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Vorlesungsunterlagen SEILBAHNBAU am Institut für Infrastruktur, Arbeitsbereich intelligente Verkehrssysteme Universität Innsbruck Sommersemester 2012 Lektor: Dipl.-Ing. Dr. techn. Peter SEDIVY

Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

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Vorlesungsunterlagen

SEILBAHNBAU

am Institut für Infrastruktur, Arbeitsbereich intelligente Verkehrssysteme

Universität Innsbruck

Sommersemester 2012

Lektor: Dipl.-Ing. Dr. techn. Peter SEDIVY

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Inhaltsverzeichnis

1 ENTWICKLUNG DES SEILBAHNBAUES 2 TERMINOLOGIE

3 SEILE

3.1 Seildraht 3.1.1 Drahtherstellung 3.1.2 Querschnittsformen von Seildrähten 3.1.3 Prüfung der Seildrähte

3.2 Litze 3.3 Arten der Seilkonstruktionen 3.4 Seilherstellung 3.5 Normung und Begriffe 3.6 Erläuterung zu Schlaglänge und Schlagwinkel 3.7 Berechnungsgrößen 3.8 Seillängung 3.9 Querschnittsverminderung 3.10 Seildrall 3.11 Kontrollen des Seiles 3.12 Seilschäden 3.13 Wartung der Seile

4 SEILVERBINDUNGEN 4.1 Seilspleiß 4.2 Seilmuffen

4.2.1 Vergussverbindung 4.2.2 Klemmenhülse

4.3 Plattenklemme (Schraubklemme) 4.4 Trommelverankerung 4.5 Weitere Seilendverbindungen

5 SEILSTATIK

5.1 Leeres Seil 5.2 Die Seilkurve unter der Wirkung einer Einzellast 5.3 Die Seilkurve unter der Wirkung mehrerer Einzellasten 5.4 Tragseil der Zweiseilbahn 5.5 Fundamentalsatz der Seilstatik 5.6 Fixverankerte Seile (fix abgespannte Seile) 5.7 Spanngewichtshub 5.8 Stützenlasten aus dem Seil

6 FESTIGKEITSLEHRE DER SEILE

6.1 Zugbeanspruchung 6.2 Biegebeanspruchung

6.2.1 Biegung mit vorgegebener Krümmung 6.2.2 Biegung mit freier Krümmung 6.2.3 Überlagerung der Biegerandspannungen

6.3 Oberflächenpressung 6.4 Sekundäre Biegebeanspruchung

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7 SEILBEMESSUNG

7.1 Tragseil 7.2 Zug- und Gegenseile 7.3 Förderseil 7.4 Seile von Materialseilbahnen

8 SEILBAHNSYSTEME

8.1 Standseilbahn 8.2 People Mover, Cable Liner, MiniMetro 8.3 (Zweiseil-) Pendelbahn 8.4 Funifor 8.5 Zweiseilumlaufbahn 8.6 Einseilumlaufbahn 8.6.1 kuppelbare Einseilumlaufbahnen 8.6.2 festgeklemmte Einseilumlaufbahnen 8.6.3 Bemessung von Einseilumlaufbahnen 8.7 Gruppenumlaufbahn, Gruppenpendelbahn 8.8 Doppeleinseilumlaufbahn (DMC, DLM, Funitel) 8.9 Schlepplift 8.9.1 Schlepplifte mit niederer Seilführung 8.9.2 Schlepplifte mit hoher Seilführung

Literaturhinweise Bemerkung: Die im Skriptum enthaltenen fotographischen Bilder wurden mit freundlicher Zustimmung der Herstellerfirmen aufgenommen.

Bemerkung: Der eingerahmte Text dient ausschließlich der Erläuterung und stellt keinen Prüfungsstoff dar.

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1 ENTWICKLUNG DES SEILBAHNBAUES

400 v. Ch. wurde eine chinesische Tuschezeichnung angefertigt, auf der erstmals eine seilbahnähnliche Anlage

(Zweiseilbahn) zum Transport von Steinen zum Bau einer Befestigung dargestellt ist.

1200 wurden in Japan Seilbahnen zum Güter- und Personentransport über Schluchten errichtet.

1405 wurde in Europa erstmals in einem Buch zur Bergbaukunde eine Einseil-Materialbahn mit Kurbelantrieb

erwähnt.

1411 wurde erstmals in einem Buch eine Einseilbahn mit geschlossener Seilschleife erwähnt.

1617 gibt Faustus Verantius eine vollkommene Darstellung einer Seilfähre zur Personenbeförderung wieder.

1834 erfand der Bergrat Albert in der Bergbaustadt Clausthal im Harz das Drahtseil.

1837 baute Wurm in Wien die erste Verseilmaschine.

1862 wurde die erste öffentlich verkehrende Standseilbahn in Lyon errichtet.

1868 erste Einseilbahn in England.

1873 ging die erste Cable-Car der Welt in San Franzisko in Betrieb.

1874 wurde in Hütteldorf bei Wien die erste kuppelbare Standseilbahn errichtet.

1894 wurde vermutlich die erste Pendelbahn zum öffentlichen Verkehr in Mailand in Betrieb genommen.

1908 erster Ski-Schlepplift im Schwarzwald.

1915 Im Zuge des österreich-italienischen Alpenkrieges entdeckte der Südtiroler Luis Zuegg die modernen

Seilspannungsgesetze

1926 erste Pendelbahn in Österreich auf die Rax bei Wien.

1935 erste Sesselbahn in Sun Valley (USA).

1945 erste kuppelbare Sesselbahn in Flims (CH)

1946 erster fixer Einersessellift in Österreich (Bad Gastein)

Von da an erfolgten die touristische Erschließung der Berge mit Hilfe der Seilbahnen und die rasante technische

Entwicklung der Seilbahnen weltweit.

1984 wurde die erste DMC (Double-Mono-Cable) von Denis Creissels in Serre-Chevalier (Frankreich)

errichtet.

1985 erste Luftkissen-Standseilbahn in Serfaus.

1987 erstes Fahrgastförderband bei einer fixgeklemmten Sesselbahn in Obergurgl.

1991 Inbetriebnahme der neuartigen 3-S-Bahn in Saas Fee.

2004 Inbetriebnahme der ersten 3-S-Bahn in Österreich (Kitzbühel)

2010 erste Seilbahn System FUNIFOR in Österreich (Bezau)

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SEILBAHNBAU

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Weltweit stehen ca. 30000 Seilbahnen (ca. 11000 Seilschwebebahnen und Standseilbahnen und

ca. 19000 Schlepplifte) in Betrieb. Die Gesamtförderleistung beträgt ca. 20 Mio. Pers/h.

Entwicklung des Seilbahnbaues in Österreich

Die ersten Seilbahnen in Österreich waren Standseilbahnen. 1874 wurde eine Standseilbahn auf die

Sophienalpe (Ausflugsort bei Wien) errichtet. Allerdings wurde der Betrieb dieser Seilbahn nach

wenigen Jahren wieder eingestellt. 1892 folgte die Salzburger Festungsbahn, 1894 die Grazer

Schlossbergbahn und 1906 die Hungerburgbahn (Innsbruck). Nach in der Zwischenzeit erfolgten

Umbauten sind diese heute noch in Betrieb.

Eine lebhafte Bautätigkeit setzte in Österreich in der Zwischenkriegszeit ein, als die "klassischen"

Pendelbahnen, z.B. Raxbahn (1926), Tiroler Zugspitzbahn (1926), Nordkettenbahn in Innsbruck,

Hahnenkammbahn in Kitzbühel, zuletzt die Galzigbahn in St. Anton/Arlberg (1938) errichtet wurden.

Etwa die Hälfte dieser Seilbahnen ist heute nicht mehr in Betrieb. Sie wurden abgetragen und durch

moderne Pendelbahnen oder andere Seilbahnsysteme ersetzt.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde erst Anfang der 50-er Jahre neuerlich in größerem Umfang mit dem

Bau von Seilbahnen, vornehmlich in Fremdenverkehrsgebieten begonnen. Aus den zaghaften

Anfängen hat sich dabei ein bedeutender Wirtschaftszweig entwickelt, der besonders in den 70-er

Jahren stark expandierte. Die rege Bautätigkeit hat aber bis heute nicht nachgelassen.

Nach 1950 wurden zunehmend Einseilsysteme gebaut, zunächst festgeklemmte Sessellifte mit

Einzelsitzen, ab 1954 mit Doppelsessel und ab Mitte der 70-er Jahre auch mit mehrplätzigen

Sesseln.

Mitte der 50-er Jahre wurden als "Massentransportmittel" kuppelbare Zweiseilumlaufbahnen (ein

Tragseil und ein Zugseil) gebaut, von denen einige noch in Verwendung stehen. 2004 ging die erste

Umlaufbahn mit 3 Seilen (zwei Tragseile und ein Zugseil) in Kitzbühel als kuppelbare Umlaufbahn in

Betrieb.

Im Vergleich zum Ausland wurde die erste kuppelbare Einseilumlaufbahn mit geschlossenen

Wagenkästen in Österreich erst relativ spät (1972) errichtet (im Ausland, insbesondere in der

Schweiz bereits seit Ende der 50-er Jahre in Verwendung).

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SEILBAHNBAU

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Waren zuerst 4 Personen je Wagen das Maximum sind es derzeit 15 Personen (Talbahn in

Nassfeld, EUB Steinplatte in Waidring, EUB Mauterndorf). Der größte Wagenfassungsraum eines

Einzelwagens bei einem Umlaufbahnsystems beträgt dzt. 24 Personen (Doppeleinseilumlauf Funitel,

erstmals in Hintertux).

Seit 1976 werden auch kuppelbare Sesselbahnen errichtet, wobei bei modernen Anlagen im

Allgemeinen Sessel mit 4 oder 6 Plätzen, seit 1999 auch mit 8 Plätzen verwendet werden.

In Österreich stehen derzeit etwa 3200 Seilbahnen, davon etwa 2000 Schlepplifte, in Betrieb. Nur in

den USA sind mehr Seilbahnen in Betrieb als in Österreich.

In Österreich werden jährlich mehr Personen mit Seilbahnen befördert (600 Mio./Jahr), als mit

Eisenbahnen und Linienbussen gemeinsam.

Auf dem Materialseilbahnsektor ist die Bautätigkeit im Inland derzeit praktisch zum Erliegen

gekommen.

Seilbahnen, Gesetzliche Grundlagen in Österreich

Seilbahnen sind gesetzlich den Eisenbahnen zugeordnet. Grund für diese Zuordnung ist die mit

Eisenbahnen gleichartige Zwangsspurführung. Mit dem Seilbahngesetz 2003 (SeilbG 2003) wurde

eine neue gesetzliche Basis geschaffen. Bis dahin waren Seilbahnen im Eisenbahngesetz 1957

verankert.

erläuternde Bemerkung

Schlepplifte sind seit Seilbahngesetz 2003 nunmehr auch Seilbahnen. Vor 2003 waren sie gewerbliche Betriebe.

Mit dem Inkrafttreten des SeilbG 2003 wurde die Richtlinie 2000/9/EG vom 20. März 2000 der

europäischen Union in Österreich umgesetzt. Auf Grundlage der Richtlinie 2000/9/EG wurden

Seilbahnnormen (Auflistung siehe Anhang) europaweit harmonisiert. Die letzte Norm der

harmonisierten EN-Normen „Sicherheitsanforderungen für Seilbahnen für den Personenverkehr“

erschien im Jänner 2006.

erläuternde Bemerkung

Die Ausführung einer Seilbahn wird sehr stark von den in den einzelnen Staaten und Länder anzuwendenden technischen Regelwerken beeinflusst. So war z.B. der größtzulässige Bodenabstand in jedem Staat verschieden festgelegt. Oder der Nachweis der Dauerfestigkeit eines Fahrzeuges unterlag verschiedenen einzelstaatlichen Bestimmungen. Das führte dazu, dass für einen neuen Fahrzeugtyp auf mehreren Arten dessen Dauerfestigkeit nachzuweisen war. Technisch war diese Vorgangsweise nicht nachvollziehbar und begründbar und erschwerte für den Hersteller der Fahrzeuge die Einführung eines neuen Produktes.

Jede Seilbahn für den Personenverkehr (mit Ausnahme der Schlepplifte und Materialseilbahnen mit

Werksverkehr oder mit eingeschränktem öffentlichem Verkehr) benötigt für den Bau und Betrieb

eine Konzession. Damit erwirbt der Betreiber, das Seilbahnunternehmen, das Recht auf den Bau

und Betrieb einer Seilbahn (Einnahmen durch den Verkauf von Fahrkarten, Konkurrenzierungs-

rechte); er übernimmt damit aber auch die Verpflichtung der Beförderung (Fahrplan, Betriebszeiten).

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SEILBAHNBAU

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erläuternde Bemerkung

Mit der Konzession erwirbt das Seilbahnunternehmen das Recht auf eine gewisse Zeit (zwischen 30 und 50 Jahren) ohne Konkurrenz die Seilbahn auf der Strecke von A nach B bauen und betreiben zu dürfen. Er hat somit das Recht bei einem geplanten Bau einer Seilbahn, die in unmittelbarer Nähe von seiner errichtet werden soll, dagegen Einspruch zu erheben. Das Konkurrenzierungsrecht stammt aus Zeiten, wo Eisenbahnlinien neu errichtet wurden. In einem Skigebiet heutigen Umfanges und moderner Struktur führt dieses Recht oft zu absurden Situationen.

Die behördliche Zuständigkeit für Seilbahnen in Österreich ist in Abhängigkeit vom Seilbahnsystem

zwischen dem Bund und den Bundesländern aufgeteilt. So befinden sich in Bundeskompetenz alle

Standseilbahnen, Seilschwebebahnen im Pendelbetrieb (vulgo Pendelbahnen), Zweiseilbahnen,

Doppeleinseilumlaufbahnen, Gruppenumlaufbahnen, Kombibahnen und kuppelbare Seilbahnen mit

geschlossenen Fahrzeugen. In Landeskompetenz befinden sich Schlepplifte, fixgeklemmte

Sesselbahnen und Materialseilbahnen. Bei kuppelbaren Sesselbahnen ist eine geteilte Zuständigkeit

gegeben. Die Konzessions- und die Baugenehmigungskompetenz liegt beim Bund; die Betriebs-

bewilligungs- und die Aufsichtskompetenz im Betrieb der Seilbahn beim jeweiligen Bundesland

(genauer beim jeweiligen Landeshauptmann).

Für jede neu zu errichtende Seilbahn für den Personenverkehr, aber auch für jeden Umbau einer

bestehenden Seilbahnanlage, sind eine Baugenehmigung und eine Betriebsbewilligung erforderlich.

Die Baugenehmigung erfolgt anhand eines Bauentwurfes. Seit Inkrafttreten des SeilbG 2003 ist

erstmals in Österreich, so wie in den meisten europäischen Ländern, die Erstellung einer Sicher-

heitsanalyse erforderlich, in der alle Gefährdungen von der Seilbahn selbst (Absturz, Kollision,

Entgleisen usw.) als auch die von außen auf die Seilbahn wirkenden möglichen Gefährdungen

(Lawinen, Brand, Erdbeben usw.) sicherheitstechnisch zu betrachten sind.

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2 TERMINOLOGIE

SEILBAHN: Verkehrsmittel für den Transport von Personen oder Lasten in Fahrzeugen, wobei diese

durch ein oder mehrere Seile getragen und bewegt oder nur bewegt werden.

STANDSEILBAHN: Seilbahn, bei der das Laufwerk der Fahrzeuge (Wagen) auf Schienen geführt

wird und von einem oder mehreren Seilen gezogen werden.

SEILSCHWEBEBAHN: Seilbahn, bei der das Laufwerk oder Gehänge der Fahrzeuge auf einem

oder mehreren zwischen frei stehenden Stützen gespannten Seil geführt und gezogen wird.

ZWEISEILBAHN: Seilschwebebahn, bei dem die Fahrzeuge durch mindestens ein Tragseil

getragen und durch mindestens ein Zugseil bewegt werden.

EINSEILUMLAUFBAHN: Seilschwebebahn, bei welcher die Fahrzeuge durch ein Seil (Förderseil)

getragen und bewegt werden.

KOMBIBAHN: Einseilumlaufbahn, bei der auf dem Förderseil gleichzeitig Kabinen und Sessel

befördert werden.

DOPPELEINSEILUMLAUFBAHN: Seilschwebebahn, bei der die Fahrzeuge durch zwei synchron

laufenden parallelen Förderseilschleifen (DMC – Double Monocable) oder einer Doppelschleife

(DLM – Double Loop Monocable) getragen und bewegt werden.

SCHLEPPLIFT: Seilbahn, bei der Personen auf Skiern oder anderen Sportgeräten auf einer

Schleppspur mittels einem Gehänge durch ein Seil gezogen werden.

SEILBAHN im PENDELBETRIEB: Seilbahn, bei der das bewegende Seil seine Bewegungsrichtung

nach jedem Fahrtspiel umkehrt; bei der also die Fahrzeuge oder Gruppen von Fahrzeugen zwischen

den Stationen pendeln.

SEILBAHN im UMLAUFBETRIEB: Seilbahn, bei der das bewegende Seil immer in derselben

Bewegungsrichtung läuft, wobei kontinuierlicher oder intermittierender Betrieb möglich ist, also bei

der die Fahrzeuge in gleich bleibender Richtung verkehren.

PERSONENSEILBAHN: Seilbahn, die der Beförderung von Personen dient.

MATERIALSEILBAHN: Seilbahn, die der Beförderung von Materialien (z.B. Schüttgut) dient.

KUPPELBARE SEILBAHN: Seilbahn, bei denen die Fahrzeuge in den Stationen vom Zug- oder

Förderseil getrennt werden.

FESTGEKLEMMTE SEILBAHN: Seilbahn bei der die Fahrzeuge in den Stationen vom Zug- oder

Förderseil nicht getrennt werden.

FAHRZEUGE (FAHRBETRIEBSMITTEL): geschlossene Beförderungsmittel (Wagen, Kabinen) oder

offene Beförderungsmittel (Sessel, Stehkorb) ohne eigene Antriebsenergie, ausschließlich durch die

Zugwirkung des Zug- oder Förderseiles bewegt.

erläuternde Bemerkung

Die österreichische Terminologie hat zwischen Fahrzeuge und Fahrbetriebsmittel unterschieden. Das Fahrzeug wird durch eigene Antriebsenergie bewegt (z.B. LKW, Auto, Eisenbahn). Dies trifft bei einer Seilbahn nicht zu. Der in Deutschland gängige Ausdruck „Fahrzeug“ wurde bei der europaweiten Harmonisierung der Normen übernommen.

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3 SEILE

So vielseitig die Verwendung der Drahtseile in der heutigen Technik ist, so verschieden sind auch

die Seile selbst, deren Werkstoff und Aufbau dem jeweiligen Verwendungszweck angepasst sein

muss.

Das Stahldrahtseil ist zweifellos das wichtigste Bauelement des Seilbahnbaues. Die große Bedeu-

tung, die dem Seil zukommt, zeigt sich in den umfangreichen wissenschaftlichen Arbeiten, die für

die Herstellung, Berechnung und Verwendung der Seile geleistet werden.

erläuternde Bemerkung Die Herstellung von Drähten durch Drahtziehen wurde bereits im Mittelalter erfunden. Aber erst 1834 wurde das erste Stahldrahtseil moderner Ausführung von Oberbergrat Albert für die Grube Carolina bei Clausthal im Harzgebirge in Handarbeit hergestellt. Das Seil war aus 3 Litzen mit je 4 Drähten von 3,5 mm Durchmesser in Gleichschlag (daher auch die noch veraltete Ausdrucksweise: Albertschlag) hergestellt; Drahtfestigkeit ca. 400 N/mm², Drahtlänge ca. 20 bis 40 m. Die praktische Einsatzmöglichkeit des Stahldrahtseiles in größerem Umfang ergab sich erst durch die Verbesserungen der Drahtziehmethoden und schließlich durch die Erfindung der Verseilmaschine durch den Wiener Mechaniker Wurm bei der Fa. Felten & Guilleaume 1840. Erst damit konnten Seilbahnen bis hin zu den modernsten Systemen entwickelt werden.

Ein Drahtseil besteht aus Drähten, die zu Litzen verseilt werden und aus einer Einlage, um die die

Litzen verseilt sind.

1 Drahtseil 2 Draht 3 Litze 4 Einlage

Abb.: Bestandteile eines Seiles

3.1 SEILDRAHT

3.1.1 Drahtherstellung

Ausgangsmaterial für die Drahtherstellung von Seilen für Seilbahnen ist unlegierter Kohlenstoffstahl

mit 0,5 % bis 1,0 % C-Gehalt in Form von Walzdraht, Drahtdurchmesser 9 - 12 mm.

Drähte haben üblicherweise einen kreisförmigen Querschnitt. Diese werden als Runddrähte be-

zeichnet. Bei der Drahtherstellung wird die bei einer Kaltverformung von Stahl entstehende

Festigkeitssteigerung ausgenutzt, um Drähte mit der gewünschten Festigkeit zu erhalten. Die Kalt-

verformung wird beim Ziehen des Drahtes durch im Querschnitt abgestufte Ziehdüsen (Ziehsteine)

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erzielt, wodurch die gewünschte Kaltverformung in Form einer Querschnittsabnahme erreicht wird.

Bei der Herstellung von Runddrähten hat der Ziehstein (Ziehdüse) einen kreisrunden Querschnitt.

Bei der Herstellung von Formdrähten (beliebiger Querschnitt der Drähte) ist eine entsprechend

geformte Ziehdüse erforderlich.

Die Kaltverformung bewirkt im Draht außer der Festigkeitssteigerung auch eine Verminderung des

Verformungsvermögens und damit eine Versprödung. Dies ist vor allem an einer Verminderung der

Bruchdehnung und der Brucheinschnürung des Werkstoffes im Zugversuch zu erkennen.

Vor dem Ziehen muss der Draht einer Wärmebehandlung unterworfen werden, um ein günstiges

metallographisches Ziehgefüge zu erreichen (Glühen auf fein lamellaren Sorbit = Patentiergefüge).

Beim Ziehen kommt es wieder zu einer Vergröberung des Gefüges, was einer Versprödung des

Werkstoffes entspricht. Daher sind nach mehreren Zügen Zwischenglühungen (Patentieren) des

Drahtes erforderlich.

Die Bruchfestigkeit des Ausgangsmaterials beträgt 700 - 1000 N/mm² je nach C-Gehalt.

Die Bruchfestigkeit des fertigen Stahldrahtes beträgt bis zu 2200 N/mm² (für Seilbahnseile) und

darüber.

Die Drähte werden blank oder aus Gründen des Korrosionsschutzes verzinkt gezogen.

3.1.2 Querschnittsformen von Seildrähten

Runddraht mit einem Kreisquerschnitt

Formdrähte

- Keildraht mit einem trapezförmigen Querschnitt (T)

- Z-Draht mit einem Z-förmigen Querschnitt (Z)

- Taillendraht mit Ausnehmungen für einen Runddraht (H)

- Sonderformen

Abb.: Drahtformen

Die Formdrähte (Keildraht, Z-Draht, Taillendraht) können als Außenlagen über das durch Rund-

drähte gebildete innere Seil angebracht werden und haben den Zweck die Oberfläche des Seiles zu

formen. Diese Seilkonstruktionen werden als verschlossene Seile bezeichnet. Die Verbindungs-

fläche Runddraht-Formdraht ergibt jedoch keinen ausreichenden Verschluss in der Außenlage

gegen Eindringen von Feuchtigkeit.

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3.1.3 Prüfung der Seildrähte

Die Anforderungen an die Seildrähte und die zulässigen Abweichungen sowie die Prüfmethodik

sind in den Normen ÖNORM EN 10264-1 bis 10264-4 festgelegt.

Demnach sind zu prüfen:

- Maßtoleranzen: Durchmessertoleranz;

- mechanische Eigenschaften: Zugfestigkeit, Hin- und Herbiegeversuch, Verwindeversuch;

- Anforderungen an die chemische Zusammensetzung des Stahldrahtes;

- Anforderungen an Überzüge: Zink oder Zinklegierung nach ÖNORM EN 10244-2.

erläuternde Bemerkung Die Biegezahl ist ein Maß für das Verformungsvermögen des Drahtes und gibt eine Aussage im Hinblick auf die Verseilung und die Beanspruchung im Seil. Die Verwindezahl ist ein Maß für das Verformungsvermögen und die Homogenität des Drahtmateriales, sowie für die Gleichmäßigkeit des Ziehgefüges.

3.2 LITZE

Eine Litze entsteht, wenn Drähte in einer oder mehreren Lagen um einen gemeinsamen Kerndraht

verseilt werden. Sie ist das Aufbauelement der Litzen- und Litzenspiralseile. Die Litzen werden in

verschiedenen Macharten hergestellt:

einlagige Litze parallel verseilte Litze (mindestens zwei Drahtlagen)

Machart Seale Machart Warrington

Machart Filler (Fülldraht) Machart Warrington-Seale

Kernlitze

nichttragende Fülldrähte

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Die Litzen der Seilbahnseile weisen durchwegs einen Kerndraht und mindestens zwei

Drahtlagen auf. Ausnahme dazu ist eine der drei Warrington-Seale Macharten. Dabei ist der

Kerndraht durch eine Kernlitze ersetzt. (oben dargestellt)

Wird eine Anzahl von Litzen um die Einlage geschlagen, entsteht ein Rundlitzenseil, oder allgemein

Litzenseil.

Wird um eine Litze weitere Drahtlagen geschlagen, entsteht das Litzenspiralseil oder Spiralseil.

3.3 ARTEN DER SEILKONSTRUKTIONEN

Nicht alle der möglichen Seilkonstruktionen werden auch für Personenseilbahnen verwendet. Die

nachfolgenden Angaben sind der ÖNORM EN 12385-2 entnommen.

Spiralseil:

Verwendung als Tragseil.

Das Seil ist aus Runddrähten mit (üblicherweise)

gleichem Nenndurchmesser (Drähte in den Lagen gegen-

sinnig geschlagen). Solche Seile werden heute nur mehr

für Materialseilbahnen als Tragseil verwendet. Nachteil:

Bei Bruch eines Außendrahtes treten die Enden des

gebrochenen Drahtes und der Draht selbst sehr leicht aus

dem Seilverband heraus.

vollverschlossenes Spiralseil:

Verwendung als Tragseil.

Um ein Kernseil aus Runddrähten (Spiralseil) werden eine

oder mehrere Lagen aus Formdrähten gegensinnig ge-

schlagen;

für Materialseilbahnen: mindestens 1 Formdrahtlage

in der Außenlage.

für Personenseilbahnen: mindestens 2 Formdraht-

lagen in den Außenlagen.

Durch die außenliegenden Formdrahtlagen wird ein Aufsteigen eines Runddrahtes aus dem

Seilverbund verhindert. Bei Drahtbruch eines außenliegenden Formdrahtes kann die Bruchstelle

durch Verlöten gefüllt werden. Der Draht ist als nicht tragend zu bewerten.

erläuternde Bemerkung

Hinsichtlich der Schlagrichtung und Lage der Profildrähte in der Außenlage gilt: die Drähte sollten so befahren werden, dass sie sich infolge Belastung durch die Laufrollen des Fahrzeuges am Fuß des Nachbardrahtes, und nicht auf einer allenfalls darunter befindliche Runddrahtlage abstützen können. Um eine Lastverteilung der von Laufrollen aufgebrachten punktförmigen Belastung auf das Spiralseil zu erzielen sind für Personenseilbahnen immer mindestens zwei Formdrahtlagen in gegensinniger Schlagrichtung vorgesehen.

Kerndraht

1. Lage

2. Lage

3. Lage Außenlage

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Litzenspiralseil:

Verwendung als Tragseil.

Das Seil ist aus gleichartig aufgebauten Litzen (üblicherweise) in Kreuzschlag hergestellt. Fallweise

kann die Kernlitze einen anderen Aufbau als die Litzen der einzelnen Lagen aufweisen. Es

entstehen zwischen den Litzenlagen Drahtkreuzungen, daher sind Druckkerben und daher

Dauerbrüche eher möglich; ungünstig für die Lebensdauer.

Litzenseil:

Verwendung als Zug- und Förderseile.

Eine Anzahl von gleichartig aufgebauten Litzen wird in einer Lage (oder mehreren Lagen) um eine

Einlage geschlagen. Die Litzen werden in verschiedenen Macharten, die Seile mit verschiedener

Litzenanzahl hergestellt. Die Einlage dient zur Bettung der Litzen und wurde früher ausschließlich

als Fasereinlage ausgeführt. Derartige Seile werden vor allem dort angewendet, wo die Seile häufig

auf Biegung beansprucht werden.

Litzenseil aus einlagigen Litzen mit einem Seilnenndurchmesser 7 bis 32 mm

Litzenseil in Machart Seale Seilnenndurchmesser 20 bis 54 mm

Litzenseil in Machart Warrington Seilnenndurchmesser 20 bis 54 mm

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Litzenseil in Machart Filler Seilnenndurchmesser 20 bis 54 mm

Litzenseil in Machart Warrington-Seale Seilnenndurchmesser 28 bis 60 mm

Seil mit verdichteten Litzen (Seil mit kompaktierten Litzen):

Verwendung als Zug- oder Förderseile.

Das Seil stellt eine Sonderform eines Litzenseiles dar, bei dem Runddrähte in konventioneller

Weise zu Litzen geschlagen werden. Anschließend werden die Litzen vor dem Verseilen einem

Verdichtungsverfahren (plastische Verformung z.B. durch Ziehen, Walzen oder Hämmern)

unterzogen, wodurch sich der Durchmesser der Litzen entsprechend verkleinert, die Quer-

schnittsformen der Drähte (insbesondere der Drähte in der Außenlage) entsprechend "verquetscht"

werden, jedoch der metallische Querschnitt der Drähte erhalten bleibt. Bei nahezu gleichem

metallischem Querschnitt (daher nahezu gleicher Bruchlast) wird dadurch ein kleinerer

Seildurchmesser erhalten. Die Oberfläche der Litzen wird geglättet, wodurch sich der Fahrkomfort

erhöht (ruhigerer Seillauf). Die Berührungslinien der Einzeldrähte vergrößern sich zu Flächen.

Seile aus verdichteten Litzen haben eine höhere Bruchkraft und Flexibilität gegenüber Seilen aus

konventionellen Litzen mit gleichem Durchmesser und Nennfestigkeit.

Rundlitzenseil mit verdichteten Litzen

Litze vor dem Verdichten Litze nach dem Verdichten

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Abb.: Rundlitzenseil mit verdichteten

Litzen (keine Runddrähte mehr)

Litzenseil mit Kunststoffzwischenlage: (Seil mit gepolsterter Einlage)

Die Kunststoffzwischenlage aus einem Massiv-Polymer zwischen

den Litzen ist eine neuere Seilbauart, bei der eine vorgeformte

Kunststoffeinlage gemeinsam mit den Litzen zu einem Seil

geschlagen wird. Die Kunststoffeinlage vermeidet die Flanken-

berührung der Außenlitzen, hält das Seilgefüge zusammen, wirkt

einer Korbbildung entgegen, schließt die Schmiermittel ein, wirkt

inneren Drahtbrüchen entgegen und absorbiert dynamische

Beanspruchungen.

Seil mit Füllung aus Massiv-Polymer:

Seil, dessen freie Innenräume mit einem Massiv-Polymer ausgefüllt sind. Das Polymer reicht bis

zum äußeren Umfang des Seils oder etwas darüber hinaus. Diese Seilmachart zeichnet sich durch

eine extreme Laufruhe und Geräuscharmut im Betrieb aus. Es wird nur in Sonderfällen verwendet.

3.4 SEILHERSTELLUNG

Für die Verseilung wird üblicherweise eine Korbverseilmaschine verwendet. Die Drähte oder Litzen

werden um eine Achse (bei Litzen meist ein Kerndraht, bei Seilen eine Einlage) geschlagen und

dabei gleichzeitig durch den Verseilkopf gezogen, wodurch die Schraubenlinienform des Drahtes

bzw. der Litze im Seil entsteht. Die Schlaglänge im Seil ergibt sich aus der Drehzahl, mit der die

Drähte (Litzen) um die Achse geschlagen werden, und der Geschwindigkeit, mit der das Seil aus

der Maschine gezogen wird. Im Verseilkopf wird das flüssige (warme) Schmiermittel eingebracht,

überschüssiges Schmiermittel wird unmittelbar nach dem Verseilkopf wieder abgestreift, so dass

die Seiloberfläche möglichst fettfrei ist. Vor dem Verseilkopf werden die Drähte bzw. Litzen

vorgeformt, so dass sie sich besser in den Litzen- bzw. Seilverband einlegen, nach dem Verseilkopf

wird das Seil durch einen Richtapparat gezogen, um Verseilspannungen abzubauen; dies ergibt die

drall- und spannungsarme Ausführung.

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3.5 NORMUNG UND BEGRIFFE

Seilbahnseile sind in der Normenreihe ÖNORM EN 12385 genormt. In diesen Normen sind Begriffe,

Berechnungsgrößen, Seilaufbau mit Angabe der Drahtnenndurchmesser, Festigkeitsstufen der

Seildrähte, Qualitätsanforderungen an Seildrähte und an Seile etc. festgelegt.

Seil/Litzendurchmesser

Durchmesser des dem Seil bzw. der Litze umschriebenen Kreises.

Abb.: Definition des Seildurchmessers

Einlage (C)

Material, das zur Bettung (vornehmlich) der Litzen im Seil dient.

- weiche Einlage aus Natur- oder Kunstfaserseilen oder aus Kunststoff (Seilseele)

- harte Einlage aus Stahldraht, aus einer Stahl-Litze oder aus einem Kernseil aus Stahldraht

Fasereinlage (FC)

Die Einlage wird entweder aus Naturfasern (NFC) oder aus Synthetikfasern (SFC) hergestellt.

erläuternde Bemerkung

Fasereinlagen werden üblicherweise in der Reihenfolge Fasern zu Garnen, Garne zu Litzen und Litzen zum Seil hergestellt.

Stahleinlage (WC)

Einlage aus Stahldrähten, die als Drahtlitze (WSC) oder als unabhängig verseiltes Drahtseil

(IWRC) ausgeführt ist

erläuternde Bemerkung

Die Stahleinlage und/oder ihre Außenlitzen können auch mit Fasern oder Massiv-Polymer ummantelt sein.

Φ

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SEILBAHNBAU

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Einlage aus Massiv-Polymer (SPC)

Einlage aus einem Massiv-Polymerwerkstoff, die eine zylindrische Form oder eine zylindrische

Form mit Rillen aufweist. Sie darf auch ein Innenelement aus Draht (Drähten) oder Fasern

enthalten.

Die Einlage hat die Aufgabe, die durch die Seilspannkraft entstehenden radialen Kräfte der Litzen

aufzunehmen und so das gegenseitige Abstützen der Litzen (Gewölbewirkung) zu verhindern.

Durch das Einbetten der Litzen in die Einlage (Setzen des Seiles) kommt es zu einer bleibenden

Dehnung des Seiles infolge der Betriebsbelastung. Diese Dehnung beträgt je nach Seilkonstruktion

etwa 1,5 % bis 3 % und kann durch Wahl von einem möglichst druckfesten Einlagewerkstoff

entsprechend vermindert werden.

erläuternde Bemerkung

Seildehnungen erfordern bei Zug- und Förderseilen ein mehrmaliges Kürzen des Seiles (neuer Seilspleiß), um nicht allzu große Spannwege ausführen zu müssen. Zu harte Einlagewerkstoffe führen zu erhöhter Beanspruchung der Seildrähte.

Drall- und spannungsarme Ausführung

Ausführung, bei der die Drähte oder Litzen den Litzen- bzw. den Seilverband nicht oder nur gering

verlassen, wenn man die Seilenden freigibt; dies wird durch Vorformung und Nachformung erreicht.

Durch spezielle Seilkonstruktionen kann ein drehungsarmes Seil, das unter Belastung nur ein

vermindertes Drehmoment erzeugt, erreicht werden.

Schlaglänge und Schlagwinkel

Ganghöhe bzw. Steigungswinkel der Schraubenlinie der Drähte oder Litzen.

Abb.: Definition der Schlaglänge einer Litze (rechtsgängig) und eines Seiles (Kreuzschlag)

Die Schlaglänge ist der parallel zur Seil/Litzenlängsachse verlaufende Abstand, innerhalb dessen

ein Außendraht eine vollständige Windung um die Achse der Litze/des Seiles vollführt.

Der Schlagwinkel ist der Winkel der Drähte in der Außenlage zur Längsachse der Litze.

Schlagrichtung

Richtung der Schraubenlinie der einzelnen Drähte in den Litzen oder der Litzen im Seil (rechts-

gängig oder linksgängig). EN 12385-2 unterscheidet:

Schlagrichtung der Litze (z oder s): Richtung rechts (z) oder links (s) entsprechend der Schlag-

richtung der Außendrähte in Bezug zur Längsachse der Litze.

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SEILBAHNBAU

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Abb.: Definition der Schlagrichtung Litze: z (rechtsgängig), s (linksgängig)

Schlagrichtung des Seiles (Z oder S): Richtung rechts (Z) oder links (S) entsprechend der

Schlagrichtung der Litzen in Bezug zur Längsachse des Seiles.

