das leere Seil eine Mindestablenkung
von 2 % bis 5 % erreicht wird.
Abb.: vertikaler Ablenkwinkel des Tragseiles
erläuternde Bemerkung Die Geometrie des Tragseilschuhes wird neuerdings in Form von Klothoidenästen A²=RL zusammengesetzt, um eine gleichmäßige Zu- und Abnahme der Vertikalbeschleunigung zu erzielen. Die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme ist allerdings auf Grund der kleinen Radien zweifelhaft.
Abb.: Ablenkung des Tragseiles im Tragseilschuh (links ein Tragseil, rechts zwei Tragseile)
R1 R1
R2 R2
R2 > R1
Ablenkwinkel > 2 %
S S
Tragseilschuh
SEILBAHNBAU
119
Zur Verbesserung der Lagesicherheit werden tiefe Schuhrillen mit bis zu 180°
Umfassungswinkel ausgeführt. Dies ist jedoch bei einer Ausführung des Wagenlaufwerkes mit
einer Tragseilbremse nicht oder nur erschwert möglich, daher wird in diesem Fall der
Umfassungswinkel auf ca. 120° beschränkt.
Abb.: Tragseilschuhausbildung und Auflagewinkel
Wenn Tragseile bei seltenen Lastfällen am Stützenschuh abheben oder einen sehr geringen
Auflagedruck haben, werden die Tragseile auch mit Niederhaltebügel an den Stützenschuhen
niedergehalten, um ein Abwerfen des Tragseiles durch Wind zu verhindern. Bei Personenseil-
bahnen ist eine negative Stützenlast nicht zulässig.
Die Abwurfsicherheit muss gesondert untersucht werden. Eine einfache Methode besteht darin
nachzuweisen, dass die Resultierende aus der Auflagekraft und der Seitenkraft (z.B. infolge
Seitenwind) durch die Aufstandsfläche geht.
Bei der Konstruktion der Tragseilschuhe ist zu bedenken, dass beim Überfahren der Stütze
eine Änderung der Vertikalbeschleunigung auftritt, die für Fahrgäste als unangenehm
empfunden wird. Dieser Effekt wird daher mit der Bestimmung
5,22
R
v (m/sec²)
begrenzt.
v ….. Fahrgeschwindigkeit bei der Stützenüberfahrt
R ….. Radius des Tragseilschuhes
Diese Bestimmung bedingt die Ausführung sehr großer Radien beim Tragseilschuh und/oder
die Reduzierung der Fahrgeschwindigkeit bei der Stützenüberfahrt.
Stationspuffer, Längspendelfreiheit in der Station
Die Stationen sind mit Anfahrpuffern ausgestattet. Diese greifen am Laufwerk des Wagens an.
Die Aufgabe des Stationspuffers besteht einerseits aus der Begrenzung der Wagenfahrt und
andererseits soll der Puffer die Wagenposition unabhängig vom Lastzustand des Wagens (Aus-
bzw. Einsteigen der Fahrgäste in der Station) sicherstellen. Für die Bemessung des Puffers
wird angenommen, dass der Wagen mit einer Restgeschwindigkeit von 1,0 m/sec an den
Puffer anfährt. Tatsächlich beträgt im normalen Betriebsfall die Anfahrgeschwindigkeit 0,2 bis
0,3 m/sec.
Die Freigängigkeit in der Station ist mit einer Längsauslenkung von 35 % einzuhalten.
TS TS
120°
SEILBAHNBAU
120
Abb.: Längspendelung des Wagens, Freigängigkeit in der Station
Abb.: Unfall mit längs gependelter Kabine in der Station
größtzulässiger Bodenabstand
Dieser hängt von der Bergemethode ab. Werden Fahrgäste vom Fahrzeug durch Abseilen
senkrecht zum Boden geborgen, beträgt die zulässige Abseilhöhe 100 m.
Wird die Bergung entlang des Seiles durchgeführt (z.B. mit einem auf dem Tragseil fahrenden
Bergewagen), ist der Bodenabstand nicht eingeschränkt.
Grenzprofil, Lichtraumprofil von Seilschwebebahnen
erläuternde Bemerkung
In diesem Kapitel wird das Grenzprofil und das Lichtraumprofil (Grenzprofil + Sicherheitsabstand) für alle Seilschwebebahnen behandelt. Also auch für Sesselbahnen und Seilbahnen mit geschlossenen Wagenkasten.
0,35 rad
starre Fahrbahn
Puffer
Einstiegsebene
Grube
SEILBAHNBAU
121
Das Grenzprofil von Seilschwebebahnen wird für den Fall „in Betrieb“ und „außer Betrieb“
untersucht.
Dabei ist zu berücksichtigen:
- Verschiebung der Seile quer zur Seilbahnachse
- Verschiebung der Seile in lotrechter Richtung
- Längspendelung der Fahrzeuge
- Hand-, Fuß- und Skibereich
Außer Betrieb sind Fahrzeuge dann zu berücksichtigen, wenn sie auf der Strecke verbleiben.
Für die Berechnung der seitlichen Verschiebung der Seile zufolge Windeinwirkung wird eine
Windlast von mindestens q=0,20 kN/m² in Betrieb und mindestens q=1,20 kN/m² außer Betrieb
anzunehmen. Bei schrägen Seilfeldlängen l* von mehr als 400 m kann die Berechnung der seit-
lichen Verschiebung der Seile zufolge Windeinfluss mit einer auf die gesamte Seilfeldlänge
wirkenden Staudruck q’ abgemindert werden, da nicht anzunehmen ist, dass die Wind-
einwirkung auf die gesamte Seilfeldlänge wirkt.
2
*
*''
l
lqq , wobei die fiktive Feldlänge l*’ mit *4,0240*' ll anzunehmen ist.
Für die Berechnung der lotrechten Verschiebung der Seile wird
- die Nutzlast der Seilbahn
- die dynamische Wirkung beim Anfahren und Bremsen der Seilbahn
- außer Betrieb die Einwirkung infolge Eisbehang
berücksichtigt.
Die dynamische Wirkung wird vereinfacht berücksichtigt. Die errechneten extremen Durch-
hänge des Seiles unter gleichförmiger Bewegung werden mit einem Vervielfachungsfaktor
berücksichtigt.
Vervielfachungsfaktor bei Tragseilen mindestens 1,10
Vervielfachungsfaktor bei Zugseilen mindestens 1,20
Vervielfachungsfaktor bei Förderseilen mindestens 1,30
erläuternde Bemerkung Beim Überfahren einer Straße beträgt die Lichtraumhöhe der Straße (4,5 m bzw. 4,75 m). Bei der Ermittlung der tiefsten Lage eines Wagenteiles sind auch die Länge des Wagenkastens und die betrieblich zulässige Längsauslenkung zu berücksichtigen.
Querpendelfreiheit des Wagens
Der quer ausgelenkte Wagen muss zur Stütze eine Freigängigkeit von mindestens 0,35 rad
aufweisen. Bei weniger als 0,35 rad sind Wagenführungen an den Stützen anzubringen, die die
Querpendelfreiheit des Wagens auf 0,25 rad bei Fahrgeschwindigkeiten von mehr als 5,0 m/s
SEILBAHNBAU
122
und auf 0,20 rad bei Fahrgeschwindigkeiten von bis zu 5,0 m/s begrenzen. Wird auch diese
Freigängigkeit nicht eingehalten, sind Pendellagewächter an den Wagen anzubringen, die bei
einer gewählten Querpendelfreiheit die Fahrgeschwindigkeit der Seilbahn begrenzen oder
diese stillsetzen.
Abb.: Querpendelung des Wagens bei der Stütze
Längspendelfreiheit des Wagens
Für die Längspendelung der Wagen in den Stationen und auf der Strecke ist ein Mindestwert
von 0,35 rad anzunehmen.
Handbereich
Der Handbereich beträgt bei geschlossenen Wagen 1,00 m bei allen Fensteröffnungen. Dieser
kann bei Kippfenstern auf 0,20 m bzw. auf 0,50 m reduziert werden.
Zugseilreiter
Bei Zweiseil-Pendelbahnen, die als Fahrbahn über zwei Tragseile verfügen, können im freien
Seilfeld Seilreiter als zusätzliche Zugseilführung und Zugseilunterstützung angeordnet werden.
