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Seite 1/144 Julius Echter von Mespelbrunn - Sein Leben und Wirken zum 300jährigen Todesgedenktag dem christlichen Frankenvolk erzählt von Dr. theol. Vitus Brander, Subregens im bischöflichen Klerikalseminar. Julius Echter von Mespelbrunn Fürstbischof von Würzburg Sein Leben und Wirken zum 300jährigen Todesgedenktag dem christlichen Frankenvolk erzählt von Dr. theol. Vitus Brander, Subregens im bischöflichen Klerikalseminar. Würzburg 1917. Kommissionsverlag von Buchhandlung Valentin Bauch Inhaltverzeichnis Geleitwort ................................................... 2 Das Ahnenschloß .............................................. 3 Die Echter von Mespelbrunn ................................... 4 Fromme Eltern ................................................ 6 Die Früchte einer guten Erziehung ........................... 10 Die selige Kinderzeit ....................................... 17 Studien- und Wanderjahre .................................... 18 Die Zustände im Hochstift Würzburg .......................... 27 An der Spitze des Domkapitels ............................... 32 Die Bischofswahl ............................................ 38 Berge von Schwierigkeiten ................................... 41 Die ersten Taten ............................................ 48 Ein Schatten im Lichtbilde .................................. 50 Die Stiftung der Universität ................................ 55 Die Gründung der Seminarien ................................. 58 Der Ausbau der Universität .................................. 63 Die Stiftung des adeligen Julianums ......................... 67 Das Gymnasium zu Münnerstadt ................................ 69 Der Förderer der Volksschulen ............................... 70 Des Bischofs Sorge für die Geistlichkeit .................... 74 Ruralstatuten und Kirchenordnung ............................ 77 Reform der Klöster .......................................... 79 Das große Wagnis ............................................ 82 Wie Bischof Julius die alte Religion einpflanzte ............ 89 Des Bischofs Julius Mitstreiter ............................. 95 Die Gebietserweiterungen ................................... 100 Julius und die fränkische Ritterschaft ..................... 101 Die protestantischen Reichsfürsten wider den Bischof ....... 104 Der Federkrieg gegen Julius Echter ......................... 105 Der Wiederaufbau ........................................... 108 Julius errichtet und verbessert die Pfarreien .............. 110

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Julius Echter von Mespelbrunn - Sein Leben und Wirken zum 300jährigen Todesgedenktag dem christlichenFrankenvolk erzählt von Dr. theol. Vitus Brander, Subregens im bischöflichen Klerikalseminar.

Julius Echter von MespelbrunnFürstbischof von Würzburg

Sein Leben und Wirken zum 300jährigen Todesgedenktag demchristlichen Frankenvolk erzählt von Dr. theol. Vitus Brander,

Subregens im bischöflichen Klerikalseminar.

Würzburg 1917. Kommissionsverlag von Buchhandlung Valentin Bauch

Inhaltverzeichnis

Geleitwort ................................................... 2Das Ahnenschloß .............................................. 3Die Echter von Mespelbrunn ................................... 4Fromme Eltern ................................................ 6Die Früchte einer guten Erziehung ........................... 10Die selige Kinderzeit ....................................... 17Studien- und Wanderjahre .................................... 18Die Zustände im Hochstift Würzburg .......................... 27An der Spitze des Domkapitels ............................... 32Die Bischofswahl ............................................ 38Berge von Schwierigkeiten ................................... 41Die ersten Taten ............................................ 48Ein Schatten im Lichtbilde .................................. 50Die Stiftung der Universität ................................ 55Die Gründung der Seminarien ................................. 58Der Ausbau der Universität .................................. 63Die Stiftung des adeligen Julianums ......................... 67Das Gymnasium zu Münnerstadt ................................ 69Der Förderer der Volksschulen ............................... 70Des Bischofs Sorge für die Geistlichkeit .................... 74Ruralstatuten und Kirchenordnung ............................ 77Reform der Klöster .......................................... 79Das große Wagnis ............................................ 82Wie Bischof Julius die alte Religion einpflanzte ............ 89Des Bischofs Julius Mitstreiter ............................. 95Die Gebietserweiterungen ................................... 100Julius und die fränkische Ritterschaft ..................... 101Die protestantischen Reichsfürsten wider den Bischof ....... 104Der Federkrieg gegen Julius Echter ......................... 105Der Wiederaufbau ........................................... 108Julius errichtet und verbessert die Pfarreien .............. 110

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Die Juliuskirchen .......................................... 111Neues religiöses Leben ..................................... 113Der Freund der Armen und Kranken ........................... 116Der Landesvater ............................................ 123Julius Echter als Reichsfürst .............................. 130Charakterbild des Fürstbischofs ............................ 133Bischof Julius stirbt ...................................... 138Bischof Julius lebt fort im Frankenlande ................... 140

Geleitwort

Am 13. September 1917 sind es 300 Jahre, daß der hochseeligeFürstbischof Julius Echter v. Mespelbrunn nach einer nahezu44jährigen kraftvollen und inhaltsschweren Regierung zu Gottheimgegangen ist. Das katholische Frankenvolk schuldet diesemFürstbischof ewigen Dank; die Erhaltung des katholischen Glaubensin unsere Diözese ist hauptsächlich sein Werk; mehr als 300 Kirchenund Pfarreien hat er wieder instand gesetzt oder neu errichtet; aufSchritt und Tritt begegnet man überall im ehemaligen Hochstift denSpuren seines kraftvollen bischöflichen Wirkens. Deshalb darfunsere Diözese den 300jährigen Todestag des Fürstbischofs Juliusnicht still vorübergehen lassen; vielmehr wollen wir auch in denjetzt lebenden Kindern des hl. Kilian das Gefühl innigsterDankbarkeit gegen diesen Retter und zweiten Stifter unseres Bistumsneu beleben. Es war daher Unser Wunsch, daß in einer volkstümlichenSchrift das Leben und Wirken dieses Bischofs dem christlichenFrankenvolke geschildert werde. Davon versprechen Wir Uns einendoppelten Nutzen: Einmal gewährt es in der schweren Heimsuchung desfurchtbaren Weltkrieges nicht geringen Trost und ermutigt zu neuemGottvertrauen, wenn man am Leben dieses Bischofs sieht, wie derallmächtige Gott seiner Kirche im rechten Augenblick Hilfe undRettung aus schwerer Not durch ein auserwähltes Werkzeug gesandthat. Zweitens möge die Lebensbeschreibung in allen Lesern denVorsatz und das Gelöbnis wecken, den heiligen katholischen Glauben,welchen Fürstbischof Julius mit so großer Mühe im Frankenlandwieder angepflanzt hat, als ein kostbares Vermächtnis unversehrt zubewahren und treu nach demselben zu leben; der hochseelige Bischofhat ja selber keinen anderen Dank für seine unsäglichenAnstrengungen gewünscht, wie heute noch so manche Inschrift an denvon ihm gebauten Kirchen meldet: "Julius, dein Fürst und Bischoftreu", "In Dank allein Er dies begehrt", "Daß du nicht weichest vonChristi Herd". So möge dann dies Büchlein mit unserem Segen

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hinausziehen ins Frankenland und allenthalben reichen Nutzenstiften.Würzburg, am Feste des hl. Bonifatius 1917. Ferninand, Bischof vonWürzburg.

Das Ahnenschloß

Im Herzen unseres deutschen Vaterlandes liegt der Spessart, dieKrone der deutschen Wälder. In seinem grünen Schoße birg er eineköstliche Perle, versteckt in einem engen Wiesentälchen undeingefaßt von waldbewachsenen Höhen. Es ist das märchenhaftzauberische Waldschloß Mespelbrunn. Hier stand die Wiege vonWürzburgs größtem Fürstbischof, Julius Echter. Unweit desköniglichen Jagdschlosses Rohrbrunn zweigt an der den Spessartdurchquerenden Staatsstraße Würzburg-Marktheidenfeld-Aschaffenburgein breiter Fahrweg in das romantische Tal der Elsava. Durchuralten, prächtigen Eichen- und Buchenwald wandert man talabwärts,bis plötzlich im grünen Wiesengrunde die roten Mauern und Türme desSchlosses auftauchen. In einem klaren blauen See spiegeln sichseine Zinnen. Glücklich überstand das Ahnenschloß des großen Juliusin seinem Waldversteck die Stürme der Zeit. Der Bauernkrieg v.J.1525, welcher so viele Schlösser einäscherte, und derdreißigjährige Krieg störten es nicht aus seinem Waldesfrieden. DasDampfroß hat erst in neuester Zeit sich den Weg gebahnt in dieHeimat des Fürstbischofs Julius. Aus dem Maintal führt vonObernburg aus eine Lokalbahn das Elsavatal hinauf, vorbei an demalten sagenumwobenen Kloster Himmelthal, hinein in den grünenSpessart. Von der Endstation Heimbuchenthal aus erreicht man nachkurzer Fußwanderung das im Seitental versteckte, waldumrahmteSchloß. Hier also, in einem Turmzimmer erblickte Julius Echter dasLicht der Welt als der zweitälteste Sohn des kurmainzischenOberamtmannes und Geheimrates Peter III. Echter von Mespelbrunn undseiner edlen Gattin Gertraud von Adolzheim. Die alteFamilienchronik meldet dies Ereignis mit den Worten: "Anno 1545 uffSankt Anselmitag den achtzehnten Martii, der do ist gewesen uffeinen Mittwochen, morgens frue um die vier Uhr, ist geborn undgetauft worden im Schloß zu Mespelbrunn Julius Echter, GevatterAntonius Sparr." Letzterer war Amtmann zu Amorbach und der Schwagerder Mutter. Die heutigen Schloßgebäude stammen im Wesentlichen vomVater und älteren Bruder des Fürstbischofs her. Wald und Meer,sagt man, erziehen ein gesundes, ernstes und männliches Geschlecht;sie rauschen ihm fortgesetzt Stärke zu und erfrischen und erneuernseine Kraft. So wohnte denn auch in Mespelbrunn ein nervenstarkes,

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kerniges und aufstrebendes Rittergeschlecht, von dem Julius derberühmteste Sprosse ward.

Die Echter von Mespelbrunn

Der Apfel fällt nicht weit vom Stamme. Dies Sprichwort bewahrheitetsich so recht an Julius Echter. Denn der Stamm der Echter zählteine ansehnliche Reihe tatkräftiger und tüchtiger Männer, die demStaat und der Kirche treue Dienste leisteten.(Fußnote: A. Kittel,Beiträge zur Geschichte der Freiherrn Echter von Mespelbrunn,Würzburg 1882.) Ursprünglich waren die Echter im Odenwald begütertals Vasallen der Schenken von Erbach. Heute noch erinnern die Namender Odenwalddörfer Mittel- und Altechtern daran. Zu Beginn des 14.Jahrhunderts treffen wir einen Albrecht Echter als kurmainzischenWald- und Bachförster zu Wintersbach im Spessart. Die Sage erzählt:Kaiser Friedrich Barbarossa (1152-1190) hatte die drei GebrüderEchter wegen Räubereien geächtet und aus ihren zerstörten Burgenvertrieben; diese suchten im Spessart an verchiedenen Orten,nämlich zu Mespelbrunn, Partenstein und Lindenfurt, eine neueHeimat und kamen von Zeit zu Zeit zusammen, um sich zu besuchen,wobei sie ihre Rosse an einen Pfahl anbanden, der davonEchterspfahl hieß. Drum führt das Geschlecht im Wappen einensilbernen Pfahl mit drei blauen (eisernen) Ringen. Es kann dieseSage auf geschichtlichen Wert keinen Anspruch machen. Der Name"Echter" ist nicht gleichbedeutend mit "geächtet", sondern mit"Ächter", d.i. die Acht vollstreckend. Die Echter waren alsoMänner, die das Land ritterlich gegen die in Acht erklärtenVerbrecher schützten. Am 14. Mai 1412 schenkte der ErzbischofJohann II. von Mainz dem Ahnherrn der Echterschen Familie HammannI. (gestorben 1427), der ebenfalls kurmainzischer Bach- undWaldförster im Spessart, Mainzischer Rat und Vizedom inAschaffenbrug, Präfekt in Seligenstadt und Schloß Alzenau war, alsBelohnung für die treuen Dienste "die Wüstung und Hofstätte,genannt Espelborn". Daraus wurde später Mespelbrunn. Hammann I.baute auf dem geschenkten Platze Haus und Hof und kaufte sich inder Nähe seines neuen Stammsitzes das Dorf Wintersbach und einenTeil des Waldes von Sommerau. Er war nämlich bereits damals derartbegütert, daß er dem Würzburger Bischof Johann von Brunn 5000Gulden leihen konnte, wofür ihm dieser i.J. 1422 den WürzburgerAnteil an Kitzingen verpfändete. Wie Hammann I. standen auch seineNachkommen meist in kurmainzischen Diensten. Das ritterlicheGeschlecht lieferte auch dem geistlichen Stande eine Reihetüchtiger Männer. So leistete der Bruder Hammanns, namens PeterI., dem Kurfürst Johann II., Erzbischof von Mainz, erprobte Dienste

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als Protonotar und Sekretär; 1428 wurde er Domdechant von Mainz;dieser Peter Echter leuchtete derart durch Klugheit, Energie undSittenreinheit hervor, daß ihm Erzbischof Konrad III. von Mainz,als er 1429 zum Reichstag nach Wien reiste, die Verwaltung dergeistlichen Angelegenheiten des Erzbistums übertrug. Später wurdeer sogar zum Erzbischof von Mainz gewählt, er nahm jedoch die Wahlnicht an. Ein Markus Echter starb 1475 als Stiftsherr zuAschaffenburg und Domherr zu Mainz. Des Fürstbischofs Julius Vaterhatte noch 10 Geschwister; von diesen widmeten sich 2 Brüder demgeistlichen Stande und eine Schwester dem Ordensstande: gleich derälteste Bruder Valentin I. wurde 1522 Stiftskanonikus inAschaffenburg und eine Schwester wurde 1525 Konventualin zuFrauenlob in der Markgrafschaft Baden und starb daselbst alsPriorin 1569. Es läßt allein dieser Umstand einen Rückschluß zu,welch guter religiöser Geist im Hause der Großeltern unseres Juliusgeherrscht haben muß; drei Kinder widmeten sich dem geistlichenStande und das in einer Zeit, wo infolge der neuen Lehre Luthersdie Klöster sich entvölkerten, das Halten des Zölibats fürunmöglich erklärt und Welt- und Ordensklerus mit Spott undSchmähungen überhäuft wurden. Seine Großeltern vom Echterstammlernte Julius nicht mehr persönlich kennen, wohl aber lebte noch inMespelbrunn der Bruder seines Großvaters, ein bedeutender Mann undkurmainzischer Beamter, der Vizedom in Aschaffenburg, Mitglied desSchatz- und Dekonomierates, Dr. jur. Philipp I., der Aeltere. Erhatte neben der Wallfahrtskirche zu Hessenthal bei Mespelbrunn einegrößere Kirche bauen lassen, die von da an als Grabeskirche derEchter diente. Ein Verwandter von ihm charakterisierte imFamilienbuche die Ahnen und setzte ihm dabei folgendes ehrendeDenkmal: Philipp der Alt, ein Edelmann Von seiner Gemahlkein Erben gewann, Zu Aschaffenburg ein Vicedom ward Zu ehrenGott er nichts gespart. Er starb am 15. Februar 1549, daJulius nächst 4 Jahre alt war. Das Familienbuch hat folgendenEintrag über seinen Tod: Anno domini den 15. Jenners auf DienstagSt. Maurustag zwichen fünfen und sechsen nach Mittag ist PhilippEchter der Aeltere zu Mespelbrunn mit allen Sakramenten versehenchristenlich und wohl von diesem Jammertal todts verschieden -seines Alters ungefähr 75 Jahr. Gott der Herr verleihe der Seeledie ewige Ruhe und Seligkeit. Amen. War des EchterschenGeschlechts ein treuer Vater und Patron.(Fußnote: Gedenkblätter derEchter v. Mespelbrunn von Frhrn. v. Stotzingen, im Archiv desHist. Vereins v. Asch. 50. Bd. (1908), S.184). Welche guteEindrücke mochte der kleine geweckte Julius von einem solchenwelterfahrenen, gelehrten und frommen Großoheim in sich aufgenommenhaben! Die bereits 1536 verstorbene Gattin dieses Philipp, einegeborene Gräfin Agnes Elisabeth von Werdenberg und zumHeiligenberg, war hochgebildet und Freundin aller schönen Künste.

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Sie schm+ckte den Stammsitz Mespelbrunn mit eigenhändigen Malereienund Stickereien (Gobelins) aus, in welch beiden Künsten sieMeisterin war. Einen rührenden Zug bemerken wir auf diesen nochheute erhaltenen Gobelins; der alte Knecht und die alte Magdschließen in andächtiger Stellung die Reihe der EchterschenFamilienglieder. Man zählte also die Dienstboten zur Familie;wieviel könnte unsere Zeit daraus lernen! Wir begreifen es, wennaus einem solchen Geschlecht ein Fürstbischof Julius hervorging,der den Armen seines ganzen Landes ein Haus in seiner Residenzstadtbauen wollte. Die Großmutter des Julius (gestorben 1523), namensCordula von Habern, war ebenfalls eine sehr fromme und gebildeteFrau; sie begann alle Familienänderungen fleißig aufzuzeichnen undzwar auf leeren Blättern eines Andachtsbuches vom Jahre 1490.Verfasser dieses Erbauungsbuches ist der Bruder Johann von Voltz,Doktor der heiligen Schrift, Mitglied des Augustinerordens. AufWunsch des Kurfürsten Friedrich zu Sachsen schrieb derEinsiedlermönch die Predigten, die er vor seinem Fürsten gehalten,in diesem Buche nieder. Es ist wieder ein schönes Zeugnis für denfrommen Geist des Echterschen Geschlechtes, daß man sich für solcheBücher interessierte und daß die Großmutter eines Julius auf denangehefteten Blättern alle wichtigen Familienereignisseverzeichnete. Und wiederum bezeugt es die Pietät und den treuenFamiliensinn ihrer Nachkommen, daß diese Aufzeichnungen von demjeweiligen Vater oder der Mutter bis zum Erlöschen des Geschlechtesder Echter von Mespelbrunn im Jahre 1665 weitergeführt wurden.Wahrhaft rührend und erbaulich sind viele dieser Einträge, ganzoffensichtlich eingehaucht von einem warmen katholischenGlaubensleben, das mit dem Kirchenjahr miterlebt und betet, und dasin jener Zeit, die widerhallt von den Klagen über die Verwilderungdes Familienlebens und der Verrohung der Sitten. Der FürstbischofJulius Echter hat nachmals diese fromme Gepflogenheit seinerGroßmutter übernommen, indem er die Todestage seiner Eltern undGeschwister mit eigener Hand in den Sommerband seines Brevierseintrug.

Fromme Eltern

Die seelischen und körperlichen Anlagen, welche die Eltern demKinde mitgeben bei der Geburt und die ersten Eindrücke, di esempfängt im Elternhaus, entscheiden fast immer seine ganzeLebensrichtung. Die Jugendzeit unseres Fürstbischofs fiel nun zwarin eine recht traurige Zeit; es waren die Tage derGlaubensspaltung. Als Julius im März 1545 geboren ward, lebte nochzu Wittenberg jener Mann, der im Jahre 1517 die Losung zum Sturme

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gegen die alte katholische Kirche gegeben hatte, der ehemaligeAugustinerpater Professor Dr. Martin Luther. Gerade acht Tage nachder Geburt unseres Fürstbischofs sandte der alternde Luther, seineletzten Lebenskräfte verzehrend, im Zorn gegen den Papst, weildiser für das Jahr 1545 die längst ersehnte Kirchenversammlung nachTrient ausgeschrieben hatte, die haßglühende und racheschnaubendeFlugchrift in die Welt: "Wider das Papsttum zu Rom, vom Teufelgestiftet." Traurig sah es damals aus in unserem Vaterlande. WeiteTeile hatten sich losgerissen vom alten Glauben und die Neuerunggriff täglich noch weiter um sich. Eine so große Verwilderung derSitten war eingetreten, daß Luther selbst aus dem Zentrum der neuenLehre, aus Wittenberg, im Geburtsmonate von Julius Echter, an denFürsten Georg von Anhalt schrieb (9. März 1545): "Wir leben inSodoma und Babylon". "Nein, vierzig Jahre möchte ich nicht mehrdieses Leben kosten", jammerte der Glaubensneuerer am 11. Juni1539 seinen Freunden, "wollte mir Gott auch ein Paradies darausmachen. Ich wollte eher einen Henker mieten, der mir den Kopfabschlüge, so böse ist die Welt, eitel Teufel werden sie jetzt, daßeinem einer nichts Besseres wünschen kann, denn nur ein seligenStündlein - und darvon!" Der Adel hatte sich hauptsächlich derneuen Bewegung angeschlossen. Fand er doch dabei die erwünschteGelegenheit, sich am Kirchenvermögen zu bereichern und die eigeneMacht zu steigern. Der selige Petrus Canisius sagt vom fränkischenAdel in einem Berichte vom 10. März 1567 an seinen Ordensgeneralaus Würzburg: "Von den Adeligen, die hier in großer Zahl sichbefinden, sind nur noch 3 oder 4 katholisch." In dieser trüben,sturmbewegten Zeit leuchtete die Familie des Fürstbischofs JuliusEchter als ein Muster treukatholischer Gesinnung, echterFrömmigkeit, erbaulicher Sittenstrenge, Einfachheit und trautenFamiliensinnes. Als nachmals Fürstbischof Julius am 4. Januar 1582zu Rektor der von ihm gestifteten Universität gewählt wurde, nahmer die Würde an mit folgenden denkwürdigen Worten: "Ich bin vonfrühester Jugend an durch Gottes Gnade so erzogen worden, daß ichgeziemendermaßen zur Verteidigung der heiligen katholischen Kircheund des Glaubens all das Meinige beitragen muß!" WelchesEhrenzeugnis stellt hier Julius im Jahrhundert des Glaubensabfallsseinen Eltern über ihre Kindererziehung aus! Nicht minder bezeugenes die Geschwister des großen Julius, wie treu sie im altenkatholischen Glauben erzogen wurden. Es sorgten aber auch dieEltern für ihre Kinder bis zu ihrem Tode in wahrhaft rührender undvorbildlicher Weise recht väterlich und mütterlich. Für unsereZeit, wo so manche Eltern den Kindersegen als eine Last empfinden,kann die Echtersche Familie ein leuchtendes Vorbild sein. Denn derVater des Julius, Peter III., entsproß einer Familie, die 6 Söhneund 5 Töchter zählte; er selbst hatte 9 Kinder, 4 Söhne und 5Töchter. Der Bruder des Julius, namens Valentin hatte 12 und sein

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anderer Bruder Dieterich 13 Kinder. Der Vater unseres Julius,Peter III., geb. 1520, scheint anfänglich für den geistlichenStand bestimmt gewesen zu sein.; denn er erhielt nach der Unsitteder damaligen Zeit schon im 8. Lebensjahre die Antwartschaft aufein Kanonikat an der Stiftskirche zu Aschaffenburg. Seinewissenschaftliche Ausbildung holte er sich von 1533-41 aufHochschulen in Frankreich und Italien. Da seine Brüder ohneNachkommen waren, verzichtete er auf seine Aschaffenburger Pfründeund trat in den weltlichen Dienst des kurmainzer Erzbistums. Am20. Februar 1542 heiratete er im 22. Lebenjahre sodann zu Hanaudie 17jährige Getraud von Adolzheim. Das ritterschaftlicheGeschlecht derer von Adolzheim hatte seinen Stammsitz im heutigengroßherzogl. badischen Franken an der alten Straße zwischenHeidelberg und Würzburg. Ihr Vater war Johann von Adolzheim, ihreMutter Margareta, eine geborene Rüd von Kollenberg. Eine altebestunterrichtete Biographie des Fürstbischofs Julius, die unserhochverdienter fränkischer Geschichtsschreiber, derBenediktinerpater Ignaz Gropp aus Bad Kissingen im 3. Band seinerfränkischen Geschichte abdruckt, entwirft von Peter III. foldendesBild: "Peter Echter zu Mespelbrunn, ein alter Rat derKurfürstentums Mainz, ein gottseliger, frommer, katholischer Mann,der seiner sondern Weisheit und Verstandes halben, bei höchsterObrigkeit im Reich und außer desselbigen berühmt undbekannt."(Fußnote: Collectio novissima III. (1748), 318) Nochmalssagt dieselbe Biographie gelegentlich der Erzählung seines Todes:"Peter Echter ist am Sebastianitag 1576 im hohen Alter und im 37.Jahr seiner Mainzischen Diensten, deren eines minder, er zu allenReichs- und Khurfürstentagen, andere namhafte Schickungen zugeschweigen, gebraucht worden, allda zu Mainz gestorben; den hat inseiner Krankheit Khurfürst Daniel zu Mainz persönlich besucht." Aufdem Grabdenkmal in der Kirche zu Hessenthal vom Jahre 1583 knien inLebensgröße zu beiden Seiten eines Kruzifixes Vater Peter Echterund die Mutter Gertraud mit ihren 5 Söhnen und 4 Töchtern, worunterder Fürstbischof Julius mit der Inful(?). Oberhalb des Bildes stehtu.a. "der edel und ehrenhaft Peter zu Mespelbrunn, so dreienKhurfürsten zu Mainz treulich gedient, 33 Jahre Rat, auch Amtmannzu (Stadt)prozelten und Dippurg gewesen." Mehrmals wurde der Vaterunseres Julius von den Mainzer Kurfürsten mit wichtigen Aufträgenbetraut. So gehörte er 1552 zu den Mainzer Bevollmächtigten beimAbschluß des Passauer Vertrages und 1559 nahm er nach demAussterben der Grafen von Rieneck das Gebiet von Lohr für seinenHerrn in Besitz. Glänzend ist das Zeugnis, das ihm sein Kurfürst,der durch seinen Glaubenseifer rühmlichst bekannte ErzbischofDaniel Brendel von Mainz im Jahre 1574 in einemEmpfehlungsschreiben seines Sohnes, des neugewählten FürstbischofsJulius, an Papst Gregor XIII. ausstellt. Der Kurfürst schreibt

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nämlich: "Ich bin bei der Nachricht von der Wahl des Julius vongroßer Freude erfüllt worden. Am meisten freute ich mich deswegen,weil Julius von Eltern abstammt, die der katholischen Religionaußerordentlich treu ergeben sind; dieselben haben ihm überall ankatholischen Universitäten wie Löwen, Paris und sogar in Rom selbsteine sorgfältige Erziehung angedeihen lassen. Auch bediene ichmich mit gutem Erfolge schon mehrere Jahre in meiner Amtsverwaltungdes weisen Ratesund der klugen und treuen Dienste seines Vaters undseiner tüchtigen Brüder." Für seine treu katholische Gesinnungspricht unter anderem auch die Tatsache, daß er sich besonders fürdie Berufung der Jesuiten nach Mainz i.J. 1561 bemührte. Denndieser Orden war es gewesen, der in jener Zeit am meisten zurWiederbelebung des katholischen Glaubens betrug, von den Guten wieein Retter in der Not ersehnt, aber auch bis zum heutigen Tag vonden Gegnern aufs bitterste gehaßt. Ihnen vertraute er dann auch inKöln seine Söhne zur Erziehung an. Als Studienorte wählte er fürseine Söhne nur katholische und unverdächtige Universitäten und warso emsig bedacht auf die Reinerhaltung ihres katholischen Glaubens.Damals brachten ja so viele Studenten von ihren auswärtigenBildungsanstalten das Gift der Irrlehre mit in die Heimat. DieKinder Peters aber blieben alles fest dank der Erziehung ihrerEltern; keiner von ihnen trat in jener Zeit des großen Abfalls zumneuen Glauben über, sondern mehrere wurden gleich Julius wahreSäulen der Kirche. Die Einträge, welche Peter Echter in dasFamilienbuch machte, zeigen, wie er als treubesorgter Vater vollFrömmigkeit das Schicksal seiner Kinder der göttlichen Vorsehungempfahl. So heißt es: "Anno 1567 den 20. September ist Julius undSebastian nach Italien in Gottes Namen gezogen" oder " Anno 1570...ist Sebastian Echter zum zweitenmal auf Schulen in Italien geweset.Der Allmächtige möge ihn gnädig hin und zurückführen. Amen." PeterEchter vergrößerte und verschönerte für seine Kinder den StammsitzMespelbrunn. Als Julius um Jahre 1569 aus Italien zurückkehrte,fand er das jetzige Wohngebäude neu errichtet; am Protal einesWendeltreppenturmes im Hofraume des Schlosses las er die Inschrift:1569 Ehelich Lieb und stete Treu Bringt Glück und Segen ohn allReu. Mit Ernst und Fleiß haben wir Gott vertraut Den Unsern zuguet dies Haus erbaut. Darunter sind die Brustbilder Peters undseiner Gemahlin, mit dem Beisatze: alt 49 und alt 44. Welch einwarmer, liebevoller Ton, welcher zarter Familiensinn spricht aussolchen Worten! Es mag sein, daß Julius diese Turminschriften inVersen zum Vorbild der Inschriften an seinen Neubauten genommen.Wie Peter Echter lebte, so starb er - als ganzer katholischer Mannvon echtem Schrot und Korn. Das sagt folgender Eintrag von derHand seiner Gattin, in dem all ihre Liebe und der Schmerz um denVerlust des Gatten nachzittert: "Anno Dom. 1576 auf Samstag nachSebastianstag den 21. Jenner zwischen 1 u. zwischen 2 nach

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Julius Echter von Mespelbrunn - Sein Leben und Wirken zum 300jährigen Todesgedenktag dem christlichenFrankenvolk erzählt von Dr. theol. Vitus Brander, Subregens im bischöflichen Klerikalseminar.

Mitternacht gegen den Tag ist Peter Echter zu Mespelbrunn zu Mainzim Schloß mein herzlieber Ehegemahl in Gott trostlichen verschiedenmit Versehung dem eiligen Sakrament und der hl. Oelung. Derallmächtige Gott verleihe ihm die ewige Ruh und eine frohlicheAuferstehung. Dieser hievor neun beschriebener Kinder Vater. Gottverleihe seinen Nachkommen unsern lieben Kindern sein Segen undBenedeiung. Amen. Getraud Echterin geb. von Adelsheim." Wiekönnte unsere Zeit, die das Famileinleben zu zerreißen undzersplittern droht, von der Echterschen Familien lernen! Es hingendenn auch die Kinder und namentliche Julius Echter an ihren Elternmit rührender Liebe, und wo die Kinder die Eltern lieben, da sindauch die Geschwister in treuer Liebe einander zugetan. Die Mutterdes Fürstbischofs verbrachte nach dem Tode des Gatten ihre letztenLebenstage bei ihrer Tochter Magdalena auf Schloß Wiesentheid imSteigerwald, wo diese mit Hans Fuchs von Dornheim vermählt war.Jene alte Lebensbeschreibung berichtet von ihr: "Im Sommer (28.Juni) des Jahres 1538 ist Bischofen Julii Mutter Gertraud .. beiihrer Tochter .. zu Wiesentheid nach dem Willen Gottes verschieden,welches Bischof Julius sehr schmerzlich aufgenommen; denn es wareine fromme, gottesfürchtige Matrone gewesen, die den mehreren Teilihrer Zeit im Gebet verbracht, auch ihres Herrn (=Julius) sonderund hohe Sorg gehabt, vorab in den verschiedentlichen Anstößen, diedenselben betroffen. Wie dieses Jahr Erzbischof Gebhard von Cölnaus dem Geschlechte der Truchsessen zu Waldburg von der Religionabfiel und sich mit einer Nonne beweibte, war sie bekümmert, da ihrSohn Bischof Julius mit genanntem Gebhard in aller vertraulicherbrüderlicher Freundschaft gestanden, er würde vielleicht daselbsther auch etwas gefaßt haben und in gleichen folgen, dessen esGottlob nicht bedurft. Bischof Julius ist zu seiner Mutter in ihrerKrankheit nach Wiesentheid gereist, hat sie in der Person mit demheiligen hochwürdigen Sakrament versehen. Als die Leiche gegenWirtzburg gelanget, ist er der Bahre mit entbößtem Haupte durch dieSadt bis ins Schloß wie auch zu Mespelbrunn, dahin er derverstorbenen Mutter nachgefolget, hat er selbst den Gottesdienstverrichtet." Der älteste Bruder des Fürstbischofs, Adolf, der aufdem Stammschloß in Mespelbrunn wohnte, trug bei dieser Gelegenheitin sein Tagebuch ein, daß Julius mit 40 Pferden in der Heimat ankamund daß ihre liebe Mutter am 1. Juli "nach katholischem altemBrauch zu Hessenthal zu der Erden bestattet worden. Der SeelenGott gnädig und eine frohliche Auferstehung verleihe!"

Die Früchte einer guten Erziehung

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Bevor wir die Jugend- und Studienjahre des Fürstbischofs Juliuserzählen, wollen wir den Ereignissen etws vorauseilen und an seinenGeschwistern zeigen, wie das Beispiel, Gebet und die Wachsamkeitsolcher Eltern von der Art eines Peter und einer Gertraud Echtervon Mespelbrunn ihre reichen Früchte trugen. Die acht Kinder - eineTochter starb schon in früher Jugend - machten ihren Eltern alleEhre und wurden Zierden ihres Standes. 1. Der älteste Bruderunseres Fürstbischofs war Adolf, geb. am 20. April 1543; er wurdevom Kurfürsten von Mainz 1568 zum Amtmann von Stadtprozeltenernannt; er wohnte meist in seinem Stammsitze Mespelbrunn, den ermit einem neuen Anbau versah; vermählt war er seit 1566 mit Klaravon Frankenstein. Einen Einblick in das Leben und Treiben aufSchloß Mespelbrunn sowie die Seele dieses Adolf geben uns dieAufzeichnungen seines Tagebuches.(Fußnote: Mitgeteilt von FranzHüttner im Archiv für Kulturgeschichte. 3. Bd. (1915) S. 440 ff.)Er selbst entwirft von sich folgende launische Selbstschilderung:"Lenz ohne Witz Manchen Hirsch hab ich helfen jagen, VielmehrStein zum Bau getragen; Bin ich voll, so will ich geigen undsingen, Tät doch deren keines wohl gelingen, Hab leider nichtviel der Witz, Drum steh ich bei dem Ofen und schwitz." DieEinträge ins Tagebuch verzeichnen sorgsam die Jagdbeute, dieerhaltenen und gemachten Besuche; sie vermelden auch, wie Adolf vonseinem Kurfürsten wiederholt zu Diensten verwendet wurde. Im Juni1582 reist er mit dem Kurfürsten von Mainz zum Reichstag nachAugsburg; im März des nächsten Jahres muß er in Sachen desabgefallenen Kölner Erzbischofs Gebhard v. Waldburg für seinenHerrn nach Würzburg reiten, im März 1585 sendet ihn der Erzbischofnach Prag zum Kaiser. Im Mai 1594 begleitet er wieder seinen Herrnzum Reichstag nach Regensburg. Doch scheint Adolf dabei einebesonders hervorragende Rolle nicht gespielt zu haben; er war einehrlicher fröhlicher Jägersmann, der auch zuweilen einen "starkenTrunk" nicht verschmähte. Er war somit in vielen Stücken gerade dasGegenteil seines Bruders Julius, bei dem der Ernst und dieentschlossenen Festigkeit aus jedem Zug seines Anlitzes spricht.Indes lassen die Aufzeichnungen erkennen, daß auf SchloßMespelbrunn der alte kathol. Glauben und die frommenUeberlieferungen auch unter Adolf weiter gepflegt wurden. Erbesitzt einen Hauskaplan namens Johann Hußler, an dessenLebensschicksalen er herzlichen Anteil nimmt. Er berichtet von ihmim Februar 1585, daß er erkrankte und mit dem hl. Sakramenteversehen wurde und am 18. April desselben Jahres starb. Er läßtseine Kapelle ausschmücken, kauft in Nürnberg für dieselbe silberneLeuchter, Monstranz und Ciborium. Pietätsvoll verzeichnet Adolf dieGottesdienste, welche er für seine seligen Eltern in Hessenthalhalten ließ; am 2. September 1854 berichtet er: dem Pfarrherrn vonRöllbach 20 Gulden geben, daß er meiner lieben seligen Mutter einen

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gestifteten Jahrtag halten soll. Wiederholt ersehen wir aus denAufzeichnungen, daß sowohl Adolf als seine Gattin sich bei jederernsteren Krankheit alsogleich mit den Sakramenten der Kirche durchdie eigens gerufenen Pfarrherrn von Straßhessenbach oderGroßheubach versehen ließen. Eine besondere Freundschaft scheintAdolf mit dem Jesuitenpater Gerhard Rhien aus Würzburg, von dem wirspäter noch Näheres hören werden, verbunden zu haben; sein Bruder,der Fürstbischof, hatte ihn zugleich mit seinem Leibarzt bei einerernsteren Krankheit Adolfs im Mai 1592 erstmals zugesandt. P.Gerhard geht von da an in Mespelbrunn aus und ein, ja besucht dendurch Schlaganfall an Händen und Füßen gelähmten Echter sogar imBad Langen-Schwalbach bei Wiesbaden. Auch wohltätig scheint Adolfgewesen zu sein, im August 1583 spendet er "für einen Platz(=Freiplatz) zum neuen Spital" (=Juliusspital in Würzburg) 60Gulden; im Februar 1583 wird ihm ein armer Waisenknabe vonBreitenbrunn (bei Stadtprozelten) gebracht, den er "um Gotteslohnaufzieht"; am 23. April 1594 verehrt er der Kirche in Mömbrisetliche Ornate, so eine Monstranz, ein silbernes Ciborium und einMeßgewand. Adolf starb zu Mespelbrunn am 18. Juni 1600, seine Witwefolgte ihm 1617 im Tode nach. 2. Hervorstechender an Geistesgabenund bedeutsamer war die Rolle, welche der 3. Sohn Echters spielte,nämlich Sebastian, geb. am 8. März 1546. Er hatte teilweise mitJulius seine Ausbildung erhalten, dem er auch sehr ans Herzgewachsen war. Auf den Hochschulen Italiens erwarb er sich denDoktortitel beider Rechte; Sebastian war anfangs ebenfalls wieJulius zum geistlichen Stande bestimmt gewesen und hatte inWürzburg und Speyer die Anwartschaft auf eine Domherrnstelleerhalten; er verzichtete jedoch auf dieselbe und vermählte sich mitSophia von Seckendorf; die Ehe blieb kinderlos; von Dezember 1572ab war er kurmainzischer Rat und Amtmann zu Orb und Hausen. Von denZeitgenossen wurde er die "Zierde des fränkischen Adels" genannt.Sein früher Tod im Jahre 1575 vereitelte die großen Hoffnungen,welche Fürstbischof Julius wegen seiner Gelehrsamkeit,Geschäftsgewandtheit und seines erprobten Charakters auf ihngesetztz hatte. Julius ließ ihn im südlichen Seitenschiff des Domeszu Würzburg bestatten und ein herrliches Grabdenkmal aus weißemMarmor errichten. Wie brüderlich Julius ihn liebte, sagt dielateinische Inschrift des Denkmals, die also schließt: "Du warstweise, gelehrt und fromm. Ich hegte die Hoffnung, du werdest mirdie doppelte Bürde der (bischöflichen und weltlichen) Regierungerleichtern, aber sie wurde vereitelt. O daßdoch meine Lebenstaggekürzt worden wären um den Preis, daß du mit mir hättest lebenkönnen. 3. Das 4. Kind Peter Echtes war Margareta, geb. am 4.Februar 1549, seit 1564 vermählt mit Hans Heinrich von Ehrenberg.Aus dieser Ehe entsproß der nachmalige Würzburger FürstbischofPhilipp Adolf von Ehrenberg, geb. 27. Sept. 1583, regierte als

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Bischof von 1622 bis 1631. 4. Die übrigen 2 Brüder Valentin undDietrich, ebenso wie die Ehegatten der jüngsten Schwestern, vondenen sich Magdalene 1574 mit Hans Fuchs von Dornheim zu Wisentheidund Mainsondheim und Kordula 1581 mit Stephan Zobel von Giebelstadtzu Darstadt und Messelhausen vermählte, waren treue und eifrigeMitarbeiter des Fürstbischofs Julius. 5. Auch Valentin, geb. am21. Mai 1550, trat anfangs in den geistlichen Stand und erhieltneunjährig eine Pfründe im Stifte zu Brüssel, wo sein OheimDomdechant war, dazu ferner die durch Verzichtleistung seinesBruders Sebastian erledigten Domherrnstellen in Würzburg undSpeyer. Doch trat er selber im Jahre 1576 mit päpstlicher Dispensevom geistlichen Stande zurück und vermählte sich 1577 mit OttilieRauh von Holtzhausen, die ihm 12 Kinder schenkte. Valentin wurdewürzburgischer Amtmann zu Asbach, Kissingen und Volkach. Auch derKaiser ernannte ihn zum Reichshofrat und belohnte seine Verdienstedadurch, daß er ihn und seine Geschwister 1623 in denFreiherrnstand erhob. Der religiöse Sinn Valentins zeigt sich inden Einträgen, die er in das von seinem Vater übernommeneErbauungsbuch mit der Familienchronik machte. Zur Notiz seinerVerehelichung fügte er hinzu: "Der allmächtige Gott gebe uns seinenSegen, Glück, langes Leben, Fried und Einigkeit. Amen." Als ihm am24. April 1581 seines erstes Kind Peter Julius geboren ward, dessenPatenstelle der Fürstbischof selber übernahm, setzt er dem Eintragden Wunsch bei: "Gott gebe, daß er fromm und alt werde." Seinem 2.Sohn Adolf wünscht er in gleicher Weise am 31. Juli 1582: "Gottverleihe ihm seinen Segen, daß er redlich und alt werde." Und soähnlich bei den Geburtsdaten aller 12 Kinder. Doch das rechteChristentum erprobt sich erst im Leben. Wie Valentin aber schwereSchicksalsschläge trug, zeigen folgende drei nacheinander stehendeEinträge: "Hat der allmächtige Gott meinen lieben Sohn Julius Peterden 23. Februar 1595 mit Schmerzen aus diesem Jammertal zu sich indie ewige Freu8de und Seligkeit abgefordert; der Herr verleihe ihmeine fröhliche Auferstehung. Amen. Seines Alters 17 Jahre." - "Istmein 1. Sohn Valentin nachts zwichen 12 und 1 Uhr in Gottverschieden und ein Engelein des himmlischen Vaterreichs worden.Gott wolle uns alle zu ihm helfen." - "Hat mich der liebe Gottschmerzlich angegriffen und mir meinen herzlieben Sohn AdolfWilhelm zu Toulouse in Frankreich zu sich aus diesem Jammertalabgefordert, der ein Licht des Geschlechtes hätte sein können. Gottverleihe ihm eine fröhliche Auferstehung. Den 20. Januar 1602.Seines Alters 21 Jahre." Ebenso leuchtet sein religöser Eifer ausder Tatsache hervor, daß er auf seinen neuerworbenen Besitzungengleich seinem Bruder Dieterich die katholische Religionwiederherstellte, Pfarreien gründete und Kirchen baute. So baute erdie Pfarrkriche in Heubach, stiftete in Gaibach (bei Volkach) einePfarrei und erbaute 1588 daselbst eine Kirche; desgleichen die

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Pfarrkirche in Kirchschönbach 1597 und in Breitensee 1598 (Bez.-A.Königshofen). Ebenso meldet das "Gerlachshäuser Pfarrbuch" -Gerlachshausen ist jetzt Filiale von Stadtschwarzach, - daßValentin im Jahre 1609 die Pfarrei Schwarzenau stiftete "zurBeförderung der Ehre Gottes und Pflanzung der katholischen, alleinseligmachende Religion." 1592 hatte er daselbst schon eine Kirchegebaut. Leider ging die Pfarrei Schwarzenau im Schwedenkrieg wiederunter. Valentin starb am 24. September 1624 und liegt in der vonihm errichteten Pfarrkirche zu Gaibach gebraben. 6. Der jüngsteder Echterschen Brüder, Dieterich, geb. am 23. Januar 1554 und seit1577 vermählt mit Susanna, Erbmarschallin von Pappenheim, war derrömisch. kaiserl. Majestät und fürstlich würzburgischer Rat undAmtmann zu Rothenfels; er stand seinen Brüder an Wissen, Charakterund religiösem Eifer nicht nach. Letzteres zeigen seine Verdiensteum die Pfarrei Büchold. Im Jahre 1596 kaufte Dieterich nämlich vonden verschuldeten Gebr. v. Thüngen Schloß, Gut und Dorf Büchold(bei Arnstein) um 125000 Gulden. Unter der Thüngenschen Herrschaftwar Büchold zur protestantischen Religion gebracht worden.Dieterich betrachtete es nach Abschluß des Kaufes, wie die alteBücholder Pfarrchronik meldet, als seine erste Aufgabe, "die wahre,alte, katholische Religion einzupflanzen." Die Heern von Thüngenhatten bei Einführung des neuen Glaubens die Pfarrgüter sowie dasSchloßbenefizium eingezogen, ebenso das Benefizium an derNikolauskapelle; um diese Kapelle auch nicht mehr unterhalten zumüssen, wurde sie von den Schloßherrn niedergerissen. Die alte St.Johannespfarrkirche geriet in ziemlich verwahrlosten Zustand.Sogleich nach Uebernahme von Dorf und Rittergut setzte Dieterichdiese Kirche wieder in richten Stand, versorgte sie mit dernotwendigsten inneren Einrichtung, stellte für sie wieder einenkatholischen Priester an, legte im Jahre 1598 den Grundstein zueiner neuen Nikolauskapelle und setzte auch die ehemaligeSchloßkapelle wieder in stand. Im Jahre 1600 stiftete er diePfarrei neu; der Stiftungsbrief, datiert vom 22. Februar 1600, istein bleibendes Denkmal des religiösen Sinnes von Dieterich undseiner Gattin, denn darin sagen die beiden Ehegatten unter anderem:"Uns, die wir in der alten katholischen Kirche und Glauben vonunseren lieben Eltern selig erzogen und durch Gottes Gnade noch zurZeit (darin) erhalten (worden sind), ist nit mehr angelegen, denndaß unsere Kinder und Nachkommen wie auch sämtliche unsereUntertanen bei solchem uralt christlich Glauben und in derkatholischen Kirche auferzogen und daß diejenigen unter unserengedacht Untertan, welche durch ketzerische Lehre allbereits abwegsgeführt, dahin wiederum gebracht, hinfürder durch Gottes Hilf darinbestätigt werd und beständig bleiben mög. So haben wir zu unserer,auch unserer Voreltern und Verwandten Seel Seligkeit, zuAuferbauung und Fortpflanzung der alt katholisch allein