Schlagart

bezeichnet die Schlagrichtung der Drähte in den Litzen in Bezug auf die Schlagrichtung der Litzen

im Seil, bzw. die Schlagrichtung in zwei aufeinanderfolgenden Drahtlagen eines Seiles:

- Kreuzschlag (nur für Litzenseile definiert: sZ oder zS)

- Gleichschlag (nur für Litzenseile definiert: zZ oder sS)

Abb.: Kreuzschlag sZ und zS Abb.: Gleichschlag zZ und sS

Schlagweise

bezeichnet die Art der Verseilung der Drähte in den einzelnen Lagen einer Litze,

- Normalschlag (Standardverseilung, Standardschlag)

Die einzelnen Lagen sind gleichsinnig oder gegensinnig geschlagen. Die Drähte haben im

Allgemeinen die gleichen Nenndurchmesser. Die Lagen haben meist gleiche Schlagwinkel,

daher verschiedene Schlaglängen. Die Drähte von benachbarten Drahtlagen weisen

Kreuzungen im Seilverband auf (Druckstellen, Druckkerben, Dauerbruchstelle), wobei bei

gegensinniger Schlagart der Lagen die Drähte in der Litze oder im Seil mehr Kreuzungspunkte

aufweisen als bei gleichsinniger Ausführung. Die Herstellung solcher Seile erfordert je

Drahtlage einen gesonderten Arbeitsgang.

Page 19: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

16

- Parallelschlag (Parallelverseilung)

Alle Drähte in der Litze haben die gleiche Schlaglänge, daher jedoch in den einzelnen

Drahtlagen verschiedene Schlagwinkel. Die Litzen oder Seile können in einem Arbeitsgang

verseilt werden. Die Drähte weisen untereinander Linienberührung, daher weniger Druckstellen

etc. auf, was günstiger gegenüber Dauerbeanspruchung ist.

Abb.: Schlagweise

Abb.: Unterschied zwischen Normalschlag und Parallelschlag

d1π d2π d1π d2π

l2

l1

l1 = l2

α1=α2

α2

α1

Normalschlag

gleiche Schlagwinkel

Parallelschlag

gleiche Schlaglänge

d1 : Durchmesser der inneren Drahtlage d2 : Durchmesser der äußeren Drahtlage α1 : Steigungswinkel der inneren Drähte α2 : Steigungswinkel der äußeren Drähte l1 : Schlaglänge der inneren Drähte l2 : Schlaglänge der äußeren Drähte

Drahtachsen

Mantelerzeugende

Berührungspunkte

Drahtachsen

Berührungslinien

Normalschlag Parallelschlag

Page 20: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

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Seilnormbezeichnung

sie dient dazu, ein Seil im technischen Schriftverkehr in Kurzform zu beschreiben. Die Grundlagen

sind in der ÖNORM EN 12385-2 zusammengefasst. Dabei wird die zur Beschreibung eines Seiles

erforderliche Mindestmenge an Informationen angegeben.

Die Seilnormbezeichnung muss folgende Angaben enthalten:

Maße, Seilkonstruktion, Konstruktion der Einlage, Seilfestigkeitsklasse, Oberflächenausführung der

Drähte, Schlagart und Schlagrichtung.

Beispiel:

zZASFCWS 196036632

bedeutet:

Seil mit 32 mm Nenndurchmesser, 6 Litzen aus je 36 Drähten in Machart Warrington-Seale mit synthetischer Fasereinlage, Seilfestigkeitsklasse 1960 N/mm², Oberfläche mit Zinküberzug der Klasse A, Gleichschlag rechtsgängig.

erläuternde Bemerkung

Beispiel nach ÖNORM M 9500 (überholt):

Zugseil ÖNORM M 9534 - 32 E 1960 GR - BV - znk - SF - spa

bedeutet: Zugseil nach ÖNORM M 9534 mit 32 mm Nenndurchmesser in Sondermachart E (Warrington-Seale), Nennfestigkeit 1960 N/mm², Ausführung in Gleichschlag rechtsgängig, Drähte für besondere Verwendungszwecke in verzinkt gezogener Oberflächenqualität, mit synthetischer Fasereinlage, in drall- und spannungsarmer Ausführung.

3.6 ERLÄUTERUNG ZU SCHLAGLÄNGE UND SCHLAGWINKEL

Die ideale Schlaglänge bzw. der Schlagwinkel der Drähte in der Litze oder im Seil bzw. der Litzen

im Seil lassen sich auf Grund geometrischer Zusammenhänge berechnen. Die Bedingungen

werden vorgegeben: z.B. Anzahl der Drähte in den einzelnen Drahtlagen und Anzahl der Draht-

lagen in der Litze, Draht- bzw. Litzendurchmesser, Abstand der Drähte in der Litze je Lage vom

Seilmittelpunkt bzw. der Litzen im Seil etc.

Bei Seilen oder Litzen, die aus Drähten mit gleichem Nenndurchmesser hergestellt werden und sich

die Drähte in den einzelnen Lagen berühren, ergibt sich bei

∞ vielen Lagen ein Schlagwinkel von ω = 17,27°

Der Schlagwinkel liegt daher in Bereich zwischen 15,0° und 17,3°. Der tatsächliche Schlagwinkel

wird auf Grund der Ungenauigkeiten beim Ziehvorgang etwas kleiner gewählt.

Wird die Schlaglänge als Vielfaches des Seildurchmessers oder Litzendurchmessers angegeben,

kann daher für alle Seile oder Litzen angenommen werden:

Schlaglänge = 7-facher Seildurchmesser bei Kreuzschlagseilen

Schlaglänge = 8-facher Seildurchmesser bei Gleichschlagseilen

Page 21: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

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Die Größe des Schlagwinkels (Flechtwinkel) beeinflusst die Seilsteifigkeit und den E-Modul ESeil des

Seiles.

Die Steifigkeit nimmt mit zunehmendem Schlagwinkel (bei kleinerer Schlaglänge) ab.

Biegsame Seile erhält man daher durch Vergrößern des Schlagwinkels bzw. durch Verkürzen der

Schlaglänge.

Da sich bei Gleichschlagseilen der Schlagwinkel der Drähte in der Litze und der Schlagwinkel der

Litzen im Seil summieren, ist verständlich, dass Gleichschlagseile biegsamer sind als Kreuzschlag-

seile. Hingegen liegen die Außendrähte der Litzen über eine größere Länge an der Außenseite des

Seiles. Ein Drahtbruch wird durch optische Kontrollen leichter erkennbar, jedoch trägt der Draht

erst nach einer größeren Länge wieder in voller Größe. Die Seiloberfläche ist glatter als bei

Kreuzschlagseilen. Bei Kreuzschlagseilen verschwinden die Außendrähte im Vergleich zu Gleich-

schlagseilen etwa nach der halben Länge wieder im Seilverband. Das bedeutet, dass Kreuz-

schlagseile einen besseren Seilverband haben, und die Außendrähte über eine kürzere Länge an

der Außenseite des Seiles liegen. Drahtbrüche von Außendrähten sind nicht so leicht durch

Augenschein erkennbar, dafür trägt der Draht bereits nach kurzer Länge wieder in voller Größe.

Wird bei einem Seil nachträglich die Schlaglänge geändert, wird dadurch der Seilverband (die rich-

tige Anordnung der Drähte im Seil) wesentlich gestört, was zu einem ungleichmäßigen Tragen der

einzelnen Drähte und damit zu Drahtbrüchen führen kann.

Für den Betrieb ist es daher wichtig, dass Einflüsse, die zu einer Veränderung der Schlaglänge im

Seil führen können (z.B. Verdrehen des Seiles infolge von Fehlern beim Auflegen der Seile,

schlecht fluchtende Rollenbatterien, schlechter Einlauf des Seiles in Seilscheiben), durch ent-

sprechende Maßnahmen verhindert werden.

3.7 BERECHNUNGSGRÖßEN

Nennzugfestigkeit des Drahtwerkstoffes R

Die Nennfestigkeit R ist die der Berechnung der rechnerischen Mindestbruchkraft oder der rechne-

rischen Bruchkraft des Seiles zugrundegelegte Zugfestigkeit des Drahtes von 1200 N/mm² bis

2200 N/mm².

erläuternde Bemerkung

Seilfestigkeitsklasse Rr

Anforderungsniveau der Seilfestigkeit (Bruchkraft), die durch eine Zahl bezeichnet wird (z.B. 1770, 1960) Dies bedeutet nicht notwendigerweise, dass die tatsächlichen Nennfestigkeiten der Drähte im Seil dieser Seil-festigkeitsklasse entsprechen. Die ÖNORM EN 12385-8 legt die Festigkeitsstufen für Seilbahnseile mit 1570, 1770 und 1960 N/mm² fest. Andere Nennfestigkeiten sind ausführbar, es handelt sich jedoch dann um eine Abweichung von der Norm. Gemäß der ehemals anzuwendenden ÖNORM M 9500 waren folgende Festigkeitsstufen genormt: 1370, 1570, 1770, 1960 und 2160 N/mm².

Füllfaktor f

Der Quotient metallischer Seilnennquerschnitt und Fläche des umschriebenen Kreises wird als

Füllfaktor f bezeichnet und für die Berechnung der Mindestbruchkraft herangezogen.

uA

Af Spiralseile: f 0,75 Rundlitzenseile: f 0,46

A : metallischer Querschnitt Au : umschriebene Kreisfläche

Page 22: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

19

Faktor für den metallischen Nennquerschnitt C

vom Füllfaktor abgeleiteter Faktor, der bei der Berechnung zur Bestimmung des metallischen

Nennquerschnitts eines Seils verwendet wird

44

uA

AfC

metallischer Nennquerschnitt A

Produkt aus dem Faktor für den metallischen Nennquerschnitt (C) und dem Quadrat des

Seilnenndurchmessers

444

2222

d

A

Adfd

fdCA

u

Rechnerischer metallischer Querschnitt Ac

Summe der Nennquerschnitte der tragenden Drähte in einem Seil im unverseilten Zustand (loses

Drahtbündel). Die Drahtquerschnitte sind daher Kreise entgegen der tatsächlichen Ellipsenform.

Diese Vereinfachung ist bei kompaktierten Litzen nicht möglich. Der Nennquerschnitt weicht vom

tatsächlichen Istquerschnitt ab.

n

i

icA

1

2

4

δ ... Drahtdurchmesser i … Anzahl der Drähte

erläuternde Bemerkung

Verseilverlustfaktor k

Der Verseilverlustfaktor wird als Quotient der rechnerischen Bruchkraft aus Nennquerschnitt (Fe.c.min) zur rechnerischen

Mindestbruchkraft (Fc.min) des Seiles oder als Quotient der rechnerischen Bruchkraft (Fe.min) zum festgelegten Wert der

Mindestbruchkraft (Fmin) des Seiles, definiert. Die Größe wird vom Seilhersteller angegeben.

Mindestbruchkraftfaktor K

Der Mindestbruchkraftfaktor zur Bestimmung der Mindestbruchkraft wird empirisch ermittelt. Für gebräuchliche Seile (Normseile) ist der Faktor in den Normen angegeben.

4

kfK

Bruchkraft F

Die Bruchkraft des Seiles stellt die wichtigste Größe für die Berechnung und Auswahl der Seile dar.

erläuternde Bemerkung

Auf Grund der verschiedenen Definitionen der Bruchkräfte des Seiles muss bei der Wahl von Sicherheitsfaktoren auch die Bezugsgröße (Bruchkraft) berücksichtigt und angegeben bzw. definiert werden. Zugsicherheitsbeiwerte, die in verschie-denen Normen oder Vorschriften angegeben werden, sind daher nicht ohne weiteres vergleichbar.

Mindestbruchkraft Fmin

festgelegter Wert in kN, der von der in einer vorgeschriebenen Bruchkraftprüfung gemessenen

Bruchkraft (Fm) nicht unterschritten werden darf und üblicherweise als Produkt aus dem Quadrat

des Nenndurchmessers (d), der Seilfestigkeitsklasse (Rr) und dem Bruchkraftfaktor (K) berechnet

wird.

Page 23: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

20

rechnerische Mindestbruchkraft Fc.min

Wert der Mindestbruchkraft, errechnet auf der Grundlage von Drahtnenndurchmesser, Nennzug-

festigkeit des Drahtes und des Verseilverlustfaktors entsprechend den Angaben des Herstellers.

erläuternde Bemerkung

Auf Grund des in Europa versuchten Übereinkommens zur Vereinheitlichung der Bemessung von Seilbahnen (harmonisierte Norm) wurden viele Begriffe für die wichtigste Größe für die Berechnung und die Auswahl der Seile eingeführt. Dies trägt aber wesentlich zur Verwirrung bei. Beispiele nachfolgend

wirkliche Bruchkraft Fm

die nach einem vorgeschriebenen Verfahren (Strangbruchversuch) ermittelte Bruchkraft.

rechnerische Bruchkraft Fe.min

festgelegter Wert in kN, der durch die in einer Prüfung erhaltene ermittelte Bruchkraft nicht unterschritten werden darf. Der Sollwert in kN wird üblicherweise nach nachstehender Formel errechnet:

1000

2

min.

CrRd

eF

d ... Seilnenndurchmesser Rr ... Festigkeitsklasse (Nennfestigkeit)

C ... Faktor für den metallischen Nennquerschnitt

rechnerische Bruchkraft aus Nennquerschnitt Fe.c.min

Wert der rechnerischen Bruchkraft der aus der Summe der Produkte aus den Querschnitten (basierend auf dem Draht-nenndurchmesser) und der Nennzugfestigkeit jedes Drahtes aus dem Seil, entsprechend den Angaben des Herstellers, berechnet wird.

reduzierte rechnerische Bruchkraft aus Nennquerschnitt Fe.red.min

festgelegter Wert, den die ermittelte reduzierte Bruchkraft aus Nennquerschnitt nicht unterschreiten darf und der aus der Summe der Produkte aus den Querschnitten (basierend auf dem Drahtnenndurchmesser) und der Nennzugfestigkeit jedes als lasttragend vereinbarten Drahtes des Seiles berechnet wird.

ermittelte Bruchkraft Fe.m

Summe der gemessenen Bruchkräfte aller Einzeldrähte aus dem Seil.

ermittelte reduzierte Bruchkraft Fe.red.m

Summe der gemessenen Bruchkräfte der als lasttragend vereinbarten Drähte aus dem Seil.

rechnerische wirkliche Bruchkraft Fm.c

Produkt aus der Summe der wirklichen Bruchkräfte der aus dem Seil entnommenen Einzeldrähte und dem aus den Ergebnissen der Typprüfung abgeleiteten anteiligen Verseilverlustfaktor.

rechnerisch ermittelte Bruchkraft Fe.m.c

der Wert, der durch Dividieren der wirklichen Bruchkraft (Fm) des Seiles durch den aus den Ergebnissen der Typprüfung

abgeleiteten anteiligen Verseilverlustfaktor errechnet wird.

längenbezogene Masse (Metergewicht) gS

Ist eine Rechengröße, die außer dem Gewichtsanteil der Seildrähte auch die Gewichtsanteile der

Einlage und des Schmierstoffes berücksichtigt. Sie ist eine für die Berechnung der Seillinie wichtige

Größe, z.B. für die Ermittlung der Höhenspannkraft.

Seil(nenn)durchmesser d

Durchmesser des dem Seilquerschnitt umschriebenen Kreises. Der Seilnenndurchmesser dient bei

vielen Bemessungsregeln (z.B. für die Länge des Seilspleißes, für die Wahl des Seilscheiben-

durchmessers) als Bezugsgröße.

Page 24: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

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3.8 SEILLÄNGUNG

Unter Seillängung wird die bleibende Dehnung bezeichnet. Sie entsteht primär durch das Setzen

der Litzen in der Seileinlage infolge des zur Seilachse auf die weiche Einlage einwirkenden Schnür-

druckes. Sekundär entsteht Längung durch das Setzen der Drähte in den Litzen. Zur Verminderung

der primären Seillängung werden neuerdings die Einlagen bei Zugseilen durch eine Vollverfüllung

mit Kunststoff hergestellt. Zur Verminderung der bleibenden Dehnung werden Seile auch vor ihrer

Verwendung vorgereckt.

3.9 QUERSCHNITTSVERMINDERUNG

Durch den Schnürdruck der einzelnen Litzen auf die weiche Einlage erfolgt vor Allem durch die

Lageänderung der Litzen im Seilverband eine Verminderung des Seilquerschnittes.

3.10 SEILDRALL

Jeder Seildraht im Seil hat bei Aufbringung einer Zugkraft das Bestreben aus seiner gekrümmten

(geschlagenen) Form eine gerade Form anzunehmen. Die Seile sind daher an den Seilenden

gegen das Aufdrehen zu sichern.

Bei Seilen, wo die Schlagrichtung der Drähte und der Litzen gleichartig ausgebildet ist

(Gleichschlag), ist der Seildrall wesentlich größer als bei einem Seil, wo die Schlagrichtung der

Drähte und der Litzen unterschiedlich sind (Kreuzschlag).

erläuternde Bemerkung

Der Seildrall wird später noch behandelt.

3.11 KONTROLLEN DES SEILES

Seile sind einer Dauerbeanspruchung mit unterschiedlichen Belastungsgrenzen ausgesetzt. Im

Normalfall unterliegen Seildrähte einer Schwellbeanspruchung (ausschließlich Zugspannung) und

keiner Schwingbeanspruchung (Zug- und Druckspannung). Die Zugspannung überwiegt gegenüber

der Biegerandspannung im Seildraht. Aufgrund der Dauerbeanspruchung werden Seile in

periodischen Abständen Kontrollen unterzogen.

Augenscheinliche Kontrolle (visuelle Kontrolle):

Bei einem Zug- oder Förderseil wird bei geringer Seilgeschwindigkeit (ca. 0,3 m/s) das Seil in einer

Station visuell am gesamten Umfang kontrolliert. Bei einem Tragseil wird die Kontrolle vom

Fahrzeug aus durchgeführt.

Erkennbar sind äußere Schäden wie Drahtbrüche und Blitzschlagschäden.

Page 25: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

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Kontrolle des Seildurchmessers: die Durchmesserkontrolle ergänzt die visuelle Kontrolle und gibt

Anhaltspunkte für Verschleiß im Seilinneren, für Versagen der Einlage etc.

Magnetinduktive Prüfung: Die magnetische Querschnittsmessung erlaubt als zerstörungsfreies

Prüfverfahren die Abschätzung der Restbruchkraft von Drahtseilen, die durch Korrosion, Verschleiß

oder Drahtbrüche geschwächt sind. Die Messung des Seilquerschnittes ist rückführbar auf eine

induktive Messung des magnetischen Seilflusses.

Diese Prüfmethode beruht auf dem physikalischen Prinzip, dass das Seil als ferromagnetischer

Werkstoff auf eine kurze Länge (etwa 30 cm) bis zur magnetischen Sättigung magnetisiert wird.

Dies kann durch Elektromagnete oder durch Dauermagnete erfolgen. Das dabei um das Seil

entstehende Magnetfeld wird durch Inhomogenitäten im Werkstoff, im metallischen Querschnitt

oder im Aufbau des Seiles gestört. Es entsteht ein magnetisches Streufeld. Wird eine Messspule

über das magnetisierte Seil bewegt, wird durch die Radialkomponente des Streufeldes in der Spule

eine Spannung induziert. Diese Spannung wird verstärkt, aufgezeichnet und ausgewertet. Je nach

Schadensart ergibt sich ein charakteristischer Verlauf der Spannung bzw. des Registrierschriebes.

Drahtbrüche verursachen charakteristische Inhomogenitäten im Streufeld und sind in der Mess-

signalaufzeichnung erkennbar. Sie können erkannt werden, wenn die Drahtbruchenden eine

entsprechende Klaffweite aufweisen. Auf Grund des Seilaufbaues weist jeder Messschrieb einen

"Grundpegel" von Ausschlägen auf, der von der Seilmachart, der Geräteauswahl und Geräte-

einstellung, der Prüfgeschwindigkeit, der Verstärkung des Messsignales etc. abhängt.

Abb.: Aufbau eines Messgerätes für die magnetinduktive Seilkontrolle

Abb.: Messung am Seil

Page 26: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

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erläuternde Bemerkung

Die Anforderungen an diese Prüfmethode im Hinblick auf die Anwendung bei Personenseilbahnen sind in der Norm ÖNORM EN 12927-8 angeführt.

Die Auswertung und Beurteilung des Messschriebes erfordert große Erfahrung und gute Kenntnisse

des Prüfverfahrens, der Geräteeinstellung und der Aufzeichnungsverfahren, aber auch hinsichtlich

der Seilherstellung, der Seilbeanspruchung und der Seileigenschaften.

Die Aufzeichnung des Messergebnisses erfolgt verhältnismäßig einfach und ohne größeren

Zeitaufwand; die Prüfgeschwindigkeit liegt meist zwischen 3 m/s und 5 m/s. Die Auswertung benö-

tigt jedoch einen großen Zeitaufwand. Daher versuchen alle Prüfer, diesen Aufwand zu auto-

matisieren. In jüngster Zeit werden hierzu EDV-Programme erstellt, die in der Lage sind, die Kurven

des Messschriebes zu analysieren und mit charakteristischen Kurvenformen zu vergleichen. Die

EDV-Auswertung ergibt dann eine Tabelle mit der Lage und Anzahl der Drahtbrüche (oder

sonstigen Schäden).

erläuternde Bemerkung

Derartige Methoden sind beispielsweise in zwei Artikeln im Heft 5/95 der ISR beschrieben.

Untersuchungsfristen: Seile haben eine begrenzte Lebensdauer. Durch regelmäßig durchgeführte

zerstörungsfreie Kontrollen sollen die Grenzen der Verwendbarkeit rechtzeitig erkannt werden, ehe

die Betriebssicherheit der Seile gefährlich eingeschränkt ist. Die Ablegereife (Eintritt einer unzu-

lässigen Schwächung der Seiltragkraft) muss rechtzeitig erkannt werden können. Die Unter-

suchungsfristen müssen daher so gewählt werden, dass die zu erwartende Schädigung (der

Schadensfortschritt) bis zur nächsten Untersuchung noch in zulässigem Rahmen bleibt.

Art und Umfang der erforderlichen Untersuchungen werden in den meisten Ländern durch

behördliche Vorschriften, teils auch in Normen (z.B. ÖNORM EN 12927-7) festgelegt.

Augenscheinliche (visuelle) Kontrollen sind monatlich vorzunehmen. Die Fristen für

magnetinduktive Untersuchungen schwanken zwischen 4 Jahren (für neue Förderseile) und

6 Jahren (für neue Trag- und Zugseile). Diese Fristen verkürzen sich jedoch mit zunehmender

Verwendungsdauer eines Seiles und werden auf Grund des Gesamtzustandes des Seiles und des

zu erwartenden Schadensfortschrittes vom Prüfer festgelegt. Sie sind so zu wählen, dass bis zur

nächsten Untersuchung keine unzulässige Schadensentwicklung mit Eintritt eines betriebs-

gefährlichen Zustandes zu erwarten ist. Um eine Grundlage für die spätere Auswertung der

Messschriebe zu erhalten, ist eine Grunduntersuchung innerhalb von 18 Monaten nach Auflage des

Seiles durchzuführen (Grunddiagramm).

3.12 SEILSCHÄDEN

Seilschäden treten als Drahtbrüche, Korrosionsnarben, Abnahme des metallischen Querschnittes

durch Verschleiß, Druckkerben, lockere Drähten, korkenzieherartige Verformungen und

Korbbildungen auf. Korrosionsnarben und Druckkerben führen zu Dauerbrüchen von Drähten.

Lockerdrähte sind nicht mittragend und daher wie ein gebrochener Draht zu werten.

Page 27: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

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erläuternde Bemerkung Lockerdrähte können durch leichtes Klopfen mit einem kleinen Hammer auf die Seildrähte festgestellt werden. Lockere Drähte sind nicht so hell klingend wie ein gespannter Draht (gespannte Saite). „Korkenzieher“ entstehen durch ungleich-mäßige Vorspannung einer Litze beim Verseilen. Korbbildungen entstehen bei ungenügender Seilspannkraft (Schlaufenbildung) z.B. bei Spleißen, wenn das Seil nicht abgespannt wird.

Drahtbrüche sind, wenn es keine außenliegende Drahtbrüche sind, im Seil zu belassen. Bei außen-

liegenden Drähten sind diese durch Hin- und Herbiegen an den in den Seilverband verschwin-

denden Drahtenden abzubrechen. Bei verschlossenen Seilen kann ein außenliegender Drahtbruch

des Formdrahtes durch Verlöten der Bruchstelle saniert werden. Der gebrochene Draht trägt

üblicherweise nach 2 - 3 Schlaglängen wieder in voller Höhe mit.

erläuternde Bemerkung

Die Ursachen von Seilschäden können sehr unterschiedlich sein: - Unregelmäßigkeiten an den Drähten Durch Unregelmäßigkeiten oder Fehler an den Drähten können bereits beim Verseilvorgang oder später im Betrieb Drahtbrüche auftreten. Ein Fehler im Drahtquerschnitt (z.B. unzulässige Durchmesser-Abweichung, Unrundheit) kann zu Druckkerben und Reibung zwischen den Drähten führen und so zu einem Drahtbruch führen.

- mangelhafter Schmierzustand Durch zu geringe oder keine Schmierung können sowohl Korrosionsschäden als auch Verschleiß (zu hohe innere Reibung zwischen den Drähten und Drahtlagen) mit daraus folgenden Dauerbrüchen der Drähte entstehen. - thermische Wirkungen Thermische Wirkungen treten z.B. bei Blitzschlag, bei Brand im unmittelbaren Seilbereich oder bei Schweißarbeiten in der Nähe des Seiles auf. Sie führen zu Änderungen im metallurgischen Gefüge der Drähte, insbesondere werden dadurch Aufhärtungen an der Drahtoberfläche (Martensitbildung) verursacht. Bereits eine Erwärmung von 300° C führen zu einem starken Abfall der Festigkeit. Versprödung oder Anrisse führen zu Dauerbrüchen. Aufhärtungen können auch durch Rutschen von Klemmen oder Klemmapparaten am Seil entstehen (Reibmartensit). Aufhärtungen an der Seiloberfläche können durch vorsichtiges Abschleifen der Martensitschicht beseitigt werden. Draht-brüche können durch Einlegen von Drähten/Litzen entfernt werden.

- chemische Wirkungen Diese können zur Beschleunigung von Korrosion der Drähte und zur Verrottung der Einlage führen. Die Drähte können durch Verzinkung und Schmierung gegen Korrosion geschützt werden. Bei den Seileinlagen werden Kunststoffe (synthe-tische Fasern) anstatt Hanf verwendet.

- mechanische Wirkungen Dauernde mechanische Einwirkungen treten bei betrieblichen Beanspruchungen (Scheibenumlauf, Klemmstellen, Auflie-gen auf Unterstützungen oder Umlenkungen, Lauf über Stahlrollen etc.) auf und führen zu Dauerbrüchen von Drähten. Mechanische Einwirkungen als Folge des Seilaufbaues (Drahtkreuzungen, Litzenberührung) führen meist zu erhöhtem Verschleiß an der Drahtoberfläche, zu Kerben und Druckstellen und in Folge zu Dauerbrüchen von Drähten. Weitere mechanische Einwirkung treten als Folge von Unregelmäßigkeiten im Betrieb, z.B. Seilentgleisungen, Rutschen von Klemmen auf, Baumwurf auf das Seil und führen zu Veränderungen oder Lockerungen des Seilgefüges, Kerben an den Drähten und zu Drahtbrüchen (Gewaltbrüche). In diese Gruppe von Schadensursachen sind auch Schäden infolge unzureichender Tragwirkung der Einlage zu zählen (Litzenberührung infolge Gewölbewirkung), wodurch die Mehrzahl der Förderseile vorzeitig abzulegen sind.

3.13 WARTUNG DER SEILE

Seilschmierung

Ziel der Seilschmierung ist der Schutz gegen Korrosion und Reduzierung der inneren Reibung im

Seil (Reibung zwischen den Drähten bei Scheibenumlauf oder Rollenüberfahrt). Es ist jedoch bei

der Wahl des Schmiermittels zu beachten, dass aus dem Seil austretendes Schmiermittel nicht den

Reibungskoeffizienten zwischen Seil und Antriebsscheibe unzulässig vermindert oder den

Futterwerkstoff von Seilrollen zerstört. Die Wartung der Seile einer Seilbahn erstreckt sich vor allem

Page 28: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

25

darauf, den ausreichenden Schmierzustand des Seiles zu erhalten. Bei Rundlitzenseilen soll

zwischen den Litzen ein „Fugenverschluss“ durch das Schmiermittel entstehen, wodurch das

Eindringen von Feuchtigkeit in das Seilinnere verhindert wird. Im Laufe der Lebensdauer des Seiles

wird dieser Fugenverschluss spröd und bröckelt aus. Die Wartung muss daher auch darauf

abzielen, diesen Fugenverschluss entsprechend geschmeidig zu erhalten.

Die chemische Industrie bietet verschiedene Nachschmiermittel an. Dabei ist jedoch zu beachten,

dass das Nachschmiermittel mit der Grundschmierung des Seiles chemisch verträglich ist.

Abb.: Einfluss der Seilschmierung auf die Lebensdauer der Drähte

Schmierung der Tragseilschuhe

Das Tragseil wird auf den Stützen in Tragseilschuhen geführt. Durch den Betrieb der Seilbahn und

durch Temperaturänderungen wird das Tragseil auf den Stützen in Längsrichtung bewegt. Diese

Längsbewegung kann in Abhängigkeit von den an die Stütze angrenzenden Seilfeldlängen mehrere

Dezimeter bis Meter betragen. Die Einlage (Futter) der Tragseilschuhe sind daher aus einem

weichen Metall (Bronze) gefertigt und müssen regelmäßig geschmiert werden.

Nachlassen von Tragseilen

Das regelmäßige Nachlassen der Tragseile (alle 4 bis 12 Jahre) soll jene Seilstellen, die im Betrieb

auf den Stützen aufliegen und damit einer höheren Belastung ausgesetzt sind, in das freie Seilfeld

verlegt werden.

Versetzen der Klemmen

Bei Sesselbahnen mit fixen Klemmen und bei Schleppliften werden die Klemmen regelmäßig am

Seil versetzt, da dadurch die hohe Beanspruchung des Seiles an der Klemmstelle zeitlich begrenzt

wird. Insbesonders bewirkt der Scheibenumlauf des Seiles mit nicht vom Förderseil lösbaren

Klemmen eine hohe Biegebeanspruchung der Seildrähte, da die Klemme örtlich das Seil von der

Scheibeneinlage abhebt. Daher sind die Versetzintervalle von der Anzahl der Scheibenumläufe

abhängig. Das größtzulässige Versetzintervall beträgt 250 Betriebsstunden.

Zugspannung N/mm² 500 100 200 300 400

200

150

100

50

0

Biegewechselzahl in %

gefettet und nachgefettet

gefettet

entfettet

Page 29: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

26

4 SEILVERBINDUNGEN

Die Art der Seilverbindung ist vom Einsatzzweck des Seiles abhängig. Soll eine biegsame

Seilverbindung hergestellt werden, die ein Laufen des Seiles um die Antriebs- oder Gegenscheiben

und über Seilrollen ermöglicht, wird der Seilspleiß gewählt. Die auf Stützen aufliegenden

unverrückbaren Tragseile werden mit Muffen verbunden. Entweder als Verbindungsmuffe zweier

Seile (z.B. Verbindung des Tragseiles mit dem Spannseil) oder als Seilendverbindung des

Tragseiles. Die Wagen von Standseilbahnen oder Kabinen von Pendelbahnen können mit

Seilmuffen an das Zugseil verbunden werden (kein Scheibenumlauf). Die Seilklemmen ermöglichen

ebenfalls die Verbindung zweier Seilstücke oder der Verankerung von Seilenden ruhender Seile.

4.1 SEILSPLEISS

Hinsichtlich der ausgeführten Länge eines Seilspleißes wird unter Kurz- und Langspleiß unter-

schieden. Im Seilbahnbau wird bei der Verbindung von Zug- oder Förderseilen ausschließlich der

Langspleiß verwendet. Der Langspleiß als Seillängsverbindung dient zur Herstellung einer

geschlossenen Zug- oder Förderseilschleife. Der Kurzspleiß ist ausschließlich für untergeordnete

Zwecke, z.B. als Montagehilfsmittel zulässig. Nach den österreichischen Seilbahnvorschriften

beträgt die Mindestlänge des Langspleißes 1300.d (1300facher Seildurchmesser); europaweit wird

dies mit 1200.d zugelassen.

Abb.: Langspleißschema

Um einen Spleiß herzustellen müssen die beiden zu verbindenden Seilenden eine gleiche

Litzenanzahl, weiche (nicht tragende) Einlagen (Seelen), einen etwa gleichen Seil- und Litzen-

durchmesser sowie gleiche Schlaglänge aufweisen. Spleiße sind biegsame Verbindungen, bei

denen jeweils ein Litzenende (Einsteckende) in das Seilinnere geführt wird und die Einlage in

diesem Bereich herausgeschnitten wird. Die Einsteckenden werden umwickelt, damit einerseits

eine Schonung der umgebenden Litzen erfolgt und um andererseits die Abstützwirkung der

umgebenden Litzen an der Seele aufrecht bleibt. Wenn dies nicht oder nur unzureichend erfolgt,

kann der Spleiß „einfallen“. Die Einführung der Litze in die Seilmitte anstatt der Seilseele erfolgt an

den Spleißknoten.

Spleißlänge L ≈ 1300.d

L/6 L/12 L/6 L/12 L/2

Einsteckenden

Page 30: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

27

Im Seilspleiß muss die volle Seilspannkraft wie im ungestörten Seil übertragen werden können. Die

Übertragung der Spannkraft erfolgt durch Reibung zwischen den Außenlitzen und der als Einlage in

die Seilmitte eingelegten Litze (Einsteckende). Der Spleiß muss unter Zug stehen, damit die

Verbindung hält. Aus diesem Grund ist die größte zulässige Zugsicherheit im Seil nach oben

begrenzt (nz max < 20). Das Einsteckende muss eine Mindestlänge aufweisen, um die Reibkraft

übertragen zu können.

Abb.: Spleißknoten mit eingeführtem Einsteckende

Aus theoretischen Überlegungen (z.B. Czitary: „Seilschwebebahnen“) und auf Grund von

empirischen durchgeführten Versuchen gelangt man bei einem Seil mit sechs Litzen (übliche

Bauart für ein Zug- oder Förderseil) zur Mindestspleißlänge vom 120-fachen der Schlaglänge (etwa

das 1000-fache des Seilnenndurchmessers).

dlL längeSeilschlagSpleiß 1000120min_

erläuternde Bemerkung

Arbeitsschritte beim Spleißen Auflegen der beiden Seilenden Seil auf die richtige Länge kappen

Einsteckende ≈ L/12 ≈ 108.d

d Spleißknoten

Page 31: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

28

abgeschnittenes Seilende Lösen der Litzen an den Seilenden

Entfernen der Seele (weiche Einlage) Kürzen der sechs Litzen auf die richtige Länge

Ineinander legen der Litzen in die richtige Lage Flechten mit der Hand

Lage der Litzen vor dem Verbund Litzen einrichten

Page 32: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

29

Markieren des Spleißknotens Spleißknoten vor dem Einstecken

Einstecken der Litzenenden in das Seil mit der Spleißahle

fertiger Spleißknoten

Page 33: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

30

4.2 SEILMUFFEN

Seilmuffen können als Vergussverbindung mittels Vergusskegel oder als Klemmverbindung mittels

Klemmenhülsen hergestellt werden. Die Verbindung wird sowohl bei Tragseilen als auch bei

Zugseilen eingesetzt. Bei Personenseilbahnen dürfen Tragseilmuffen nicht befahren werden. Das

bedeutet, dass bei einem irreparablen Tragseilschaden das Seil vollständig erneuert werden muss.

Seilmuffen können als Kupplungsmuffen (Verbindung zweier Seile) oder als Endmuffen (Verbin-

dung des Seiles mit einem anderen Konstruktionsteil, z.B. mit dem Gehänge oder Laufwerk einer

Pendelbahn oder mit dem Spanngewicht des Tragseiles oder mit der Tragkonstruktion) ausgeführt

sein. In Folge von Seilschwingungen treten im Betrieb in der Nähe der Muffen in den Drähten

Wechselspannungen auf. Besonders beim Austrittsquerschnitt des Kegels entstehen Drahtbrüche.

Die Kegel sind daher regelmäßig ca. alle 4 bis 6 Jahre zu erneuern. Eine weitere Schutzmaßnahme

sind vorgesetzte Hülsen, die Schwingungen weitgehend eliminieren.

Abb. a)

Abb. b) Abb. c)

Abb. a): Kupplungsmuffe zwischen einem verschlossenen Tragseil und einem Spannseil

Abb. b): Endmuffe als Verbindung eines verschlossenen Tragseiles mit der Tragkonstruktion

Abb. c): Muffen als Verbindung eines Zugseiles mit dem Gehänge eines Seilbahnwagens

Page 34: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

31

4.2.1 Vergussverbindung

Abb.: Vergussmuffe

1 Länge des Vergusskörpers einschließlich vorhandener zylindrischer Teile und einschließlich des Radius am Seileintritt

2 schmales Ende des Vergusskörpers 3 breites Ende des Vergusskörpers 4 Öffnungswinkel des Vergusskörpers 5 Hülsenbohrung (innerer Durchmesser der Seileintrittsöffnung) 6 Bolzenachse 7 Länge des sich verjüngenden Teils der Seilhülse 8 Länge des zylindrischen Teils der Seilhülse einschließlich des Radius am Seileintritt 9 aus dem Verguss herausstehende Drähte

10 Länge des Drahtbesens 11 Wurzel des Drahtbesens

Der Vergusskegel hat üblicherweise folgende kennzeichnende Abmessungen:

Kegelneigung ca. 1 : 10, Nutzlänge ca. 5d (5-facher Seildurchmesser).