Zugseilreiter tragen eine Zugseilrolle, über die das Zugseil geführt wird. Dadurch werden
sowohl die vertikalen als auch die horizontalen Auslenkungen des Zugseiles in einem Seilfeld
wesentlich verringert. Die Zugseilreiter verhindern, dass sich das Zugseil zu weit absenkt.
Ebenfalls sorgen sie für die seitliche Stabilisierung der beiden Tragseile. Größere Zweiseil-
Pendelbahnen mit nur einem Tragseil verfügen meistens über eine größere Anzahl von
Stützen.
0,20 rad Querpendelung
Seitliche Wagenführung
SEILBAHNBAU
123
Die Gefahr eines Zugseilüberschlages (Zugseil steigt infolge der dynamischen Bewegung beim
Bremsen über die Lage des Tragseiles und legt sich beim Absinken über das Tragseil) wird
wesentlich verringert.
Abb.: Zugseilreiter
Hohe und tiefe Zugseilablage
Das Zugseil kann bei der Stütze sowohl mit hoher oder mit tiefer Zugseilablage geführt werden.
Bei der Wagenüberfahrt wird das Zugseil von den Zugseilrollen abgehoben.
Abb.: tiefe und hohe Zugseilablage
Tragseilbremse
Die Wagen müssen in der Regel mit einer Tragseilbremse ausgerüstet sein, um im Falle eines
Zugseilrisses den Wagen am Tragseil bremsen und halten zu können. Das Bremsprinzip ist
gleich, wie es bereits bei der Schienenzangenbremse für Standseilbahnen beschrieben ist.
X
Zugseileinweiser
Detail X
starre Zugseilrollen
Zugseilrolle
SEILBAHNBAU
124
Allerdings sind die Bremsbacken aus einer weichen Metalllegierung (z.B. Bronze oder
Messing).
erläuternde Bemerkung Jedes Laufwerk hat mehrere Bremsbacken. Die Bremsbacken sind zwischen den Laufwerksrollen angeordnet. Der Einfall (das Anliegen) der einzelnen Bremsbacken ist vom Einbauort abhängig und erfolgt in zeitlichen Abstufungen. So müssen die Bremsbacken getaktet einfallen, damit nicht ein Abheben des Laufwerkes vom Tragseil erfolgt (Gefahr des Nichtumfassens des Tragseiles durch die verzögert einfallenden weiteren Bremsbacken!).
Abb.: Tragseilbremsen
Zweiseil-Pendelbahnen können auch ohne Tragseilbremse ausgeführt werden, allerdings muss
an Hand einer Sicherheitsanalyse untersucht werden, ob durch Ersatzmaßnahmen ein
gleichwertiges Sicherheitsniveau wie bei einer Seilbahn mit Tragseilbremse erreicht wird.
erläuternde Bemerkung Tragseilbremsen bei Zweiseil-Pendelbahnen verhindern im Katastrophenfall (Zugseilriss, Versagen der Zugseilmuffe) das Abstürzen des Wagens vom Tragseil. Diese Möglichkeiten sind aber bei anderen Seilbahnen (Umlaufbahnen, Sessellifte usw.) ebenfalls nicht vorhanden. Genauso wenig kann ausgeschlossen werden, dass das Tragseil versagt oder entgleist. Bei einem Laufwerk ohne Tragseilbremse muss z.B. nachgewiesen werden, dass im Fall einer plötzlichen Stillsetzung (hohe Verzögerung) das Zugseil nicht über das Tragseil aufsteigen kann (kein Zugseilüberschlag) oder die Anordnung von Muffen, die das Zugseil mit dem Wagen verbindet, ist unzulässig. Die Wagen werden an das durchgehende Zugseil mittels fester Klemme verbunden. Die Wagen sind regelmäßig (etwa alle 200 Betriebsstunden) am Zugseil zu versetzen. Weiters ist eine Einrichtung einzubauen, die einen Blitzschlag am Zugseil erkennt.
Laufwerksrolle
Tragseil
Bremsbacken
SEILBAHNBAU
125
8.4 FUNIFOR
Abb.: Seilbahnsystem Funifor
Ein Sondersystem einer Zweiseil-Pendelbahn stellt die Funifor dar.
Das System wurde von der Fa. Hölzl in Italien entwickelt und patentiert. Die Spur der Seilbahn
besteht aus zwei Tragseilen, die einen großen Abstand aufweisen. Damit wird die Seilbahn
sehr windstabil. Das Zugseil wird über Umlenkscheiben am Fahrzeug wieder in die
Antriebsstation zurückgeführt. Das Gegenseil wird über der Seilbahn zum Spannsystem
(Spanngewicht oder hydraulische Spanneinrichtung) geführt.
Abb.: Zugseilführung am Fahrzeug
Derzeit stehen ausschließlich in Italien Seilbahnen System Funifor in Betrieb. Die übliche
Ausführung ist dabei die parallele Errichtung zweier Funifor parallel unmittelbar nebeneinander,
sodass, wie bei der klassischen Zweiseil-Pendelbahn, zwei Kabinen auf der Strecke sind.
Allerdings können diese völlig unabhängig voneinander betrieben werden.
In Österreich ist die erste und einzige Funifor in Bezau errichtet (Fertigstellung und
Inbetriebnahme 2010).
erläuternde Bemerkung Ein Vorteil von zwei parallel geführten Seilbahnen besteht in der Möglichkeit im Fall eines Stillstandes einer Funifor mit der anderen Funifor die Fahrgäste zu bergen. Dabei wird mit der fahrmöglichen Funifor eine leere Kabine zur stillstehenden Kabine geführt und über eine speziell ausgeführte Treppe (Leiter) steigen die Fahrgäste in die Kabine der fahrbereiten Seilbahn um. Ein Bergen zum Boden oder der Bau einer eigenen Bergebahn ist damit nicht notwendig.
SEILBAHNBAU
126
Abb.: Zugseilreiter System Funifor
Abb.: Zugseilrolle am Zugseilreiter mit
Seilfangeinrichtung und Zugseileinweiser
SEILBAHNBAU
127
8.5 ZWEISEILUMLAUFBAHN
Auf einem Tragseil werden Laufwerke gezogen, die mittels Gehänge mit den Wagen
verbunden sind. Im Allgemeinen weisen die Wagen einen Fassungsraum von nur wenigen
Personen (4 bis 8) auf. Spezielle Ausführungen erlauben auch eine Fahrgastkapazität bis zu
25 Personen. Die Wagen werden in einem regelmäßigen Abstand (projektierter Abstand) bei
der Stationsausfahrt an das Zugseil geklemmt. Bei der Ankunftsstation wird der Wagen vom
Zugseil gelöst und durch Reifen auf die Stationsgeschwindigkeit (Ein- und Ausstieg) verzögert.
In der Station wird der Wagen mit offenen Türen entweder durch eine Kette oder durch Reifen
mit geringer Fahrgeschwindigkeit im Ein- und Ausstiegsbereich geführt. Vor dem Ankuppeln
des Wagens auf das Zugseil in der Kuppelstelle wird der Wagen mit Hilfe von Reifenförderer
auf Seilgeschwindigkeit gebracht.
Zweiseilbahnen waren, speziell in Österreich, jahrzehntelang das einzige kuppelbare System,
das zur Personenbeförderung zugelassen wurde. Sie werden bis zu einer Fahrgeschwindigkeit
von 5 m/sec projektiert. Die Wagen von kuppelbaren Seilbahnen waren früher grundsätzlich mit
2 Klemmapparaten auszurüsten. Auf Grund technischer Innovationen werden dzt. nur
Wagenkasten mit einem Fassungsraum von mehr als 8 Personen mit zwei Klemmapparaten
ausgerüstet. Dies ist insbesonders auf Grund der erforderlich aufzubringenden Abziehkraft
(Zugwirkung der Fahrzeuge) abhängig und daher konstruktiv bedingt.
Zweiseilumlaufbahnen werden dann projektiert, wenn
- eine große Förderleistung gefordert wird,
- eine stetige Förderung verlangt wird (kontinuierlicher Betrieb),
- große Seilspannfelder erforderlich sind,
- ein windunempfindliches Seilbahnsystem gewünscht wird.
Der Nachteil dieses Seilbahnsystems ist die nicht mögliche Ausführung von Niederhaltestützen
und damit eine gegenüber Einseilumlaufbahnen eingeschränkte Trassierung (Das Fahrzeug
fährt auf dem Tragseil, das auf der Stütze einen positiven Stützenknickwinkel haben muss).