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seligmachenden Religion, und damit auch dasjenige, so fromme alteChristen hierzu gutherzig gestiftet und geben haben, wiederumersetzt und erstattet werde, von unseren freieigenen Gütern undGefällen für einen Prister und Seelsorger, gemelder heilig und wahralt katholisch Religion zugetan, zu seiner priesterlich ehrlichsustentation und Unterhalt, Gott dem Allmächtigen, der unbeflecktenMutter Christi Maria, allen Aposteln und Heiligen Gottes,sonderlich aber S. Joanni dem Täufer, welcher angeregter Kirchepatronus ist, zu Ehren, ... dotiert und begabt, tun auch solchesfür uns, unsere Erben und Nachkommen hiemit wissentlich undwohlbedächtiglich in der allerbest Form, Maß und Gestalt ..., damiter (der Priester) desto besser der Kirche, uns, unseren Kindern undUntertanen mit göttlicher Lehr und christlichem Leben vorgeben undgebührend Gottesdienst versehen solle und möge." Die Pfarrgütersollen von Zins, Steuer, Frohn und dergl. frei sein. Die Stifterermahnen und bitten ihre Erben und alle künftigen Inhaber desadeligen Guttes Büchold bei der Ehre Gottes, der allgemeinenChristenheit Wohlfahrt, ihrer und der Unterranen Seligkeit, daß sienicht allein diese ihre Fundation fest und unverbrüchlich halten,sondern auch, soviel ihnen Gotte Gnade mitteilen würde, bessern,befördern und mehren, die jeweils verordneten Pfarrherrn alsgeistliche Väter und Seelsorger gebührlich zu ehren, auch dieUntertanen dazu anweisen, dafür sie dann auch desto mehr Segen vondem Allmächtigen zu erwarten haben werden. "Für den Fall aber, wasGott gnädiglich verhüten wolle, daß bei den künftigenSchloßbesitzern, ob sie nun unseres oder anderes Geschlechtes,Stammes oder Namens wären, über kurz oder lang zu Bücholdwiderwärtige Religion einreißt und kein katholischer Priestervorhanden - auf welchen allein und keinen Haereticum diese unsereDotation gemeint - so soll der oder die derselben Zeit Besitzer undInhaber des Gutes Büchols schuldig sein, unseren Erben oder anderenunseres Geschlechtes katholischer Religion alles dasjenige, so wirjetzt zu dieser Pfarrei gegeben haben, und noch weiter gebenwerden, nach gebührendem billig Wert zu erstatten, dasselbe aneinen anderen katholischen Ort ihrer Gelegenheit nach ohneVerhinderung zu geben und zu verwenden, damit ihrer (im Gebete)möge gedacht und die gestiftete Seelenmeß möge gehalten werden."Dieterich kaufte auch 1616 (Bemerkung: diese und die folgendeJahreszahl stehen so im Original.) von Hans von Schauberg dessenBesitz zu Traustadt für 53000 Gulden und baute daselbst eineKirche. Leider starb der fromme Ritter bereits am 8. August 1601,erst im 44. Lebensjahre und hinterließ bei seinem Tode von 6 Söhnenund 7 Töchtern, mit denen seine Ehe gesegnet war, zwei Söhne undzwei Töchter. Einen der Söhne hatteim Januar 1581 Kurfürst Danielvon Mainz in eigener Person aus der Taufe gehoben. Dieterich ist inder von ihm wiederhergestellten St. Johannes-Pfarrkirche zu Büchold

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gebraben. Die lateinische Inschrift des Grabmonumentes ist einherrliches Testament des Verstorbenen an seine Hinterbliebenen undlautet in deutscher Uebersetzung: "Leb wohl vor allem, du meinesüße Gemahlin! Vielliebe Kinder! Weint nicht über meinen Tod,sondern ahmt nach mein Leben! In Liebe hielt ich zu Gott und zumeinem alten Glauben; Gerechtigkeit habe ich geübt undBarmherzigkeit gegen die Armen. Beliebt war ich bei Kaiser undFürsten, hoch und niedrig. Mannhaftigkeit habeich erstrebt, vomGlück war ich begleitet. Diese Kirche, dieses Schloß habe ich alserster an unsere Familie gebracht. Erhaltet das Erbe,vermehrt es,aber nicht durch Habsucht, sondern durch Tüchtigkeit. Haltet inEhren, ihre Söhne und Töchter, die gute Mutter. Dieser lege icheuch ans Herz und euch die Mutter; euch aber und die Mutterempfehle ich meinem Blutsbruder, dem Fürsten von Würzburg, Julius,der euch Vater sein will. Ihn und euch alles empfehle ich meinemGott; bei diesem laßt mich nun glückilich sein und strebt auchdurch ein heiliges Leben zu ihm zu kommen." Die beiden BrüderValentin und Dieterich wurden die Begründer der EchterschenHauptlinien, die 1665 im Mannesstamm erloschen. Der letzte Echter -Erbmarschall Johann Philipp - starb 18jährig und liegt im WürzburerDom begraben. Schloß Mespelbrunn ging hierauf an die Grafen vonIngelheim über. Beim Aussterben des Mannesstammes war nämlich alseinziges lebendes Familienglied nur noch Maria Ottilie Echterübrig; diese, eine Enkelin Valentins, war vermählt mit PhilippLudwig von Ingelheim. Mit kaiserlicher Genehmigung nahmen dieGrafen v. Ingelheim zu ihrem eigenen Namen den der Echter hinzu undnennen sich seitdem Grafen von Ingelheim, genannte Echter von undzu Mespelbrunn. Welch herrliche Männer sind doch diese Echter vonMespelbrunn, die Geschwister eines Julius! Sie haben treulichgehalten, was sie ihrem Vater in der Inschrift des Grabdenkmals zuHessenthal versprachen. Dort knien die neun Geschwister mit ihremVater und ihrer Mutter vor dem Kruzifix und sie lassen den Vaterfolgende Mahn- und Abschiedsworte an die Kinder richten: "DieKaiser Karl, Ferdinand und Maximilian, sowei die KurfürstenAlbrecht, Daniel bis zum gegenwärtig regierenden haben meinerGlaubenstreue hohes Lob gespendet; ihr, meine Kinder, folget euresVaters Spuren! Julius wird als Bischof ohnehin den Glauben zuverteidigen haben; aber auch ihr übrigen steht mit gleichem Eiferein für den lebendigmachenden Glauben." Hierauf antworten dieGeschwister dem Vater: "Dieser dein Wille, Vater, soll uns so hochund heilig sein, daß auch nicht ein kleines Pünktlein daran sollverletzt werden. Und alle Sprößlinge, die aus deinem Stammehervorgehen, werden den Weg gehen, den du durch uns jetzt lehrst;Julius wird unmittelbar den heiligen Glauben verteidigen, wirübrigen aber treten in gleicher Weise ein für den nämlichenlebensspendenden Glauben." Peter III. und Gertraud von Adolsheim

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ernteten die herrlichsten Früchte ihrer christlichenKindererziehung und das ist der Eltern schönster Lohn. Sie schautendas mächtige Aufblühen ihres Geschlechtes und sahen Juliushinaufsteigen auf den Thron eines Reichsfürsten und Bischofs.

Die selige Kinderzeit

Kehren wir nun wieder zur seligen Kinderzeit der Echterschen Kinderins waldumrauchte Schloß Mespelbrunn zurück. Hier in der gesunden,nervenkräftigenden Waldeinsamkeit wuchs Julius Echter im Kreiseseiner Geschwister, unter den Augen seiner Eltern und seinesGroßoheims Philipp heran. Wahrscheinlich brachte Julius einen Teilseiner Kindertage auch an den Ufern des Maines in Stadtprozeltenzu, wo sein Vater kurmainzischer Amtmann war. Denn es wohnte dieFamilie zeitweilig dort und mehrere von Julius jüngerenGeschwistern erblickten in Stadtprozelten das Licht der Welt. Ueberdie Kinder jahre des Julius sind uns nur ganz spärliche Nachrichtenüberliefert. Seinen ersten Unterricht erhielt er von dem HauskaplanGeorg Amerbach. Dieser wra der Sohn eines Professors an derHochschule zu Ingolstadt und wurde 1564 auch daselbst selberLehrer. Ingolstadt war damals unter den benachbarten Universitätenimmerhin die kirchlich zuverlässigste, und wenn wir von derUniversität auf den Lehrer einen Rückschluß machen dürfen, so sehenwir, daß der Vater des Julius mit diesem Lehrer eine gute Wahlgetroffen hat. "G. Amerbach war ein gerade auch in der altenLiteratur gründlich gebildeter Mann, und wir gehen schwerlich irre,wenn wir annehmen, daß die aufrichtige Neigung zu denWissenschaften, die seinen Zögling durch dessen ganzes Lebenhindurch begleitet hat, nicht ohne das wesentliche Zutun diesesseines Lehreres in seiner Seele gepflanzt worden ist.(Fußnote:Wegele, Geschichte der Univ. Würzburg I (1882) 130.) Es hat sichdas Glückwunschschreiben Amerbachs vom 14. Jan. 1574 erhalten, daser an Julius nach seiner Bischofswahl von Berching in Mittelfrankenaus richtete, wo er damals Pfarrer war. Es legt dieses Schreiben ingleicher Weise für das wissenschaftliche Streben und denkirchlichen Sinn des Lehrers als für die herrlichen Anlagen undCharaktereigenchaften seines Schülers ein beredtes Zeugnis ab. Dennder ehemalige Hauskaplan schreibt an Julius: "Ich freue mich überdein hohes Glück; der liebe Gott hat dich auf die Warte gestelltund zur Leitung der Kirche berufen. Ich zweifle nicht daran, daß dubei deiner Tüchtigkeit, Selbstbeherrschung, Bescheidenheit, deinenglänzenden Anlagen, deinem Wissen und Ansehen, - Vorzüge, die dirwie selten in dieser Zeit einem zuteil wurden - das so große undschwere Amt der herzoglichen und bischöflichen Regierung nicht nur

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trefflich führen, sondern sogar die von vielen auf dich gesetztenErwartungen überbieten wirst. Indes wenn du auch jetzt auserlesenbist, das Herzogtum und die Diözese zu regieren, so wirst du doch -wenn anders ich dich recht von Jugend an kenne - keineswegs diewissenschaftlichen Studien aufgeben; du wirst auch nicht zu sehrauf deine Macht oder deinen Namen oder auf das lächelnde Glückbauen. ... Was der hl. Paulus vom Bischof hauptsächlich verlangt,daran brauche ich dich nicht zu erinnern: daß er nämlich daszuverlässige, der Lehre gemäße Wort ergreife, daß er fähig sei, inder gesunden Lehre zu unterweisen und die Gegner zu widerlegen.Wenn dies je aber nötig war, so ist es unbedingt der Fall in dengroßen Wirren unseres Zeitalters, wo die meisten die gesunde Lehrenicht mehr ertragen wollen. Gott, in dessen Hand das Herz derKönige ist, lenke dich und die Deinigen dein ganzes Leben hindurchdergestalt, daß du seine Ehre und die der Braut seines Sohnes,unseres Herrn Jesu Christi, im Auge und Sinn habest; ihm empfehleich dich herzlich. Lebe wohl! Du bist mir, deinem einstigen Lehrer,stets mit herzlicher Zuneigung so liebevoll entgegengekommen;bewahre mir auch jetzt und für alle Zukunft deine Gunst, Huld undGüte, mein Fürst und Herr, den ich mit der höchsten Verehrungbegrüße." Daß ein solch hervorragender Mann in den empfänglichenJahren des ersten Knabenalters auf Julius nach allen Seiten hin denbesten und tiefsten Einfluß ausübte und ihn namentlich auch in derLiebe zu der im Elternhause ohnedies so treu gepflegtenkatholischen Religion bestärkte, dürfen wir als sicher annehmen..Die Ueberlieferung berichtet, daß später Fürstbischof Julius seinenehemaligen Lehrer aus Anhänglichkeit und Dankbarkeit als Pfarrernach Volkach berief. Im Jahre 1575 und 1576 hat wenigstens einPfarrer Georg Amerbach in Volkach gewirkt. Der lieben Jugend aberleuchtet der große Julius durch sein Beispiel voran im Lerneifer,der Liebe und der Dankbarkeit gegen seinen Lehrer.

Studien- und Wanderjahre

Es nahte die Zeit, wo Julius das elterliche Schloß verlassensollte, um an auswärtigen Schulen seine Studienlaufbahn zubeginnen. Die Schulen, welche dmals in Franken für angehendeStudenten in Betracht kamen, waren die geistlichen Dom- undStiftsschulen. Hier bot sich den Adeligen zugleich zum Studium einewillkommene finanzielle Unterstützung in den geistlichen Pfründenan den Domkapiteln und Ritterstiften. Hatte sich jemand eine solchePfründe verschafft, so tat sie ihm die gleichen Dienste wie heutedie Studien-Sipendien. Drum widmete der Adel gerne die ältestenSöhne dem geistlichen Stande und ließ sie in solche Stifte

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eintreten, indes die jüngeren die Familie fortpflanzen sollten.Fanden sie später keine Neigung am geistlichen Stande, so blieb esihnen unbenommen, auf ihre Pfründen zu verzichten und zu heiraten,wie wir dies von den Brüdern des Julius bereits hörten. AmWürzburger Dom existierten nun 54 solcher Pfründen; 24 davon trafenauf die eigentlichen Domkapitulare, welche Sitz und Stimme imDomkapitel hatten und sich mit dem Bischof in die Regierung derDiözese teilten. Die übrigen 30 waren den sogenannten Domizellarenoder Domschülern vorbehalten; diese hatten ein geringeresEinkommen. Ursprünglich lebten die Domherren alle in einem Gebäudezusammen nach einer gemeinsamen Regel wie in einem Kloster. DasKapitel unterhielt für den Nachwuchs eine Schule, welche derAufsicht des Domscholasters oder Domschulmeisters unterstellt war.Als sich später das gemeinsame Leben auflöste, wohnten dieeinzelnen Domherrn in den sogenannten Domherrnhöfen. Auch dieDomschüler lebten in Würzburg nicht zusammen in einem Hause,sondern wohnten bei verwandten oder bekannten Domherrn in derenBehausung. Seit ältester Zeit wurden ins Würzburger Domstift nuradelige Personen aufgenommen und es mußte der Bewerber oder imFalle von dessen Unmündigkeit andere Adelige beschwören, daß erväterlicher- und mütterlicherseits je 4 adelige Ahnen habe; dieshieß man "aufschwören". Es wurden die Pfründen an diesengeistlichen Stiften bereits an Knaben verliehen. Die einzelnenDomkapitulare hatten das Recht, im Erledigungsfalle einer Pfründeder Reihe nach abwechselnd einen neuen Inhaber für dieselbe zuernennen. So konnten die adeligen Domherrn stets wieder ihrenverwandten und befreundeten Familienmitgliedern die gestilichenPfründen zuwenden; es sanken die Domstifte leider zuVersorgungsanstalten für Adelige herab; viele kamen so ohne Berufzum geistlichen Stande und führten nach wie vor ein weltlichesLeben; die Priesterweihe war selbst für die Domkanoniker nichtvorgeschrieben, sondern nur das Subdiakonat. Der Domdechanz abersollte Priester sein, weil er an hohen Festtagen das Hochamt zuhalten hatte. Diese Zustände an den Domstiften trugen eineHauptschuld am Verfall des kirchlichen Lebens zur Zeit derGlaubensspaltung. Julius Echter war neun Jahre als, als sich seinVater nach der Sitte der Zeit für seinen Sohn, an dem er die bestenTalente bemerkt hatte, um solche geistliche Pfründen umsah. Da aberdie Pfründen der Domizellare nicht allzugroß waren - in Würzburgerhielt ein Domizellar ums Jahr 1800 jährlich an die 338 Gulden inGeld sowie etliche Malter Weizen, Korn und Haber - so suchte mangleichzeitig nach der weiteren Unsitte jener Zeit in verschiedenenDom- und Ritterstiften eine Pfründe zu erhalten, um dieJahreseinkünfte dadurch zu erhöhren. Peter Echter bewarb sich fürseinen Sohn Julius zunächst bei dem Kollegialstift St. Peter undAlexander zu Aschaffenburg um eine Pfründe und Julius erhielt eine

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solche am 5. Oktober 1554. So mußte denn Julius als Stiftsschülernach Aschaffenburg übersiedeln. Am 29. November des gleichen Hahreserhielt er auch durch Nomination des Domscholasters Heinrich vonWürzburg die erledigte Pfründe des Martin von Wiesenthau alsDomizellar am Domstift in Würzburg. Als Vater Peter Echter sichpersönlich bei dem Domstifte in Würzburg für Julius um Erteilungder Pfründe bewarb, da sagte er das prophetische Wort: "Ich hoffe,daß meine Söhne sich also erzeigen und anstellen werden, daß manmit ihnen wohl zufrieden sein kann." Die Domizellare mußten dort,wo sie eine Pfründe erhalten, auch wirklich eine Zeit lang -mindestens 6 Monate - wohnen oder "Residenz halten". Deshalbsiedelte Julius im Dezember 1557 von Aschaffenburg nach Würzburgüber; in Aschaffenburg wurde er unter dem 11. Januar von derResidenzpflicht dispensiert; am 20. Dezember 1557 stellten dieDomkapitulare Andr. von Thüngen und Erasmus Neustetter beimDomkapiel den nunmehr 12-1/2jährigen jungen Edelmann vor; Juliusmußte in Würzburg vorschriftsgemäß bis mindestens 20. Juni 1558bleiben; er wird bei einem befreundeten Domherrn gewohnt haben,indes er unter dem Domscholaster Michael von Lichtenstein dieDomschule besuchte, an der auch der Weihbischof Dr. Georg FlachUnterricht erteilte. Damals erlebte Julius in Würzburg einEreignis, das die ganze Stadt und das Herzogtum in tiefe Erregungbrachte. Am 15. April 1558 wurde der regierende FürstbischofMelchior Zobel von Guttenberg durch Meuchelmörder, welche der mitdem Bischof verfeindete Ritter Wilhelm von Grumbach zu Rimpargedungen hatte, auf dem Wege nach seinem Schlosse Marienbergerschossen. Zum Nachfolger wurde der Domdechant Friedrich vonWirsberg gewählt. Als Junker Julius den neuen Fürstbischof in denDom einziehen sah, ahnte er nicht, daß er nach ihm den Stuhl deshl. Burkard besteigen werden. Am 7. Oktober 1558 erhielt Julius zuden beiden bisherigen geistlichen Pfründen noch eine dritte alsDomizellar am Erzstift Mainz. Deshalb stellte der nunmehr 14jährigeEdelmann am 12. Mai 1559 an das Würzburger Domkapitel die Bitte"gen Mainz ad studium zu ziehen" und daselbst zugleich seineResidenz als Domizellar des Erzstiftes zu machen. Die Erlaubniswurde gewährt. Am 31. Mai 1559 treffen wir Julius in Mainz und am18. Juli ließ er durch den Domkapitular Andr. von Thüngen sein vonder Mainzer Schule erhaltenes Studienzeugnis dem WürzburgerDomkapitel vorlegen. In Mainz stand Julius wieder unter derAufsicht seines Vaters, der viel beim Erzbischof weilte. Dieseraber, der Kurfürst Daniel Brendel von Homburg, entschloß sich,einige adelige Jünglinge, darunter Julius und seinen älteren BruderAdolf, dem Kölner Jesuitenkolleg zur Erziehung anzuvertrauen.Sicherlich darf man daraus schließen, daß der Erzbischof auf Juliusgroße Stücke hielt und ihm die bestmöglichste Ausbildung gewährenwollte. Zur Uebersiedelung nach Köln brauchte aber Julius auch

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Erlaubnis von Würzburg; denn die jungen Domherrn waren in der Wahlvon auswärtigen Studienorten nicht frei, sondern an die Zustimmungdes Domkapitels, an dem sie Pfründen genossen, gebunden; demselbenmußten sie auch ihre Studienzeugnisse einsenden. Das Domkapitelwollte durch diese Maßregel verhindern, daß in jenen Zeiten, womanche Universitäten, wie Wittenberg, zum Protestantismusabgefallen oder denen er, wie in Leipzig und Heidelberg, gewaltsamaufgenötigt wurde, die jungen Domherrn auf ihrem Studiengange durchihre Lehrer und Mitschüler von der Irrlehre angesteckt würden.Daher durften sie nur katholische Schulen besuchen. Julius suchtealso in Würzburg um die Erlaubnis nach, auf die Universität in Kölnund nachher gelegentlich sich nach Löwen zu begeben. Es scheint dasWürzburger Domkapitel zuerst dagegen Schwierigkeiten gemacht zuhaben; denn die alte Lebensbeschreibung berichtet: "Seine Studia,soviel er darzu Erlaubnis nicht ohne Bemühung und mit InterzessionErzbischofen Daniels zu Mainz, als dessen Orts er auch Domherr war,haben können, die ihm dann etwas sonders schwer gemacht wurde, hater anfangs in Belgiis, dann etlicher Ort in Gallia, und endlich inItalia, auch zu Rom, prosequiert." (Gropp III, 313). Alleinschließlich erhielt er vom Domkapitel zu Würzburg die gewünschteErlaubnis. Bald darauf schrieb er aber an dasselbe: er sei auf derReise nach Köln unterwegs erkrankt und könne deswegen bis zurversprochenen Zeit nicht dorthin kommen; sobald er wieder genese,wolle er sich dann unverzüglich auf eine andere "unverdächtige" undzugelassene Universität begeben, weil die Aerzte ihm den Aufenthaltzu Köln mißraten hätten. Julius hat nun gleichwohl im Herbst 1559bis 1561 in Köln am Jesuitenkolleg studiert, denn wir besitzendarüber bestimmte Nachrichten. Die Universitätsbibliothek inWürzburg bewahrt ein Studienzeugnis der Kölner Universität fürJulius vom 11. April 1561. Er wohnte als Zögling bei den Jesuitenund betrieb die Gymnasialfächer. Sein Lehrer war Pater MagisterJohann Berkelius. Als Julius nachmals den bischöflichen Stuhlbestiegen, schrieb der Provinzial P.Tyräus und der Rektor desJesuitenkollegs in Würzburg, P.Bader, an den General in einem Briefvom 24. Juni 1575: "Seine Zuneigung gegenüber dem Orden istallbekannt; er hat es als Jünglich gezeigt, als er in unserenSchulen erzogen wurde, und als Kanonikus bekräftigt; jetzt aber istsein Wohlwollen in demselben Maße wie seine Würde nur noch erhöht,was er durch Wort und Tat zu zeigen nicht aufhört." In Mainz undKöln hatten schon etliche Jahre vor der Ankunft unseres JuliusEchter die Mitglieder des Jesuitenordens den Boden für eineWiedergeburt des religiösen Lebens bereitet. Dieser Orden war i.J.1540 von Papst Paul III. bestätigt worden und bereits 2 Jahrespäter wirkte der selige Petrus Faber, der erste Jesuit, welcherdeutschen Boden betrat, in Mainz und später in Köln und stiftetevielen Segen. In Mainz machte in der Osterzeit 1543 bei dem Seligen

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ein glänzend begabter und dabei gottbegeisterter KölnerUniversitätsstudent die hl. Exerzitien; es war dies der seligePetrus Canisius aus Nymwegen (geb. 1521), der nachmals der zweiteApostel Deutschlands werden sollte. Der selige Petrus Faber machteauf den jungen Studenten solchen Eindruck, daß er ebenfallsbeschloß, in die Gesellschaft Jesu einzutreten. So gewann derselige Petrus Faber in Canisius den ersten Deutschen und einenanderen Seligen für seinen Orden. Petrus Canisius kehrte nach Kölnzurück und wirkte daselbst bereits als Student durch Wort undBeispiel segensreich auf seine Mitchüler ein, später auch alsLehrer an der Universität; noch größer war sein Einfluß durch seinePredigten nach Empfang der Priesterweihe 1546. In Köln war es auch,wo der selige Petrus Faber 1544 den Grund zum ersten deutschenJesuitenkolleg legte, indem er neben dem seligen Canisius noch 6andere Ordensgenossen um sich scharte. Bald wurde das KölnerOrdenshaus eines der blühendsten und Deutschland und einePflanzschule apostolischer Männer für unser Vaterland. Selbst derSohn eines Kölner Bürgermeisters, Johann von Reidt, schloß sich derGesellschaft Jesu an, und ihm, der sich P.Joh. Rethius nach derdamals üblichen lateinischen Umformung seines Namens nannte, wurdei.J. 1556 eines der 3 städtischen Kölner Gymnasien, die sogenannteDreikronenburse übertragen. Bald überflügelte das KölnerJesuitenkolleg die beiden anderen städtischen Anstalten weitaus undzog die Augen von ganz Deutschland auf sich, wie wir es bereits vonErzbischof Daniel von Mainz hörten. Als Julius nach Köln kam,umfaßte das Jesuitengymnasium unter dem Rektor P.Rapethius bereits6 Klassen und ein theologisches Kolleg. Im August 1560 zählte dieAnstalt bereits 480 Schüler unter 12 Lehrern. Die Jesuitenschulenerzielten bald solche Erfolge und gewannen solchen Zulauf, daß sieden Neid der Protestanten in ganz Deutschland erweckten. Sievermittelten nicht bloß gründliche Bildung, sondern auch einegediegene Erziehung, was die Eltern bei dem damaligen rohen Wesenauf den Universitäten nicht gering anschlagen mochten. Der hl.Ordensstifter Ignatius von Loyola hatte seine Grundsätze überSchule und Erziehung in einem Schreiben an den Herzog von Bayern,als dieser von ihm Lehrer für die Universität Ingolstadt verlangte,also dargelegt: "Es sind Professoren nötig, denen es nicht genügt,ihre Hefte abzulesen, sondern, die sich auch eine besondereAngelegenheit aus dem Fortschritte der Schüler in der Wissenschaftund in den christlichen Sitten machen, und die darauf bedacht sind,ihre Zöglinge nicht allein zu Gelehrten, sondern auch zu gesittetenMenschen zu bilden." Julius Echter war nun nicht bloß Schüler amJesuiten-Gymnasium, sondern lebte auch als Zögling imJesuitenkonvikte unter der Aufsicht der Ordensmänner. Er war seinenErziehern in Liebe zugetan; es mochte dieser Aufenthalt zeitlebensauf ihn tief nachgewirkt haben. Dort lernte Julius seinen

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klassischen lateinischen Stil, den die Zeitgenossen an ihm rühmen.Die Kölner Studienkataloge aus jenen Jahren lassen ersehen, daßregelmäßige Wiederholungen, öffentliche Disputationen, Lösungen vonPreisfragen einen regen wissenschaftlichen Wettbewerb bei Lernendenund Lehrenden unterhielten und das Wissen in ein Könnenverwandelten. Nach den Kölner Vorlesungsverzeichnissen wurde damalsan Samstagen und Sonntagen Epistel und Evangelium und derKatechismus des seligen Canisius erklärt. Zwar hüteten sich dieJesuiten vor jedem Uebermaß in religiösen Uebungen, aber es wurdeauf tägliches Gebet und Besuch der hl. Messe und regelmäßigenEmpfang der hl. Sakramente gesehen. Dadurch wurde bei Julius derfeste Grund zu dem sittenreinen und frommen Leben gelegt, dasnachmals Freund und Feind bei ihm anerkennen mußte. Im Sommer 1561siedelte Julius und sein jüngerer Bruder Sebastian von Köln auf dieberühmte Universität Löwen über, von wo sie im August diegesetzlichen Nachweise ihrer Immatrikulation an das Domkapitel nachWürzburg einsandten. Löwen, die alte Hauptstadt der belgischenProvinz Brabant, war fast noch mehr wie Köln ein Mittelpunktkatholischer Bildung und Wissenschaft. Die theologische Fakultätwar hochberühmt; verschiedene reich ausgestattete Kollegienschützten die Studenten vor einem frivolen und ausgelassenen Leben.Der berühmte Gelehrte Erasmus von Rotterdam schreibt vollBegeisterung über Löwen im Jahre 1521: "Nirgends findet sich mehrMuße zum Studium, nirgends unter der Jugend ein größerer Eifer fürdie Wissenschaft. An Menge der Studierenden steht die UniversitätLöwen keiner nach, ausgenommen der von Paris. Die Anzahl derStudenten beträgt etwa 3000, und fortwährend strömen noch neuehinzu." Die Löwener Hochschule trat der Glaubensspaltung mitgrößter Entschiedenheit entgegen und verteidigte mit regem Eiferdie katholische Lehre. Die theologische Fakultät von Löwen teiltemit der von Köln den Ruhm, die erste öffentliche Erklärung gegenLuther abgegeben zu haben. An der Kirchenversammlung von Trientnahmen mehrere ihrer Mitglieder in ehrenvoller Weise teil. So rühmtder päpstliche Legat Commendone um die Mitte des 16. Jahrhundertsdie Universität Löwen als ein Bollwerk des Glaubens, weithinberühmt durch den Ruf der Professoren und die Menge der Studenten.So mußten die beiden jungen Echter auch hier die besten Eindrückeempfangen. Belgien und die Niederlande standen damals unterspanischer Herrschaft. König Philipp II. setzte alles daran, seineLänder dem katholischen Glauben zu erhalten. Daher gründete er imJahre 1562 in Duai eine Universität, damit diese ebenso für diesüdlichen Teile der spanischen Niederlande ein Bollwerk derkatholischen Religion gegenüber der Irrlehre werde, wie es Löwenfür die nördlichen Teile war. Eine Reihe der berühmtesten LöwenerProfessoren wie Estius, Sylvius, Stalpleton siedelten damals nachDuai über. Auch Julius und Sebastian folgten am 17. September 1563

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den Professoren dorthin; das Würzburger Domkapitel hatte dieUebersiedelung genehmigt. Im Protokoll seiner Sitzung vom 13.August 1563 erfahren wir, wie sorgsam der Vater Peter Echter überseine Söhne wachte; denn es sagt von den beiden Echtern: "Haben -nunmals mit ihrem lieben Vater bedacht, ihr angefangen studio zukontinuieren (fortzusetzen), seien sie mit dem lieben Vaternbedacht, auf ein katholisch Universität gen Duarium (Duai) inArrois, dem König aus Hispanien zugehörig, zu ziehen." In denNiederlanden konnten die jungen Echter aus nächster Nähe dieWühlarbeit und Umtriebe verfolgen, durch welche eineAdelsverschwörung unter Wilhelm von Oranien und dem Graf von Egmontden wenige Jahre später erfolgten Abfall der Niederlande vonSpanien und der katholischen Religion vorbereitete. Später mußtesich Fürstbischof Julius Echter als kaiserlicher Kommisar noch vielmit der niederländischen Angelegenheit beschäftigen. Julius war zumUnterhändler wie wenige geeignet, auch deswegen, weil er durch5jährigen Aufenthalt in Löwen und Duai Land, Leute und Verhältnissein Belgien gründlich kennen lernte. Im Jahre 1566 war der Boden inden Niederlanden schon recht heiß geworden; im August 1566 brachein Bildersturm los, der in einer Woche 400 Kirchen und Altäre inSchutt und Staub verwandelte. Die unseren Kriegern so wohlbekanntenKirchen von Ypern, Menin, Comines, Valenciennes, Tournay undAntwerpen wurden damals verwüstet. Es sicher anzunehmen, daß PeterEchter, der erfahrene Rat des Kurfürsten von Mainz, des Erzkanzlersdes deutschen Reiches, den kommenden Sturm in den Niederlandenvoraussah. Er beschloß seine Söhne von da wegzunehmen. Auch vieleProfessoren, die das wissenschaftliche Leben an der neugegründetenUniversität zur Blüte bringen sollten, kehrten wieder nach Löwenzurück oder zogen nach Frankreich. Deshalb baten die beiden jungenEchter das Domkapitel von Würzburg, den ursprünglich auf 3 Jahreberechneten Studienaufenthalt in Duai abkürzen und ihre Studien inParis fortsetzen zu dürfen. Am 27. April 1566 senden sie bereitsihre Zeugnisse von Paris ans Würzburger Domkapitel ein. Schondamals war Paris das Herz von Frankreich und das Leben vonFrankreich pulsierte in Paris. Der alte Glanz der Universität warindes schon im Erbleichen. Schwere Glaubenskämpfe erschütterten dasLand; die Reformierten, die man in Frankreich Hugenotten nannte,suchten sich mit Waffengewalt freie Religionsübung zu erzwingen. InParis regiert zur Zeit der Anwesenheit von Julius Echter einkindischer Knabe als König, Karl IX. Tatsächlich war seine Mutter,die herrschsüchtige Katharina von Medici, die Regentin des Landes.Vielleicht erschien dem Vater Peter auch der Boden von Paris zuunruhig und gefährlich für seine Söhne; kurz, sie siedelten imSeptember 1566 nach Angers über. Angers, die Hauptstadt desheutigen Departements Maine und Loire, etwa 300 Kilometersüdwestlich von Pars gelegen, zu beiden Seiten des Maineflüßchens,

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das wenige Stunden unterhalb der Blumenstadt Angers in die Loiremündet, beherbergte Julius und Sebastian Echter ungefähr ein Jahr.In Angers hatte isch aus einer Rechtsschule eine Universitätentwickelt, die 1432-1685 bestand. Man darf aus dem Umstand, daßJulius und sein Bruder Angers und darauf Pavia besuchten, wo dasStudium des weltlichen und kirchlichen Rechtes ebenfalls in großerBlüte stand, darauf schließen, daß sie vor allem juristischeStudien betrieben. Die Universitätstadt Angers mitdem türmereichenSchloß der Herzöge von Anjou, der alten dreitürmigen Kathedrale St.Moritz und den mittelalterlichen Kirchen und seinem imposantenSpital mochten Julius auch manche Anregung fürs spätere Lebenmitgegeben haben. Vielleicht beförderte die Erinnerung an dieseZeit seinen Gedanken, dem Frankenland auch ein so prächtiges Spitalzu stiften; vielleicht hat er aus dem türmereichen Angers auch deVorliebe für die Kirchenbauten mit den hohen Turmspitzenmitgenommen. Im Spätsommer 1567 erholen sich die beiden Echter diedomkapitelische Erlaubnis zur Fortsetzung ihrer Studien in Pavia inItalien und der Vater schreibt daheim ins Familienbuch: "Anno 1567den 20. September ist Julius und Sebastian in Italiam nach Paviamin Gottes Namen gezogen." Vielleicht ist dies Wort "in GottesNamen" mehr als eine bloße fromme Redensart gewesen. Denn die Reisequer durch Frankreich muß in jenen Tagen der Hugenottenkämpfe nichtungefährlich gewesen sein. Auf den Michaelstag, den 29. September1567, hatte nämlich die Hugenotten den allgemeinen Angrifffestgesetzt. Sie nahmen Orleans und eine Menge Festungen ein, derKönig mußte fliehen, in Eilmärschen kam zum Schutz des Königs einSchweizerheer heran. In diesen kritischen Tagen also zog Julius undSebastian nach Oberitalien. Da konnte der nunmehr 22jährige Juliusleicht in Lagen kommen, die seinen nachmals so gerühmten Mut aufdie Probe stellten. Pavia, am Tessino unweit dessen Mündung in denPo gelegen, 4 Meilen von Mailand entfernt, war eine der ältestenund berühmtesten Universitäten Europas, die zu den Zeiten ihresgrößten Glanzes 12000 Studenten beherbergte. Es wurde dort, wieschon gesagt, besonders das Rechtsstudium betrieben. Hier hatteauch der damals regierende Papst Pius der V., der Heilige,studiert. Auch Pavias Gegenwart und Vergangenheit mußte den beidenjungen Edelleuten viel Anregendes bieten; wenige Kilometer nördlichvon Pavia stand die alte Certosa, eine Perle er Kunst, und Paviawie Italien überhaupt konnten wie kein anderes Land einem sinnigenGemüte Liebe zu Wissenschaft und Kunst einflößen. Wie lange Juliusvom Herbst 1567 ab in Pavia weilte, wissen wir nicht. VomDomkapitel hatten sie die Studienerlaubnis "für 1 Jhar oderetliche" erbeten. An das erste Studienzeugnis, das sie von Paviaaus ans Würzburger Domstift sandten, knüpft sich eine heitereAnekdote. Die beiden Brüder hatten offenbar infolge einerVerwechslung statt des vorgeschriebenen Studien- und

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Sittenzeugnisses einen vom Rektor des Gymnasiums zu Pyviaausgestellten Zollbrief eingesandt, vermöge welchen sie alsStudenten zollfrei hin und her passieren konnten. Das Domkapitelbeschloß am 5. Januar 1568 ihrem Vater zu schreiben, er möge seineSöhne mahnen, künftighin zur gebührenden Zeit richtige Zeugnisseeinzuschicken. Sonst war jedoch das Domkapitel mit allenZeugnissen, die Julius einsandte, sehr zufrieden; denn jedeserteilte ihm das größte Lob. Den Abschluß seiner Studien machteJulius in der ewigen Stadt Rom. Hier erwarb er sich auch denakademischen Grad eines Lizentiaten beider Rechte. Ein solcherhatte in einem schriftlichen und mündlichen Examen zwei Texte zubearbeiten, den einen aus dem römischen und den anderen aus demkanonischen Rechte. Auch diese Tatsache zeigt, daß Julius vorwegjuristische Studien betrieb. Ob Julius bei seinem Aufenthalt in derewigen Stadt ein Zögling der vom hl. Ignatius gestifteten und vonseinen Söhnen geleiteten römischen Kollegien war, ist nichtbekannt. Jedenfalls aber nahm Julius vom Zentrum der Christenheitdie tiefsten Eindrücke mit in die deutsche Heimat. Seit 1566 saßauf dem Stuhle Petri ein Heiliger, Papst Pius V., als einseeleneifriger Apostel wirkte der hl. Philipp Neri damals in Rom;ein hl. Stanislaus Kostka hatte daselbst eben erst (gestorben 1568)sein reines Leben als Jesuitennovize vollendet. An der Spitzedieses Ordens stand der hl. Franz Borgias (1565-72). Der hl.Erzbischof von Mailand und Kardinal Karl Borromäus hatte alsKardinalstaatssekretär seines Oheims, des Papstes Pius IV.unmittelbar zuvor segensreich in rom gewirkt. DieKirchenversammlung von Trient (1545-1563) hatte die längstgeforderte Reform der Kirche durchberaten und ins Werk gesetzt;1563 ward unter den Studenten am römischen Kolleg die ersteMarianische Kongregation gegründet. 1566 erchien im Auftrag derTrienter Kirchenversammlung ein für die Pfarrer bestimmtesprachtvolles Handbuch der Theologie, der sogen. RömischeKatechismus. So blühte allenthalben neues katholisches Leben ausden Ruinen. Das alles mußte den 24jährigen Julius Echter in seinenguten Gesinnungen noch mehr befestigen. In dieser Zeit wird Juliusauch die hl. Weihen empfangen haben und in Rom, wo einst der hl.Diakon Laurentius gemartert wurde, ebenfalls Diakon geworden sein.So verließ Julius Echter nach langjährigen Studien an denUniversitäten, reich an Wissen und Welterfahrung, alsgottgeweihter, erprobter junger Mann im September 1569 Italien undkehrte nach einem kurzen Besuch in der alten Kaiserstadt Wien, woer einige Zeit im Kanzleramt arbeitete, in die Heimat zurück. Am15. Oktober 1569 überreichte Julius dem Domkapitel zu Würzburg dieehrenvollsten Zeugnisse über seine akademischen Studien underlangten Würden und ward am 10. November desselben Jahres auf den

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ihm nunmehr gebührenden Sitz als wirklicher Kapitular insDomkapitel eingeführt.