Der Öffnungswinkel des Vergusskörpers darf nicht kleiner als 9,5° und nicht größer als 18° sein.

Herstellung des Vergusskegels

Das Seil wird mit Draht abgebunden, damit ein Aufgehen des Seilverbundes verhindert wird. Nach

dem Abbinden werden die Drähte des Seilendes zu einem Besen geöffnet, entweder an ihrem

Ende um 180 ° gebogen oder auf ihre freie Länge wellenförmig verformt, und in einer kegelförmigen

Seilhülse mit Weichmetall vergossen. Vor dem Vergießen sind die Drahtenden zu entfetten

(organisches Lösungsmittel wie Tri- oder Perchloräthylen) und werden durch Tauchen in ein

Zinnbad mit Oberflächenschutz versehen. Das Weichmetall (meist Legierung aus Blei und Zinn,

Antimonblei) soll einen Schmelzpunkt von weniger als 500 °C haben (meist 300 bis 350 °C), damit

keine negative Gütebeeinflussung auf den Seildraht entstehen kann. Nach dem Erhärten des

Weichmetalls wird die Vergusshülse zurückgeschlagen und der Kegel augenscheinlich kontrolliert.

Beim Verguss kann der Zustand des Seiles nicht kontrolliert werden und die Gefahr einer Korrosion

ist nur bei einwandfreier Herstellung des Vergusskopfes nicht gegeben.

Page 35: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

32

erläuternde Bemerkung

Tabelle ÖNORM EN 12927-4: Zusammensetzung des Vergussmaterials

Bemessung der Muffe

Seilmuffen sind so zu dimensionieren, dass deren statische Bruchsicherheit nicht kleiner ist als die

Zugsicherheit des Seiles. Bei einem Zerreißversuch versagt nie die Muffe, sondern immer das Seil.

Abb.: Kräfte und Spannungen in der Seilmuffe unter der Seilspannkraft S

Die Bemessung der Kupplung erfolgt unter Berücksichtigung der

1. Längsspannungen

2. Tangentiale Zugspannungen (führen zum Reißen in der Erzeugenden)

3. Flächendruck von innen nach außen

Diese Beanspruchungen führen zu einem dreidimensionalen Spannungszustand in der Muffe.

Längszugspannung : A

Sz

Radiale Druckspannung: *pd

mittlere tangentiale Zugspannung t (nach der Ringzugformel):

tanA

St

S ....... Seilspannkraft A ....... Querschnitt einer Muffenhälfte in der Längsrichtung tan α .. Kegelneigung gegenüber der Längsrichtung ρ ....... Reibwert zwischen Vergusskegel und der Muffe (theor. 0,10)

D

p p*

α

S ρ

V

σt σt D

p*

Page 36: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

33

*

tanpD

S

aD

Sp

tan*

Ringzugformel:

DpV * →

tan

SV

A

S

A

S

A

S

A

Vt 15,1

55,3

tan

Bei einer Überfahrung der Seilmuffe (bei Seilbahnen mit Personenbeförderung nicht zulässig) sind

zusätzlich noch Biegespannungen zu berücksichtigen.

erläuternde Bemerkung

1974 wurden von ROSINAK an der TU Wien umfangreiche experimentelle Untersuchungen (Dehnungs- und Spannungs-messungen) und theoretische Untersuchungen (finite Element-Methode für den drehsymmetrischen Belastungsfall) durchgeführt. Das in der Literatur angeführte Rechenmodell (Ringzugformel) ist unzulässig, weil die Ringzugformel einen Zylinder und nicht eine konische Muffenhülse berücksichtigt. Insbesonders der Reibwert ρ beeinflusst die tatsächlichen Spannungsverhältnisse im Muffenkörper. Durch das nach dem Verguss notwendigen Zurückschlagen der Muffe unter Umständen mit Fettaufbringung auf dem Vergusskegel wird der Reibwert stark beeinflusst.

4.2.2 Klemmenhülse

Die Vergussverbindung ist eine sehr verlässliche und bewährte Verbindung. Die Herstellung ist

allerdings aufwendig und erfordert große Fachkenntnisse. OPLATKA hat an der ETH Zürich als

Befestigungsvorrichtung für Litzenseile die Klemmenhülse entwickelt. Dabei wird der Vergusskegel

durch einen starren Kegel ersetzt. Die Seilzugkraft wird durch Klemmen der einzelnen Litzen, also

durch Reibschluss auf die Außenhülse, übertragen. Am Ende des Seiles wird der Seilverband

geöffnet und die einzelnen Litzen so gerichtet, dass sie annähernd auf den Mantel eines Kegels zu

liegen kommen. Der Innenkegel und die Außenhülse sind mit einem plastisch deformierenden

Material (Aluminium oder Aluminiumlegierung AlMg) ausgekleidet. Die Kunststoffbuchse dient zur

Vermeidung von Wechselbiegebeanspruchungen des Seildrahtes aus den Seilschwingungen.

Die Länge des Innenkegels entspricht dem 7-fachen Seildurchmesser (selbsthemmend).

Die Länge der Umlenkhülse beträgt mindestens den 2-fachen Seildurchmesser.

p p*

S/Dπ

α+ρ

Page 37: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

34

Abb.: Klemmenhülse (ÖNORM EN 12927-4)

4.3 PLATTENKLEMME (Schraubklemme)

Abb.: Plattenklemmen

Plattenklemmen sind sehr häufig verwendete Verbindungen zur Übertragung der Seilspannkraft auf

ein Tragwerk, z.B. bei Tragseilen zur Übernahme der Restspannkraft bei Trommelverankerungen.

Seilklemmen können nicht befahren oder um Seilscheiben geführt werden.

Die Plattenklemmen bestehen aus zwei mit Seilrillen versehenen Stahlplatten, die durch Schrauben

miteinander zusammengepresst werden. Die Keilflächen, an denen sich die Berührungslinien des

Seiles mit den Klemmplatten befinden, sind 45° geneigt. Da die Zugkraft in den Schrauben erhalten

bleiben muss und eine zu große Pressung das Seil nachträglich schädigen könnte, wird bei

Personenseilbahnen an den Klemmschrauben ein Kraftspeicher (meist Tellerfedern) vorgesehen.

Damit kann eine geometrische Kontrolle (Federweg der Tellerfedern) als auch eine kraftgemäße

Kontrolle (Anziehen der Schrauben mit dem Drehmomentenschlüssel → begrenzt die Schrauben-

kraft Z1) erfolgen. Die Schraubenanzahl und damit die Länge der Klemmplatten wird durch die zu

übertragende Seilspannkraft und der Schraubenkraft bestimmt.

Page 38: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

35

Abb.: Plattenklemme

Aus den Beziehungen DnS 4 und 21 ZD kann die erforderliche Anzahl der

Schraubenpaare n ermittelt werden, die bei einer aufgebrachten Schraubkraft Z1 für die Übernahme

der Seilspannkraft durch die Seilklemme erforderlich ist.

24 1

Z

Sn

Der zulässige Reibwert µ ist in Abhängigkeit vom Widerstand des Seiles gegenüber der

Querkontraktion bzw. der Oberflächenbeschaffenheit des Seiles μ = 0,13 (bei verschlossenen

Tragseilen) und μ = 0,16 (bei Zugseile) vor.

erläuternde Bemerkung

Bei den neueren Ausführungen wird das Seil vollflächig umfasst. Die ÖNORM EN 12927-4:2004 legt die Berechnung der

Rutschkraft zwischen dem Seil und der „Schraubklemme“ fest, wobei die Berührungsfläche S mit LdS

360

ermittelt wird.

L …. Länge der Berührungsfläche zwischen dem Seil und der Seilrille d …. Seildurchmesser

…. Kontaktwinkel

D D

Z1

D

Z1 Z1

Z1

D

Tellerfedern

Page 39: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

36

Der Klemmendruck p wird mit

Ld

CFp

360

2 ermittelt.

CF …. Klemmkraft und die Summe der Einzelkraft jeder Schraube, multipliziert mit der Gesamtanzahl der Schrauben um 20% verringert.

Die Rutschkraft SF wird berechnet mit fCFSF 2 wobei f der Reibungskoeffizient zwischen den Klemmbacken und

dem Seil darstellt ohne deren Größe anzugeben.

Abb.: Schraubklemme mit vollflächiger Umfassung des Seiles (vollverschlossenes Tragseil)

Page 40: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

37

4.4 TROMMELVERANKERUNG

Abb.: Trommelverankerung ohne (links) und mit Vorratsseil (rechts)

An der Trommel liegen die Spannseile auf, die mit Seilmuffen (Kupplungsmuffen) mit dem Tragseil

verbunden sind (indirekte Abspannung) oder die Tragseile liegen direkt auf (direkt abgespannt). Die

Trommel wird meist in Stahlbeton in stehender oder liegender Ausführung gefertigt. Die Futterung

der Trommel besteht aus Holz.

erläuternde Bemerkung

nach den österreichischen Drahtseilbedingnissen ist Hirnholz aus gedämpfter Weißbuche, Esche oder Lärche zu verwenden. Eichenholz ist auf Grund der im Holz enthaltenen Säure ungeeignet.

Für den Reibwert ist die Annahme eines Mindestwertes ausreichend. Eine genaue Ermittlung ist im

Einzelfall nicht möglich, da abhängig von der Seiloberfläche und durch das Eindrücken des Seiles

in die Holzfutterung nicht nur eine ausschließliche Reibverbindung, sondern auch eine Verzahnung

stattfindet.

Die Annahme der Gültigkeit der Euler-Eytelwein'schen Formel mit gleich über die Kontaktfläche

Seil-Holz angenommenen Reibwert μ (Gesetz nach Coulomb) wird als Rechenmodell verwendet, ist

aber nur als Näherung anzusehen.

Die Vereinfachungen sind: genau genommen:

- μ ist über die Auflagefläche konstant ist Coulomb nicht zulässig

- Die Seilkrümmung ist konstant ändert der Eindrückmodul die Krümmung

- Ein starres Seil ist es kein starres Seil

- Eine starre Unterlage ist die Futterung elastisch

Page 41: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

38

Auf Grund des Forschungsergebnisses von ENGEL kann für die Ermittlung der Restspannkraft im

Seil nach den Umschlingungen ausreichend genau mit einem „theoretischen Reibwert“ μ’ gerechnet

werden. Der theoretische Reibwert μ’ beträgt mindestens 0,10 und wird in dieser Größe als

Berechnungsgrundlage herangezogen. Tatsächlich ist der „Reibwert“ insbesondere bei längerer

Auflagedauer wesentlich höher.

Der Umschlingungswinkel beträgt mindestens 1080° (drei volle Umschlingungen).

'

21 eSS 21 SSU

α .......... Umschlingungswinkel U .......... Umfangskraft μ’.......... theoretischer Reibwert 0,10 S1 ........ einlangende Seilspannkraft S2 ......... Restspannkraft

erläuternde Bemerkung

Ableitung der Euler-Eytelwein'schen Formel:

Mit der Näherung dSdT ergibt das Kräftegleichgewicht an einem Seilelement, das mit der Seilkraft S(φ) belastet ist, die

Radialkraft

Sdd

dSd

SdN 22

2

Um das Rutschen des Seiles zu verhindern muss für die Reibungskraft gelten dNdT

Somit wird SddS und durch Umformen folgt dS

dS

Die Integration

00d

S

dS führt zu 0lnln SS ,

ausgewertet für die am Ende der Aufliegelänge wirkenden Seilspannkräfte S1 und S2 wird 2ln1ln SS ,

gleichbedeutend mit

2

1ln

S

S.

Somit ergibt sich die bekannte Euler-Eytelwein’sche Bedingung:

eSS 21

Wenn die Restspannkraft S2 an der Abspanntrommel ermittelt wird, ist die Grenzbedingung

eSS 21 anzusetzen.

dT dN

S

S

dS

S+dS

S

dT

dN dφ

φ dφ/2

dφ/2

Page 42: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

39

Abb.: Kraftansatz bei der Trommelverankerung

Die Restspannkraft S2 muss gesichert in die Tragkonstruktion übertragen werden. Dies geschieht

mittels einer Halteklemme, der eine Sicherheitsklemme nachgeordnet ist. Beide sind als Platten-

klemmen ausgeführt.

Die Sicherheitsklemme wird mit einem festgelegten Spalt unmittelbar nach der tragenden

Halteklemme angeordnet. Der Abstand zwischen der tragenden Halteklemme und der Sicherheits-

klemme ist festgelegt (wenige Millimeter). Dieser Abstand wird mit einem "Spion" regelmäßig

kontrolliert, ob das Seil in der Halteklemme gerutscht ist. Bei einem Rutschen trägt die Sicherheits-

klemme mit.

Abb.: tragende Seilklemme und Sicherheitsklemme

Die Trommelverankerung ist eine „Fixabspannung“. Das heißt, dass Längsbewegungen des

Tragseiles an diesen Abspannpunkten nicht möglich sind.

erläuternde Bemerkung Bei direkter Abspannung des Tragseiles an einer Seiltrommel wird eine größere Seillänge des Tragseiles vorrätig aufgewickelt, da bei der Seilbestellung das regelmäßige Nachlassen des Tragseiles berücksichtigt werden muss.

α

S2

S1

Halteklemme

Sicherheitsklemme

Anschlagpunkt

Ø

Abspanntrommel

Halteklemme Sicherheitsklemme

Messspalt

Anschlag

Seiltrommel

Page 43: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

40

4.5 WEITERE SEILENDVERBINDUNGEN

Zu diesen zählen die Pressklemmenverbindungen, Endspleiße, Seilschloss, Seilklemme.

Diese dienen in erster Linie nur bei untergeordneten Seilen und werden nur in einem geringen

Umfang im Seilbahnbau verwendet.

erläuternde Bemerkung

4.5.1 Pressklemmenverbindungen

Zu den Seilendverbindungen mit Pressklemmen zählen die Aluminium-Pressverbindungen, die Flämischen Augen mit Stahl- oder Aluminiumpressklemmen und die Bolzenverpressungen. Die Pressklemmenverbindungen sind unlösbare Seilendverbindungen.

Aluminium-Pressverbindungen

Die Pressverbindungen können mit oder ohne Kausche hergestellt werden. Normen geben die Anforderungen an die Tragkraft und die Ausführung (ÖNORM EN 13411-3). Das zu verpressende Seil wird zur Schlaufe gebogen, dann die Aluminiumpressklemme aufgeschoben und verpresst.

Abb.: Pressverbindung ohne Kausche

Abb.: Pressverbindung mit Kausche

Flämische Auge

Beim Flämischen Auge wird das Seilendstück in zwei Hälfte geteilt und aufgedreht. Mit den beiden Hälften wird eine Schlaufe gebildet und im Schlaufenbereich wieder zu einem Seil zusammengedreht. Das Tragvermögen sinkt auf etwa 60 % der Seilbruchkraft. Die Befestigung der losen Litzenenden erfolgt mit einer Verpressung durch Stahl- oder Aluminiumpressklemmen. Das Flämische Auge kann mit oder ohne Kausche hergestellt werden. Zur Herstellung des Flämischen Auges dürfen nur spannungsarme, einlagige Rundlitzenseile mit Stahleinlage verwendet werden.

Page 44: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

41

Abb.: Herstellung des flämischen Auges

Bolzenverpressung

Die Bolzenverpressung ist eine sehr dünne Seilendverbindung. Sie wird nur selten im Seilbahnbau, viel öfter dagegen in der Luftfahrt, verwendet. Über das Seilendstück wird eine Stahlhülse geschoben und diese durch Aufpressen, Aufziehen, Aufwalzen oder Aufhämmern an das Seil gepresst. Mit diesen Verbindungen werden Bruchkräfte von 90 bis 100 % der Seilbruchkraft erreicht.

4.5.2 Endspleiße, Seilschloss, Seilklemme

Endspleiße

Es wird dabei unter Schlaufenspleiß und Kauschenspleiß als schlaufenbildende Spleiße unterschieden. Das Spleißen ist eine handwerkliche Tätigkeit, die mit Werkzeugen aber ohne Maschinen durchgeführt wird. Bei Zerreißversuchen erreicht die Endverbindung etwa 80 bis 90 % der Seilbruchkraft, die Dauerschwing- oder schwellfestigkeit ist allerdings gering.

Seilschloss

Seilschlösser sind in der ÖNORM EN 13411-6 angegeben. Sie arbeiten auf dem Prinzip der Selbsthemmung (Verkeilung), wenn das Seil unter Zug gebracht wird. Die Zugkraft wird im Seilschloss allein durch Reibung zwischen dem Seil und dem seilumschlungenen Keil bzw. dem Schlossgehäuse übertragen. Die Verbindung kann gelöst werden.

Abb.: asymmetrisches Seilschloss

Abb.: Seilendverbindung mit einem Seilschloss

Page 45: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

42

Seilklemme

Seilklemmen dienen ebenfalls zur Herstellung von lösbaren Seilendverbindungen (ÖNORM EN 13411-5). Die Endverbindung besteht aus einem Klemmbügel und einer Klemmbacke und kann sowohl mit als auch ohne Seilkauschen hergestellt werden. Die Schlaufenlänge soll mindestens das Dreifache des Aufhängebolzendurchmessers, mindestens jedoch das 15-fache des Seildurchmessers betragen.

Abb.: Seilklemme gesamt und Klemmbacke

Abb.: Seilendverbindung mit drei Seilklemmen und einer Kausche

Page 46: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

43

5 SEILSTATIK

Die Seilstatik dient zur Bestimmung der Linienführung der Seilbahn, zur Austeilung der Stützen, der

Bemessung der Seile und der Bemessung der durch Seile belasteten Bauteile.

Fachbegriffe:

LEERES SEIL: Seil, das nur durch sein Eigengewicht belastet ist

LEERSEIL: Seil, das mit leeren Fahrzeugen belastet ist

VOLLSEIL: Seil, das mit vollen Fahrzeugen belastet ist

SEILLINIE: jene Kurve, die ein Seil unter der Wirkung von Lasten (Eigengewicht, äußere Be-

lastungen) einnimmt.

LEERSEILLINIE: Seillinie des leeren Seiles (Seil ohne Fahrzeuge)

VOLLSEILLINIE: Seillinie eines Vollseiles bei Annahme einer gleichmäßigen Verteilung der äußeren

Belastungen

LASTWEGKURVE: jene Kurve, die das Tragseil unter Belastung einer Einzellast oder mehrerer

Lasten einnimmt. Sie wird aus der Verbindung des Tragseildurchhanges am einzeln betrachteten

Seilort ermittelt.

SEILFELD: Seilabschnitt zwischen zwei Seilunterstützungen

FELDSEHNE: Linie zwischen den Seilunterstützungen an den Feldenden

FELDLÄNGE l: horizontale Distanz zwischen den Sehnenschnittpunkten benachbarter Seilfelder

SCHRÄGE FELDLÄNGE l*: Distanz zwischen den Sehnenschnittpunkten an den Feldenden

cos*

ll

FELDHÖHE h: Höhenunterschied zwischen den Sehnenschnittpunkten an den Feldenden

DURCHHANG f: Höhendifferenz zwischen der Feldsehne und dem Seil

SEHNENNEIGUNG γ: Winkel zwischen der Feldsehne und der Horizontalen

l

htan

SEILNEIGUNG α: Winkel zwischen der Tangente an die Seilkurve und der Horizontalen

SEILSPANNKRAFT S: Zugkraft im Seil

HORIZONTALSPANNKRAFT H: Horizontalkomponente der Seilspannkraft

GRUNDSPANNKRAFT S0: Durch ein Spanngewicht oder durch eine hydraulische Spanneinrich-

tung eingebrachte konstante Seilspannkraft

HÖHENSPANNKRAFT SH: Durch die Eigenmasse des Seiles erzeugte Seilspannkraft

UMFANGSKRAFT U: Die an der Antriebsscheibe wirkende Differenz der Seilspannkräfte

Page 47: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

44

In den folgenden Abschnitten werden lediglich die Grundlagen zur Berechnung der kenn-

zeichnenden Größen angegeben und im Wesentlichen die wichtigsten Formeln angeführt und

erläutert. Für eine weitere Vertiefung wird auf die Fachliteratur, insbesondere auf das Standardwerk

von Czitary, "Seilschwebebahnen", 2. Auflage 1962, verwiesen.

In der Seilstatik werden die gespannten Drahtseile grundsätzlich als biegefreie Tragelemente

betrachtet. Die Fahrbahn einer Seilbahn wird durch ein oder zwei Seilen gebildet (ähnlich den

Schienen bei der Eisenbahn). Damit das Befahren möglich ist, muss das Seil gespannt werden. Bei

einer großen Seilspannkraft wird das Befahren ruhiger und äußere Störeinflüsse (z.B. Windkräfte,

Belastung durch das Fahrzeug) wirken geringer auf das Fahrverhalten der Seilbahnfahrzeuge. Die

Vorspannung des Seiles wird durch die Grundspannkraft S0 erzeugt. Diese Vorspannung ist für die

Seilstatik wesentlich. Ihre Wirkung soll kurz dargestellt werden:

Ein vollkommen biegsames Seil ist zwischen zwei Stützen lose gespannt und durch eine

Einzellast Q belastet. Zeichnet man für eine beliebige Laststellung sowohl das Seilpolygon als auch

das Kräftepolygon erhält man die Seilspannkräfte an den Abspannpunkten und eine in horizontaler

Richtung wirkende Komponente dieser Seilspannkräfte, die als HORIZONTALSPANNKRAFT H

bezeichnet wird.

Abb.: Kräftepolygon eines Seilfeldes, in dem das Seil lose gespannt aufliegt

Aus dem Kräftepolygon ist erkennbar, dass die Laststellung im Seilfeld die Größe und die Neigung

der Seilspannkraft beeinflusst. Das Befahren dieses zwischen zwei Stützen aufgehängten losen

Seiles wäre nicht möglich, da das Fahrzeug nicht auf die Stütze gelangt. Deshalb muss das Seil

durch eine Spanneinrichtung (Spanngewicht oder hydraulischer Zylinder) vorgespannt werden. Die

nächste Abbildung zeigt das Schema eines durch ein Spanngewicht vorgespannten Seiles.

Die Größe der Horizontalspannkraft H ist von der Größe der Grundspannkraft S0 (Masse des

Spanngewichtes G bei Einzelabspannung oder G/2 bei einer geschlossenen Zug- oder

Förderseilschleife) abhängig. Grundsätzlich wird im Seilbahnbau die Grundspannkraft S0 und die

Horizontalspannkraft wesentlich größer als die Einzellast Q gewählt. Der Quotient Q/H bzw. Q/S

wird als QUERBELASTUNGSVERHÄLTNIS definiert. Dieses beträgt höchstens 1/10 (bei

Tragseilen) und 1/15 (bei Förderseilen). Somit kann mit ausreichender Genauigkeit angenommen

werden, dass die Horizontalspannkraft für jedes einzelne Seilfeld konstant ist.

Je größer die Horizontalspannkraft H ist, umso geringer wird der Durchhang des Seiles.

Q

H1

H2

H3

1

2

3 Q Q

Q

3 2 1

Wagenortskurve

Page 48: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

45

Abb.: durch ein Spanngewicht stark gespanntes Seil und Kräftepolygon dazu

H = konstant für jedes Seilfeld

Bei geneigten Seilfeldern mit unterschiedlichen Sehnenneigungen ist die Horizontalspannkraft

jeweils verschieden groß.

iii SH cos , 111 cos iii SH ,

1 ii SS bei Vernachlässigung der Seilreibung auf der Stütze

Die Annahme einer im Seilfeld konstanten Horizontalspannkraft ist Voraussetzung für alle Berech-

nungen der Seilstatik und gilt für alle nachstehenden Formeln.

erläuternde Bemerkung Das Querbelastungsverhältnis Q/H beeinflusst nicht nur die Seilgeometrie und die Seilspannkräfte, sondern auch die im Seil auftretenden Zug- und Biegebeanspruchungen. Es sind daher aus anderen Sicherheitsüberlegungen wesentlich geringere Querbelastungsverhältnisse vorteilhaft; insbesonders aus Gründen der Dauerfestigkeit von Einzeldrähten im Seil.

Q Q

Q

2 3

1 G

H1 ≈ H2 ≈ H3

Q

1

2 3

Si+1=Si

Si

Hi

Hi+1

Stütze i

i i+1

Page 49: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

46

5.1 LEERES SEIL

Bei der Annahme eines biegefreien Seiles kann das Seil nur Zugkräfte aber keine Querbelastung

oder Biegemomente übertragen.

Seilspannkräfte

Als Last tritt neben der Grundspannkraft S0 nur die lotrecht wirkende Seilmasse q in Erscheinung.

Abb.: Kräfte und Lasten an einem Seilstück

dyqds

dydsqdsqdS sin

und beim Übergang vom Differential- zum Differenzenquotient wird

yqSyyqSS iiiii )( 11 und die Änderung der Seilspannkraft wird

yqSSS ii 1

Die Änderung der Seilspannkraft ΔS ist zum Höhenunterschied Δy proportional.

Die Höhenspannkraft SH wird aus der Seilmasse q und dem Differenzenquotient Δy ermittelt.

yqSH

Die gesamte Seilspannkraft an der betrachteten Seilstelle beträgt damit:

iHi SSS 0

S0 ist die durch ein Spanngewicht oder durch eine hydraulische Spanneinrichtung erzeugte

konstante Seilspannkraft (meist in der Talstation).

Die Seilspannkraft Sx an einem betrachteten Seilort x im Seilfeld oberhalb der Stütze i wird zu:

xix fxqSS tan)(

und im markanten Punkt Seilfeldmitte

mimim f

hqSf

hqSS

221

Es ist erkennbar, dass ohne Kenntnis des Durchhanges f(x) keine weitere Bestimmung möglich

ist, da die Verformung (Durchhang) einen wesentlichen Einfluss auf die Berechnung hat und

daher nicht wie bei der Theorie I. Ordnung vernachlässigt werden kann.

S+dS

q.ds

S H

α

dα/2

q.ds

ds dy

dx S

S+dS

α

α

Page 50: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

47

Abb.: Kräfte im Seilfeld

Um die Seilspannkraft S und weitere für die Auslegung und Dimensionierung notwendige

Kenngrößen im Seil wie Tangentenneigung an den Stützen, Seildurchhang usw. ermitteln zu

können, ist es notwendig die Seilgeometrie zu betrachten.

Seilgeometrie

Da das Seil keine Biege- oder Querbelastung übertragen kann, nimmt das Seil die Form einer

gespannten Kette ein (Kettenlinie).

Abb.: Kettenlinie

Allgemeine Gleichung der Kettenlinie a

xay cosh

Durch die Bestimmung vom kleinsten Krümmungsradius a ist die Form der Seilkurve festgelegt,

wobei der Parameter a in Meter angegeben wird.

q

Ha

-x x

a

a h

l

ρ a

xay cosh

h

l

γ

x

fm

Si

Si+1

Stütze i

Stütze i+1 fx

Δx

Δy

Page 51: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

48

Die Seillinie des leeren Seiles ist durchH

qx

q

Hy

cosh bestimmt.

Die Seilneigung an der betrachteten Seilstelle wird allgemein H

qx

a

xy

sinhsinhtan

Der Krümmungsradius ρ wird zu

22

2

coscoscosh

q

Ha

a

xa

Die Bogenlänge λ des Seilfeldes beträgt bis zu einem Punkt x a

xax sinh

und a

xa

a

xaxx

1212 sinhsinh und durch Einsetzen der Seilfeld bekannter Größen des

Seilfeldes h und l wird

2

2

2sinh2

a

lah mit Reihenentwicklung nach Taylor: .........

24

cos

cos 2

32

H

lql

Abb.: Seilfeld unter einer Gleichlast

Parabeltheorie

Um mit einfachen Mitteln die geometrische Lage des Seiles bestimmen zu können, wird die

Kettenlinie durch eine Parabel ersetzt. Die Form der Parabel wird dadurch ermittelt, dass die im

Seilfeld tatsächlich von der Seilneigung α variable Vertikallast q durch eine mit dem Sehnen-

neigungswinkel γ konstante Vertikallast ersetzt wird.

x

x

qq

cos wird ersetzt durch

cos

qq

Abb.: Vereinfachte Verteilung des Seilgewichtes in einem Seilfeld als Lastannahme

h

l

γ λ

x

fm

h

l

γ

x

fm αx h

l

γ

x

fm αx

xq q

Page 52: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

49

q' ist somit das auf die Feldsehne bezogene Gewicht des Seiles. Die Gleichlast q’ ändert sich von

Feld zu Feld, bleibt aber in einem Feld konstant.

Da die Biegesteifigkeit IE im Seil gleich Null ist, entspricht der Durchhang des Seiles der

Momentenlinie eines starren Trägers, also einer quadratischen Parabel.

Abb.: Seilfelder mit über die Sehne gleichmäßig verteilten Gleichlasten

erläuternde Bemerkung Die Bezeichnung der in einem Seilfeld auftretenden Größen erfolgt immer von der Nummer der am Ende des Seilfeldes befindlichen Stütze.

Für jedes einzeln zu betrachtendes Seilfeld gilt

21

2

2kxk

c

xy

c Parameter der Parabel,

q

H

q

Hc

cos

1kc

xy

cy

1

1. Randbedingung: k2 wird durch die Wahl der Lage des örtlichen Koordinatensystems

(Ursprung in der Seilhöhe der Stütze) zu Null

000 2 kyx

2. Randbedingung: bei x = l ist y definiert

c

l

H

ql

l

hklk

H

qlhhylx

2tan

2cos211

2

Bei Anwendung beider Randbedingungen und Einsetzen in die Gleichung y(x) folgt

c

lx

c

xy

2tan

2

2

und damit wird die Gleichung der Seilparabel festgelegt.

h1

l1

γ1

λ1 fm1

h2

l2

γ2

λ2

fm2

h3

l3

γ3

λ3

fm3

q’1

q’2

q’3

0

1

2

3

Page 53: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

50

Gleichung der Seilparabel:

xfxc

xlxxy

tan

2tan

Durchhang allgemein

c

xlxf x

2

Durchhang in Seilfeldmitte c

lfm

8

2

Seilspannkraft

c

xlxxqSfxqSyqSS ixiix

2tantan)(

erläuternde Bemerkung siehe dazu die allgemeine und hergeleitete Formel für die Seilspannkraft S vor dem Kapitel „Seilgeometrie“

Seilspannkraft Sm in Seilfeldmitte

cos82822

22tan

2

22

)2/(H

lqhqS

c

lhqS

c

ll

l

lqSSS iiilxm

erläuternde Bemerkung Sehr gut ist hier die Affinität zum Biegemoment des Trägers auf zwei gelenkig gelagerten Stützen unter einer gleichmäßig verteilten Linienlast g zu erkennen.

8

2lg

M

; cos

1

H

q

cg ;

H

lq

c

l

mf

8

2'

8

2

Die Seilneigung an der betrachteten Seilstelle wird allgemein c

xly

2

2tan

Und an den markanten Punkten der Seillage an den Stützen i und i+1 sowie in der Seilfeldmitte

c

lx i

2tantan0

c

llx i

2tantan 1 tantan

2 m

lx

Abb.: geometrische Eigenschaften der Seilparabel

fm

fm

l/2 l/2

γ

γ = αm

h

αi

αi+1

h/2+fm

fm-h/2 x

y

i+1

i

Page 54: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

51

Aus der Abbildung ist erkennbar, dass in Seilfeldmitte die Horizontalkomponente H aus

cos mSH bestimmt werden kann.

Übliche Vorgangsweise bei der Ermittlung der in einem Seilfeld konstanten Horizontalkomponente H

der Seilspannkraft S:

Gegeben ist die Grundspannkraft S0 im Seil in einer Station. An den Stützen i und i+1 werden die

Seilspannkräfte Si und Si+1 ermittelt. Die Höhendifferenzen betragen dabei Δhi und Δhi+1.

ii hqSS 0 101 ii hqSS und 2

1

1

iim

SSS

i

11 cos1 imi i

SH

Abb.: Darstellung für die übliche Ermittlung der Horizontalkomponente H

Die Seilkrümmung an einer beliebigen Seilstelle wird durch den Krümmungsradius ρ bestimmt:

5,12

5,125,12

tan11

tan11

c

c

y

y

li+1/2

γi+1

hi+1

αi

αi+1

x

y Hi+1

Hi+1

Hi+1

Si+1

Sm i+1

Si

Stütze i+1 Stütze i

S0

Δhi

G

Δhi+1

Page 55: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

52

und im markanten Punkt Seilfeldmitte

33 cos

cos

cos

q

Hc

erläuternde Bemerkung

bei Lösung nach der Kettenlinie wird

2

cos

q

H

Die Bogenlänge λ des Seilfeldes beträgt dxy

i

i

ii

1

2

1 1 mit Reihenentwicklung nach Taylor

.........24

cos

cos 2

32

1

H

lqlii

(erst im dritten Reihenglied treten Abweichungen zur Kettenlinie auf!)

.........cos

3

8

cos

32

1

l

fl mii

Bemerkung zur Näherung durch Parabel

Die Näherung der Kettenlinie mit der Parabel ist bei einem sehr großen Parameter c sehr gut.

Merkliche Abweichungen sind nur bei Pendelbahnen mit großen Seilfeldlängen (bei Seilfeldlängen

ab 2000 m) merkbar. Bei einem Tragseil bewegen sich die Parameter c zwischen 4000 m und

6000 m.

Bei geringen Lasten und kleinen Gehängeabständen am Seil (z.B. bei Sesselliften), oder wenn keine

besondere Genauigkeit des Ergebnisses gefordert wird, kann mit einer über die Seillänge verteilte

Gleichlast gerechnet werden. Die Gleichlast q* wird zu

w

Qgq s * für das Gesamtsystem der Seilbahn oder

**

i

isi

l

Qngq

für ein einzeln betrachtetes Seilfeld i

gs ... Seilmasse Q ... Masse des beladenen Fahrzeuges ni ... Anzahl der Fahrzeuge im Seilfeld i w ... Abstand der Fahrzeuge am Seil li* ... schrägen Seilfeldlänge (Sehnenlänge)

Die Grenze der Anwendung dieser vereinfachten Bemessungsart liegt bei weniger als drei

Fahrzeugen in einem Seilfeld und bei mehr als vierplätzigen Fahrzeugen.

Bei Fahrzeugen, die eine größere Personenanzahl befördern können oder bei größeren Abständen

am Seil sind am Seil Einzellasten anzunehmen.

Wird die Methode mit gleichmäßig verteilten Lasten angewendet, ist es erforderlich, bei der

Ermittlung extremer Stützenbelastungen zusätzlich zur Stützenlast herrührend aus den Seilwinkeln

bei Tragstützen noch das Gewicht ein einzelnen Fahrzeuges zu addieren und bei Niederhaltestützen

das Gewicht eines einzelnen Fahrzeuges zu subtrahieren.

Page 56: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

53

5.2 DIE SEILKURVE UNTER DER WIRKUNG EINER EINZELLAST

Die Einzellast Q befindet sich in einem Seilfeld an der Stelle x. Das Seil ist masselos und biegefrei

und ist am oberen Ende des Seilfeldes verankert und am unteren Ende durch ein konstantes

Spanngewicht vorgespannt.

Der Durchhang am Lastort x wird mit dem Biegemoment eines gedachten Ersatzbalkens ermittelt.

Abb.: Seilfigur unter einer Einzellast, gedachter Ersatzbalken

Aus der Ähnlichkeit der Dreiecke ist ersichtlich: H

A

x

f x

Die Auflagerlast A des Ersatzbalkens ist l

xlQA

Und somit ist der Durchhang fx an der Seilstelle x:

lH

xlxQ

H

xAf x

Aus der Durchhangsgleichung ist ersichtlich, dass die Seilfigur durch eine wandernde Einzellast im

Seilfeld (Lastwegkurve) bei masselosem Seil eine quadratische Parabel ist.

Für den Sonderfall Last in Seilfeldmitte x=l/2: H

lQffm

4max

erläuternde Bemerkung Auch hier ist die Ähnlichkeit mit dem Biegemoment eines Trägers auf zwei Stützen mit einer Einzellast in Trägermitte erkennbar.

H Sl

Q

Sr

x

l

l-x

H

Q

Mx

A

B

A B

Sr

Sl

B Q

A

H

fx

Page 57: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

54

Die Tangentenneigung an den Feldenden (x=0 und x=l) der Lastwegkurve ergibt sich aus der

bekannten geometrischen Bedingungen der quadratischen Parabel, dass ein Tangentenpunkt durch

den zweifach aufgetragenen Stich (in dem Fall fm) bestimmt werden kann (Parabelkonstruktion).