Die Kleinwagen sind ohne Tragseilbremsen ausgerüstet und werden ohne Wagenbegleiter
geführt.
SEILBAHNBAU
128
Abb.: Wagendurchlauf in der Station (Beispiel)
K ... Kuppelstelle
vW .. Wagengeschwindigkeit
vS ... Seilgeschwindigkeit
Abb.: Wagendurchlauf in der Station
Wagenausfahrt
Die Wagenausfahrt bei einer Zweiseilumlaufbahn ist so zu projektieren, dass ein ausfahrender
Wagen, der am Zugseil schlecht oder nicht gekuppelt ist, mit einer Gegensteigung zur nächsten
Stütze fahren muss. Eine eventuelle Fehlkupplung wird zwar durch Sicherheitseinrichtungen er-
kannt, das Rollen des Fahrzeuges auf dem Tragseil ist aber anzunehmen und die Fahrt des
Wagens in die steilen Streckenabschnitte unterhalb der Stütze ist zu verhindern. Die
ordnungsgemäße Verbindung des Klemmapparates mit dem Seil wird bei der Ausfahrt sowohl
geometrisch als auch kraftmäßig überwacht.
Ein- und
Ausstieg
K
K
Verzögerung
Beschleunigung
vW von 5,0 auf 0,3 m/sec
vW = vS = 5,0 m/sec
vS = 5,0 m/sec
vW = 0,3 m/sec
vW = vS = 5,0 m/sec
vW von 0,3 auf 5,0 m/sec
Fahrbahn
SEILBAHNBAU
129
Abb.: Ausfahrt bei einer Zweiseilumlaufbahn
Bevor das Fahrzeug in jenen Trassenbereich mit großer Seilneigung (unterhalb der Stütze)
gelangt, ist dieses gesichert vor der Stütze anzuhalten. Die Ausführung des letzten Seilfeldes
(Länge der Auslaufstrecke) wird unter folgenden Prämissen bestimmt:
- Tritt bei der Ausfahrt aus der Station eine Fehlkupplung auf (Klemmapparat umschließt
nicht oder nicht vollständig das Zugseil oder es wird eine zu geringe Klemmkraft am
Klemmapparat gemessen), so wird die Seilbahn stillgesetzt. Die kleinste gewährleistete
Verzögerung a ist dabei zu berücksichtigen. Der Anhalteweg w des nicht ordnungsgemäß
geklemmten Fahrzeuges muss geringer sein als die Auslaufstrecke l. Aus
Sicherheitsgründen wird bei der Ermittlung des Anhalteweges dieser um 20 % erhöht.
a
vw
2
2
lw 2,1 la
v
22,1
2
- Bei nicht erfolgter Klemmung am Zugseil wird angenommen, dass das Fahrzeug ohne
Berücksichtigung des Laufwiderstandes (Rollreibung, Luftwiderstand) vor der Stütze
anhält.
hgmvm
2
2
Auch hier wird ein Faktor von 1,2 zur Sicherheit eingesetzt.
daraus folgt g
vh
22,1
2
Bergstation Δh
Auslaufstrecke l
Tragseil
Zugseil
SEILBAHNBAU
130
8.6 EINSEILUMLAUFBAHN
Dieses Seilbahnsystem ist bei Personenseilbahnen das Weitverbreiteste. Auf einem gleich-
förmig bewegten Seil sind die Fahrzeuge mittels Klemmen (fix) oder Klemmapparaten
(kuppelbar) befestigt. Werden die Fahrzeuge in der Station an der Kuppelstelle vom Seil
getrennt, bezeichnet man das System als kuppelbare Einseilumlaufbahn. Bleiben die
Fahrzeuge unlösbar am Seil, wird das System als fixgeklemmte Einseilumlaufbahn
bezeichnet.
Das bewegte Seil ist hinsichtlich seiner Konstruktion ein Zugseil so wie bei Pendelbahnen oder
Standseilbahnen. Seine Funktion ist aber nicht nur eine ziehende, sondern auch eine tragende.
So ein Seil wird deshalb als Förderseil bezeichnet. Die Spurführung erfolgt durch Seilrollen auf
den Stützen, die nach dem Prinzip des Waagebalkens eine gleichmäßige Rollenlastverteilung
sicherstellen.
Die Fahrzeuge sind entweder Sessel für 1 bis 8 Personen mit oder ohne Witterungsschutz-
hauben oder geschlossene Wagenkästen von 4 bis 15 Personen, wobei bei Wagenkasten mit
mehr als 8 Personen Fassungsraum auch eine stehende Beförderung möglich ist.
SEILBAHNBAU
131
8.6.1 kuppelbare Einseilumlaufbahnen
Stationsausfahrt
Abb.: Ausfahrt bei einer Einseilumlaufbahn
Bevor das Fahrzeug in jenen Trassenbereich mit großer Seilneigung (unterhalb der Stütze)
gelangt, ist dieses gesichert vor der Stütze anzuhalten. Die Ausführung des annähernd
waagrechten Seilfeldes wird unter folgenden Prämissen bestimmt:
- Tritt bei der Ausfahrt aus der Station eine Fehlkupplung auf (Klemmapparat umschließt
nicht oder nicht vollständig das Förderseil oder es wird eine zu geringe Klemmkraft am
Klemmapparat gemessen), so wird die Seilbahn stillgesetzt. Die kleinste gewährleistete
Verzögerung a ist dabei zu berücksichtigen. Der Anhalteweg w des nicht ordnungsgemäß
geklemmten Fahrzeuges muss geringer sein als die Seilfeldlänge l. Aus Sicherheits-
gründen wird bei der Ermittlung des Anhalteweges dieser um 20 % erhöht.
a
vw
2
2
lw 2,1 la
v
22,1
2
- Die Höhenlage des Förderseiles an der Stütze darf nicht geringer als die Höhenlage des
Förderseiles in der Station sein.
Bergstation
Seilfeldlänge l > 1,2 fache Bremsstrecke l
Förderseil
Δh ≥ 0
SEILBAHNBAU
132
Einseilumlaufbahnen mit geschlossenem Wagenkasten
Einseilumlaufbahnen mit geschlossenen Wagenkasten werden fast ausschließlich kuppelbar
konstruiert, da die Ein- und Ausstiegsgeschwindigkeit für die Fahrgäste in der Station nur sehr
gering sein kann und die Fahrgäste quer zur Fahrtrichtung des Wagens ein- und aussteigen.
Die dzt. größte zulässige Fahrgeschwindigkeit auf der Strecke beträgt 6,0 m/sec. Die kleinste
Folgezeit etwa 9 sec. Die Folgezeit ist abhängig vom Verhältnis der Strecken- zur
Stationsgeschwindigkeit (etwa 6/0,3 = 20) und von den geometrischen Abmessungen der
Fahrzeuge, die bei der Stationsumführung bei geringer Ein- und Ausstiegsgeschwindigkeit
(etwa 0,3 m/sec) gegebenen Platzbedarf. Die Wagen werden im Verzögerungs- und im
Beschleunigungsbereich mit Hilfe von Reifen synchron zur Geschwindigkeit des Förderseiles
durch die Station befördert. Im Aus- und Einstiegsbereich kann die Wagenbeförderung sowohl
durch Reifen als auch durch eine Förderkette erfolgen. Der Wagendurchlauf in der Station wird
im Verzögerungs- und im Beschleunigungsbereich überwacht.
Kuppelbare Sesselbahnen
Die Sessel weisen einen Fassungsraum von 2 bis 8 Personen auf. Die Fahrgeschwindigkeit
kann bis 5 m/sec betragen. Die kürzeste Folgezeit beträgt 5 sec.
Die Sesselfolgezeit wird durch die Einhaltung von Sicherheitsabständen im Falle einer Unregel-
SEILBAHNBAU
133
mäßigkeit bei der Einfahrt in die Stationen oder bei der Ausfahrt aus den Stationen bestimmt.
Der Sesseldurchlauf in der Station von Kuppelstelle zur Kuppelstelle wird überwacht. Ähnlich
wie bei Eisenbahnen wird durch Überwachungseinrichtungen sichergestellt, dass bei einer
Unregelmäßigkeit der Weiterbeförderung eines Sessels der nachfolgende Sessel nicht auf den
vorherfahrenden Sessel auffährt.
erläuternde Bemerkung Die gesicherte Weiterbeförderung eines Sessels in der Station kann sowohl durch überlappende Streckenblöcke (nur ein Sessel im Block) oder durch die Durchfahrtssicherung (Sessel muss in einer bestimmten wegabhängigen Impulsanzahl den überwachten Abschnitt verlassen) überwacht werden.