Die Zustände im Hochstift Würzburg

Der neue Domkapitular hatte nun Gelegenheit, die weltlichen undkirchlichen Verhältnisse im Herzogtum aus der nächsten Nähe zubeobachten, und seinen Teil zu ihrer Besserung beizutragen. Eswaren damals die Zustände ungemein traurige, wenn auch durch dieunablässigen Bemühungen des frommen und eifrigen FürstbischofsFriedrich von Wirsberg (reg. von 1558-73) immerhin bereits eineBesserung gegen früher angebahnt worden war. Die Hälfte derEinwohner von Stadt und Hochstift mochte der protestantischen Lehreanheimgefallen sein; der Klerus war zumeist zuchtlos- undungebildet, dazu war infolge der früheren Kriege undBrandschatzungen das Land verwüstet und verschuldet. Ammitregierenden Domkapitel fand der Fürstbischof bei seinen aufVerbesserung der Kirchenzucht abzielenden Maßregeln wenigUnterstützung, ja oft sogar nur Widerstand und Schwierigkeiten. Einscharfer und erfahrener Beobachter hatte zwei Jahre vorher beiseiner persönlichen Anwesenheit und Wirksamkeit in Würzburg dieZustände für derart schlimm befunden, daß man sich heute noch fastwundern muß, wie die Diözese aus diesem Elend nochmals gerettetwerden konnte. Es war dies der selige Petrus Canisius; er weilte inder Fastenzeit des Jahres 1567 in Würzburg und heilt an 3 Tagen inder Woche im Dom Fastenpredigten und an 2 anderen TagenChristenlehre in der Franziskanerkirche. Zugleich ging er demFürstbischof mit seinen erfahrenen Ratschlägen über die Reform derDiözese zur Seite und arbeitete zu diesem Zweck ein größeresGutachten aus. Gleichzeitig verhandelte er mit dem Fürstbischofüber die Gründung eines Jesuitenkollegs in Würzburg. An seinenGeneral, den hl. Franz Borgias schrieb aber der selige PetrusCanisius am 10. März 1567 folgenden Bericht über die Lage derDiözese: "Ich finde hier das Erntefeld im traurigsten Zustande. DerAdel ist hier sehr zahlreich, aber man zählt darunter nur noch dreioder vier Katholiken. Ich höre, es gäbe in Würzburg kaum einenBeichtvater, der die Absolutionsformel richtig hersagen kann. Derverweltlichte Klerus ibt überall Aergernis. Waffenübungen nehmender meisten Zeit und Intersse in Anspruch. Fast alle Ständescheinen in Auflösung und Verwirrung geraten zu sein. Daherverlangt das Erntefeld Frankens hervorragend erprobte undbrauchbare Arbeiter, die Liebe und Geduld üben wollen und können."Und Canisius fleht den General an, er und die ganze GesellschaftJesu möchten ihre Gebete zum Himmel senden, daß er auf diesem

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unfruchtbaren Boden einige geistliche Frucht am Ende des Fastenzeiteinernten könne. Aehnlich hat er sich schon früher des öfteren überdie Verhältnisse in Würzburg geäußert: "Die Irrlehre hat denKatholiken in Franken kaum noch Weniges übrig gelassen" (Brief vom6. August 1559). "Die adeligen Domherrn leben in Würzburg ingrößter Ungebundenheit" (Brief vom 2. Mai 1562). "Die StadtWürzburg ist von den falschen Glaubenslehren überschwemmt. DerKlerus ist mehr militärisch als geistlich und voll von Lastern.Viele Pfarrer hängen zum großen Aergernis des Volkes der neuenLehre an. Dabei ist das Herzogtum beunruhigt durch Kriegsgefahr.Der gute greise Bischof wagt ohne militärisch Bedeckung nicht inseine Domkirche zu gehen oder seine Burg zu verlassen, weil er mehrals irgend ein anderer Bischof feindliche Nachstellungen fürchtenmuß." Der Selige glaubt daher, daß in Würzburg einer Niederlassungseines Ordens von seiten des Klerus wie des Volkes mehr alsirgendwo sonst in Deutchland ein schwerer und vielseitiger Kampfdrohe. So berichtete der Selige an den General am 15. November1565, nachdem er 8 Tage vorher als geheimer päpstlicher Legat demBischof von Würzburg die Beschlüsse der Kirchenversammlung vonTrient überbracht hatte. "An der Kathedralkirche von Würzburg gibtes ebenso wie in Mainz, Köln und Straßburg Domherrn, die im Glaubenvedächtig sind, ja sogar offene Häretiker, und ihre Zahl scheintallmählich zu wachsen." (Bericht vom 23. Juli 1567). So sehr warman an den Abfall der Geistlichen gewöhnt, daß im Frühjahr 1568 voProtestanten das Gerücht ausgesprengt werden konnte, Canisius seiebenfalls abgefallen. Um diese Gerüchte zu widerlegen, kam derSelige im April 1568 auf dringendes Bitten des Fürstbischofs zum 4.Male nach Würzburg und predigte am Weißen Sonntag im hohen Dom überden katholischen Glauben und tags darauf in Eibelstadt. Der greiseBischof Friedrich von Wirsberg klagte dem Papste Pius V. im Jahre1567 selber seine Not mit folgenden Worten: "Bei uns breitet sichnicht eine, sondern fast unzählige Irrlehren aus. Von denerwachsenen und älteren Leuten, deren Verstand und Herz mit denlangjährigen schlimmen Gewohnheiten verwachsen ist, läßt sich wenigGutes mehr erhoffen; sie sind kaum zum richtigen Glauben und Lebenzurückzubringen. Denn die einen sind verbohrt in ihrem Irrtum,andere sind schwankend und unzuverlässig und kommen zu keinemfesten Entschluß, zu welchem Glauben sie sich halten wollen; ganzeKatholiken sind nur noch wenige vorhanden und selbst diese sindmeist ohne Wärme und Begeisterung." Ein düsteres Bild über diedamalgie Lage der Kirche in Deutschland überhaupt gewährt auch dasschriftliche Gutchten, das der selige Canisius über dieVerbesserung der Würzburger Diözese bei seiner Anwesenheit imFrühjahr 1572 ausarbeitete; dsselbe wurde dann in seiner Gegenwartunter dem Vorsitz des Fürstbischofs von einer eigenen Kommissionvon Theologen und den geistlichen räten beraten. Darin heißt es:

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"Die katholische Kirche wird ganz besonders in den KirchenDeutschlands sowohl heimlich von falschen Brüdern als auchöffentlich von erklärten Feinden und Irrlehrern bekämpft. DerKlerus scheint außer stande, seine Krankheiten und beinahe auchnicht einmal mehr die Heilmittel dagegen überstehen zu können; erssieht es, daß den Gegnern gegründeter Anlaß gegeben wurde und nochgegeben wird, gegen die Sitten und Mißbräuche der kirchlichenPersonen Beschuldigungen zu erheben. Dennoch bringt sie diejahrelange Verfolgung nicht zur Einsicht. Lieber lassen sie dieSache der Kirche ganz zu Grunde gehen als sich zur Beobachtung derpriesterlichen Pflichten und Satzungen zurückbringen. MitVerbissenheit berufen sie sich auf die bisher bei ihnengebräuchliche Ungebundenheit des Lebens und der Sitten, die aberdem ganzen Stand zum höchsten Schimpf gereicht. Die Bischöfe undandere krichliche Oberen, die sich die Sache zu Herzen nehmen,müssen eine abschlägige Antwort fürchten, wenn sie von den Domherrnauch nur ein Geringes verlangen, was auf eine Bessergung abzielt.Man schreckt sie mit dem Hinweis auf die traurigenZeitverhältnisse; einer wartet auf den anderen, wer zuerst das Eisbreche, aber die Räte und Politiker sorgen dafür, daß alles überallerstarre. Während so Petrus schläft und Judas macht, wendet sichalles zum Schlimmern, so daß wir von der alten Kirche kaum noch denSchatten übrig behalten." Wir erfahren in diesem Gutachten vonPriestern in der Diözese Würzburg, die sich verheiratet haben oderim Konkubinat leben oder von anderen, die offen Somonie treiben,von solchen, welche ohne Vollmachten von den dem Papstevorbehaltenen Sünden lossprechen; in den Klöstern, deren es damalsin der Diözese sehr viele gab, wird von den meisten die Ordensregelund Ordenszucht mißachtet, das Gelübde der Armut, der Keuschheitund des Gehorsams gebrochen, auf Gottesdienst und Ordensgeist nimmtman nur geringe Rücksicht. Geistliche und Ordensleute leben, ohnejemand um Erlaubnis zu fragen, ohne das geistliche oder dasOrdensgewand in der Welt. Es kommt der selige Canisius auch auf diebekannten Mißbräuche in den Kollegiatkirchen zu sprechen. Außer demDomstift mit seinen 54 adeligen Mitgliedern gab es nämlich inWürzburg noch das Ritterstift St. Burkard und die beidenbürgerlichen Kollegiatstifte Neumünster und Sifthaug. Von denKanonikern in diesen Stiften sagt nun der Selige, daß die meistenihre Pfründe durch Simonie erlangen. Man will dort der Kirche nichtanders dienen als für ein paar Stunden um Geld. Das kirchlicheStundengebet verrichtet man nicht; eine kirchliche Kleidung zutragen schämt man sich; gewisse Kanoniker und Dekane wollen nichtMesse lesen oder Priester werden; Gottesdienste und vieles andere,was zur Ehre Gottes gestiftet ist, wird unterlassen; in ihremHauswesen zeigt sich die Schande ganz offen; Müßiggang, Lurus,Trinkgelage, Würfelspiel sind ihre Beschäftigung, sie sind oftmals

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weit unanständiger als die Laien, sie halten sich nicht an denUnterschied der Speisen und das Fastengebot der Kirchen und gebendamit kein geringer Aergernis. Fürstbischof Friedrich von Wirsberghatte den esten Willen, die Verbesserungsvorschläge des seligenPerus Canisius durchzuführen; am 12. April 1568 verlangte er vomDomkapitel, es sollten fürs erste die gröbsten Mißbräucheabgestellt werden, nämlich: Die Priester des Domstifte solltennicht, wie er das täglich sehe, ungebeichtet und unvorbereitet zumAltare gehen; die Kanoniker und Vikare im hohen Domstifte und denNebenstiften verrichten ebenso wie andere Geistliche ihrBreviergebet selten oder gar nicht; manche Domherrn (die nichtPriester, sondern nur Subdiakone waren) kommunizieren im Jahre kaumeinmal und etliche gar nicht, was von ihnen als geistlichenPersonen ganz abscheulich zu hören sei; sie sollen künftig an hohenFesttagen oder zum wenigstens jährlich viermal kommunizieren. Inden jetzigen verführerischen Abfallzeiten sollen die jungenDomherrn nur an unverdächtige Orte zum Studium geschickt werden.Die Vikare sollen gemeinsame Wohnung und Kost erhalten, damit ihrliederlicher und ärgerniserregender Haushalt aufhöre. DieKanoniker, Vikare, Priester und andere Geistliche tragen sich soweltlich, daß man sie von Laien nicht unterscheiden kann, sitzen inWirtshäusern, betragen sich auf der Straße leichtfertig. Diesesollen nach den kirchlichen Bestimmungen bestraft werden. DieKanoniker besuchen den Chorgottesdienst und die Predigt schlecht.Es soll das schreckliche und unaufhörliche Gotteslästern undFluchen, das bei geistlichen und weltlichen Personen, Männern undFrauen, jung und alt ganz eingerissen und ohne Scheu getriebenwird, ernstlich bestraft werden. Auch werde allenthalben ein großesUebermaß im Essen und Trinken ohne Scheu geübt und Völlerei schierfür keine Sünde mehr gehalten. Die verfluchte Simonie mit Kaufenund Verkaufen der Kanonikate und anderer Stellen im Domstift undden Nebenstiften, die öffentlich in Uebung sei, soll abgestelltwerden. "In solchen offenen Sünden und Lastern", so schließt derBischof sein Mahnschreiben an das Domkapitel, "leben wir dahin unddie Obrigkeit läßt alles geschehen. Die Folgen: Spaltungen,Ungehorsam, Abfall, Aufruhr, sind vor aller Augen." Das Domkapitelergriff jedoch keine bessernden Maßnahmen. Wenige Monate nachdiesem Mahnschreiben, am 7. August 1568, drohte der Bischof demsäumigen Kapitel mit dem Strafgericht Gottes: "Wenn wir Geistlicheuns nicht selbst reformieren und unserm Stand und Beruf gemäßhalten, ist zu besorgen, daß Gott seinen Zorn und sein Strafgerichturplötzlich über uns alle wird ergehen lassen. Auch können wir beiden Weltleuten solange keine Aenderung und Besserung erwarten, alswir Geistliche nicht zuvor den Anfang damit machen." Der guteBischof stand des Nachts von seinem Lager auf und flehte vor demBilde des Geekreuzigten weinend und seufzend die göttliche

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Barmherzigkeit um die Bekehrung seiner verirrten Schäflein und umeinen Nachfolger an, der erleuchtet, kräftig und ausdauernd genugwäre, die der Kirche im Bistum geschlagenen Wunden zu heilen unddas durchzuführen, was er infolge seines Alters nicht mehr könne.Sein Gebet erhörte Gott. Schon hatte die Vorsehung diesesauserwählte Werkzeug in seine Nähe geführt. Der greiseFürstbischof hatte nämlich den Trost, vom Herbst 1569 ab in demjungen 24jährigen Julius Echter einen Domherrn zu erhalten, der denübrigen Mitgliedern des Domkapitels durch einen musterhaftenLebenswandel voranleuchtete und des Bischofs Pläne zurSittenverbesserung nach Kräften unterstützte. Umgekehrt mußteJulius durch den frommen Eifer des Bischofs Friedrich in seinerguten Gesinnung, die ihm durch die häusliche Erziehung und seinenganzen Studiengang eingepflanzt worden war, nur bestärkt werden, soviele Aergernisse ihn auch umgaben. Friedrich predigte selbst dasEvangelium, spendete öffentlich die hl. Sakramente, was damals nochbei geistlichen Fürsten nicht gerade häufig vorkam. Dabei sah ersich emsig sowohl in Büchern wie bei erfahrenen Ratgebern nachallem um, was die Zustände in der Diözese verbessern konnte.Tatsächlich war schon mancher gute Ansatz zu einer Wendungvorhanden. Seit November 1567 hatten die Jesuiten durch dierastlosen Bemühungen des Fürstbischofs im ehemaligen Agnetenklosterzu Würzburg eine Niederlassung erhalten und die Leitung einerhöheren Schule übernommen. Der Fürstbischof übergab ihnen auch einSeminar, das er für 25 arme Stdierende gegründet hatte; sieübernahmen ferner die Dompredigten und leisteten auch sonst auf derKanzel, im Beichtstuhl und durch Christenlehren dem Seelsorgsklerusfleißig Aushilfe. Auch sandte ihnen der Fürstbischof seit dem Jahre1569 jene Geistlichen zu, welche schlecht unterrichtet oder derIrrlehre verdächtig oder davon bereits angesteckt waren, um siewieder auf den rechten Weg zu bringen. Der ganze Geist, welcherdmals den jungen Jesuitenorden durchdrang und eine ganze Schar vonHeiligen und Seligen schuf, hat sicherlich auch in Würzburg seineFrüchte hervorgebracht. Der seelsorgerliche Eifer, der musterhaftepriesterliche Lebenswandel sowie die gründliche Bildung derMitglieder des neuen Ordens bewirkten hier wie sonst einenallmählichen Umschwung. Im Jahre 1564 hatte der eifrige Bischofaußerdem seinem Klerus eine neue Kirchenagende gegeben, d.i. eineAnweisung, wie die hl. Sakramente in der geziemenden Weisegespendet werden sollten. Waren ja doch gerade die heiligenZeremonien und Riten der Kirche von den Glaubensneuerern verspottetund in den Stuab gezogen und von leichtfertigen Geistlichenwillkürlich verändert und verstümmelt worden. Auch war durch dieBeschlüsse der Kirchenversammlung von Trient für alle Gutgesinntennunmehr die feste Bahn klar vorgezeichnet. Am 29. März 1569versammelte der Bischof sämtliche Prälaten, Klostervorstände und

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Dekane um sich und ließ ihnen die Beschlüsse der Kirchenversammlungvorlesen. Darnach mußten sie das Glaubensbekenntnis auf dieselbenablegen; endlich befahl er ihnen, bei den ihnen unterstelltenGeistlichen dieselbe Handlung vorzunehmen. Vom Jahre 1573 an ließdann der Fürstbischof an seiner neugegründeten Schule täglich 2Stunden Vorlesungen über das Konzil von Trient abhalten undverpflichtete die Vikare an den Stiftskirchen Würzburgs, dieselbenabwechselnd zu besuchen. So war wenigstens der Grund zu einerBesserung der Verhältnisse gelegt; das Gute regte sich und überließnicht mehr wir früher der Neuerung verzagt und mutlos denKampfplatz.

An der Spitze des Domkapitels

Im Domkapitel ragten damals zwei Männer hervor,die im gewissenSinne zwei Richtungen in sich verkörperten: der Domdechant ErasmusNeustetter und der Domscholaster Egolf von Knöringen. ErasmusNeustetter, genannt Stürmer, zu Schönfeld im Hochstift Bamberggeboren, hatte eine sorgfältige Bildung genossen; er war zeitlebensein großer Freund der Wissenschaften und bildete in Ostfranken denMittelpunkt aller gelehrten Bestrebungen und den Sammelpunkt derHumanisten. 1545 trat er ins Würzburger Domkapitel ein und wurde1564 zu dessen Dechant gewählt. Bekanntlich hatten viele derHumanisten mit dem Studium der alten heidnischen Schriftstellerauch so manche heidnische Ideen in sich aufgenommen und huldigteneiner freieren Lebenspraxis; die Humanisten hatten vor derGlaubensspaltung Luther den Boden bereitet und viele jubelten ihmnachher begeistert zu. Auch Erasmus Neustetter war von denkirchlichen Reformbestrebungen des Fürstbischofs Friedrich nichtangenehm berührt und wurde bald der Führer der Unzufriedenen imDomkapitel, dessen Geschäftsführung er als Domdechant ohnedies inHänden hatte. So kam es zu einem fortgesetzten Kriege zwischenBischof und Kapitel. Wenn der Bischof das Kapitel ob der Säumigkeitim kirchlichen Reformwerk anklagte, so hielt das Kapitel demBischof die Schuldenlast des Landes, die Mißwirtschaft der Beamtenund den Schlendrian der weltlichen Räte vor. Der Domdechantbeklagte sich, daß die höchsten Aemter, wie das Hofmeister-,Marschall- und Oberschultheißenamt zum Teil sehr übel, zum Teil garnicht bestellt seien; der Kammerrat, Regiments- und Kanzleiraterledige aus Nachlässigkeit, Unordnung und Personenmangel diewichtigsten Geschäfte entweder gar nicht oder nur sehr schlecht.Deswegen wollte Neustetter wiederholt seine Stelle als Domdechantniederlegen und konnte nur mit Mühe dazu bewogen werden, sein Amtweiterzuführen. Der kirchlichen Richtung des Fürstbischofs

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Friedrich stand hingegen der Domscholaster Egolf von Knöringennäher. Im Jahre 1564 hatte er die Leitung der Domschule übernommen,die er alsbald mit kirchlichem Eifer und persönlichen Opfern neuorganisierte. Heute noch erinnert an die Tätigkeit dieses Mannesdie Inschrift über dem Portale der vormaligen Domschule imKreuzgange des Domes vom Jahre 1565: "Zum Lobe Gottes und zumfortdauerndem Glücke dieses Staates dient es ebenso sehr, wenn mandie Jugend in der Frömmigkeit, den schönen Wissenschaften und inrechtschaffenen Sitten unterrichtet, als wenn man eine Stadt mitRingmauern umgibt und befestigt; denn der sicherste Schutz füreinen langen und ungestörten Fortbestand wird gewährleistet durchdie Beschlüsse kluger Männer und durch eine in allen Stücken weiseVerwaltung." Im Jahre 1573 wurde Egolf von Knöringen zumFürstbischof in Augsburg gewählt, starb aber nach kurzer Regierungbereits 1575. Beider Männer Amt sollte Julius Echter bald erben,so sehr hatte er sich schon in der kurzen Zeit durch seinen Ernstund seinen Fleiß und sein ganzes würdiges Verhalten das Vertrauenaller verdient. Als Egolf von Knöringen das Amt desDomschulmeisters niederlegte, schlug er dem Fürstbischof den jungenJulius Echter zu dieser verantwortungsdvollen Stelle vor. Es istdies kein geringer Beweis des Vertrauens, den dieser treukirchliche Mann dadurch Julius Echter entgegenbrachte. Dennvielfach herrschte bei den jungen Domherrn, über die derDomscholaster die Aufsicht zu führen hatte, ein unkirchlicher, derNeuerung willfähriger Geist. So hatte sich am 13. Nov. 1566 derDomdechant Neustetter im Kapitel über ihren großen Unfleiß undUngehorsam beschwert: die jungen Domherrn reiten unbekümmert umSchule und Pflichten morgens hinweg, der junge Herrnstetter wächstheran, ohne auch nur lesen und schreiben zu lernen, teilweisewollen sie auch nicht kommunizieren. Der Fürstbischof Friedrich,der den jungen Echter bereits selber hatte schätzen gelernt, nahmden Vorschlag gerne an und so wurde Julius am 22. April 1570 mitallseitiger Zustimmung und Beglückwünschung seitens des Domkapitelsin den Besitz der Domscholasterie gesetzt. Schon vorher hatteJulius einen anderen großen Vertrauensbeweis erhalten. Im März 1570hatte Erasmus Neustetter seine Stelle als Domdechant gemäß seinerlängst gehegten Absicht niedergelegt. Der Domdechant hatte dieGeschäftsführung des Domkapitels inne und die Aufsicht über denGottesdienst in der Domkirche und die Chorverrichtungen derDomherrn. Fürstbischof Wirsberg verlangte nun, daß das Domkapitelbis zur Wahl des neuen Domdechanten für Aufsicht im Chore sorge; sobeschloß das Kapitel am 14. März 1570, "den Chor Herrn Julius alseinem gottesfürchtigen und fleißigen Manne anzubefehlen." Damithatte nun Julius Echter, obwohl der jüngste Domkapitular, Aemtererhalten, die sonst nur den ältesten Kapitularen und größtenWürdenträgern übertragen wurden. Am 26. Mai 1570 wurde Julius als

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Kapitular auch ins Domkapitel des Erzstiftes Mainz aufgenommen. Am10. April 1570 schritt das Würzburger Domkapitel zur Wahl einesneuen Domdechanten und sie fiel auf Egolf von Knöringen. Diesernahm jedoch die Wahl nicht an. Erst am 4. August 1570 wurde eineNeuwahl vorgenommen und diesmal vereinigten sich die Stimmen aufJulius Echter. Aber auch dieser war nicht so ohne Weiteres geneigt,das Amt zu übernehmen. Julius wollte dem allseits und dringendgeäußerten Wunsche nur willfahren unter folgenden Bedingungen: 1.daß er mit der Domdechantei nur auf ein einziges Jahr betrautwerde; 2. daß er sich während dieser Zeit 12 Wochen zu Mainz imDomstifte aufhalten könne, um als Kapitular desselben seineResidenzpflicht zu erfüllen; 3. daß er neben der Domdechantenstelleauch das Amt des Domscholasters beibehalten dürfe und daß endlich4. die Gefälle der Domdechantei, so lange sie unbesetzt gewesen, zmGehalte des künftigen Domdechanten geschlagen und für dessenErhöhrung überhaupt Sorge getragen werde; denn dadurch solle der zudieser Würde Erwählte desto leichter bewogen werden, sieanzunehmen; auch soll er sich äußerlich seiner Würde gemäß benehmenkönnen. Obwohl die Vereinigung von Domdechantei und Domscholateriein einer Hand gegen die Statuten des Domstiftes war, gingen dochBischof und Kapitel darauf ein und Julius übernahm am 17. August1570 sein neues Amt als Domdechant. Julius hatte vorher auch seinenVater um Rat gefragt; zugleich dispensierte ihn das Kapitel von derBedingung, in bestimmter Frist Priester zu werden. Gewiß wäreweder der Fürstbischof noch das Domkapitel auf diese mit denbisherigen Gepflogenheiten und Satzungen des Kapitelwiderstreitenden Bedingungen eingegangen, hätte sie nicht in JuliusEchter eine hervorrangend geeignete Persönlichkeit erkannt. Erführte denn auch sein Doppelamt zur allseitigen Befriedigung; alsdas erste Amtsjahr verflossen war, gedachte Julius wirklich, dasAmt des Domdechanten niederzulegen. Allein das Domkapitel suchtedem, wie das Protokoll der Sitzung vom 29. Juli 1571 meldet,zuvorzukommen. Es beratschlagte über die Gründe, die Echter wohl zudiesem Schritt veranlaßt haben könnten: Vielleicht daß dasEinkommen der Domdechantenstelle zu gering sei oder daß Julius zuMainz eine glänzendere Laufbahn in Aussicht habe oder daß es ihmbeschwerlich falle, Priester zu werden, oder was dergleichen Gründemehr sein könnten. Man entschloß sich, Julius darüber selber zufragen und ihn zu bitten, länger Dechant zu bleiben, wobei man ihmeine Gehaltserhöhung in Aussicht stellte. Mit gewohnterBescheidenheit erwiderte Julius: "Das ehrw. Domkapitel hat michungefähr vor einem Jahre als den allergeringsten und unwürdigstenunter den gegenwärtigen Mitgliedern zum Dechanten erwählt. Dafürschulde ich untertänigen und ergebenen Dank. Das Domkapitel wirdsich aber inzwischen selbst überzeug haben, daß ich diesem hohenund verantwortungsvollen Amt nicht zum Besten vorgestanden; meiner

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Jugend und meines Unverstandes halben kann ich nun nicht mehrlänger demselben vorstehen und dem ehrw. Domkapitel in derGeschäftsführung und auch im Chore dienen. Da ich die Domdechanteinicht länger als auf ein Jahr zu führen zusagte, so bitte ich aufeine andere Person bedacht zu sein. Bis zur Neuwahl will ich nochmein Bestes tun. Das ehrw. Domkapitel wolle meine Gründe gnädigerwägen, namentlich meine Jugend und meinen Unverstand und wiegering das Einkommen ist. Was meine Person betrifft, so war es wohlmein Wille, dem Amt treu vorzustehen und nichts zu versäumen, wasbillig sollte verrichtet sein. Aber wenn es nicht in allen Stückensollte gelungen sein, so will ich künftig mit göttlichem Segendurch doppelte Anstrengung das Versäumte wieder einbringen. Auchwenn ich an anderen Orten etwas versäumen müßte und bessereGelegenheit zum Vorwärtskommen haben könnte, so will ich doch ausGeiz dies Stift nicht verlassen, sondern gedenke, demselben Zeitmeines Lebens treu zu bleiben. Aus allen diesen Gründen bitte ichdaher mir diese Bürde zu erlassen. Nach kurzer Beratung erwiderteman Julius, daß das Domkapitel an seiner Person und Amtsführung inder fürstlichen Kanzlei, im Chor und Kapitel gar nichts auszusetzenhabe, sondern dieselbe wohl leiden möge. Man sei allgemein mit ihmzufrieden. Julius wisse ja selbst, wie man in Verlegenheitbezüglich eines anderen passenden Mannes für diesen Posten sei,desgleichen, wie es mit dem Fürstbischofe und seiner Kanzlei, mitChor- und Kapitelssachen stehe, vor allem aber sei es für dasKapitel eine peinliche Sache, wenn es abermals des Hauptesentbehre. Weil aber ihre Ehrwürden zu Mainz ein besseres Einkommenbeziehen könnten, so wolle das Domkapitel dies auf anderem Wegeersetzen und die Einkünfte der Dechantei um 400 oder 500 Guldenjährlich erhöhen. Julius erbat sich einen Tag Bedenkzeit aus; aberman drang in ihn sich sofort zu entscheiden. Nochmals sagte Juliusin seiner Bescheidenheit, es seien doch viele Herren im Kapitel undweit verständiger als er; es möge das Domkapitel auf einequalifiziertere Person bedacht sein, zumal man der Dechantei einesolche stattliche Gehaltsaufbesserung gewähren wolle. Im Falle aberdas Domkapitel ihm diese Prälatur nicht erlassen wolle, so werde ernoch ein weiteres Jahr sein Möglichstes tun, dann aber wolle ernicht länger gebunden sein. Aber endlich siegte das Domkapitel dochüber Julius, daß er auch künftige Dechant zu bleiben sich bereiterklärte. Julius Echter hat nicht aus Geiz, wie er selber sagte,die schlecht ausgestiftete Stelle des Domdechanten ausgeschlagen.Als er später im Jahre 1582 zum Erzbischof von Mainz gewählt wurdeund die hohe Würde eines Erzbischofs, Kurfürsten und Erzkanzlersdes hl. römischen Reiches nicht annahm, zeigte er, wie ernst ihmdas oben angelegte Versprechen war, seine Kräfte dem HochstiftWürzburg dauernd zu widmen. Julius mochte wohl erkannt haben, daßan einem Domstift mit 54 adeligen Kanonikern das Haupt des Kapitels

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die vielen Repräsentationspflichten aus einem guten Einkommen müssebestreiten können. Andere erlangten das Ehrenamt wohl in reiferemAlter, wo sie aus Eigenem zusetzen konnten. Die Echter inMespelbrunn waren sicherlich nicht arm, wie es manchmal behauptetwird; die Bauten des Vaters und der Brüder und deren Güterankäufebeweisen das Gegenteil; schon die Vorfahren waren in der Lage, denBischöfen von Würzburg bedeutende Geldsummen zu leihen; immerhinaber war Julius das zweitälteste von acht lebenden Geschwistern,die Brüder waren damals noch beim Studium; wir finden es daherbegreiflich, daß Julius schon das erste Mal den erfahrenen Rat desVaters in Anspruch nahm, ob er bei seinem Einkommen die Pflichtendes Domdechanten übernehmen könne und solle. Julius kaufte z.B. vonJoh. Egolf v. Knöringen dessen Domherrnhof ab, so nötigten ihn dieRepräsentationspflichten eventuell die Mittel seiner Familie inAnspruch nehmen zu müssen. Daher sein Zögern. Julius Echter warferner eine stille, ernste, nachdenkende Natur. Was er in Anggriffnahm, erfaßte er in tiefster Seele. Als Domdechant hatte er nun dieVerpflichtung sich zum Priester weihen zu lassen, denn derDomdechant hatte an hohen Feiertagen das Hochamt im Dome zu halten.Es ist nun leicht möglich, daß Julius Echter so hoch von derPriesterrwürde und so demütig von seinen Gaben und Fähigkeitendachte, daß er auch deshalb die Domdechantenstelle ablehnen wollte,weil er vor dieser Würde zurückschreckte, wie wir dies im Leben somancher Heiligen lesen. Julius Echter war nicht der Mann halberDinge; wenn er Priester werden sollte, wollte er ganzer Priesterwerden; er fühlte aber den Mangel theologischer Kenntnisse undandererseits die volle Wucht dieses heiligen Amtes. Nach derendgültigen Uebernahme der Domdechantenstelle legte Julius Echternunmehr das Amt de Domscholasters nieder, welches der FürstbischofFriedrich auf des Julius Altersgenossen, Neidhard von Thüngenübertrug. Im Juli 1571 wurde Julius Echter noch Domherr vonBamberg. Selbst als Bischof behielt er eine Zeit lang die Pfründenvon Aschaffenburg, Würzburg und Bamberg bei - die von Mainz behielter lebenslänglich -; am 15. April 1575 verzichtete er auf dieDomherrnstelle zu Würzburg und Bamberg und am 7. November 1591 aufdie Stele im Stift zu Aschaffenburg. Als Domdechant verkörperteJulius in sich die kirchliche Treue und den Reformeifer einesKnöringen und das Wissen samt dem Arbeitsgeist und derVerwaltungskunst eines Erasmus Neustetter. Er fügte aber noch hinzudie glückliche Gabe, versöhnend und ausgleichend zwischen demDomkapitel und dem Fürstbischof zu wirken. Die scharfe Kampfesluft,wie sie unter seinem Vorgänger zwischen beiden wehte, bestand unterJulius nicht mehr. Der neue Domdechant förderte dieReformbestrebungen des Fürstbischofs nach Möglichkeit und hattedabei reichlich Gelegenheit, die Schwierigkeiten des Reformwerkes,den Charakter der führenden Persönlichkeiten, die Mißstände im

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Hochstifte gründlich kennen zu lernen. Er selbst bekannte nachmalsals Bischof in dem Vorwort zu den Ruralstatuten vom Jahre 1584:"Schon von jeher beschäftigte uns die Sorge, wie wir auf gute Weisedie fast zu Grunde gerichtete katholische Religion und kirchlicheZucht wieder zum alten Glanz und Eifer zurückführen könnten. Wirhaben deshalb nicht allein mit frommen und gelehrten Männern in demgroßen Schmerze unserer Seele oft eingehende Besprechungengehalten, sondern auch dem Hchw. Vater in Christus Friedrich,unserem Vorfahren seligen Angedenkens, unsere Arbeitskraft undjegliche Dienstleistung bereitwilligst zur Verfühgung gestellt."Ein Beispiel, wie Julius des Fürstbischofs Bestrebungenunterstützte, liefert uns die Kapitelssitzung vom 10. März 1572.Hier fragt der Domdechant, ob man den jungen Domherrn ChristophNothaft von Weißenstein zum Studium nach Douai entlassen solle, daer bisher nicht habe kommunizieren wollen und des Luthertumsverdächtig sei. Das Domkapitel beschloß daraufhin, Nothaft müssezuerst das Glaubensbekenntnis ablegen und versprechen, sobald er inDouai ankomme, zu kommunizieren. Sein religiöser Eifer leuchtetauch aus der im August 1572 angeregten Frage hervor, ob und wie manin den verödeten Klöstern, deren Einkünfte bisher zur Tilgung derStiftsschulden verwendet worden waren, wieder den Gottesdienstherstellen wolle. Schon als Domdechant wandte er auch seine Liebeund Fürsorge den Armen zu. Im Oktober 1572 berichtet er demDomkapitel, daß in allen Spitälern und Armenhäusern große Unordnungherrsche und in langen Jahren keine Rechnung gestllt worden sei; inden letzten Tagen sei eine Frau auf offener Straße tot aufgefundenworden, die ohne Zweifel in den Spitälern keine Unterkunft habeerhalten können. Es sei höchste Zeit, daß hier Orednung geschaffenund die Spitalpfleger zu gebührender Rechenschaftsablage vonQuatemper zu Quatemper angehalten würden. Im Jahre 1573 lernteJulius den päpstlichen Nuntius Kaspar Gropper persönlich kennen,als dieser nach Würzburg kam und mit Bischof Friedrich im Auftragdes Papstes Gregor XIII. verhandelte, wie die Beschlüsse desKonzils von Trient in der Diözese zur Anwendung und Darnachachtunggebracht werden könnten. Dieser scharfblickende und erfahreneKenner der deutschen Verhältnisse sprach es in einem Briefe vom 15.Januar 1574 wenige Wochen nach der Wahl von Julius Echter zumFürstbischofe aus, welchen Eindruck er von Julius Echter gewonnen.Hocherfreut über seine Wahl schreibt er: "Durch dieseausgezeichnete Wahl hat der gütige Gott alle der katholischenReligion treu ergebenen Männer in Deutschland von Furcht befreit;Julius Echter ist der dem Untergang nahen Kirche von Würzburg vomHimmel gesandt worden." Auch der Rektor des WürzburgerJesuitenkollegs Georg Bader lobte in einem Brief an den Nuntiusseine hervorragende Frömmigkeit und seine ungewöhnlichenwissenschaftlichen Kenntnisse. Wie schwer wiegen solche Zeugnisse

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für das Ansehen, das sich Julius Echter in seiner vierjährigenTätigkeit im Domkapitel erworben hatte. Das Domkapitel selbstschrieb nach der Bischofswahl über den Gewählten am 29. März 1574an den Papst: "Durch den Verlust des guten und über alles Loberhabenen Bischofs Friedrichv. Wirsberg schien das Hochstiftunersetzlich schwer getroffen; indes haben wir unter dem Beistandedes hl. Geistes einen solchen Mann einmütig an das Stuerruderdieser Kriche gestellt, daß kein Abirren vom richtigen Kurs zubefürchten ist; denn er zeichnet sich aus durch seine gläubieGesinnung, Frömmigkeit, Tugend, reifes Urteil, Wissen und vieleandere hervorragende Gaben. Was wir daher als Verlust bei seinemVorgänger betrauerten, das dürfen wir und das ganze Land jetzt alsneuen Gewinn buchen. Frohen Herzens blicken wir in die Zukunft, daßwir bald die Früchte dieser Wahl einheimsen werden." Das Domkapitelerwähnt bei dieser Gelegenheit, daß es auch an anderer Stelle demPapste bereits über den lieben Erwählten das beste Zeugnis obseiner Frömmigkeit und seiner Tugenden ausgestellt habe. AuchErzbischof Daniel Brendel von Mainz, dessen Erzstift ja Julius alsDomherr zugehörte und der seinen Lebens- und Studiengang genauverfolgt hatte, rühmte ebenfalls voo Freude über seine Wahl demPapste im Frühjahr 1574 des Erwählten sittliche Fleckenlosigkeit,seltene Klugheit, erprobtes Wissen, die ganz ausnehmendeGeschäftsgewandheit in seinen bisherigen Aemtern und seinenglühenden Eifer für die katholische Religion. Als nachmals dieWahl des Julius Echter zum Fürstbischof von Würzburg bekannt wurde,da geriet das Volk in Erstaunen. Denn es hatte erwartet, daß einälterer, in Verdiensten und Ansehen stehender Domherr gewähltwerde. Julius selbst hatte in seinem bisherigen Privatleben nichtgleich anderen jungen Adeligen Aufsehen gemacht; er ließ sich wenigbei Gesellschaften und Mahlzeiten sehen und lebte sehrzurückgezogen. Das Volk, das nach dem äußeren Scheine urteilt, warauf den Gedanken gar nicht gekommen, daß eine Bischofswahl je aufden jungen 18jährigen, stillen und ernsten Julius Echter fallenkönnte. Aber aufmerksame Beobachter und vor allem seine Wählerhatten in ihm längst jene hervorragenden Eigenschaften entdeckt,die ihn in jenen schweren Zeiten zum Bischof und Landesfürsten wiekeinen zweiten befähigten.

Die Bischofswahl

Bischof v. Wirsberg ward allgemach so kränklich, daß man mit seinembaldigen Tode rechnen mußte. Papst Gregor XIII., der sich um diekirchlichen Verhältnisse in Deutschland angelegentlich kümmerte,war in Sorge um eine gute Bischofswahl in Würzburg, falls Friedrich

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zu Gott heimgerufen werde. Er schrieb daher am 31. Oktober 1573 anBischof Egolf v. Knöringen von Augsburg, den ehem. Domscholastervon Würzburg, er möge im Falle einer Neuwahl nach Würzburg eilenund als Mitglied des dortigen Kapitels seinen ganzen Einflußaufbieten, daß die Wahl auf einen Mann mit unverdächtigem Glauben,reinen Sitten und heiligem Lebenswandel falle. Aehnlich schrieb derPapst am 8. November an seinen Gesandten Kaspar Gropper, er sollesich auf die eintreffende Todesnachricht des Fürstbischofs hinsofort nach Würzburg begeben und dem Domkapitel ein pästlichesSchreiben überbringen. In diesem Schreiben beschwor der Papst dieWähler mit den eindringlichsten Worten, zur Aufrechterhaltung deskatholischen Glaubens und zum Ruhme Christi einen guten Bischof zuwählen, weil vom Oberhirten das Wohn und Wehe der Diözese abhängt."Wählt einen", mahnte der Papst, "von dem Ihr wißt, daß er durchHeiligkeit des Lebens und durch aufrichtige Rechtgläubigkeit sichauszeichnet. Denn wenn der Gewählte selber ungehörig lebt, wird ersich scheuen, anderen die richtige Lebensweise vorzuchreiben, undwenn er es dennoch tut, wird er allen zum Gespötte werden. Wenn derGewählte in der Religion von schlechter Gesinnung ist, so wird erviele Gläubige mit bewußter Absicht von Christus hinweg und demSatan zuführen. Was Ihr aber für eine Hoffnung bei dem einen oderanderen Kandidaten haben dürft, das werdet Ihr leicht aus seinemVorleben erkennen. Denn wenn einer bisher als Privatmann sichselbst nicht vorstehen konnte, wie soll er dann im bischöflichenAmte andere zu leiten verstehen? Damit Ihr aber bei einem sowichtigen Geschäfte in recht reiner Absicht und mit Heiligkeitverfahrt und die Gnaden des hl. Geistes zu erlangen verdienet, solaßt von der Irrlehre Angesteckte zum gesamten Wahlgeschäfte inkeiner Weise zu." Man sieht, der Papst war über die WürzburgerVerhältnisse gut unterrichtet; er wußte genau, daß auf mancheMitglieder des Domkapitels inbezug auf den Glauben kein Verlaß war.Der päpstliche Nuntius Gropper sollte deswegen noch mündlich vorder Wahl mit dem Komkapitel verhandeln, daß ein guter Bischofgewählt werde, der aber auch von jedem Schatten der Ketzerei freisei. Auch an den Bayernherzog Albrecht V. wandte sich Gregor XIII.in der gleichen Angelegenheit; denn unter den weltlichen FürstenDeutschlands trat damals niemand offener und mutiger für dieInteressen des katholischen Glaubens und der alten Kirche ein alsdie Bayernherzöge. Der längst gefürchtete Tod des frommenFürstbischofs erfolgte am 12. November 1573. Die Neuwahl wurde aufden 1. Dezember festgesetzt. Nach dem Hochamt zum hl. Geistebegaben sich die Wähler zum Kapitelshause. Kurz vor der Wahl sprachder bayerische Gesandte vor. Man erwartete allgemein, dieser wolledie Wahl eine bayerischen Prinzen als den Wunsch seines Herrnvortragen. Aber der Bayernherzog ließ der Wahlkommision nur sagen,sie möge einen Mann zum Bischofe wählen, der dem Hochstifte nicht

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nur in weltlicher, sondern auch vor allem in geistlicher Beziehungersprießlich vorzustehen im Stande sei. Julius Echter hatte alsDomdechant das Wahlgeschäft zu leiten. Er hatte auch schon dieVorbereitungen getroffen für die Huldigung und Installation desErwählten. Doch die Mehrzahl der Stimmen fiel auf in selber. Esbewahrt die Würzburger Universitätsbibliothek die notarielleUrkunde, in welcher der Würzburger Domherr Ambros v. Gumppenberg,auch Dompropst zu Basel und Eichstätt, unter dem 26. Nov. 1573 demDompropst Richard von der Kehr zu Würzburg die Vollmacht und denAuftrag gibt, Julius Echter in seinem Namen Bischof zu wählen undzwar hauptsächlich deswegen, weil sich Julius durch hervorragendeFrömmigkeit, ausgezeichnete Gelehrsamkeit, Adel des Geschlechtes,tadelloses Leben und Sitten ganz besonders empfohlen, aber auchweil er unsere katholische Religion rein und lauter festhält,verteidigt und befördert. Aehnliche Gründe mochten die meistenbewogen haben, ihre Stimme für Julius abzugeben. Von anderen wirdfreilich auch berichtet, daß sie ihn wählten, weil sie von ihm nachseinem bisherigen bescheidenen Auftreten eine stille, friedlicheRegierung erhofften. Nur mit Widerstreben nahm Julius die Wahl an;denn er wußte was seiner als Bischof wartete; schrieb er dochselber, daß das fürstbischöfliche Amt in diesen Zeiten starkeNerven erfordere. Die Domherrn benutzten schon seit langem dieGelegenheit der Bischofswahl, um ihre Macht zu erweitern und diedes Bischofs einzuengen. Sie legten nämlich dem Gewählten eineReihe von Forderungen vor, die derselbe beschwören mußte. Mannannte dies die Wahlkapitulation; dieselbe ging bei Julius Echternoch weiter als bei den Vorgängern; ja sie sieht sogar dieMöglichkeit der Absetzung des Bischofs durch das Kapitel vor.Bisher waren die Aemter des Hofmeisters, Marschalls, Kanzlers,Schultheißen sowie alle Hof- und Kanzleiräte vom Bischof nur mitdem Rat des Kapitels besetzt worden; fortan sollten diese Aemterauch dem Kapitel ebenso wie dem Bischofe verpflichtet werden undden Diensteid schwören. "Das Kapitel ist in allen vornehmengeistlichen wie weltlichen Sachen zu befragen und sein Rat durchauszu befolgen", lautete beispielsweise ein weiterer Artikel. Spätererlangte Julius eine Abschwächung der Wahlkapitulation. Nachdemnun der gewählte Fürstbischof die Wahlkapitulation unterzeichnetund beschworen hatte, wurde sein Familienwappen vom Kapitelshauseauf den Hochalter des Doms gebrcht und an einer Kerze befestigt.Der Dompropst führte hierauf Julius Echter zum Kapitelshause hinausund stellte ihn zunächst den fürstlichen Räten und Dienern und danndem vor dem Kapitelshause harrenden Volke als ihren neuen, einmütiggewählten Herrn und Gebieter vor. In feierlichem Zuge ward jetztder neue Fürstbischof in den Dom geleitet; dort bestieg er einenThronsessel auf dem Hochaltar. In demselben Augenblicke verkündetendie Domglocken und die Kanonen auf dem Marienberge dem Frankenvolke

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die frohe Kunde, daß es wieder einen Fürstbischof besitze. Der Domaber widerhallte vom freudigen Lobgesang des Te Deum. Nachdemdasselbe verklungen, traten die anwesenden Domherrn zur Huldigungund Beglückwünschung zum neuen Bischof heran, darnach dieanwesenden Aebte und Dekane, hierauf einie weltliche Beamte. Manerzählt, daß Julius ungeachtet seiner natürlichen Ernsthaftigkeiteine besondere Bewegung und Rührung zeigte, als sein AltersgenosseNeidhard von Thüngen vor ihn trat; dieser wurde sein Nachfolger alsDomdechant udn später Bischof von Bamberg. Auf die kirchlicheInthronisation folgte in der hochfürstlichen Kanzlei die feierlicheEinführung in die weltliche Regierung. Hierauf zog man zum Festmahlin den nahen bischöflichen Hof. Nach der Tafel ritt der neueFürstbischof im festlichen Aufzug in das Schloß auf den Marienberg,um auch von seiner Hofburg Besitz zu ergreifen. Bereits wenige Tagespäter huldigte die Bürgerschaft von Würzburg feierlich dem neuenFürstbischof in dem altberühmten Palasts zum Katzenwicker (amPlatze der jetzigen Marschule), wo einst Kaiser FriedrichBarbarossa seine Hochzeit mit Beatrix von Burgund gefeiert hatte.Am 17. Dezember wurde auch im nahen Heidingsfeld die Huldigungvorgenommen; in den übrigen Städten des Hochstiftes aber ward siewegen der strengen Winterkälte auf die Frühlingstage verschoben.Am 29. März 1574 bat Julius Echter den Papst Gregor XIII. umBestätigung seiner Wahl, die dann im Juni erfolgte. Der DomdechantNeidhard v. Thüngen und der Kanonikus des Stiftes Neumünster, GeorgFischer, hatten sein Schreiben persönlich nach Rom überbracht.Darin gelobte Julius dem Oberhaupte der Kirche, daß er jene soherrlichen und heiligen Werke, die sein Vorgänger fromm begonnen,kräftig fortführen und seine Kirche unter dem Schutze Gottes undSr. Heiligkeit aus den verschiedenen Gefahren und Stürmen jenertrüben Zeit zum sicheren Hafen führen wolle. Er verspricht ganz diefromme Richtung des verstorbenen Bischofs beizubehalten und gelobtinsbesondere, alle seine Kräfte bis zum letzten Atemzug für dasPapsttum einzusetzen; keine Anstrengung und Mühe wolle er darobscheuen, was immer Bitteres ihm auch diese Hingabe bringen werde;ja er sei bereit Leben und Blut für den Hl. Vater zu opfern. Auchan den Kaiser Maximilian II. sandte er eine Gesandtschaft und am 4.Mai 1575 erteilte der Kaiser zu Prag die Bestätigung aller Rechteund Privilegien des Herzogtums für den neuen Fürstbischof.