Abb.: Lastwegkurve

l

f

l

f mmA

4

2

2tantan

H

QA tantan

H

Q

l

fm 4

l

fm4tantan oder

H

Q

l

htan

5.3 DIE SEILKURVE UNTER DER WIRKUNG MEHRERER EINZELLASTEN

Diese Belastungsart tritt bei jedem Sessellift oder bei Umlaufbahnen mit geschlossenen Kabinen

auf. Da für den Konstrukteur immer nur die Extremwerte im betrachteten Seilfeld (kleinster und

größter Durchhang im Seilfeld, kleinste und größte Stützenlasten, kleinste und größte Seilneigung

an den Stützen) interessant sind, werden die im Seilfeld befindlichen Transportgehänge entweder

vollbesetzt oder leer angenommen.

plv QnQQ

Qv ......... größte Einzelmasse Ql ......... Fahrzeugmasse n .......... Personenanzahl Qp ........ Personenmasse, (785 N je Person, früher 80 kg)

fm

h

l/2

fm

φA

γ Q/H

A

B

Q Lastwegkurve

γ

φA

Q/H=4fm/l

H

A

Q

Page 58: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

55

Abb.: Seilfeld unter der Wirkung mehrerer Einzellasten bei masselosem Seil

Durchhangsbestimmung

Der Durchhang an einer beliebigen Seilstelle x wird aus dem Biegemoment Mx des gedachten

Ersatzbalkens bestimmt.

H

Mf x

x

Superpositionsgesetz

Der Durchhang an einer beliebigen Stelle zufolge mehrerer Lasten (z.B. Seilgewicht und

Einzellasten) setzt sich zusammen aus den Durchhangsanteilen, die zufolge der Wirkung der

einzelnen Belastungen jeweils entstehen.

n

i

ix ff1

Der Tangens der Seilneigung an einer beliebigen Stelle zufolge mehrerer Lasten (z.B. Seilgewicht

und Einzellasten) setzt sich zusammen aus den Tangenskomponenten, die zufolge der Wirkung der

einzelnen Belastungen jeweils entstehen.

n

i

ix

1

tantan und an den Seilfeldenden

n

i

ix

1

tantan

In der Regel sind die Einzellasten am Seil mit gleichem Abstand w am Seil befestigt.

Größter Durchhang in der Seilfeldmitte bei einer gleichmäßigen Verteilung von Einzellasten:

Bei einer ungeraden Anzahl (n = 1, 3, 5, 7, ......) von Fahrzeugen in einem Seilfeld ist in der

Seilfeldmitte eines anzuordnen und die weiteren Fahrzeuge sind mit einem Abstand w und einem

vielfachen davon entfernt.

H

H

A

B

Q1

Q2

Q3

x

y

f1

f3

f2

M1 M2

M3

Q1

Q2 Q3

A B

Page 59: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

56

Bei einer geraden Anzahl (n = 2, 4, 6, 8, ....) von Fahrzeugen sind diese so anzuordnen, dass von

der Seilfeldmitte jeweils ein Fahrzeug mit dem halben Abstand w/2 angeordnet ist und die weiteren

jeweils davon mit einem Vielfachen des Abstandes w am Seil befestigt sind.

Abb.: Seilfigur unter der Wirkung gleichmäßig verteilter Einzellasten mit dem Abstand w

(ungerade Fahrzeuganzahl)

Mit der Bestimmung der Schnittgrößen am Ersatzbalken kann durch Umwandlung der sich auf

Grund der Fahrzeuganzahl n im Seilfeld ergebenden monotonen Reihe in eine Berechnungsformel

der größte Durchhang in Seilfeldmitte angeschrieben werden:

Ungerade Fahrzeuganzahl n:

1

2cos4

2nwln

S

Qf

m

m

erläuternde Bemerkung Bei n = 1 wird der Durchhang gemäß jenem Wert, der im vorigen Kapitel „Die Seilkurve unter der Wirkung einer Einzellast“ berechnet wird.

Gerade Fahrzeuganzahl n:

2

2cos4n

wln

S

Qf

m

m

Sm ...... mittlere Seilspannkraft, kann mit ausreichender Genauigkeit gleich H/cosγ gesetzt werden.

Eine im Seilfeld gerade Fahrzeuganzahl ist für die Ermittlung des größten Durchhanges nicht

maßgebend.

w w

l/2

Q Q

Q Q

Q w

w

l

Page 60: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

57

Größte Seilneigung an den Seilfeldenden (Stützenablauf- bzw. Stützenanlaufwinkel) bei einer

gleichmäßigen Verteilung von Einzellasten:

Die größte Seilneigung wird dann erreicht, wenn unmittelbar an der Stütze ein Fahrzeug angeordnet

ist. Mit der Bestimmung der Schnittgrößen am Ersatzbalken wird die größte Neigung ermittelt.

1

2costan n

wl

Sl

Qn

l

h

m

erläuternde Bemerkung Bei n = 1 wird der größte Seilneigungswinkel gemäß jenem Wert, der im vorigen Kapitel „Die Seilkurve unter der Wirkung einer Einzellast“ berechnet wird.

w w

Q Q

Q Q

Q w w

l

φ

Page 61: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

58

5.4 TRAGSEIL DER ZWEISEILBAHN

Befindet sich eine Einzellast im Seilfeld einer Zweiseilbahn, so kann der Durchhang am Lastort aus

der Summe der Kräftewirkungen infolge des Eigengewichtes der Seile und der Nutzlast ermittelt

werden.

Abb.: Lastangaben und Kräfteplan in einem Seilfeld einer Zweiseil-Pendelbahn

γ

STu

HGA

HTA

Q SGu

STo

HZB

SZo

HTB

Q*

x

fx

gG

l-x

gT

gT

gZ

a

b

b

Stütze A

Stütze B

V*

αTB

αTA

STB

STA

SZB

SGA

STu

STo V*

SZo

SGu

Q

STA

STB

gT’.x

gT’.(l-x)

HGA = HGu HTA = HTu

H*

HZo = HZB HTo = HTB

H*

gT’.x/2

gG’.x/2

gZ’.(l-x)/2

gT’.(l-x)/2

Q Q*

Page 62: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

59

Vereinfachungen und Voraussetzungen:

Die Lastfälle werden überlagert

- Wagengewicht Q = 0; Seile mit Eigengewicht massebehaftet

- Wagengewicht Q ≠ 0; Seile gewichtslos

erläuternde Bemerkung Diese Überlagerung ist bei fix verankerten Tragseilen nicht zulässig.

- am Lastort entsteht ein Knick im Seilverlauf des Tragseiles; die auf das Tragseil wirkende

Querlast V* wirkt in der Winkelsymmetrale des Knickwinkels auf das Tragseil

- das Zugseil greift im Abstand a unterhalb des Lastortes an und ist am Fahrzeug

beidseitig gelenkig angehängt

- die Abstände a und b sind gegenüber den anderen geometrischen Gegebenheiten im

Seilfeld (z.B. Seillänge l) vernachlässigbar klein 0 ba

- Die Seilspannkraft im Tragseil unterhalb des Laufwerkes ist gleich der Seilspannkraft

oberhalb des Laufwerkes STu = STo = ST (Vernachlässigung der Laufwerksrollenreibung)

Unter diesen Voraussetzungen verlaufen die Feldsehnen der Teilfelder des Trag- und des Zugseiles

beiderseits der Last parallel zueinander.

Aus der Gleichgewichtsbedingung ΣV=0 folgt dann

2

)(

222222*

xlgxglgQ

xlgxlgxgxgQQ ZGTZTGT

cos

TT

gg

cos

GG

gg

cos

ZZ

gg

erläuternde Bemerkung Bei gleicher Masse des Zug- und Gegenseiles (gG = gZ) vereinfachen sich die Formeln entsprechend.

Aus der Gleichgewichtsbedingung ΣH=0 folgt

ZoToGuTu HHHHH *

Der Durchhang des durch den Wagen und der Seilmassen belasteten Tragseils beträgt

*

*

Hl

xlxQfff xQxgx

und für die Seilfeldmitte *4

*

H

lQfm

Page 63: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

60

Damit wird die Lastwegkurve des Tragseiles (geometrischer Ort aller Lastangriffe, mit dem

Hochindex v festgelegt) bestimmt:

v

Tc

xlxxy

1

2tan

und die Neigung am Seilort x:

v

T

v

T c

x

c

ly

2tan

Der Durchhang

v

T

xc

xlxf

1

2

und der Seilparameter

l

Qgg

Hc

ZT

v

T2

cos

**

wobei die Zugseilmasse bei Zug- und Gegenseil l

xg

l

xlgg GZZ

*

erläuternde Bemerkung

Der Parameter v

Tc der Lastwegkurve des Tragseiles ist kleiner als der vom Tragseil Tc , da bei der Lastwegkurve größere

Durchhänge vorhanden sind.

Für die Bestimmung der Tangentenneigung des Tragseiles an den Feldenden (Stützen A und B)

wird der Seilbahnwagen jeweils zum betrachteten Seilende gestellt. Dabei ist die Gleichung der

Lastwegkurve zu berücksichtigen (Index „v“).

Für das linke Feldende (x = 0) wird: für das rechte Feldende (x = l) wird:

v

T

v

Ac

l

H

Q

2tan

*

*tantan

v

T

v

Bc

l

H

Q

2tan

*

*tantan

22

*lglg

QQ ZT

22

*lglg

QQ GT

ZT ggl

QQ cos2

* GT ggl

QQ cos2

*

v

BZoTB

v

AGuTA SSSSH cos)(cos*

Page 64: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

61

Zugwirkung des Wagens

Die bis jetzt betrachteten Lasten und Kräfte sind bei einer Zweiseilbahn zutreffend, wenn der Wagen

unbeweglich im Seilfeld steht. Bei Zweiseilbahnen zieht das Zugseil das am Tragseil laufende

Fahrzeug. Die dafür erforderliche Zugkraft wird von der Antriebsscheibe durch Reibung in das

Zugseil eingeleitet. Die oben angeführten Voraussetzungen und Vereinfachungen für das still-

stehende Fahrzeug im Seilfeld sind daher noch zu ergänzen:

- das bewegende Zugseil ist straff gespannt. Der Winkel zwischen den Zugseilspann-

kräften SZu und SZo ist bei großer Vorspannung der Zugseilschleife sehr klein, wodurch

annähernd SZo – SZu gleich der Zugkraft Z gesetzt werden kann.

sin QSSZ ZuZo

- der Abstand a ist sehr klein (a ≈ 0), sodass die Zugseilspannkräfte SZo und SZu

senkrecht zur Resultierenden V* stehen.

- Die Reibung zwischen dem Laufwerk (Rollen) und dem Tragseil vernachlässigbar

(STu = STo = ST).

Page 65: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

62

Abb.: Kräfteverhältnisse im freien Feld einer Zweiseilbahn

Die Wirkungsrichtung der Spannkräfte in den bewegenden Seilen kann somit ermittelt werden.

sinQZ

ψ

ψ

SZo

SZu

Q

STu

STo

V*

Z

a

Winkelhalbierende des Tragseilknickwinkels

Horizontale

SZo ≈ SZu+Z

SZu

Q

ST

ST

V*

Page 66: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

63

und der Zugwirkungswinkel ψ zur Horizontalen wird (ohne Ableitung) zu

*2

2cos

tantanH

xlgg

l

Q ZT

wobei ZT HHH * gesetzt wird.

Der Zugwirkungswinkel ψ wird für die Bestimmung der Seilspannkräfte im Zugseil und damit der

Kräfte an der Antriebsscheibe und der Ermittlung der Antriebsleistung benötigt.

Wird mit dem Zugwirkungswinkel die Gleichung der Tangentenwinkel an eine gedachte Kurve η

beschrieben, so wird diese Kurve als gedachte feste Fahrbahn bezeichnet. Diese wird durch

Integration und Umformung der Gleichung für den Zugwirkungswinkel ψ ermittelt.

*2

cos

H

xlxgg

l

Q

l

xh

ZT

Auf dieser Kurve ist die Zugkraft für den Wagen die gleiche wie auf der tatsächlichen Fahrbahn. Die

Kurve der gedachten festen Fahrbahn liegt zwischen der Leerseillinie und der Lastwegkurve.

Für ihren Parameter c* gilt:

l

Qgg

Hc

ZT

cos

**

erläuternde Bemerkung

Der Parameter der Lastwegkurve des Tragseiles beträgt

l

QZgTg

ZHTHvTc

2

cos

und der Parameter der Leerseillinie

Tg

TH

Tg

TH

Tccos

An den Feldenden wird die Tangenskomponente der Neigung der gedachten festen Fahrbahn

*2

2tantan

c

xl

Page 67: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

64

Wahre Tragseilquerbelastung

Zur Ermittlung jener Querbelastung, die bei einer Zweiseilbahn mit einer Einzellast auf das Tragseil

wirkt und damit wesentlich die Biegebeanspruchung des Tragseiles beeinflusst, wird das untere

Seilfeldende betrachtet. Hier liegt der für die Querbelastung kritische Bereich.

Abb.: Querbelastung bei hoher Zugseilablage

Das Querbelastungsverhältnis (Quotient von Querlast auf das Tragseil wirkend und der Trag-

seilspannkraft) soll den Wert 1:10 nicht überschreiten.

10

11

2cos

ZT

Z

T

T

ZZ

T SS

g

g

S

SlgQ

S

V

erläuternde Bemerkung

In früheren Bemessungen wurde die Querbelastung vereinfachend mit

TS

Q oder

TS

l

ZgQ2

berechnet.

Q

V

ST

SZu

b

Q

SZo

SZu

V

ST

ST

Page 68: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

65

Bei einer Zweiseilumlaufbahn ist zu beachten, dass neben der einzelnen Wagenlast und der

anteiligen Zugseilauflast die Wagen durch die Ablenkung des Zugseiles am Wagenort diese an das

Tragseil gepresst werden.

wgSQV ZZ cos

Abb.: Querbelastung bei einer Zweiseilumlaufbahn

5.5 FUNDAMENTALSATZ DER SEILSTATIK

Die bisher ermittelten Gleichungen sind für einfache Belastungsfälle ausreichend. Für allgemeine

Belastungen, z.B. auch für horizontale Kräfte oder seitliche Kräfte, hat ENGEL eine Theorie

entwickelt, um derartige Aufgaben auf kurzem Weg zu lösen.

erläuternde Bemerkung "Der Fundamentalsatz der Seilstatik" ist im ISR-Seilbahnbuch 1975 veröffentlicht.

Die Theorie geht von der Gleichgewichtsbestimmung am verformten Seil aus. Es wird die Annahme

getroffen, dass die äußeren Belastungen das Seil in einer nicht zu vernachlässigbaren Größe

verformen. Es liegt damit im Sinne der Statik ein Verformungsproblem 2. Ordnung vor.

Die Lagerung des Seiles an den Seilfeldenden kann statisch bestimmt oder einfach statisch

unbestimmt (beidseitige Festverankerung) sein. Das Seil ist wie bisher betrachtet biegeweich, d.h.

es ist die Übertragung von Querkräften oder Momenten nicht möglich (Kette). Der Vektor der

resultierenden Biegemomente Mres aller äußeren Kräfte (Lasten, Eigenmasse, Spannkräfte) an

jedem Punkt des Seiles ist daher Null.

0II

resM

Q Q Q Q Q

w w w w

Δε

SZ

SZ

Tragseil

Zugseil

Page 69: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

66

In der betrachteten Ebene, in dem die Seillinie liegt, werden alle auf das Seil wirkenden Lasten in

drei Lastgruppen aufgeteilt:

- Spannkräfte T → Momente MT

- Vertikale Lasten p, q, Q(x), R(ξ) → Momente MV

- Horizontale Lasten W → Momente MW

Abb.: Kräfte in einem Seilfeld

Das Moment an der Stelle x zufolge der Spannkraft T wird xxxT fHfTM cos)(

Fundamentalsatz: 0cos xxWxVres fTMMM

H

MM

T

MMf

xWxVxWxV

x

)()(

cos

erläuternde Bemerkung

Wenn nur lotrechte Lasten angreifen wird der Durchhang

H

xVM

xf

)( → umgekehrter Stützlinienbogen, der nur

Zugkräfte aufnimmt, da die Biegesteifigkeit B = 0 ist.

verformte Seillinie

γ

T

T

fx

fx

fx

W

Q

R p

q

ξ

x

l

A2H

B2V

B2H

A1

B1

A2V

Page 70: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

67

5.6 FIXVERANKERTE SEILE (fix abgespannte Seile)

erläuternde Bemerkung Bis vor wenigen Jahren wurden bei Seilbahnen mit Personenbeförderung ausschließlich Tragseile von Pendelbahnen oder von Zweiseilumlaufbahnen fixverankert ausgeführt. Nunmehr werden im vermehrten Ausmaß auch Förderseile von Einseilumlaufbahnen (Sesselbahnen oder Seilbahnen mit geschlossenen Wagenkästen) fix abgespannt.

„Fix abgespannt“ bedeutet, dass keine gesteuerte und permanent wirkende Spanneinrichtung

(Gewichtsspannung oder hydraulische Spanneinrichtungen) am Ende eines Seiles (Tragseil) oder

einer Antriebs- oder Umlaufscheibe (Förderseil) eine von allen Einflüssen unabhängige

Grundspannkraft im Seil sicherstellen. Bei fix abgespannten Tragseilen ist es oft so, dass nur selten

(einmal oder zweimal im Jahr) die Seilspannkraft durch Nachspannen eingestellt werden muss. Bei

Förderseilen, die gegenüber den Tragseilen eine wesentlich geringere Dehnsteifigkeit aufweisen, ist

eine Neueinstellung der Seilspannkraft oftmals notwendig (auch täglich), die Versetzeinrichtungen

ist daher so einzurichten, dass ein rasches Nachspannen möglich ist.

Der Vorteil einer Fixabspannung ist nicht nur durch den Entfall der teuren Spanneinrichtung

begründet. Der Vorteil liegt im Schwingungsverhalten der Seilbahn. Bei durch Einflüsse von außen

(z.B. hohe Bremsverzögerung der Seile an der Antriebsscheibe) werden ansonst induzierte

Schwingungen auf das Spanngewicht verhindert, die dann wieder als Erreger die Seile in

Schwingung versetzen.

Der Nachteil einer Fixabspannung ist das Aufgeben des statisch bestimmten Systems in den

Seilen. Die Seilspannkräfte und Seillinien hängen vom jeweiligen Betriebszustand der Seilbahn ab.

Die Seilspannkraft ist abhängig

- vom Montagezustand der Seile

- von der Temperatur bei der Montage

- vom jeweiligen Belastungszustand (Fahrzeuge, Wind, Temperaturschwankungen,

Eisanhang)

- von der bleibenden Dehnung, die nach der Montage eintritt.

Die regelmäßige Messung und Kontrolle der Seilspannkraft sowie eine einfache Möglichkeit zum

Nachlassen oder Nachspannen des fixverankerten Seiles ist daher ein wesentlicher Bestandteil zur

Gewährleistung des betriebssichern Zustandes des Seiles und der Seilbahn.

Einfluss der elastischen Dehnung D bei fixverankerten Seilen

Bei der Ermittlung der elastischen Dehnung wird vorerst jedes Seilfeld für sich betrachtet. Dabei

werden die Seillängen in den einzelnen Seilfeldern mit der bereits bekannten Gleichung ermittelt.

.........24

cos

cos 2

32

1

H

lqlii

Page 71: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

68

Die Seilspannkraft S am Seilort x des Seilfeldes wird mit )(

)(cos x

x

HS

angeschrieben, wobei

)(cos x

dxd

und die Dehnsteifigkeit SeilEAD das Produkt aus der Stahlfläche des Seiles und

dem Elastizitätsmodul des Seiles darstellt.

erläuternde Bemerkung Der Elastizitätsmodul des Seiles ist in der Projektierung eine nur abschätzbare Größe. Es ist daher nach Fertigung des Seiles dieser festzustellen und unter Umständen bei der Kontrolle der projektierten Berechnung neu zu berücksichtigen.

Die über die Seillänge eines Seilfeldes elastische Dehnung in Abhängigkeit von der Seilspannkraft S

wird

l

x

D dxD

Hd

D

S

0

2

0cos

1

Näherungsweise kann die elastische Dehnung über ein Seilfeld mit der Sehnenneigung des

Seilfeldes ermittelt werden. Es wird somit vereinfacht

2cos

l

D

HD

Aus der elastischen Dehnung wird die Seilspannkraft S um den Wert ΔS vermindert.

Einfluss der Temperatur

Die Längung des Seiles in einem Seilfeld wird mit einem konstanten Temperatur-Ausdehnungs-

koeffizienten αt berücksichtigt.

85000

11015,1 5

t pro Grad Celsius

Die Seillängung t ist aus der Beziehung ttt zu bestimmen.

Die Temperatureinflüsse werden auf das Leerseil untersucht. Bei einem Temperaturrückgang steigt

die Seilspannkraft.

ttot SSS

Die Änderung der Seilspannkraft tS wird aus der Bedingung von der Unveränderlichkeit der

ungedehnten, nicht erwärmten Seillänge der gesamten Seilbahn mit n Seilfeldern bestimmt.

Elastische Dehnung + geometrische Längenänderung = Längenänderung zufolge Temperatur-

differenz

n

i

ti

n

i

i

n

i

it t

D

S

111

aus dieser Gleichung wird durch Iteration tS ermittelt.

Page 72: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

69

Allgemein gilt, dass große Feldweiten einen geringen Einfluss auf die Änderungen der

Seilspannkraft haben. Je kleiner das Seilfeld ist, umso größer ist der Einfluss der

Temperaturänderung auf die Seilspannkraft.

Die gesamte zu berücksichtigende Temperaturdifferenz wird mit 70 °C angegeben, wobei ins-

besonders die Erwärmung des Stahlseiles im Sommer unter Sonneneinstrahlung zu berücksichtigen

ist.

Windeinfluss

Eine horizontal angreifende Windlast w je Seillänge ergibt zu der senkrecht wirkenden Gleichlast

des Seiles q eine resultierende Seilbelastung.

22 wqqres

Die relative Belastungszunahme beträgt

11

2

q

w

q

q

Aus q

lv SSS folgt die relative Spannkrafterhöhungl

q

S

S als Funktion der Seillänge l und dem

Leerseilparameter q

Sl

Einfluss einer Einzellast

Die Einzellast weist den größten Einfluss auf die Seilspannkraft aus. Die Einzellast wird dabei in die

Mitte des längsten oder in der Mitte des unteren Feldes gestellt.

Die elastische Dehnung aller Seilfelder + Änderung der Bogenlänge im Lastfeld i - Änderung der

Bogenlängen in den übrigen Seilfeldern j = 0

0

j

Q

i

Q

i

i

QL

D

S

Die Einzellast Q erzeugt eine Spannkraftzunahme QS

Aus

Q

Q

D

S wird QS ermittelt. Die Größe der Seilspannkrafterhöhung beträgt das

ca. 2 bis 5fache der Einzellast. Je stärker das Seil gespannt ist, desto größer wird die Zunahme der

Spannkraft QS .

erläuternde Bemerkung Bei einem fixverankerten Seil ist es zweckmäßig mehrere Seilfelder anzuordnen, da beim Befahren eines Einzelfeldes die unbelasteten Seilfelder Seil nachliefern können.

Page 73: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

70

Auf Grund des heutzutage vermehrten und selbstverständlichen Einsatzes von elektronischen

Rechengeräten sind die umfangreichen Iterationsrechenvorgänge nicht mehr so von Bedeutung wie

früher.

5.7 SPANNGEWICHTSHUB

Die Spannkraft wird in den Seilen durch Spanneinrichtungen aufgebracht. Diese Einrichtungen

garantieren an einem Seilende (Tragseil) oder an einer Seilscheibe (Zug- oder Förderseil) eine

gleich bleibende Spannkraft S0 (Grundspannkraft).

Durch das Befahren der Seile (Betriebshub infolge der Durchhangsänderung), durch Temperatur-

einflüsse oder durch bleibende Seildehnungen ändert sich die Lage des Spanngewichtes oder des

Spannwagens.

Temperaturdehnung des Seiles

Diese wird mit dem Temperatur-Ausdehnungskoeffizienten αt berücksichtigt.

85000

11015,1 5

t pro Grad Celsius. Die Seillängung l

l kann bei einer anzunehmenden

Temperaturdifferenz von 70° C mit 1 ‰ der Seillänge ausreichend genau festgelegt werden.

Bleibende Dehnung im Betrieb

Die bleibende Dehnung wird vor Allem durch die Verfestigung des Seiles (Lageverdichtung der

Drähte im Seil) hervorgerufen (keine plastische Verformung des Werkstoffes Stahl). Sie beträgt bei

Tragseilen etwa 0,5 ‰ der Seillänge und bei Zugseilen 1 ‰ der Seillänge.

erläuternde Bemerkung Näheres dazu im Kapitel „Seile“ und „Festigkeitslehre der Seile“.

Betriebshub bei Umlaufbahnen

Bei Umlaufbahnen werden die tiefste Lage des Spanngewichtes (hinterste Lage des Spannwagens)

bei unbelastetem Seil (Leeres Seil) und die höchste Lage des Spanngewichtes (vorderste Lage des

Spannwagens) bei belegtem Seil mit voll beladenen Fahrzeugen erreicht.

erläuternde Bemerkung

Seillänge eines Seilfeldes .......2

24

cos32

cos

H

lql

und der Durchhang in Seilfeldmitte

c

l

H

ql

mf

8

2

cos8

2

Page 74: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

71

Länge des Leerseiles in einem Seilfeld (tiefste Lage des Spanngewichtes)

32

cos3

8

cos

i

l

mi

i

il

il

fl

Länge des Vollseiles in einem Seilfeld (höchste Lage des Spanngewichtes)

32

cos3

8

cos

i

v

mi

i

iv

il

fl

Die Differenz für ein Seilfeld beträgt 223cos

3

8 l

mi

v

mi

i

i ffl

Bei mehreren Seilfeldern wird die gesamte Differenz als Betriebshub bezeichnet.

n

i

i

1

für n Seilfelder

erläuternde Bemerkung Bei Zugseilen von Zweiseilumlaufbahnen wird ähnlich vorgegangen. Der Hub ist allerdings sehr klein, da das Zugseil von den Wagen geführt und getragen wird.

Betriebshub des Tragseiles bei Pendelbahnen

Die tiefste Lage des Spanngewichtes wird erreicht, wenn sich der Wagen in einer Station befindet.

Die höchste Lage des Spanngewichtes wird erreicht, wenn sich der Wagen in der Seilfeldmitte

befindet.

Als ausreichende Näherung für die Berechnung des Betriebshubes können dabei die Sehnen anstatt

der Seilkurven angenommen werden.

223cos2 l

m

v

m ffl

Abb.: Näherungsüberlegung

Betriebshub des Zugseiles bei Pendelbahnen

Wegen der geschlossenen Zugseilschleife und der schwierigen Ermittlung der maßgeblichen

Laststellung ist der Betriebshub kaum zu ermitteln. Üblicherweise ist der Betriebshub allerdings sehr

klein (0,5 bis 1,0 m), sodass eine genaue Berechnung nicht durchgeführt wird.

γ

l

fl

fv

Page 75: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

72

5.8 STÜTZENLASTEN AUS DEM SEIL

Bei der Ermittlung der maßgebenden aus dem Seil herrührenden Bemessungsgrößen für die

Seilbahnstütze sind die vom jeweiligen Lastzustand in den Seilfeldern abhängigen Größen der

Seilspannkräfte Si am Stützenort i und die Tangentenneigungswinkel φi erforderlich. Daraus kann

die Stützenlast Di, die Reibungskraft Fi und der Stützendruckwinkel ψi ermittelt werden.

Die an der Stütze i wirkenden tal- und bergseitigen Seilspannkräfte Sit und Sib werden berechnet

und die Seilneigungen φit und φib dazu aus den in den vorigen Kapiteln angeführten Beziehungen

bestimmt.

Abb.: Stützenlast zufolge der Seilspannkräfte

Der Stützenknickwinkel εi ist als Differenz der beiden Tangentenneigungswinkel φit und φib definiert.

In der obigen Darstellung also ibiti .

Für die Berechnung der Stützenlast Di und der Reibungskraft Fi wird vereinfacht angesetzt

iibit SSS

Dann folgt aus dem Kräfteparallelogramm i

ii

S

D

22sin

und damit der Stützendruck D:

2sin2 i

ii SD

Die Reibungskraft F wird somit 2

sin2 iiii SDF

, wobei die Richtung von Fi wechseln

kann.

Der Reibungskoeffizient ist mit 0,10 bis 0,13 gegeben (Haftreibwert zwischen Seil und geschmierter

Metallrille).

Bei einem über Seilrollen geführten Zug- oder Förderseil wird die Stützenlast ebenso ermittelt, wobei

der Reibungskoeffizient mit 0,03 anzunehmen ist.

Stütze i

Sit

Sib

φit

φib

εi

Di

Seilfeld i+1

Seilfeld i

εi

Stützenschuh

Seilauflaufpunkte

Fi

ψi

Page 76: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

73

Für die weitergehende Berechnung der Seilspannkräfte sind die Reibungskräfte an den Stützen zu

berücksichtigen. So enthält die Seilspannkraft Sit die Reibungskräfte der vorhergehenden Stützen

i-1, i-2, ...., i-i+1 und die Seilspannkraft Sib wird für die weitere Berechnung

iitib FSS

Der Stützendruck Di ist im Schnittpunkt der beiden Seilspannkräfte anzunehmen. Der

Stützendruckwinkel ψi (ohne Berücksichtigung der Reibungskraft Fi) kann aus den geometrischen

Bedingungen ermittelt werden:

2

iti oder

2

ibi oder

2

itibi

wobei der Stützendruckwinkel dem eingeschlossenen Winkel zwischen der Resultierende der

Seilspannkräfte und der Vertikalen bedeutet.

Bei den Belastungsansätzen für die Bemessung der Stützen ist die Reibungskraft Fi zu

berücksichtigen.

Abb.: Stützenbelastung aus dem Seil unter Berücksichtigung der Seilreibung

Ψi+μ

Di

Fi1 = Di.μ

Fi2 = Di.μ

Di1

Di2

Ψi-μ

Page 77: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

74

6 FESTIGKEITSLEHRE DER SEILE

Seile sind je nach ihrem Einsatz und Verwendung zu bemessen. Bei der Wahl eines Seiles ist zu

beachten, dass alle bekannten Belastungen mit einer ausreichenden Sicherheit abgedeckt sind.

Bewegende Seile sind Verschleißbeanspruchungen ausgesetzt. Es sind daher neben der Bemes-

sung nach üblichen baustatischen Methoden auch Überlegungen hinsichtlich einer ausreichenden

Dauerfestigkeit anzustellen. Die Sicherheitsfaktoren von Seilen sind in ihrer überwiegenden Anzahl

empirisch festgelegt.

erläuternde Bemerkung Am Beginn des modernen Seilbahnbaues mit Stahldrahtseilen wurden bei Tragseilen von Materialseilbahnen Zugsicher-heiten (Sicherheit gegen Bruch) von ungefähr 10 gewählt und trotzdem wurde nur eine kurze Lebensdauer erreicht. ZUEGG erkannte auf Grund der Erfahrungen bei Seilbahnen während des 1. Weltkrieges, dass es für Seile günstiger ist, wenn die Sicherheit gegen Bruch klein gewählt wird, sie also straff gespannt werden. Er hat demnach für Tragseile die kleinste Zugsicherheit mit ca. 3,5 und für Zugseile mit ca. 5,0 gewählt. Diese Werte werden heute (nach 90 Jahren) fast un-verändert noch angewandt. BLEICHERT erkannte, dass das Querbelastungsverhältnis (Quotient Q/S oder Q/H) kleiner als 1:10 sein soll und der Scheibendurchmesser D größer als der 80-fache Seildurchmesser sein soll. Beide Werte begrenzen die Biegebeanspruchungen in den Seilen. Diese Annahmen, die auf Erfahrungen an weit einfacheren Anlagen beruhen, müssen nicht auch für Anlagen unter den heutigen Verhältnissen noch gelten. Beispielsweise bedeuten größere Geschwindigkeiten mehr Lastwechsel, größere Lasten andere Beanspruchungen, höhere Nennfestigkeiten anderes Werkstoff-Verhalten, hingegen elastische Futterungen von Scheiben und Rollen geringere Beanspruchungen, günstigere Konstruktionen der Seile weniger oder gar keine Draht-kreuzungen etc.

Im gespannten und belasteten Seil treten folgende Spannungen und Beanspruchungen auf:

a) Herstellungsspannungen

b) Zugspannungen infolge der axialen Seilspannkräfte

c) Biegebeanspruchungen infolge der Biegung der Seile an Scheiben, Rollen etc.

d) Oberflächenpressungen infolge der Unterstützung der Seile auf Auflagern etc.

e) zusätzliche Beanspruchungen infolge innerer Pressungen und sekundärer Biegung der

Drähte im Seilinnern

Von diesen Beanspruchungen werden die Zug- und Biegebeanspruchungen sowie die Oberflächen-

pressungen als Primäre Seilbeanspruchungen bezeichnet. Sie stellen die wesentlichsten Bean-

spruchungen für die Bemessung der Seile dar und werden daher eingehender behandelt.

Als Sekundäre Seilbeanspruchungen bezeichnet man jene Beanspruchungen im Seil, die nicht

durch äußere Kräfte hervorgerufen werden, sondern die durch Pressungen und Biegebeanspruchun-

gen der Einzeldrähte im Seil auftreten.

Herstellungsspannungen

Von der Drahtherstellung herrührende Spannungen (Kaltverfestigung) im Draht sind gewünscht, weil

sie die Festigkeitssteigerung bewirken. Bei der Seilherstellung (Verflechtung der Drähte) erfahren

die Drähte weitere Zug-, Biege- und Torsionsbeanspruchungen, die bei allen Seilmacharten zu mehr

oder weniger großen Formänderungen (bleibende Verformungen des Drahtes) führen. Dadurch wird

zwar ein Großteil der entstandenen Spannungen wieder abgebaut, ein Rest bleibt jedoch bestehen.

Dieser ist rechnerisch kaum erfassbar.

Page 78: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

75

erläuternde Bemerkung Theoretische Untersuchungen dafür gibt es in der Literatur, z.B. HEINRICH, "Zur Statik der Drahtseile" in der Zeitschrift Wasserwirtschaft und Technik, Heft 28 bis 30, 1937, sie sind jedoch für die praktische Anwendung nicht geeignet.

Trotz Verwendung einer drall- und spannungsarmen Ausführung im Seil werden noch vor-

handene Restspannungen durch die Wahl eines entsprechend erhöhten Sicherheitskoeffizienten

berücksichtigt.

6.1 ZUGBEANSPRUCHUNG

Der Seilzug bewirkt im Seil eine Dehnung, eine Querschnittsverminderung und das Bestreben sich

aufzudrehen und eine Flechtwinkeländerung.

Das Seil wird als ein Bündel beanspruchter Einzeldrähte betrachtet. Die Dehnung des Seiles

erstreckt sich gleich über den gesamten Seilquerschnitt. Der Einzeldraht δ übernimmt daher an der

Gesamtzugkraft S den ihm proportional seiner Fläche an der Gesamtfläche A entsprechenden

Anteil.

Die Zugspannung im Einzeldraht wird daher A

Sz

SeilesdestsflächeQuerschnitemetallisch

raftSeilspannk

Die Zugsicherheit nZ beträgt: S

Fn c

Z raftSeilspannk

SeilesdesBruchkraft

erläuternde Bemerkung Bei der Angabe einer Zugsicherheit muss immer auch die Art der Bruchlast, auf die bezogen wird, angegeben werden; Werte der Zugsicherheit sind sonst nicht vergleichbar. Die tatsächliche Zugsicherheit hängt von der tatsächlichen Bruchkraft des Seiles ab, die von

- der tatsächlichen Festigkeit des Drahtes - dem tatsächlichem Querschnitt (Ist-Querschnitt) - der Verteilung der Seilspannkraft in den Drähten - der Schlaglänge (Störung des Flechtwinkels ergibt eine Änderung der Schlaglänge) - allenfalls vorhandenen Querschnittsverminderungen (Fehlern, Drahtbrüchen etc.)

bestimmt wird. Die tatsächliche Zugsicherheit kann je nach Seilkonstruktion 5 bis 15 % kleiner als die rechnerische Zugsicherheit nZ sein.

Page 79: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

76

Seildehnung

Die Dehnsteifigkeit des Seiles wird mit Seilc EA festgelegt, wobei

Ac die Summe des metallischen Querschnittsfläche der Einzeldrähte i

n

i 1

2

4

und

ESeil der fiktive Seildehnungsmodul (fiktiver Elastizitätsmodul) bedeuten.

erläuternde Bemerkung Zur eindeutigen Trennung der Elastizitätsmodule wird im Folgenden festgelegt: ESeil Elastizitätsmodul des Seiles ES Elastizitätsmodul Stahl

Für gereckte Spiralseile und Litzen kann näherungsweise 3cos SSeil EE gesetzt werden.

(Flechtwinkel ω). Über den jeweiligen Seildehnungsmodul ESeil gibt der Seilhersteller Werte an.

Bei Litzenseilen ist nur eine grobe Abschätzung möglich, da die Querkontraktionszahl der Litzen-

wendel einen wesentlichen Einfluss auf den Seildehnungsmodul hat. Daher ist es bei Bedarf (z.B.

bei einem fixabgespannten Förderseil) notwendig, den Seildehnungsmodul ESeil für das gegenständ-

liche Seil experimentell zu ermitteln.