8.6.2 Festgeklemmte Einseilumlaufbahnen
Sesselbahnen
Die Sessel haben einen Fassungsraum von 2 bis 6 Personen. Einsesselbahnen werden nicht
mehr gebaut. Die größte Fahrgeschwindigkeit ist von der Anzahl der Fahrgäste je Sessel und
von der Beförderungsart abhängig. Bei einer Beförderung von Fußgängern beträgt die
größtzulässige Seilgeschwindigkeit (und damit auch die Ein- und Ausstiegsgeschwindigkeit)
2,0 m/sec. Bei Fahrgästen mit angeschnallten Wintersportgeräten (Skier, Snowboards etc.)
2,5 m/sec. Werden Einstiegshilfen in Form eines Fahrgastförderbandes errichtet, kann die
Fahrgeschwindigkeit bis auf 3,0 m/sec angehoben werden. Fahrgastförderbänder erfordern
zwingend die Zugangsregelung von Fahrgästen mittels Schranken (Zusteigeinteiler).
Die kleinste Folgezeit ist wieder vom Fassungsvermögen der Sessel und von der Beför-
derungsart (Fußgänger oder Skifahrer) abhängig und liegt zwischen 4 sec (beim Einsessellift
mit Skifahrerbeförderung) und 8 sec (beim Doppelsessellift mit Fußgängerbeförderung).
erläuternde Bemerkung Das Fahrgastförderband läuft mit der Seilbahn synchron und befördert die Skifahrer zur Einstiegsstelle. In der Darstellung werden beide Einsatzmöglichkeiten des Fahrgastförderbandes bei einer festgeklemmten und bei einer kuppelbaren Sesselbahn angegeben. Festgeklemmte Sesselbahn: Die Differenzgeschwindigkeit zwischen dem Seil (Sessel) und dem Förderband (Fahrgast) bei einer festgeklemmten
SEILBAHNBAU
134
Sesselbahn ermöglicht das Besetzen der Sessel mit einer Seilgeschwindigkeit von bis zu 3,0 m/sec. Kuppelbare Sesselbahn: Der Einsatz eines Fahrgastförderbandes bei einer kuppelbaren Sesselbahn erhöht nicht die Förderleistung, sondern dient ausschließlich dem besseren geregelten Zugang.
Sch
ranke
n d
er
Zug
angss
teueru
ng
Sch
ran
ken d
er
Zu
gangss
teueru
ng
gle
itfähig
e F
läch
e
frühest möglicherEinstiegspunkt
frühest
möglic
her
Ein
stie
gsp
unkt
Scheibenachse(ev. verschiebbar)
gekr
üm
mte
rF
örd
erb
ere
ich
gera
der
Fö
rderb
ere
ich
Fahrgastförderband(ev. verschiebbar)
Fahrg
ast
-F
örd
erb
and
Zufa
hrt
sram
pe
Zu
fahrt
sram
pe
L
L
L
H
H
H
L
L
L
L
L1.0
L
L
L
FB
FB
FB
E
E
E
SS
SS
ES
ES
ES
ZS
ZS
ZS
= Länge (Fahrgast-) Förderband
= Einstiegshöhe
= Länge Sicherheitsstrecke
= Länge Einstiegsstrecke
= Länge Zufahrtsstrecke
festgeklemmte Sesselbahn:
kuppelbare Sesselbahn:
SEILBAHNBAU
135
8.6.3 Bemessung von Einseilumlaufbahnen
Die Seilspannkräfte und die Differenz dieser an der Antriebsscheibe (Umfangskraft) sind von der Anordnung der Vorspannung des Förderseiles und vom Ort des Antriebes abhängig. Die Seilspannkräfte im Förderseil werden durch folgende Bestandteile bestimmt:
- Grundspannkraft S0
- Ziehende Lasten (Seilmasse und besetzte oder unbesetzte Fahrzeuge)
- Reibung (Streckenreibung etwa 3 % der Rollenlasten)
- Dynamische Lasten beim Anfahren oder Bremsen der Seilbahn
Antrieb und Spanneinrichtung getrennt
(meist Antrieb in der Bergstation, Spanneinrichtung in der Talstation)
Die Massenbelegung der Vollseilseite beträgt SV qw
Die Massenbelegung der Leerseilseite beträgt SL qw
Wq
qV verteilte Masse des Vollseiles qL verteilte Masse des Leerseiles Q Masse des vollbesetzten Fahrzeuges W Masse des leeren Fahrzeuges w Fahrzeugabstand qS Seilmasse
2
GSS DA
g
pLqSHqSS VRVVDC *
g
pLqSHqSS LRLLAB *
DA SSS min CSS max
g
pLqqSSHqqSSU LVRLRVLVBC *max
SRV Seilspannkraft infolge der Reibung (Stützenreibung) auf der Vollseite
SRL Seilspannkraft infolge der Reibung auf der Leerseite
L* schräge Länge (Summe der Einzelfeldlängen l*)
p Beschleunigung (positiv – Anfahren, negativ – Verzögerung)
U
SB
SD SA
SC
G
qV qL
SEILBAHNBAU
136
Antrieb und Spanneinrichtung gemeinsam
22
UGSD
22
UGSA
CB SSS max DSS min
g
pLqSHqSS VRVVDC *
g
pLqSHqSS LRLLAB *
g
pLqqSSHqqSSU LVRLRVLVDA *max
g
pLqqSSHqq
GS LVRLRVLV *
2
1
2min
g
pLqqSSHqq
GSSS LVRLRVLVCB *
2
1
2max
Aus der ermittelten Umfangskraft wird die Antriebsleistung für die Bemessung des Antriebes
(Motorleistung, Getriebe) und die Rutschsicherheit des Seiles an der gefutterten (Gummi,
Becorit) Seilscheibe ermittelt.
Bei kuppelbaren Seilbahnen ist die Kraft für die Weiterbeförderung der Fahrzeuge in den
Stationen zu berücksichtigen, wenn der Antrieb für die Weiterbeförderung der Fahrzeuge in der
Station (z.B. Reifenförderer) durch das Seil betrieben wird.
Rutschsicherheit an der Antriebsscheibe
Für den Rutschsicherheitsnachweis wird die statische Umfangskraft U mit 1,50 vervielfacht.
Bei Berücksichtigung der dynamischen Zusatzkräfte in der Größe der d’Alembertschen
Trägheitskraft unigungErdbeschle
gungBeschleuniMasse beträgt der Vervielfachungsfaktor der Umfangskraft
1,25, wobei die Beschleunigung sowohl positiv (Anfahren) als auch negativ (Abbremsen) sein
kann.
Statisch: min
min 5,1
S
USe
Dynamisch: min
min 25,1
S
USe
α: Umschlingungswinkel μ: Reibungskoeffizient (bei Gummi zwischen 0,16 und 0,22 und bei Becorit 0,28) Smin: kleinere Seilspannkraft an der Antriebsscheibe
U
SB
SD SA
SC
G
qV qL
SEILBAHNBAU
137
Bestimmung der Extremwerte der Seilspannkraft
Die Bestimmung der größten in der Bergstation abzutragende Last aus dem bergwärts- und
dem talwärtsfahrenden Seilstrang wird dann erzielt, wenn beide Seilstränge mit deren
größtzulässigen Last belegt ist.
nur Bergförderung: maxmax LVS SSS
Berg- und Talförderung: max2 VS SS
Im Folgenden sind die Belastungsannahmen angegeben, wie die Extremwerte der
Seilspannkräfte Smin und Smax an einer Stütze bestimmt werden. Diese sind wichtig, um am
angrenzenden Seilfeld die Extremwerte der Durchhänge fmax und fmin zu bestimmen.
Smax Smin
Antrieb oben,
Spanngewicht unten
Tal- und nur Bergförderung Tal- und nur Bergförderung
Bergförderung Bergförderung
Antrieb und
Spanngewicht unten
(Stelling´scher Antrieb)
Abb.: Belastungsschemas für die Ermittlung der extremen Seilspannkräfte an einer Stütze
So genannte „Sportbahnen“ befördern ausschließlich Fahrgäste mit angeschnallten Winter-
sportgeräten in die Bergstation; eine Talbeförderung ist nicht zulässig (keine Einstiegsstelle in
der Bergstation und keine Ausstiegsstelle in der Talstation).