Berge von Schwierigkeiten

Julius Echter hatte nun den Stuhl des hl. Burkard inne. Diestaatlichen, politischen, sozialen und religiösen Verhältnissehaben sich seit jenen Tage ungemein verändert; erst wenn wir einen

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Blick in die damaligen Zeitverhältnisse werfen, ahnen wir, welcherRiesenaufgabe der neugewählte Fürstbischof gegenüberstand. Es warenBerge von Schwierigkeiten. 1. Der Bischof war wohl Herzog vonFranken und Landesherr; er trug als Zeichen siner doppeltenAmtsgewalt sowohl des Krummstab als auch das Schwert. Aber nebenihm fühlte sich das adelige Domkapiitel als Mitregent, und gar oftglaubte es sich zu einer Art Vormundschaft über den regierendenBischof berufen; eifersüchtig wachte es über die althergebrachtenVorrechte, Freiheiten und Privileien. Zu den geistlichenAngelegenheiten des Bistums wie in Sachen der Landesregierungwollte es überall mitreden. Wir wissen aber bereits, wie es damalsmit der Gesinnung und dem Leben der meisten Domherrn stand. OhneBeruf in den geistlichen Stand gekommen, hatten si wenigVerständnis für die Leiden und Freuden der Kirche und nicht denWillen und die Kraft zu einem geistlichen Leben. Die Familien,denen sie entstammten, waren fast sämtlich ohnedies demProtestantismus anheimgefallen. Wie schon Bischof Wirsberg, sostieß daher auch Julius Echter bei seinem Reformwerk fast auf denständigen Widerstand des Domkapitels; die herrlichsten Schöpfungendes Fürstbischofs wie die Gründung der Universität und die Stiftungdes Juliusspitals kamen zustande gegen den Willen der Domherrn.Wäre nicht Julius ein Mann mit eisernem Willen und zäher Festigkeitgewesen, der von seinen einmal gefaßten und durchdachten Plänen soleicht nicht abging, so wären seine schönsten Entschlüsse amWiderspruch des "Mitregenten" gescheitert. Allein ging etwas nichtmit dem Willen Kapitels, sosuchte und fand Julius Echter Mittel undWege, es trotz und gegen das Kapitel dennoch durchzusetzen. 2. DieGrenzen des Herzogtums und des Bistums fielen durchaus nichtzusammen; die geistliche Gewalt des Bischofs von Würzburgerstreckte sich viel weiter als seine weltliche Herrschaft; aberdie damaligen Zustände brachten es mit sich, daß das Wort desBischofs außerhalb des Herzogtums machtlos blieb; denn diefeindliche weltliche Gewalt verbot und verhinderte den Vollzugdesselben in dem übrigen Teil des Bistums. Es deckte sich auch dasGebiet der damaligen Diözese nicht mit dem der heutigen; diedamalige Landkarte von Franken weist ein ungemein buntes Gemischvon selbständigen Grafschaften, reichsunmittelbaren Ritterschaften,freien Städten, Stifts- und Klosterbesitz auf; diese Kleinstaatereiverschwand im Anfange des vorigen Jahrhunderts. Ihr Gebiet wurdeden heutigen größeren Staaten einverleibt. Das einstige BistumWürzburg erstreckte sich im Norden bis über Fulda, Hünfeld, Geisaund Schmalkalden hinaus, im Osten nach Coburg und bis hart an dieStädte Bamberg und Heilbronn einschließlich; im Westen vom Neckarbis an den Spessart. Das Bistum dehnte sich also hinein in dasGebiet des Bischofs von Bamberg, der Reichsstadt Nürnberg, derMarkgrafen von Ansbach-Bayreuth, der Grafen von Hohenlohe, des

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Deutschmeistertums Mergentheim, des Herzogs von Württemberg, derPfalzgrafschaft, des Kurfürstentums Mainz, der Fürstabtei Fulda,der Grafen von Henneberg und der sächsischen Fürstentümer. Inseinem Schoße selbst lagen die Grafschaften Castell, Rieneck,Schwarzenberg und Wertheim, die ritterschaftlichen Besitzungen derLimpurg, Weinsberg, Bibra, Hutten, Ostheim, Schaumburg, Stein,Thann, Thüngen, Weihers, Lichtenstein, Heilgersdorf, Truchseß,Rotenhan, Wolfskeel, Crailsheim, Münster, Rehweiler, Seinsheim,Fuchs usw.; ferner die Reichsstädte Hall, Heilbronn, Rothenburg,Schweinfurt und Windsheim, die freien Reichsdörfer Gochsheim undSennfeld, dazwischen lagen eingestreut viele ansehnliche geistlicheStifte, Abteien, Manns- und Frauenklöster. Vom jetzigenRegierungsbezirk Unterfranken gehörte damals der westliche Teil mitAschaffenburg, Obernburg, Wörth, Klingenberg und Miltenberg zumErzstift Mainz; die Marktflecken Laudenbach a.M., Homburg,Lengfurtund Marktheidenfeld gehörten zur Grafschaft Wertheim; dasGebiet der Grafschaft Rieneck erstreckte sich über den Sinngrundund Spessart mit den Städten und Ortschaften Rieneck, Gemünden,Wolfsmünster, Lohr, Rothenfels, Partenstein und Eschau, sie reichtevon Schlüchtern bis Lauda und von Gemünden bis an die Kahl. Daseigentliche Rhöngebiet gehörte zum Stifte Fulda mit Brückenau undHammelburg. Die Grafschaft Castell besaß ihre Besitzungen imSüdosten und die Grafschaft Henneberg im Nordosten mit Münnerstadtund Königsberg. Das dazwischen liegende Gebiet bildete den Kern desHerzogstums Würzburg. Man kann sich kaum noch eine Vorstellungmachen, wie bunt und gemischt die landesherrlichenBesitzverhältnisse waren. Wenn wir z.B. von Würzburg mainaufwärtsgehen, so war Heidingsfeld und Randersacker Würzburgisch; dasangrenzende Gerbrunn aber gehörte den Grafen von Castell,Eibelstadt hinwiederum war zu zwei Dritteln dem Domkapitel, zueinem Drittel den Erbmarschällen von Pappenheim eigen; Winterhausenund Sommerhausen mit Lindelbach und Westheim besaßen die Schenkenvon Limpurg, Reichenberg und Rottenbauer die v. Wolfkeel, Erlachund Kaltensondheim die v. Schwarzenberg, Ochsenfurt undFrickenhausen war wieder Würzburgisch; Marktbreit beherrschten dieHerrn von Seinsheim und Seckendorf. Segnitz die Markgrafen vonBrandenburg und Ritter v. Zobel; Sulzfeld gehörte wieder demFürstbischof, Kitzingen aber den Markgrafen von Brandenburg. Oftwar sogar dieselbe Stadt oder Ortschaft beherrscht vonverschiedener Landesobrigkeit, so z.B. Münnerstadt von Würzburg undHenneberg. Im Jahre 1620 zählte das Dorf Kerbfeld bei Hofheim 42Hausgenossen; davon gehörten 26 dem Bischofe von Würzburg, 3 demFuchs von Burgpreppach, 2 der Veste Künsberg, 2 den Herren vonWeimar, 2 dem Kloster Bildhausen, 2 dem Hans Eitel Tuchseß auf derBettenburg, 1 dem Junker Zobel von Friesenhausen. Aehnlich war esmit den Dörfern um Königsberg. Es wechselten nun oftmals diese

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Besitzverhältnisse durch Kauf und Verkauf, Verpfändung undWiedereinlösung, Heirat und Erbverträge. Diese Vielstaaterei hattenaturgemäß bei der Schwäche der kaiserlichen Zentralgewalt großeöffentliche Rechtsunsicherheit und viele nachbarlichen Streithändelzur Folge. 3. Die landesherrlichen Besitzverhältnisse waren aberim Jahrhundert der Glaubensspaltung von einem alles andere anBedeutung überragenden Einflusse aufdas religiöse Bekenntnis derUntertanen. Die fränkischen Ritter hatten sich fast samt undsonders der Lehre Luthers angeschlossen. Von Anfang an wareneifrige Parteigänger unter denselben Ullrich von Hutten, Adam undSilvester von Schaumberg, Johann zu Schwarzenberg, Burkard Hund vonWenkheim und MOritz Marschalk von Ostheim zu Waltershausen. Lutherhatte selbst erklärt, daß er durch den schutz der fränkgischenRitter nicht wenig im Kampfe gegen Rom ermutigt wurde. Im Laufe des16. Jahrhunderts führten fast alle Adeligen, insbesondere aber diemächtigen Grafen von Henneberg, Rieneck, Wertheim, Hohenlohe,Castell, sowie die Markgrafen von Brandenburg und die Herzöge vonWürttemberg die Glaubensneuerung in ihrem Gebieten ein. Die Grafenvon Henneberg allein zwangen mehr als 40 Pfarreien im KapitelMellrichstadt zum Protestantismus überzutreten. Die derkatholischen Kirche noch treuen Priester wurden von ihrenPfarrstellen verjagt, die Klöster aufgehoben und als Staatsguteingezogen, die Zahlung von Abgaben an den Bischof von Würzburg unddie Verbindung mit ihm den Untertanen verboten. LutherischePrediger kamen allenthalben auf die überall im Herzogtum zerstreutliegenden ritterschaftlichen Dörfer. Auch die Magistrate der Städteneigten sich früh der Lehre Luthers zu. Die adeligen Herrschaftenhatten vielfach auch das Besetzungsrecht von Pfarreien, die aufWürzburger Gebiet lagen. Entweder übten sie nun ihr Rechtüberhauptnichtmehr aus und verweigerten die Auszahlung der Gehälteran die katholischen Pfarrer sowie die Unterhaltung der Kutusgebäudeoder sie präsentierten für die Pfarreien Personen, die der neuenLehre ergeben waren. Bereits im Jahre 1550 überreicht FürstbischofMelchior v. Zobel auf dem Reichstag zu Augsburg eineBeschwerdeschrift, worin er über die gewaltsame Schädigung seinerbischöflichen Rechte seitens der reichsunmittelbaren Ständelebhafte Klage führte, freilich ohne Erfolg. Im Jahre 1555 wurdevollends durch den sogenannten Augsburger Religionsfrieden dieKnebelung der Gewissenfreiheit der Untertanen auch noch rechtlichund gesetzlich anerkannt, indem der Reichsta bestimmte: "DieFürsten und Stände des hl. Reiches deutscher Nation habenvollkommene Macht und Gewalt von den beiden zugelassenen Religionen(d.i. der katholischen oder lutherischen) eine nicht allein fürsich anzunehmen, sondern auch bei ihren Untertanen einzuführen undKirchenordnungen aufzurichten." So wollte denn bald jeder Graf undRitter den Papst und Bischof in seinem Gebiet spielen; die

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Untertanen hatten kein Recht mehr, sich die Religion nach ihremGewissen zu wählen. Es blieb ihnen nur die Möglichkeitauszuwandern, wenn sie den alten Glauben nicht verlassen wollten.Infolge der Verschuldung des Hochstiftes hatten überdieseinheimische und fremde Adelige manche Aemter und Vogteien desHerzogtums pfandweise erhalten. Sofort führten sie selbst in diesenaltwürzburgischen Gebieten die neue Lehre und Kirchenordnung einund setzen ihre Prediger an die Stelle der katholischenGeistlichen. Aber selbst die unmittelbaren fürstlich-würzburgischenAmtmänner waren, da sie ja den fränkischen protestantischgewordenen Adelhäusern entstammten, oft heimliche und manchmalsogar offene Beförderer der Lehre Luthers, obgleich sie im Dienstedes Bischofs standen. So truf Silvester von Schaumburg, Burggraf zuThundorf, als fürstbischöflicher Amtmann zu Münnerstadt (v. 1526-34) viel zur Vorbereitung des Protestantismus im Lauergrund bei.Hatte doch dieser Ritter bereits i.J. 1520 seinem Sohne, als er ihnauf die Universität Witterberg sandte, einen Brier an Luthermitgegeben, worin er diesen einlud, nach Franken zu kommen, ihmseinen Schutz sowie den von hundert gleichgesinnten Rittern anbotund ihn ermunterte, auszuharren. Ein anderer fürstbischöflicherBeamter, Alexander Voit von Salzburg, Amtmann zu Hilders, Auersbergund Fladungen, war ein solch ungestümer Eiferer für die LehreLuthers und ein solcher Feind der katholischen Geistlichkeit, daßer im Jahre 1566 mit seinem Vetter im trunkenen Zustande in denPfarrhof zu Neustadt a.d.S. eindrang, den Pfarrer und den Kaplanmißhandelte, ihnen das geistliche Gewand vom Leibe riß und daraufherumtanzte. Ein aner Mal warfen sie die Fesnter im Pfarrhofe ein,umringten auf offener Straße den Pfarrer mit gezückten Schwerternund der Bediente des Alexander Voit überfiel den Kaplan mit bloßerWaffe in der Kirche. So trugen die Adeligen am meisten dazu bei,daß die Lehre Luthers weithin in Franken verbreitet wurde. GroßenVorschub hatten der Glaubenserneuerung auch die sozialen Mißständegeleistet. Als es die Lehre Luthers von der evangelischen Freiheitvernahm, verlangten die unzufriedenen Bauern im Namen dieserFreiheit von den Fürsten freies Jagd-, Fisch- und Weiderecht,freies Recht auf Brenn- und Nutzholz, Erleichterung der drückendenZehentlasten, Abschaffung der Leibeigenschaft, Recht, die Pfarrerselbst zu wählen und wieder abzusetzen, falls sie nichtentsprachen. Es kam im Jahre 1525 zum Bauernkrieg, der vieleKlöster, Burgen und Schlösser in Asche legte. Aber der Bauerkriegwurde blutig niedergeschlagen, die Aufrührer von FürstbischofKonrad von Thüngen (reg. von 1519-40) strenge bestraft; die Bauernerhielten daraufhin nicht nur keine Erleichterung, sondern verlorennoch mehr Freiheiten und Rechte. Aber wer hatte den Schaden zutragen? In letzter Linie die katholische Religion. Denn derverhaltene Zorn der Bauern gegen den Fürstbischof machte sich Luft

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im Widerstand geen die Religion, als deren Vertreter er regierte;die Unzufriedenen horchter daher um so lieber auf das neueEvangelium, das den Kampf gegen die alte Kirche und die bisherigeOrdnung predigte. Nun waren aber überall im Lande in den Dörfernder Adeligen und in den Städten die Prediger der neuen Lehre tätig;so liefen dann die Unzufriedenen auch von den bischöflichen Dörfernin die benachbarten Städte oder ritterschaftlichen Orte in diePredigten und Gottesdienste der Lutheraner. Man hat in unserenTagen an der sozialistischen Bewegung erlebt, wie leicht dasunzufriedene Volk eine Beut der kühn hingeworfenen Kampfesphrasewird. 4. Die katholische Geistlichkeit setzte der Neuerung nichtden nötigen Widerstand entgegen. Das hatte mehrere Gründe. Auch dieniedere Geistlichkeit war unzufrieden; denn sie war schlechtbezahlt. Die Stifts- und Domherrn hatten die einträglichenPfarreien inne und ließen dieselben durch einen ständigenPfarreiverweser gegen einen mageren Gehalt versehen. Es fehlte auchvielen Geistlichen an der nötigen Vorbildung, weil die weltlichenund geistlichen Patronatsherren bei der schlechten Bezahlung auchkeine großen Ansprüche an die Bewerber um die Pfarrstellen stellenkonnten. Zudem wurde das schlechte Beispiel der hohen Geistlichkeitan den Dom- und Stiftskrichen im Lebenswandel auch von der niederenGeistlichkeit nachgeahmt. Viele Geistliche fielen ab, weil siebessere Einkünfte und ein Weib suchten, andere fielen zwar nichtförmlich ab, lebten aber schlecht. Solche Seelsorger führten desöfteren ihre Gemeinden zur neuen Lehre hinüber, ohne daß ein großerTeil des Volkes es so recht begriff. Denn sie empfahlen dieselbeihrer Herde und erklärten, sie wollten die Religion nur vonpäpstlichen Zeremonien reinigen. Im Uebrigen ging man mit derAenderung des Gottesdiensts nur sehr behutsam zu wege, so daß erauch nach außenhin noch als der alte katholische erscheinen konnte.So machte es z.B., wie eine alte Urkunde des Kitzinger Stadtarchivsberichtet, daselbst der Pfarrer Martin Meglin (gest. 1533): "NichtsSonderliches von den Zeremonien that er ab; ließ es bleiben, wie eres fand; allein etlich christlich Gesäng richt er auf! ...erreichet auch das Sakrament unter beder Gestalt, taufet die Kindleinteutsch." Durch die Kampfschriften Luthers und seinerParteigenossen und durch die Angriffe der Prediger war edlich derPriester- und Ordensstand dem allgemeinen Spott und der Verachtungpreisgegeben worden, so daß schwerlich jemand noch die Lust fühlte,Priester und Ordensmann zu werden. So trat bald ein großerPriestermangel ein. Während zu Würzburg im Jahre 1521 noch 74Seelsorgs- und 41 Stifts- und Klostergeistliche zu Priesterngeweiht wurden, waren es im Jahre 1530 nur noch 2 bezw. 3, 1545deren 7 und 15, im Jahre 1573, da Julius Echter Bischof wurde, 8bezw. 16. Der neue Bischof fand viele Pfarreien leer stehen odermit untauglichen Priestern besetzt. Wenn aber die Hirten geschlagen

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sind, muß sich naturnotwendig die Herde zerstreuen. Sollte esbesser werden, dann mußte Julius Echter vor allem für dieHeranbildung tüchtiger Geistlicher sorgen. 5. Ein großes Hindernisfür einen reformeifrigen Bischof war der Umstand, daß dasPräsentationsrecht so vieler Pfarreien in anderen Händen lag. Sohatte ein Fürstbischof von Würzburg vom Landkapitel Ochsenfurt biszum Jahre 1803 nur folgende Pfarreien selber zu besetzen: DieSpitalpfarrei zu Aub, Goßmannsdorf, Ingolstadt, Dellingen,Rittershausen, Strüth und Unterwittinghausen; der Abt zu Zell warder Patron von Acholshausen, Wolkshausen und Gaukönigshofen; derAbt zu Brombach besetzte Allersheim und Gaubüttelbrunn; dasDomkapitel Frickenhausen, Ochsenfurt, Kleinochsenfurt, Sulzdorf undZeubelried; das Ritterstift St. Burkard in Würzburg war der Patronvon Aub, Ausstetten, Baldersheim, Eßfeld, Gelchsheim, Heidingsfeld,Höchberg, Kirchheim, Sonderhofen und Stalldorf; das Stift zuNeumünster war der Patronatsherr von Bütthard, Gaurettersheim,Riedenheim und Röttingen; der Propst vom Neumünster präsentierteauf Hopferstadt; Bernsfelden hatte der deutsche Orden undKleinrinderfeld der Dechant im Tauber Landkapitel zu vergeben; dieHerrn von Zobel waren die Patrone von Darstadt und Euerhausen; dieFürsten von Schwarzenberg die von Erlach und Marktbreit; die Herrnvon Wolfskeel die von Rottenbauer. Nicht nur die weltlichenPatrone, sondern auch die Stifte und Klöster erfüllten aber ihrePatronatspflichten sehr schlecht und Julius Echter hatte oft großeMühe, bis er die verweltlichten Aebte und Stiftsherrn dazu brachte,taugliche Personen für ihre Pfarreien zu präsentieren. 6. DasReformwerk erforderte auch viel Geld, so der Bau vonUnterrichtsanstalten, die Errichtung und bessere Dotierung vonPfarreien, der Neubau oder die Restauration von Kirchen, dieWiedereinlösung verpfändeter Gebietsteile, die sonst unter ihremprotestantischen derzeitigen Inhaber der neuen Lehre anheimgefallenwären. Nun war aber das Hochstift, als Julius zur Regierung kam,verschuldet. Er hatte es ja als Kapitular und Dechant des Domstiftsmiterlebt, wie man bei seinem Vorgänger alls Reformpläne mit demHinweis auf die zerrütteten Finanzen abtun wollte. Schuld an derVerarmung des Landes war zunächst der Bauernkrieg vom Jahre 1525;ferner der Kriegszug des Landgrafen Philipp von Hessen vom Jahr1528, der dem Hochstifte über 100000 Gulden Unkosten verursachte;vor allem aber brandschatzte und verheerte in den Jahren 1552-1554der Markgraf Albrecht von Brandenburg-Sulmbach mit dem RitterWilhelm von Grumbach zu Rimpar in unerhörter Weise das BistumWürzburg; Albrecht nötigte den Bischof Melchior Zobel vonGuttenberg (reg. 1544-58) zur Zahlung von 220000 Gulden undüberdies zur Uebernahme einer Schuld des Markgrafen von 350000Gulden. Um diese Summen aufzubringen, mußten die Bürger ihreSilbergeräte einliefern, die Kirchen und Stifte die kostbaren

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Kelche, Monstranzen, Reliquienschreine, der Dom selbst das silberneStandbild des hl. Kilian einschmelzen. Sengend, brennend, mordendund Dörfer und Städte einäschernd durchzog er den Hochstift; keinWunder, daß es verarmte und verschuldete. 7. Daß ein Fürst solchräuberische Ueberfälle und Brandschatzungen deutscherNachbarstaaten wagen konnte, zeigt am besten, wie schwach diekaiserliche Reichsgewalt geworden war. Vom Kaiser konnte JuliusEchter wenig Hilfe hoffen, wenn protestantische Nachbarfürsten oderdie eigene Ritterschaft ihn wegen seines Religionswerkes angriffen.Der Kaiser war ja selbst in seinen Erblanden durch die Türkenkriegefast in ständiger äußerster Not. Wirverstehen es daher, wennJulius Echter im Jahre 1575 in der Vorrede zu dem neuherausgegebenen Brevier sagt: Ich fühle in diesen schweren Zeitendie ganze Wucht des bischöflichen Amtes auf meinen Schulternlasten; schwere Besorgnis hat mich bald nach meinemRegierungsantritt erfüllt und ich sehe auch jetzt noch kein Endedieser Sorgen. Die Kräfte meines Körpers und Geistes sind dieserBürde nicht gewachsen. Wenn ich die Nachstellungen, dieVerwegenheit und die unermüdlichen Anstrengungen der Feinde derKirche bedenken, welche die Herde Christi zerstreuen und verderbenwollen, dann muß ich mit Susanna ausrufen: Bedrängt bin ich aufallen Seiten und zwar von solcher Bedrängnis, daß mir weder bei Tagnoch bei Nacht ein ruhiges Stündlein verbleibt. Besonders derGedanke an jenen Tag macht mich erzittern, wo ich Christus demWeltenrichter Rechenschaft über mein Leben und über die meinerHirtensorge anvertrauten Seelen ablegen muß. In dieser Not sindanhaltenden und inständige Gebete zu Gott meine einzige, aber auchfesteste und sicherste Zuflucht.

Die ersten Taten

Große Erwartungen hatte man in kirchlichen Kreisen auf den neuenFürstbischof gesetztz; allein da zunächst keine hervorstechendenTaten erfolgten und der Neuerwählte nach der päpstlichenBestätigung den Empfang der Priester- und Bischofsweihe um einganzes Jahr, nämlich auf Pfingsten 1575 verschob, so waren vieleenttäuscht. Selbst der Papst Gregor XIII. mahnte ihn im November1574 an die Erfüllung seiner Versprechen. Insbesondere wünschte derPapst von ihm die Abhaltung einer Diözesansynode und die Gründungeines Priesterseminars. Manche Geschichtsschreiber haben selbstbehauptet, Julius habe im Anfang seiner Regierun protestatischeNeigungen gehabt und sei mit dem gleichen Plane umgegangen wie seinFreund der Erzbischof Gebhard von Köln, nämlich sein Bistum in einerbliches, weltliches Herzogtum zu verwandeln. Allein dem ist

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nicht so. Julius beschäftigte sich zunächst mit sich selbst. Erfaßte sein hl. bischöfl. Amt von Anfang an tiefgläubig auf undwollte sich auf den Empfang der hl. Bischofsweihe erst mit allemErnst noch vorbereiten. Denn er war bei seiner Wahl nur Diakon undseine früheren Studien haben höchstwahrscheinlich mehr derRechtswissenschaft als der Theologie gegolten. So wollte er imersten Amtsjahr das innere Leben und den priesterlichen Geist unddie kirchliche Wissenschaft pflegen, um sich zu einem Priester undBischof nach dem Herzen Gottes heranzubilden. Auch war Julius keinMann überstürzten Handelns; er überlegte seine Pläne reiflich, dannaber führte er sie auch mit zäher Entschlossenheit durch.Wiederholt spricht Julius selber aus, welche Gesinnungen sein Herzin jener Zeit erfüllten. So schrieb er noch im Jahre 1574 an KaiserMaximilian II.: "Vom ersten Tag an, an welchem ich durch GottesFügung zur Leitung dieses Bistums und Herzogtums berufen wordenbin, habe ich es am äußersten Fleiß und Eifer nicht fehlen lassen,um auf jener Grundlage weiter zu bauen und jene Werke zum Abschlußzu bringen, die mein Vorfahrer frommen Sinnes begonnen hat." SolcheWerke waren z.B. der Ausbau der theologischen Unterrichts- undErziehungsanstalten und die Herausgabe eines verbessertenBrevieres. In der Vorrede zu dem im Jahre 1613 erschienenen neuenMissale wirft Julius einen Rückblick auf seine reformatorischeTätigkeit. Da gesteht er denn auch: "Ich habe vom ersten Anfangmeiner bischöflichen Amtführung an all mein Sinnen und Trachtendarauf gerichtet, diejenigen zur alten Religion und zurMutterkirche, außer welcher kein Heil zu hoffen, zurückzuführen,welche meiner Hirtensorge zwar anvertraut, aber die schlechtem Ratund Drucke folgend törichter Weise vom katholischen Glaubenabgeirrt waren." Allein bevor Julius mit Aussicht auf Erfolg einsolches Bekehrungsewrk wagen konnte, mußte er erst eine Reihe vonVorarbeiten erledigen; vor allem brauchte er tüchtige Mitarbeiter,gute Priester, die er an die Stelle der unbrauchbaren Pfarrer undder lutherischen Prediger setzen konnte. Noch im Dezember 1573,drei Wochen nach seiner Wahl zum Fürstbischof, bemühte er sicheinige hoffnungsvolle Jünglinge aus adeligen Familien in dasDeutsche Kolleg nach Rom zu bringen, damit sie dort am Hauptsitzeder Christenheit zugleich mit dem Studium der Wissenschaften sichrecht für den wahren unverfälschten Glauben und das Papsttumbegeisterten. An diesen Jünglichen wollte Julius dereinstzuverlässige Stützen in der Regierung der Diözese und desHerzogtums erhalten. Es ist ein Zeichen für den frommen Sinn desFürstbischofs, daß er das hl. Pfingstfest als den Tag seinerKonsekration bestimmte. Er hoffte an diesem Festtage durch den hl.Geist mit um so größerer Kraft aus der Höhe für sein schweres Amtausgerüstet zu werden. Die Feierlichkeiten selbst wollte Julius inseiner Bescheidenheit und Demut ohne alles äußere Gepränge

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abgehalten wissen. Vom Erzbischof von Mainz erbat er sich zurKonsekration den Weihbischof Stephan Weber. Nach der Bischofsweihenahm er mit Macht jene beiden WErke in Angriff, welche seinen Namenvorzüglich im Frankenland verewigt haben: die Gründung desJuliusspitals und der Universität. Beide Werke bezeugen lebhaft,wie er von Anfang an für das leibliche und geistige Wohl seinerUntertanen besortg war. In den Anfang seiner Regierung, näherhinins Jahr 1576, fällt auch der Streit des Fürstbischofs Julius mitdem Abte von Fulda. Dies ist der einzige dunklere Punkt in seinerLebensgeschichte. Welches war der Anlaß und Verlauf dieses Zwistes?

Ein Schatten im Lichtbilde

Im Jahre 744 hatte der hl. Bonifatius die Benediktinerabtei inFulda gegründet; durch zahglreiche Schenkungen erhielt diesesaltberühmte Kloster einen solchen ausgedehnten Güterbesitz, daß esbei der Säkularisation im Jahre 1803 ein zusammenhängendes Gebietvon ungefähr 40 Quadratmeilen mit über 100000 Einwohnern besaß. Ander Spitze stand ein Fürstabt, dem als Mitregent zur Seite einKapitel war, - ursprünglich Benediktinerpatres, später adeligeBenediktinerpröpste aber mit so verweltlichter Gesinnung undLebensweise, daß sie sich von Weltleuten kaum noch durch dasOrdenskleid unterschieden. In kirchlicher Beziehung gehörte dergrößte Teil der Fürstbtei Fulda zur Diözese Würzburg; denn erst imJahre 1652 wurde das Stift Fulda vom Papst Benedikt XIV. zumselbständigen Bistum erhoben. Es hatte die Abtei auch manchenGrundbesitz mitten im fränkischen Herzogtum z.B. dasBenediktinerkloster Holzkirchen; ebenso hatte sie dasPräsentationsrecht auf mehr als 50 Pfarreien im würzburger Gebiet.Im Laufe des 16. Jahrhunderts drang nun die Glaubensneuerung auchin weite Teile des Hochstiftes Fulda ein und wurde noch befördertdurch den Leichtsinn und die Schwäche der Aebte und dasverweltlichte und sittenlose Leben und Treiben der adeligenKapitulare. Dadurch gingen eine ganze Anzahl Würzburger Pfarreienan das Luthertum verloren. Umgekehrt hatte auch der WürzburgerBischof oder das Domkapitel das Besetzungsrecht auf Pfarreien imGebiete des Stiftes Fulda, so das Domkapitel auf die PfarreiHammelburg. Schon im Jahre 1524 war durch den Abfall desPfarreiverwesers Johann Kempach die neue Lehre nach Hammelburgeingedrungen und von Magistratspersonen befördert worden. Sollteaber der neuen Lehre wirksamer Widerstand entgegengesetzt werden,dann mußte der Fürstbischof von Würzburg als Inhaber dergeisltichen Gewalt über Hammelburg, das Würzburger Domkapitel alsPatron der Pfarrei und die Landesregierung in Fulda mit dem

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katholischen Seelsorger zusammenwirken. Selten waren aber die dreiInhaber der Gewalt einig; mußte ein energischer Schritt geschehe,so kam es erst zu langen Verhandlungen zwischen Würzburg, Fulda undbald beklagte man sich in Würzburg, daß die Landesregierung inFulda die Maßnahmen der geistlichen Behörden betreffs Hammelburgnicht unterstütze oder sogar hindere, bald beklagte sich Fulda, daßman von Würzburg keine geeigneten Seelsorger als Pfarrer sende. Sokonnten die Neuerer, diese Unmstände klug ausnützend, Hammelburgnach und nach gnaz dem Protestantismus zuführen. DerartigeReibungsflächen zwischen Würzburg und Fulda gab es viele und esbestand sowohl in Fulda als auch in Würzburg der Wunsch, diesemZustand der Teilung der geistlichen und weltlichen Gewalt ein Endezu machen. Im Jahre 1570 wurde nun - wenige Monate bevor man sichin Würzburg Julius Echter zum Domscholaster und Domdechant erkor -zu Fulda der erst 22jährige hochtalentierte, fromme und sittenreineBalthasar von Dernbach zum Fürstabt erwählt; er war von dergöttlichen Vorsehung berufen, das Stift Fulda in einem Leben vollerKämpfe und Leiden wieder für die katholische Kirchezurückzugewinnen. Julius und Balthasar sind einander ungemeinähnlich an Talent und Charakter, treu kirchlicher Gesinnung undpersönlicher Tugend, musterhaftem Lebenswandel und herrlicherRegentenfähigkeiten; so jung beide auf den Thron einesKirchenfürsten erhoben wurden, so hell leuchteten sie wie Sterne amHimmel in einer verdorbenen Zeit und Umgebung. Es ist darum tiefbedauerlich und wurde schon von den Zeitgenossen schmerzlichbeklagt, daß zwei solche Zierden geistlicher FürstenthroneJahrzehntelang miteinander in Streit und Prozeß lagen. Wie kam das?Fürstabt Balthasar nahm mit jugendlichem Feuereifer als einer derersten geistlichen Reichsfürsten in Deutschland die Rückgewinnungseines Stiftes für den katholischen Glauben und die Verbesserungder Sitten seines Klerus in Angriff; im November 1571 berief er dieJesuiten und übergab ihnen eine Schule in Fulda Dadurch machte ersich das verweltlichte Kapitel und die protestantische Ritterschaftdes Landes zum grimmigen Feind. Die Ritterschaft zürnte dem Abteauch deswegen, weil er den Bestrebungen der Ritter, sich vomLandesherrn immer unabhängiger zu machen, entgegentrat. Auswärtigeprotestantische Fürsten wie der Landgraf von Hessen, der Kurfürstvon Sachsen und der Markgraf von Brandenburg mischten sich in dieFuldaer Angelegenheiten ein, bestärkten die Ritterschaft und dasKapitel sowie die Städte im Widerstand gegen den Abt und drohtendiesem mit offener Gewalt, wenn er nicht die Jesuiten entferne unddas Bekenntnis der evangelischen Reliogion im Stifte freigäbe. Ja,sie schlugen im Jahre 1573 dem Kapitel die Abdankung Balthasars unddie Ersetzung desselben durch den jungen kalvinischen PfalzgrafenFriedrich vor. Was sich das Kapitel herausnahm, erhellt aus derTatsache, daß es ohne Vorwissen des Fürstabtes am 6. November 1573

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ein eigenmächtiges Ultimatum an die Jesuiten stellte, binnen 14Tagen Stadt und Land zu verlassen. Nur das von Balthasar erwirkteMachtwort des Kaisers und der Spruch des Reichskammergerichtesverhütete wiederholt das Schlimmste. Anfangs wurde der mutigeFürstabt Balthasar vom Bischof Friedrich von Wirsberg wie spätervon Julius Echter in seinen Bestrebungen eifrig unterstützt. Alleinschon Bischof Friedrich war ungehalten über Abt Balthasar, weil ernicht ihn, den geistlichen Oberhirten des Stiftes Fulda, zu seinerAbtsweihe bestellte, sondern den Weihbischof von Mainz. Er wolltesich sogar in Rom über diese Mißachtung seiner Rechte beschweren.Auch Bischof Julius war in Sorge um das Stift Fulda. Es bestandGefahr, daß er die gestliche Gewalt über das Stift verliere; dennAbt Balthasar fühlte sich in seinem Verbesserungswerk nicht wenigdadurch gehemmt, daß die geistliche Obergewalt in seinem Stiftnicht bei ihm lag. Am 19. September 1575 schrieb er an Papst GregorXIII., daß durchgreifende Reformmaßregeln fast unmöglich seien,weil die geistliche Gerichtsbarkeit innerhalb seines Gebieteszwischen ihm, dem Erzbischof von Mainz und dem Bischof von Wirsberggeteilt sei und man kaum wisse, zu welcher Gerichtsbarkeit dieseroder jener Ort gehöre. Der Papst möge die bischöfliche Gewalt anihn allein übertragen, dmait er dann die Reform mit Eifer in dieHand nehmen könnte. Julius Echter fürchtete auch um den Bestand desStiftes selber in einer Zeit, wo viel größere Stifte und Bistümerder Kirche durch die Gewalttat protestantischer Fürsten verlorengingen. Ueber die Stimmung und Pläne der Ritterschaft von Fulda undder angrenzenden protestantischen Fürsten war Julius genauunterrichtet. Sie liefen tatsächlich auf die Umwandlung des Stiftesin ein protestantisches Erbland hinaus. Auch der Brief des HerzogsAlbrecht von Bayern vom 15. November 1573 spricht die Befürchtungaus, daß die Fuldaer Wirren noch weitere Kreise ziehen könnten.Wenn die protestantischen Pläne auf Fulda ihr Ziel erreichten, dannwürde vielleicht die Pfalz auf Mainz, Sachsen auf Würzburg undWürttemberg auf Augsburg die Hand legen. Um das Stift, das, wiegesagt, größtenteils zu seiner Diözese gehörte, für Kirche undBistum zu erhalten, schlug der Fürstbischof dem Abt eine Unionbeider Stifte vor: "Dieweil die Weltlichen nicht unterlassen, dieStifte wider deren Willen einzuziehen, warum sollte es denn denGeistlichen nicht auch erlaubt sein, sich so stark zusammenzutunund sich einander einzuverleiben?" Der Plan von Julius war, daß zuLebzeiten beider Kirchenfürsten der eine des anderen Koadjutor(Vertreter) und nach dem Tode des einen der andere dessenNachfolger in beiden Stiften werde. Aber Balthasar wies leiderdiesen weitschauenden Plan im Jahre 1575 zurück. Da ward Julius dasStift Fulda von anderer Seite angeboten. Im Januar 1576 ergriffnämlich Fürstabt Balthasar Maßnahmen, um die verweltlichtenKapitulare samt ihren Kaplänen wieder zum klösterlichen Leben

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zurückzuführen. Das erbitterte diese aufs Höchste. Der Abt ließsich hierbei, den Streit einem Schiedsrichter zu unterbreiten undman einigte sich auf den Fürstbischof Julius Echter. Dieunzufriedenen Kapitulare wollten aber ihren Bischof zu Würzburgnicht bloß als Schiedsrichter, sondern auch als Landesherrn. Sievereinigten sich mit der ohnedies aufrührerischen Ritterschaft undbeschlossen am 6. Mai 1576 die Abdankung des Abtes. Noch imgleichen Monat erschienen Abgesandte der Ritterschaft und desKapitels in Würzburg, um mit Julius Echter über die Uebernahme desStiftes Fulda zu unterhandeln. Ihre erste Forderung lautete, Juliussolle nicht allein die Ritterschaft, sondern auch die Städte unddas Land bei der Religion lassen, wie ein jeder dieselbe bekenneund wie es bei dem vorigen Abt gewesen sei; allein Juliusverpflichtete sich bloß dazu bei der Ritterschaft; im Uebrigensolle man in seine Person Vertrauen setzen. Es ist ganz zweifellos,daß Julius das religiöse Bekehrungswerk Balthasars im Stifte Fuldaspäter fortgesetzt hätte. Das erwarteten die protestantischenFürsten auch gar nicht anders. So schrieb Landgraf Wilhelm vonHessen an den Kurfürsten Friedrich von der Pfalz über den Streitzwischen Julius und Balthasar: "daß eine Krähe der anderen dieAugen auspicken und ein Jesuiter den andern verfolgen sollte,solches dünkt uns nicht wohl glaublich zu sein." Sie sahen daherdem Regierungsantritt des Würzburger Fürstbischofs in Fulda mithöchtem Mißtrauen entgegen. Als Abt Balthasar von dem geheimenVerkehr seiner Stände mit Julius erfuhr, befand er sich gerade inHammelburg, um dieses Städtchen wieder für die katholische Religionzurückzugewinnen. Er bat sofort den Fürstbischof schriftlich umMitteilung der Verhandlungen. Am 3. Juni 1576 versprach Julius denAbt durch seinen zur Zeit abwesenden Kanzler Helu in dieUnterhandlungen einzuweihen und stellte seinen eigenen Besuch inHammelburg in Aussicht, um sich mündlich mit dem Abt zuverständigen. Helu war zum Bayernherzog Albrecht V. gereist, umdiesen für den Plan der Union beider Stifte zu gewinnen, was auchgelang. Am 13. Juni weihte der Kanzler den Abt völlig in dasUebereinkommen zwischen Julius und den unzufriedenen FuldaerStänden ein und teilte ihm auch mit, daß der Fürstbischof amDienstag nach Dreifaltigkeitssonntag (19. Juni) in sein Schloß nachAschach käme, vo wo dann die geplante Zusammenkunft in Aschach oderHammelburg bewerkstelligt werden könnte. Auf die nochmaligedringende Einladung des Abtes meldete sich Julius aus zum Besuch inHammelburg auf Fronleichnamsfest Nachmittag (den 21. Juni) an.Inzwischen hatten aber Ritterschaft und Kapitel amDreifaltigkeitssonntag, den 17. Juni, sich der Gewalt in Fuldabemächtigt und auf einem Landtag erklärt, sie hätten notgedrungendie Verwaltung des Stiftes dem Bischof von Würzburg übertragen. AmMittwoch, den 20. Juni, erschienen sie mit 100 Pferden in

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Hammelburg, um dem Abt ihre Beschwerden vorzutragen und ihn zurAnnahme des Fürstbischofs Julius als eines Coadjutors zu zwingen.Am nächsten Tag kam Julius nach manchen mit 40, nach anderen mit100 Pferden nach Hammelburg. Der Fürstabt ritt ihm entgegen. Beide,die sich bisher noch nie gesehen, begrüßten sich aufsfreundlichste. Der Abt begann die Unterhaltung: Der Bischof werdewissen, daß er gestern Gäste bekommen habe, nämlich Kapitel undRitterschaft. Der Bischof erwiderte, er habe davon nichts gewußt,sonst wäre er nicht nach Hammelburg gekommen; indessen hoffe er,daß seine Gegenwart dem Abte nicht schaden werde. Am Freitag undSamstag setzten nunRitterschaft und Kapitel dem Abteleidenschaftlich und mit Drohungen zu, man läutete sogar Sturm undder einzige Ratgeber des Abtes, der Jesuitenpater Peter Lopperz,wurde auf Rathaus in Haft gebracht. So unterzeichnete endlichBalthasar am Sonntag, den 24. Juni, seine Abdankung undFürstbischof Julius nahm das Stift an; er ließ sich sogleich inHammelburg undnachdem er mit dem Abt und dessen Feinden nach Fuldageritten, auch am 27. Juni daselbst in der Stiftskirche huldigen.Am 12. Juni gelang es indes dem Abte auf Mainzer Gebiet zuentweichen und hier wiederrief er sofort seine Abdankung als eineerzwungene Handlung und suchte bei Kaiser und Papst Hilfe. Man warim Reiche allgemein über das Hammelburger Ereignis entrüstet. Nichtgenug konnte man sich über Julius Echter wundern, daß er denrebellischen Ständen von Fulda seine Hand geboten. Der Kaisererklärte in einem scharfen Erlaß die Abdankung des Abtes für nullund nichtig und Papst Gregor XIII. verlangte von FürstbischofJulius Echter unter Androhung des Kirchenbannes die Herausgabe deStiftes Fulda. Allein Julius beteuerte sein gutes Recht und seingutes Gewissen und forderte ein gerichtliches Urteil über dieSache. Der Kaiser übertruf bis zum gerichtliche Austrag dieVerwaltung des Stiftes einem kaiserlichen Statthalter. Kaiser undPapst versuchten inzwischen wiederholt eine freundschaftlicheBeilegung des Zwistes zwichen Julius und Balthasar und boten dazudie angesehensten Persönlichkeiten in Kirche und Reich auf, alleinvergeblich. Endlich begann der Prozeß im Jahre 1584; aber erst am7. August 1602 erfolgte das Endurteil, wornach der Abt in alleseine Würden wieder eingesetzt, der Bischof zum Schadenersatz undzur Zahlung des Kosten, Kapitel, Ritterschaft und Städte wegenTreubruchs zur Entrichtung einer Strafsumme von 120000 Guldenveruteilt wurden. Fürstabt Balthasar war in seinem Unglückwiederholt bon den Päpsten und vom seligen Petrus Canisiusgetröstet worden und ertrug sein herbes Geschick mitbewundernswerter Geduld. Nach seiner Wiedereinsetzung führte er mitungebrochenem Eifer das Bekehrungsverfahren im Stifte Fulda fortund brachte gegen 20000 Seelen wieder zum katholischen Glaubenzurück. Vor seinem Tode (1606) hatte sich Balthasar mit Julius

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wieder ausgesöhnt; mit seinem Nachfolger, dem Abt Johann Friedrichvon Schwalbach, schloß der Fürstbischof im Jahre 1613 einenVertrag, der eine Reihe strittiger Punkte zwischen Würzburg undFulda schiedlich friedlich regelte. Der "Fuldaer Handel" aberschwebt wie eine dunkle Wolke über dem sonst so leuchtenden Bildevon Fürstbischof Julius und man möchte denselben gerne in seinemLeben missen. Die alte gut unterrichtete Lebensbeschreibung vonJulius Echter, die vermutlich sogar von seinem eigenen BruderDieterich stammt, sagt übrigens, der Fürstbischof habe es späterselbe bedauert und geklagt, daß er sich von andersgläubigen Rätenin die Fuldaer Angelegenheit habe treiben lassen.