Tragseile: 80,075,0 S

Seil

E

E 150.000 bis 170.000 N/mm²

Zugseile: 50,0S

Seil

E

E 90.000 bis 120.000 N/mm²

erläuternde Bemerkung Durch die neuartigen Seilkonstruktionen (mit optimierten Drahtdurchmessern oder verdichteten Seilen oder Seilen mit Kunststoffzwischenlagen) wird der Elastizitätsmodul ESeil in nicht unbedeutender Höhe angehoben. Die Normbestimmungen legen fest, dass für Zugseile mit zwei verschiedenen Elastizitätsmodule gerechnet werden soll: Für ein neues Seil 80 kN/mm² und für ein gebrauchtes Seil 120 kN/mm². Der Elastizitätsmodul ist einerseits für die Anfangslängung des Seiles und für die Berechnung des Spannweges bei einseitig abgespannten Seilen und andererseits bei fixabgespannten Seilen wichtig.

Page 80: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

77

Aufdrehbestreben des Seiles; Seildrall

Abb.: Aufdrehbestreben des Seiles unter der Zugkraft S

Die Seilspannkraft wird auf alle Einzeldrähte des Seiles entsprechend deren Querschnittsfläche

aufgeteilt. Das Seil ist mit p Lagen und i Anzahl der Drähte in den einzelnen Lagen aufgebaut.

p i

pipTS cos

Als Näherung wird angenommen, dass der Flechtwinkel ω in den einzelnen Lagen konstant ist.

Die Zugspannung über das Seil ist gleich der Zugspannung in den Einzeldrähten

ip

ip

c

mA

T

A

S

Der Seildrall (Verdreh- bzw. Torsionsmoment) Mt über das gesamte Seil wird

i

p

p

pipt rTM sin , der Quotient

i p

pip

i p

ppip

t

T

rT

S

M

cos

sin

und somit

i p pip

ppip

tT

rTSM

cos

sin SM t

Der Faktor μ (Dimension einer Längeneinheit) ist eine von der Seilkonstruktion abhängige Größe.

Der Seildrall und damit das Bestreben des Seiles sich aufzudrehen wächst proportional mit der

Seilspannkraft. Das Torsionsmoment Mt wird daher auch als „Belastungsdrall“ bezeichnet.

Aus der Formel ist zu erkennen, dass Seile in Gleichschlagausführung einen größeren Seildrall

aufweisen wie Seile in Kreuzschlag.

Tip.sinωp

ωp

Tip

Tip.cosωp

ωp

rp

Tip

S S

Tip.sinωp

Tip.sinωp

Tip.sinωp

Tip.sinωp

Tip.cosωp S

Page 81: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

78

Der Seildrall kann zu der gefürchteten Schlingenbildung bei der Seilmontage führen, wenn entweder

die Zugkraft S beim Auflegen des Seiles zu gering ist oder die Seilenden nicht gegen Verdrehen

gesichert (geknebelt) werden.

Abb.: Schäden durch Seildrall

Das Seil wird in der Schlinge auf Druck beansprucht, wodurch die Drähte knicken und das Seil

unbrauchbar wird.

Auch bei verhinderter Verdrehung der Endquerschnitte kann es über die Seillänge zu einer Verände-

rung der Schlaglänge, damit zu einer teilweisen Verdrehung der Seilquerschnitte und zu einer

ungleichmäßigen Verteilung der Spannkraft auf die Einzeldrähte kommen (z.B. bei einem langen

Seil mit großem Höhenunterschied).

erläuternde Bemerkung Bei Seilbahnen, die einen großen Höhenunterschied aufweisen (Höhenspannkraft), bewirkt das Eigengewicht des Seiles bereits einen oft merkbaren Seildrall. Bei Seilen von Umlaufbahnen mit einem geringen Fahrzeugabstand bewirken diese Fahrzeuge bereits eine ausreichende „Knebelung“ und damit eine Verhinderung eines spürbaren Seildralles. Werden bei Seilbahnen leichte Sessel oder Kabinen vereinzelt auf das Förderseil befestigt, so kann durch Anbringung einer Seilmarkierung in der Talstation oft beobachtet werden, dass das Seil in der Bergstation zur Klemme oder zum Klemmapparat verdreht ankommt. Das bedeutet, dass der Seildrall die Reibungskräfte zwischen dem Seil und den Klemmbacken überwunden und sich gedreht hat. Zum Seildrall gibt es verschiedene Untersuchungen in der Literatur, z.B. ENGEL, "Das Drehbestreben der Seile", ÖIZ, Heft 1/1958, oder Institutshefte des Institutes für Eisenbahnwesen der TU Wien aus 1993 und 1994.

Die Verdrehsteifigkeit D des Seiles wird in Nmm²/° angegeben.

Der auf die Längeneinheit bezogenen spezifische Verdrehwinkel δ wird zu D

M t .

Der Endverdrehwinkel α wird mit lD

Sl

D

M t

berechnet.

Auch hier ist die lineare Proportionalität des Verdrehwinkels zur Größe der Seilspannkraft erkennbar.

Druck !

S

S

l Mt

Page 82: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

79

Flechtwinkeländerung

Der Flechtwinkel (Schlagwinkel) ω wird durch die Längung des Seildrahtes durch die Zugbean-

spruchung und durch das Aufdrehbestreben des Seiles beeinflusst.

l* stellt die wahre Länge des Drahtes bei einer Schlaglänge l dar.

rD

S

l

r

tan

Durch die Flechtwinkeländerung wird der Seilverband gestört. Verschiedene Radien der Drahtlagen

erzeugen verschieden große Flechtwinkeländerungen.

Bei der Bewegung (Zug- und Förderseile) oder beim Befahren der Seile (Tragseile) werden die Seile

„verdichtet“. Das bedeutet, dass die Drähte im Seil ihren Platz im Seilverband entsprechend der

Belastung einnehmen. Daher treten im Betrieb einer Seilbahn Nachdehnungen auf. Diese sind nicht

auf plastische Verformungen der Einzeldrähte zurückzuführen, sondern auf bleibende Dehnungen

zufolge der Seilverdichtung.

Eine grobe Abschätzung beträgt die bleibende Dehnung bei

Tragseilen ca. 0,5 ‰ und

Zugseilen ca. 1,0 ‰

erläuternde Bemerkung Die fabrikneuen Seile werden aufgelegt und kurze Zeit nach der Seilauflage müssen sie gekürzt oder nachgespannt werden. Manche Seilbahnunternehmer lassen nach der Seillieferung (Abrollen der Seile von der Seiltrommel und Seil liegt entlang der Trasse auf den Stützen) und vor dem Spleißen das Seil einen oder mehrere Tage rasten.

l/2

2r ω

2rπ

r.α

l ω

Δω l*

Page 83: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

80

6.2 BIEGEBEANSPRUCHUNG

Die Bestimmung der Biegesteifigkeit ist von wesentlicher Bedeutung für die Ermittlung der

Biegespannungen im Seildraht und der Biegung von Drahtseilen. Obwohl die Biegesteifigkeit des

Seiles eine konstruierte Größe ist, erleichtert sie die Vorstellung der Vorgänge bei der Biegung.

6.2.1 Biegung mit vorgegebener Krümmung

Biegung mit vorgegebener Krümmung tritt dann ein, wenn das Seil gezwungen wird eine

vorgegebene Lage einzunehmen. Als typisches Beispiel dafür ist der Seilumlauf bei einer Antriebs-,

Gegen-, Ablenk- oder Umlaufscheibe.

Abb.: Biegung mit vorgegebener Krümmung an einer Seilscheibe

Vorgegebenes Biegemoment BD

Br

M 21

und xEIyM

Die vorgegebene Krümmung 5,121

1

y

y

r

und die Biegespannung

W

M

erläuternde Bemerkung

Annahme: Das Seil als homogener Stab

Diese Annahme beruht auf der vollkommenen Verhinderung einer Verschiebung zwischen den Drähten.

Damit wird das Widerstandsmoment d

xI

xW

2

nach dem Satz von Steiner wird das Trägheitsmoment )²(

i pip

yip

Aip

Ix

I

und die Biegesteifigkeit x

IS

EB

das Biegemoment x

IS

ED

M 2

und die Biegerandspannung am Seil wird

xID

dx

IS

E

W

M

b

2

2

D

d

SE

b

d

D

Page 84: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

81

Annahme: Das Seil als ein reibungsloses Drahtbündel

Diese Annahme beruht auf der vollkommenen unbehinderten Verschiebung zwischen den Drähten.

Bei Drahtdurchmesser δ wird das Trägheitsmoment des Einzeldrahtes 64

4 iI

Und des Drahtseilbündels i p

ipx II

Damit wird das Widerstandsmoment

xx

IW

2 und die Biegesteifigkeit xS IEB

die Biegerandspannung am Einzeldraht wirdx

xSb

ID

IE

W

M

2

2

D

Eσ Sb

Formel nach REULEAUX

erläuternde Bemerkung In einem Litzenseil betragen die gemessenen Drahtbiegerandspannungen ungefähr 10 % mehr als die theoretische Biege-randspannung nach Reuleaux. Die Dauerfestigkeitsnachweise bei der Bemessung von Seilen beim Scheibenumlauf nach den früheren österreichischen Drahtseilbedingnissen erfolgt nach dieser Gleichung. Die neuen europaweit geltenden Normen begrenzen das Durchmesserverhältnis δ/D und d/D.

Tatsächlich tritt der Zustand eines „reibungsfreien Drahtbündels“ erst nach Überwindung der inneren

Reibungskräfte zwischen den Einzeldrähten ein.

Abb.: vereinfachte Spannungsverteilung der Biegespannung vor und nach der Überwindung der Reibung

Bei mehreren Drahtseillagen im Seil tritt die Überwindung der Reibungskräfte zwischen den Drähten

abschnittsweise ein.

Abb.: vereinfachte Spannungsverteilung der Biegespannung mit teilweise überwundener Reibung

erläuternde Bemerkung Bei jedem Umlauf des Seiles um eine Seilscheibe treten diese Verschiebungen zwischen den Seildrähten auf. Deshalb ist insbesonders die Seilschmierung im Inneren des Seiles wichtig.

σ

σ‹σR σ›σR

σ‹σR

Page 85: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

82

6.2.2 Biegung mit freier Krümmung

Die Seillinie wird durch die Biegesteifigkeit des Seiles bestimmt. Die Belastung ist punktförmig

anzunehmen. Typische Fälle sind Rollenlasten des Fahrzeuges auf das Tragseil wirkend oder

Klemmenlasten auf dem Zug- bzw. Förderseil im freien Seilfeld. In diesem örtlich begrenzten

Untersuchungsbereich des Seiles ist die Biegesteifigkeit nicht vernachlässigbar. Die Annahme

eines biegefreien Seiles führt bekanntlich zur Kettenlinie, wie sie für die Betrachtung des gesamten

Seilfeldes zutreffend ist.

Abb.: Seillinie unter einer Einzellast bei freier Krümmung

Näherungsweise wird angenommen, dass über die gesamte Biegelinie ein konstantes Trägheits-

moment des Seiles gegeben ist und ausschließlich kleine Ablenkwinkel auftreten.

Dann wird S

Q

2tansin

Eine kleine Krümmung vorausgesetzt wird ByBr

M 1

und ySM x

ByyS

und der Zusammenhang kann als homogene Differentialgleichung 2.Ordnung angeschrieben

werden:

0 ySyB

Lösung der Differentialgleichung:

0 yB

Sy mit

B

Sa 2

wird 02 yay

Ansatz einer Exponentialfunktion:

axax eCeCy 21 axax eCaeCay 21

axax eCaeCay 2

2

1

2

Randbedingungen:

1) 00 1 axeCyyx da der Wert 0axe ist, muss 01 C sein

2) S

QeCayx ax

2tan0 2 daraus folgt

B

SS

Q

aS

QC

22

2

Die Krümmung yr

1

ist allgemein axeCay 2

2

y

S

α

Q S

S

S

Q

α

α Seillinie, wenn keine Biegesteifigkeit angenommen wird (Kettenlinie)

x

Page 86: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

83

axe

B

SS

Q

B

Sy

2

und somit axe

B

SB

Qy

2

Die Gleichung der Seillinie ist axax e

B

SS

QeCy

2

2

Am Lastort x=0 wird

B

SS

Qyx

2

0 und die Krümmung

B

SB

Q

B

Myx

2

0

und das größte als äußere Belastung auftretende Biegemoment wird

B

S

QySM x

2

0

Das innere und das äußere Moment ist gleichzusetzen, wobei für das Seil wieder die zwei

Grenzfälle für die Biegesteifigkeit (homogener Stab und reibungsloses Drahtbündel) untersucht

werden.

Annahme: Das Seil als homogener Stab

xS IE

S

Q

B

S

QM

22

das Widerstandsmoment d

IW x 2

und das Trägheitsmoment i p

ipipipx yAII 2

Nun wird ein Faktor (Füllfaktor f – siehe Abschnitt 3.7) eingeführt wird, der als Quotient der

theoretischen und der wahren umschriebenen Seilfläche angeführt ist:

4

42

2

dA

Af

ip

u

c

somit werden die Fläche und das Trägheitsmoment des Seiles

fd

I x

64

4 und f

dAc

4

2 oder cx A

dI

16

2

Die Biegerandspannung W

Mb ;

IE

SI

dQ

S

b

4

oder IS

EdQ S

b

4

c

S

b

Ad

S

EdQ

164

2 und vereinfacht

c

S

bAS

EQ

die Biegerandspannung ist daher c

Sb

AS

EQ

Formel nach ISAACHSEN

Page 87: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

84

erläuternde Bemerkung

Annahme: Das Seil als ein reibungsloses Drahtbündel

Jeder Einzeldraht i trägt zum inneren Biegemoment bei.

i

M

iM

ixI

SE

iS

iQ

iB

iS

iQ

iM

22

Das Trägheitsmoment des Einzeldrahtes beträgt i

Ai

I

16

2

64

4

Die Biegerandspannung am Einzeldraht wird somit

iA

iS

SE

iQ

iA

SE

iS

iQ

iI

M

W

M

b

16

22

2

2

Nachdem auf Grund der gleichmäßigen Dehnung aller Einzeldrähte über den gesamten Seilquerschnitt ( DrahtSeil ) die

Zugspannung σz ebenfalls gleichmäßig über den Querschnitt verteilt ist, wird die Biegerandbeanspruchung jedes

Einzeldrahtes ebenfalls gleich sein. Das Produkt i

Ai

S ist konstant, sodass unabhängig, ob mit der Annahme eines

homogenen Stabes oder eines reibungslosen Drahtbündels die Biegerandspannung gleich groß ist.

cAS

SE

Qb

WYSS hat neben der theoretischen Bestimmung der Biegerandspannung auch Messungen

durchgeführt, wobei die Biegerandspannungen gemäß der Formel nach ISAACHSEN nicht erreicht

werden. Die größten gemessenen Biegerandspannungen betragen etwa 85 % der theoretisch

ermittelten Biegerandspannungen. Auf Grund dieser Versuche wird die Biegerandspannung nach

der Formel

c

Sb

AS

EQ

85,0 bestimmt.

Bei weiterer Umformung der Formel nach Isaachsen wird die Biegerandspannung

Sz

c

Sb E

S

Q

A

ES

S

Q

85,085,0

erläuternde Bemerkung Aus der vorangeführten Formel zur Ermittlung der Biegerandspannung im Einzeldraht des Seiles wird die Bedeutung des Querbelastungsverhältnisses Q/S für die Lebensdauer des Seiles erkennbar. Bei einem großen Querbelastungsverhältnis (z.B. 1/10) treten wesentlich höhere Biegerandspannungen im Seildraht auf als bei einem kleinem Querbelastungsverhältnis (z.B. 1/25). Bei einer Anhebung der Seilspannkraft (geringere Zugsicherheit) wird bei gleicher Querlast die Lebensdauer erhöht.

Page 88: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

85

6.2.3 Überlagerung der Biegerandspannungen

Wie in der vorangeführten allgemeinen Gleichung des Krümmungsverlaufes bzw. der Verteilung der

Biegemomente im Seil bei freier Krümmung gezeigt, klingen die Biegemomente exponentiell ab.

Wenn nun mehrere Einzellasten nahe am Seil angreifen, führen diese zu einer gegenseitigen

Beeinflussung. Ein typischer Fall für die Beeinflussung benachbarter Lasten ist das Befahren des

Tragseiles mit einem Wagen, der mehrere Laufrollen hat. Als ausreichende Näherung können die

Momente unter jeder Rolle summiert werden.

Abb.: Beeinflussung benachbarter Lasten bei einem Tragseil durch ein Laufwerk

Nach WYSS kann das Abklingen eines Biegemomentes in einem Seil dargestellt werden.

z

eb

bx

83,110

Für den Abklingfaktor λ wird beim reibungssteifen Seil x/d und beim reibungsfreien Seil x/δ

angenommen. σbx ist jene Biegespannung, die zusätzlich an einem Lastort i zufolge einer im

Abstand x angreifenden benachbarten Last wirkt.

Da der Seildurchmesser d wesentlich größer als ein Drahtdurchmesser δ ist, klingt das Biege-

moment im reibungsfreien Seil im Vergleich zum reibungssteifen Seil viel rascher ab. Nach WYSS

ist bereits in 1/10 jener Entfernung, die für das reibungssteife Seil errechnet wird, das Biegemoment

im reibungsfreien Seil praktisch auf Null abgeklungen.

Die Entfernung, für die das Biegemoment bei einem reibungssteifen Seil auf die Hälfte (λ0,5) bzw. auf

0,1 % (λ0,001)abgeklungen ist, beträgt nach WYSS

z

d

1

86,765,0 und 5,0001,0 10

Bei reibungsfreien Seilen, z.B. Förderseilen oder Zugseilen braucht der Einfluss benachbarter

Lasten, z.B. innerhalb von Rollenbatterien, nicht berücksichtigt werden.

i i+2 i+1

x

Biegerandspannungen b

bx

Page 89: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

86

Einfluss eines elastischen Futters

Bei modernen Seilbahnen sind Seilrollen und Seilscheiben mit einer elastischen Einlage als Seil-

auflage ausgerüstet. Die zuvor getroffene Annahme hinsichtlich der Überlagerung der Biegerand-

spannungen ist daher als sehr ungünstig anzusehen. Die elastischen Einlagen (Futterung)

verringern die Biegespannungen und die Oberflächenpressungen. Als Futterungsmaterial wird bei

Seilrollen üblicherweise Gummi, bei Laufrollen und Seilscheiben Gummi oder Bekorit (härterer

Kunststoff) eingesetzt.

Die ermittelte Biegerandspannung im Falle der freien Krümmung geht von der Annahme einer

Punktberührung aus. Eine Verringerung der Biegespannung tritt dann ein, wenn anstelle der

Punktberührung durch die elastische Einlage die Auflage des Seiles auf einer Druckellipse erfolgt.

erläuternde Bemerkung

Das Problem wurde u.a. von CZITARY, Verhalten eines Drahtseiles auf einer Rolle mit elastischem Futter, Ing. Archiv Heft 4/1957, und von ENGEL, Zur Biegebeanspruchung eines Seiles auf einer elastisch gefutterten Rolle, ÖIAZ Heft 3/1957, untersucht.

Abb.: Einfluss der Futterung auf die Biegespannungen

Die Gesamtbeanspruchung eines Seildrahtes setzt sich aus der Zugspannung und der Biegerand-

spannung im Einzeldraht zusammen bzges

, wobei die Biegerandspannungen bei jedem

Scheibenumlauf oder bei jedem Befahren des Seiles auftreten.

erläuternde Bemerkung Die Festlegung einer „Dauersicherheit“ oder besser eines ausreichenden Widerstandes gegenüber einer Wechsel- oder Schwellbeanspruchung liegt nahe. So wurden in Österreich bis 2004 diesbezügliche Nachweise für die Seile verlangt und geführt. Mit den nunmehrigen EN-Normen werden, wie in allen anderen Seilbahnländern, der Durchmesser der Seilscheiben oder die Querbelastung in Abhängigkeit vom Seil- oder Drahtdurchmesser ermittelt .

Tragseile schmiegen sich an Seilschuhe (Stützeschuhe oder Stationsschuhe), an Ablenkscheiben

und an Verankerungstrommeln (Stationen). Für die Ermittlung der Biegerandspannung werden die

Tragseile als reibungssteif angenommen.

Zug- und Förderseile weisen bei Seilrollen und Klemmen Punktberührung auf. Für die Ermittlung der

Biegerandspannung werden die Zug- und Förderseile als reibungssteif angenommen.

Zug- und Förderseile schmiegen sich an Scheiben (Ablenk-, Umlenk-, Antriebsscheiben) an; sie

sind als reibungsfrei zu rechnen.

σb

Weg

σb

Weg

theoretischer Biegeverlauf

tatsächlicher Biegeverlauf

Scheibenumlauf Querbelastung

tatsächlicher Biegeverlauf

theoretischer Biegeverlauf

Page 90: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

87

6.3 OBERFLÄCHENPRESSUNG

Oberflächenpressungen treten im Bereich der Biegedruckspannungen auf und sind abhängig vom

Futterwerkstoff und vom Durchmesser der Scheiben/Rollen, sowie davon, ob Anschmiegen oder

Punktberührung eintritt.

Auf Grund des räumlichen Spannungszustandes wirkt nur ein Teil der Oberflächenpressungen in

Richtung der Zug- und Biegespannungen und ist daher als Erhöhung dieser Beanspruchung in

Rechnung zu setzen. Nach WYSS werden daher Vergleichsspannungen erhalten.

Pressung an vorgegebenen Krümmung

Bei vollständigem Anschmiegen an eine vorgegebene Krümmung (Seilscheiben, Tragseilschuhe)

wird die größte Pressung dD

Sp

3max

Bei Antriebsscheiben wird die Umfangskraft durch Reibung zwischen der Seilfutterung und dem Seil

übertragen. Die Umfangskraft ist dabei der Unterschied zwischen den Seilspannkräften S1 und S2 an

der Seilscheibe. Die Seilspannkraft für die Ermittlung der größten Pressung kann vereinfacht

angesetzt werden:

)(5,0 21 SSSm

erläuternde Bemerkung Ein Futterwerkstoff ist dann tauglich, wenn seine Druckfestigkeit größer als die maximale Pressung ist. Für Gummi kann die zulässige Pressung mit etwa dem halben Wert der Härte nach Shore A angenommen werden (in Ausnahmefällen auch der volle Wert). Bei einer Futterung aus Gummi wird mit einem Elastizitätsmodul EF von ca. 10000 N/mm² gerechnet. Bei weniger elastischem Futter als Gummi (EF > 10000 N/mm²) treten höhere örtliche Pressungen sowohl am Futter als auch an der Seiloberfläche auf. Da nach WYSS nur ein Teil der Pressung in Richtung der Zug- und Biegespannungen wirkt, wird für die Gesamt-beanspruchung σges erhalten: für die Druckzone von

verschlossenen Seilen: max4,0 pbzges

Litzenspiral-/Litzenseilen: max35,0 pbzges

für die Zugzone von

allen Seilarten: bzges

Wird der Scheibendurchmesser entsprechend groß und die Futterung elastisch gewählt, kann der Wert pmax vernachlässigt werden. Bei einem Stützenschuh treten am Tragseil auch in der Biegezugzone beim Überfahren durch das Laufwerk Ober-flächenpressungen auf. Diese sind nach WYSS für die Zugzone von

verschlossenen Seilen: max26,0 pbzges

Litzenspiralseilen: max35,0 pbzges

wobei pmax als Pressung infolge der Rollenlast zu berechnen ist.

Pressung bei freier Krümmung

An Streckenrollen (Stützen) oder an Laufwerksrollen (Fahrzeug) tritt keine vollständige Punkt-

berührung auf. Das elastische Futter wird durch die Rollenlast verformt, sodass eine Druckfläche

entsteht.

Page 91: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

88

Die Größe der Flächenpressung zwischen Seil und Rolle wird beeinflusst durch

- den Rollendurchmesser DR

- den Rillendurchmesser im Futter der Rolle DF

- den Seildurchmesser d

- den Drahtdurchmesser δ in der Außenlage

- die Schlaglänge und der Machart des Seiles

- dem Krümmungsradius der Seilachse, also vom Quotienten d/DR

Nach der allgemeinen Gleichung der Hertz‘schen Pressung ist

ba

Qp

2

3max

wobei: Q die Querlast und a, b die Halbachsen der Druckfläche (Druckellipse) sind.

Die mittlere spezifische Oberflächenpressung beträgt nach WYSS

ba

Qppm

max3

2

In der Regel gilt bei Gummi als Futtermaterial a : b = 3 : 1.

erläuternde Bemerkung WYSS hat aus der Hertz‘schen Gleichung eine allgemein für alle Seile geltende Formel hergeleitet, die auch die Form der Seilrille (den Rillendurchmesser DF) und die unterschiedlichen E-Module von Seil und Futter berücksichtigt. Der anzunehmende Elastizitätsmodul Em ist wie folgt zu ermitteln

FESEmE

115,0

1

Bei einem dem Seil angepassten Rillendurchmesser wird

32

32

23 2

38,0maxd

Q

RD

d

mEp

Bei einem dem Seil nicht angepassten Rillendurchmesser wird

32

3

2

13 238,0max

d

Q

FD

d

RD

d

mEp

Damit wird nach WYSS die maximale Oberflächenpressung für eine angepasste Seilrille und für EF < 50000 N/mm²

3 23602,0max

RD

Q

FEp

Pressungen bei Seilrollen mit Gummifutter sind etwa 115-mal kleiner als bei Stahlrollen und noch 10-mal kleiner als bei Rollen mit einem Futter aus Kunststoff. Bei Personenseilbahnen werden daher aus Gründen der Seillebensdauer immer gefutterte Rollen und Scheiben verwendet. Da wieder nur ein Teil der Oberflächenpressung in Richtung der Zug- und Biegespannungen wirkt, gilt nach WYSS für die

örtliche Pressung pö bei

verschlossenen Seilen: max05,1 pöp

Litzenspiralseilen: max2 pöp

Litzenseilen: max25,2 pöp

Die Gesamtspannung σges in der Biegedruckzone ergibt sich damit für

verschlossene Seile: öpbzges 26,0

Litzenspiralseile und Litzenseile: öpbzges 35,0

Page 92: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

89

6.4 SEKUNDÄRE BIEGEBEANSPRUCHUNG

Beim Abstützen der Drähte einer Drahtlage auf den darunter liegenden Drähten der benachbarten

Drahtlage entstehen - insbesondere bei einem Seilaufbau mit Drahtkreuzungen - sekundäre Biege-

beanspruchungen.

Abb.: Biegebeanspruchung im Seildraht durch Drahtkreuzungen

sin1616max

PlPM st

Wenn unter dieser Belastung die auftretenden Hertz'schen Pressungen größer als die Festigkeit des

Drahtwerkstoffes sind, treten plastische Verformungen auf. Diese Kerbwirkungen führen zu

Aufhärtungen (Materialversprödung), die zu Mikrorissen und Dauerbrüchen der Drähte führen

können.

ω

Drahtlage p+1

Drahtlage p

Stützlänge lst

δ

δ

P

Page 93: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

90

7 SEILBEMESSUNG

Die Gesamtbeanspruchung des Seildrahtes setzt sich aus folgenden Einflüssen zusammen:

2121 ffbbpzHtot

H Herstellungsspannung

z Zugspannung aus der Seilspannkraft

p Spannung aus der Oberflächenpressung

1b primäre Biegebeanspruchung nach Reuleaux oder Isaachsen

2b sekundäre Biegebeanspruchung aus dem Seilaufbau

1f Beanspruchung aus dem Seildrall

2f Beanspruchung aus der Drahtreibung

Zu diesen Komponenten ist festzuhalten, dass

- Herstellungsspannungen nicht erfassbar sind

- zusätzliche Beanspruchungen großteils durch die Wahl der Seilkonstruktion sehr gering

gehalten werden können

- bei (hoch-)elastischem Futter, z.B. Gummi, sind Oberflächenpressungen nicht maßgeblich

und daher vernachlässigbar

- Beanspruchungen aus dem Seildrall bzw. aus der Drahtreibung durch betriebliche

Maßnahmen gering gehalten werden können (Seilschmierung) und daher in ihrer Größe

nicht quantifizierbar sind.

Somit bleibt als wesentlichste Bemessungsgrundlage des Stahlseiles die Gesamtbeanspruchung

aus der Zug- und Biegebeanspruchung.

erläuternde Bemerkung Die Bemessung der Seile erfolgt nicht ausschließlich unter der Überlegung der ausreichenden Sicherheit gegenüber einem Seilversagen. Die Bemessungsregeln beinhalten oft konstruktive Vorgaben, die aus der Praxis stammen und die sich empirisch bewährt haben. Dazu zählen unter Anderem das Querbelastungsverhältnis, die Zugsicherheit, der Durchmesser von Seilscheiben, das Drahtbruchverhalten unter Dauerbelastungen, die Seilprüffristen. BITTNER hat mit dem Ziel, die Überlagerung der Zug- und der Biegebeanspruchung im Seildraht als Bemessungsgrund-lage von Seilen unter Berücksichtigung der Materialermüdung eine Methode der Seilbemessung entwickelt und in ISR Heft 4/1969 und Heft 1 + 2/1970 veröffentlicht. Diese Methode wurde in die österreichischen Vorschriften (Drahtseilbedingnisse 1973, 3. Auflage 1980) aufgenommen. Mit Inkrafttreten der Europäischen Normenreihe für Seilbahnen gelangt diese Methode nicht mehr zur Anwendung.

Im Folgenden werden die Zugsicherheiten und die Angaben zur Begrenzung der Biegespannungen

im Seil angeführt, die in der ÖNORM EN 12930 (Berechnungen) und der ÖNORM EN 12927-2 (Seile

– Sicherheitsfaktoren) angegeben sind.

Page 94: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

91

7.1 TRAGSEIL

Zugsicherheit

Damit eine straffe Seilführung (feste Fahrbahn und ruhiges Befahren) erzielt wird und damit die

Biegebeanspruchung an den Seilunterstützungspunkten (Stützenschuhe, Stationsschuhe) begrenzt

wird, ist auf Grund praktischer Erfahrungen die Zugsicherheit nZ festgelegt mit

kleinste Zugsicherheit im Betrieb nZ min = 3,15

bei Berücksichtigung einer Tragseilbremsung nZ min = 2,70

bei Berücksichtigung der Einwirkungen von Wind und Eis außer Betrieb

nZ min = 2,25

Begrenzung der Biegebeanspruchungen (freie Biegung)

Zur Begrenzung der Biegebeanspruchung und zum Erreichen einer wirtschaftlichen Lebensdauer ist

das Querbelastungsverhältnis η (Quotient der kleinste Seilspannkraft Smin zur größten Fahrzeuglast

Qmax) begrenzt.

Für Tragseile, die mit Gewichten oder mit hydraulischen Einrichtungen abgespannt sind:

η = 10

Für fix abgespannte Tragseile: η = 8

Das Querkraftverhältnis einer einzelnen Laufrolle darf bei Verwendung eines Futterwerkstoffes

mit einem Elastizitätsmodul E > 5 000 N/mm² den Wert ηR = 80

und bei Verwendung eines Futterwerkstoffes mit einem Elastizitätsmodul E ≤ 5 000 N/mm² den

Wert ηR = 60

nicht unterschreiten.

erläuternde Bemerkung Bei mehr als 8 Rädern ist eine Erhöhung des kleinsten Radlastverhältnisses auf ηR ≥ 120 zweckmäßig.

erläuternde Bemerkung Bei Materialseilbahnen (meist 4-rollige Laufwerke) beträgt das Rollenastverhältnis ηR:

für Wagenfolgezeiten von t ≥ 60 s ηR = 60 für Wagenfolgezeiten von t ≤ 20 s ηR = 120

Zwischenwerte können interpoliert werden; für Anlagen, die nur befristet aufgestellt werden, gelten die halben Werte.

Page 95: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

92

Begrenzung der Biegebeanspruchungen (erzwungene Biegung)

Die Biegespannungen an den Einzeldrähten des Tragseiles werden durch die Festlegung von

Richtwerten für die konstruktive Ausführung der Abspannpoller oder der Tragseilschuhe in

Abhängigkeit vom Seilnenndurchmesser d begrenzt.

D/d ≥ 300 bei Bewegung des Tragseiles (Stützenschuh)

D/d ≥ 65 bei keiner Bewegung des Tragseiles (Trommelverankerung, Stationsschuh)

7.2 ZUG- und GEGENSEILE

Zugsicherheit

Die Größe der kleinsten Zugsicherheit nZ min ist hauptsächlich empirisch begründet. Die Erfahrungen

zeigen, dass bei einer kleinsten Zugsicherheit von ca. 4,0 sehr gute Lebenserwartungen des

Zugseiles gegeben sind.

erläuternde Bemerkung Tatsächlich ist aus Festigkeits- oder Sicherheitsüberlegungen diese Grenze keinesfalls zwingend. Arbeiten und theoretische Überlegungen zeigen, dass die Zugsicherheit als Bemessungsgröße auf Grund ihrer einfachen Festlegung zweckmäßig, aber keinesfalls technisch begründet ist.

Die normgemäßen kleinsten Zugsicherheitswerte sind bei

Standseilbahnen nZ min = 4,20

Pendelbahnen nZ min = 3,80

Zweiseilumlaufbahnen nZ min = 4,00

Beim Nachweis Einhaltung der kleinsten Zugsicherheit sind dynamische Wirkungen beim Anfahren

und Bremsen der Seilbahn zu berücksichtigen. Üblicherweise werden diese mit 0,15 m/sec² (Anfah-

ren) und 0,40 m/sec² (Bremsen) angenommen. Die dynamischen Wirkungen sind näherungsweise

in Form der Trägheit der bewegten Massen zu berücksichtigen, wobei die seilbedingten Massen als

mit dem Seil fest verbunden und darüber gleichmäßig verteilt angenommen werden können.

Ist die Seilbahn mit einer Fangbremse (Tragseilbremse bei einer Zweiseilpendelbahn oder

Schienenzangenbremse bei einer Standseilbahn) ausgerüstet, muss bei Einfallen der Fangbremse

die Zugsicherheit mindestens

nZ min = 1,50

betragen.

Bei endlosen Seilschleifen muss zur Sicherheit des Seilspleißes (Reibverbindung, Haftreibung) die

größte Zugsicherheit mit

nZ max ≤ 20

begrenzt werden, wobei dynamische Wirkungen nicht berücksichtigt werden müssen.

Page 96: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

93

Begrenzung der Biegebeanspruchungen (freie Biegung)

Zur Begrenzung der Biegerandspannung am Drahtseil darf das Querlastverhältnis

- bei einem Fahrzeug mit einer Einzelklemme oder mit zwei Klemmen, die einen geringeren

Abstand als zwei Schlaglängen des Seiles aufweisen

15max

min Q

S

- bei einem Fahrzeug mit zwei Klemmen, die einen größeren Abstand als zwei Schlaglängen des

Seiles aufweisen

12max

min Q

S

nicht überschreiten.

Begrenzung der Biegebeanspruchungen (erzwungene Biegung)

Die Biegespannungen an den Einzeldrähten des Seiles werden durch die Festlegung von

Richtwerten für die konstruktive Ausführung der Seilscheiben (Seilscheibendurchmesser D)

begrenzt.

Seilscheibendurchmesser D / Seildurchmesser d: D/d ≥ 80

7.3 FÖRDERSEIL

Zugsicherheit

Die Festlegung der Zugsicherheit bei Förderseilen erfolgt nach den gleichen Kriterien wie für das

Zugseil.

4,0 ≤ nZ ≤ 20,0

Bei der Ermittlung der kleinsten Zugsicherheit werden die Kräfte infolge Beschleunigung (Anfahren)

oder Verzögerung (Bremsen) wieder vereinfacht in der Größe der d’Alembertschen Trägheitskräfte

berücksichtigt.

Begrenzung der Biegebeanspruchungen (freie Biegung)

Es gelten dieselben Bestimmungen wie beim Zug- und Gegenseil.

Begrenzung der Biegebeanspruchungen (erzwungene Biegung)

Es gelten dieselben Bestimmungen wie beim Zug- und Gegenseil.

7.4 SEILE VON MATERIALSEILBAHNEN

Für Materialseilbahnen gelten die Werte gemäß ÖNORM V 4001 (Materialseilbahnen, Zweiseil-

bahnen) und ÖNORM V 4003 (Materialseilbahnen, Einseilbahnen).

Page 97: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

94

8 SEILBAHNSYSTEME

Jede Seilbahn erfüllt unterschiedliche Interessen und Anforderungen. Die Wahl des Seilbahn-

systems erfolgt dabei unter folgenden zu beachtenden Gesichtspunkten:

- die Wirtschaftlichkeit des Seilbahnsystems

- den Zweck der Seilbahn

- die Anlageverhältnisse (Seilbahntrasse)

- die klimatischen Verhältnisse

- die Betriebsabwicklung

- die Vorschriften und normativen Vorgaben

- die technische Ausführbarkeit

- die Förderleistung

Wirtschaftlichkeit des Seilbahnsystems

Diese wird durch eine Kosten-Nutzen-Analyse untersucht. Die gewünschte Förderleistung

(Personen/Stunde oder Lastenmasse/Stunde) muss zu den Anlage-, Betriebs- und Instand-

haltungskosten (einschließlich Baukosten) während der Nutzungsdauer, die mit etwa 15 bis 25

Jahren für kuppelbare Seilbahnsysteme und mit etwa 30 bis 50 Jahren bei Standseilbahnen und

Pendelbahnen angenommen werden kann, in einem ausgewogenen Verhältnis stehen.

erläuternde Bemerkung Einige Seilbahngesellschaften schließen sich zu Betriebs- bzw. Verbundgemeinschaften zusammen. Mit einer Skikarte im Verbundnetz können somit mehrere Seilbahnen auch weiterer Seilbahnunternehmen benutzt werden, ohne dass jedes Mal ein neuer Fahrschein gelöst wird. Die Abrechnung (Aufteilungsschlüssel der Gewinn- bzw. Kostenteilung) erfolgt z.B. nicht nur über die Anzahl der beförderten Personen (Feststellung über Drehkreuze), sondern auch unter Berücksichtigung der Wertigkeit einer Seilbahn. So ist eine kuppelbare Sesselbahn mit einer höheren Wertigkeit versehen als ein fixgeklemmter Sessellift. Dies führt zum vermehrten Bau von hochwertigen Seilbahnsystemen, das nicht nur dem Seilbahnunternehmen nützt, sondern auch das Angebot an die Fahrgäste erhöht.