SEILBAHNBAU
138
Lagesicherheit des Förderseiles
Der Lagesicherheit des Förderseiles auf den Förderseilrollen kommt eine große Bedeutung zu.
Als wichtigste Größe gegen das Entgleisen wird die Größe der Rollenlast (Auflagerkräfte)
angesehen.
Neuere Forschungen zeigen, dass die Lagesicherheit des Seiles nicht nur von der Rollenlast,
sondern auch vom seitlichen Anlaufwinkel des Seiles an die Rolle, von der Rillenform des
Rollenfutters und von der Höhe des Rollenbordes im Verhältnis zum Seildurchmesser abhängt.
erläuternde Bemerkung Gabor PISKOTY „Entgleisungssicherheit von Seilen auf Rollen“, Dissertation ETH Zürich 1996 .
Diese Zusammenhänge wurden in der am 1.1.2005 veröffentlichten ÖNORM EN 12930
zusammengefasst.
erläuternde Bemerkung ÖNORM EN 12930: a) Die kleinste Auflagerkraft auf Tragstützen muss 1) bei Tragstützen in Betrieb bei gleichförmiger Bewegung mindestens der 1,5-fachen Windkraft entsprechen, die entsteht, wenn ein Staudruck q von 0,25 kN/m2 auf die Länge des angrenzenden größeren Spannfeldes auf das leere Seil bzw. auf das Leerseil wirkt ; 2) bei Tragstützen außer Betrieb mindestens der Windkraft entsprechen, die entsteht, wenn ein Staudruck q von 0,80 kN/m2 auf die Hälfte der Summe der Sehnenlängen der angrenzenden Spannfelder auf das leere Seil oder, wenn die Fahrzeuge außer Betrieb am Seil verbleiben, auf das Leerseil wirkt. b) Die kleinste Auflagerkraft bei Niederhaltestützen bei gleichförmiger Bewegung muss mindestens der 1,5-fachen Windkraft entsprechen; die Windkraft ist nach a) zu ermitteln, wobei jedoch anstelle des leeren Seiles oder des Leerseiles das Vollseil zu berücksichtigen ist. c) An Tragstützen darf das Förderseil bei einer Erhöhung der größten Seilspannkraft um 40 % in den der untersuchten Stütze angrenzenden Seilfeldern nicht von den Rollen abheben. d) An Niederhaltestützen darf das Förderseil bei einer Verminderung der kleinsten Seilspannkraft um 20 % und einer gleichzeitigen Erhöhung der Nutzlast um 25 % in den der untersuchten Stütze angrenzenden Seilfeldern nicht von den Rollen abheben. e) Der kleinste Rollendruck muss bei gleichförmiger Bewegung des Förderseiles mindestens 500 N betragen und der Gleichung (5) entsprechen.
A ≥ 500 + 50[d −(D1 − D2)] Dabei ist A kleinster Rollendruck [N] ; d Seilnenndurchmesser [mm] ; D1 Durchmesser des äußeren Rollenbordes [mm] ; D2 Durchmesser des neuen Einlageringes im Rillengrund [mm].
SEILBAHNBAU
139
Die erste Rolle in der Rollenbatterie nimmt die größte Führungsarbeit auf. Der Zustand dieser
Rolle ist daher besonders wichtig.
Abb.: seitlicher Anlaufwinkel (Grundriss)
erläuternde Bemerkung In letzter Zeit wurden die einzelnen Rillenformen der ersten, zweiten und der weiteren Rollen von ENGEL so gefertigt, dass auch die zweite und die weiteren Rollen mittragen.
Der größte seitliche Anlaufwinkel φ durch Seitenwind an der Stütze, bzw. an der ersten Seilrolle
der Rollenbatterie, wird dann erreicht, wenn unmittelbar vor der Stütze ein Fahrzeug
angeordnet ist. Der Winkel φ wird aus der Summe der Tangenskomponenten des Winkels φS,
resultierend aus dem Förderseil, und des Winkels φW, resultierend aus der Einzellastbelegung
des Seiles, ermittelt.
1
22tantantan n
aL
SL
Wn
S
Lw
mm
WS
n Anzahl der Fahrzeuge im Seilfeld (ganzzahlig) a Abstand der Fahrzeuge L schräge Länge des Seilfeldes w Windgleichlast je Seilmeter W seitliche Windlast des einzelnen Fahrzeuges
erläuternde Bemerkung Der ermittelte Anlaufwinkel φ wird einem aus Versuchen ermittelten zulässigen Anlaufwinkel gegenübergestellt. Für die Größe des im Versuch ermittelten Anlaufwinkels sind die Größe der Rollenlast, die Seilrillenform und der Seil-durchmesser maßgebend.
φ
Einlaufseitig erste Rolle
SEILBAHNBAU
140
Seillageüberwachung
Die gesicherte Seillage an den Stützen ist ein wesentliches Sicherheitskriterium bei
Seilbahnen. Es wurde daher insbesonders in letzter Zeit ein sehr großer Forschungsaufwand
betrieben um Erfassungseinrichtungen zu konstruieren, die die Seillage auf der Förderseilrolle
überwachen. Auf Grundlage einer Erfindung des berührungslosen Erkennens des Seiles in
seiner Lage (Patent ENGEL) wurde das RPD-System von der Fa. Doppelmayr und in ähnlicher
Art das CPS-System (Cable-Position-System) von der Fa. Leitner entwickelt:
RPD (Rope-Position-Dedection)
Stützen und Stützenfundamente
Bei Einseilumlaufbahnen werden die Stützenschäfte fast ausschließlich aus feuerverzinkten
Stahlblechen mit 5 bis 10 mm Blechstärke in Meterschüssen mit einer Länge von ca. 6 bis 8 m
gefertigt. In Rund- oder annähernder Rundform. Die Schüsse werden mit Stoßverbindungen
(Schraubverbindung) miteinander verbunden.
Der Stützenfuß wird verstärkt gefertigt und mit Ankerschrauben an den Fundamentkörper
befestigt.
Abb.: Stützenfuß und Verbindung mit Ankerschrauben im Einzelfundament (Grundriss, Schnitt)
SEILBAHNBAU
141
Bei Stützen, die in einem Kriechhang errichtet werden müssen, besteht die Möglichkeit die
Fußplatte der Stütze verschiebbar auszuführen (Langloch). Dabei sind im Betrieb regelmäßige
Lagekontrollen der Stütze erforderlich.
Die Bemessung sowie die Standsicherheitsnachweise der Stützen erfolgt wie im üblichen
Stahlbau und Grundbau. Zusätzlich sind folgende Bestimmungen zu beachten:
Für die Standsicherheit der Stützen darf ein horizontaler Erdwiderstand (passiver Erddruck)
nicht berücksichtigt werden. Die Stützenneigung beträgt im Allgemeinen 0° bis 20°.
R1/R2 … Extremlagen der Gesamtresultierenden aus Eigen- und Nutzlast
Abb.: schlechte (links) und gute (rechts) Ausführung einer Stütze
Bemessungshinweis:
- Die Stützen sind vorzugsweise so zu neigen oder die Fundamente sind so zu vergrößern,
dass die möglichen Angriffspunkte der Gesamtresultierenden R1 und R2 an der Fundament-
sohle nicht zu einer wechselnden (theoretischen) Kippachse (einmal bergseitig und einmal tal-
seitig) führen. Wenn ein so genanntes theoretische Klaffen der Bodenfuge in Kauf genommen
wird, sollte dieses nur einseitig (tal- oder bergseitig) erfolgen.
- Es ist nicht unbedingt von Vorteil, dass die Stütze so geneigt wird, dass die Längsachse
der Stütze möglichst die gemittelte Richtung der Seilresultiernden DSm einnimmt, da in der
Stützenkonstruktion dadurch Wechselbeanspruchungen auftreten können. Durch eine vorgege-
bene Abweichung der Stützenneigung von der Richtung der Seilresultierenden wird dies ver-
mieden und es treten nur Schwellbeanspruchungen auf.
Für die Bemessung der Stützen und der Fundamente sind die Betriebslastfälle und Außerbe-
triebslastfälle zu betrachten.