Die Stiftung der Universität

Mitten in diese Zeit, die dem Bischofe Julius wegen der FuldaerSache so viele Vorwürfe und Mißdeutungen eintrug, fallen seinegrößten Schöpfungen: die Gründung von Universität und Juliusspital.Durch Bischof Friedrich von Wirsberg hatte das Hochstift im Jahre1561 ein Gymnasium erhalten, dessen Leitung vom Herbst 1567 an dieJesuiten übernahmen. Daneben bestanden auch noch die Dom- undStiftsschulen für den Nachwuchs der Geistlichkeit weiter. Werjedoch höhere Studien betreiben wollte, mußte seine Bildungauswärts suchen. Zwar hatte schon Bischof Johann von Egloffstein(1400-1411) in Würzburg eine Universität gegründet und sich vomPapst Bonifaz IX. im Jahre 1402 alle Rechte und Vollmachten hiezugeholt. Aber infolge innerer Unruhen ging diese Hochschule baldnach dem Tode des Stifters wieder ein. Die Erfahrung hatte nun abergelehrt, daß der Besuch auswärtiger Bildungsanstalten mancheSchäden im Gefolge hatte. Viele Studenten hatten an der UniversitätWittenberg, wo Luther wirkte, und von anderen protestantischenUniversitäten die neue Lehre ins Frankenland mitgebracht. Besondersbedenklich war dieses auswärtige Studium an verdächtigenUniversitäten für die angehenden Geistlichen und noch im Jahre 1578beschwerte sich Bischof Julius beim Domkapitel, daß die jungenDomherrn auf lutherische Universitäten ziehen und lutherischeHauslehrer haben. Dadurch sögen sie das Gift in sich ein, so daßman sich ihrer künftig nicht getrösten könne, sie wären weder Fischnoch Fleisch. Den Eltern fiel es schwer, ihre Söhne in denkritischsten Jahren für längere Zeit in die Ferne ziehen zu lassen,wo ihr schützendes Auge nicht mehr über dieselben wachen konnte.Mit Vorliebe wurden damals jene belgischen, französischen unditalienischen Universitäten besucht, welche auch Julius bezogenhatte. In Deutschland gingen die Söhne des Frankenlandes gerne,nachdem die protestantischen Universitäten verpönt waren, auf die

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katholischen Hochschulen von Freiburg i. Br., Ingolstadt undDillingen. Vom staatsmännischen Standpunkte aus fiel ins Gewicht,daß durch das auswärtige Studium viel Geld dem Hochstifte entzogenwurde. Aus allen diesen Gründen übernahm Julius, der ohnedies einwarmer Freund und Förderer wissenschaftlicher Studien war, das vonseinem Vorgänger gestiftete Gymnasium wie ein heiliges Vermächtnisund ging alsbald daran, diese Anstalt zu einer vollständigenHochschule auszubauen. Noch im ersten Regierungsjahre erbat derFürstbischof von Papst Gregor XIII. unter Hinweis auf die i.J. 1402für die Würzburger Universität erteilten Privilegien die nötigenRechte und Vollmachten, welche auch am 28. März 1575 gegebenwurden. Desgleichen erwirkte er vom Kaiser unter dem 11. Mai 1575die für die Universitätsgründungen üblichen Rechte und Freiheiten.Auch gab der Kaiser im Zusammenhang mit der Stiftung der Hochschuledem Fürstbischof Privilegien für seine Buchdruckerei. Inzwischenverbesserte Julius das Wirsberg'sche Gymnasium, stellte neueUnterrichtsräume her, vermehrte die Zahl der Professoren, teiltedie Schülerzahl in verschiedene Klassen mit bestimmtemUnterrichtsstoff und neuen Lehrplänen. Nun fügte der Fürstbischofan das verbesserte Gymnasium eine philosophische und theologischeFakultät. Die Lehrer hierzu erbat er sich im Laufe des Jahres 1575von dem Jesuitenorden. Am 2. Dezember desselben Jahres kündigte erder Diözese an, daß an Weihnachten die philosophischen undtheologischen Vorlesungen beginnen sollten und lud dazu ein. "Mitder Hilfe Gottes", sagte der Bischof, "ist nunmehr allhier inunserer STudienanstalt eben dasjenige zu finden und zu lernen, wasbisher mit viel Kosten an fernen und entlegenen Orten zu suchenwar." Zugleich forderte Julius einen Bericht ein über die im Bistumbestehenden Unterrichtsstiftungen, ob und welche Stipendien an deneinzelnen Orten vorhanden, von wem sie gestiftet und in welchemBeitrag, welche Personen sie zur Zeit genössen und wo diesestudierten. Desgleichen verlangte er Auskunft über diejenigen,welche auf Grund geistlicher Pfründen ihre wissenschaftlicheAusbildung erbielten. Dabei beklagte er es lebhaft, daß solcheStipendiaten und Inhaber geistlicher Pfründen an Orten studierthaben und noch studieren, wo sie mit fremder und anderer Religion,als es die treuen Stifter gemeint, behaftet werden. Infolgedessengehen solche Personen nicht allein dem Stift und Vaterlandverloren, sondern sie weihen ihre Dienste anderswo zum Schaden desStiftes. Daher gab Julius den gemessenen Befehl, die Stipendiatenund Inhaber geistlicher Pfründen und überhaupt alleStiftsangehörige, die an anderen Orten studierten, aufs ehesteabzufordern und zum Studium nach Würzburg zu weisen. Gleichsam alsGegenleistung stellte Julius den weiteren Ausbau der WürzburgerUnterrichtsanstalt in Aussicht. Doch diese Pläne stießen aufhartnäckigen Widerstand des Domkapitels. Um den Gehalt der neu

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ernannten Philosophie- und Theologieprofessoren aus demJesuitenorden zu bestreiten, verlangte er vom Domkapitel dieZuweiseung von Gefällen des ausgestorbenen FrauenklostersUnterzell. Um ferner nicht kostspielige Neubauten für die geplanteUniversität ausführen zu müssen, bat er um Ueberlassung bezw.Umtausch des dem Kapitel gehörigen Domherrnhofes zum Katzenwicker.Das Domkapitel ging aber auf beides nicht ein. Besonders spieltedabei seine feindselige Haltung gegen den Jesuitenorden mit; dieadeligen Herren nochtem wohl fühlen, daß die Väter der GesellschaftJesu sowohl durch ihren frommen Lebenswandel und ihrenseelsorgerlichen Eifer als durch ihre wissenschaftlicheUeberlegenheit für sie ständige stumme Ankläger waren, die sie amliebsten aus dem Wege geräumt hätten. Es war ihnen ein Dorn imAuge, daß diesen Männern nun ein noch größerer Einfluß auf dieHeranbildung der Geistlichkeit und die Erziehung der Jugendüberhaupt eingeräumt werden sollte. Die ergebnislosen Verhandlungenzogen sich mehrere Jahre hin. Inzwischen hatte die WürzburgerSchule bereits ihre ersten reifen Früchte gezeitigt. Gegen Ende desJahres 1581 konnte der Rektor des Jesuitenkollegs dem Domdechantendie frohe Mitteilung machen, daß etliche Alumnen und Stipendiatendes Fürstbischofs in der Theologie und Philosophie so weitfortgeschritten, daß sie des akademischen Grades eines Licentiatenund Magisters wohl würdig seien. Nun säumte Julius nicht länger.Auf den 2. Januar 1582 ließ er überall einladung ergehen zurfeierlichen Verkündigung der päpstlichen und kaiserlichenUniversitätsprivilegien. Aber noch am 31. Dezember beriet sich dasDomkapitel, ob es an dieser Feier teilnehmen oder dagegenprotestieren solle, fand es aber schließlich für geratener, guteMiene zum bösen Spiel zu machen. Am Freitag selbst hielt derFürstbischof, umgeben von den Aebten, Prälaten und Beamten undvielen adeligen und gelehrten Herrn, in der Franziskanerkirchemorgens 8 Uhr ein feierliches Hochamt, und flehte den Segen des hl.Beistes für die neue Universität herab. Betend um die Herabkunftdes hl. Geistes ließ sich ja auch Julius auf dem Portalbild desUniversitätsgebäudes neben Maria und der Apostelschar darstellen.Nach dem Pontifikalamt hielt der Jesuit P. Halenius einen Vortragin lateinischer Sprache über den großen Nutzen der neuen Akademie.Darauf verlas der Rektor des Jesuitenkollegs, P. Franz Rapedius,von der Kanzel aus die Privilegien der Universität, welche sie mitden Akademien von Paris, Bologna, Wien, Köln, Löwen, Ingolstadt undSalamanka, also den berühmtesten und ältesten der ganzen Erde, aufgleiche Rangstufe stellten. Hierauf trugen einige der neuenakademischen Bürger Gedichte in lateinischer und griechischerSprache vor, worin sie dem Fürstbischof für die ihnen bewieseneGunst dankten. Ein feierliches Te Deum, gesungen mitPosaunenbegleitung, beschloß unter dem fröhlichen Geläute der

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Glocken die kirchliche Feier. Zwei Tage später fand imJesuitenkolleg nach wissenschaftlichen Vorträgen die Ernennung derDekane für die theologische, juristische, medizinische undphilsophische Fakultät sowei die Wahl des Rektors statt. Man wählteden Fürstbischof selber zum Rektor der Universität und Juliusübernahm die Würde mit den feierlichen Worten, welche auf alleAnwesenden den tiefsten Eindruck machten: "Dem ewigen Gott zu Ehrenund dem mir anvertrauten Staate zum Nutzen habe ich dieseUniversität gegründet, und mir liegt nichts mehr am Herzen, als daßdie Jugend zu diesem Zwecke eine gründliche wissenschaftlicheAusbildung erhalte. Ich selbst bin von früher Jugend an durchGottes Gnade so erzogen worden, daß ich es als heilige Pflichtbetrachte, zur Verteidigung der heiligen katholischen Kirche unddes Glaubens alles aufzubieten, was in meinen Kräften steht.Dasselber fordert von mir auch die Würde des bischöflichen Amtes,womit mich der allgütige Gott ausgezeichnet hat, und so lange ichlebe, werde ich mich bemühen, hierfür alles zu tun, was ich kann,und es an nichts fehlen lassen."

Die Gründung der Seminarien

Hand in Hand mit der Ausgestaltung des Wirsberischen Gymnasiums zurUniversität ging die Einrichtung von drei Seminarien. Es waren diesdas Kiliansseminar oder das eigentliche Priesterseminar, dann dasMarianische Kolleg d.i. das Konvikt für die Gymnasiasten und dassogenannte Kolleg für arme Studenten, eine Vorschule für dasGymnasium. Auf Martini 1567 hatte Bischof Wirsberg für 25Landeskinder, 2 aus jedem Amt, im Jesuitenhof zum sogenannten"Fresser" in Würzburg an dem Platze, wo jetzt die jüdische Synagogesteht, ein Studienzimmer eröffnet; die Stipendiaten hatten freiWohnung und Kost, Holz und Licht und unentgeltlich war auch derBesuch der Schule. Ein Jesuit leitete das gemeinschaftliche Lebender Studenten in wissenschaftlicher und sittlicher Beziehung. DerUnterhalt der Stipendiaten wurde anfangs teils von FürstbischofFriedrich selber, teils von anderen Prälaten und Kollegiatkirchenbestritten. Ein gesichertes Einkommen bekam diese Studentenpflegeerst im August 1573, wo ihr die Einkünfte des KlostersWechterswinkel und die Gefälle anderer ausgestorbener Klösterzugewiesen wurden. Bereits im Stiftungsbrief des Gymnasiums hatteaber Bischof Friedrich noch die Stiftung eines anderen Seminaarsangekündigt, in welches Alumnen aufgenommen werden sollten, d.i.solche Studenten, welche bereits Kleriker oder im Besitzegeistlicher Pfründen waren, deren Einkünfte jedoch nicht zurvölligen Bestreitung der Studienkosten hinreichten. Da aber dem

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Bischof kein anderes Gebäude für die Eröffnung dieses Alumnats zurVerfügung stand und die Not der Zeit ein solches Institut dringenderheischte, so überließen die Jesuiten wiederum ihren Hof "zumFresser" für diesen Zweck. Die Kirchenversammlung von Trient hattees nämlich in der 23. Sitzung am 15. Juni 1563 den Bischöfen zurstrengen Pflicht gemacht, Pflanzschulen für ihre Geistlichkeit zuerrichten. In Seminarien sollten die angehenden Kleriker, geschütztvor den Lockungen der Welt, in Wissenschaft und Frömmigkeit unterden Augen des Bischofs zu ihrem hohen Berufe herangebildet werden.Am 13. Februar 1570 konnte das Alumnat im "Fresser" eröffnetwerden. Neben den Klerikern wurde aber auch eine größere anzahlweltlicher Studenten als Konviktoren aufgenommen; diese zahltenihren Unterhalt daselbst selber, die Alumnen hingegen hatten freieWohnung und zahlten nur für die Kost eine mäßige Entschädigung.Auch dieses Alumnat wurde den Vätern der Gesellschaft Jesuunterstellt. Es wohnte sonach in diesem einen Hause eine rechtgemischte Studentenschaft zusammen: Junge Gymnasiasten undAkademiker, alumnen und Ordenskleriker, Bürgerliche und Adelige,Weltliche und ältere Geistliche. Ein Priesterseminar im Sinne derKirchenversammlung von Trient war diese Anstalt nicht; daherdrängte der Papst den Fürstbischfo Julius unablässig zur Errichtungeines eigentlichen Klerikalseminars. Julius gab nun vorerst imJahre 1575 dem neuen Seminar solche Statuten mit besonderenZusätzen für die Kleriker, daß es einstweilen als Notbehelf für einSeminar nach den Vorschriften jener Kirchenversammlung geltenkonnte. Auch vermehrte er die Zahl der Freiplätze und vergrößertein den Jahren 1578-1580 die Seminargebäude, indem er eine Anzahlangrenzender Häuser in der Kettengasse ankaufte und zu denAnstaltszwecken umbaute. Im Jahre 1579 waren neben den zahlendenStudenten oder Konviktoren 65 Zöglinge mit Freiplätzen anwesend.Es plante auch Julius bereits im Jahre 1576 das Seminar fürGeistliche von dem Kolleg für arme Studenten abzutrennen. Aber esfehlten hiezu noch die Gebäude und Mittel. Julius verhandelte seit1575 mit dem Domkapitel, um im leer stehenden Neuerinnenkloster 50und mehr arme Studenten unterzubringen. Allein das Domkapitellehnte die Forderungen des Fürstbischofs unter allen möglichenVorwänden ab; am 21. Januar 1577 schlug Julius vor, dem Mangel anChorpersonen und Seelsorgern auf den domkapitelischen Pfarreiendadurch abzuhelfen, daß man in diesem Kloster eine Schule oder einSeminar für die künftigen Domvikare und Seelsorger errichte. Auchhierauf ging das Kapitel nicht ein. Der Bischof erinnerte ebenfallsdie übrigen Stifter und Klöster daran, daß sie selber für dennötigen Nachwuchs im Chordienst und der Seelsorge in jenenPfarreien, deren Präsentationsrecht ihnen zustand, sorgen müßten.Daher verlangte er von ihnen, daß sie jährlich einen oder denanderen Alumnus im Seminar unterhalten sollten. Am 28. Februar 1578

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ordnete Julius eine Kommission an, um über die Beschaffung derMittel für ein tridentinisches Seminar zu beraten. Die Kommissionveranschlagte die jährlichen ordentlichen Ausgaben des geplantenSeminars auf 5250 Gulden. Von den Einkünften aus neun unbesetztenKlöstern z.B. Frauenroth, Klosterhausen, Gerlachsheim, Maidbronn,Aura sollte jährlich eine Summe von zusammen 1466 Guldenbegesteuert werden. Die noch verbleibende Summe von 3784 Guldensollten die mit Insassen besetzten Stifte und Klöster aufbringen.Deshalb wandte sich Julius an dieselben im Zirkularschreiben vom30. Dezember 1578, das uns den Seeleneifer des Fürstbischofs Juliusso recht erkennen läßt; denn er sagt darin: "Lange und viel habenwir überlegt und sorgsam haben wir in dieser stockfinsteren Nacht,die sich über die Kirche gelagert hat, überall hin unsere Augengewendet, um die uns anvertraute Herde zu bewachen kraft desHirtenamtes, womit uns der hl. Geist die Leitung der Kircheübertrug, die Gott duch sein Blut sich erkauft hat. Dabei stießenwir überall auf Schwierigkeiten und hinderliche Dinge derverschiedensten Art. Hier waren es verderbenbringende Abirrungender Gläubigen, dort wütende Angriffe und heimliche Anschläge derGegner. Unter diesen Umständen leuchtet uns nur ein dunklerHoffnungsstrahl, die irrende Herde zurückzuführen und unsere soschwer heimgesuchte und geschwächte katholische Religion sowie diealte fast ganz in Verfall geratene christliche Zuchtwiederherzustellen, wenn uns nicht der fromme Fleiß tauglicher undzahlreicher Mitarbeiter im Weinberg des Herrn, vor allem aber dasErbarmen des Allmächtigen zu Hilfe kommt. Der angstvolle Blick aufdiese Sachlage bereitet uns unter all den ständigen Sorgen undMühseligkeiten, in die uns die Regierung dieser Diözese verwickelt,ganz besondere Sorge und Kummer; aber man soll uns deswegen dochnicht gebrochenen Mutes oder rat- und tatlos sehen. Wir scheuenkeine Anstrengung für die Kirche Gottes, unser aller Mutter,Führerin und Lehrerin, und nichts soll unversucht blieben, umzunächst alles, was auf den Gottesdienst Bezug hat, mit allenMitteln in Ordnung zu bringen. Denn darnach seufzt die Kirche undwir hören im Geiste ihre stille Klage und ihre Forderung an uns,daß wir für ihr Ansehen und ihre Ausbreitung uns erheben sollen.Fragen wir aber nach dem Weg, der einzuschlagen sei, um das zuerreichen, was wir einzig begehren, wofür wir uns in Sorgenabmühen, was Tag und Nacht unsere Gedanken beschäftigt, so kommenwir immer wieder auf den einen Weg zurück, der unmittelbar und aufebener Bahn sicher zum Ziele führt, es ist der Weg, welchen uns dieVäter des wahren Glaubens auf dem hl. Konzil von Trient gezeigthaben, nämlich die Erziehung der Diener Gottes zu ihrem Berufe vonJugend auf in einem Seminare. Unser Vorgänger hatte schon diesenWeg betreten; aber wir müssen seiner Stiftung festere Grundlagenund stärkere Stützen verschaffen. Die äußerste Not fordert von uns,

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daß immer fromme und gelehrte Priester zur Hand sind, damit sie dieLeitung der Pfarreien in unsererer Diözese übernehmen, diegottesdienstlichen Handlungen nach Vorschrift verrichten und dieHerde des Herrn vor den wütenden Wölfen mit Erfolg bewachen. Wirhaben solcherlei Männer nicht viele zur Verfügung. Es müssen alsoin unserem Seminar übereinstimmend mit den Anordnungen des Konzilsmehr junge hoffnungsvolle Leute als bisher erzogen und unterrichtetwerden. Bei einer größeren Anzahl von Schülern und Lehrern müssendann aber auch weitere Wohnräume eingerichtet und darin gleichsamneue Werkstätten zur Einübung der christlichen Frömmigkeit undkatholischen Religion und zur Aneignung der Wissenschaft eröffnetwerden. Wir für uns allein können jedoch die dafür nötigen Auslagenbeim besten Willen nicht bestreiten; das begonnene Werk darf nichtohne die größte Schädigung der Religion und Unehre des geistlichenStandes unvollendet und im Stich gelassen werden." Die Prälaten,Aebte und Pröpste bewilligten auch jährliche Beiträge; z.B. dasWürzburger Benediktinerkloster St. Stephan 200 Gulden, KlosterSchwarzach und Bildhausen je 150 Gulden. Diese jährlichen Beiträgewurden später durch Hauptsummen abgelöst. Am 1. Februar 1581spendete der Dompropst Richard von der Kehre von den Einkünften desverlassenen Klosters Wechterswinkel, deren Genuß er inne hatte, dieansehnliche Summe von 6000 Gulden als freiwilligen Beitrag. Aberauch der Fürstbischof steuerte aus seinem Privatvermögen bei. Umdas Domkapitel durch sein Beispiel anzufeuern, stellte er im Jahre1581 einen persönlichen Beitrag von 2000 Gulden in Aussicht. Erkonnt darauf hinweisen, daß wiewohl er von dem Seinigen einStattliches der Sache zum Besten gebe, seine Vorfahren in 150 odermehr Jahren von dem Ihrigen nichts verbaut hätten. Als dasDomkapitel dem Bischof seine kostspieligen Neubauten zum Vorwurdmachte, sagte er: Wenn er jährlich nur 2000 Gulden dazu verwende,so sei das ein Geringes zu dem, was etliche Domherrn jährlichverbauten; der Seminarbau aber sei kein schlechtes, sondern nureines jeden Edelmannes würdiges Werk. Nach des Julius Plan solltedas künftige Klerikalseminar mit der Universität ein untrennbaresGanze bilden; es sollte das Herz der Universität sein; es wurden jazunächst tatsächlich nur philosphische und theologische Vorlesungenfür die Alumnen gehalten. Man kann sogar mit demGeschichtsschreiber der Würzburger Universität Franz X. v. Wegelesagen (S. 202): "Die Gründung der Universität war aus dem Gedankeneiner Erweiterung und Ergänzung des Seminars hervorgegangen." -Auch sollten nach Julius Wunsch in dem geplanten tridentinischenSeminar die Universitätsstudenten aller Fakultäten Aufnahme findenkönnnen, um gemeinsam mit den Alumnen an der Wohltat derSeminarerziehung teil zu haben. In den Anstaltsgebäuden zum"Fresser" konnte aber trotz aller Neubauten ein solches Seminarnicht eingerichtet werden. Julius wünschte aber dringend die

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Zerlegung des bisherigen Seminars in ein solches mit Gymnasiastenund in das eigentliche Priesterseminar. Wenn er für letzterespassende Räume schuf, so konnte er auch das erstere erweitern. Daslag dem Bischof auch deswegen am Herzen, weil die Schülerzahl desGymnasiums bis zum Jahre 1582 bereits auf 550 gestiegen war undihrer möglichst viele die Wohltat der Seminarerziehung genießensollten. Da die Verhandlungen des Fürstbischofs mit dem Domkapitelum Ueberlassung des Domherrnhofes zum "Katzenwicker" für Seminarund Universität nicht zum Ziele führten, der Bischof nunmehr auchdurch die Beiträge der Klöster eine größere Summe in Händen hatte,so beschloß er bald nach der Verkündigung derUniversitätsprivilegien einen Neubau neben dem Jesuitenkollegaufzuführen. Dies ist der Platz, wo jetzt das alteUniversitätgebäude sich erhebt dort stand einst das St.Ullrichskloster und verschiedene Vikariatshäuser. Das St.Ullrichskloster war früher von Benediktinerinnen bewohnt, damalsaber stand es, wie so manches andere Kloster, infolge desNiedergangs des Ordenslebens leer; auch waren die Gebäude ruinös.Das Domkapitel fügte sich ins Unvermeidliche und erklärte sich mitdiesem Bauplatze einverstanden, obwohl es immer noch keinVerständnis für die Notwendigkeit eines neuen Seminars hatte.Julius ließ nun Kirchlein und Kloster sowie die angekauftenNachbarhäuser niederreißen und legte am 8., Juli 1582 feierlich denGrundstein zum neuen Universitäts- und Seminargebäude und der neuenUniversitätskirche. Im Juni 1583 erlangte er vom Papst dieErlaubnis, das Kloster St. Ullrich und seine Einkünfte zu gunstender Universität zu verwenden. Später genehmigte auch der Papst, daßdie Güter der beiden verödeten Frauenklöster Mariaburghausen beiHaßfurt und Klosterhausen bei Bad Kissingen einverleibt würden. DieQuelle,aus der also die Dotation der Universität und aller mit ihrein Verbindung stehenden Kollegien floß, war das Vermögen derKirche, kein Staatsgut, keine Landessteuer, kein Zuschuß ausLandeskassen. Vom Jahre 1582-1591 wurden für Seminar undUniversität allein 117476 Gulden von solchen Klöstern beigetragen,welche noch besetzt waren, kaum der dritte Teil aus unbesetztenKlöstern. Die Gelder aber, welche Julius aus der bischöflichenKammer beisteuerte, stammten gleichfalls aus den Gefällen leerstehender Klöster, über welche er als Bischof verfügte. MÖge dieGegenwart und Nachwelt es nie vergessen, daß die UniversitätWürzburg aus katholischem Kirchengut gestiftet worden ist. DerSeminar- bezw. Universitätsbau kostete nach heutigem Werte nahezu1,5 Millionen Mark und war einer der stattlichstenUniversitätsbauten der Welt. Bereits im Jahre 1584 konnten dieAlumnen vom Seminar zum "Fresser" in das neue Heim übersiedeln,indes an den übrigen Räumen der Universität noch weiter gebautwurde. Damit war der Tag gekommen, wo Julius auch das im "Fresser"

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zurückbleibende Seminar für die Gymnasiasten neu organisierenkonnte. Es schieden also alle Priester, Benefiziaten, Alumnen,Ordensleute, Adeligen und reichen Bürgerssöhne aus diesem Seminaraus und es blieb fortan 50 armen Gymnasiasten in den mittleren undoberen Klassen vorbehalten, die beabsichtigeten Priester zu werden.Doch wurden auch diejenigen nicht ausgeschlossen, die sich nochnicht endgültig für den geistlichen Stand entschieden hatten.Dieses Seminar wurde der Mutter Gottes geweiht und führte fortanden Namen "Marianisches Kolleg"; das in den Universitätsneubauversetzte eigentliche Priesterseminar mit 40 Freiplätzen bekam zuEhren der Frankenapostel die Bezeichnung "St. Kiliansseminar". DieStipendiaten des Marianischen Kollegs wurden durch denStiftungsbrief verpflichtet, alle Tage die 7 Bußpsalmen zu betenund in irgend einer Muttergotteskapelle das Salve Regina zu singen,ferner mußten sie sich bei der Abhaltung der Vesper in derJuliusspitalskirche beteiligen sowie bei den Fürbitten, die Juliushalten ließ für die Ausbreitung der katholischen Kirche, Ausrottungder Irrlehren und für den Frieden des Vaterlandes. Auch das"Marianische Kolleg" wurde als tridentinisches Seminar betrachtet.Die Zöglinge führten den Namen Alumnen, sie erhielten auch bereitsdie Tonsur und die niederen Weihen, und wer sich bewährt hatte,trat vom Marianischen Kolleg ins St. Kiliansseminar ohne Weiteresüber. Wie nun in das St. Kiliansseminar die älteren Jahrgänge vomehemaligen Seminar im "Fresser" übergesiedelt waren, so trennteJulius im Jahre 1589 die Schüler der unteren Klassen vomMarianischen Kolleg ab und machte für diese eine eigene Stiftung inden Häusern neben dem "Fresser", genannt Pfauenhof. Dieses Seminarführte den Namen Collegium pauperum oder "Kolleg für arme Knaben";es war zunächst für 40 Zöglinge gestiftet. Auch im Juliusspitalrichtete der Fürstbischof eine Studentenpflege ein; so sehr war erauf die Förderung wissenschaftlicher Bildung und guter religiös-sittlicher Erziehung bedacht. Welche Wohltat war es für die ärmereBevölkerung des Hochstifts, daß fortan jahraus, jahrein mehr als120 seiner Söhne infolge dieser Stiftungen die Studienlaufbahnergreifen konnten!

Der Ausbau der Universität

Die Anstalten, die Julius Echter stiftete, blühten unter seinemwachsamen Auge und seiner fördernden Hand herrlich auf. Anfangswurden nur philosophische und theologische Vorlesungen an der neuenHochschule gehalten; im Jahre 1587 ward der erste Professor derRechtswissenschaft angestellt; am 2. Januar 1589, genau 7 Jahrenach der feierlichen Eröffnung, konnte der Fürstbischof in einem

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Ausschreiben seinem Lande verkünden, daß nun in allen Fakultätentaugliche, bewährte Professoren vorhanden seien. 1593 nahm derberühmte Lowener Professor Adrianus Romanus einen Ruf nach Würzburgals Lehrer der Medicin an. Julius scheute überhaupt keine Kostenund Mühen, um tüchtige Kräfte für seine Universität zu gewinnen. ImJahre 1585 ließ der Bischof einen Sutdentengarten enlegen, damitsich die Studierenden auf angemessene Weise erholen konnten. DemStifter der Universität lag es sehr am Herzen, daß die Jünger derWissenschaft auch zu sittlich-religiösen, charaktervollen Männernerzogen würden; daher wollte er, daß im Kilianskolleg mit denAlumnen auch die Studierenden der Rechtswissenschaft und Heilkundedie Wohltaten der Seminarerziehung durch die Väter der GesellschaftJesu genössen. Es waren ohnedies unter den Studierenden derRechtswissenschaft viele, besonders junge Adelige, die sich späterdem Dienste der Kirche in den Ritterstiften und Domkapiteln widmenwollten. Allein bald zeigte es sich, daß das Zusammenleben derjungen reichen Adeligen, die oft noch von ihren Hofmeisternbegleitet waren und große Ansprüche machten, mit den Alumnen zuvielen Disziplinwidrigkeiten führte, so daß die Jesuiten eineZeitlang sogar die Leitung des Kilianskollegs niederlegten. Juliusbaute deshalb in dem Häuserviertel zwischen der heutigenMichaelskirche, der Kettengasse und dem Pfauenhof ein eigenes Hausfür die bürgerlichen Juristen, eine Studentenbursa, das sogenannteJuristenhaus, wo sie unter Aufsicht billig wohnten, und für dieAdeligen errichtete er, wie wir hören werden, eine eigene Abteilungim Kilianskolleg mit besondereren Satzungen. Die Universitätskirchewurde im Jahre 1591 vollendet und am Feste Mariä Geburt eingeweiht.Zu den Einweihungsfeierlichkeiten waren von allen Seiten hohe Gästeerschienen, so der Herzog Wilhelm von Bayern mit seiner Gemahlinund dem Kronprinzen, ferner der Markgraf von Baden, der Landgrafvon Leuchtenberg, der Propst von Ellwangen; 7 Aebte und vieleHerren des hohen Adels verherrlichten den Tag durch ihreAnwesenheit. Mehrere Tage dauerten die Festlichkeiten: den hohenGästen zu Ehren wurden akademische Feierlichkeiten und Festspieleveranstaltet. Auf der Rückreise besuchte der Herzog von Bayern denWallfahrtsort Dettelbach, wohin ihn Julius begleitete. DieUniversitäts- und Seminarkirche hatte als Patrone die 12 Apostelerhalten; denn die Alumnen sollten ja ebenfalls zu apostolischenMännern erzogen werden; über dem Portal war die Aussendung derApostel dargestellt, an der Kanzel das Gleichnis vom Säemann; dereine Seitenaltar war der Himmelskönigin, der andere dem hl. Kiliangeweiht. So sollte die ganze Kirche schon wie eine stumme Predigtauf das Herz der jungen Seminaristen wirken. Der Ruhm der neuenUniverstiät verbreitete sich bald durch die deutschen Gaue bis insAusland. Von überallher stellten sich Angehörige aller Fakultätenein; nicht nur Deutsche, sondern auch Belgier, Freanzosen,

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Italiener, Schottländer und Polen wurden durch ihren Ruf angelocktund der oben erwähnte Professor Adrian Romanus schätzt die Zahl derStudierenden an der Universität auf jährlich 1000-1200. Von derStiftung der Universität bis zum Tode des Stifters (1582-1617)hatte sie ungefähr 25000 Hörer. Dem äußeren Ausbau der Universitätentsprach auch der innere. Julius hauchte der neuen Hochschuleseinen Geist ein durch die Statuten, welche er ihr im Jahre 1587gab. Die Würzburger Universität sollte einen streng katholischenCharakter tragen. Der Rektor, die Senatoren, der Kanzler, dieDekane und die Professoren aller Fakultäten, alle Beamten bis herabzim Pedell mußten vor Antritt ihres Amtes das tridentinischeGlaubensbekenntnis ablegen. Alles war von religiösem Geiste belebt.Am Feste des großen Kirchenvaters Hieronymus, am 30. September,ward der Rektor gewählt; am 12. März, dem Feste des heiligenKirchenvaters Gregorius ward er entweder bestätigt oder eineNeuwahl vorgenommen. Rektor soll nur werden ein Mann von reifemAlter, von ehelicher Geburt, unverheiratet, nicht befleckt durchirgend einen Makel, besonders der Ketzerei, des Ehebruchs oder derUnzucht. Der Rektor hatte die Studenten bei der Inskription zurFrömmigkeit, Gottesverehrung , Sittenreinheit und zum Fleiß in denStudien zu mahnen; auch mußte er dafür sorgen, daß wenigstenszweimal im Jahre ein Gottesdienst abgehalten wurde, für den Stifterder Universität und für ihre verstorbenen Glieder. Wer in den Senatder Universität aufgenommen werden wollte, mußte schwören, daß erden katholischen Glauben bis zum Ende des Lebens festhalten undsoviel an ihm liege, nicht zulassen wolle, daß jemand in den Senataufgenommen werde, der nicht diesen Glauben bekenne. Unter denProfessoren seiner Universität suchte Julius durch besondereBestimmungen den Frieden zu befördern. So nahm er das Versprechenin den Diensteid der Senatoren, Dekane und Professoren auf, nichtAnlaß zum Streit zu geben und den Frieden im Lehrkörper zubewahren. Wer bei Beratschlagungen des Senates unaufgefordert seineMeinung sagte, ward mit einem Gulden bestraft; hitzigeRedeunterbrechungen sollten durch die Buße von vier Dukaten gesühntwerden. Der Kanzler der Universität war der jeweilige Dompropst vonWürzburg und sein Stellvertreter mußte ein Priester sein; er hattenämlich feierlich die akademischen Grade mit Chorrock und Stola imNamen des dreifaltigen Gottes und des apostolischen Stuhles zuerteilen. Denn die Erteilung der akademischen Grade drückt dieLehrbefähigung aus; alle Wahrheit auf Erden sollte aber im NamenGottes und der Kirche vorgetragen werden. Es mußte auch alle, dieirgend eine akademische Würde erwerben wollten, das Bekenntnis aufden Glauben der Trienter Kirchenversammlung ablegen. Die Dekane dervier Fakultäten sollten an den Vorabenden der höchsten Festtageerbauliche und belehrende Ansprachen an die akademische Jugendhalten. Auch die Dekane gelobten in ihrem Diensteid, nicht zulassen

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zu wollen, daß irgend eine Irrlehre oder ein Irrtum gegen denGlauben der katholischen Kirche in die Fakutltät sich einschleiche.Der akademischen Jugend selbst wurde in den Satzungen religiösesVerhalten und rege Teilnahme an den akademischen Gottesdiensteneingeschärft. Unsittliche und verbotene Bücher durften nichtgelesen werden. Die Pest der Trunkenheit und Unmäßigkeit solltensie jederzeit fliehen und beim Becher keine religiösen Disputeführen. Verdächtige Gasthäuser dürfen sie durchaus nicht betreten.Wer drei Tage hintereinander ohne Erlaubnis die Vorlesungen nichtbesucht, hat die Mahnung von Seite des Pedells zu erwarten; imSommer abends nach 9 Uhr, im Winter nch 8 Uhr darf kein Studentohne dringende Not sich außerhalb seiner Wohnung sehen lassen; wirdeiner nach dieser Zeit erwischt, hat er einen Gulden Strafe zuzahlen. Kein Student darf in einem Wirtshause wohnen oder essen.Fluchen und leichtsinniges Schwören, Streit und Streithändel,unzüchtiges Verhalten ist zu vermeiden; wer sich beleidigt fühlt,darf nicht zur Selbsthilfe schreiten, sondern hat sich alsbald anden Rektor oder den Dekan seiner Fakultät zu wenden. Niemand darfseine Wohnung wechseln oder von Würzburg abreisen, bevor er seineSchulden gezahlt hat. Leichtsinniges Schulden machen ist verboten.Um sich nicht in Schulden zu stürzen, sollen sich die Akademikerauch in ihrer Behausung jeglichen Würfelspiels undgemeinschaftlicher Zechereien und Schmausereien enthalten. Niemanddarf einem Studenten, wie vornehm er auch sein mag, ohne Vorwissendes Rektors oder der Eltern und Vormünder, abgesehen von dennotwenigen Ausgaben für Lebensunterhalt und Bücher, einen Kreditvon über einem Gulden gewähren; wer mehr vorgt, begibt sich desKlagerechtes. An allen öffentliche Prozessionen hat sich derRektor und die vier Dekane zu beteiligen und zwar nehmen sie denPlatz unmittelbar hinter dem Fürstbischof ein, und ist dieserabwesend, so nehmen sie dessen Platz ein. Es ist das ein Zeichen,wie sehr Julius die Universitätsmitglieder ehrte und vor allenBeamten auszeichnete. Julius nahm auch persönlichen Anteil amErziehungswerk der studierenden Jugend, besonders seiner Alumnen.So brachte er die ersten Tage des Novembers 1591 im St.Kiliansseminar zu, um sich ungestörter der Frömmigkeit widmen zukönnen; er las jeden Tag die hl. Messe und am vierten Tag ließ erseine Alumnen zusammenkommen und in Gegenwart desUniversitätsrektors, des Seminarregens und des Studienpräfektenhielt er ihnen eine eindringliche Ermahnungsrede. Große Verdiensteum die Weckung von wissenschaftlichem Eifer und religiöserGesinnung an der Universität erwarb sich die Marianische Studenten-Kongregation, die breits im Jahre 1575 gegründet und 1586 derMutter- und Hauptkongregation in Rom angeschlossen wurde. DieseKongregation pflegte nicht nur die in jenem Jahrhundert so sehrangefeindete Verehrung Mariens und praktische Frömmigkeit, sondern

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vereinigte auch ihre besten und eifrigsten Mitglieder in densogenannten Akademien zu wissenschaftlichen Studienzirkeln. MitBefriedigung konnte Julius auf sein Werk zurückblicken, das sichunter seinen Augen so herrlich entfaltete. Wir begreifen es, wenner die Universität wie seinen Augapfel liebte und ihre in seinemTestamente sein Herz vermachte, während vordem die Herzen derWürzburger Fürstbischöfe im Kloster Ebrach beigesetzt wurden. Erhatte nur die eine Besorgnis, es möchte seine Stiftung, die er"bewogen vom Mitgefühl mit der Bedrängnis der christlichkatholischen Religion und im schmerzlichen Hinblick auf dietraurigen Zeitverhältnisse zum Troste der trauernden Kirche, zurReinhaltung des Glaubens und zur Wiederaufrichtung der Kirche" insLeben gerufen hatte, von seinen Nachfolgern verändert werden. Erschrieb daher am 1. Februar 1581 noch vor der Eröffnung derUniversität: "Wir bitten und beschwören unsere Nachfolger bei derBarmherzigkeit Gottes und bei den Pflichten ihres Hirtenamtes, daßsie diesem unserem tridentinischen Seminar oder dieser unsererSchule für Geistliche, deren Errichtung, Sicherstellung undAusstattung mit ständigen Einkünften uns so viel Mühe, sorge,Arbeiten und Ausgaben gekostet hat, niemals eine andere Verwendunggeben und es nicht in eine andere Anstalt umwandeln." In dergleichen Absicht bat Julius den Papst Clemens VIII. im Jahre 1592,das St. Kilianskolleg unter den Schutz des Apostolischen Stuhles zunehmen. Der Papst gewährte ihm die Bitte unter rühmlichsterAnerkennung seines bischöflichen Hirteneifers und verbot unter derStrafe des Kirchenbannes die Veränderung dieser Stiftung und jedeanderweitige Verwendung der Güter des Kollegs. Auch machte es derPapst den Nachfolgern des Würzburger Bischofs zur Gewissenspflicht,das hl. Werk des Julius nicht nur zu erhalten, sondern auch noch zumehren und besser auszustiften.

Die Stiftung des adeligen Julianums

Am Neujahrstage 1607 überraschte Julius Echter den Adel seinesHochstiftes mit einem ansehnlichen Geschenke, der Stiftung einesSeminars für 24 adelige Jünglinge. Der Stiftungsbrief diesesadeligen Seminars vom 1. Januar 1607 ist ein ungemeincharakteristisches Denkmal des edlen großen Geistes von JuliusEchter. Der Bischof trägt der fränkischen Ritterschaft darinfolgende Gedanken vor: "Wir haben nie unterlassen mehr die Schwereder Verantwortlichkeit als die Größe der mit dem bischöflichen Amteverbundenen Eher zu erwägen. Denn Wir müssen Seelen für Gottgewinnen, die durch Christi Blut erkauft sind, gleichviel ob essind Seelen der höchstgestellten oder der untersten Klassen, ob von

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Adeligen oder Unadeligen. Wir haben daher einige Jahre rastlos alleKräfte und Hilfsmittel angestrengt, um die gesamte, Uns von Gottanvertraute Bevölkerung zur katholischen Wahrheit und Einheitzurückzuführen. Wir suchten auch die katholische Religion durcheinen starken Schutz auf die Dauer zu befestigen, indem der JugendFrankens der fromme Sinn seiner Vorzeit gleichsam mit derMuttermilch eingeträufelt werde und in Fleisch und Blut übergehensollte. DAher errichteten wir mit viel Mühe und Kosten Schulen undKollegien. Nun halten Wir den Zeitpunkt für gekommen, auch für dieadelige Jugend zu sorgen. Denn jeder Teil unserer Lebenszeit sollein Werk des Hirtenamtes sehen. Auch soll der Schein vermiedenwerden, als ob der adelige Stand von Unserem Wohlwollen übergangenwerde, da ja derselbe der Kirche und Diözese noch enger als bisherverbunden werden soll. Mit beständigem Mitleid und Bedauern habenWir es längst gesehen und schmerzlich empfunden, daß dem Adel auchin unserem Frankenlande infolge der Verschiedenheit des religiösenBekenntnisses keine geringen Gefahren drohen. Der deutsche undunter ihm der fränkische Adel gehört zu den ältesten undberühmtesten Geschlechtern. Sein Glanz und seine Hoheit stammt abervon nichts anderem her als von der katholischen Religion und vonder Frömmigkeit früherer Zeiten. Nun lehrt eine allgemein giltigeRegel, daß ein Stand sich durch eben dieselben Mittel, Vorzüge undBestrebungen in Stellung und Ansehen erhalten mußt, wodurch ervormals dazu gekommen ist. Daher wollen wir ein Seminar für jungeAdelige errichten. 24 Jünglinge aus dem alten Adel sollen inunserem Kolleg zu Würzburg, das zm Andenken an den hl. Kilian, denersten Apostel in unserem Vaterlande, Gott geweiht wurde, Wohnunghaben und daselbst unter guten Lehrmeistern in Religion, Sitten undWissenschaft unterrichtet werden. Eine Prüfung soll bei derAufnahme entscheiden, bo sich der Einzelne erst noch denGymnasialfächern oder bereits der Philosophie zuwenden soll. Spätersteht es in seiner freien Wahl, ob er entweder in der Jurisprudenzoder in der Theologie die Studien fortsetzen will, um sich entwederin einer staatlichen oder in einer kirchlichen Stellung dermenschlichen Gesellschaft nützlich zu erweisen. Haben sie aberNeigung, sich dem geistlichen Stande zu widmen, dann werden sielöblicherweise mehr auf die Kenntnis in göttlichen Dingen als aufdie Vertrautheit mit der Behandlung von Rechts- und Gesetzesfragenbedacht nehmen. Damit aber keiner den Titel des Freiherrn als einenFreibrief zur Ungebundenheit mißbrauche, müssen die Satzungenunserer Akademie und die Befehle der Vorgesetzten unverbrüchlichgehalten werden. Denn es ist nicht rühmlich, wenn diejenigen,welche durch Lebensstellung, Abkunft und Geburt den anderen voraussind, nur im Tugend und Kenntnis hintenan stehen oder sich wollenübertreffen lassen. Das läßt sich aber ohne feste Ordnung und Regelin der Lebensweise und im Lernen nicht erreichen. Im Gegenteil,

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wenn unsere jungen Adeligen den Vorzug ihrer Geburt nicht durchSchild und Wappen, sondern durch ihre Sitten beweisen wollen undsollen, dann müssen sie es in Frömmigkeit, Fleiß, Bescheidenheit,willigen Gehorsam und musterhafter Haltung anderen zuvortun. Durchdiese, unsere Stiftung hoffen wir in Zukunft zu erreichen erstlich,daß die Kathedralkirchen und Ritterstifte immer Chorherrn haben,die nicht nur durch eine ruhmvolle Reihe von Ahnen und durch denAdel des Blutes, also gleichsam durch fremdes Gut, glänzen, sondernauch durch hervorragende Frömmigkeit und Weisheit und so durchpersönliche Vorzüge sich auszeichnen. Außerdem sollen auf dieseWeise die Gaue, Ratsversammlungen, Städte, Schlösser und Aemterunserer Diözese künftighin sehen, daß sie Vorstände und Obere hben,die nicht bloß mit gehobener Stirne ihre edlen Abkunft gedenken,sondern auch jene Tüchtigkeit und jenen kenntnisreichen Scharfblickbesitzen, der sie tauglich macht, für die allgemeine Wohlfahrt zusorgen und dieselbe mit Ausdauer zu verfechten. Dies können sieaber nur durch die alte katholische Religion vom Himmer erlangen."Zweihundert Jahre lang bildete das adelige Seminar nur einebesondere Abteilung des St. Kilianskollegs. Der Regens desKiliansseminars war zugleich auch Regens des adeligen Seminars;aber jedes der beiden Seminare hatte seine eigenen Präfekten; nebenden allgemeinen Hausregeln hatte das adelige Seminar seinebesonderen Satzungen. Julius erlebte noch die Freude, bis zu seinemTode 35 Zöglinge, darunter Angehörige von alteingesessenen Adel, indas "Julianum" aufzunehmen, die dort die schönsten Studienerfolgeerzielten.

Das Gymnasium zu Münnerstadt

Der Fürstbischof Julius Echter stattet nicht bloß sine Hauptstadtreich mit Unterrichts- und Erziehungsanstalten aus, sondern trugsich auch mit dem Plan, für die nördlichen Teile Frankens einGymnasium und ein Seminar zu errichten. In Münnerstadt nämlich,das der seeleneifrige Bischof im Jahre 1586 dem katholischenGlauben zurückgewonnen hatte, befand sich ein leerstehendesAusgustinerkloster. Durch den Bauernkrieg, die Ueberhandnahme deslutherischen Glaubens unter den Bürgern und insbesondere durch dieRaubzüge des Markgrafen von Ansbach war das Kloster in Verfallgeraten und die letzten Mönche hatte sich flüchten müssen. Juliuskaufte nun das Kloster von den Augustinern um 5000 Gulden; dieseSumme sollte die Universität dem Würzburger Augustinerklostervergüten; da Julius in Münnerstadt ein tridentinischesKnabenseminar plante, so war die neue Anstalt gleichsam eineFiliale des Marianischen Kollegs; es konnten somit auch aus der

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Kasse desselben die Erwerbungskosten der Gebäulichkeiten bestrittenwerden. Papst Paul V. bestätigte unter dem 11. September 1617 denKauf unter der Bedingung, daß Julius das MünnerstädterAugustinerkloster zur Gründung eines Seminar verwende; als aber dieBulle in Würzburg eintraf, war der große Echter von Mespelbrunnnicht mehr am Leben; sein Nachfolger Johann Gottfried vonAschhausen griff den Plan mit Begeisterung auf, aber sein baldigerTod und der unselige dreißigjährige Krieg verhinderten dieDurchführung. Im Jahre 1652 kamen wieder Augustiner nachMünnerstadt; aber erst die Mitglieder des Institus derBartholomiten übernahmen 1660 die wirkliche Gründung einesGymnasiums, das dann 1685 an die Austiner überging. Julius Echtergebührt indes die Ehre und das Verdienst, die Gründung einerMittelschule und eines Knabenseminars in Münnerstadt geplant und indie Wege geleitet zu haben.