Zweck der Seilbahn

Erschließung eines Erholungsgebietes (Skigebietes), Erfüllung eines Verkehrs- oder Transport-

bedürfnisses (Erschließung eines Siedlungsgebietes), Erhaltung eines regionalen Siedlungsraumes

(Vermeidung von Abwanderungen durch touristische Erschließung), Ersatz für sonstige Transport-

mittel im unwegsamen Gelände.

erläuternde Bemerkung Der Transport von Lebensmittel und Gebrauchsgüter (z.B. Brennmaterial) zu privaten oder touristisch geführten Almen und Berghütten erfordert oft eine Ladekapazität, die mit einfachen kleinen Systemen nicht gegeben ist. Aus diesem Grund wurden einige Pendelbahnen im Skigebiet errichtet, wo für den ausschließlichen Personenverkehr auch eine Sesselbahn gereicht hätte.

Page 98: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

95

Anlageverhältnisse (Seilbahntrasse)

Die Geländeverhältnisse und der Geländeverlauf entlang der Trasse sind oft maßgebend. Der

Projektant findet nicht immer ideales Gelände vor, sondern muss geologische und geotechnische

Verhältnisse, das Vorhandensein einer Wildbach- und Lawinengefährdung, sowie Hindernisse im

Trassenverlauf (z.B. überfahrende Gebäude, kreuzende Verkehrswege) berücksichtigen.

erläuternde Bemerkung Die Trasse einer Seilbahn und damit auch die Stützenstandorte werden meist auf privatem Grund errichtet. Der Grundbe-sitzer muss daher seine Zustimmung zur Errichtung einer Seilbahn, die sein Grundstück überspannt, geben. Das Seilbahn-gesetz sieht zwar eine Enteignungsmöglichkeit im Interesse des Verkehrsbedürfnisses vor, allerdings sind solche Verfahren sehr langwierig und für das Seilbahnunternehmen daher nicht wirklich ein reales Mittel zum Durchsetzen seiner Interessen.

klimatische Verhältnisse

Bei einer sehr ausgesetzten Seilbahn mit einem großen Bodenabstand muss deren Betrieb auf

Grund einer höheren Windbelastung früher eingestellt werden als bei einer Seilbahn, die bodennahe

u.U. sogar im Baumbereich geführt wird. In den Hochgebirgen sind neben Wind auch die

Beeinflussungen durch Schnee- und Vereisungen zu berücksichtigen.

erläuternde Bemerkung Hier wurde in den letzten Jahren insbesonders der Vorteil von Zweiseilbahnen (Pendelbahnen, Zweiseilumlaufbahnen) oder Doppelseilbahnen (Funitel, Funifor) ausgenützt. Bei Skigebieten, wo die große Transportleistung von Fahrgästen zu diesen nur durch Seilbahnen ermöglicht wird (z.B. die meisten Gletscherskigebiete Österreichs), ist die Rückbringung von Fahrgästen am späten Nachmittag ein unbedingt zu betrachtender Umstand, da in diesen Gebieten am Ende eines Skitages oft mehr als 10.000 Personen talwärts zu befördern sind. Bei Aufkommen von Wind sind daher windstabile Seilbahnsysteme besonders wichtig.

Betriebsabwicklung

Es ist bei der Systemwahl zu berücksichtigen, ob ein ausschließlicher Winter- oder Sommerbetrieb

geführt werden soll, oder ob ganzjährig ein Betrieb erforderlich ist. Die Beförderung im Winter

erfordert geänderte Aussteigestellen für Fahrgäste mit angeschnallten Wintersportgeräten (Skier,

Snowboards etc.) Es ist weiter zu unterscheiden, ob ausschließlich Fußgänger befördert werden

oder ob eine gemischte Beförderung (Fußgänger und Wintersportler) stattfindet. So kann das Ein-

bzw. Aussteigen von Fußgängern nur mit einer geringeren Fahrgeschwindigkeit stattfinden als bei

Skifahrer, die über die Abfahrtsrampe abrutschen.

Ebenfalls zur Betriebsabwicklung zählt das Erfordernis Wartungsarbeiten während der Stillstandzeit

der Seilbahn vorzunehmen.

erläuternde Bemerkung Bei Seilbahnen, die ganzjährig betrieben werden, ist dieser Umstand besonders wichtig, da wartungsintensive Seilbahnsysteme eine lange Betriebspause erfordern. Hier ist die Wahl eines einfachen Seilbahnsystems zweckmäßig. Zum Beispiel bedürfen Pendelbahnen oder Standseilbahnen wesentlich weniger Wartung als kuppelbare Seilbahnsysteme.

Page 99: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

96

Vorschriften und normativen Vorgaben

Die anzuwendenden Normen sind im Anhang zum Skriptum angegeben.

erläuternde Bemerkung Gesetzliche Grundlagen bilden ein wesentliches Kriterium für die Errichtung einer Seilbahn. Umweltbedingungen (Naturschutz, Denkmalschutz, Umweltverträglichkeitsnachweise usw.) sowie Forderungen der Grundbesitzer und Anrainer gründen oftmals wesentliche Entscheidungskriterien. Normbestimmungen erleichtern dem Konstrukteur die Planungsarbeiten. Allerdings können Normen bei „nicht normgemäßen“ bzw. bei „nicht üblichen“ Anlageverhältnissen oder bei Innovationen auch zu einschränkende bzw. hemmende Wirkungen haben.

technische Ausführbarkeit

Diese Grenzen sind sowohl wirtschaftlich als auch durch die Forderung nach Betriebssicherheit

beeinflusst.

erläuternde Bemerkung Der Grundsatz, dass technisch alles möglich ist, stimmt bedingt. Allerdings werden für ein Sonderproblem nicht unbedingt Sonderlösungen gefunden. Wenn z.B. durch die gewählte Trassierung eine große Seilneigung auftritt, wird von den Herstellern nicht deshalb ein in Serienfertigung vorhandener Klemmapparat abgeändert, sondern die Trassierung erfolgt so, dass ein standardisierter Bauteil eingesetzt werden kann.

Förderleistung

Die theoretische stündliche Förderleistung umfasst jene Anzahl von Personen, die von einer

Seilbahn in einer Stunde bei größter Auslastung (jedes Fahrzeug voll besetzt, ungestörter Betrieb

mit größter Fahrgeschwindigkeit) befördert werden können.

Die tatsächliche Förderleistung ist geringer als die theoretische und wird vor Allem durch den

Besetzungsgrad der Fahrzeuge beeinflusst.

erläuternde Bemerkung Vor allem die Fahrzeuge mit einer geringen Fahrgastanzahl (Dreier- oder Vierersessellift, geschlossene Wagenkästen bis zu 6 Personen) haben gegenüber Großkabinen einen geringen Besetzungsgrad, da die Individualität der Fahrgäste ein nicht zu unterschätzender Faktor ist.

Die theoretische stündliche Förderleistung M einer Seilbahn ist das Produkt aus Anzahl n der

Fahrzeuge, die in einer Stunde die Zielstation erreichen, und dem Fassungsraum P eines

Fahrzeuges:

PnM (Pers/h)

Page 100: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

97

Theoretische Förderleistung einer Seilbahn im Pendelbetrieb

Die Anzahl n der Wagen (Standseilbahn) oder der Kabinen (Zweiseilpendelbahn), die in einer

Stunde die Zielstation erreichen, sind vom „Fahrtspiel“ t abhängig. Unter Fahrtspiel wird jene

Zeitspanne genannt, die sich aus der Fahrzeit t1 und dem Stationsaufenthalt t2 zusammensetzt.

21 ttt

Bestimmung von t1:

Abb.: Fahrdiagramm am Beispiel einer Pendelbahn

Die Beschleunigung, mit der die Seilbahn aus der Station bis zum Erreichen der größtzulässigen

Fahrgeschwindigkeit (Nennfahrgeschwindigkeit) ausfährt beträgt üblicherweise

0,20 bis 0,30 m/sec².

Die Verzögerung, mit der die Wagen in die Stationen einfahren, beträgt üblicherweise

0,20 bis 0,40 m/sec².

Die Fahrzeit, mit der die Seilbahn mit konstanter Fahrgeschwindigkeit fährt, ist von der

Trassenlänge L* abhängig.

Bei einer hohen Nennfahrgeschwindigkeit (bis 12,0 m/sec) der Seilbahn wird meist auf Grund der

hohen Zentripedalbeschleunigung beim Überfahren einer Stütze auf eine geringere Fahrge-

schwindigkeit abgesteuert.

Die Einfahrt der Wagen in die Station erfolgt mit einer sehr geringen Fahrgeschwindigkeit (etwa

0,3 m/sec), da am Ende der Fahrt der Wagen an den Stationspuffer auffährt.

Der Fahrtablauf erfolgt durch die Seilbahnsteuerung (festgestellter Wagenstand und Vorgabe durch

das Kopierwerk) automatisch. Er kann aber auch manuell erfolgen.

Für die Bestimmung der Fahrzeit t1 werden die einzelnen Fahrtzeitabschnitte ermittelt und die

Summe gebildet.

Beschleunigungsphase: ba

vt max bzw.

ba

vvt 12

ab: Beschleunigung (m/sec²)

v

(m/sec)

t (sec)

Beschleunigung

v=const.

Stützenüberfahrt

Beschleunigung Verzögerung

Stationseinfahrt

v=const.

t1

Page 101: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

98

Verzögerungsphase: va

vt max bzw.

va

vvt 21

av: Verzögerung (m/sec²)

Bestimmung von t2:

Der Stationsaufenthalt setzt sich aus dem Zeitbedarf für die Türöffnung, für das Aus- bzw.

Einsteigen der Fahrgäste, für das Türschließen und für die betrieblichen Handlungen, die für das

Abfahren der Wagen notwendig sind, zusammen. Der Fahrgastwechsel (Ein- und Aussteigen der

Fahrgäste) ist wesentlich von der Fahrgastanzahl, von der Türöffnungsbreite des Wagens, von der

Möglichkeit einer Bereitstellung von Fahrgästen am Bahnsteig und vom Betriebspersonal der

Seilbahn ab.

erläuternde Bemerkung In der Literatur ist für den Fahrgastwechsel eine Zeitspanne von 0,5 bis 1,0 sec/Person angegeben. Diese Werte sind aber höchstens Richtwerte, da die maßgeblichen Einflüsse sehr variabel sind.

Die theoretische stündliche Förderleistung M wird durch die Bestimmung der Anzahl der Fahrtspiele

in einer Stunde n und dem Wagenfassungsraum P ermittelt.

21

36003600

tttn

und

21

3600

ttPM

Theoretische Förderleistung einer Seilbahn im Umlaufbetrieb

Die Anzahl n der Fahrzeuge, die in einer Stunde die Zielstation erreichen, ist von der Folgezeit tF

abhängig. Die Folgezeit wird vom Gehängeabstand w am Seil (m) und von der Nennfahr-

geschwindigkeit vmax (m/sec) ermittelt.

maxv

wtF

Die Förderleistung beträgt

Ft

PM

3600

erläuternde Bemerkung Bei einer Sesselbahn mit einem Sitzplatzangebot von 4 Personen und einer Folgezeit von 9 Sekunden beträgt die

Förderleistung 16009

43600

M Personen/Stunde.

Antriebe von Seilbahnen

Seilbahnen werden heute fast ausschließlich mit Gleichstrommotoren (Thyoristorantrieb), den

sogenannten Hauptantrieb, ausgerüstet. Der Motor treibt über Kardanwellen und über ein Getriebe

(übersetzt den schnelllaufenden Motor zur langsam laufenden Antriebsscheibe, Drehzahlverhältnis

etwa 1:40 bis 1:80) die Antriebsscheibe an.

Page 102: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

99

Abb.: Getriebe (blau, mittig) mit zwei

Abgängen zu zwei Antriebsscheiben

Jede Seilbahn, mit Ausnahme von sehr kurzen Standseilbahnen oder Schleppliften, muss zusätzlich

mit einem Notantrieb ausgerüstet werden. Bei einer Störung des Hauptantriebes (Ausfall Stromnetz,

Getriebe- oder Motorschaden etc.) wird ein vom Stromnetz unabhängiger Notantrieb (meist ein

Dieselmotor, der über eine Hydraulikpumpe und einen Hydraulikmotor auf einen Zahnkranz der

Antriebsscheibe wirkt) in Betrieb genommen und mit geringer Fahrgeschwindigkeit werden die

Fahrgäste in eine Station befördert (Fahrgeschwindigkeit etwa 1,0 m/sec).

Abb.: Hydraulikmotor (blau) wird bei Fahren

mit dem Notantrieb eingerückt und

treibt auf den Zahnkranz der

Antriebsscheibe

Anhalten der Seilbahn, Bremsen

Das Anhalten bzw. die Bremsung einer Seilbahn erfolgt durch den Antrieb (elektrische Motorbremse

mit einstellbarere Verzögerung etwa 0,4 – 1,0 m/sec²) oder durch mechanisches Bremsen am

Antrieb (genannt Betriebsbremsen) und an der Antriebsscheibe (genannt Sicherheitsbremsen).

Betriebsbremsen können zwischen den E-Motoren und dem Getriebe oder an der Antriebsscheibe

angebracht werden. Sicherheitsbremsen müssen an der Antriebsscheibe angebracht sein (im Falle

eines Getriebebruchs). Jede Bremseinheit für sich muss die vollbeladene Seilbahn anhalten können.

Page 103: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

100

Abb.: mechanische Bremse (Backenbremse) am Bremskranz der Antriebsscheibe (Sicherheitsbremse). In den beiden Kolben (schwarz) erfolgt das hydraulische Öffnen (Lüften) der Bremsen (Lüftspalt etwa 2 mm)

Die Betriebsbremsen und die Sicherheitsbremsen sind als Passivbremsen ausgeführt. Die

Bremskraft wird durch andauernd unter Spannung stehenden Federn erzeugt (meist Tellerfedern),

die die Bremszangen schließen wollen. Der entgegenwirkende Druck zum Offenhalten der Bremsen

im Betrieb (Lüften der Bremsen) erfolgt entweder hydraulisch (Hydraulikaggregat) oder seltener

pneumatisch (Pneumatikaggregat). Wenn eine Sicherheitseinrichtung der Seilbahn anspricht (oder

der Maschinist die Stillsetzung der Seilbahn veranlasst) wird in der hydraulischen

Druckversorgungsleitung ein Ventil geöffnet, der Druck im Hydrauliksystem fällt ab und die Bremse

schließt sich durch die Federkraft.

erläuternde Bemerkung

Diese Art der Bremsung wird als „passiv wirkendes Bremssystem“ genannt. Im Gegensatz dazu erfordert das „aktiv

wirkende Bremssystem“ eine aktive Tätigkeit. Ein typisches Beispiel für ein Aktivbremssystem ist das Kraftfahrzeug (PKW, LKW), wo erst durch Betätigen des Bremspedals der Druck aufgebaut wird. Vom Sicherheitsniveau gilt das Passivbremssystem als höherwertiger, da bei einem Versagen der Bremseinrichtung (z.B. durch ein Lecken der Bremsleitung) die Bremse geschlossen wird. Bei einem Aktivbremssystem sind gegen diese Gefahr eines nicht möglichen Druckaufbaues oder eines Verlustes des Bremsdruckes durch eine schadhafte Bremsleitung immer mindestens zwei Bremskreise erforderlich.

erläuternde Bemerkung Pneumatische Bremseinrichtungen sind vom Aufbau wesentlich einfacher. Das Problem ist die Vereisung der wasserhaltigen Luft bei geringen Temperaturen, die zu Bremsversagen führen kann. Luft als Druckmittel muss daher kondenswasserfrei sein, was umfangreiche Entfeuchtungseinrichtungen und deren Wartung bedingt.

Page 104: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

101

8.1 STANDSEILBAHN

Die 1862 in Betrieb genommene Standseilbahn in Lyon hatte eine Länge von 489 m und einen

Höhenunterschied von 70 m. Eine Wasserturbine trieb das Seil mit 2,0 m/sec an. Eine der modern-

sten Standseilbahnen Österreichs, die Stollenbahn Mölltaler Gletscher wurde 1997 in Innerfragant

(Kärnten) in Betrieb gesetzt. Die Länge der Standseilbahn beträgt 4827 m, der Höhenunterschied

beträgt 1012 m und die größte Fahrgeschwindigkeit beträgt 12,0 m/sec. In Barcelona errichtete die

Fa. Waagner-Biró 1992 für die olympischen Spiele eine Standseilbahn, deren Wagen 400 Personen

fassen und eine Förderleistung von 8000 Pers/h aufweist.

Standseilbahnen haben sich parallel zu den Eisenbahnen entwickelt. Grundstein für die Entwicklung

der Standseilbahn war das Stahlseil.

Standseilbahnen werden fast ausschließlich im Pendelbetrieb betrieben. Die übliche Fahrgeschwin-

digkeit beträgt 5 bis 12 m/sec. Bei hohen Fahrgeschwindigkeiten sind zusätzliche Untersuchungen

über die Entgleisungssicherheit der Laufräder erforderlich. Seit 1996 verkehrt die schnellste Stand-

seilbahn der Welt in Österreich mit 14,0 m/sec (Wurzeralmbahn in Spital am Pyhrn/Oberösterreich).

Antrieb bei Standseilbahnen

Standseilbahnen können durch eine Winde in der Bergstation (Windenantrieb), durch ein von der

Antriebsscheibe in der Bergstation angetriebenes Zugseil oder mit Hilfe einer geschlossenen

Zugseilschleife (Zug- und Gegenseil) angetrieben werden.

Frühe Standseilbahnen wurden mehrmals mit Wasser als Ballast betrieben. Im Unterteil der Wagen

waren Wassertanks angebracht. In der Bergstation wurde Wasser zugeladen und in der Talstation

abgelassen. Die Wassermasse im talwärts fahrenden Wagen wirkte der Nutzlast des bergfahrenden

Wagens entgegen.

Bei hohen Fahrgeschwindigkeiten ist die Bauart mit einem Windenantrieb nicht möglich.

Die häufigste Bauart einer Standseilbahn ist jene, wo zwei Wagen auf einer geschlossenen

Zugseilschleife auf nur einem Gleis fahren. Dies wird durch den Einbau einer Abt’schen Ausweiche

ermöglicht.

Page 105: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

102

Abb.: Standseilbahn mit Windenantrieb, mit Antriebsscheibe und mit geschlossener Zugseilschleife

erläuternde Bemerkung Erfolgt der Antrieb mit Hilfe einer Seilwinde, so spricht man auch von einem Schrägaufzug.

Bei den modernen Standseilbahnen wird durch die hohe Personenanzahl je Wagen der Unterschied

zwischen den Seilspannkräften an der Antriebsscheibe so groß, dass es schwierig wird die Über-

tragung der Umfangskraft an der Antriebsscheibe zu sichern. Deshalb werden Standseilbahnen fast

nur mehr mit geschlossenen Zugseilschleifen gebaut (Zug- und Gegenseil), die durch Anordnung

eines Spanngewichtes an der Antriebsscheibe eine höhere Seilspannkraft erzeugen und damit eine

erhöhte Umfangskraftübertragung gewährleisten oder/und der Umschlingungswinkel an der

Antriebsscheibe wird durch doppelt gerillte Antriebsscheiben oder durch Sonderkonstruktionen

vergrößert.

Abb.: zweifach gerillte Antriebsscheibe, Umschlingungswinkel α > 2π

Winde

Wagen

Zugsei

l

Antriebsscheibe

Zugsei

l

Gegenseil

Spanngewicht

Antriebsscheibe

Gegenscheibe

zweirillige

Antriebsscheibe

Gegenscheibe

Ablenkscheibe

S1

S2

Page 106: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

103

Die Umfangskraft ist die Differenz der Seilspannkräfte S1 und S2. Aus der Seil- und Längenschnitts-

berechnung wird die größtauftretende Umfangskraft ermittelt.

max12max SSU

Die aus der Reibung zwischen Seil und dem Scheibenfutter mögliche Umfangskraft beträgt

11 eSU , wobei S1 die kleinere der Seilspannkräfte ist.

Der Reibungskoeffizient μ ist vom Material abhängig und wird bei Gummi mit 0,16 bis 0,22

angesetzt. Bei Verwendung von Becorit (Kunststoff) beträgt der angesetzte Reibwert 0,28.

Die Sicherheit wird durch einen Erhöhungsfaktor erreicht, mit dem die Umfangskraft vermehrt wird.

max5,1 UUerf

Konstruktionen bei Standseilbahnen

Das Fahren von zwei Wagen auf einem Gleis wird durch die Anordnung einer Abt’schen Ausweiche

in der Streckenmitte ermöglicht.

Abb.: Abt’sche Ausweiche

Page 107: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

104

Abb.: Abt’sche Ausweiche (Darstellung einer Standseilbahn ohne Gegenseil)

Die Ausweiche hat keine beweglichen Teile. Sie funktioniert daher vollautomatisch.

In der Abt’schen Ausweiche fährt ein Wagen immer auf dem linken; der andere Wagen auf dem

rechten Gleis. Die in der Ausweiche außen liegenden Schienen sind durchgehend und lückenlos.

Die Spurführung wird durch die Spurräder mit doppeltem Spurkranz auf einer Wagenseite erzielt.

Die andere Wagenseite ist mit breiten Walzenrädern ausgestattet, die über die Weiche mit der

Öffnung für das Zug- und Gegenseil fahren.

Abb.: Achse und Laufräder bei einer Standseilbahn mit einer Abt’schen Ausweiche

Das Zugseil und das Gegenseil sind am Unterbau des Wagens entweder mit Muffen oder durch

Schlingen (ähnlich einem Tragseilpoller) befestigt. Bei der Überfahrt der Rollen durch den Wagen

werden das Zugseil und das Gegenseil von den Rollen abgehoben. Für das Befahren in einem

Bogen oder vor und in der Ausweiche sind die Streckenrollen in der Seilresultierenden schräg

gestellt.

Spurrad Walzenrad

Zugseil Gegenseil

Streckenrollen

Rollengrube

Ф 30 – 35 cm

10 - 25 cm

Zugseilrollen

Spurräder

Walzenräder

Zugseil

Antrieb

Page 108: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

105

Abb.: Schrägstellung der Streckenrollen in der Kurve

Die Neigung der Streckenrollen darf nicht zu klein sein. Die Streckenrollen sollen in der Richtung der

Resultierenden angeordnet werden. Die Rollenborde (seitliche Führungen) an den Streckenrollen

verhindern das Entgleisen des Zug- bzw. des Gegenseiles. Die Rollen müssen in den Kurven auch

den horizontalen Raddruck aufnehmen können.

Werden Kurven in Neigungsbrüchen ausgeführt, besteht die Gefahr, dass - vor allem bei einem

großen Radstand, ohne Drehgestelle - eine Entlastung eines Rades eintritt und damit Entgleisungs-

gefahr besteht. Bei Anwendung größerer Geschwindigkeiten, z.B. über 10 m/s, werden daher vor

Allem in räumlichen Kurven Messungen von Radentlastungen durchgeführt.

Abb.: Kräfte bei Kurvenfahrt

Die vier Räder liegen nicht auf einer Fläche. Besonders kritisch ist die Anordnung einer Kurve in

einer Kuppe. Der Wagenrahmen und die Federung sollen deshalb weich sein. Bei schnellfahrenden

Standseilbahnen sind allerdings weiche Federn ungünstig, da diese zu Schwingungen führen.

Die Wahl des Ausrundungsradius ist besonders bei der Weiche wichtig. Bei Fahrgeschwindigkeiten

von mehr als 10 m/sec werden daher Übergangsbogen gewählt.

Die Wagen von Standseilbahnen sind zusätzlich mit Schienenzangenbremsen ausgerüstet (ebenso

wie bei den meisten Pendelbahnen; dort werden sie Tragseilbremsen genannt). Diese werden im

Gefahrfall selbsttätig oder manuell zum Einfall gebracht. So wird z.B. ein Verlust der Spannkraft im

Zug- oder Gegenseil (Seilriss, Schlappseil) selbsttätig erkannt und die Backen der Schienen-

zangenbremse krallen sich an der Schiene fest.

Entwässerung

Zugkraft

Führungskraft

Kippachse

R

Rad, das die Führung übernehmen

soll, wird entlastet

Page 109: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

106

Abb.: Schema der Schienenzangenbremse bei einer Keilkopfschiene

Die Schienenzangenbremsen sind zwischen den Laufwerken angebracht. Die Bremskraft wird

permanent meist durch Federn, bei neueren Bauarten durch Federn und Hydraulik oder nur durch

Hydraulik aufgebracht. Die Lüfteinrichtung hält während der Fahrt, entgegen der Bremskraft

wirkend, die Bremse offen. Beim Einfallen der Schienenzangenbremse wirkt keine (meist

hydraulisch aufgebrachte) Lüftkraft und die Bremsbacken drücken gegen die Schiene.

Die Bremsbacken sind aus einer Metalllegierung oder Grauguss. Bei schweren Standseilbahnen

(schwere Wagenkasten, hohe Fahrgeschwindigkeiten) wird auch Stahl als Material für die

Bremsbacken eingesetzt.

Bei Standseilbahnen mit einer Abt’schen Ausweiche können die Schienenzangenbremsen nur an

jener Wagenseite angebracht werden, wo sich die Spurräder befindet, da die Schienenzangen-

bremse nicht durch die Weiche geführt werden kann.

Trassenführung einer Standseilbahn

Die Trasse von Standseilbahnen ist im Grundriss vorzugsweise geradlinig anzuordnen, obwohl das

Gleis eine mehrfache, fast unbegrenzte Kurvenführung zulässt. Allerdings ist jede im Grundriss

geführte Kurve mit einem zusätzlichen konstruktiven Aufwand verbunden. Die Ausrundungsradien

betragen im Allgemeinen 200 m bis 500 m.

Ausrundungsradien Rmin = 120 m (besser 150 m)

Die Radien werden vor Allem durch die seitlichen Rollendrücke und von der Freigängigkeit der

Backen der Schienenzangenbremse gegenüber dem Schienenkopf beim Durchfahren von Kurven

bestimmt. Weiter zu berücksichtigende Einflüsse sind

- die auf die Fahrgäste wirkende Seitenbeschleunigung (max. 0,65 m/s²)

- die sichere Seilablage auf den Seilrollen

- die sichere Spurführung der Wagen in Hinblick auf mögliche Radentlastungen

- die erforderliche Bremskraft und sichere Funktion der Schienenzangenbremsen.

Bau- und Bemessungsrichtlinien, so wie sie im Eisenbahnbau auf Grund der gezwungenen

Vereinheitlichung der Fahrzeuge weltweit gegeben sind, existieren im Standseilbahnbau nicht. Es

gibt daher keine genormten Grenzprofile, Lichtraumprofile oder Spurweiten. Die Standseilbahn kann

Anpresskraft

Lüftkraft

Bremskraft

Bremsbacke

Page 110: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

107

jeweils speziell an das erforderliche Verkehrsbedürfnis und an die Anlageverhältnisse angepasst

werden.

Spurweiten von 50 cm bis 400 cm.

Fahrgeschwindigkeiten bis 14 m/sec.

Wagenfassungsräume von bis zu 400 Personen.

Förderleistungen bis 8000 Pers/h.

Die Linienführung einer Standseilbahn kann im Allgemeinen nicht völlig frei gewählt werden. Das

Gelände gibt gewisse Zwangspunkte sowohl der Höhe nach als auch im Grundriss vor. Allerdings

werden bei den neuen Trassierungen vermehrt Kunstbauten (Tunnel oder Brückentragwerke)

errichtet.

Die Neigung der Trasse ist so zu wählen, dass die tatsächliche Längsneigung des Fahrzeugbodens

im Bezug auf die Horizontale höchstens +/- 20 rad beträgt.

erläuternde Bemerkung Die Einzelabteile von modernen Standseilbahnwagen sind mit Einrichtungen ausgestattet, die eine Anpassung der Fußbodenneigung an die Streckenneigung ermöglichen. Zum Beispiel werden die Kabinen schwingungsgedämpft pendelnd im Fahrzeugrahmen aufgehängt oder durch Vorgabe des Kopierwerksstandes (Wagenstandes) werden die Kabinen mittels Stellmotoren in eine nahezu waagrechte Neigung gebracht.

Im Längenschnitt der Seilbahn sind die üblichen Kuppen und Wannen gebräuchlich. Dabei ist zu

achten, dass das Zugseil gesichert auf den Zugseilrollen verbleibt und keine Überbeanspruchung

der Zugseilrollen stattfindet. Die zulässige Rollenlast ist von der Konstruktion der Rolle abhängig und

beträgt im Allgemeinen mehr als 10,0 kN. Der Ablenkwinkel des Seiles je Seilrolle liegt zwischen

2 % und 5 %.

Kuppe

Bei einer Kuppe sind die Rollenabstände so zu wählen, dass das Zug- oder Gegenseil keine

Berührung mit den Schwellen hat und die Rollenlasten nicht zu hoch werden. Die Rollenabstände

sind daher bei Kuppen geringer als auf der gerade geneigten Strecke.

für Kuppen: mRK 300

Wanne

Bei der Wanne besteht die Gefahr des Abhebens des Seiles von den Zugseilrollen. Daher wird

folgende Sicherheitsüberlegung getroffen:

Je größer die Seilspannkraft S in der Wanne wird, genauer am oberen Ende der Wanne mit dem

größten Winkel , umso gespannter wird das Seil und umso weniger Rollendruck wird in den in der

Wanne angeordneten Seilrollen erreicht. Die Seilspannkraft ist in Abhängigkeit vom Wagenstandort

DRhqQS sin

Page 111: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

108

Die größte Seilspannkraft Smax am oberen Ende der Wanne ist bei voll beladenem Wagen in

Abhängigkeit vom jeweiligen Wagenstandort mit der Streckenneigung und der Höhenspannkraft,

der Reibungskraft durch die Seilrollen (ca. 2 – 3 % des Rollendruckes) und der dynamischen

Spannkraftserhöhung D beim Anfahren zu ermitteln.

Mit dieser ermittelten größten Seilspannkraft Smax am oberen Ende der Wanne wird der größte

Krümmungsradius ρ des Leerseiles ermittelt.

2

)(

2 coscos

q

Hc

x

(siehe Krümmungsradius der Kettenlinie)

mit cosmax SH wird der Krümmungsradius des Leerseiles

cos

max

q

S

Abb.: Überlegungen zum kleinsten Wannenradius

RW …... Wannenradius

Smax …. größte Seilspannkraft im Zugseil am oberen Ende der Wanne

β ……. größte Neigung der Wanne

q ……. Seilmasse

Der aus dieser Überlegung ermittelte Krümmungsradius wird mit dem Faktor 1,3 multipliziert,

womit eine 30%-ige Sicherheit erreicht wird.

cos3,13,1 max

min

q

SRW

In der Praxis liegt der Wannenradius zwischen 2000 m und 3000 m. Soll die Abhebesicherheit des

Seiles an den Seilrollen verbessert werden, ist ein einfacher Weg die Erhöhung der Zugseilmasse.

RW

RW β

α

Q Δh

Smax

Page 112: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

109

erläuternde Bemerkung

Bei der Trassierung wird versucht dem „optimalen Längenschnitt“ nahe zu kommen. Ausschließlich bei unterirdisch

geführten Standseilbahnen kann die Linienführung vollkommen nach dem optimalen Längenschnitt erfolgen. Den optimalen Längenschnitt bei einer Standseilbahn erhält man, wenn bei vollem bergwärts fahrenden Wagen und leerem talwärts fahrenden Wagen die Umfangskraft während der Fahrt konstant ist. Die Umfangskraft U ist die Differenz der Seilspannkräfte an der Antriebsscheibe und ist die maßgebende Berechnungsgröße für den Antrieb.

constDRhqWQSSU 2112 sinsin

Q Masse des vollbesetzten Wagens

W Masse des leeren Wagens

α1 Trassenneigung am Ort des vollen Wagens

α2 Trassenneigung am Ort des leeren Wagens

q Masse des Zugseiles

Δh Höhenunterschied zwischen den Wagen

R Streckenreibung

D dynamische Seillastanteile Der theoretische Längenschnitt hat die Form einer Zykloide. Der Gesichtspunkt einer möglichst gleichmäßigen Umfangskraft an der Antriebsscheibe ist im Hinblick auf die modernen Antriebssteuerungen nicht wichtig. Schwankungen in der Umfangskraft können von modernen Antriebsregelungen einfach ausgeglichen werden.

Grenzprofil, Lichtraumprofil von Standseilbahnen

Das Grenzprofil von Standseilbahnen wird durch die Begrenzung des Wagens und dessen

kinematischen Raumbedarf (Ausladung des Wagens in Gleisbögen, Einfederung der Wagen,

Spurspiel, Abmessungstoleranzen) und den Handbereich (z.B. 1,00 m bei den Fensteröffnungen

und bei offenen Wagen) bestimmt.

Das Lichtraumprofil von Standseilbahnen wird ermittelt, in dem zum Grenzprofil zusätzlich

Sicherheitsabstände berücksichtigt werden. Diese sind mit mindestens 0,1 m festgelegt. Für

Verkehrswege des Personals ist eine Mindestbreite von 0,6 m vorzusehen.

Ober- und Unterbau von Standseilbahnen

Der Ober- und Unterbau ähnelt denen bei Eisenbahnen. Da die Traktion der Wagen allerdings nicht

durch Reibung zwischen den Laufrädern und den Schienen erfolgt, sondern extern durch die vom

Antrieb bewegten Seile, sind die zusätzlichen Längskräfte durch Reibung bei der Bemessung des

Ober- und Unterbaues nicht zu berücksichtigen. Allerdings sind die Längskräfte, die durch das

Einfallen der Schienenzangenbremse in die Schiene eingeleitet werden, zu berücksichtigen. Bei den

Schienen werden im Allgemeinen die baugleichen Ausführungen wie für Eisenbahnen verwendet

(Standardware) oder Keilkopfschienen. Bei den Schienenbefestigungen nur die einfachen

Ausführungen.

Wie im Eisenbahnbau werden entweder Schienenstöße oder auch neuerdings lückenlos

verschweißte Schienen verwendet. Besonders zu berücksichtigen sind die unteren Anschlagpunkte

der Schienenenden, die neben den Kräften aus Dehnungen durch Temperatur auch die schräge

Schienenmasse zu tragen haben.

Page 113: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

110

Abb.: Beispiel eines Regelquerschnittes bei flacher Trasse

Bei Trassenneigungen mit mehr als 33 % werden abschnittsweise Fixpunkte notwendig. Diese sind

meist Stahlbetonscheiben oder Stahlkonstruktionen. Wird Beton als Unterbau verwendet, werden

die Schienen meist direkt über Stahlschwellen befestigt.

Abb.: Beispiel einer Stahlbetonscheibe als Abstützpunkt bei größer geneigter Trasse

Kopierwerk, Wagenstandsanzeige

Bei Seilbahnen im Pendelbetrieb (Standseilbahn oder Seilschwebebahnen) ist der jeweilige Standort

des Wagens auf der Strecke festzustellen. Der Lauf der Seilbahnwagen wird durch das Kopierwerk

festgestellt und überwacht. Das Zugseil treibt die Umlenk- oder Ablenkscheibe (nicht die Antriebs-

scheibe! – möglicher Seilschlupf), an der eine Messeinrichtung (Wegmessung) befestigt ist. Die

Wegmessung und deren Summierung ermöglicht die genaue Standortbestimmung des Wagens auf

der Strecke. Die Steuerung der Seilbahn (Beschleunigungsstrecke, Stützenüberfahrt bei

Seilschwebebahnen, Stationseinfahrt und vieles mehr) erfolgt auf Grund der eingegebenen

Streckenpunkte in der Steuerung, die das Kopierwerk vorgibt.

5 %

Schwellenanker

Mauerwerk

Dienststeig > 60 cm

Page 114: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

111

erläuternde Bemerkung Der Kopierwerksstand am Kommandostand des Maschinisten wird meist in Meter angegeben. So bedeutet z.B. der Kopierwerksstand von 225 m, dass der Wagen sich noch 225 m vor dem Regelhaltepunkt in der Station befindet oder dass der Wagen 225 m aus der Station ausgefahren ist. Die Antriebsscheibe ist als Messwertgeber für das Kopierwerk ungeeignet, da ein ungewolltes Rutschen des Zugseiles an der Antriebsscheibe oder unerkannte Relativbewegungen zwischen dem Zugseil und der Futterung der Antriebsscheibe (z.B. durch die Umfangskraft) zu Messwertverfälschungen führen können.

Abb.: Kopierwerkzähler (Wegerfassung über Zahnräder an einer Ablenkscheibe)

Der Wagenstandsanzeiger ermöglicht dem Maschinisten auf Grund einer schematischen Strecken-

abbildung mit einem Blick die augenblicklichen Standorte der Wagen festzustellen. Der Wagen-

standsanzeiger hat keine sicherheitstechnischen oder steuerungstechnischen Aufgaben.