DSm
S
S
DSm
S
S
GStütze GStütze
GFundament GFundament
R2
R1 R1
R2
SEILBAHNBAU
142
Betriebslastfall:
- Besetzte Fahrzeuge in ungünstigster Laststellung,
- Windlast, bis zu der ein Fahrbetrieb geführt werden kann,
Außerbetriebslastfall:
- Keine Fahrzeuge auf dem Seil (z.B. bei kuppelbaren Seilbahnen, Pendelbahnen)
oder leere Sessel auf der Strecke (z.B. bei festgeklemmten Sesselbahnen),
- Windlast mit einem Größtwert entsprechend der Windnorm oder auf Grund eines
Gutachtens.
erläuternde Bemerkung Eine übliche Windlast für den Außerbetriebslastfall bewegt sich in der Größe von 1000 bis 2000 N/m². Dabei wird auf die Reduzierung der Luftmasse (Dichte) auf Grund der absoluten Höhe der Seilbahnstandortes hingewiesen.
Im Betriebslastfall muss die resultierende Last innerhalb der Ellipse mit der Gleichung
9
122
y
y
x
x
b
e
b
e
angreifen. Das entspricht einer Mindestdruckfläche von 50 % der Gesamtsohlfläche des Funda-
mentes oder einer früheren Betrachtungsweise nach einer Kippsicherheit um die Kippachse
von 1,5.
Im Außerbetriebslastfall muss die resultierende Last innerhalb der Ellipse mit der Gleichung
76,5
122
y
y
x
x
b
e
b
e
angreifen. Das entspricht einer Mindestdruckfläche von 25 % der Gesamtsohlfläche des Funda-
mentes oder einer früheren Betrachtungsweise nach einer Kippsicherheit um die Kippachse
von 1,2.
Die jetzigen europaweit geltenden Normen erlauben diese Reduzierung der Kippsicherheit
nicht mehr, sodass seit 2004 wesentlich größere Fundamente ausgeführt werden, als dies bis
dahin erforderlich war.
Bemessungshinweis
Die Seilbemessung und die Seil- und Längenschnittsberechnung erfolgt auf deterministische
Basis. Die ermittelten Größen wie Seilspannkräfte, Durchhänge, Umfangskräfte,
Antriebsleistungen, werden nicht mit Teilsicherheitsfaktoren multipliziert. Deshalb, weil die
ermittelten Größen auch für die Bemessung der Maschinenbauelemente (Antrieb, Getriebe,
Seilscheiben, Seilrollen, Seil etc.) herangezogen werden. Bei den Stützentragwerken und den
Fundamenten (Bemessung nach EUROCODE) werden daher erst die Lasten aus dem Seil mit
Teilsicherheitsfaktoren multipliziert und damit der Übergang in die semiprobabilistische
Bemessung vollzogen.
SEILBAHNBAU
143
8.7 GRUPPENUMLAUFBAHN, GRUPPENPENDELBAHN
Bei einer Gruppenbahn werden 2 bis 5 Wagenkästen in knappem Abstand voneinander an das
Förderseil (bei einer Gruppenumlaufbahn) oder an das Zugseil (bei einer Gruppenpendelbahn) fix
geklemmt. Die einzelnen Wagen innerhalb einer Gruppe können in Längsrichtung frei drehbar oder
mit einer Längspendelverbindung versehen werden.
Abb.: Wagengruppe einer Gruppenumlaufbahn
Bei einer Gruppenumlaufbahn bietet jeder Wagenkasten 10 bis 15 Personen Platz. Meist sind 2,
seltener 4 Gruppen am Seil befestigt. Die Wagengruppe bleibt für das Aus- und Einsteigen der
Fahrgäste in der Station (im Bogen) stehen. Die größte Gruppenumlaufbahn wurde 1989 in
Saalbach errichtet. Die Seilbahn hat 4 Wagengruppen und eine Mittelstation für Wiederholungs-
fahrten. Die Gruppe besteht aus 5 Wagen zu je 15 Personen. Die Fahrgeschwindigkeit beträgt bis
zu 7,0 m/sec. Der Fahrtablauf (Beschleunigung, Fahrt mit konstanter Fahrgeschwindigkeit, Einfahrt
in die Station) erfolgt wie bei der Zweiseilpendelbahn selbsttätig über ein Kopierwerk.
Sind 4 Wagengruppen am Förderseil befestigt, wird bei der stehenden Gruppe in Seilbahnmitte oft
eine Mittelstation eingerichtet.
Abb.: Gruppenumlaufbahn - Grundrissschema
T B
v
mögliche Längspendelverbindung
SEILBAHNBAU
144
erläuternde Bemerkung Gruppenumlaufbahnen waren in den 80- und 90-iger Jahren populär. Deshalb auch, da Wagen mit einem Fassungsraum von bis zu 15 Personen keinen Wagenbegleiter benötigen. Durch Änderung der diesbezüglichen Vorschriften kam die Gruppenumlaufbahn wieder aus der Mode.
Bei einer Gruppenpendelbahn fahren Wagengruppen an einem Zugseil geklemmt meist im Zwei-
seil- oder Dreiseilsystem (ein Zugseil mit einem oder zwei Tragseilen) pendelnd zwischen der Tal-
und der Bergstation. Auch hier ist (wie auch bei Pendelbahnen möglich und ausgeführt) die
Anordnung einer Mittelstation, bei der die Fahrgäste allerdings umsteigen müssen, möglich.
Abb.: Gruppenpendelbahn mit einer Mittelstation - Grundrissschema
erläuternde Bemerkung Die größte Dreiseil-Gruppenpendelbahn wurde am Monte Telma in Tessin errichtet. Die Wagen haben ein Fassungsvermögen von 17 Personen.
Fahrtrichtung
T B M
SEILBAHNBAU
145
8.8 DOPPELEINSEILUMLAUFBAHN (DMC, DLM, FUNITEL)
Die Abkürzungen DMC stehen für Double Mono Cable sowie DLM für Double Loop Monocable.
DMC
Der Erfinder der DMC und damit der Grundidee dieses Seilbahnsystems ist Denis CREISSEL, ein
französischer Seilbahnkonstrukteur. Die erste DMC wurde 1984/85 in Serre Chevalier von der Firma
POMA errichtet. Zwei Förderseile werden in einem konstanten Abstand bei synchroner Fahrge-
schwindigkeit parallel geführt. Die Fahrzeuge werden in den Stationen wie bei kuppelbaren Einseil-
bahnen ein- und ausgekuppelt. Allerdings nicht auf einem Förderseil, sondern auf beiden. Der Syn-
chronlauf beider Seile wird elektrisch gesteuert und überwacht. Dies ist erforderlich, da eine bau-
gleiche Art beider Förderseile trotz modernster Technologie bei der Seilherstellung nicht möglich ist.
Abb.: DMC
w
v
v
SEILBAHNBAU
146
DLM
In Österreich wurde diese Art der Fahrgeschwindigkeitssteuerung zweier unabhängiger Seilschleifen
nicht zugelassen. Daher werden Doppeleinseilumlaufbahnen in Österreich nur mit einem einzigen
Förderseil geführt (DLM).
1989 wurde in Sölden (Gaislachkogelbahn) die erste DLM von der Firma Doppelmayr (Konstrukteur
Ing. Bernd MEINDL) als Ersatz für eine Pendelbahn errichtet. Die Spurweite zwischen den parallel
geführten Förderseilsträngen beträgt etwa 60 cm. Die Seilführung ist identisch mit jener, wie sie
beim Seilbahnsystem Funitel dargestellt ist. 2010 wurde die Gaislachkogelbahn durch eine 3S-Bahn
ersetzt.
FUNITEL
Als Verbesserung sowohl der DMC als auch der DLM konstruierte CREISSEL die Funitel. Erstmals
wurde dieses Seilbahnsystem in Frankreich in Val Thorens errichtet.
In Österreich wurde die erste Funitel in Hintertux auf dem Hintertuxer Gletscher errichtet. Derzeit
sind 6 Seilbahnen dieser Bauart in Österreich in Betrieb (drei in Hintertux, eine in Ischgl mit zwei
Teilstrecken, eine in Kaprun und eine in St. Anton). Jeder Einzelwagen fasst 24 Personen.
Die Funitel hat ein einziges Förderseil mit einer sehr großen Spurweite zwischen den parallel geführ-
ten Förderseilsträngen. Ausgeführt wurde der Abstand der beiden Förderseilstränge mit 3,2 m.