Der Förderer der Volksschulen

Auch dem Volksschulwesen wandte der große Fürstbischof seinebesondere Aufmerksamkeit und Fürsorge zu. Ein eigener Abschnittseiner im Jahre 1589 erlassenen Kirchenordnung handelt von denSchulen. Hier heißt es: "Es ist an Pflanzung der Jugend hoch undviel gelegen, damit dieselbe in dem rechten, wahren, katholischenund apostolischen Glauben, auch in der Furcht Gottes, guten Sitten,Tugenden und Künsten auferzogen, in dem heiligen Gebet und anderenchristlichen Glaubensartikeln notwenigerweise belehrt undunterwiesen werde. Deshalb befehlen Wir hiemit und wollen, daßjedes Orts, wo es Schulen hat, die Pfarrherrn nebst denen, welcheaus dem Rat dazu verordnet, oder wo auf den Dörfern keineweltlichen Personen als Inspektoren oder Aufseher vorhanden, siedie Pfarrherrn mit desto größerem Fleiße alle Monat und öfter dieSchulen visitieren. Sie sollen darüber wachen, daß die Jugend rechtgehaltenund in besagter Weise christlich und wohl unterwiesen, auchnichts Böses von verbotenen Büchern oder Traktätlein eingeführt,gebraucht oder gelesen werde. Insbesondere aber mußt sich ihreWachsamkeit darauf erstrecken, daß die Schulmeister für sich selbstin allem ein ehrbar züchtig Leben und guten Wandel führen, derJugend ein gutes Beispiel geben, auch Sommer wie Winter diefestgesetzte Unterrichtszeit einhalten. Wann nun zu solchenbestimmten Stunden die Jugend sich versammelt, sollen der Reihenach die Schulkinder, sobald sie dazu tauglich befunden, mitAndacht das dem Katechismus zu entnehmende Schulgebet vor und nachder Schule vorbeten; auch sollen die Schulmeister in lateinischenSchulen die Jugend in Kirchengesängen wohl einüben, damit sie auf

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die Sonn- und Festtage die Vesper und andere gottesdienstlicheGesänge singen können. Nicht weniger sollen die deutschenSchulmeister (d.i. die Lehrer in den Volksschulen) ihreSchulkinder, Knaben und Mädchen, in den herkömmlichen katholischenund approbierten deutschen Gesängen unterweisen und darin üben unddieselben nach Zeit und Gelegenheit sowohl in der Kirche als in derSchule singen lassen. Dann auch sollen die Schulmeister, damit derJugend frühzeitig eingepflanzt werde, was einem jedenChristenmensche zu seinem Seelenheil zu wissen nötig ist, auf alleFreitag in der letzten Stund am Vormittag dasjenige vom Katechismusdurchnehmen, was auf den nächstfolgenden Sonn- oder Feiertag in derKirche (bei der Chistenlehre) aufgesagt werden soll. Auch sonstsollen sie die Jugend im Lesen und Schreiben mit allem Fleißunterrichten und dieselbe jeden Vor- und Nachmittag wenigstenszweimal überhören. Jeder Schulmeister muß seine Lektionen nach denMusterbeispielen einrichten, die wir in einem besonderenVerzeichnis jedes Jahr zu bestimmter Zeit drucken lassen. Diesbesonders mit Rücksicht auf die Knaben, welche an Studienanstaltenübertreten. Wo Pfarrer und Schulvorstände gute Talente unter denKindern entdecken, sollen sie bei deren Eltern anhalten, ihreKinder nicht unzeitig von der Schule zu nehmen, sondern einstweilennoch ihnen selbst und den Kindern zum Segen die Opfer zu bringen,damit sie dann in Würzburg unsere neu errichteten höheren Schulenbesuchen und bei schlechten Vermögensverhältnissen auch derStiftungen teilhaftig werden können. Es sollen auch dieSchulmeister in den Latein- und Volksschulen alle ihre Schulkinderan Sonn- und Feiertagen zur festgesetzten Stunde in ihren Schulenfleißig versammeln und in guter Ordnung zur Predigt und zumGottesdiesnt, besonders aber zur Mittagpredigt und Christenlehreführen; desgleichen sollen sie dieselben auch alle Jahre, zumwenigsten an den drei hohen Festen Weihnachten, Ostern undPfingsten zur Beichte führen, diejenigen auch, so das Alter und denVerstand haben, zum Empfang des Hochwürdigen Sakramentes, und siesollen die Kinder in beiden Sakramenten allen Fleißes unterweisen.Damit sie die Kinder von Jugend auf an die alten löblichenkatholischen Kirchengebräuche gewöhnen, sollen die Schulmeisterdieselben auch zu diesen Gebräuchen mit Erklärung von derenchristlichen Bedeutung zur Kirche bringen, besonders aber amAschermittwoch, Karfreitag, auf Lichtmeß und anderen derartigenFesten. Wir befehlen auch ferner bei dieser Gelegenheit, daß außerden Personen, welche von Uns, unseren geistlichen Räten oder mitVorwissen der jedem Ort vorgesetzten Obrigkeit als Schulmeistergeprüft und in unseren Städten, Flecken und Dörfern angestelltwurden, einige andere Winkelschulen nicht sollen gestattet werden,sondern die Anzahgl der Schulmeister soll, so viel sich immer tunläßt, eingeschränkt werden. Wenn dann ein oder der andere

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Schulmeister so viel Kinder in seine Zucht und Lehre bekäme, daß ersie nicht mehr gebührend unterrichten könnte, oder wenn er auswichtigen Gründen eine Zeitlang (jedoch mit Bewilligung desPfarrherrn oder Schulherrn) abwesend wäre oder wenn er krank würde,so soll er einen tauglichen Stellvertreter gebrauchen. Aber auchdieser muß das katholische Glaubensbekenntnis abgelegt haben oderdoch sonst, was die Religion anlangt, unverdächtig sein. Indessollen die Schulmeister ihre anvertrauten Schulen in Person fleißigversehen und ohne besondere erhebliche Gründe keine Schulzeitversäumen. Solte dann betreffs der Schulmeister oder andererschulischer Dinge halber irgend ein Mangel zu tage treten, so istdies vom Pfarrherrn und Schulverordneten jederzeit an uns oderunsere Geistlichen Räte zu gebührender Kenntnis zu bringen. Und zumSchlusse befehlen wir den Untertanen unseres Stiftes hiermiternstlich, daß niemand Kinder an andere als katholische Orte zurSchule schicken oder ein Handwerk lernen lasse, damit sie nicht inihrer unverständigen Jugend zu "widerwärtiger" Religoin verleitetund sich von ihrem Vaterland ausschließen mögen." -- Es gab alsozu Julius Echters Zeiten zweierlei Schulen: Latein- undVolkschulen; erstere bereiteten auf den Uebertritt ins WürzburgerGymnasium vor; nicht alle Orte hatten Schulen, sondern wohl nur diegrößeren Dörfer. Da die Lehre Luthers auch durch auswärtige Lehrerund Druckschriften verbreitet worden war, so wollte Julius dieSchulen streng beaufsichtigt wissen und die Lehrkräfte wurdensorgfältig auf Wissen, religiöses Bekenntnis und Charakter geprüft.Drum wollte Julius einstweilen lieber keine Schulen alsunkontrollierte "Winkelschulen." Schulzwang bestand keiner; dahersandten die Eltern ihre Kinder vielfach nur im Winter in dieSchule, nicht aber auch im Sommer, wo sie dieselben bei denFeldarbeiten gebrauchten. Manche Ortsobrigkeit scheute auch dieKosten für eine Schule; Julius wies daher Eltern undGemeindevorsteher wiederholt auf die Wichtigkeit der Schulen hin;so sagte er im Ausschreiben vom 2. Januar 1589: "An den Schulen istzur rechten Auferziehung der Jugend dem Vaterlande hoch und vielgelegen; wenn Mangel an treuen Schulmeistern ist, so bringetsolches bei Zeiten an Uns oder unsere Beamten und begehrt Ersatz!Zeigt euch auch nicht schwierig, eure Kinder zur Schule zu senden,und sorget, daß ein Gleiches auch bei eueren Nachbarn geschehe!Besonders die gut beanlagten Kinder sollt ihr nicht unter demVorwande der Armut oder notweniger Arbeiten vom Schulbesucheabhalten. Wen die Eltern auch während der Schulzeit ihrer Kindersaure Opfer bringen müssen, so lehrt doch die Erfahrung, daß die inder Jugend zum Lernen angehaltenen Kinder ihren Eltern späterFreude und dem ganzen Vaterlande Nutzen und Segen bringen." Juliusdrang auf regelmäßigen Schulbesuch und zwar auch im Sommer. DerHauptgegenstand des Unterrichtes und die Grundlage der Erziehung

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war die hl. Religion. Der Bischof wußte nur zu gut, daß von derReligion nicht nur das ewige Heil des Einzelnen, sondern auch diezeitliche Wohlfahrt des Staates und seiner Glieder abhängt:Redlichkeit, Gehorsam, Treue, Familiengeist, Zufriedenheit,Sittlichkeit usw. Dabei sollte ihnen aber auch das erreichbare Maßirdischen Wissens, zm mindesten Lesen und Schreiben beigebrachtwerden. Es ist schade, daß jene gedruckten jährlichen Stoffpläneund Unterrichtsvorschriften nicht auf uns gekommen sind. Im Jahre1612 veranstaltete der Fürstbischof eine allgemeine Untersuchungdes Zustandes der Pfarreien, Kirchen und Schulen seines Bistums. ImKapitel Gerolzhofen war das Ergebnis, daß von den 74 Ortschaftennur 22 Schulen hatten. Der Bericht bemerkt von Haßfurt: "DasSchulhaus ist neu und erst anno 1609 erbaut"; von Knetzgau: "Fürdie Schule ist kein eigenes Haus gebaut, sondern es wird die Schuleauf dem Gemeindehause in einer besonderen Stube gehalten. Derchulmeister soll fleißig sein, hatte letzten Winter 30 Schüler, imSommer 3 oder 4, vielmals auch gar keine". Bei Stadtvolkach heißtes: "Der Schulmeister soll fleißig sein; hat nunmehr 60 Schüler, imSommer etwas weniger, unterrichtet die Kinder im Singen, Schreiben,Messedienen und Katechismus sorgfältig". Bei Stammheim wirdangemerkt: "Das Schulhaus ist alt und baufällig, und hat derSchulmeister des Orts auch wenig Lob; er soll zu Hause mit denen,die ihm ein oder das andere Schreiben zu verfertigen auftragen,sehr zechen und trinken, auch der Schul dabei vergessen; er hatteletzten Winter 14 Schüler, im Sommer wenig, auch vielmal garkeine." Von Gerolzhausen wird gemeldet: "Das Schulhaus ist im Gebäunoch gut, kann auf viele Jahre noch währen; die beiden Lehrersollen fleißig in der Schule sein und die Knben im Katechismus,Singen, Altardienst und in anderen Dingen gut unterrichten, siesind aber beide jung, laufen den jungen Mädchen und dem Tanz nach,begeben sich in die öffentlichen Tänze, dessen ich (Visitator)Augenzeuge gewesen." Schon die Tatsache dieser Schulvisitationzeigt, welches Interesse Julius bis in seine letzten Jahre demVolksschulwesen entegegenbrachte. Er ließ zum Gebrauche derSchüler ein Kirchengesangbuch und 1581 dem Katechismus des seligenPetrus Canisius drucken; er sogrte für die Anstellung tüchtigerLehrer und schrieb ihnen jährlich die Unterrichtsgegenstände genauvor. Seit 1586 mußten die Geistlichen auf der jährlichenDekanatskonferenz dem bischöflichen Kommissär Bericht über Schuleund Lehrer erstatten. An vielen Orten ließ der Fürstbischof neueSchulgebäude aufführen, so z.B. in Eltmann, Münnerstadt, Haßfurt,Gerolzhofen, Wernfeld, Großbardorf, Steinfeld, Sall a.d.S.,Hendungen, Großeibstadt, Bergtheim, Rimpar usw. Anderwärts wie z.B.1581 in Bastheim dotierte er die Schulstelle oder er regtewenigstens deren Errichtung an; so übermittelte der Amtmann vonMellrichstadt i.J. 1596 einen fürstlichen Befehl an die Gemeinde

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Eussenhause: "Weil Eussenhausen ein ziemlich große Dorfgemeindeist, ist zu bedenken, ob daselbst nicht ein Kirchner zu bestellenund eine Kleine Schule anzuordnen, der die Jugend könnte lesenlehren und den Gottesdiesnt helfen verrichten und der von derGemeinde könnte besoldet werden". So hat sich der große Julius auchum das Volksschulwesen unvergängliche Verdiesnte erworben.

Des Bischofs Sorge für die Geistlichkeit

Christus sprach einst zu den Aposteln: "Ihr seid das Salz der Erde;wenn aber das Salz schal geworden ist, womit soll man salzen?" Nieund nimmer hätte Luther solchen Anhang in Deutschland findenkönnen, wenn die Geistlichkeit seiner Zeit auf der Höhe gestandenwäre. Es war die Hauptsorge für Julius Echter, einen guten Kleruszu erhalten. Darum hatte er mit rastlosem Eifer die Universität unddie drei Seminarien gegründet und diese Pflanzstätten für seineheranwachsende Priesterjugend der erprobten Leitung der Jesuitenanvertraut. Er wandte aber von Anfang an auch den bereits in derSeelsorge stehenden Geistlichen sein wachsames Auge und seineFürsoge zu. Viele Aergernisse gab es damals unter der Geistlichkeitin Stadt und Land, in Stiften und Klöstern. Wie bewegt klagt einseliger Petrus Canisius darüber! Julius Echter hielt sich an dasProgramm, das dieser Apostel Deutschlands im Jahre 1567 dem BischofFriedrich von Wirsberg zur Verbesserung der Diözese und vorab desKlerus entworfen hatte. Er konnte nicht sofort mit aller Strengesämtliche Mißstände ausrotten, sondern mußte allmählich mitKlugheit und Festigkeit die verfallene Zucht wiederherstellen. Beidem großen Priestermangel mußte man auch con auswärts Priesteraufnehmen, wie sie sich eben anboten. Indes wurde man immerstrenger in deren Auswahl, je mehr die Würzburger SeminarienNeuspriester in den Weinberg des hl. Kilian senden konnten. Bereits1574 hatte Julius eine Kommission eingesetzt, um diejenigen aufihre Würdigkeit und wissenschaftliche Befähigung zu prüfen, welchesich zu den heiligen Weihen meldeten. Die Prüfung der Kandidatenund ihrer vorgelegten Zeugnisse wurde genau genommen, Unwürdigeoder mangelhaft Vorgebildete unbarmherzig zurückgewiesen. So wurdenach und nach den kirchlichen Vorschriften über die Eigenschaftderer, welche die Nachfolger des guten Hirten werden wollten,wieder Geltung verschafft und vom Priesterstand schlechte Elementeferngehalten. Eine gute Hilfe in der Sorge für den Klerus hatteder Fürstbischof im sogenannten Geistlichen Rat. Schon unter desJulius Vorgänger bestand diese Einrichtung des Geistlichen Rates,die der selige Petrus Canisius besonders empfahl. Der Bischofernannte fromme und erfahrere Priester zu seinen Mitgliedern. Diese

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versammelten sich allwöchentlich, um über die Reform der Diözeseund des Klerus und die wichtigsten seelsorgerlichen Angelegenheitenzu beraten; auch visitierten sie Pfarreien und Schulen im Auftragdes Fürstbischofs. Klagen über Mißstände im Klerus und in denPfarreien kamen vor den Geistlichen Rat. Unter Julius Echter griffnun der Geistliche Rat so energisch in die Verbesserung der Diözeseein, daß er bald dem Domkapitel ein Dorn im Auge ward. Im Jahre1582 stellte sogar das Domkapitel, wie ein Jahr vorher schon dieprotestantische Ritterschaft, das Ansinnen an den Fürstbischof, denGeistlichen Rat ganz abzuschaffen. Allein Julius nahm seine treuenMitarbeiter in Schutz. Das Domkapitel hat auch bei den Maßnahmen,die Julius Echter zur Verbesserung des Klerus plante, denFürstbischof im Stiche gelassen. Es mocht eben fühlen, daß esselber am meisten verbesserungsbedürfig war. Von 1578-1582verhandelte der Bischof in solchen Angelegenheiten resultatlos mitdem Kapitel. Einer der dringendsten Wünsche des Fürstbischofs wiedes Papstes Gregor XIII. war, es möge nun dem Klerus der Diözeseunsittlicher Lebenswandel nicht länger nachgesehen werden. Alleindas Domkapitel erwiderte: Der Bischof möge mit dem Reformieren desKlerus langsam vorgehen, sonst würden vielerorts die Pfarrer sichvollends verehelichen und zu den Protestanten übergehen, ohne daßman sie ersetzen könne. Allein der sittenstrenge Fürstbischofschaffte nach und nach auch ohne die Mithilfe des Domkapitelsselber Ordnung im Klerus. Er unterließ nicht, das Domkapitelinsgesamt wie einzelne Mitglieder privatim oft darauf hinzuweisen,daß es vorab selber dem Klerus ein gutes Beispiel geben müsse undruhte nicht eher als bis er wenigstens in einigen Hauptpunkten aucheine Reform des Domstiftes und der übrigen Würzburger Stiftedurchgesetzt hatte. Mit Strenge schritt Julius gegen unwürdigeGlieder des Klerus ein und niemanden schützte dabei sein rang oderseine hohe Geburt; der Fürstbischof verwies ihnen persönlich ihrärgerliches Leben mit scharfen Worten, verurteilte sie zubeträchtlichen Geld- und Freiheitsstrafen, er ließ sie manchmal beiWasser und Brot in den Turm sperren und entzog ihnen ihre Pfründenauf eine Zeitlang oder dauernd. Andere überwies er den Jesuitenoder Franziskanern zur Besserung. Julius suchte aber nicht nurseinen Klerus von unwürdigen Elementen zu säubern, sondern erstrebte, ihn auf alle Weise zu heben und ihm apostolischen Geisteinzuflößen. Am 22. Februar 1589 erließ er eine scharfe Verordnunggegen die Inhaber von geistlichen Pfründen, die von ihren Stellenabwesend waren oder aber gegen ein geringes Entgelt durch einenStellvertreter daselbst ihre Amtspflichten ausüben ließen. Aufsolche Weise, klagt der Bischof, sind unwissende und unwürdigeGeistliche auf ihre Stellen gekommen und die kirchlichenVerrichtungen geraten zuerst in Vergessenheit und zuletzt inVerachtung. Das Volk wird nicht mit dem Worte Gottes genährt, was

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sich durch keine Thränenströme genug beweinen läßt, die Armen, dielebendigen Glieder Christi, werden vernachlässigt, die Kirchenzerfallen, der Gottesdienst verliert seine Weihe und Würde, weil erdurch Mietlinge ausgeübt wird, denen nichts an den durch ChristiBlut erkauften Schäflein liegt; Irrlehren und Spaltungen schießenüppig empor, weil der wahre Hirte abwesend ist, und der reißendeWolf fällt an und zerfleischt die Herde des Herrn. Um diese"sichere Seelenpest" auszurotten, befiehlt der Bischof allengeistlichen Pfründeninhabern bei strenger kirchlicher Strafeinnerhalb dreier Monate auf ihre Stellen zurückzukehren und ihrpflichtmäßiges Amt daselbst auszuüben. Julius Echter wollte seinePriester vor allem wieder zu Männern des Gebetes machen underreichen, daß sie den Dienst am Altare mit hl. Ehrfurcht undGenauigkeit vollziehen. Daher ließ er eine Reihe von liturgischenBüchern neu herausgeben; der Fürstbischof selbst verfaßte zu deneinzelnen Werken prchtvolle Vorreden mit eindringlichen Mahnungenan die Geistlichen über ihre Pflichten. Im Jahre 1575 machte Juliusden Anfang mit der Herausgabe eines verbesserten Brevieres. DieVorrede ist eine herrliche Abhandlung über die Wirksamkeit, denNutzen und die Notwendigkeit des Gebetes im allgemeinen und überdas Breviergebet der Geistlichen insbesondere. Es sind überhaupt indiesen Vorreden, in den Ruralstatueten v. J. 1584 und in seinenHirtenschreiben an den Klerus, von welchen die WürzburgerUniversitätsbibliothek ein lehrreiches Muster, 21 Folioseitenumfassend, aufbewahrt, so herrliche Mahnungen und erhabeneBelehrungen über die Priesterpflichten enthalten, daß sie esverdienten, in einem Büchlein zusammengestellt und dem katholischenKlerus der ganzen Welt bekannt gemacht zu werden. 1583 folgte dieHerausgabe des Graduale; dies Buch enthält bekanntlich die Gesänge,welche während des hl. Meßopfers gesungen werden. In der Vorredesagt Julius: "Meine Sorge muß jenen am meisten gelten, deren Amt esist, durch beständiges Gebet das Volk mit Gott zu versöhnen.Deshalb habe ich das Brevier herausgeben lassen. Ich sehe jedochklar genug ein, daß die vorzüglichste Beschäftigung des Klerusdarin besteht, daß er für die Sünden des Volkes das lebenspendendeund unblutige Opfer Gott dem Vater täglich darbringe. Ich halte esdaher für meine Pflicht, auf alles, was darauf bezug hat, meineganze Sorge hinzuwenden, damit an Genauigkeit und Pünktlichkeitnichts fehle. Obgleich nun das hochheilige Opfer auch ohne Gesangvollbracht werden kann, so hat doch nach dem Urteile gewichtigerund heiliger Männer der kirchliche Gesang eine große Kraft, um dieSeele fromm zu stimmen und die göttliche Liebe in der Seele zuentflammen." Im Jahre 1602 gab er das Antiphonar neu heraus, d.i.jenes Buch, welches die Choralgesänge des kirchlichenStundengebetes enthält. In der Vorrede sagt der Fürstbischof soschön: "Wie sich gute Soldaten im Felde, wenn sie dem Feinde

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entgegengehen sollen, durch den Klang der Trompeten und Posaunenwunderbar ermutigen und entflammen lassen, so sollten nach unseremWunsche alle, welche beim Stundengebet gegen den Satan in den Kampfziehen und die Empörung des Fleisches niederwerfen und es derHerrschaft des Geistes unterstellen wollen, durch hl. Gesang sichaneifern und so vor Heiden und Irrgläubigen ohne alle Scheu dasBekenntnis ablegen, daß wir uns unseres Glaubens nicht schämen, daßuns das göttliche Gebot nicht beschwerlich und lästig, sondern liebund teurer sei; ja wir sollen uns gedrängt fühlen, mit unseremganzen Wesen einen vollkommenen Dienst Gott darzubringen, indemauch unser Leib mit lauter Stimme und lieblichem Gesange am LobGottes sich beteiligt, während die Seele in frommen Anmutungen undheißem Flehen sich ergießt." 1603 gab der Fürstbischof ein neuenPsalterium und endlich 1613 ein verbesserts und durch neueHeiligenoffizien bereichertes Missale heraus. Die Vorrede zum neuenMeßbuch beschließt der Bischof mit der Bitte, daß alle Priesterbeim hl. Opfer und in ihrem Gebete seiner gedenken wollen, damiter, der nun 40 Jahre das Bischofamt führe, den Rest seines Lebenszu Gottes Ehre und zum Wohle seiner geliebten Untertanen gutverwende und glücklich beschließe

Ruralstatuten und Kirchenordnung

Ein ewiges Denkmal der bischöflichen Hirtenweisheitunseres großenJulius sind die im Jahre 1584 für den Klerus in lateinischerSprache erlassenen Ruralstatuten und die 1589 erschienene deutscheKirchenordnung. Beides waren vorzügliche Mittel, um denpriesterlichen Geist im Klerus zu erhalten mitten in einer vonGlaubensirrtümern und Aergernissen angefüllten Zeit. 1. Das BistumWürzburg war damals eingeteilt in folgende 11 großen Dekanate oderLandkapitel: Buchheim, Schlüsselfeld, Iphofen, Mergentheim,Dettelbach, Ochsenfurt, Mellrichstadt, Münnerstadt, Gerolzheim,Ebern und Karlstadt. An festgesetzten Tagen fand nun in diesenStädten jährlich einmal unter dem Vorsitze eines eigenenbischöflichen Gesandten eine Dekanatskonferenz der Geistlichenstatt. Die Gesetze, welche Julius für dies Versammlungen erließ,hießen "Ruralstatuten", d.i. Statuten für die Land- undRuralkapitel. Wer ohne hinreichende Entschuldigung nicht erschienoder vor Schluß der Verhandlungen wegging, mußte in dieKapitelskasse einen Taler Strafe zahlen. Diese Konferenzen dientenjedoch nicht so sehr den Beratungen der Kapitelsgeistlichkeit, siewaren vielmehr teils bischöfliche Visitation ihrer Amtsführung,teils geistliche Uebungen, teils theologischer Wiederholungskurs.Es ist von Interesse, wie es bei diesen Ruralkapiteln zuging. Am

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Vorabend hatten alle zu erscheinen; der bischöfliche Kommissär lasdann ein oberhirtliches Schreiben vor; alle mußten sich durchEmpfang des Bußsakramentes auf die hl. Messe des nächsten Tagesvorbereiten. Gemeinsam wurde das kirchliche Stundengebetverrichtet; es folgte am Haupttag eine hl. Messe zu Ehren derMutter Gottes; dann ward für die verstorbenen Priester desLandkapitels Totenvigil gehalten und wiederum ein hl. Meßopferdargebracht, wobei man die Namen der Verstorbenen verlas. Es folgtenun ein feierliches Bittgebet vor ausgesetztem Hochwürdigsten Gut;darnach war Predigt und Hochamt; denn auch das Volk sollte andieser Feier seinen Anteil haben. Nach dem Hochamt kamen alle imVersammlungslokal zusammen; der Dekan hielt eine Ansprache; allelegten jetzt das hl. Glaubensbekenntnis ab und bekräftigtendasselbe durch Unterschrift. Bischof Julius wollte durch dieseBestimmung vorbeugen, daß nicht, wie es früher öfters geschah,heimlich Irrlehrer den Hirten in den katholischen Pfarrhäusernspielten und das ahnungslose Volk um seinen alten Glauben betrogen.Jetzt mußten alle ihre Pfarrbücher zur Prüfung vorlegen,Rechenschaft über ihre Christenlehren und die kirchlicheVermögensverwaltung geben; es konnte auch jedes Mitglied etwaigeBeschwerden schriftlich anbringen; es wurde ferner untersucht, obdie Vorschriften der Ruralstatuten im Laufe des Jahres von allenpünktlich gehalten worden waren; endlich mußte jeder Berichterstatten über die ihm unterstellten Latein- und Volksschulen, obsie katholischen Charakter trügen und ob katholische fromme undgesittete Lehrer daselbst die Jugend unterrichteten und an Gebetund kirchliches Leben gewöhnten. Beim gemeinsamen Mittag- undAbendtisch wurden nun die Ruralstatuten selber vorgelesen. DerHauptteil derselben bestand nämlich in einem kurzen Unterricht überdie Spendung der einzelnen Sakramente und die würdige Abhaltung desGottesdienstes, ferner über die priesterlichen Standestugenden unddie Pflicht persönlicher Heiligung. Am Schlusse enthielten diesSatzungen die Vorschriften über die Gerchtsame und Bezüge derPfarreien und Pfründen. Durch diese weise maßregel erreichteJulius, daß die ganze Seelsorgsgeistlichkeit Jahr für Jahr beifeierlicher Gelegenheit an ihre wichtigsten Priesterpflichtenerinnert wurde; für alle Teilnehmer waren es Tage geistigerErneuerung wie Exerzitien und zugleich ein Wiederholungskurs derTheologie. In jenen Tagen, wo man zuweilen infolge des schreiendenPriestermangels notgedrungen zu halbgebildeten Seelsorgern hattegreifen müssen, war solch ein pflichtmäßiger Wiederholungskurs eineMaßregel, die für die große Hirten-Weisheit und den apostolischenEifer des Fürstbsischofs Julius ein gleich rühmliches Zeugnisablegt. 2. Diesen Ruralstatuten vom Jahre 1584 reiht sich würdigan "des Hochwürdigen Fürsten und Herrn Julii, Bischofs zu Würzburgund Herzogen zu Franken Satzung und Ordnung, wie es in den

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Pfarreien des Stiftes mit dem Gottesdienst und Kirchen-Ministeriensoll gehalten werden." Diese Kirchenordnung erließ Julius im Jahre1589, nachdem er in seinem Lande und Bistum wiederum dieGlaubenseinheit hergestellt hatte. Es waren durch dieGlaubensneuerung viele alte katholische Gebräuche in Abganggekommen oder verändert worden; diese wollte Bischof Julius durchdiese kurze und in deutscher Sprache gedruckte Kirchenordnungwieder in Uebung bringen. Die Kirchenordnung enthält Vorschriftenüber den sonn- und feiertäglichen Gottesdienst, den Fest- undFastenkalender; ferner gibt sie Belehrungen, Mahnungen undVorschriften über den Empfang der einzelnen hl. Sakramente, überBegräbnis, Prozessionen, Weihungen, Kirchweihfest, Schulen und denSchmuck des Gotteshauses und des Kirchhofes. Einiges Interessantemag unseren Zeitgenossen aus dieser Kirchenordnung mitgeteiltwerden: die Predigt soll nicht über eine Stunde dauern und ist mitdem allgemeinen Gebet, Vater unser, Ave Maria, Glauben, den zehnGeboten, offener Beicht und Generalabsolution zu beschließen,ebenso nachmittags die Christenlehre. Auch der Samstag ist wie derFreitag das ganze Jahr hindurch Abstinenztag. Der Genuß vonFleischspeisen ist während der ganzen Fastenzeit vomAschwermittwoch bis Ostern verboten. Das Bistum Würzburg hattedamals weit mehr ganze und halbe Feiertage als jetzt, so alleAposteltage, Mariä Heimsuchung, Maria Magdalena, Laurentius usw.Durch diese Kirchenordnung wurde das Volk wieder an die altenGebräuche und religiösen Uebungen gewöhnt; daß das Volk auch diereine katholische Lehre erfuhr, dafür hatte er schon 12 Jahrefrüher gesorgt; denn am 31. Dezember 1576 hatte er verordnet, daßan Neujahr und an den 4 Quatembersonntagen das Glaubensbekenntnisder Kirchenversammlung von Trient von allen Kanzeln öffentlichverlesen werde.

Reform der Klöster

Fürstbischof Julius Echter liebte die Klöster; sein frommer Eiferwollte recht viele gottgeweihte Stätten in seinem Bistum besitzen,wo der Allmächtige Tag und Nacht durch das kirchliche Stundengebetund durch möglichst feierlichen Gottesdienst verherrlicht werde.Groß war darum sein Schmerz, als er bei seinem Regierungsantritteinen großen Verfall des Ordenslebens und einen traurigen Zustandder Klöster selbst antraf. Viele Klöster waren durch denBauernkrieg und die Raubzüge des Markgrafen von Ansbach zerstört,verschuldet und verarmt; in den Klöstern selbst war die Ordenszuchtgesunken; viele Mönche und Nonnen hatten nur allzubegierlich aufdie Stimme Luthers gehört, man könne und dürfe die Ordensgelübde

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nicht halten. So manches Kloster stand leer oder war nur noch vonwenigen Insassen bewohnt und selbst diese führten nicht das Lebenvon Ordenspersonen. Da griff nun Julius Echter in dreifacher Weisebessernd ein. 1. Zunächst bemühte er sich auf alle Weise, die leerstehenden Klöster wieder mit Ordensleuten zu bevölkern; wo diesaber nicht möglich war, erwirkte er vom Papste die Erlaubnis, ihreGüter zu anderen und für den Augenblick dringlicheren kirchlichenZwecken zu verwenden. So benützte er mehrere verlasseneFrauenklöster zur Stiftung der Universität und der geistlichenSeminarien; mit den Einkünften des ausgestorbenenZisterzienserinnenklosters Heiligenthal bei Seligenstadt baute erdas Juliusspital; mehrere Versuche hatte der Fürstbischof gemacht,ein anderes altes Zisterzienserinnenkloster, nämlichWechterswinkel, wieder aufzurichten; als dieWiederbelebungsversuche nicht Bestand hatten, ließ er sich durchpäpstliches Breve vom 13. August 1592 vom hl. Stuhle ermächtigen,die Einkünfte des Klosters zur Errichtung oder Aufbesserung vonPfarreien und Schulstellen und anderen Kultuszwecken zu verwenden.Die Wechterwinkler Gefälle waren dem Fürstbischof in jenen Tageneine große Hilfe; denn er hatte ja in den ehemals protestantischenGegenden so viele neue Kirchen zu bauen und Seelsorger- undSchulstellen zu stiften; aber auch heute noch bringt derWechterswinkeler Fond viel Segen für arme Kirchen und Schulen. 2.Die noch besetzten Klöster führte Julius Echter mit unerbittlicherStrenge und zäher Festigkeit zur alten Ordenszucht zurück. Erbrachte die zerrütteten Finanzen wieder in Ordnung, ließ diezerfallenen Kirchen- und Klostergebäude ausbessern und neu bauenund gab ihnen tüchtige Ordensobere, regelte in Verträgen mit deneinzelnen Klöstern die Wiederherstellung der Ordensregel, sorgtefür gute Erziehung des Nachwuchses und schrieb ihnen bis inEinzelheiten hinein die Kloster- und Kirchenordnungen vor. ImKloster Banz war zuletzt nur noch ein einziger Mönch übrig. Juliussetzte darauf den gelehrten und geschäftskundigen Abt vonMünsterschwarzach namens Burkhart dem Kloster vor und unter seinerLeitung blühte das alte Benediktinerkloster wieder schnell auf. DasKloster Brombach wollte der protestantische Graf Ludwig vonWertheim unter dem Titel der Schutzherrschaft an sich reißen, aberder energische Fürstbischof sandte 1200 Mann Fußvolk und 100 Reiterins Taubertal und befreite das Kloster aus seinen Händen underhielt es so der katholischen Kirche. Das vom Bischf Heinrich vonRothenburg (reg. 995-1018) gegründete Benediktinerkloster St.Stephan in Würzburg war in großen Verfall geraten. Die Visitation,welche Julius im September 1576 vornehmen ließ, drang aufAbminderung der großen Schuldenlast durch bessere Verwaltung undeinfachere Lebenshaltung, sowie auf klösterliches Leben derInsassen. Allein der Bischof mußte sich noch viel um das Kloster

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bemühen, bis dauernde Besserung eintrat; im Jahre 1586 schrieb erdem Stephanskloster eine neue Kloster- und Kirchenordnung vor; 1590verpflanzte er den Abt nach Kloster Banz und unterstellte dasKloster einem tüchtigen Prior; die Verwaltung der Klostereinkünfteübertrug Julius dem Abt Johann von Münsterschwarzach, den wir schonals den Wiederhersteller von Kloster Banz kennen gelernt haben. Aufdem Schottenanger zu Würzburg stand das 1140 gegründeteBendiktinerkloster St. Jakob; dasselbe wurde von schottichenMönchen bewohnt zur Erinnerung an die Frankenapostel, welche ausIrland (damals Schottland genannt) gekommen waren. Der erste Abtwar der hl. Makarius (gest. 1153). Von 1506-1516 lebte und wirktein diesem Kloster höchst segensreich als Abt der berühmte Gelehrteund Geschichtsschreiber Johann Trithemius. Aber bei der Belagerungder Marienburg durch die aufständischen Bauern im Jahre 1525 wurdedas Kloster niedergebrannt und die Kirche geschändet; noch im Jahre1594 hatten Schnee und Regen offenen Zutritt in die uneingedeckteSchottenkirche; kein Priester wollte am Hochalter zelebrieren, weilder Wind die hl. Hostie von der Patene zu wehen drohte. DieEinkünfte des ehemaligen Klosters aber wurden von derfürstbischöflichen Kammer verwaltet. Da wohnte Julius i.J. 1594 aufdem Reichstag zu Regensburg im dortigen Schottenkloster und wurdevon dem Abt Johann Jakob Whyt (Albus) überaus gut aufgenoommen; derAbt machte seinen Gast auf die Verdienste der schottischen Nationum Franken durch den hl. Kilian aufmerksam und bat ihn, dasSchottenkloster wieder herzustellen, und Julius, der immer dieFrankenapostel so hoch verehrte, versprach es; inzwischen wurde derBischof von einem hitzigen Fieber befallen, das sein Lebenbederohte. In dieser Gefahr gelobte er zu Gott, daß er nacherhaltener Wiederherstellung alles zur Erneuerung des Klosters St.Jakob aufbieten wolle. Alsbald nach seiner Rückkunft nach Würzburgerfüllte Julius sein Gelöbnis. Bereits am 23. April 1595 konnte erin Gegenwart der vornehmsten Männer des Frankenlandes die neuenSchottenmönche ins Kloster einführen. Frömmigkeit und Wissenschaftwurden fortan im Kloster St. Jakob fleißig gepflegt. Durch einenheiligmäßigen Laienbruder namens Gabriel Wallace wurde in jenenTagen der Wiederherstellung des Klosters die in Vergessenheitgeratenen Grabstätte des hl. Makarius entdeckt und am 31. März 1615ließ der Fürstbischof die hl. Reliquien unter großer Feierlichkeiterheben. Heute ruhen dieselben in der Marienkapelle zu WÜrzburg, woalljährlich das Fest des hl. Abtes am 23. Januar feierlich begangenwird. Das Franziskanerkloster zu Würzburg, das Bischof Hermann vonLobdeburg i.J. 1246 gegründet hatte, unterzog Julius 1611 einemgründlichen Umbau. Er erhöhte das Kloster um ein Stockwerk; dieValentinuskapelle und der Saal darüber ist sein Werk; auch schenkteer dem Kloster ein silbernes Bildnis des hl. Franziskus. Auch dieGebäulichkeiten und das klösterliche Leben in dem am Fischmarkt zu

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Würzburg gelegenen Karmelitenkloster stellte Julius wieder her. Dasälteste Kloster der Diözese war das vom hl. Burkard selbstgegründete Andreaskloster am Fuße des Marienberges. Im Jahre 1464war dasselbe durch Papst Pius II. in ein adeliges Kollegiatstiftumgewandelt worden. Durch den Bauernkrieg wurde nun auch diesesRitterstift St. Burkard hart mitgenommen und am Ende des 16.Jahrhunderts betrug seine Schuldenlast gegen 50000 Gulden. Juliusgab dem Stift einen Administrator an die Seite, um die Finanzen zubessern, ließ auch die Kirche verschönern; 1589 wurde der neuePfarraltar hergestellt, zu dem Julius selbst beisteuerte. Am 18.Juli setzte er eine Reform des Ritterstiftes vermittels einerKapitulation durch. Insbesondere sollten die Vikare fortan in einemWohnhause nach gemeinsamen Regeln wohnen, die studierendenStiftsherrn wohl unterrichtet und erzogen und der Gottesdienst mitWürde und Andacht gehalten werden. Ebenso stellte Julius im Jahre1615 durch eine Kapitulation das ordnungsgemäße Leben in dem vomhl. Nobert 1130 gegründeten Prämonstratenserkloster Oberzell her;das im Bauernkrieg zerstörte Frauenkloster Unterzell ließ er amEnde seines Lebens wieder aufbauen. Auch die Verhältnisse derübrigen Klöster ordnete der Bischof nach und nach, teilweise untergroßen Mühen und Schwierigkeiten, so namentlich die von Bildhausen,Münsterschwarzach, Theres, Ebrach und Triefenstein. 3. Endlichführte Julius Echter auch zwei neue Orden in Würzburg ein; denbraunen Franziskanern übergab er 1616 die Wallfahrtskirche zuDettelbach und den Kapuzineren baute er im gleichen Jahre Kircheund Kloster in Würzburg. Die Dettelbacher Franziskaner hatten auchim Sommer die Seelsorge der Wallfahrer auf dem Kreuzberg zuübernehmen, wo Julius das zerfallene steineren Kreuz hatte erneuernlassen.