Page 115: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

112

8.2 PEOPLE MOVER, CABLE LINER, MINIMETRO

Als Peoplemover wird eine Standseilbahn benannt, deren Wagen entweder festgeklemmt oder

kuppelbar mit einem zwischen der Fahrbahn liegenden Zugseil verbunden sind.

Bei einem festgeklemmten System mit einem oder zwei Wagen erfolgt die Betriebsweise wie bei der

klassischen Standseilbahn im Pendelbetrieb. Bei den kuppelbaren Systemen sind meist mehrere

Stationen und mehrere Wagen vorhanden, wobei jeder Wagen vor der Station vom Seil getrennt

wird und in der Station mit Reifenförderer (Gummiräder) weiterbefördert wird. Nach Durchlauf der

Station wird der Wagen wieder an das Zugseil angekuppelt.

Der erste Peoplemover wurde 1967 auf der 5,7 km lange Strecke von Montréal zum Messegelände

errichtet. Die Anlage wurde nach wenigen Jahren zunächst stillgelegt und dann abgerissen.

Anwendung

Beförderung großer Personenmengen in urbanen und nicht wintertouristischen Bereichen,

Innenstädten (z.B. Venedig, Las Vegas, Perugia), auf Ausstellungsgeländen und bei Flughäfen

(Zürich, London Heathrow, Anchorage, Birmingham). In Wien war die Verbindung des neuen

Hauptbahnhofes mit der U-Bahn mittels Cable-Liner (Fa. Doppelmayr) in Planung.

erläuternde Bemerkung Der Cable Liner Shuttle verbindet die Parkhäuser und die neu entstehenden Dienstleistungs- und Bürozentren auf der Insel „Tronchetto“ mit der Altstadt von Venedig. Stündlich verwenden bis zu 3.000 Personen pro Richtung diese komfortable Verbindung. Die Anlage ist mit zwei Zügen mit einem Fassungsvermögen von je 200 Personen ausgerüstet und verkehrt mit einer Geschwindigkeit von 8,0 m/sec (knapp 30 km/h) zwischen den Stationen.

Page 116: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

113

Vorteile

flache Trassierung mit kleinen Radien

auf kurzen Strecken ist eine große Höhenüberwindung mögliche

automatische Zugsteuerung möglich (APM Automated People Mover)

hohe Förderleistung (bis zu 25.000 Pers/Stunde)

gesonderte niveaufreie Fahrbahn (meist aufgeständert oder in Tunnel)

Erschließung einer neuen Verkehrsebene

Ökologischer Betrieb

Wagenführung

Die Führung der Wagen kann in unterschiedlicher Art erfolgen. In der klassischen Art der

Standseilbahn Rad/Schiene-System oder auf Luftreifen oder durch elektromagnetisches

/elektrodynamisches Schweben oder mittels Luftkissen.

Fahrbahn

Die Fahrbahn liegt niveaufrei (aufgeständert oder unterirdisch) und erschließt damit ein neues bisher

unbenütztes Niveau.

Page 117: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

114

8.3 (ZWEISEIL-) PENDELBAHN

Abb.: Kabinen und Laufwerk

Die Zweiseil-Pendelbahn ist die klassische Seilschwebebahn schlechthin. Daher wird sie im üblichen

Sprachgebrauch auch als „Pendelbahn“ genannt. Im Folgenden wird diese technisch unsaubere

Bezeichnung auch vorgenommen.

Die Pendelbahn ist ein sehr einfaches, auf Grund der langjährigen Verwendung auch ein sehr

ausgereiftes Seilbahnsystem. Sie ist weitgehend vom Gelände unabhängig.

Die erste moderne und dokumentierte Pendelbahn wurde in Brighton 1893 errichtet. Sie hatte eine

stündliche Förderleistung von 300 Pers/h und wurde 1910 wieder eingestellt. Es folgten in Italien

(Mailand, Venedig, Turin), Deutschland (Hamburg, Berlin) sowie in Genf und Stockholm ab 1893

Ausstellungsbahnen, die aber im selben Jahr wieder demontiert wurden. Diese Seilbahnen fuhren

meist auf zwei Doppeltragseilen mit zwei acht- bis zehnplätzigen Wagenkasten und mit bis zu

5,0 m/sec Fahrgeschwindigkeit pendelnd. Die Feldspannweiten betrugen 50 bis 250 m.

Ab dem Beginn des 20. Jahrhunderts wurden dann Pendelbahnen zur Erschließung schwer

zugänglicher Gebiete und Siedlungen errichtet. Wenn Merkmale hinsichtlich der Sicherheits- und

Spurführungstechnik verwendet werden, kann als Geburtsstunde der klassischen Zweiseilpendel-

bahn 1907 mit der Errichtung einer Pendelbahn in San Sebastian (Spanien) festgelegt werden. Die

bauartgleiche Seilbahn wurde auf kanadischer Seite bei den Niagara-Katarakten errichtet. Diese ist

immer noch so in Betrieb.

Page 118: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

115

In Österreich wurde am 9.6.1926 die Pendelbahn auf die Rax bei Wien und am 5.7.1926 die Tiroler

Zugspitzbahn bei Ehrwald eröffnet. Im Jahr 1927 folgte dann die Pfänderbahn in Bregenz und die

Feuerkogelbahn in Ebensee.

erläuternde Bemerkung Die erste Pendelbahn im jetzigen Österreich, die Raxbahn, hatte für den Sommer zwei 23-plätzige Sommerkabinen, die mit 4,0 m/s auf den Berg schwebten. Die Fahrgäste wurden, nur durch Geländer gesichert, befördert. Ein Novum, das aus Sicherheitsgründen heutzutage undenkbar wäre.

Mit der Pendelbahn kann unwegsames oder schwieriges Gelände mit großen Seilfeldlängen über-

fahren werden. Das längste Seilfeld ist bei der Pendelbahn „Aiguille du Midi“ in Chamonix mit

3100 m vorhanden. Die höchste Seilbahnstütze der Welt befindet sich in Kaprun bei der

Gletscherbahn I mit 114 m.

Fahrgeschwindigkeiten von bis zu 12,5 m/s. (In Österreich die Pfänderbahn mit 12,0 m/sec)

Förderleistungen bis 2000 Pers/h.

Wagenfassungsraum bis zu 180 Personen. (In Österreich die Ahornbahn mit 160 Personen)

Antrieb bei Zweiseil-Pendelbahnen

Im Personenverkehr werden bei Zweiseil-Pendelbahnen grundsätzlich nur Systeme mit

geschlossener Zugseilschleife gefahren (Zug- und Gegenseil oder durchgehendes Zugseil). Der

Antrieb ist meist in der Berg- die Spanneinrichtung der Seile in der Talstation angeordnet. Es ist

aber auch möglich, dass der Antrieb und die Vorspannung des Zugseiles gemeinsam in einer

Station erfolgt (Stelling’scher Antrieb).

Abb.: Antriebsarten des Zugseiles bei Zweiseil-Pendelbahnen

W1

W2

W2

W1

Antrieb

Abspannung G G

Antrieb + Abspannung

Zugseil Zugseil

Gegenseil Gegenseil

Page 119: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

116

Die Antriebsleistung wird auf Grund der Umfangskraft U, der Differenz der beiden Zugseilspann-

kräfte an der Antriebsscheibe und der Nennfahrgeschwindigkeit v ermittelt.

DRUZZU qWQ

ZQ Zugwirkung des vollen Wagens ZW Zugwirkung des leeren Wagens

ΔUq Höhenspannkraftunterschied des Zug- und Gegenseiles hqqU GZq

R Reibungskräfte D dynamische Kräfte beim Anfahren oder Bremsen

Abb.: Umfangskraftdiagramm (Beispiel), Wagen 1 fährt vollbeladen bergwärts, Wagen 2 fährt leer talwärts

Die Neigung der Wagen, die Nutzlast sowie die Beschleunigungs- und Verzögerungskräfte

beeinflussen die jeweils wirkende Differenz der Seilspannkräfte an der Antriebsscheibe. Das

Umfangskraftdiagramm zeigt die jeweilige Umfangskraft in Abhängigkeit vom Wagenort auf der

Strecke.

l2

l2

l1

l1

Wagen 1

Wagen 2

Beschleunigung Verzögerung

Umfangskraft S1 – S2

S1

S2

Talstation

Bergstation

Umfangskraft U [kN]

Strecke [m]

Seilfeld 1

Seilfeld 2 Stütze

Δh

W2 (leer)

W1(voll)

Page 120: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

117

Zu untersuchende Lastfälle:

Voller Wagen bergwärts, leerer Wagen talwärts

Voller Wagen talwärts, leerer Wagen bergwärts

Leere Wagen talwärts, leerer Wagen bergwärts

Voller Wagen bergwärts, voller Wagen talwärts

Wenn mit dem Antrieb eine treibende Wirkung erzielt wird beträgt die erforderliche

Antriebsleistung N

1 vUN (Nm/sec), (W)

Wird mit dem Antrieb gebremst, beträgt die erforderliche Antriebsleistung N

vUN (Nm/sec), (W)

U . . . Umfangskraft in [kN] v . . . Fahrgeschwindigkeit in [m/s] η . . . Wirkungsgrad

erläuternde Bemerkung Für den Wirkungsgrad η wird bei modernen Anlagen ein Wert zwischen 0,85 und 0,90 eingesetzt.

Page 121: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

118

Trassierung bei Zweiseil-Pendelbahnen

Die Trasse muss im Grundriss, bis auf gering zulässige Ablenkungen auf den Stützen,

geradlinig verlaufen. Die zulässige horizontale Seilablenkung beträgt 0,5 % (0,29°) gegeben.

Bei der Linienführung sind zu beachten, dass

- die notwendigen (erforderlichen) Stützenlasten bzw. Seilablenkungen in lotrechter Ebene

zur sicheren Auflage des Tragseiles auf dem Tragseilschuh erreicht wird,

- die erforderlichen Bodenabstände (kleinste und größte) eingehalten werden.

Die sichere Auflage des Tragseiles wird erzielt, wenn für das leere Seil eine Mindestablenkung

von 2 % bis 5 % erreicht wird.

Abb.: vertikaler Ablenkwinkel des Tragseiles

erläuternde Bemerkung Die Geometrie des Tragseilschuhes wird neuerdings in Form von Klothoidenästen A²=RL zusammengesetzt, um eine gleichmäßige Zu- und Abnahme der Vertikalbeschleunigung zu erzielen. Die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme ist allerdings auf Grund der kleinen Radien zweifelhaft.

Abb.: Ablenkung des Tragseiles im Tragseilschuh (links ein Tragseil, rechts zwei Tragseile)

R1 R1

R2 R2

R2 > R1

Ablenkwinkel > 2 %

S S

Tragseilschuh

Page 122: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

119

Zur Verbesserung der Lagesicherheit werden tiefe Schuhrillen mit bis zu 180°

Umfassungswinkel ausgeführt. Dies ist jedoch bei einer Ausführung des Wagenlaufwerkes mit

einer Tragseilbremse nicht oder nur erschwert möglich, daher wird in diesem Fall der

Umfassungswinkel auf ca. 120° beschränkt.

Abb.: Tragseilschuhausbildung und Auflagewinkel

Wenn Tragseile bei seltenen Lastfällen am Stützenschuh abheben oder einen sehr geringen

Auflagedruck haben, werden die Tragseile auch mit Niederhaltebügel an den Stützenschuhen

niedergehalten, um ein Abwerfen des Tragseiles durch Wind zu verhindern. Bei Personenseil-

bahnen ist eine negative Stützenlast nicht zulässig.

Die Abwurfsicherheit muss gesondert untersucht werden. Eine einfache Methode besteht darin

nachzuweisen, dass die Resultierende aus der Auflagekraft und der Seitenkraft (z.B. infolge

Seitenwind) durch die Aufstandsfläche geht.

Bei der Konstruktion der Tragseilschuhe ist zu bedenken, dass beim Überfahren der Stütze

eine Änderung der Vertikalbeschleunigung auftritt, die für Fahrgäste als unangenehm

empfunden wird. Dieser Effekt wird daher mit der Bestimmung

5,22

R

v (m/sec²)

begrenzt.

v ….. Fahrgeschwindigkeit bei der Stützenüberfahrt

R ….. Radius des Tragseilschuhes

Diese Bestimmung bedingt die Ausführung sehr großer Radien beim Tragseilschuh und/oder

die Reduzierung der Fahrgeschwindigkeit bei der Stützenüberfahrt.

Stationspuffer, Längspendelfreiheit in der Station

Die Stationen sind mit Anfahrpuffern ausgestattet. Diese greifen am Laufwerk des Wagens an.

Die Aufgabe des Stationspuffers besteht einerseits aus der Begrenzung der Wagenfahrt und

andererseits soll der Puffer die Wagenposition unabhängig vom Lastzustand des Wagens (Aus-

bzw. Einsteigen der Fahrgäste in der Station) sicherstellen. Für die Bemessung des Puffers

wird angenommen, dass der Wagen mit einer Restgeschwindigkeit von 1,0 m/sec an den

Puffer anfährt. Tatsächlich beträgt im normalen Betriebsfall die Anfahrgeschwindigkeit 0,2 bis

0,3 m/sec.

Die Freigängigkeit in der Station ist mit einer Längsauslenkung von 35 % einzuhalten.

TS TS

120°

Page 123: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

120

Abb.: Längspendelung des Wagens, Freigängigkeit in der Station

Abb.: Unfall mit längs gependelter Kabine in der Station

größtzulässiger Bodenabstand

Dieser hängt von der Bergemethode ab. Werden Fahrgäste vom Fahrzeug durch Abseilen

senkrecht zum Boden geborgen, beträgt die zulässige Abseilhöhe 100 m.

Wird die Bergung entlang des Seiles durchgeführt (z.B. mit einem auf dem Tragseil fahrenden

Bergewagen), ist der Bodenabstand nicht eingeschränkt.

Grenzprofil, Lichtraumprofil von Seilschwebebahnen

erläuternde Bemerkung

In diesem Kapitel wird das Grenzprofil und das Lichtraumprofil (Grenzprofil + Sicherheitsabstand) für alle Seilschwebebahnen behandelt. Also auch für Sesselbahnen und Seilbahnen mit geschlossenen Wagenkasten.

0,35 rad

starre Fahrbahn

Puffer

Einstiegsebene

Grube

Page 124: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

121

Das Grenzprofil von Seilschwebebahnen wird für den Fall „in Betrieb“ und „außer Betrieb“

untersucht.

Dabei ist zu berücksichtigen:

- Verschiebung der Seile quer zur Seilbahnachse

- Verschiebung der Seile in lotrechter Richtung

- Längspendelung der Fahrzeuge

- Hand-, Fuß- und Skibereich

Außer Betrieb sind Fahrzeuge dann zu berücksichtigen, wenn sie auf der Strecke verbleiben.

Für die Berechnung der seitlichen Verschiebung der Seile zufolge Windeinwirkung wird eine

Windlast von mindestens q=0,20 kN/m² in Betrieb und mindestens q=1,20 kN/m² außer Betrieb

anzunehmen. Bei schrägen Seilfeldlängen l* von mehr als 400 m kann die Berechnung der seit-

lichen Verschiebung der Seile zufolge Windeinfluss mit einer auf die gesamte Seilfeldlänge

wirkenden Staudruck q’ abgemindert werden, da nicht anzunehmen ist, dass die Wind-

einwirkung auf die gesamte Seilfeldlänge wirkt.

2

*

*''

l

lqq , wobei die fiktive Feldlänge l*’ mit *4,0240*' ll anzunehmen ist.

Für die Berechnung der lotrechten Verschiebung der Seile wird

- die Nutzlast der Seilbahn

- die dynamische Wirkung beim Anfahren und Bremsen der Seilbahn

- außer Betrieb die Einwirkung infolge Eisbehang

berücksichtigt.

Die dynamische Wirkung wird vereinfacht berücksichtigt. Die errechneten extremen Durch-

hänge des Seiles unter gleichförmiger Bewegung werden mit einem Vervielfachungsfaktor

berücksichtigt.

Vervielfachungsfaktor bei Tragseilen mindestens 1,10

Vervielfachungsfaktor bei Zugseilen mindestens 1,20

Vervielfachungsfaktor bei Förderseilen mindestens 1,30

erläuternde Bemerkung Beim Überfahren einer Straße beträgt die Lichtraumhöhe der Straße (4,5 m bzw. 4,75 m). Bei der Ermittlung der tiefsten Lage eines Wagenteiles sind auch die Länge des Wagenkastens und die betrieblich zulässige Längsauslenkung zu berücksichtigen.

Querpendelfreiheit des Wagens

Der quer ausgelenkte Wagen muss zur Stütze eine Freigängigkeit von mindestens 0,35 rad

aufweisen. Bei weniger als 0,35 rad sind Wagenführungen an den Stützen anzubringen, die die

Querpendelfreiheit des Wagens auf 0,25 rad bei Fahrgeschwindigkeiten von mehr als 5,0 m/s

Page 125: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

122

und auf 0,20 rad bei Fahrgeschwindigkeiten von bis zu 5,0 m/s begrenzen. Wird auch diese

Freigängigkeit nicht eingehalten, sind Pendellagewächter an den Wagen anzubringen, die bei

einer gewählten Querpendelfreiheit die Fahrgeschwindigkeit der Seilbahn begrenzen oder

diese stillsetzen.

Abb.: Querpendelung des Wagens bei der Stütze

Längspendelfreiheit des Wagens

Für die Längspendelung der Wagen in den Stationen und auf der Strecke ist ein Mindestwert

von 0,35 rad anzunehmen.

Handbereich

Der Handbereich beträgt bei geschlossenen Wagen 1,00 m bei allen Fensteröffnungen. Dieser

kann bei Kippfenstern auf 0,20 m bzw. auf 0,50 m reduziert werden.

Zugseilreiter

Bei Zweiseil-Pendelbahnen, die als Fahrbahn über zwei Tragseile verfügen, können im freien

Seilfeld Seilreiter als zusätzliche Zugseilführung und Zugseilunterstützung angeordnet werden.

Zugseilreiter tragen eine Zugseilrolle, über die das Zugseil geführt wird. Dadurch werden

sowohl die vertikalen als auch die horizontalen Auslenkungen des Zugseiles in einem Seilfeld

wesentlich verringert. Die Zugseilreiter verhindern, dass sich das Zugseil zu weit absenkt.

Ebenfalls sorgen sie für die seitliche Stabilisierung der beiden Tragseile. Größere Zweiseil-

Pendelbahnen mit nur einem Tragseil verfügen meistens über eine größere Anzahl von

Stützen.

0,20 rad Querpendelung

Seitliche Wagenführung

Page 126: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

123

Die Gefahr eines Zugseilüberschlages (Zugseil steigt infolge der dynamischen Bewegung beim

Bremsen über die Lage des Tragseiles und legt sich beim Absinken über das Tragseil) wird

wesentlich verringert.

Abb.: Zugseilreiter

Hohe und tiefe Zugseilablage

Das Zugseil kann bei der Stütze sowohl mit hoher oder mit tiefer Zugseilablage geführt werden.

Bei der Wagenüberfahrt wird das Zugseil von den Zugseilrollen abgehoben.

Abb.: tiefe und hohe Zugseilablage

Tragseilbremse

Die Wagen müssen in der Regel mit einer Tragseilbremse ausgerüstet sein, um im Falle eines

Zugseilrisses den Wagen am Tragseil bremsen und halten zu können. Das Bremsprinzip ist

gleich, wie es bereits bei der Schienenzangenbremse für Standseilbahnen beschrieben ist.

X

Zugseileinweiser

Detail X

starre Zugseilrollen

Zugseilrolle

Page 127: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

124

Allerdings sind die Bremsbacken aus einer weichen Metalllegierung (z.B. Bronze oder

Messing).

erläuternde Bemerkung Jedes Laufwerk hat mehrere Bremsbacken. Die Bremsbacken sind zwischen den Laufwerksrollen angeordnet. Der Einfall (das Anliegen) der einzelnen Bremsbacken ist vom Einbauort abhängig und erfolgt in zeitlichen Abstufungen. So müssen die Bremsbacken getaktet einfallen, damit nicht ein Abheben des Laufwerkes vom Tragseil erfolgt (Gefahr des Nichtumfassens des Tragseiles durch die verzögert einfallenden weiteren Bremsbacken!).

Abb.: Tragseilbremsen

Zweiseil-Pendelbahnen können auch ohne Tragseilbremse ausgeführt werden, allerdings muss

an Hand einer Sicherheitsanalyse untersucht werden, ob durch Ersatzmaßnahmen ein

gleichwertiges Sicherheitsniveau wie bei einer Seilbahn mit Tragseilbremse erreicht wird.

erläuternde Bemerkung Tragseilbremsen bei Zweiseil-Pendelbahnen verhindern im Katastrophenfall (Zugseilriss, Versagen der Zugseilmuffe) das Abstürzen des Wagens vom Tragseil. Diese Möglichkeiten sind aber bei anderen Seilbahnen (Umlaufbahnen, Sessellifte usw.) ebenfalls nicht vorhanden. Genauso wenig kann ausgeschlossen werden, dass das Tragseil versagt oder entgleist. Bei einem Laufwerk ohne Tragseilbremse muss z.B. nachgewiesen werden, dass im Fall einer plötzlichen Stillsetzung (hohe Verzögerung) das Zugseil nicht über das Tragseil aufsteigen kann (kein Zugseilüberschlag) oder die Anordnung von Muffen, die das Zugseil mit dem Wagen verbindet, ist unzulässig. Die Wagen werden an das durchgehende Zugseil mittels fester Klemme verbunden. Die Wagen sind regelmäßig (etwa alle 200 Betriebsstunden) am Zugseil zu versetzen. Weiters ist eine Einrichtung einzubauen, die einen Blitzschlag am Zugseil erkennt.

Laufwerksrolle

Tragseil

Bremsbacken

Page 128: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

125

8.4 FUNIFOR

Abb.: Seilbahnsystem Funifor

Ein Sondersystem einer Zweiseil-Pendelbahn stellt die Funifor dar.

Das System wurde von der Fa. Hölzl in Italien entwickelt und patentiert. Die Spur der Seilbahn

besteht aus zwei Tragseilen, die einen großen Abstand aufweisen. Damit wird die Seilbahn

sehr windstabil. Das Zugseil wird über Umlenkscheiben am Fahrzeug wieder in die

Antriebsstation zurückgeführt. Das Gegenseil wird über der Seilbahn zum Spannsystem

(Spanngewicht oder hydraulische Spanneinrichtung) geführt.

Abb.: Zugseilführung am Fahrzeug

Derzeit stehen ausschließlich in Italien Seilbahnen System Funifor in Betrieb. Die übliche

Ausführung ist dabei die parallele Errichtung zweier Funifor parallel unmittelbar nebeneinander,

sodass, wie bei der klassischen Zweiseil-Pendelbahn, zwei Kabinen auf der Strecke sind.

Allerdings können diese völlig unabhängig voneinander betrieben werden.

In Österreich ist die erste und einzige Funifor in Bezau errichtet (Fertigstellung und

Inbetriebnahme 2010).

erläuternde Bemerkung Ein Vorteil von zwei parallel geführten Seilbahnen besteht in der Möglichkeit im Fall eines Stillstandes einer Funifor mit der anderen Funifor die Fahrgäste zu bergen. Dabei wird mit der fahrmöglichen Funifor eine leere Kabine zur stillstehenden Kabine geführt und über eine speziell ausgeführte Treppe (Leiter) steigen die Fahrgäste in die Kabine der fahrbereiten Seilbahn um. Ein Bergen zum Boden oder der Bau einer eigenen Bergebahn ist damit nicht notwendig.

Page 129: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

126

Abb.: Zugseilreiter System Funifor

Abb.: Zugseilrolle am Zugseilreiter mit

Seilfangeinrichtung und Zugseileinweiser

Page 130: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

127

8.5 ZWEISEILUMLAUFBAHN

Auf einem Tragseil werden Laufwerke gezogen, die mittels Gehänge mit den Wagen

verbunden sind. Im Allgemeinen weisen die Wagen einen Fassungsraum von nur wenigen

Personen (4 bis 8) auf. Spezielle Ausführungen erlauben auch eine Fahrgastkapazität bis zu

25 Personen. Die Wagen werden in einem regelmäßigen Abstand (projektierter Abstand) bei

der Stationsausfahrt an das Zugseil geklemmt. Bei der Ankunftsstation wird der Wagen vom

Zugseil gelöst und durch Reifen auf die Stationsgeschwindigkeit (Ein- und Ausstieg) verzögert.

In der Station wird der Wagen mit offenen Türen entweder durch eine Kette oder durch Reifen

mit geringer Fahrgeschwindigkeit im Ein- und Ausstiegsbereich geführt. Vor dem Ankuppeln

des Wagens auf das Zugseil in der Kuppelstelle wird der Wagen mit Hilfe von Reifenförderer

auf Seilgeschwindigkeit gebracht.

Zweiseilbahnen waren, speziell in Österreich, jahrzehntelang das einzige kuppelbare System,

das zur Personenbeförderung zugelassen wurde. Sie werden bis zu einer Fahrgeschwindigkeit

von 5 m/sec projektiert. Die Wagen von kuppelbaren Seilbahnen waren früher grundsätzlich mit

2 Klemmapparaten auszurüsten. Auf Grund technischer Innovationen werden dzt. nur

Wagenkasten mit einem Fassungsraum von mehr als 8 Personen mit zwei Klemmapparaten

ausgerüstet. Dies ist insbesonders auf Grund der erforderlich aufzubringenden Abziehkraft

(Zugwirkung der Fahrzeuge) abhängig und daher konstruktiv bedingt.

Zweiseilumlaufbahnen werden dann projektiert, wenn

- eine große Förderleistung gefordert wird,

- eine stetige Förderung verlangt wird (kontinuierlicher Betrieb),

- große Seilspannfelder erforderlich sind,

- ein windunempfindliches Seilbahnsystem gewünscht wird.

Der Nachteil dieses Seilbahnsystems ist die nicht mögliche Ausführung von Niederhaltestützen

und damit eine gegenüber Einseilumlaufbahnen eingeschränkte Trassierung (Das Fahrzeug

fährt auf dem Tragseil, das auf der Stütze einen positiven Stützenknickwinkel haben muss).

Die Kleinwagen sind ohne Tragseilbremsen ausgerüstet und werden ohne Wagenbegleiter

geführt.

Page 131: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

128

Abb.: Wagendurchlauf in der Station (Beispiel)

K ... Kuppelstelle

vW .. Wagengeschwindigkeit

vS ... Seilgeschwindigkeit

Abb.: Wagendurchlauf in der Station

Wagenausfahrt

Die Wagenausfahrt bei einer Zweiseilumlaufbahn ist so zu projektieren, dass ein ausfahrender

Wagen, der am Zugseil schlecht oder nicht gekuppelt ist, mit einer Gegensteigung zur nächsten

Stütze fahren muss. Eine eventuelle Fehlkupplung wird zwar durch Sicherheitseinrichtungen er-

kannt, das Rollen des Fahrzeuges auf dem Tragseil ist aber anzunehmen und die Fahrt des

Wagens in die steilen Streckenabschnitte unterhalb der Stütze ist zu verhindern. Die

ordnungsgemäße Verbindung des Klemmapparates mit dem Seil wird bei der Ausfahrt sowohl

geometrisch als auch kraftmäßig überwacht.

Ein- und

Ausstieg

K

K

Verzögerung

Beschleunigung

vW von 5,0 auf 0,3 m/sec

vW = vS = 5,0 m/sec

vS = 5,0 m/sec

vW = 0,3 m/sec

vW = vS = 5,0 m/sec

vW von 0,3 auf 5,0 m/sec

Fahrbahn

Page 132: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

129

Abb.: Ausfahrt bei einer Zweiseilumlaufbahn

Bevor das Fahrzeug in jenen Trassenbereich mit großer Seilneigung (unterhalb der Stütze)

gelangt, ist dieses gesichert vor der Stütze anzuhalten. Die Ausführung des letzten Seilfeldes

(Länge der Auslaufstrecke) wird unter folgenden Prämissen bestimmt:

- Tritt bei der Ausfahrt aus der Station eine Fehlkupplung auf (Klemmapparat umschließt

nicht oder nicht vollständig das Zugseil oder es wird eine zu geringe Klemmkraft am

Klemmapparat gemessen), so wird die Seilbahn stillgesetzt. Die kleinste gewährleistete

Verzögerung a ist dabei zu berücksichtigen. Der Anhalteweg w des nicht ordnungsgemäß

geklemmten Fahrzeuges muss geringer sein als die Auslaufstrecke l. Aus

Sicherheitsgründen wird bei der Ermittlung des Anhalteweges dieser um 20 % erhöht.

a

vw

2

2

lw 2,1 la

v

22,1

2

- Bei nicht erfolgter Klemmung am Zugseil wird angenommen, dass das Fahrzeug ohne

Berücksichtigung des Laufwiderstandes (Rollreibung, Luftwiderstand) vor der Stütze

anhält.

hgmvm

2

2

Auch hier wird ein Faktor von 1,2 zur Sicherheit eingesetzt.

daraus folgt g

vh

22,1

2

Bergstation Δh

Auslaufstrecke l

Tragseil

Zugseil

Page 133: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

130

8.6 EINSEILUMLAUFBAHN

Dieses Seilbahnsystem ist bei Personenseilbahnen das Weitverbreiteste. Auf einem gleich-

förmig bewegten Seil sind die Fahrzeuge mittels Klemmen (fix) oder Klemmapparaten

(kuppelbar) befestigt. Werden die Fahrzeuge in der Station an der Kuppelstelle vom Seil

getrennt, bezeichnet man das System als kuppelbare Einseilumlaufbahn. Bleiben die

Fahrzeuge unlösbar am Seil, wird das System als fixgeklemmte Einseilumlaufbahn

bezeichnet.

Das bewegte Seil ist hinsichtlich seiner Konstruktion ein Zugseil so wie bei Pendelbahnen oder

Standseilbahnen. Seine Funktion ist aber nicht nur eine ziehende, sondern auch eine tragende.

So ein Seil wird deshalb als Förderseil bezeichnet. Die Spurführung erfolgt durch Seilrollen auf

den Stützen, die nach dem Prinzip des Waagebalkens eine gleichmäßige Rollenlastverteilung

sicherstellen.

Die Fahrzeuge sind entweder Sessel für 1 bis 8 Personen mit oder ohne Witterungsschutz-

hauben oder geschlossene Wagenkästen von 4 bis 15 Personen, wobei bei Wagenkasten mit

mehr als 8 Personen Fassungsraum auch eine stehende Beförderung möglich ist.

Page 134: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

131

8.6.1 kuppelbare Einseilumlaufbahnen

Stationsausfahrt

Abb.: Ausfahrt bei einer Einseilumlaufbahn

Bevor das Fahrzeug in jenen Trassenbereich mit großer Seilneigung (unterhalb der Stütze)

gelangt, ist dieses gesichert vor der Stütze anzuhalten. Die Ausführung des annähernd

waagrechten Seilfeldes wird unter folgenden Prämissen bestimmt:

- Tritt bei der Ausfahrt aus der Station eine Fehlkupplung auf (Klemmapparat umschließt

nicht oder nicht vollständig das Förderseil oder es wird eine zu geringe Klemmkraft am

Klemmapparat gemessen), so wird die Seilbahn stillgesetzt. Die kleinste gewährleistete

Verzögerung a ist dabei zu berücksichtigen. Der Anhalteweg w des nicht ordnungsgemäß

geklemmten Fahrzeuges muss geringer sein als die Seilfeldlänge l. Aus Sicherheits-

gründen wird bei der Ermittlung des Anhalteweges dieser um 20 % erhöht.

a

vw

2

2

lw 2,1 la

v

22,1

2

- Die Höhenlage des Förderseiles an der Stütze darf nicht geringer als die Höhenlage des

Förderseiles in der Station sein.

Bergstation

Seilfeldlänge l > 1,2 fache Bremsstrecke l

Förderseil

Δh ≥ 0

Page 135: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

132

Einseilumlaufbahnen mit geschlossenem Wagenkasten

Einseilumlaufbahnen mit geschlossenen Wagenkasten werden fast ausschließlich kuppelbar

konstruiert, da die Ein- und Ausstiegsgeschwindigkeit für die Fahrgäste in der Station nur sehr

gering sein kann und die Fahrgäste quer zur Fahrtrichtung des Wagens ein- und aussteigen.

Die dzt. größte zulässige Fahrgeschwindigkeit auf der Strecke beträgt 6,0 m/sec. Die kleinste

Folgezeit etwa 9 sec. Die Folgezeit ist abhängig vom Verhältnis der Strecken- zur

Stationsgeschwindigkeit (etwa 6/0,3 = 20) und von den geometrischen Abmessungen der

Fahrzeuge, die bei der Stationsumführung bei geringer Ein- und Ausstiegsgeschwindigkeit

(etwa 0,3 m/sec) gegebenen Platzbedarf. Die Wagen werden im Verzögerungs- und im

Beschleunigungsbereich mit Hilfe von Reifen synchron zur Geschwindigkeit des Förderseiles

durch die Station befördert. Im Aus- und Einstiegsbereich kann die Wagenbeförderung sowohl

durch Reifen als auch durch eine Förderkette erfolgen. Der Wagendurchlauf in der Station wird

im Verzögerungs- und im Beschleunigungsbereich überwacht.

Kuppelbare Sesselbahnen

Die Sessel weisen einen Fassungsraum von 2 bis 8 Personen auf. Die Fahrgeschwindigkeit

kann bis 5 m/sec betragen. Die kürzeste Folgezeit beträgt 5 sec.

Die Sesselfolgezeit wird durch die Einhaltung von Sicherheitsabständen im Falle einer Unregel-

Page 136: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

133

mäßigkeit bei der Einfahrt in die Stationen oder bei der Ausfahrt aus den Stationen bestimmt.

Der Sesseldurchlauf in der Station von Kuppelstelle zur Kuppelstelle wird überwacht. Ähnlich

wie bei Eisenbahnen wird durch Überwachungseinrichtungen sichergestellt, dass bei einer

Unregelmäßigkeit der Weiterbeförderung eines Sessels der nachfolgende Sessel nicht auf den

vorherfahrenden Sessel auffährt.

erläuternde Bemerkung Die gesicherte Weiterbeförderung eines Sessels in der Station kann sowohl durch überlappende Streckenblöcke (nur ein Sessel im Block) oder durch die Durchfahrtssicherung (Sessel muss in einer bestimmten wegabhängigen Impulsanzahl den überwachten Abschnitt verlassen) überwacht werden.

8.6.2 Festgeklemmte Einseilumlaufbahnen

Sesselbahnen

Die Sessel haben einen Fassungsraum von 2 bis 6 Personen. Einsesselbahnen werden nicht

mehr gebaut. Die größte Fahrgeschwindigkeit ist von der Anzahl der Fahrgäste je Sessel und

von der Beförderungsart abhängig. Bei einer Beförderung von Fußgängern beträgt die

größtzulässige Seilgeschwindigkeit (und damit auch die Ein- und Ausstiegsgeschwindigkeit)

2,0 m/sec. Bei Fahrgästen mit angeschnallten Wintersportgeräten (Skier, Snowboards etc.)

2,5 m/sec. Werden Einstiegshilfen in Form eines Fahrgastförderbandes errichtet, kann die

Fahrgeschwindigkeit bis auf 3,0 m/sec angehoben werden. Fahrgastförderbänder erfordern

zwingend die Zugangsregelung von Fahrgästen mittels Schranken (Zusteigeinteiler).

Die kleinste Folgezeit ist wieder vom Fassungsvermögen der Sessel und von der Beför-

derungsart (Fußgänger oder Skifahrer) abhängig und liegt zwischen 4 sec (beim Einsessellift

mit Skifahrerbeförderung) und 8 sec (beim Doppelsessellift mit Fußgängerbeförderung).

erläuternde Bemerkung Das Fahrgastförderband läuft mit der Seilbahn synchron und befördert die Skifahrer zur Einstiegsstelle. In der Darstellung werden beide Einsatzmöglichkeiten des Fahrgastförderbandes bei einer festgeklemmten und bei einer kuppelbaren Sesselbahn angegeben. Festgeklemmte Sesselbahn: Die Differenzgeschwindigkeit zwischen dem Seil (Sessel) und dem Förderband (Fahrgast) bei einer festgeklemmten

Page 137: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

134

Sesselbahn ermöglicht das Besetzen der Sessel mit einer Seilgeschwindigkeit von bis zu 3,0 m/sec. Kuppelbare Sesselbahn: Der Einsatz eines Fahrgastförderbandes bei einer kuppelbaren Sesselbahn erhöht nicht die Förderleistung, sondern dient ausschließlich dem besseren geregelten Zugang.