Das Erfordernis des Gleichlaufes des parallel geführten Förderseiles erfordert eine oftmalige und
genaue Kontrolle der Durchmesser der doppelrilligen Antriebsscheiben.
Abb.: Funitel
Vor- und Nachteile der Funitel
Der wesentliche Vorteil der Doppeleinseilumlaufbahn besteht aus der Tatsache, dass die Freigän-
gigkeit des Wagenkastens in Längsrichtung nicht behindert ist. Daher können die Fahrzeuge mit
einer geringen Gehängelänge ausgeführt werden. Somit wird der Flächenschwerpunkt bei seitlichem
Windangriff näher an die Förderseilhöhe geführt. Die Querpendelung der Fahrzeuge ist im freien
Seilfeld daher wesentlich geringer als bei einer Einseilumlaufbahn. Ein weiterer Vorteil besteht darin,
dass bei der Stützenüberfahrt keine Querpendelung des Fahrzeuges möglich ist. Gerade das ist
aber oft bei starkem Seitenwind aus Sicherheitsüberlegungen (Anprallen des Fahrzeuges an die
Stütze) der Grund für die Betriebseinstellung einer Seilbahn. Aus diesen Überlegungen wird das
Seilbahnsystem bei extrem windausgesetzten Trassen gewählt. Dies insbesonders, wenn man
bedenkt, dass die Rückbringung von Fahrgästen aus einem entlegenen Gebiet (z.B. Gletscher) zum
w
v
Doppelrillige Antriebsscheibe
SEILBAHNBAU
147
Tal auch bei einsetzendem Wind erfolgen muss. Ein weiterer Vorteil ist die Möglichkeit lange
Seilfelder anzuordnen (Überspannung von Tälern oder von Gletschern, wo die Errichtung von
Stützen nicht oder nur sehr schwer möglich ist).
Die wesentlichsten Nachteile sind hohe Errichtungskosten und hohe Betriebskosten (Energie).
Windstabilität einer Doppeleinseilumlaufbahn
Die nachfolgenden Überlegungen gelten für alle Doppeleinseilumlaufbahnen (DMC, DLM, Funitel).
Die Fahrbereitschaft einer Seilbahn kann durch starken seitlich angreifenden Wind so beeinträchtigt
werden, dass ein Betrieb nur sehr eingeschränkt oder völlig verhindert wird. Das Risiko besteht
einerseits aus dem Anschlagen eines querpendelnden Wagens an einer Stütze oder der Entgleisung
des Förderseiles aus den Förderseilrollen auf den Stützen.
Würden bei einer Doppeleinseilumlaufbahn die Seile im Seilfeld eine feste, unnachgiebige Fahrbahn
bilden, könnte eine Querpendelung des Wagens nicht eintreten. Die Nachgiebigkeit der Seile im
Seilfeld führt durch das angreifende Windmoment W.h zu einer Klemmenlastdifferenz ΔQ, zu einer
Durchhangsänderung Δf und damit zu einer Querneigung des Wagens.
Abb.: Funitel - Kräftegleichgewicht am ausgelenkten Fahrzeug im Seilfeld
G Gewicht des Fahrzeuges W seitliche Windangriffskraft im Flächenschwerpunkt angreifend ΔQ Änderung der Auflast am Förderseil Δf vertikale Durchhangsänderung φ Verdrehwinkel S Massenschwerpunkt M Drehpunkt e Seilabstand s Abstand des Massenschwerpunktes vom Drehpunkt h Abstand der Windkraft zu Drehpunkt
S
G
W/2
G/2-ΔQ
G/2+ΔQ
W/2
yS
e
Δf
φ
W
h s
Δf M
SEILBAHNBAU
148
Ausgehend vom Gleichgewicht der Kräfte im ausgelenkten Zustand des Wagens im Seilfeld ergibt
sich aus der Forderung, dass das Moment im Drehpunkt zu Null wird:
0222222
f
Wf
WeQ
GeQ
GyGhW s
weiters gilt sin sys
somit wird aus den beiden oben angeführten Gleichungen die Änderung der Auflast am Förderseil
e
sGhWQ
sin (Gleichung 1)
Aus den bereits bekannten Zusammenhängen des Durchhanges im Seilfeld zufolge einer Einzel-
last ΔQ beträgt die Änderung des Durchhanges Δf
cos
lS
xlxQf
m
(Gleichung 2)
l ... horizontale Seilfeldlänge x ... horizontaler Abstand des Wagens von der Stütze γ ... Sehnenneigung des Seilfeldes
und der geometrische Zusammenhang bildet die Gleichung
2
sin
ef (Gleichung 3)
Die Lösung der drei Gleichungen führt zu einer expliziten Bestimmung der drei maßgeblichen
Größen ΔQ, Δf und sinφ.
Die Durchhangsänderung Δf am Seil zufolge der Windangriffslast W wird
xlxsGelS
xlxehWf
m 2cos 2
und die Sinuskomponente des Querpendelwinkels wird
xlxsGelS
xlxhW
m 2cos
2sin
2
SEILBAHNBAU
149
Die Auflast ΔQ am Seil oder die Entlastung am gegenüberliegenden Seil durch die Windangriffs-
last W wird
2cos
21
1
elS
xlxsGe
hWQ
m
Der ortsveränderliche Widerstand der Fahrbahn wird durch den Term
2cos
21
1
elS
xlxsG
m
gebildet. Hier sind die Auswirkungen jedes einzelnen Parameters erkennbar. So trägt insbesonders
eine große Vorspannung Sm des Seiles und ein großer Seilabstand e zu einer Stabilisierung (ruhige
Fahrt im Seilfeld) bei.
erläuternde Bemerkung Der ortsveränderliche Widerstand der Fahrbahn erreicht an den Stützen des Seilfeldes den Wert 1 (bei x = 0 bzw. x = l). Das bedeutet, dass hier wie auf einem festen Gleis gefahren wird. In Seilfeldmitte wird der ortsveränderliche
Widerstand am kleinsten
2cos2
1
1
emS
lsG
Je kleiner der Abstand s des Massenschwerpunktes zum Drehpunkt ist, umso stabiler wird der
Wagen bei der Fahrt im Seilfeld. Dies ist der wesentlichste Vorteil des Seilbahnsystems Funitel
gegenüber den übrigen Doppeleinseilumlaufbahnen, dass der Abstand s durch die Freigängigkeit
des Wagenkastens in Längsrichtung sehr klein gewählt werden kann.
Weiters ist aus den Gleichungen zu erkennen, dass an der Stütze (x=0 bzw. x=l) keine Durchhangs-
änderung Δf(x=0) und keine Verdrehung sinφ(x=0) auftritt (die Lage des Seiles ist an der Stütze ja
vorgegeben), aber durch die Behinderung der Querpendelung durch die beiden Seilabschnitte tritt
an den Förderseilrollen die Belastung ΔQ(x=0) auf, die zu berücksichtigen ist.
e
hWQ x
0
Die aus der Behinderung der Querpendelung resultierende Belastung ΔQ(x=0) tritt einerseits als
zusätzliche Last an den Rollen einer Seite (Tragfestigkeitsnachweis der Rolle) auf, sie führt aber
auch andererseits zu einer Entlastung an den Rollen der anderen Seite (Verminderung der
Spurführung und damit Gefahr einer Seilentgleisung).
SEILBAHNBAU
150
8.9 SCHLEPPLIFT
Die derzeitigen Ausführungen von Schleppliften umfassen Bügel-, Teller-, Stangen-, Gürtel-,
Pendel-, Slalom-, Baby- und Tubing-Lifte.
Die Fahrgeschwindigkeit von Schleppliften mit hoher Zugseilführung beträgt maximal 4,0 m/sec.
Bei niederer Zugseilführung 1,8 m/sec. Die kleinste Folgezeit beträgt 5,0 sec. Damit wird eine
Förderleistung von max. 1440 Pers/h erzielt.
Die Seilführung ist an den Geländeverlauf gebunden. Die größte Längsneigung der Fahrbahn darf
bei hoher Seilführung 60 % nicht überschreiten. Bei niederer Seilführung 40 % und wenn die
Beförderung durch Halten mit den Händen erfolgt 25 %.
Ein Neigungswechsel (Gegengefälle) ist zu vermeiden. Wenn es nicht zu vermeiden ist, beträgt
das größte zulässige Gefälle 5 %.