Das große Wagnis

Der Seeleneifer des Fürstbischofs Julius beschränkte sich nicht nurauf die Reform der Geistlichkeit und die Erhaltung und Stärkung deralten Religion; von Anfang an sann er lange und viel darüber nach,wie er die vom katholischen Glauben abgefallenen Untertanen wiederzur alten Kirche zurückführen könnte. Julius unterschätzte dieSchwierigkeit dieses Bekehrungsversuches nicht; er war geradezu einWagnis, denn die neue Lehre hatte in Stadt und Land einen starkenAnhang gewonnen; gerade die vornehmsten und vermögendstenUntertanen waren zu derselben übergetreten. Die Reichen dieser Welthörten die Lehre Luthers lieber als die alte katholische Predigtvon Buße und Beicht, Kreuz und Entsagung. Auch ein großer Teil derStadträte hatte sich der Glaubensneuerung angeschlossen und die

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zahlreiche protestantische Ritterschaft des Landes steifte diefürstbischöflichen Amtleute in Sachen der Religion gegen denBischof. Bereits fiel manche trotzige Drohrede gegen denselben.Vielerorts war das junge Geschlecht im neuen Glauben herangewachsenund mit Vorurteilen, ja geradezu mit Haß gegen die alte Kircheerfüllt. In Wort und Schrift waren die kirchlichen Glaubenssätzeund Gebräuche der Verachtung und dem Gespötte preisgegeben worden.Wir stoßen in jenem Jahrhundert auf eine Flut von Schmäh- undKampfschriften; auch auf den Kanzeln herrschte eine zornigeKampfesstimmung und ein leidenschaftlicher gehässiger Ton. Ineiner solch verzweifelten und gefährlichen Sache vertraute Julius,wie später sein Weihbischof Euchar Sang in der 1618 gehaltenen Rede"Der Triumph Frankens" erzählte, nicht nur auf sein eigenensfehlbares Urteil, sondern hörte auch den Rat und die Ansichtenanderer. Alle aber waren der Meinung, die Krankheit sei bereits soweit fortgeschritten und habe sich so tief eingelebt, daß sie keineArznei und keines Arztes Hand mehr bannen könne. Das Unkraut aufdem Acker Frankens habe, wie sie sagten, so überhand genommen undsolch starke Wurzeln getrieben, daß man fürchten müsse, es möchtenbeim Ausreißen auch der Weizen und das gute Getreide mitausgerissen werden. Wenn man ferner schärfer gegen dieRichtwilligen und Verstockten in Religionssachen vorgehe, so würdensie bei den benachbarten protestantischen Fürsten Schutz suchen.Kein Ausweg lasse sich finden und dies wegen der Not der Zeit. Sonahm Julius, verlassen von aller menschlichen Hilfe, zu Gott seineZuflucht in inständigen Gebeten für seine Diözese. Aber er betetenicht nur, sondern er handelte auch. Freilich überstürzte er dasBekehrungswerk nicht, sondern bereitete sorgfältig von langer Handher den Feldzugsplan vor und schuf sich vor allem im geistlichenSeminar eine Schar von Hilfsarbeitern; denn solange er den zubekehrenden Gemeinden keine tüchtigen Seelsorger geben konnte, warjede Einwirkung auf sie zur Umkehr zwecklos und hätte sie nurunnötig gegen den Bischof und Landesfürsten verbittert. Aber als erdie Stunde für gekommen erachtete, führte er die Sache mit kühnemMut und zäher Energie durch. Man hat es auf protestantischer Seitedem Fürstbischof bitter verübelt und grollt ihm heute noch darob,daß er die Gegenreformation in seinem Bistum durchgeführt hat. DerSchmerz, weite Gebietsteile Frankens durch diesen Mann verloren zuhaben, ist ja begreiflich. Allein auch die Ankläger desFürstbischofs sollten ihm doch soviel Gerechtigkeit widerfahrenlassen, daß man sine Handlungweise aus den Rechtsverhältnissenjener Zeit und aus seiner Doppelstellung heraus beurteilt. Juliuswar Bischof und Landesfürst. Und auf diese beiden Rechtstitel hinhielt er sich zur Wiedergewinnung der Abgefallenen nicht nur fürberechtigt, sondern sogar für verpflichtet. Im Eingang seinerKirchenordnung vom Jahre 1589 spricht er das also aus: "In

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verflossenen Jahren sind bei schweren Zeitläuften in unserem Stiftin der Religion allerlei Neuerungen und Spaltungen eingeführtworden; daher steht es Uns wegen unseres bischöflichen Amtes undvon Obrigkeit wegen zu dahin aufs fleißigste zu arbeiten, daßsolche eingerissene Neuerungen abeschafft und in unserer altenwahren katholischen Religion wiederum gleiche und durchgehendeEinigkeit angeordnet werden möge." 1. Julius fühlte sich vor allemals Bischof verpflichtet, die irrenden Schafe zur Herde Christizurückzuführen. Er war ganz durchdrungen von dem Bewußtsein, daß ervor Gott für das ewige Seelenheil aller Bistumsangehörigenverantwortlich sei. Das spricht er oft und oft aus; so sagt er inder Vorrede zum Graduale i.J. 1583: "Oft schlagen an meine Seelejene gewaltigen Worte des hl. Paulus, die er an alle Aeltesten derKirche Asiens richtet: Habet acht auf euch und auf die gesamteHerde, über welche euch der hl. Geist als Bischöfe gesetzt hat, dieKirche Gottes zu regieren, welche er erworben hat mit seinem Blute(Apostelgesch. 20, 28). Aus diesen Worten erkenne ich, daß ichnicht weniger acht haben muß auf die Regierung dieser gesamtenWürzburger Kirche als jene Männer auf die Regierung der KircheAsiens." Oft ruft er sich den Tag des Gerichtes ins Gedächtnis, woChristus Rechenschaft über die ihm anvertrauten Seelen fordert. Erweiß die Strafe ewiger Verdammnis auf die Nachlässigkeit imHirtenamte gesetzt. Die Pflichten seines Amtes sah er vorgezeichnetin dem Bild, das Christus vom guten Hirten entwirft; dieser abergeht dem verlorenen Schäflein nach und bringt es wieder zur Herdezurück. Julius fürchtete das Wehe des Propheten Ezechiel über jeneHirten, die sich um die zerstreuten und kranken Schafe nichtkümmern. Was ihn zum Handeln bestimmte, war nicht Haß gegen dieProtestanten; es sind die Gedanken der hl. Schrift, die ihnbeherrschten; es war eine Auffassung des bischöflichen Amtes, dieihre Pflichten ablas aus den hl. Büchern beider Testamente. ImStiftungsbrief des Julianums vom 1. Januar 1607 gewährt er unseinen schönen Einblick in die Beweggründe, die ihn zurWiederherstellung der katholischen Religion im Hochstiftveranlaßten; er sagt hier: "Ich habe von Anfang an mehr die Lastdes bischöflichen Amtes als seine Ehre bedacht; denn es handeltsich bei den meiner Sorge Anvertrauten um Seelen, die durch ChristiBlut erlöst sind, mögen es die Seelen von hoch oder nieder, vonAdeligen oder Bürgerlichen sein. Diese müssen für Gott gewonnenwerden; von meiner Hand wird man sie fordern. Diese Sorge istohnedies ihrer Natur nach schon schwer; aber das Unglück unseresJahrhunderts steigert sie ins Ungeheure und macht sie fürmenschliche Kräfte schier unerträglich. Den christlichen Staat hatin dieses Unglück der Abfall von schier unzähligen Menschen jedenRanges und Standes von der katholischen Kirche und ihrenrechtmäßigen bis zur apostolischen Zeit hinaufreichenden Hirten

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gebracht; die Abgefallenen sind aber auch unter sich im Zwiespaltund ihre Irrtümer sind von unentwirrbarer Verschiedenheit. Wiewohlaber dies große Uebel sind, so dürfen sie dennoch den Mut guter undhochherziger Hirten nicht brechen, sondern anregen, so daß sie denVersuch machen, mit Hilfe der göttlichen Gnade und treu ihremBerufe, mit allen zu Gebote stehenden Mitteln und mit Hintansetzungaller irdischen Vorteile die erkrankten Schafe zu heilen, dieverirrten zurückzuführen, die wankenden zu befestigen, dieunterdrückten zu befreien, die gefallenen aufzurichten. HerrlicheBeispiele solchen Glaubens, solcher Standhaftigkeit und solcherLiebe haben uns unsere Vorgänger, die Bischöfe Melchior undFriedrich, Fürsten ewigen Andenkens würdig, hinterlassen, und sohaben Wir geglaubt, es sei nach Uebernahme der Regierung dieserKirche vor allem anderen Unsere Pflicht, daß Wir mit Fleiß in ihreFußstapfen treten." Die Irrlehre betrachtete Julius, wie er einander Mal im Eingang zu den Ruralstatuten sagt, als das Unkraut,das ein feindlicher Mensch auf den ihm anvertrauen Acker Gottessäte und er hielt es, von Liebe zur alten Kirche entflammt, fürseine bischöfliche Pflicht, dieses Unkaruat, soweit es ohneSchädigung des Weizens geschehen konnte, auszurotten. DerFürstbischof hegte eine große Liebe zur katholischen Kirche und hl.Ehrfurcht vor dem Glauben, den die hl. Frankenapostel in derDiözese gepflanzt und mit ihrem Blute begossen hatten; diese Liebeund Ehrfurcht spronte ihn an zur Rückgewinnung der Abgefallenen. ImAusschreiben betreffs der Seminarsteuer vom 30. Dezember 1578bekannte er: "Ich scheue keine Mühe für die Kirche Gottes, unseraller gemeinsame Mutter, Führerin und Lehrerin. In der schwarzenNacht ihres Unglückes höre ich sie gleichzeitig seufzen und klagennach der Wiederherstellung des Gottesdienstes. Ich fühle michgedrängt, nichts zu unterlassen, was die trauernde Kirche tröstenkann." Solche Gedanken bringt der Bischof auch zum Ausdruck in demam 2. Januar 1589 erlassenen Ausschreiben, worin er dem Land Kundegibt von der vollzogenen Gründung der Universität und derSeminarien; da heiß es: "Es ist unverborgen, in was Zerrüttung undbeinahe endlichen Untergang die liebe alte katholische Religion inunserem Stift, das auf solche und vornehmlich zu derselbenErhaltung von gottseligen und treuen höchsten Obrigkeiten sogutherziglich gewidumt worden, vor etwa wenig Jahren - sonderZweifel um unsere Sünde und dadurch verursachten göttlichen Zornsund verhängte Strafe willen - geraten gewesen. Väterlich undtreulich haben sich zur Wiederaufrichtung derselben unsereunmittelbaren lieben Herren und Vorfahren wie Bischof Melchior,ungeachtet der schweren betrübten Zeit, die damals das Stiftgetroffen hat, und Bischof Friedrich, beide lobseligen christlichenGedächnisses, wie auch wir in der Zeit unserer Regierung aus Schuldund Pflicht unseres übernommenen Amtes uns nach unserem Vermögen

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bemüht. Gott hat dann solch unsere schuldigen Bemühungen nichtvergeblich sein lassen und so viel Segen und Gnade gegeben, daßunsere Religion von den Untertanen allgemein angenommen wurde. Diesist aber eben jene Religion, die von den heiligen Apostelnfortgepflanzt und in unseren Stift, als diese aus dem Heidentum zurErkenntnis Christi kam, durch bewährte Blutzeugen auferbauet wurde;anjetzt und in kurzer Zeit ward sie wiederum reparieret und inerstes Wesen gesetzet; auch wurde den Unseren dadurch das alteRecht (d.i. der durch sein Alter als wahr und apostolisch erwieseneGlauben) wieder anvertraut, welches die gefaßten fremden Meinungenfast verlöscht gehabt. Gottes Allmacht sei darum ewiglich Lob undDank." 2. Als Landesfürst konnte Julius nach den damals geltendenGrundsätzen ein verfassungmäßiges Recht beanspruchen, den Glaubender Untertanen zu bestimmen und die Widerstrebenden des Landes zuverweisen. Der Satz: Wessen das Land, dessen die Religion! bedeutetzwar eine brutale Vergewaltigung der Gewissen; aber es war nuneinmal im Augsburger Religionsfrieden vom Jahre 1555 einzig undallein den reichsunmittelbaren Ständen, d.i. den Fürsten und freienStädte die Wahl des katholischen oder protestantischenGlaubnesbekenntnisses anheimgegen; die Untertanen hingegen mußtenden Glauben annehmen, welche der Landesherr vorschrieb, oder aberauswandern. Nun hatte zwar König Ferdinand am Abend des 24.September 1555, am Tag bevor der Augsburger Religionsfriedeerlassen wurde, dem protestantischen Kurfürsten von Sachsenfolgende geheime Erklärung abgegeben: "Der geistlichen Fürsteneigene Ritterschaft, Städte und Gemeinden, welche lange Zeit undJahre her der Augsburgischen Religion, Glauben, Kirchengebräuche,Ordnungen und Zeremonien öffentlich gehalten und bis heute nochhalten, sollen von dieser ihrer Religoin unvergewaltigt gelassenwerden." Aber diese Klausel wurde in den Reichstagsabschied, wie erim Drucke hinausging und vom Kaiser, allen Kurfürsten und Ständenbekräftigt worden war, nicht aufgenommen; sie wurde auch nichtdurch den Erzkanzler des Reichs gesiegelt und demReichskammergericht zugestellt. Nur dadurch erhielten des Kaisersund Reichstags Abschiede Rechtskraft. Als nun die protestantischenStände etwa 20 Jahre später den energischen Fürstabt Balthasar vonFulda durch Hinweis auf diese sogenannte Ferdinandsche Deklarationvon der Durchführung der Gegenreformation in seinem Lande abhaltenwollten, da bestritten die katholischen Fürsten und Stände invollster Ueberzeugung die Echtheit dieser bisher derOeffentlichkeit nicht bekannten Ferdinandischen Erklärung; als dannder Kurfürst von Sachsen dem Kaiser und Reichstag das Originalvorlegte, verneinten sie einmütig deren Gültigkeit und Rechtskraft;auf mehreren Reichstagen wurde nun über die Deklaration verhandelt,aber schließlich ließ man die Sache unentschieden. Alsnamentlichauf dem Reichstag zu Augsburg i.J. 1582 Kurpfalz wieder

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den Antrag stellte, es solle die Ferdinandische Deklaration alsReichsgesetz anerkannt werden, da versagte selbst dasprotestantische Kursachsen seine Mitwirkung. Somit bestand fr einengeistlichen Fürsten keine reichsgesetzliche Schranke gegen dasReformationsrecht in seinem Lande. Er konnte so gut wie jederandere weltlichen Fürst die Annahme seines Glaubens von denUntertanen verlangen. Julius Echter hatte bei diesenReichstagsverhandlungen das Reformationsrecht der geistlichenFürsten mit unbeugsamer Festigkeit verteidigt; er schrieb am 4.April 1576 an Fürstabt Balthasar von Fulda: "Der Deklaration von1555 gegenüber müssen wir Geistliche steif beisammenhalten und aufdie Wehr gedenken, damit der wahren alten, christ-katholischenReligion zuwider nichts statuiert werde." Nun erschienen demBischof die Abgeirrten, wie er in der Vorrede zum Missale i.J. 1613sagt, als "arme Verführte", die "unkluger Weise, schlechtem Rateund Drängen folgend, von der alten Kirche, außer welcher kein Heilist, abgewichen" waren. Mußte er sich als Bischof nichtverpflichtet fühlen, dieses Unrecht wieder gut zu machen, wenn erals Landesfürst die Macht dazu hatte? Noch hatten sich die neuenVerhältnisse nicht unaustilgbar eingebürgert. Seine VorfahrenMelchior Zobel und Friedrich von Wirsberg waren ja ebenfalls schonnach Kräften der Neuerung entgegengetreten; es konnte sonach voneinem ganz unbestrittenen Besitzstand der Augsburger Konfession imHochstift Würzburg nicht die Rede sein. Als weiser Staatsmann sagtesich Julius ferner, daß der Zwiespalt in der Religion für jedesLand und zumal für ein geistliches Fürstentum eine fort und fortblutende Wunde sei. Er hatte in seinen Studienjahren bereits in denNiederlanden und Frankreich den Religions- und Bürgerkrieg kommenund auflodern sehen und hatte von Jugend an den unheilvollenReligionswirrwarr und unseligen Riß der Geister und Gemüter imdeutschen Vaterland bitter gefühlt und noch mehr als Fürst imBistum und Reiche schwer empfunden. Mußte er sich nicht glücklichschätzen, falls es ihm gelang, wieder ein geeintes Vok unter demKrummstabe friedlich zu regieren? Es erschien ihm der altekatholische Glaube als ein Hort der Eintracht und der festeste Kittseines Herzogstums. Aber war das Ziel der Glaubenseinheit zuerreichen ohne Anwendung von Gewalt, die einem Bischof schlechtanstand? Julius verschloß sich auch dieser Erwägung nicht; aber ersagte sich, daß ihm die Bekehrten später danken würden. "Späterwerden sie selbst ihr früheres Werk als ein Verhängnis anklagen undgestehen, da sie nur durch ein gewisses Zureden und ein gewissenDrängen aus ihrem gleichsam tötlichen Schlaf und dem Bann dereingewurzelten Gwohnheit haben vor dem Untergange gerettet werdenkönnen." So äußerte er sich in der Vorrede zum neuen Missale 1613.Vollends fühlte sich der Fürstbischof im Rechte, wenn er die durchGewalt zum Abfall Gebrachten durch das gleiche Mittel in den Schoß

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der Kirche zurückführte. Julius sah, wie protestantische Fürstenvor und nach dem Augsburger Religionsfrieden v.J. 1555 diekatholische Religion gewaltsam ausrotteten und zwar nicht alleininnerhalb ihres Gebietes, sondern sogar außerhalb desselben.Letzteres verstieß durchaus gegen die Reichsgesetze und war eingrober Reichsfriedensbruch, den man nur infolge der Schwäche derkaiserlichen Gewalt wagen konnte. Luther selbst hatte es gebilligt,daß im Jahre 1539 das Herzogtum Sachsen nach des Herzogs Georg Todgewaltsam protestantisiert wurde und als ganz dasselbe sich inBraunschweig nach Vertreibung des katholischen Herzogs und inMeißen nach der militärischen Besetzung des Landes wiederholte.Julius Echter verfuhr bei seinen Bekehrungsversuchen immerhin weitmilder als es die protestantischen Fürsten in ihren Länder zu tunpflegten. Denn er versuchte es zuerst mit allen erdenklichengeistlichen Mitteln. Erst wenn diese erfolgslos blieben, griff ernach Ablauf der Bedenkzeit zur Gewalt, d.h. er gab den Befehl zurAuswanderung. Man hat dem Fürstbischof Julius auch nachgeredet,als habe er sich bei diesen Bekehrungsversuchen von schnödenGeldrücksichten leiten lassen. Er habe nämlich von den abwanderndenProtestanten ein Drittel ihres Vermögens eingezogen und so dasReligionswerk zu einer ergiebigen Einnahmequelle gemacht; mit demerpreßten Blutgeld überzeugungtreuer Protestanten habe er dann guthundert Kirchen und katholische Prachtbauten aufführen und großeStiftungen machen können. Man tut auch mit diesem Vorwurf demFürstbischof bitter Unrecht. Denn in Wirklichkeit erhob Juliusnicht ein Drittel ihre Vermögens, sondern nur 2 Prozent und diesnach einem längst vor ihm im Hochstift bestehenden Gesetze. Darnachwurden abwandernde Untertanen mit einer Nachsteuer von 2 Prozentbelegt; dies esetz war wie so manches andere weniger beachtetworden und Julius hatte es am 2. September 1583 erneuert. Schon imJahre 1556 hatte auch das Würzburger Domkapitel, als es gegen dielutherisch gewordenen Bürger in Ochsenfurt mit Stadt- undLandesverweisung einschritt, dieselbe Nachsteuer auferlegt. Auf dieFürsprache des Pfalzgrafen hin bewilligte es jedoch ihnen zuersteine Ermäßigung der Nachsteuer, und als sich der Pfalzgraf nochmalsfür sie verwandte, erließ man die Nachsteuer "sr. chrufürstl.Gnaden zu Ehren" ganz. Julius konnte daher mit Fug und Recht denprotestierenden Markgrafen Georg Friedrich von Ansbach i.J. daraufhinweisen, daß die Nachsteuer schon lange vor ihm bestand. Nichtaus Finanzpolitik, nicht aus Herrschsucht, nicht ausProtestantenhaß hat Julius die Anhänger der neuen Lehre zum altenGlauben zurückgeführt, sondern weil er als guter Hirte die irrendenSchäflein zur Herde Christi zurückbringen und als kluger Fürst demdurch die Glaubenspaltung zerrissenen Herzogtum die alte Eintrachtund Festigkeit wiedergeben wollte. Im Stiftungsbrief des adeligenJulianums vom Jahre 1607 bezeichnet dies auch der Fürstbischof als

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den guten Erfolg seiner Bemühungen: "Wir haben einige Jahre langrastlos alle Kräfte und Hilfsmittel angestrengt, um die gesamte,uns von Gott anvertraute Bevölkerung zur katholischen Wahrheit undEinheit zurückzuführen. Und diese unsere Bemühungen hat Gott inseiner Güte, wofür wir ihm ewiges Lob und ewigen Dank schulden, mitsolchem Erfolge begnadet, daß wir, wenn auch nicht über unsereWünsche, so doch weit über alle unsere Hoffnung mit Freude sehenkönnen, wie beinahe unsere ganze Herde wieder in dem einzigen undalten Schafstalle Christi sich zusammengefunden hat und auf denfröhlich grünenden Weideplätzen der Kirche Gesundheit, Sättigungund Wonne für die Seele findet, die Stimme des einen Hirten hörtund seiner Leitung und Führugn folgt."

Wie Bischof Julius die alte Religion einpflanzte

Julius fing an, nach und nach die lutherischen Räte und Diener inseiner Umgebung, die Beamten auf der Kanzlei, bei Hof und auf denAemtern draußen im Hochstift durch Katholiken zu ersetzen. Juliusscheint durch den Ausgang der Fuldaer Angelegenheit in diesemEntschlusse bestärkt worden zu sein. Wenigstens sagt die alteLebensbeschreibung: "Nachdem Bischof Julius aus der FuldaischenSache und den erwähnten Streithändeln herausgekommen, ist er emsigbedacht gewesen, sich nicht mit Spältigen in der Religioneinzulassen, auch sich nach und nach von solchen Räten und Dienernledig zu machen, die widriger Religion seien; denn diese sehenallzeit und einig darauf, wie sie ihre Religion schützen undverbreiten, die Katholischen aber beiseite setzen könnten; dabeiliegen sie auch ihren katholischen Freunden und Verwandten immerdaran und reden ihnen zu, ihrer alten Religion weniger zu gedenken undacht zu haben, bis sie endlich sinken muß, und anderem widrigenGottesdienste Raum und Platz gegeben wurde. So war es dann fastdahin gekommen gewesen, daß nicht allein in dem Lande, sondern auchbei der Kanzlei die Katholischen von den Unkatholischen überstimmtoder abgetan, die eingelaufenen Klagen, so die katholische Religionbetroffen, unterdrücket, oder bechönigt; denen, so widrigerReligion, die Stange gehalten, diese auch wohl auf Schutz undVerteidigung vertröstet, und den Beamten auf dem Land, auch denbürgerlichen Magistraten und Untertanen, so sich noch zurkatholischen Religion bekannten, und hielten, - deren gleichwohlwenig, denn der mehrer Teil war zu den widrigen Meinungen geraten -von den vorgesetzten Amtleuten, und wer sich sonsten vor anderenetwas zu sein wollte bedünken lassen, sehr verächtlich begegnetwurde."(Fußnote: Gropp III., 326.) Die Bestrebungen desFürstbischofs, welche auf Zurückdrängung des Protestantismus

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abzielten, waren bereits im Jahre 1576 so offenkundig, daß derprotestantische Graf von Henneberg und andere protestantischeStände auf dem Reichstag zu Regensburg über Julius der Religionhalben beim Kaiser Beschwerde führten und eine kaiserlicheUntersuchungskommission verlangten. Auch des Landes gestrengeRitterschaft fhürte, wie wir später noch hören werden, im Jahre1581 bei Bischof Julius Beschwerde, weil er "in Religionssachenviel geschwinder und heftiger handle, als seine löblichen Vorfahrengetan." Nicht nur das Domkapitel, sondern auch seinefürstbischöflichen Räte und gute Freunde suchten Julius mitRücksicht auf die großen Schwierigkeiten von der weiterenDurchführung de Religionswerkes abzuhalten. Aber Julius ließ sichnicht einschüchtern und vom Jahre 1585 an ging er inReligionssachen noch viel schärfer vor. Es erging an die vonauswärts ins Hochstift gekommenen lutherischen Prediger undVolksschullehrer der Befehl das Land zu räumen. An die 120verließen daraufhin das Hochstift. Aber auch allen Unertanen wurdebefohlen, sich zur alten Kirche zu bekennen oder das hochstiftischeGebiet zu verlassen. Nun schickte sich der Fürstbischof zu einergroße umfassenden Diözesanvisitation an, um die Durchführung seinesBefehls selber zu überwachen. Auf den Dörfern hatte er schon früherMissionen abhalten lassen, wodurch immerhin viele ein anderes Bildvon der katholischen Kirche und ihrer Lehre gewannen, so daß sie inihren Schoß zurückkehrten. Auch jetzt im Jahre 1585 sandte er aufdie Dörfer des Hochstifts die Väter der Gesellschaft Jesu undandere fromme und seeleneifrige Welt- und Ordensgeistliche; erselbst aber besuchte, begleitet von 2 Jesuitenpatres, seinemWeihbischof und Hofkaplan, die Städte und Hauptorte. Damals wütetedie Pest im Lande. In Gerolzhofen allein starben 1584 gegen 300Personen an der Seuche, in Karlstadt 1585 sogar an die 1800. Juliusließ sich auch durch die Pest nicht abschrecken, sich persönlich ander Diözesanvisitation zu beteiligen. Nach Ostern 1585 begann erseine Visitationsreise in Gemünden; dann zog er nach Homburg a.h.Wern und Karlstadt. Von den Bürgern Karlstadt waren nur noch 72katholisch, dagegen 319 evangelisch. Als der Fürstbischof amChristi Himmelfahrtstag eine Prozession hielt, weigerten sich dieRatsherrn, den Baldachin zu tragen und kaum eine Person neigte dasHaupt oder erhob die Stimme zur Verehrung des allerheiligstenSakramentes. Einem Bürger aber, der sich herausfordernd an einemallen in die Augen springenden Platz mit bedecktem Hauptehingestellt hatte, ließ der Fürstbischof, erzürnt weniger über dieseiner Person als vielmehr die dem Herrn im Sakramente zugefügteMißachtung, den Hut vom Kopfe schlagen. Weiter besuchte JuliusArnstein, Werneck, Haßfurt, Hofheim und Schloß Trimberg mit denumliegenden Ortschaften. Im Februar 1586 erließ er einenReformationsbefehl nach Heidingsfeld und Dettelbach. Letztere Stadt

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besuchte dann der Bischof in der Fastenzeit desselben Jahres;desgleichen Volkach und Gerolzhofen. Im Herbst kam Julius nachMünnerstadt und Neustadt a.S. Ueberall ließ Julius die Bürgerschaftversammeln und ermahnte sie insgesamt und dann jeden einzelnen miteindringlichen Worten zur alten Kirche zurückzukehren. Jedermann,wes Standes er auch sein mochte, ließ er vor sich kommen undbesprach sich mit ihm in Religionssachen; er belehrte sie inväterliche Weise, erinnerte sie an den Glauben der Väter, beschworsie unter Tränen zur Rückkehr, drohte mit Strenge, wo dieErmahnungen fruchtlos waren. Jeden behandelte er nach seinem Standund Verhalten; bald trat er auf als Fürst, bald als Vater, bald alsLehrer und Arzt. Auch an den Orten, wo wenige Monate zuvor die Pestheftig gewütet und aus den Häusern, wo Todesfälle vorgekommenwaren, ließ er die Bürger in nicht geringer Zahl in sein Gemachkommen. Das Stadtordnungsbuch von Gerolzhofen schildert die "Aus-und Abschaffung der Augsburgischen Konfession"§ in Gerolzhofenfolgendermaßen:(Fußnote: Friedr. Sixt, Chronik der StadtGerolzhofen (Archiv des hist. Vereins. 35. Bd. (1892), 2. Heft.) S.169 ff.) Julius Echter hatte in seinem ganzen Herzogtum denSeelsorgern die Weisung gegeben, sie sollten in ihren Pfarreienihre Schäflein dahin ermahnen, von der lutherischen Lehreabzustehen und gutwillig zu der alten katholischen Religionzurückzukehren; den Amtleuten, Vögten und Kellern aber befahl erallenthalben im Lande den Untertanen zu verkünden, daß diejenigen,welche nicht frei- und gutwillig der katholischen, alten,apostolischen Religion wieder eigen werden und sein wollten, ausdem Stift ziehen müßten. Als nun solche Vermahnung und Warnung fastlänger denn Jahr und Tag gewähret, aber nur der geringere Teil derbenachbarten Bürger und Städte Folge geleistet haben, sondern jeeine Stadt, Flecken und Bürger auf die anderen hinwies und niemandder erste sein wollte, demnach ist Fürst und Herr Julius mit einemansehnlichen Gefolge, etlichen aus dem Kapitel, geistlichen undweltlichen Räten in ziemlicher Zahl am Donnerstag Nachmittag den27. Februar Anno 1586 allhie nach Gerolzhofen angekommen. Juliuseröffnete dem Stadtrat, warum er gekommen; die protestantischenMitglieder des Rates baten ihn, sie bei ihrer Religion zu belassen;denn sie hätten sie von Jugend an schon geübt. Aber derFürstbischof erklärte, er wolle Einigkeit in der Religion und keineZersplitterung haben; sie sollten sich äußern, ob sie wieder derkatholischen Religion angehören wollten oder nicht. In gleicherWeise sprach Julius auch zur Bürgerschaft und zu jedeminsbesondere. Als aber etliche vom Rat und der Bürgerschaft rundwegdem Frsten erklärten, daß sie bei ihrer lutherischen Konfessionbeharren wollten, da ordnete Julius eine Ratssitzung auf 1. Märzan; dort wurden durch drei fürstbischöfliche Räte die Abgefallenennicht allein von ihrem Ratsstand abgesetzt, sondern auch ihr Gut zu

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verkaufen und wegzuziehen geheißen. Dies Los traf den gewesenenOberbürgermeister Caspar Lösch, den Unterbürgermeister Hans Riehlund die zwei Ratsherrn Michael Görber und Johann Eichelmann,außerdem noch 71 Bürger, welche ein Vermögen von wenigsten 100000Gulden mit sich nehmend, größtenteils nach Schweinfurt zogen. Nachdem schleunigen Abzug der Ausgewiesenen vollzog der Stadtrat am 5.März 1586 die vom Bischofe anbefohlene Neubesetzung der sämtlichenübrigen Stadtämter. Solche Maßregeln waren wohl hart; allein sieließen sich schwer vermeiden, wenn Julius zum Ziele kommen wollte;denn der Fürstbischof sah voraus, daß gerade die reichen undangesehen Bürger und Magistratspersonen, die hartnäckig amprotestantischen Bekenntnisse festhielten, auch die übrigen nachseinem Abzuge durch Vorwürfe und Spott wieder zum Umfall verleitenwürden. Die Ausgewiesenen erfüllten später die Welt mit Klagen überdie Härte des Fürstbischofs. Insbesondere beschwerten sie sich, daßihnen zum Abzug zuweilen nur eine Frist von 3 oder 8 Tagenverstattet wurde und daß sie darnach zur Bestellung ihres Feldesbiszu dessen Verkauf nicht in ihre Häuser zurückkehren durften. Manvergesse nicht, daß solche Anklagen der Ausgewiesenen gegen Juliusoft leidenschaftlich übertrieben sind. Um nur den einen Punkt überdie Abzugsfrist herauszugreifen, so erhellt aus demStadtordnungsbuch von Gerolzhofen, daß der Ausweisungsbefehl schonlänger denn Jahr und Tag vorher von den Amtleuten allenthalben imHochstift verkündet worden war. Die bittere Erfahrung hatte denFürstbischof auch gelehrt, daß eine längere Abzugsfrist nur benütztwurde, um durch die Hilfe auswärtiger protestantischer Fürsten dieAusweisung zu hintertreiben. Um das Verfahren des Fürstbischofs inReligionssachen zu begreifen, sind die Vorgänge in Münnerstadtseher lehrreich, wie sie Reininger in seiner Geschichte dieserStadt geschildert hat. Daselbst war der vom Bischof 1583angeordnete katholische Gottesdienst auf alle Weise von denProtestanten gestört worden. Man öffnete nicht rechtzeitig zumkatholischen Gottesdienst, da die Kirchenschlüssel in den Händender Protestanten waren. Auch wurde der katholische Gottesdienstwenig besucht; manchmal waren nicht mehr als 6 Personen anwesend,indem viele Bewohner durch die Herren des Rats oder von bestellten"Aufpassern" von dem Besuche desselben selbst auf dem Wege dahinabgehalten wurden; Verhöhnungen und Verfolgungen hattezugewärtigen, wer der Predigt des katholischen Pfarrers beiwohnte.Manche Verwirrungen, besonders an Festtagen verursachte dieEinführung des neuen Kalenders (1583), nach welchem sich dieKatholiken richteten, während die Protestanten sich streng nach demalten hielten, da die Kalender-Verbesserung von Papst Gregor XIII.ausgegangen war. Von den vorhandenen 40 Meßgewändern wurden demkatholischen Pfarrer erst nach langem Widerstreben vomBürgermeisteramt wenige ausgehändigt. Während des katholischen

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Gottesdienstes wurde über den Kirchhof gefahren, geritten, dieSchweine usw. getrieben, geschrieen, gelärmt und getobt undallerlei Unfug geübt. Selbst die Kirche und der Hochaltar, aufwelchem die Feier des hl. Meßopfers stattfand, wurden vom boshaftenMutwillen verunehrt, mit allerlei Soptt- und Hohnsprüchen auf denPapst und die Stangen gespalten. Besonders zeigte sich der RatsherrMichael Eichorn, der zu öfteren Malen das Amt eines Bürgermeistersbegleitet hatte, äußerst tätig, die katholische Religion und ihreGebräuche lächerlich zu machen. Julius Echter sah wohl ein, daß erbei solchen Verhältnissen nicht zum Ziele gelangen werde; da nurdrei Viertel der Stadt fürstbischöflich waren, so erwarb er imJahre 1585 seinem Stifte das letzte Viertel Münnerstadts von denGrafen von Stollberg und beseitigte durch diesen Kauf dieHindernisse, welche seinem Bekehrungswerke entgegenstanden. Am 19.September 1586 kam er selbst mit 100 Pferden nach Münnerstadt,seine erst Tat war, den lutherischen Pfarrer Laurentius Bayer undden Schulmeister abzuschaffen. Dann bestellte er den Bürgermeisterund den Stadrat auf die Kellerei, wo ihnen das Begehren desFürstbischofs eröffnet wurde. Als der Bürgermeister bat, man mögedie Bürgerschaft nicht in ihrem Glauben stören und ihre Predigerund Lehrer nicht aus ihrem Aemtern verdrängen, erwiderte derBischof: "Ihr habt mir weder Ziel noch Maß zu geben, wie ich mitSchulen und Kirchen gebaren soll; denn ich bin euer Herr; so seidihr mir nicht allein in weltlicher, sondern auch in geistlichenDingen zu gehorsamen schuldig. Ich will auch keine neue Religioneinführen, sondern euch zu der alten Lehre, so von der ApostelZeiten her gewähret hat, wiederbringen. Wie lange hat euerGottesdienst gewährt? 30 Jahre und nicht viel darüber. Sollte Gott,der da spricht: er wolle bei seiner Kirche sein bis an der WeltEnde, bis auf Luthers Zeiten seine Kirche verlassen haben?" Jedochder ganze Magistrat wiederholte seine Bitte. Der Bischof abererwiderte: "Ich kann unmöglich in meinem Lande zweierlei Religionendulden. Das Stift steht und fällt mit dem katholischen Glauben.Meine Absicht ist es, euch zu dem Glauben euerer Väterzurückzuführen; und wenn euere katholischen Väter, von denen ihrgewiß nicht meint, daß sie verdammt sind, vom Tode auferstehenkönnten, so würden sie euch selbst raten, euch wiederum zu diesemGlauben zu bekennen. Hierauf ließ Julius die abgefallenen Bürgernach den Stadtvierteln auf das Rathaus kommen und gab ihnen seineGesinnung in der sanftesten und liebevollsten Sprache kund. Dannwurde jeder Bürger von den übrigen Bürgern abgesondert und einzelnvon ihm befragt, ob er zur katholischen Kirche zurückkehren wolleoder nicht. Wer sich weigerte, erhielt den Bescheid, in Monatsfristdie Stadt zu verlassen; wer hingegen den Rücktritt zur katholischenKirche versprach, mußte vom Rathaus, ohne sich erst nach Hause zubegeben, in die Pfarrkirche zur Beichte gehen. Gegen 100 Personen

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traten zur alten Kirchen zurück. Am 25. September reiste derBischof nach Neustadt a.d.S., wo er in ähnlicher Weise diewidersprenstigen Untertanen zu bekehren versuchte. Aber es währtenoch ein volle sJahr und kostete noch manchen harten Kampf, bissämtliche Bürger Münnerstadts zum alten Glauben zurückgeführtwaren. Die Vorstände der Bürgerschaft und ein großer Teil derBürger blieben hartnäckig bei der protestantischen Lehre undsuchten auch die Zurückgekehrten wieder zum Abfalle zu bringen. Siehielten sich an Stelle ihres abgesetzten Pfarrers sogenannteHausprediger, welche in den Bürgerswohnungen umherschlichen und zumFesthalten an dem Protestantismus ermahnten. Auch unterhielten siegegen das ausdrückliche Verbot des Fürstbischofs einen beständigenSchriftwechsel mit den Räten des protestantischen Grafen vonHenneberg in Meiningen. Von Meiningen aus wurden sie ebenfalls zurStandhaftigkeit, Einigkeit und Ausdauer ermahnt und ihnen dieZusicherung gegeben, daß man gemeinsam mit anderen protestantischenFürsten Deutschlands bei Julius Beschwerde führen werde. Nun sandteJulius im Anfange des Jahre 1587 drei Patres von der GesellschaftJesu nach Münnerstadt und diese gaben sich alle Mühe, die Verirrtenin den Schoß der katholischen Kirche zurückzuführen. DerFürstbischof hatte in solchen Fällen auch den protestantischGebliebenen den Besuch des katholischen Gottesdienstes unterFestsetzung von Geldstrafe zur Pflicht gemacht. Denn es sollten dieAbgeirrten an Stelle des Zerrbildes, welches ihnen von der Kirche,ihrer Lehre und ihrem Gottesdienste beigebracht worden war, nunmehrdurch die katholische Predigt die Erkenntnis gewinnen, wielichtvoll, heilig und uralt die katholischen Glaubenssätze und wiesinnvoll und herzerhebend der verlästerte katholische Gottesdienstsei. Auch sollten diejenigen, welche anfangs mehr aus Furcht vorStrafe als aus Ueberzeugung zurückgekehrt waren, nun mehr ihresSchrittes innerlich froh werden. Ueber ein halbes Jahr wirkten dieJesuiten in Münnerstadt, aber es blieben immer noch eine AnzahlBürger hartnäckig und suchten nach wie vor Rat und Schutz beiauswärtigen protestantischen Fürsten; es wurden daher dieRädelsführer auf den 8. Juni zur fürstlichen Kanzlei nach Würzburgbeschieden und über mehrere Punkte befragt und zum letzten Malaufgefordert, dem Bischof in Religionssachen Gehorsam zu leisten.Allein sie erklärten, niemals die Augsburgische Konfession zuverlassen. Hierauf erhielten sie nochmals 6 Wochen Bedenkzeit;würden sie in dieser Frist nicht zur katholischen Kirchezurückkehren, so hätten sie die Stadt und das Stift zu verlassenund innerhalb eines Jahres ihre Güter zu veräußern. Aber erst am 4.November erhielten die Ungehorsamen tatsächlich den Befehlzugestellt, innerhalb eines Monats, die zwei Rädelsführer aberbinnen 14 Tagen die Stadt zu verlassen. So wanderten gegen Ende desJahre 1587 gegen 80 Bürger nach Schweinfurt, Koburg, Meiningen und

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anderen protestantischen Ortschaften aus.(Fußnote: Reininger,Münnerstadt, 1852, S. 184-190.) Zuletzt führte Julius Echter seineHauptstadt Würzburg zur Glaubenseinheit zurück. Im März 1587beschied er den Bürgermeister und Rat zu sich, weil einigeRatsmitglieder dem Protestantismus zuneigten und ermahnte sie inGegenwart der Domkapitulare zur Einmütigkeit im Glauben undGottesdienst der frommen Voreltern. Aber die protestantischenRatsmitglieder gaben eine Antwort, die auf eine Gesinnungsänderungwenig Hoffnung übrig ließ; sie blieben auch in der Folgehartnäckig, so daß vier derselben die Stadt verlassen mußten. Nunteilte Julius die einzelnen Pfarreien verschiedenen Kommissionenzu, die aus Geistlichen, fürstbischöflichen Beamten und Stadträtenbestanden. Ein Bürger nach dem anderen wurde wieder verhört und esfand sich, daß dem Protestantismus fast die Hälfte der Bürgeranhing, meist solche, die von auswärts zugezogen und solche, die inWohlstand gekommen waren. Viele Bürger kehrten auf dieVorstellungen hin zur Kirche zurück; von mehr als 600protestantischen Bürgern der Dompfarrei weigerten sich nur 73. AmOsterfeste reichte der Fürstbischof selber im Dom in den übrigenKirchen aber der Weihbischof, die Aebte und Prälaten denNeubekehrten die hl. Kommunion; im Juliusspital aber ließ derBischof sehr viel arme Leute speisen. Doch auch in Würzburg konnteein guter Teil der Bürgerschaft erst nach längerer Zeit durch vieleAnstrengungen der Geistlichkeit gewonnen werden; bei etlichen aberwaren alle Bemühungen vergebens und sie wanderten aus. Die Freudedes Fürstbischofs Julius und aller Katholiken über die Erfolge derDiözesanvisitation war groß; innerhalb dreier Jahre (1585-87) waren14 Städte und 200 Dörfer mit 62000 Einwohnern zur katholischenKirche zurückgekehrt. Als der Fürstbischof am Gründonnerstag 1586in Volkach die hl. Messe las, und 460 Zurückgekehrten die hl.Kommunion austeilte, brachen viele in Tränen aus vor Freude undVerwunderung über das nie gesehen Ereignis. Die Lutheranerfreilich, besonders die vertriebenen Prediger und dieAusgewanderten waren voll Erbitterung gegen Julius. Aber selbstruhiger Denkende gestanden: Wie hart auch der Bischof von Würzburgdie Evangelischen seines Landes bedrängt, so ist doch lobenswert,daß er mit solcher Arbeit und Inbrunst für seinen Glaubenselbsteigen ans Werk geht und sich solcher Mühsalen dafürunterzieht, wie man es bei den vornehmen Prälaten und fürstlichenHerren mit ihrem Pomp und ihrer Pracht nicht viel gewahr geworden.

Des Bischofs Julius Mitstreiter

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Große Herrscher wissen die bedeutenden Männer ihres Landes alsWerkzeuge zu ihren Plänen auszuwählen und jedes Talent an denrichtigen Platz zu stellen. So auch Fürstbischof Julius. Ohnetüchtige Mitarbeiter hätte es ihm nie gelingen können, denverödeten Weinberg des Herrn im Frankenland wieder neu zubestellen. Treue Stützen fand der Bischof in seinen Weihbischöfen,den Vätern der Gesellschaft Jesu und einer Reihe vonWeltgeistlichen, von denen wir einige im Folgenden näher kennenlernen wollen. 1. Die drei Weihbischöfe. Weihbischof Anton Reschaus dem Prdiger-Orden hatte schon dem Fürstbischof Friedrich vonWirsberg rühmlichste Dienst geleistet; von Köln berufen, hielt erseit 1563 theologische Vorlesungen und wurde 1567 wegen seinerbesonderen Verdienste zum Geistlichen Rat und Weihbischof ernannt.Auch Julius schätzte den gelehrten und tätigen Professor undWeihbischof und ernannte ihn bei der feierlichen Eröffnung derUniversität zum Dekan der thoelogischen Fakultät; er starb am 23.Januar 1583. Sebastian Pollinger, Pfarrer an der Frauenkirche zuIngolstadt, wurde 1584 sein würdiger Nachfolger als Weihbischof.Die hl. Weihen pflegte er in der Regel in der Schottenkirchevorzunehmen. In den Jahren 1585/87 beteiligte er sich an derDiözesanvisitation. In den zwei nächsten Jahren bekleidete er dasAmt eines Rektors an der Universität. Er starb auf der Rückreisevon Rom am 8. Juli 1590 zu Brixen. Nach seinem Tode hatte Juliusmehrere Jahre lang keinen Weihbischof angenommen und verrichteteselbst alle bischöflichen Weihehandlungen: erst im Jahre 1597 wurdeEucharius Sang zur Würde des Weihbischofs erkoren. Derselbe, zuMellrichstadt geboren, studierte in Würzburg und trat am 11. Juli1574 ins geistliche Seminar. Seine Landsleute erbaten ihn nochwährend seiner Studienzeit als Schulmeister für Mellrichstadt;allein der Fürstbischof wollte ihn wegen seiner Talente für dieStudien erhalten wissen und sandte ihn zur weiteren Ausbildung nachRom in das Deutsche Kolleg. Bald nach seiner Rückkehr von Romernannte er ihn zu seinem Hofkaplan und geistlichen Rat und alssolcher begleitete er den Fürstbischof auf jenerDiözesanvisitationsreise. Auch übertrug er ihm dieHofpredigerstelle und ein Kanonikat am Kollegiatstift zu Haug. Ander Erziehung des jungen Klerus nahm er hervorrangenden Anteil. ImJahre 1587 wurde er Professor der Moraltheologie und 1591 zumDoktor der Theologie promoviert. Er war auch Regens desKlerikalseminars, Dekan der theologischen Fakultät und bekleidetedreimal die Rektoratswürde. Da der gelehrte Mann bei seinemSeeleneifer auch über eine glänzende Rednergabe verfügte, sandteihn Julius mehrere Jahre nacheinander in die Rhöngegenden, um dortMissionen abzuhalten. Unter Beihilfe des geistlichen Rates Malervisitierte er die Pfarreien und Kirchen, Schulen und Kapellen inden Aemtern Wildberg, Königshofen i. Grbf., Mellrichstadt und

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Neustadt, belehrte die Gläubigen, ermahnte die Hirten zurWachsamkeit, führte irrende Schäflein zur Herde zurück understattete dem Fürstbischof über die wahrgenommenen Mängel Bericht.Dieser liebte und schätzte den vielseitigen und seeleneifrigenPriester und erhob ihn i.J. 1597 in Anerkennung seiner Verdienstezum Weihbischof; er weihte ihn selbst am Fest Mariä Geburt 1599.Während eines Zeitraumes von zwanzig Jahren versah nun Dr. EucharSang in angestrengtester Tätigket das weihbischöfliche Amt und fastjede Stadt und jedes Dorf der weiten Diözese war Zeuge derselben.Denn gerade in dieser Zeit hat Julius so viele Kirchen teils neuerbaut, teils erweitert und Euchar Sang weihte sie großenteils ein.Am 11. März 1620 beschloß er sein tatenreiches Leben. Nicht langevor seinem Tod hielt er vor Fürstbischof Johann Gottfried einebegeisterte Rede, in welcher er den Sieg der katholischen Kirche inFranken durch Julius Echter feierte. Sie führte den Titel:Triumphus Franconiae. In seinem Testamente vermachte er dem vonJulius geplanten Knabenseminar zu Münnerstadt 4000 Gulden. 2. DieVäter der Gesellschaft Jesu. Wie nützlich die Jesuiten demFürstbischof in seiner Reformtätigkeit waren, zeigt ein Bericht desRektors Franz Rapedius aus Würzburg an General Aquaviva vom 20.April 1586: "Der Bischof wünschte unsere Hilfe in weitgehenderWeise für die Zurückführung seiner Untertanen zur katholischenKirche. Wir konnten einem solchen Wunsche nicht entgegen sein, undso mußten oft zwei, zuweilen drei, in den letzten drei Wochen umOstern sogar sieben Priester an verschiedenen Orten tätig sein. Siehaben eine große Menschenmenge mit der Kirche ausgesöhnt. Einerallein aus unseren Priestern hat mit Herrn Eucharius Sang, einemZögling des Kollegium Germanikum, 2500 von der Häresie absolviertund ihnen die hl. Kommunion gereicht. Einem anderen gelang es durchseine Predigten und Besprechungen eine ganze Stadt zur Kirchezurückzuführen. Nur wenige waren es, die sich ausschlossen; diesemußten das Land verlassen. Aehnlich glücklich waren die Erfolge derübrigen Patres und geradezu einzig die Gewandtheit und das Glück,welches P. Gerard (Phyen aus Wellen), der bischöfliche Hofprediger,bei diesen Arbeiten hatte. Lange Zeit ist er auf diesem Felde tätiggewesen, große Mühen und oft auch Gefahren hatte er ausstehenmüssen; die Erfolge waren aber auch ausgezeichnet; denn dreiVogteien, jede mit vielen Dörfern und Städten hatte er unter großenAnstrengungen zur Annahme des katholischen Glaubens bewogen,darunter zwei volkreiche Städte, die sehr hartnäckig waren. Einedavon hatte sich sogar dem Bischofe, der selbst dort tätig war,offen widersetzt, so daß es bald zum Aufstand gekommen wäre. DieGradheit und Offenheit aber des einen Pater Gerard und seinunablässiges Drängen gelangten zum Siege... Die Leute ergaben sichund schlossen sich sogar mit Bereitwilligkeit der Kirche an." Miteinem Begleiter eilte P. Gerhard zu Fuß von Dorf zu Dorf ohne Stab

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und Tasche. Viele Nachstellungen wurden ihm bereitet. Man brachteunter das Volk das Gerücht, daß er gar kein Mensch, sondern einböser Geist mit einem Bocksfuß sei; er wurde so verlästert, daß dieMütter ihre kleinen, unartigen Kinder mit seinem Namen zu schreckenpflegten. Auch wurde er zum Spott auf die Bühne gebracht. P.Gerhard war in Würzburg selbst nicht bloß ein gern gehörterPrediger, sondern auch ein vielbegehrter Beichtvater. Er strengtesich bei diesen seelsorgerlichen Arbeiten über seine Kräfte an. DerBischof sandte ihn auch wiederholt zu seinem erkrankten ältestenBruder Adolf nach Mespelbrunn als geistlichen Beistand. Wie beliebtP. Gerhard in Würzburg war, ersieht man aus dem Eintrag desWürzburger Tuchscherers Jakob Röder in seinem Kalender zum 25.August 1614: "Ist der ehrwürdig alt Pater Gerhard gestorben, derder ganzen Stadt mit Seel- und Leibsarznei lange Zeit mit großemLob gedient hat." 3. Johannes Molitor. Zu den eifrigsten Apostelnim Frankenland zählt auch Johannes Molitor aus Dettelbach; er wargeboren am 16. März 1576 als Sohn armer Leute; der kleine Johanneshätte gerne studiert, aber sein lutherischer Vater erlaubte esnicht; das entfloh der Knabe nach Würzburg ins Jesuitenkolleg;wegen seiner schönen Stimme fand er Unterkunft als Chorsänger imSt. Stephanskloster. Nach seiner Priesterweihe wirkte er ums Jahr1600 zwei Jahre in seiner Heimat Dettelbach als Pfarreiverweser undführte viele Landsleute, unter ihnen auch den eigenen Vater, zurkatholischen Kirche zurück; 1602 kam er als Pfarrer nach Fladungen,das fast ganz protestantisch war. Durch seine heiligmäßigeLebensweise und seine große Sanftmut gewann er nach und nach dieHerzen seiner Pfarrkinder. Um jeden Verdacht abzuschneiden, nahm erkeine Frauensperson in Dienst, wohnte allein und ließ sich dasEssen von braven Bürgersleuten holen. Klein war sein Einkommen,sagt die alte Lebensbeschreibung von ihm, aber hochherzig immersein Sinn; jung an Jahren war er ehrwürdig durch seineSittenstrenge, tiefe Gelehrsamkeit und sein heiliges Leben. Nachsechsjähriger Tätigkeit hatte er 600 Pfarrkinder in Fladungen zurKirche zurückgeführt. An dem "guten Johannes", wie ihn die Leutenannten, sieht man, was ein einziger Mann mit den sanften Waffendes Evangeliums vermag. Doch endlich erlag er seinen Arbeiten; erwurde krank, Bischof Julius rief ihn zurück und übertrug ihm einBenefizium zu Neumünster in Würzburg. Als er sich wieder etwaserholt hatte, ernannte ihn der Fürstbischof i.J. 1608 zum Pfarrerund Spitalmeister am großen Julius-Spital. In diesem Amt bewährteer sich als einen ebenso guten Haushalter wie eifrigen Seelsorger.Der allerseligsten Jungfrau Maria war er mit kindlicher Liebezugetan und beförderte ihre Verehrung, wo er nur konnte. DieMarianische Akademikersodalität erwählte ihn deshalb zu ihremPräfekten. Als im Jahre 1612 die erledigten Wertheimer Lehen ansHochstift zurückfielen, sandte Julius unseren Johann Molitor nach

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Marktheidenfeld, das unter den Grafen von Wertheim dieprotestantische Lehre angenommen hatte. Die Bürger waren ihmanfangs sehr feindselig gesinnt; es ärgerte sie schon sein Anblick.Als er einst vom Kloster Triefenstein zurückkehrend Marktheidenfeldgegenüber an die Ueberfahrt des Maines gekommen war, wollte ihnniemand über den Fluß ans andere Ufer setzen; geduldig warteteMolitor lange Zeit, indes man ihn verhöhnte; endlich legte er diemüden Glieder am Ufer zur Ruhe nieder ohne Groll im Herzen. Diesehimmlische Sanftmut rührte endlich das Herz eines Schiffmanns, daßer seinen Kahn losband und Johannes Molitor herüberholte.Mutwillige Knaben schrien ihm die Schimpfwörter nach: SchlechterPfaff! Schlechter Pfaff! Da klagte Molitor einst dem Fürstbischofsein Leid; dieser kluge Menschenkenner aber überreichte dem sanftenApostel von Marktheidenfeld einen Beutel voller Münzen und befahlihm lächelnd, die Münzen unter die Buben zu werfen, sobald siewieder ihren Mutwillen mit ihm treiben wollten. Das Mittel halfsofort. Nicht nur hörten die Verspottungen auf, sondern dieFreigebigkeit gewann ihm die Knabenherzen, daß sie ihm von da anmit größter Achtung begegneten. Seine Liebe und Sanftmut überwandendlich auch in Marktheidenfeld alle Schwierigkeiten, so daß dieEinwohner ihren lutherischen Prediger, der sie von Johannes Molitorzurückhielt, bald selber verwünschten. Nachdem er Marktheidenfelddem alten Glauben wiedergewonnen, kehrte der eifrige Pfarrer insJuliusspital nach Würzburg zurück; er fühlte sich jedoch in derWelt nicht mehr glücklich und trat ins Kloster Triefenstein ein; zudessen Propst er im Jahre 1616 erwählt wurde. Ueber 20 Jahrebekleidete er diese Würde und erwarb sich um das Kloster diegrößten Verdienste; er starb im Rufe der Heiligkeit, 64 Jahre alt,am 20. August 1639. 4. Jodokus Wagenhauber. Zugleich mitMarktheidenfeld fiel auch Lengfurt als erledigtes gräflichwertheimisches Lehen ans Hochstift zurück. Dorthin sandte nunJulius im Oktober 1612 den Doktor der Theologie Jodokus Wagenhauberaus Fladungen, um auch diesen Ort der Kirche wieder zu gewinnen.Jodokus Wagenhauber war ein ausgezeichneter Mann, geschmückt mitTugend und Gelehrsamkeit, zugleich ein hervorragender Redner.Julius Echter hatte ihm 1607 zu Neumünster ein Kanonikat übertragenund ihn später zu seinem Kaplan und Hofprediger ernannt. Mitapostolischem Eifer widmete sich Wagenhauber dem Bekehrungsgeschäftund schon im März 1613 konnte in Lengfurt ein katholischer Pfarrerständig eingesetzt werden. 1617 wurde Wagenhauber Generalvikar und1620 Weihbischof; er starb im Jahre 1635, nachdem er seine letztenJahre infolge des Schwedeneinfalles in Sorgen und in der Verbannungzugebracht hatte.

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Die Gebietserweiterungen

In jener Zeit, wo der Grundsatz galt: Wessen das Land, dessen auchdie Religion! konnte ein Bischof nur dann siner KirtenstimmeEingang und Gehorsam verschaffen, wenn die Schäflein zugleich seineUntertanen waren. Wir hörten bereits, wie Julius deswegen genötigtwar, erst das letzte Viertel von Münnerstadt anzukaufen, bevor erder katholischen Kirche daselbst das alte Recht wieder bringenkonnte. Aehnlich war es anderwärts. Auf der Diözesanvisitationhatte der Fürstbischof i.J. 1585 auch Hofheim besucht. Der dortigekatholische Pfarrer hatte einen schweren Stand. Denn dieprotestantischen Herrn von Fuchs hatten das Patronatsrecht auf diePfarrstellen von Hofheim und dem benachbarten Schweinshaupten; siepäsentierten jedoch nur protestantische Prediger, und als Juliusdaraufhin einen katholischen Pfarrer für Hofheim einsetzte,verweigerten sie ihm die Belehnung und den Zehnt. Schweinshauptenwurde so 1609 der alten Kirche abtrünnig. Um Hofheim zu retten,kaufte Julius u.J. 1613 dem Ritter Adam und Hans Wilh. Fuchs dasKirchenlehen (Patronatsrecht) und all ihren Besitz in Hofheim ab.So richtete der Fürstbischof überall sein Auge darauf, demHochstift möglichst viel Gebiet zu erwerben; dies lag ebenso imInteresse des Staates wie der Kirche. Denn jede Gebietsabrundungund Erweiterung stärkte die Macht des Fürstbischofs sowohl nachinnen wie nach außen. An Gelegenheit zu solchen Gebietserwerbungenfehlte es dem Fürstbischof in seiner 44jährigen Regierung nicht;denn einerseits hatte seine weise Verwaltungskunst die Finanzen desHochstiftes in Ordnung zu bringen und Geldmittel zu Einlösung alterverpfändeter und zum Ankauf neuer Rechte und Güter flüssig zumachen gewußt, andererseits war der Adel meist verschuldet unddaher infolge seiner Geldnöte zm Verkauf geneigt. Ferner zog Juliusdie an Adelige übertragenen Lehen des Hochstifts, wo immer siedurch Todesfall erledigt wurde, für das Land selber wieder ein.Dadurch lud sich zwar Julius die Erbitterung der Ritterschaft auf,aber gewann dem Hochstift viele Städte und Dörfer zurück. Es warnun eine merkwürdige Fügung, daß die drei mächtigstenHerrscherhäuser Frankens innerhalb eines Menschenalters raschhintereinander erloschen, nämlich das Grafenhaus von Wertheim 1556,Rieneck 1559 und Henneberg 1583. Große Bestandteile ihres Gebietes,die dem Hochstift lehnbar waren, fielen daher unter Julius zurück.In anderen Fällen gewann der Bischof neue Erwerbungen durchVergleiche und Verträge mit Nachbarfürsten. Ueberall suchte aberJulius das neu erworbene BEsitztun ebenso zum alten Glaubenzurückzugewinnen, wie es unter den früheren Herren in die neueLehre gekommen war. An verpfändeten Ortschaften löste Julius ein:Großlangheim, die Hälfte von Nüdlingen und das Dorf Hohn beiAschach, die Reichsdörfer Gochsheim und Sennfeld. Durch Vertrag vom

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Jahre 1585 trat Julius STadt und Amt Meiningen, ein altes WürzburerLehen, an die Erben der Grafen von Henneberg, nämlich das HausSachsen, ab und tauschte dafür die folgenden HennebergischenOrtschaften ein: Hendungen, Hard, Eussenhausen, Großbardorf mitWenkheim, Eibstadt, Poppenlauer, Stadtlauringen, Brüchs,Niederlauer, Maßbach, Sulzfeld i.Gr und Mühlfeld. Im Jahre 1601erklärte Julius das Rienecksche Lehen nach dem Tode des ErbenGrafen zu Isenburg-Büdingen für heimgefallen und ergriff Besitz vomKlosteramt Schönrain, zu dem die Gemeinde Hofstetten gehörte, dieer zur Pfarrei erhob. Größere Schwierigkeiten machte demFürstbischof das Wertheimische Lehen. Nach dem Tode des letztenGrafen von Wertheim (1556) gingen dessen Güter an seine GemahlinKatharina, eine geborere Gräfin von Stollberg-Königstein und durchdieselbe an ihren Vater über. Da der Graf keine Söhne besaß, setzteer 1556 in einem Vertrage fest, daß die Erbfolge in den Lehen aufseine beiden älteren Töchter übergehen sollte, von denen die einemit Graf Eberstein und die andere mit Graf Manderscheid vermähltwar. Die jüngst Tochter Anna, die i.J. 1567 den Grafen Ludwig v.Löwenstein heiratete, war im Vertrag gar nicht genannt. Im Jahre1589 starb nun die Gräfing Kath. v. Eberstein kinderlos; dieErbfolge sollte nun vertragsgemäß auf ihre nächstältere SchwesterElisabeth übergehen. Da nun aber auch Graf v. Löwenstein denMitbesitz der Lehens-Güter für seine Gemahlin Anna verlangte,widersetzte sich Julius der Forderung. Es folgte ein achtjährigerKrieg zwischen Wertheim und Würzburg Im Jahre 1612 starb auch diezweite Schwester Elisabeth kinderlos und nun zog der Fürstbischofdie Wertheimischen Lehen ein. So kamen an Würzburg unter anderemdie Städte und Dörfer Freudenberg (jetzt Großherzogtum Baden),Lengfurt, Marktheidenfeld, Remlingen, Laudenbach a.M., Büttelbrunn,Tiefenthal und Wüstenzell. Sehr beträchtlich waren auch dieBesitzungen, welche Julius durch Kauf von den Herrn von Grumbach andas Hochstift bracht. Im Jahre 1593 erwarb er nämlich Schloß undDorf Rimpar und machte das ehemalige Schloß des Bischofsmörders zuseiner Sommerresidenz; ferner das Dorf Bergtheim, Schloß undOrtschaft Burggrumbach. 1597 kaufte er auch Dipbach. Man berechnetediese Einlösungen und Ererbungen an Gütern und Rechten auf eineSumme von über 630000 Gulden.

Julius und die fränkische Ritterschaft

Fürstbischof Julius und seine Brüder waren Zierden des Adels. Wieder Stiftungsbrief des Julianums zeigt, hatte der Bischof eine hoheAuffassung vom Adelstand und trug eine besondere Zuneigung zudemselben; jedoch sein straffes Regiment gefiel dem Adel Frankens

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nicht; insbesondere grollte er ihm über seinen Eifer imReligionswerk; denn fast die gesamte fränkische Ritterschaftbekannte sich zur Lehre Luthers. Auch zürnte sie ihm, weil er dieerledigten Lehen nicht weiter an Adelige vergab, sondernunmittelbar für das Hochstift einzog. Auf einem Rittertag am 17.Januar 1581 zu Kitzingen wurde beschlossen, dem Fürstbischof durcheine Abordnung die Beschwerdepunkte vorzutragen. Nur derRitterkanton des Odenwaldes beteiligte sich nicht. Unter denBeschwerdeführern waren sogar eine Anzahl bischöflicher Lehens- undAmtsleute, so der Amtmann von Trimberg, Uffenheim und Ebenhausen.Ihre Forderungen waren nicht eben bescheiden: Gänzliche Abschaffungdes geistlischen Rates, Wiedereinsetzung der abgesetztenlutherischen Beamten und Entfernung der päpstlichen, welche stattihrer angestellt worden waren; ferner Verjagung der Jesuiten ausdem Hochstifte, Anstellung eines lutherischen Predigers an derMarienkapelle zu Würzburg, das Begräbnis verstorbener lutherischerReligionsverwandten in geweihter Erde, die Zulassung, daß dieLandpfarrer sich Weiber nehmen und sie ehelichen dürften. Auch demDomkapitel überreichte die Ritterschaft ein Beschwerdeschrift, inwelcher sie eine scharfe unf beleidigende Sprache gegen denFürstbischof führte; so hieß es darin: Zwischen den weltlichen undgeistlichen Fürsten ist ein großer Unterschied; denn die weltlichenFürsten sind Erbherren ihrer Land und Leute, die Geistlichen aberwerden zur fürstlichen Hoheit gewählt und in ein Land gesetzt, dasie von ihren Eltern nicht einen Stecken haben, sondern es ist vonanderen erlangt und gewonnen worden; das vertraut man einem inWahrheit nicht dergestalt an, daß er nach seinem freien Willenregieren soll oder die Inwohner des Landes, heute diesen, morgeneinen anderen nach seinem Gefallen unbilliger Weise beschweren. DasDomkapitel wollte sich zu Gemüte führen, in welcher Gefahr infolgedieser beschwerlichen Regierung das Stift stehe, und wenn sich eineNot zutragen sollte, ob sich auch das Stift einiges Trostes oderHilfe zu versehen hätte. Schließlich drohen die Ritter mitBeschwerde beim Kaiser und eigener Abwehr, was immer auch kommenmöge. Dem Fürstbischof konnte diese gereizte und feindlicheStimmung unter der Landes-Ritterschaft nicht gleichgiltig sein.Denn im Deutschen Reiche hatten sich infolge der Glaubensspaltungdie Gegensätze auf Messersschneide zugespitzt und das Hochstift warfast ringsum von feindlichen Nachbarn umgeben. Julius brauchte deninneren Frieden zu seinen Reformen. Nun drohten die Ritter selberdmait, im Falle ines feindlichen Einfalles den Fürstbischof imStiche zu lassen oder gar sich mit dem religionsverwandten Feind zuverbünden. So hatte ja schon im Markgräflerkrieg dasprotestantische Schweinfurt dem Brandenburger die Tore geöffnet unddie Stadt war ein Stützpunkt für seine Raubzüge ins Frankenlandgeworden. Auch nachmals im dreißigjährigen Krieg schlossen sich die

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Protestanten dem Schwedenkönig Gustav Adolf an, der gegen Kaiserund Reich Krieg führte. Die Beschwerdeschrift der Ritterschaftmußte ferner aufreizend auf das Domkapitel einwirken, das sich drchdie Bande des Blutes und die gemeinsamen Standesinteressen mit demAdel eng verbunden fühlte. Das Domkapitel stand ohnedies demFürstbischof so oft bei der Durchführung seiner großen Plänehindernd im Wege; es mußte die Beschwerden der Ritterschaft seinenWiderstand nun erst recht steigern. Allein gleichwohl ließ sichJulius nicht einschüchtern, sondern begegnete den Rittern, wie erselber in seiner Antwort sgte, mit Mannheit und Geduld. Er lud siezu Tische ein; dann ließ er ihnen mündlich und schriftlicherwidern: "Ich werde mich nicht in der Stube, auch nicht vor meinenDienern und Lehensleuten, sondern öffentlich vor der höchstenObrigkeit verantworten und wenn ich im Unrecht befunden, so willich in der Lücke stehen; wenn aber die Ankläger Unrecht haben, somüssen sie nach Gebühr bestraft werden. Ich bin nicht der Meinung,daß ein Diener daher stehe und seinem Herrn unter die Augen sage:wenn du es nicht machen willst, wie ich will, so will ich dichhinausstoßen oder absetzen. Man hat es bei Bischof Friedrich auchversucht, es ist aber nicht angegangen. Obschon die Sauen grunzen,so hat man doch nicht bald gehört, daß sie ihre Hirten gefressenhaben. Ich habe als Bischof, wie man sehen kann, viel Mühe undArbeit, aber wenig Ruhe und man betrachtet mich als Wetzstein, amden sich jedermann schleift, und den man, wenn man ihn gebrauchthat, auf die andere Seite legt. Das lasse ich mir aber nichtbieten. Was die Religionssache anbelangt, so habe ich michjederzeit dem (Augsburger) Religionsfrieden gemäß verhalten; ichtue nur meine dem Hochstift und dem Domkapitel angelobte Pflicht,wenn ich mich meiner geistlichen Gewalt und Rechte bei Besetzungder Pfarreien und Pfründen, sowie es des Stifte Nutzen erheischtbediene. Ich suche nur die Erhaltung der Religion, auf welche dasStift gebaut ist. Es muß aber bei allen Fürsten des Reiches undzwar sowohl der einen wie der anderen Religion wohl Aufsehenmachen, daß sich eine gute Anzahl derer vom Adel, darunter auchfürstliche Würzburgische Lehensleute und Diener, dergestaltzusammentun und einen geistlilchen Reichsfürsten mit allerleischweren Vorhalten erinnern wollen, wessen er sich inReligionssachen zu verhalten habe. Ich fürchte weder dieRitterschaft noch die Landschaft." Aber bereits für den 23. Aprillud die Ritterschaft des Rhön-Werrakkreises in einem gedrucktenRundschreiben, in dem Julius als Unterdrücker derritterschaftlichen Freiheiten bezeichnet wurde, zu einem neuenRittertag nach Münnerstadt ein. Julius war über diese neuenBeschuldigungen so erzünt, daß er Klage beim Reichskammergerichtwegen Verleumdung erheben wollte. Er gab jetzt auch dem KaisedrRudolf II. Kenntnis von dem Vorgehen der Ritterschaft und dieser

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verwies ihr Verhalten gegen den Bischof. Auch der BayernherzogWilhelm V. erfuhr von den Beschwerdeartikeln derselben und bat umBericht. Julius willfahrte gerne mit der Versicherung, daß er inReligionssachen nicht zu weichen gedenke. Solche Gesinnung lobteder Herzog und erbot sich als Bundeshauptmann des LandsbergerBundes dem Bischof zu Hilfe zu eilen, falls die Ritter etwas gegenihn ins Werk setzen sollten. Die Ritterschaft wurde zwar in derFolge etwas bescheidener, aber sie erneuerte von Zeit und Zeit ihreProteste; besonders beschah dies im Jahre 1586, als der Bischof diegroße Diözesanvisitation abgehalten hatte. Auch diesmal schriebJulius ans Domkapitel: Weil die Klagen der Ritterschaft dieReligion und damit eine Sache betreffen, von welcher der UntertanenGlück, Heil und Wohlfahrt abhängt, will ich in meiner Antwort nichtgerne gar zu leise gehen.

Die protestantischen Reichsfürsten wider den Bischof

Wie die Ritter, so nahmen auch die protestantischen FürstenStellung gegen den Fürstbischof Julius in Sachen der Religion.Vielfach hatten sich dessen Untertanen um Rat und Schutz an dieglaubensverwandten auswärtigen Regierungen gewandt. Von allenSeiten bestürmten nun im Jahre 1586 nicht weniger als 12 deutscheReichsfürsten den Würzbruger Bischof mit Abmahnungsschreiben undProtestschriften gegen sein Religionswerk. Den drohendsten Tonschlug der Landgraf Wilhelm von Hessen-Kassel an; er wollte dieprotestantischen Fürsten zu einer gemeinsamen Kundgebung gegenWürzburg vereinigen und wandte sich zu diesem Zwecke im Mai 1586 anden Kurfürsten Christian von Sachsen. Dieser aber riet, es sollejeder Fürst einzeln oder durch einen Gesandten bei Julius EchterVorstellungen erheben und sandte selber Ende Juni einen seinerRäte, Abraham Bock, nach Würzburg. Julius aber beteuerte demselben,es sei sein Bestreben, die bisherigen freundschaftlichenBeziehungen zum Kurfürsten fortzusetzen; er habe sich bei seinemVorgehen in Religionssachen ganz nach den Bestimmungen desAugsburger Religionsfriedens verhalten und werde die Rechte andererReichsstände Augsburgischer Konfession nicht beeinträchtigen. Mitähnlichen begütigenden Versicherungen beschwichtigte Julius denKurfürsten Christian und Herzog Friedrich Wilhelm von Sachsenspäter nochmals, als sie sich der Münnerstädter und der ehemalsHennebergischen Döfer Hendungen und Eussenhausen annahmen, alsdiese auch wieder zur katholischen Religion zurückgebracht werdensollten. Außer diesen beiden hatte noch an Julius geschrieben derKurfürst von Brandenburg, die Pfalzgrafen Johann Casimir undPhilipp Ludwig, der Landgraf Wilhelm von Hessen und sein Bruder

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Ludwig, Herzog Ludwig von Württemberg, Herzog Johann Casimir vonSachsen, Markgraf Georg Friedrich von Brandenburg, Markgraf Jakobvon Baden, Fürst Joachim Ernst von Anhalt. Julius beantwortete alleSchreiben in versöhnlichem Tone, um keinen der Fürsten noch mehr zureizen! Denn es hätte dem Hochstifte über ergehen müssen, wenn die12 protestantischen Fürsten sich zu einem gewaltsamen Vorgehengegen Würzburg vereinigt hätten. Das Hochstift war für sich alleinnicht wehrhaft und die geistlichen Fürsten der Nachbarschaftkonnten ebenfalls wenig Beistand leisten. Einzig und allein derHerzog Wilhelm von Bayern, bei dem Julius zovor durch eineGesandtschaft um Hilfe für den Fall der Not nachgesucht hatte, warein starker Bundesgenosse und versprach auch im Dezember 1586, daßer mit dem Landsberger Bund ihm beispringen werde, wenn er um desReligionswerkes willen von irgend einer Seite angegriffen werdensollte. Auch der Papst Gregor XIII. verhieß dem Würzburger Bischoffür diesen Fall Geld- und jede andere mögliche Hilfe; er schrieb indieser Sache auch an den Kaiser und an den Herzog von Bayern. Diegeistlichen Nachbarfürsten aber taten, wie die alteLebensbeschreibung sagt, Besseres oder Mehreres nicht als daß siezusahen und warteten, wo hinaus es mit Bischof Julius Unternehmengeraten wollte. Teils begehrten sie auch Abschriften von seinenAntwortschreiben and die Fürsten. Nur des Julius Vertrauter,Neidhart von Thüngen, Domdechant von Würzburg, ahmte das Beispielseines Freundes nach, als er im Jahre 1591 den bischöflichen Stuhlvon Bamberg bestiegen hatte. Also hatte Julius bei vielerWiderwärtigkeit und wenigem Trost, aber mit vieler Frucht bei denUntertanen sein Religionswerk durchgeführt.

Der Federkrieg gegen Julius Echter

Nicht nur die fränkische Ritterschaft und die auswärtigen Fürstenerhoben sich gegen den Würzburger Bischof, sondern auch dielutherischen Prediger. Es ist ja begreiflich, daß jene 120Prediger, welche ihre Würzburger Pfarreien hatten verlassen müssen,diese Maßregel nicht schweigend hinnahmen, sondern in der Ferneihrem Zorn und Grolle Luft machten. Weihbischof Euchar Sang erzählti.J. 1618, daß sie unzählige Schmähungen, Lügen und Verleumdungengegen Julius, das Domkapitel und des gesamten Klerusausstießen.(Fußnote: Gropp I, 643.) Hatte 1575 der fränkischeGelehrte und Konvertit Lorenz Albert eine Klageschrift gegen JuliusEchter dem päpstliceh Nuntius Grafen von Portia überreicht, weilder Bischof gegen das Luthertum in seiner Diözese nicht vorgehe, soerschienen jetzt eine Reihe von Schriften, welche ihm seineGlaubens-Tyrannei in der Unterdrückung des Protestantismus

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vorwarfen. Der Schmalkaldener Prediger Alexander Utzinger war indieser Beziehung besonders tätig; kurz hintereinander warf er i.J.1588 und 1589 auf den Kampfplatz die Schriften: NotwendigeErinnerung von dem großen Abfall und geringer Beständigkeit, sosich neulich in der fränkischen Verfolgung ereignet. Vom frechen,stolzen Lorbeerbaum im Frankenland; Christlicher Sendbrief an allefrommen Christen, die jetzo um der evangelischen Wahrheit willenvon ihrer eigenen Obrigkeit wider Gott und Recht verfolget,geplaget und verjagt werden im Land zu Franken; Bericht vom Abfallund Verleugnung; Vom Christenbaum im Frankenland. Die Person desBischofs selbst wurde in diesen Schriften aus begreiflicherVorsicht mehr indirekt als direkt angegriffen, um so haßerfüllterschmähte Utzinger die katholische Kirche, ihre Lehren undGebräuche. Man kann sich einen Begriff machen von der Verhetzung,welche damals ins Volk getragen wurde, wenn man in UtzingersSchriften Stellen liest, wie die folgenden: Das Papssttum ist diegroße babylonische Hure, die Synagoge des Satans, ein schrecklicherHöllenhund, eine grausame Mordgrube, die allergreulichste Diebs-und Räuberhöhle, die Grundsuppe aller Hurerei und Greuel auf Erden.Er gesteht von sich selber: "Ich bin dem Papsttum von grund meinesHerzens feind eben sowohl als dem Teufel selbst, darum weil ich'sdafür halte und für ganz gewiß glaube, es sei ohne Zweifel desleidigen Antichrists Reich, der Papst selbst sei sein König. Darumschelte ich's, verdamme es und verfluche es ohne Unterlaß, mitwohlbedachtem Mut, vorsätzlich, in Abgrund der Hölle." "Ich halte,daß es nicht allein keine Sünde, sondern darzu noch ein rechter,heiliger und wahrer Gottesdienst sei, daß man dem Papsttum mitVerdammen, Schelten, und womit man ihm sonst verdrießlich sein undSchaden tun kann, redlich zusetze und aufgieße." Die durch Juliuszur Kirche Zurückgeführten suchte Utzinger wieder zum Luthertum zubringen mit den abschreckenden Worten: "Sie haben (durch denUebertritt zur kath. Kirche) auf ihren Hals genommen alleAbgötterei Zauberei, Lästerung, Lügen, Mord, Raub, Unzucht und alldes Teufels Wesen, dessen das Papsttum schuldig und voll ist, zudem sie wieder gefallen und getreten sind." Durch die Rückkehr zumPapsttum "sind sie dem Teufel zu Fuß gefallen und haben ihn zumHerrn angenommen und angebetet." In ähnlicher Sprache schmähte erauch einzelne Lehren und Gebräuche der Kirche wie z.B. das hl.Meßopfer, Fegfeuer, Zölibat, Fasten und Wallfahrten. Man begreiftbei diesen Stilporben, daß Julius nichts erreicht hätte, wenn diePrddiger in seinem Bistum in diesem Ton die alte Kirche hättenangreifen dürfen. Der Wiener Jesuit P. Georg Scherer beantwortete1589 die Kampfschriften des Schmalkaldener Pfarrers mit einerGegenschrift: "Verantwortung der christlichen Reformation inFranken." Er überführt Utzinger aus seinen eigenen Worten, daß desBischofs "Tyrannei" nicht so groß gewesen sei; denn in seinem

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"Bericht vom Abfall und Verleugnung des hl. Evangelii" hatte derSchmalkalderen Prediger die Untreue der durch Julius EchterBekehrten beklagt und dabei gesagt: "Und das zumal ihre Tatschändliche und feindselig macht, haben sie solches begangen ohnesonderliche hochdringliche Not leichtfertiglich, fast garungeklemmet und ungedränget. Denn was hat man ihnen doch getan,damit man ihnen solches abgedrungen? Hinweg hat man sie heißenziehen aus dem Flur, das ist alles gewesen, in dem sie vielleichtetwas ein wenig hätten müssen verlieren oder verzetteln, und nichtalles bis auf den letzten Scherf mitbringen können." Utzinger gabihnen zu bedenken, "ihre Mißhandlung sei nicht halb so groß als sievon etlichen wolle angesehen und ausgeschrieen werden"; sie möchtennur nicht mit solchen Feigenblättern ihre Schande zudecken. Inseiner "Gegenantwort" zieht sich Alex. Utzinger greilich klug ausder Schlinge. Er habe mit diesen Worten, meint er, nur sagenwollen, die Ausschaffung aus dem Lande sei verglichen mit denPeinen der alten Martyrer nur eine geringe Plage. An und für sichaber sei die Verjagung vom Lande mit Weib und Kindern eine so großeStrafe, daß mancher den Tod vorgezogen hätte. Manchen habe das Herzgeblutet und sie hätten die Haare gerauft und die Hände gewunden,wenn sie innerhalb kurzer Frist, ehe sie ihre Sachen recht und nachNotdurft bestellen konnten, mit ihrem ganzen Gesinde und all ihrerHabe, sich hätten aus dem Lande packen müssen, von dem Orte, wo siegeboren und erzogen oder doch lange Zeit gewohnt. Nach ihremWeggang hat man vielen von ihnen keinen freien sicheren Zutrittmehr zu ihren Häusern gestatten wollen. Man hat ihnen die Häusergesperrt, dieselben mit Kriegsleuten und Reisigen Knechten besetzt.Man hat die Bestellung der Felder erschwert oder verboten, dieKäufer durch allerlei Ränke abgehalten, die Güter zu niedrigtaxiert, sie mit übermäßiger Nachsteuer beschwert, so daß sievielmals kaum die Hälfte ihrer Habe davon gebracht und infolgedessen leicht verderben und an den Bettelstab kommen konnten.Julius selbst nahm die Schmähungen seiner Person ruhig und gelassenhin. Er wollte nicht einmal, daß man darauf antwortete. DerSpitalmeister im Juliusspital und Kanonikus zu Neumünster, AbrahamNagel aus Gemünden, wollte 1589 ebenfalls eine Gegenschrift gegenAlexander Utzinger in Würzburg erscheinen lassen; allein es wurdeunter dem Druck die Genehmigung hierzu zurückgezogen; sie wurdedann in Ingolstadt gedruckt und führt den Titel: "Schüttlung desvermeintlichen Christenbaumes". Julius hing die Schmähschriften undSpottgedichte als Trophäen und Denkzeichen der Welt an den Altarbei seinem Gemache im Schlosse und befahl Gott die Sache. "Gottwird ja einst über alles richten", damit tröstete er sich.

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Der Wiederaufbau

Vielerorts war nun im Frankenland durch des Bischofs Mut undAusdauer trotz aller sich auftürmender Schwierigkeiten die alteGlaubenseinheit wieder hergestellt. Aber da gab es viele Wunden zuheilen. Das Jahrhundert der Glaubensspaltung hatte mehrniedergerissen als aufgebaut; über dem Haß und Streit war vielreligiöses Gut zu Grund gegangen und weder die irdischen noch dieewigen Interessen hatten gewonnen. Die Stellen der verjagtenPrediger besetzte der Fürstbischof mit katholischen Seelsorgern,durch deren Fleiß und Wachsamkeit die alte Religion wiederaufblühte. Die Kirchenordnung vom Jahre 1589 sorgte fürgleichmäßige Wiedereinführung der geschwundenen katholischenUebungen und Gebräuche. Es waren aber die Kirchen und Gottteshäuserallenthalben verödet und baufällig geworden oder ganz zerfallen;andere waren ohne Zierde und aller zum Gottesdienst notwendigenKleider und Geräte entblößt. Das war ein reiches Feld für denHirteneifer des Bischofs Julius. Es setzte eine Bautätigket vonKirchen, Pfarr- und Schulhäusern ein, wie es in der Geschichtebeispiellos ist. Julius Echter wußte bei seinem seltenenVerwaltungstalent die Geldmittel zu diesen Bauten flüssig zumachen. Seinem Auge entging nichts und mit mehr Freude, als ihm dasAusreuten der Irrlehre gemacht, ging er nun an das Pflanzen undAufbauen der alten Religion. Betrachten wir einmal diewiederaufbauende Tätigkeit des Fürstbischofs an einem lehrreichenBeispiel. Im Jahre 1586 war die bisher hennebergisch-meiningischePfarrei Hendungen (Fußnote: Archiv des hist. Vereins. Bd. 5 (1839),1. Heft. S. 121 ff.) an das Hochstift gekommen. Der lutherischePrediger wurde entfernt und hielt am 27. Juli 1588 seineAbschiedpredigt; Julius setzte dafür einen katholischen Pfarrer undLehrer ein. Zugleich ließ er die all ihres Ornats beraubte Kirchewieder mit den nötigsten Paramenten und sonstigen Gerätschaftenversehen, damit der katholische Gottesdienst mit Erbauung gehaltenwerden konnte. Aber die jüngere Generation war im Luthertum erzogenworden; auch hielten die Nachbarorte Bahra und Rappertshausen nocham Protestantismus fest; so nahmen denn die Einwohner Hendungensdie von Julius getroffenen Anordnungen nur mit scheuer Abneigungauf. Zwar gingen sie nach und nach in die Predigt ihreskatholischen Pfarrers, blieben aber durchaus nicht bei der hl.Messe gegenwärtig, noch weniger begehrten sie den Empfang der hl.Sakramente. In der österlichen Zeit des Jahre 1589 traten bloß derLehrer und dessen Frau zum Tisch des Herrn. Der Amtskeller vonMellrichtstadt übermittelte daher am 5. April 1589 auf erstattetenBericht hin den fürstlichen Befehl, "mit Fleiß ihres PfarrherrnPredigt zu hören, den Gottesdienst bei ihm zu suchen und sich desAuslaufens an fremde Orte widerwärtiger Religion zu enthalten."

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Nach und nach trat eine größere Geneigtheit zur katholischen Lehreein; i.J. 1590 kommunizierten aber erst neun Personen; die übrigenbesuchten keine Messe, sangen lutherische Lieder bei ihremGottesdienste und stellten sich totzig und ungehorsam gegen denPfarrer; besonders taten sich durch offenen Widerstand gegen diebischöflichen Anordnungen und durch stete Aufreizung der übrigenOrtsleute Peter Müller und Michael Döhler hervor. Zu diesengesellte sich Wolf Kob, der sich unter anderem herausnahm, denwieder eingeführten Flurritt öffentlich zu tadeln, die Flurreiterarg zu schmähen, sie Hudellumpen und Narren zu schelten; er wotlledieselben sogar am Besuche der Kirche hindern. Da glaubte JuliusErnst anwenden und die offenen Widersacher zur geeigneten Strafeziehen lassen zu müssen. dies hatte den besten Erfolg. Im Jahre1591 stellten sich schon 106 zur hl. Kommunion ein, und i.J. 1592konnte der Dechant des Landkapitels Mellrichstadt berichten, daßalle Einwohner Hendungens katholisch seien, mit einer einzigenAusnahme des Valentin Kraus, der auf einem Freihof des Bernhard v.Bibra sitze, und daß alle, selbst die Knechte und Mägde,kommuniziert hätten. Endlich i.J. 1600 trat auch Velentin Kraus zurKirche zurück. Pfarrei, Kirche und Schule waren in Hendungen fastneu zu gründen. Die Kirche war alt, klein und baufällig. DasLanghaus hatte nur zwei Fenster und der winzige Kurchtum drohte dembaldigen Einsturz. Auf fürstbischöflichen Befehl wurde vorerst i.J.1606/07 ein schöner, neuer Kirchturm aufgeführt und darnach derUmbau und die Vergößerung des Langhauses vorgenommen. Wegen desfast gänzlich erschöpften Mittel geschah dies erst in den Jahren1616 und 1617, und zwar wurde hierzu das Einkommen der deswegenunbesetzt gelassenen Pfarrei verwendet, die in der Zwischenzeit vomPfarrer in Oberstreu mitversehen wurde. Alljährlich sandte Juliusauch neuen Kirchenornat von Würzburg. So erhielt Hendungen i.J.1591 ein Rauchfaß, ein Ciborium und 2 Fahnen, später einen Himmelund i.J. 1611 kaufte es von einem lutherischen Orte die bis dahinfehlende Monstranz. Das ganze baufällige Pfarrhaus ließ im Jahre1600 die Gemeinde auf Veranlassung des Fürstbischofswiederherstellen, ohne daß die Zehentherren, nämlich die Junger vonStein und Herrmann Trott, etwas dazu betrugen. Nicht mindere Sorgetrug Julius für die Aufbesserung des Pfarreieinkommens. Diebisherigen Einkünfte waren so mager, daß ein Pfarrer damit nichtstandesgemäß leben konnte. Es wurde deshalb das Benefizium St.Peter und Paul dem Pfarrvermögen einverleibt; außerdem wandte erder Pfarrei aus dem Wechterswinkler Fond ein Kapital von 400 Guldenzu. Endlich erstreckte sich die liebevolle Fürsorge desunermüdlichen Julius auch auf die Schule. Zwar bestand schon frühereine Schule in Hendungen; allein Julius regelte erst dasSchulleben, setzte das Einkommen des Lehrers fest, ließ dasSchulgebäude 1606 ausbessern und 1612 ganz umbauen und schrieb die

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Lehrgegenstände vor. So darf Hendungen Julius Echter als zweitenStifter der Pfarrei verehren und zwei Inschriften an der Kircheverkünden der Nachwelt die Verdienste des großen Fürstbischofs umdas Dorf. Wie in Hendungen, so ähnlich gestaltete sich aber derWiederaufbau allüberall im Hochstift.

Julius errichtet und verbessert die Pfarreien

Der Zustand der Pfarreien und der Seelsorge war bei demRegierungsantritte des Fürstbischofs so schlimm, daß der hievonbenachrichtigte Papst Gregor XIII. dem Bischof Julius in einemSchreiben vom Jahre 1582 sein Erstaunen darüber nicht genugausdrücken konnte. Er sei äußerst verwundert, schrieb er, daß mehrals 300 Patronatspfarreien des Domkapitels, der geistlichen Stifteund Klöster und der Adeligen schmählich vernachlässigt würden undsolche Unordnungen seien bisher dem päpstlichen Stuhle nicht einmalangezeigt worden; daher solle sich Bischof Julius die Sorge umdiese Pfarreien sehr angelegen sein lassen. Julius befolgte nichtnur diese Ermahnungen, sondern übertraf die auf ihn gesetztenErwartungen. Er verbesserte die Pfarreieinkommen, setzte diePfarrhäuser wieder instand oder baute sie neu, gabGottesdienstordnungen, und wo die Verhältnisse es erforderten,errichtete er neue Pfarreien, so bei Filialdörfern mit großerSeelenzahl und bei weiten und beschwerlichen Wegen ins Pfarrdorf.Die von Julius gestifteten Pfarreien sind hauptsächlich folgende:Im Jahre 1578: Elfershausen durch Lostrennung von der MutterpfarreiLangendorf; 1590: Alsleben, bisher Filiale von Untereßfeld;Eussenhausen; Euershausen; Oberach durch Abtrennung vonBischofsheim; als Filialen wurden der neuen Pfarrei Rotrain undWildflecken zugeteilt; die Filiale Hard wurde von Niederlauergetrennt und Rüdlingen angegliedert. - 1591 wurde Erlabrunn undMargetshöchheim von Hettstadt getrennt. Erlabrunn zur Pfarreierhoben und ihr Margetshöchheim als Filiale zugewiesen. - 1597:Jagstberg, Mulfingen, Oberschleichach und Wernfeld. - 1598:Falkenstein; Güntersleben; Nordheim a.M.; Saal a.d.S., bisherFiliale von Wülfershausen; das Benefizium auf dem Findelberg wurdemit der neuen Pfarrei vereinigt und als Filiale Eichenhausenzugeteilt; Gerlachshausen (jetzt Filiale von Stadtschwarzach) mitden Filialen Dimbach, Düllstadt, Hörblach und Schwarzenau; späterwurde Hörblach der Pfarrei Stadtschwarzach zugeteilt undSchwarzenau durch Valentin Echter, den Bruder des Fürstbischofs,als Pfarrei ausgestiftet; ferner Neupelsdorf und Veitshöchheim.Auch die im Bauernkrieg untergegangene Pfarrei Kürnach, bis dahinmit Estenfeld vereinigt, wurde in diesem Jahre wieder selbständig.

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- 1601: Wipfeld und Burghausen (vorher Filiale von Schwebenried). -1602: Püssenheim. - 1607: Untersteinbach. - 1612: Helbstadt. -1613: Erlenbach, Marktheidenfeld, Pfilfringen, Holzkirchen,Laudenbach, Lengfurt, Waldstetten, Höpfingen. - 1614 entstand diePfarrei Hausen mit der Filiale Erbachshausen durch Abtrennung vonBergtheim.

Die Juliuskirchen

Man zählt im Frankenland über 300 Kirchen, die Julius Echterumgebaut oder neu errichtet hat. Man kennt sie an den hohen spitzenTürmen. Ihr Stil zeigt eine eigenartige Mischung von Gothisch undRenaissance. Der Dichter des "Fränkischen Ehren-Preis" vom Jahre1604 hat recht, wenn er singt: Erbauet sein der Kirchen mehr,Daß man sich gleich verwundern soll, Wie es hab mögen geschehenwohl, Daß bei eines Fürsten Regiment So viel neu Kirchenseynd vollendt, So viel der alten renoviert, Erweitert,geschmücket und geziert, Daß, wer sein Aug auf Kirchen wendt,Das Frankenland vor andern kennt! Die schöne Dach, Mäuer, Türnneu, Zeigen bald, was Würzburgisch sei. Julius Echter hat nacheiner alten Nachricht für Kirchenbauten die stattliche Summe von300000 fränkischen Gulden aufgewandt. Mit Recht sagt dieKinstgeschichte Würzburgs vfon Niedermayer: "Weder vor noch nachihm ist ein so gewaltiger Bauherr im Frankenland aufgestanden" (S.280). In Würzburg wurde unter seiner Regierung der Domrestauriert, das Mittelschiff und Querhaus gewölbt und erstmals miteiner Orgel ausgestattet; er baute ferner die Juliuspital- undUniversitätskirche, die Kirche auf der Festung, St. Gertraud unddie Kapuzinerkirche neu. Nach den Angaben der "KunstdenkmälerUnterfrankens" haben folgende Kirchen die Bautätigkeit desFürstbischofs erfahren: Im Bezirksamt Brückenau: Oberbach undOberriedenberg. "Nur wenige Orte (dieses Bezirksamtes) gehörten zumHochstift, daher fehlen die so zahlreichen charakteristischenUmbauten und Neubauten aus der Zeit des Fürstbischofs Juliusbeinahe ganz." Diese Bemerkung des Herausgebers (S. 75) zeigt, wiesehr die Fürsorge des großen Echters das Würzburgische Gebiet aufJahrhunderte hinaus vor den angrenzenden Ländern kenntlich gemacht.Im Bezirksamt Ebern: Ebern, Gereuth, Mürsbach. Im BezirsamtGerolzhofen: Dingolshausen, Escherndorf, Fahr, Falkenstein,Frankenwindheim, Gernach, Gerolzhofen, Herlheim, Kolitzheim,Lülsfeld, Nordheim a.M., Oberschwarzach, Obervolkach, Pusselsheim,Reupelsdorf, Schallfeld, Sommerach, Stammheim, Traustadt,Unterspiesheim und Volkach. Im Bezirksamt Haßfurt: Buch, Eltmann,Haßfurt (Pfarrkirche und Ritterkapelle), Mechenried,

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Oberschleichach, Prappach und Steinsfeld. Im BezirkesamtHammelburg: Aura, Euerdorf, Fuchsstadt, Greßthal, Oberthulba,Ramsthal, Sulzthal, Wasserlosen, Westheim, Wirmsthal,Wittershausen. Im Bezirkesamt Hofheim: Gemeinfeld, Goßmannsdorf,Hofheim, Kerbfeld, Stadtlauringen, Wettringen. Im BezirkesamtKarlstadt: Altbessingen, Binsfeld, Bühler, Erbshausen, Eussenheim,Hausen, Halsheim, Heugrumbach, Himmelstadt, Hundsbach, Kaisten,Karlstadt, Karlburg, Laudenbach, Müdesheim, Mühlbach, Mühlhausen,Obersfeld, Opferbaum, Retzstadt, Rieden, Rütschenhausen,Schwebenried, Schwemmelsbach, Wiesenfeld, Wülfershausen undZellingen. Im Bezirkesamt Bad Kissingen: Albertshausen,Arnshausen, Aschach, Burglauer, Burkardroth, Bocklet,Kleinwenkheim, Klosterhausen, Bad Kissingen (Alte Pfarrkirche),Münnerstadt, Nüdlingen, Poppenroth, Rannungen, Rothausen, Steinacha.d. S., Wermerichshausen. Im Bezirkesamt Kitzingen: Dettelbach(Wallfahrtskirche), Dipbach, Gerlachhausen, Großlangheim,Mainsondheim, Oberpleichfeld, Prosselsheim, Püssenheim,Stadtschwarzach, Sulzfeld. Im Bezirkesamt Königshofen: Alsleben,Aub, Aubstadt, Eyershausen, Großeibstadt, Großbardorf, Königshofen,Merkershausen, Saal, Sulzfeld, Wülfershausen. Im Bezirkesamt Lohr:die Wallfahrtskirche Maria Buchen, Neustadt a.M., Pflochsbach,Rothefels, Steinfeld, Waldzell. Im Bezirkesamt Marktheidenfeld:