Sch

ranke

n d

er

Zug

angss

teueru

ng

Sch

ran

ken d

er

Zu

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teueru

ng

gle

itfähig

e F

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e

frühest möglicherEinstiegspunkt

frühest

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her

Ein

stie

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unkt

Scheibenachse(ev. verschiebbar)

gekr

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mte

rF

örd

erb

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ich

gera

der

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ich

Fahrgastförderband(ev. verschiebbar)

Fahrg

ast

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sram

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Zu

fahrt

sram

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L

L

L

H

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H

L

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L

L

L1.0

L

L

L

FB

FB

FB

E

E

E

SS

SS

ES

ES

ES

ZS

ZS

ZS

= Länge (Fahrgast-) Förderband

= Einstiegshöhe

= Länge Sicherheitsstrecke

= Länge Einstiegsstrecke

= Länge Zufahrtsstrecke

festgeklemmte Sesselbahn:

kuppelbare Sesselbahn:

Page 138: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

135

8.6.3 Bemessung von Einseilumlaufbahnen

Die Seilspannkräfte und die Differenz dieser an der Antriebsscheibe (Umfangskraft) sind von der Anordnung der Vorspannung des Förderseiles und vom Ort des Antriebes abhängig. Die Seilspannkräfte im Förderseil werden durch folgende Bestandteile bestimmt:

- Grundspannkraft S0

- Ziehende Lasten (Seilmasse und besetzte oder unbesetzte Fahrzeuge)

- Reibung (Streckenreibung etwa 3 % der Rollenlasten)

- Dynamische Lasten beim Anfahren oder Bremsen der Seilbahn

Antrieb und Spanneinrichtung getrennt

(meist Antrieb in der Bergstation, Spanneinrichtung in der Talstation)

Die Massenbelegung der Vollseilseite beträgt SV qw

Qq

Die Massenbelegung der Leerseilseite beträgt SL qw

Wq

qV verteilte Masse des Vollseiles qL verteilte Masse des Leerseiles Q Masse des vollbesetzten Fahrzeuges W Masse des leeren Fahrzeuges w Fahrzeugabstand qS Seilmasse

2

GSS DA

g

pLqSHqSS VRVVDC *

g

pLqSHqSS LRLLAB *

DA SSS min CSS max

g

pLqqSSHqqSSU LVRLRVLVBC *max

SRV Seilspannkraft infolge der Reibung (Stützenreibung) auf der Vollseite

SRL Seilspannkraft infolge der Reibung auf der Leerseite

L* schräge Länge (Summe der Einzelfeldlängen l*)

p Beschleunigung (positiv – Anfahren, negativ – Verzögerung)

U

SB

SD SA

SC

G

qV qL

Page 139: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

136

Antrieb und Spanneinrichtung gemeinsam

22

UGSD

22

UGSA

CB SSS max DSS min

g

pLqSHqSS VRVVDC *

g

pLqSHqSS LRLLAB *

g

pLqqSSHqqSSU LVRLRVLVDA *max

g

pLqqSSHqq

GS LVRLRVLV *

2

1

2min

g

pLqqSSHqq

GSSS LVRLRVLVCB *

2

1

2max

Aus der ermittelten Umfangskraft wird die Antriebsleistung für die Bemessung des Antriebes

(Motorleistung, Getriebe) und die Rutschsicherheit des Seiles an der gefutterten (Gummi,

Becorit) Seilscheibe ermittelt.

Bei kuppelbaren Seilbahnen ist die Kraft für die Weiterbeförderung der Fahrzeuge in den

Stationen zu berücksichtigen, wenn der Antrieb für die Weiterbeförderung der Fahrzeuge in der

Station (z.B. Reifenförderer) durch das Seil betrieben wird.

Rutschsicherheit an der Antriebsscheibe

Für den Rutschsicherheitsnachweis wird die statische Umfangskraft U mit 1,50 vervielfacht.

Bei Berücksichtigung der dynamischen Zusatzkräfte in der Größe der d’Alembertschen

Trägheitskraft unigungErdbeschle

gungBeschleuniMasse beträgt der Vervielfachungsfaktor der Umfangskraft

1,25, wobei die Beschleunigung sowohl positiv (Anfahren) als auch negativ (Abbremsen) sein

kann.

Statisch: min

min 5,1

S

USe

Dynamisch: min

min 25,1

S

USe

α: Umschlingungswinkel μ: Reibungskoeffizient (bei Gummi zwischen 0,16 und 0,22 und bei Becorit 0,28) Smin: kleinere Seilspannkraft an der Antriebsscheibe

U

SB

SD SA

SC

G

qV qL

Page 140: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

137

Bestimmung der Extremwerte der Seilspannkraft

Die Bestimmung der größten in der Bergstation abzutragende Last aus dem bergwärts- und

dem talwärtsfahrenden Seilstrang wird dann erzielt, wenn beide Seilstränge mit deren

größtzulässigen Last belegt ist.

nur Bergförderung: maxmax LVS SSS

Berg- und Talförderung: max2 VS SS

Im Folgenden sind die Belastungsannahmen angegeben, wie die Extremwerte der

Seilspannkräfte Smin und Smax an einer Stütze bestimmt werden. Diese sind wichtig, um am

angrenzenden Seilfeld die Extremwerte der Durchhänge fmax und fmin zu bestimmen.

Smax Smin

Antrieb oben,

Spanngewicht unten

Tal- und nur Bergförderung Tal- und nur Bergförderung

Bergförderung Bergförderung

Antrieb und

Spanngewicht unten

(Stelling´scher Antrieb)

Abb.: Belastungsschemas für die Ermittlung der extremen Seilspannkräfte an einer Stütze

So genannte „Sportbahnen“ befördern ausschließlich Fahrgäste mit angeschnallten Winter-

sportgeräten in die Bergstation; eine Talbeförderung ist nicht zulässig (keine Einstiegsstelle in

der Bergstation und keine Ausstiegsstelle in der Talstation).

Page 141: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

138

Lagesicherheit des Förderseiles

Der Lagesicherheit des Förderseiles auf den Förderseilrollen kommt eine große Bedeutung zu.

Als wichtigste Größe gegen das Entgleisen wird die Größe der Rollenlast (Auflagerkräfte)

angesehen.

Neuere Forschungen zeigen, dass die Lagesicherheit des Seiles nicht nur von der Rollenlast,

sondern auch vom seitlichen Anlaufwinkel des Seiles an die Rolle, von der Rillenform des

Rollenfutters und von der Höhe des Rollenbordes im Verhältnis zum Seildurchmesser abhängt.

erläuternde Bemerkung Gabor PISKOTY „Entgleisungssicherheit von Seilen auf Rollen“, Dissertation ETH Zürich 1996 .

Diese Zusammenhänge wurden in der am 1.1.2005 veröffentlichten ÖNORM EN 12930

zusammengefasst.

erläuternde Bemerkung ÖNORM EN 12930: a) Die kleinste Auflagerkraft auf Tragstützen muss 1) bei Tragstützen in Betrieb bei gleichförmiger Bewegung mindestens der 1,5-fachen Windkraft entsprechen, die entsteht, wenn ein Staudruck q von 0,25 kN/m2 auf die Länge des angrenzenden größeren Spannfeldes auf das leere Seil bzw. auf das Leerseil wirkt ; 2) bei Tragstützen außer Betrieb mindestens der Windkraft entsprechen, die entsteht, wenn ein Staudruck q von 0,80 kN/m2 auf die Hälfte der Summe der Sehnenlängen der angrenzenden Spannfelder auf das leere Seil oder, wenn die Fahrzeuge außer Betrieb am Seil verbleiben, auf das Leerseil wirkt. b) Die kleinste Auflagerkraft bei Niederhaltestützen bei gleichförmiger Bewegung muss mindestens der 1,5-fachen Windkraft entsprechen; die Windkraft ist nach a) zu ermitteln, wobei jedoch anstelle des leeren Seiles oder des Leerseiles das Vollseil zu berücksichtigen ist. c) An Tragstützen darf das Förderseil bei einer Erhöhung der größten Seilspannkraft um 40 % in den der untersuchten Stütze angrenzenden Seilfeldern nicht von den Rollen abheben. d) An Niederhaltestützen darf das Förderseil bei einer Verminderung der kleinsten Seilspannkraft um 20 % und einer gleichzeitigen Erhöhung der Nutzlast um 25 % in den der untersuchten Stütze angrenzenden Seilfeldern nicht von den Rollen abheben. e) Der kleinste Rollendruck muss bei gleichförmiger Bewegung des Förderseiles mindestens 500 N betragen und der Gleichung (5) entsprechen.

A ≥ 500 + 50[d −(D1 − D2)] Dabei ist A kleinster Rollendruck [N] ; d Seilnenndurchmesser [mm] ; D1 Durchmesser des äußeren Rollenbordes [mm] ; D2 Durchmesser des neuen Einlageringes im Rillengrund [mm].

Page 142: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

139

Die erste Rolle in der Rollenbatterie nimmt die größte Führungsarbeit auf. Der Zustand dieser

Rolle ist daher besonders wichtig.

Abb.: seitlicher Anlaufwinkel (Grundriss)

erläuternde Bemerkung In letzter Zeit wurden die einzelnen Rillenformen der ersten, zweiten und der weiteren Rollen von ENGEL so gefertigt, dass auch die zweite und die weiteren Rollen mittragen.

Der größte seitliche Anlaufwinkel φ durch Seitenwind an der Stütze, bzw. an der ersten Seilrolle

der Rollenbatterie, wird dann erreicht, wenn unmittelbar vor der Stütze ein Fahrzeug

angeordnet ist. Der Winkel φ wird aus der Summe der Tangenskomponenten des Winkels φS,

resultierend aus dem Förderseil, und des Winkels φW, resultierend aus der Einzellastbelegung

des Seiles, ermittelt.

1

22tantantan n

aL

SL

Wn

S

Lw

mm

WS

n Anzahl der Fahrzeuge im Seilfeld (ganzzahlig) a Abstand der Fahrzeuge L schräge Länge des Seilfeldes w Windgleichlast je Seilmeter W seitliche Windlast des einzelnen Fahrzeuges

erläuternde Bemerkung Der ermittelte Anlaufwinkel φ wird einem aus Versuchen ermittelten zulässigen Anlaufwinkel gegenübergestellt. Für die Größe des im Versuch ermittelten Anlaufwinkels sind die Größe der Rollenlast, die Seilrillenform und der Seil-durchmesser maßgebend.

φ

Einlaufseitig erste Rolle

Page 143: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

140

Seillageüberwachung

Die gesicherte Seillage an den Stützen ist ein wesentliches Sicherheitskriterium bei

Seilbahnen. Es wurde daher insbesonders in letzter Zeit ein sehr großer Forschungsaufwand

betrieben um Erfassungseinrichtungen zu konstruieren, die die Seillage auf der Förderseilrolle

überwachen. Auf Grundlage einer Erfindung des berührungslosen Erkennens des Seiles in

seiner Lage (Patent ENGEL) wurde das RPD-System von der Fa. Doppelmayr und in ähnlicher

Art das CPS-System (Cable-Position-System) von der Fa. Leitner entwickelt:

RPD (Rope-Position-Dedection)

Stützen und Stützenfundamente

Bei Einseilumlaufbahnen werden die Stützenschäfte fast ausschließlich aus feuerverzinkten

Stahlblechen mit 5 bis 10 mm Blechstärke in Meterschüssen mit einer Länge von ca. 6 bis 8 m

gefertigt. In Rund- oder annähernder Rundform. Die Schüsse werden mit Stoßverbindungen

(Schraubverbindung) miteinander verbunden.

Der Stützenfuß wird verstärkt gefertigt und mit Ankerschrauben an den Fundamentkörper

befestigt.

Abb.: Stützenfuß und Verbindung mit Ankerschrauben im Einzelfundament (Grundriss, Schnitt)

Page 144: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

141

Bei Stützen, die in einem Kriechhang errichtet werden müssen, besteht die Möglichkeit die

Fußplatte der Stütze verschiebbar auszuführen (Langloch). Dabei sind im Betrieb regelmäßige

Lagekontrollen der Stütze erforderlich.

Die Bemessung sowie die Standsicherheitsnachweise der Stützen erfolgt wie im üblichen

Stahlbau und Grundbau. Zusätzlich sind folgende Bestimmungen zu beachten:

Für die Standsicherheit der Stützen darf ein horizontaler Erdwiderstand (passiver Erddruck)

nicht berücksichtigt werden. Die Stützenneigung beträgt im Allgemeinen 0° bis 20°.

R1/R2 … Extremlagen der Gesamtresultierenden aus Eigen- und Nutzlast

Abb.: schlechte (links) und gute (rechts) Ausführung einer Stütze

Bemessungshinweis:

- Die Stützen sind vorzugsweise so zu neigen oder die Fundamente sind so zu vergrößern,

dass die möglichen Angriffspunkte der Gesamtresultierenden R1 und R2 an der Fundament-

sohle nicht zu einer wechselnden (theoretischen) Kippachse (einmal bergseitig und einmal tal-

seitig) führen. Wenn ein so genanntes theoretische Klaffen der Bodenfuge in Kauf genommen

wird, sollte dieses nur einseitig (tal- oder bergseitig) erfolgen.

- Es ist nicht unbedingt von Vorteil, dass die Stütze so geneigt wird, dass die Längsachse

der Stütze möglichst die gemittelte Richtung der Seilresultiernden DSm einnimmt, da in der

Stützenkonstruktion dadurch Wechselbeanspruchungen auftreten können. Durch eine vorgege-

bene Abweichung der Stützenneigung von der Richtung der Seilresultierenden wird dies ver-

mieden und es treten nur Schwellbeanspruchungen auf.

Für die Bemessung der Stützen und der Fundamente sind die Betriebslastfälle und Außerbe-

triebslastfälle zu betrachten.

DSm

S

S

DSm

S

S

GStütze GStütze

GFundament GFundament

R2

R1 R1

R2

Page 145: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

142

Betriebslastfall:

- Besetzte Fahrzeuge in ungünstigster Laststellung,

- Windlast, bis zu der ein Fahrbetrieb geführt werden kann,

Außerbetriebslastfall:

- Keine Fahrzeuge auf dem Seil (z.B. bei kuppelbaren Seilbahnen, Pendelbahnen)

oder leere Sessel auf der Strecke (z.B. bei festgeklemmten Sesselbahnen),

- Windlast mit einem Größtwert entsprechend der Windnorm oder auf Grund eines

Gutachtens.

erläuternde Bemerkung Eine übliche Windlast für den Außerbetriebslastfall bewegt sich in der Größe von 1000 bis 2000 N/m². Dabei wird auf die Reduzierung der Luftmasse (Dichte) auf Grund der absoluten Höhe der Seilbahnstandortes hingewiesen.

Im Betriebslastfall muss die resultierende Last innerhalb der Ellipse mit der Gleichung

9

122

y

y

x

x

b

e

b

e

angreifen. Das entspricht einer Mindestdruckfläche von 50 % der Gesamtsohlfläche des Funda-

mentes oder einer früheren Betrachtungsweise nach einer Kippsicherheit um die Kippachse

von 1,5.

Im Außerbetriebslastfall muss die resultierende Last innerhalb der Ellipse mit der Gleichung

76,5

122

y

y

x

x

b

e

b

e

angreifen. Das entspricht einer Mindestdruckfläche von 25 % der Gesamtsohlfläche des Funda-

mentes oder einer früheren Betrachtungsweise nach einer Kippsicherheit um die Kippachse

von 1,2.

Die jetzigen europaweit geltenden Normen erlauben diese Reduzierung der Kippsicherheit

nicht mehr, sodass seit 2004 wesentlich größere Fundamente ausgeführt werden, als dies bis

dahin erforderlich war.

Bemessungshinweis

Die Seilbemessung und die Seil- und Längenschnittsberechnung erfolgt auf deterministische

Basis. Die ermittelten Größen wie Seilspannkräfte, Durchhänge, Umfangskräfte,

Antriebsleistungen, werden nicht mit Teilsicherheitsfaktoren multipliziert. Deshalb, weil die

ermittelten Größen auch für die Bemessung der Maschinenbauelemente (Antrieb, Getriebe,

Seilscheiben, Seilrollen, Seil etc.) herangezogen werden. Bei den Stützentragwerken und den

Fundamenten (Bemessung nach EUROCODE) werden daher erst die Lasten aus dem Seil mit

Teilsicherheitsfaktoren multipliziert und damit der Übergang in die semiprobabilistische

Bemessung vollzogen.

Page 146: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

143

8.7 GRUPPENUMLAUFBAHN, GRUPPENPENDELBAHN

Bei einer Gruppenbahn werden 2 bis 5 Wagenkästen in knappem Abstand voneinander an das

Förderseil (bei einer Gruppenumlaufbahn) oder an das Zugseil (bei einer Gruppenpendelbahn) fix

geklemmt. Die einzelnen Wagen innerhalb einer Gruppe können in Längsrichtung frei drehbar oder

mit einer Längspendelverbindung versehen werden.

Abb.: Wagengruppe einer Gruppenumlaufbahn

Bei einer Gruppenumlaufbahn bietet jeder Wagenkasten 10 bis 15 Personen Platz. Meist sind 2,

seltener 4 Gruppen am Seil befestigt. Die Wagengruppe bleibt für das Aus- und Einsteigen der

Fahrgäste in der Station (im Bogen) stehen. Die größte Gruppenumlaufbahn wurde 1989 in

Saalbach errichtet. Die Seilbahn hat 4 Wagengruppen und eine Mittelstation für Wiederholungs-

fahrten. Die Gruppe besteht aus 5 Wagen zu je 15 Personen. Die Fahrgeschwindigkeit beträgt bis

zu 7,0 m/sec. Der Fahrtablauf (Beschleunigung, Fahrt mit konstanter Fahrgeschwindigkeit, Einfahrt

in die Station) erfolgt wie bei der Zweiseilpendelbahn selbsttätig über ein Kopierwerk.

Sind 4 Wagengruppen am Förderseil befestigt, wird bei der stehenden Gruppe in Seilbahnmitte oft

eine Mittelstation eingerichtet.

Abb.: Gruppenumlaufbahn - Grundrissschema

T B

v

mögliche Längspendelverbindung

Page 147: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

144

erläuternde Bemerkung Gruppenumlaufbahnen waren in den 80- und 90-iger Jahren populär. Deshalb auch, da Wagen mit einem Fassungsraum von bis zu 15 Personen keinen Wagenbegleiter benötigen. Durch Änderung der diesbezüglichen Vorschriften kam die Gruppenumlaufbahn wieder aus der Mode.

Bei einer Gruppenpendelbahn fahren Wagengruppen an einem Zugseil geklemmt meist im Zwei-

seil- oder Dreiseilsystem (ein Zugseil mit einem oder zwei Tragseilen) pendelnd zwischen der Tal-

und der Bergstation. Auch hier ist (wie auch bei Pendelbahnen möglich und ausgeführt) die

Anordnung einer Mittelstation, bei der die Fahrgäste allerdings umsteigen müssen, möglich.

Abb.: Gruppenpendelbahn mit einer Mittelstation - Grundrissschema

erläuternde Bemerkung Die größte Dreiseil-Gruppenpendelbahn wurde am Monte Telma in Tessin errichtet. Die Wagen haben ein Fassungsvermögen von 17 Personen.

Fahrtrichtung

T B M

Page 148: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

145

8.8 DOPPELEINSEILUMLAUFBAHN (DMC, DLM, FUNITEL)

Die Abkürzungen DMC stehen für Double Mono Cable sowie DLM für Double Loop Monocable.

DMC

Der Erfinder der DMC und damit der Grundidee dieses Seilbahnsystems ist Denis CREISSEL, ein

französischer Seilbahnkonstrukteur. Die erste DMC wurde 1984/85 in Serre Chevalier von der Firma

POMA errichtet. Zwei Förderseile werden in einem konstanten Abstand bei synchroner Fahrge-

schwindigkeit parallel geführt. Die Fahrzeuge werden in den Stationen wie bei kuppelbaren Einseil-

bahnen ein- und ausgekuppelt. Allerdings nicht auf einem Förderseil, sondern auf beiden. Der Syn-

chronlauf beider Seile wird elektrisch gesteuert und überwacht. Dies ist erforderlich, da eine bau-

gleiche Art beider Förderseile trotz modernster Technologie bei der Seilherstellung nicht möglich ist.

Abb.: DMC

w

v

v

Page 149: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

146

DLM

In Österreich wurde diese Art der Fahrgeschwindigkeitssteuerung zweier unabhängiger Seilschleifen

nicht zugelassen. Daher werden Doppeleinseilumlaufbahnen in Österreich nur mit einem einzigen

Förderseil geführt (DLM).

1989 wurde in Sölden (Gaislachkogelbahn) die erste DLM von der Firma Doppelmayr (Konstrukteur

Ing. Bernd MEINDL) als Ersatz für eine Pendelbahn errichtet. Die Spurweite zwischen den parallel

geführten Förderseilsträngen beträgt etwa 60 cm. Die Seilführung ist identisch mit jener, wie sie

beim Seilbahnsystem Funitel dargestellt ist. 2010 wurde die Gaislachkogelbahn durch eine 3S-Bahn

ersetzt.

FUNITEL

Als Verbesserung sowohl der DMC als auch der DLM konstruierte CREISSEL die Funitel. Erstmals

wurde dieses Seilbahnsystem in Frankreich in Val Thorens errichtet.

In Österreich wurde die erste Funitel in Hintertux auf dem Hintertuxer Gletscher errichtet. Derzeit

sind 6 Seilbahnen dieser Bauart in Österreich in Betrieb (drei in Hintertux, eine in Ischgl mit zwei

Teilstrecken, eine in Kaprun und eine in St. Anton). Jeder Einzelwagen fasst 24 Personen.

Die Funitel hat ein einziges Förderseil mit einer sehr großen Spurweite zwischen den parallel geführ-

ten Förderseilsträngen. Ausgeführt wurde der Abstand der beiden Förderseilstränge mit 3,2 m.

Das Erfordernis des Gleichlaufes des parallel geführten Förderseiles erfordert eine oftmalige und

genaue Kontrolle der Durchmesser der doppelrilligen Antriebsscheiben.

Abb.: Funitel

Vor- und Nachteile der Funitel

Der wesentliche Vorteil der Doppeleinseilumlaufbahn besteht aus der Tatsache, dass die Freigän-

gigkeit des Wagenkastens in Längsrichtung nicht behindert ist. Daher können die Fahrzeuge mit

einer geringen Gehängelänge ausgeführt werden. Somit wird der Flächenschwerpunkt bei seitlichem

Windangriff näher an die Förderseilhöhe geführt. Die Querpendelung der Fahrzeuge ist im freien

Seilfeld daher wesentlich geringer als bei einer Einseilumlaufbahn. Ein weiterer Vorteil besteht darin,

dass bei der Stützenüberfahrt keine Querpendelung des Fahrzeuges möglich ist. Gerade das ist

aber oft bei starkem Seitenwind aus Sicherheitsüberlegungen (Anprallen des Fahrzeuges an die

Stütze) der Grund für die Betriebseinstellung einer Seilbahn. Aus diesen Überlegungen wird das

Seilbahnsystem bei extrem windausgesetzten Trassen gewählt. Dies insbesonders, wenn man

bedenkt, dass die Rückbringung von Fahrgästen aus einem entlegenen Gebiet (z.B. Gletscher) zum

w

v

Doppelrillige Antriebsscheibe

Page 150: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

147

Tal auch bei einsetzendem Wind erfolgen muss. Ein weiterer Vorteil ist die Möglichkeit lange

Seilfelder anzuordnen (Überspannung von Tälern oder von Gletschern, wo die Errichtung von

Stützen nicht oder nur sehr schwer möglich ist).

Die wesentlichsten Nachteile sind hohe Errichtungskosten und hohe Betriebskosten (Energie).

Windstabilität einer Doppeleinseilumlaufbahn

Die nachfolgenden Überlegungen gelten für alle Doppeleinseilumlaufbahnen (DMC, DLM, Funitel).

Die Fahrbereitschaft einer Seilbahn kann durch starken seitlich angreifenden Wind so beeinträchtigt

werden, dass ein Betrieb nur sehr eingeschränkt oder völlig verhindert wird. Das Risiko besteht

einerseits aus dem Anschlagen eines querpendelnden Wagens an einer Stütze oder der Entgleisung

des Förderseiles aus den Förderseilrollen auf den Stützen.

Würden bei einer Doppeleinseilumlaufbahn die Seile im Seilfeld eine feste, unnachgiebige Fahrbahn

bilden, könnte eine Querpendelung des Wagens nicht eintreten. Die Nachgiebigkeit der Seile im

Seilfeld führt durch das angreifende Windmoment W.h zu einer Klemmenlastdifferenz ΔQ, zu einer

Durchhangsänderung Δf und damit zu einer Querneigung des Wagens.

Abb.: Funitel - Kräftegleichgewicht am ausgelenkten Fahrzeug im Seilfeld

G Gewicht des Fahrzeuges W seitliche Windangriffskraft im Flächenschwerpunkt angreifend ΔQ Änderung der Auflast am Förderseil Δf vertikale Durchhangsänderung φ Verdrehwinkel S Massenschwerpunkt M Drehpunkt e Seilabstand s Abstand des Massenschwerpunktes vom Drehpunkt h Abstand der Windkraft zu Drehpunkt

S

G

W/2

G/2-ΔQ

G/2+ΔQ

W/2

yS

e

Δf

φ

W

h s

Δf M

Page 151: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

148

Ausgehend vom Gleichgewicht der Kräfte im ausgelenkten Zustand des Wagens im Seilfeld ergibt

sich aus der Forderung, dass das Moment im Drehpunkt zu Null wird:

0222222

f

Wf

WeQ

GeQ

GyGhW s

weiters gilt sin sys

somit wird aus den beiden oben angeführten Gleichungen die Änderung der Auflast am Förderseil

e

sGhWQ

sin (Gleichung 1)

Aus den bereits bekannten Zusammenhängen des Durchhanges im Seilfeld zufolge einer Einzel-

last ΔQ beträgt die Änderung des Durchhanges Δf

cos

lS

xlxQf

m

(Gleichung 2)

l ... horizontale Seilfeldlänge x ... horizontaler Abstand des Wagens von der Stütze γ ... Sehnenneigung des Seilfeldes

und der geometrische Zusammenhang bildet die Gleichung

2

sin

ef (Gleichung 3)

Die Lösung der drei Gleichungen führt zu einer expliziten Bestimmung der drei maßgeblichen

Größen ΔQ, Δf und sinφ.

Die Durchhangsänderung Δf am Seil zufolge der Windangriffslast W wird

xlxsGelS

xlxehWf

m 2cos 2

und die Sinuskomponente des Querpendelwinkels wird

xlxsGelS

xlxhW

m 2cos

2sin

2

Page 152: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

149

Die Auflast ΔQ am Seil oder die Entlastung am gegenüberliegenden Seil durch die Windangriffs-

last W wird

2cos

21

1

elS

xlxsGe

hWQ

m

Der ortsveränderliche Widerstand der Fahrbahn wird durch den Term

2cos

21

1

elS

xlxsG

m

gebildet. Hier sind die Auswirkungen jedes einzelnen Parameters erkennbar. So trägt insbesonders

eine große Vorspannung Sm des Seiles und ein großer Seilabstand e zu einer Stabilisierung (ruhige

Fahrt im Seilfeld) bei.

erläuternde Bemerkung Der ortsveränderliche Widerstand der Fahrbahn erreicht an den Stützen des Seilfeldes den Wert 1 (bei x = 0 bzw. x = l). Das bedeutet, dass hier wie auf einem festen Gleis gefahren wird. In Seilfeldmitte wird der ortsveränderliche

Widerstand am kleinsten

2cos2

1

1

emS

lsG

Je kleiner der Abstand s des Massenschwerpunktes zum Drehpunkt ist, umso stabiler wird der

Wagen bei der Fahrt im Seilfeld. Dies ist der wesentlichste Vorteil des Seilbahnsystems Funitel

gegenüber den übrigen Doppeleinseilumlaufbahnen, dass der Abstand s durch die Freigängigkeit

des Wagenkastens in Längsrichtung sehr klein gewählt werden kann.

Weiters ist aus den Gleichungen zu erkennen, dass an der Stütze (x=0 bzw. x=l) keine Durchhangs-

änderung Δf(x=0) und keine Verdrehung sinφ(x=0) auftritt (die Lage des Seiles ist an der Stütze ja

vorgegeben), aber durch die Behinderung der Querpendelung durch die beiden Seilabschnitte tritt

an den Förderseilrollen die Belastung ΔQ(x=0) auf, die zu berücksichtigen ist.

e

hWQ x

0

Die aus der Behinderung der Querpendelung resultierende Belastung ΔQ(x=0) tritt einerseits als

zusätzliche Last an den Rollen einer Seite (Tragfestigkeitsnachweis der Rolle) auf, sie führt aber

auch andererseits zu einer Entlastung an den Rollen der anderen Seite (Verminderung der

Spurführung und damit Gefahr einer Seilentgleisung).

Page 153: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

150

8.9 SCHLEPPLIFT

Die derzeitigen Ausführungen von Schleppliften umfassen Bügel-, Teller-, Stangen-, Gürtel-,

Pendel-, Slalom-, Baby- und Tubing-Lifte.

Die Fahrgeschwindigkeit von Schleppliften mit hoher Zugseilführung beträgt maximal 4,0 m/sec.

Bei niederer Zugseilführung 1,8 m/sec. Die kleinste Folgezeit beträgt 5,0 sec. Damit wird eine

Förderleistung von max. 1440 Pers/h erzielt.

Die Seilführung ist an den Geländeverlauf gebunden. Die größte Längsneigung der Fahrbahn darf

bei hoher Seilführung 60 % nicht überschreiten. Bei niederer Seilführung 40 % und wenn die

Beförderung durch Halten mit den Händen erfolgt 25 %.

Ein Neigungswechsel (Gegengefälle) ist zu vermeiden. Wenn es nicht zu vermeiden ist, beträgt

das größte zulässige Gefälle 5 %.

Die Querneigung der Schleppspur soll 0 % betragen. Eine Querneigung von mehr als 10 % ist

unzulässig. Ebenso ist eine zu einer Stütze führende Querneigung unzulässig.

Schlittenlift

Die ersten Schlepplifte wurden als sogenannte Schlittenlifte errichtet. Vergleichbar ist der

Schlittenlift mit einer Standseilbahn ohne Gleise. Die Fahrbahn ist durch die Falllinie des Geländes

vorgegeben.

erläuternde Bemerkung Dokumentarisch belegt fuhr der erste Schlittenlift 1907 im Vorarlberger Bödele auf den sogenannten Alkoholhügel neben dem Hotel Bödele. Er hatte eine Länge von 140 m und transportierte 4 bis 6 Personen, die auf dem Schlitten sitzend von einem Zugseil mit bodennaher Führung gezogen wurden. Der Antrieb bestand aus einem 4,5 PS starken Motorradmotor.

Schlittenlifte gelten nicht als Seilbahn, weil ein wesentliches Merkmal, nämlich die Spurführung,

fehlt.

Page 154: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

151

8.9.1 Schlepplifte mit niederer Seilführung

RopeTows-lifte

Hier wird ein einfaches Hanfseil (früher) oder aus Kunststoff (moderne Bauart) ohne Stützen

umlaufend gespannt, an dem sich die Skifahrer anhalten. Das Seil ist in der Reichweite der Hände

gespannt; sogenannte bodennahe Führung des Seiles.

Schlepplifte mit Schleppeinrichtungen

Die Schleppeinrichtungen können verschiedenartig ausgeführt werden. So werden kleine Sitzteller,

verdrehbare Kleinbügel oder ähnliches am Zugseil in regelmäßigen Abständen befestigt, die den

Benützer mitziehen oder mitschieben.

Abbildung: Snowtubing Abbildung: Schleppeinrichtung

Page 155: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

152

8.9.2 Schlepplifte mit hoher Seilführung

erläuternde Bemerkung Der Müller WINTERHALDER aus dem Schwarzwald erhielt bereits 1908 das deutsche Reichspatent für eine ununterbrochen laufende Drahtseilbahn mit Anhängevorrichtungen für Skifahrer. Bei der ersten internationalen Wintersportausstellung in Deutschland errichtete er einen 250 m langen Schlepper mit 85 m Höhenunterschied, der 35 Personen gleichzeitig beförderte. Die Fahrgäste hielten sich dabei an Halteschlaufen fest oder Rodeln wurden an den Schlaufen befestigt, auf denen die Fahrgäste saßen.

Bügelschlepplift

Page 156: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

153

erläuternde Bemerkung 1933 erfand der Zürcher Ingenieur CONSTAM den Schleppbügel, der anstatt der Schlaufen am Zugseil befestigt war. Der Bügel wurde vom Fahrgast unter den Arm geklemmt. 1934 wurde in Davos der erste Doppelbügel eingesetzt, den sich zwei Fahrgäste unters Gesäß ziehen konnten. Die Doppelbügel hingen dabei an ausziehbaren Seilchen, den sogenannten Schleppseilen. Der Schlepplift wurde sowohl für Skifahrer als auch für Fußgänger patentiert.

Abbildung: Schlepplift für Fußgängerbeförderung

erläuternde Bemerkung Der moderne Schleppliftbau in Österreich erfolgte 1938 mit der Errichtung des Schleppliftes „Übungshang Zürs“ durch Emil DOPPELMAYR, dem Vorarlberger Konstrukteur, der bereits damals Senkrechtaufzüge baute. Gemeinsam mit Ing. ZWICKLE wurde in Zürs mit einem 20 PS-Elektromotor das ständig umlaufende Zugseil auf Holzportalstützen geführt.

Heute werden Schlepplifte nur selten neu gebaut. Der Flächenbedarf des benutzten Geländes ist

sehr groß und Kreuzungen der Skipisten mit Schleppliften sind eine Gefahrenstelle.

Schlepplifte besitzen Einzugseinrichtungen für die Schleppseile (meist Kunststoff). Die Einzugs-

einrichtung wird an das Zugseil geklemmt und besitzt eine hydrodynamische Bremseinrichtung. Am

Ende der Aussteigefläche wird selbsttätig erkannt, ob der Fahrgast den Bügel freigegeben hat

(Überfahrsicherung).

Page 157: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

154

Bemessung der Schleppliftseile

Abb.: Kräfteansatz bei einem Schlepplift mit hoher Seilführung

Ges.: Die beiden aus dem Schleppen auf das Zugseil wirkenden Lasten T (erhöht die Seil-

spannkraft in Richtung des Seiles) und V (erhöht die Höhenspannkraft im Seilfeld) sowie

der Belastung A im Schleppseil.

Geg.: l, γ, ε, φ

Transportlast 2 Personen = 2 mal 800 N, Reibungskraft R = μ.N mit μ ≤ 0,15

Bestimmung von A:

QDA coscos

sinsin DA →

sin

sinQA

Bestimmung von T:

cossin TA →

cos

sin AT vergrößert die Seilspannkraft

Bestimmung von V:

sincos TVA →

cos

cos AV vergrößert die Höhenspannkraft

γ

φ

Zugseil

A

ε

l

Q

R

N

A

Schleppseil

Seilmasse q

(T)

(V)

N

ε

φ

ε

Q

A

D

R

ε+μ

μ

D

A (T)

(V)

γ

φ

R = N.μ

Page 158: Seilbahnbau Skriptum 2012 Innsbruck

SEILBAHNBAU

155

Bemessung der Gesamtanlage:

L horizontale Länge w Gehängeabstand H Höhenunterschied q Seilmasse

Hw

VHq

L

w

TS

cos (Ersatz für die Höhenspannkraft)

Für die Gesamtseilbahn wird genähert: mm ; mLH tan

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SEILBAHNBAU

156

Literaturhinweise Eugen CZITARY Seilschwebebahnen Springer-Verlag 1951 Klaus FEYRER Stehende Drahtseile und Seilendverbindungen Expert-Verlag, Kontakt & Studium, Band 306 Seilbahnnormen: Sicherheitsanforderungen für Seilbahnen für den Personenverkehr ÖNORM EN 1709 Erprobung, Instandhaltung, Betriebskontrollen ÖNORM EN 1907 Begriffsbestimmungen ÖNORM EN 1908 Spanneinrichtungen ÖNORM EN 1909 Räumung und Bergung ÖNORM EN 12397 Betrieb ÖNORM EN 12408 Qualitätssicherung ÖNORM EN 12927 Seile Teil 1 bis 8 ÖNORM EN 12929-1 Allgemeine Bestimmungen - Teil 1: Anforderungen an alle Anlagen ÖNORM EN 12929-2 Allgemeine Bestimmungen - Teil 2: Ergänzende Anforderungen für Zweiseil-Pendelbahnen ohne Tragseilbremse ÖNORM EN 12930 Allgemeine Bestimmungen - Berechnungen ÖNORM EN 13107 Bauwerke ÖNORM EN 13223 Antriebe und weitere mechanische Einrichtungen ÖNORM EN 13243 Elektrische Einrichtungen, ohne Antriebe ÖNORM EN 13796-1 Fahrzeuge-Teil 1: Befestigungen am Seil, Laufwerke, Fangbremsen, Kabinen, Sessel, Wagen, Wartungsfahrzeuge, Schleppgehänge ÖNORM EN 13796-2 Fahrzeuge-Teil 2: Klemmenabziehversuch ÖNORM EN 13796-3 Fahrzeuge-Teil 3: Ermüdungsversuche prTR 14819-1 Vorbeugender und bekämpfender Brandschutz Teil 1: Standseilbahnen in Tunnels prTR 14819-2 Vorbeugender und bekämpfender Brandschutz Teil 2: Andere Stand- und Seilbahnen Seilnormen: ÖNORM EN 12385, Teil 1 bis 10, Drahtseile ÖNORM EN 10244, Teil 1 bis 6, Stahldraht und Drahterzeugnisse, Überzüge ÖNORM EN 10245, Teil 1 bis 4, Stahldraht und Drahterzeugnisse, Beschichtungen ÖNORM EN 10264, Teil 1 bis 4, Stahldraht für Seile ÖNORM EN 13411, Teil 1 bis 6, Endverbindungen für Drahtseile aus Stahldraht