Die Querneigung der Schleppspur soll 0 % betragen. Eine Querneigung von mehr als 10 % ist
unzulässig. Ebenso ist eine zu einer Stütze führende Querneigung unzulässig.
Schlittenlift
Die ersten Schlepplifte wurden als sogenannte Schlittenlifte errichtet. Vergleichbar ist der
Schlittenlift mit einer Standseilbahn ohne Gleise. Die Fahrbahn ist durch die Falllinie des Geländes
vorgegeben.
erläuternde Bemerkung Dokumentarisch belegt fuhr der erste Schlittenlift 1907 im Vorarlberger Bödele auf den sogenannten Alkoholhügel neben dem Hotel Bödele. Er hatte eine Länge von 140 m und transportierte 4 bis 6 Personen, die auf dem Schlitten sitzend von einem Zugseil mit bodennaher Führung gezogen wurden. Der Antrieb bestand aus einem 4,5 PS starken Motorradmotor.
Schlittenlifte gelten nicht als Seilbahn, weil ein wesentliches Merkmal, nämlich die Spurführung,
fehlt.
SEILBAHNBAU
151
8.9.1 Schlepplifte mit niederer Seilführung
RopeTows-lifte
Hier wird ein einfaches Hanfseil (früher) oder aus Kunststoff (moderne Bauart) ohne Stützen
umlaufend gespannt, an dem sich die Skifahrer anhalten. Das Seil ist in der Reichweite der Hände
gespannt; sogenannte bodennahe Führung des Seiles.
Schlepplifte mit Schleppeinrichtungen
Die Schleppeinrichtungen können verschiedenartig ausgeführt werden. So werden kleine Sitzteller,
verdrehbare Kleinbügel oder ähnliches am Zugseil in regelmäßigen Abständen befestigt, die den
Benützer mitziehen oder mitschieben.
Abbildung: Snowtubing Abbildung: Schleppeinrichtung
SEILBAHNBAU
152
8.9.2 Schlepplifte mit hoher Seilführung
erläuternde Bemerkung Der Müller WINTERHALDER aus dem Schwarzwald erhielt bereits 1908 das deutsche Reichspatent für eine ununterbrochen laufende Drahtseilbahn mit Anhängevorrichtungen für Skifahrer. Bei der ersten internationalen Wintersportausstellung in Deutschland errichtete er einen 250 m langen Schlepper mit 85 m Höhenunterschied, der 35 Personen gleichzeitig beförderte. Die Fahrgäste hielten sich dabei an Halteschlaufen fest oder Rodeln wurden an den Schlaufen befestigt, auf denen die Fahrgäste saßen.
Bügelschlepplift
SEILBAHNBAU
153
erläuternde Bemerkung 1933 erfand der Zürcher Ingenieur CONSTAM den Schleppbügel, der anstatt der Schlaufen am Zugseil befestigt war. Der Bügel wurde vom Fahrgast unter den Arm geklemmt. 1934 wurde in Davos der erste Doppelbügel eingesetzt, den sich zwei Fahrgäste unters Gesäß ziehen konnten. Die Doppelbügel hingen dabei an ausziehbaren Seilchen, den sogenannten Schleppseilen. Der Schlepplift wurde sowohl für Skifahrer als auch für Fußgänger patentiert.
Abbildung: Schlepplift für Fußgängerbeförderung
erläuternde Bemerkung Der moderne Schleppliftbau in Österreich erfolgte 1938 mit der Errichtung des Schleppliftes „Übungshang Zürs“ durch Emil DOPPELMAYR, dem Vorarlberger Konstrukteur, der bereits damals Senkrechtaufzüge baute. Gemeinsam mit Ing. ZWICKLE wurde in Zürs mit einem 20 PS-Elektromotor das ständig umlaufende Zugseil auf Holzportalstützen geführt.
Heute werden Schlepplifte nur selten neu gebaut. Der Flächenbedarf des benutzten Geländes ist
sehr groß und Kreuzungen der Skipisten mit Schleppliften sind eine Gefahrenstelle.
Schlepplifte besitzen Einzugseinrichtungen für die Schleppseile (meist Kunststoff). Die Einzugs-
einrichtung wird an das Zugseil geklemmt und besitzt eine hydrodynamische Bremseinrichtung. Am
Ende der Aussteigefläche wird selbsttätig erkannt, ob der Fahrgast den Bügel freigegeben hat
(Überfahrsicherung).
SEILBAHNBAU
154
Bemessung der Schleppliftseile
Abb.: Kräfteansatz bei einem Schlepplift mit hoher Seilführung
Ges.: Die beiden aus dem Schleppen auf das Zugseil wirkenden Lasten T (erhöht die Seil-
spannkraft in Richtung des Seiles) und V (erhöht die Höhenspannkraft im Seilfeld) sowie
der Belastung A im Schleppseil.
Geg.: l, γ, ε, φ
Transportlast 2 Personen = 2 mal 800 N, Reibungskraft R = μ.N mit μ ≤ 0,15
Bestimmung von A:
QDA coscos
sinsin DA →
sin
sinQA
Bestimmung von T:
cossin TA →
cos
sin AT vergrößert die Seilspannkraft
Bestimmung von V:
sincos TVA →
cos
cos AV vergrößert die Höhenspannkraft
γ
φ
Zugseil
A
ε
l
Q
R
N
A
Schleppseil
Seilmasse q
(T)
(V)
N
ε
φ
ε
Q
A
D
R
ε+μ
μ
D
A (T)
(V)
γ
φ
R = N.μ
SEILBAHNBAU
155
Bemessung der Gesamtanlage:
L horizontale Länge w Gehängeabstand H Höhenunterschied q Seilmasse
Hw
VHq
L
w
TS
cos (Ersatz für die Höhenspannkraft)
Für die Gesamtseilbahn wird genähert: mm ; mLH tan
SEILBAHNBAU
156
Literaturhinweise Eugen CZITARY Seilschwebebahnen Springer-Verlag 1951 Klaus FEYRER Stehende Drahtseile und Seilendverbindungen Expert-Verlag, Kontakt & Studium, Band 306 Seilbahnnormen: Sicherheitsanforderungen für Seilbahnen für den Personenverkehr ÖNORM EN 1709 Erprobung, Instandhaltung, Betriebskontrollen ÖNORM EN 1907 Begriffsbestimmungen ÖNORM EN 1908 Spanneinrichtungen ÖNORM EN 1909 Räumung und Bergung ÖNORM EN 12397 Betrieb ÖNORM EN 12408 Qualitätssicherung ÖNORM EN 12927 Seile Teil 1 bis 8 ÖNORM EN 12929-1 Allgemeine Bestimmungen - Teil 1: Anforderungen an alle Anlagen ÖNORM EN 12929-2 Allgemeine Bestimmungen - Teil 2: Ergänzende Anforderungen für Zweiseil-Pendelbahnen ohne Tragseilbremse ÖNORM EN 12930 Allgemeine Bestimmungen - Berechnungen ÖNORM EN 13107 Bauwerke ÖNORM EN 13223 Antriebe und weitere mechanische Einrichtungen ÖNORM EN 13243 Elektrische Einrichtungen, ohne Antriebe ÖNORM EN 13796-1 Fahrzeuge-Teil 1: Befestigungen am Seil, Laufwerke, Fangbremsen, Kabinen, Sessel, Wagen, Wartungsfahrzeuge, Schleppgehänge ÖNORM EN 13796-2 Fahrzeuge-Teil 2: Klemmenabziehversuch ÖNORM EN 13796-3 Fahrzeuge-Teil 3: Ermüdungsversuche prTR 14819-1 Vorbeugender und bekämpfender Brandschutz Teil 1: Standseilbahnen in Tunnels prTR 14819-2 Vorbeugender und bekämpfender Brandschutz Teil 2: Andere Stand- und Seilbahnen Seilnormen: ÖNORM EN 12385, Teil 1 bis 10, Drahtseile ÖNORM EN 10244, Teil 1 bis 6, Stahldraht und Drahterzeugnisse, Überzüge ÖNORM EN 10245, Teil 1 bis 4, Stahldraht und Drahterzeugnisse, Beschichtungen ÖNORM EN 10264, Teil 1 bis 4, Stahldraht für Seile ÖNORM EN 13411, Teil 1 bis 6, Endverbindungen für Drahtseile aus Stahldraht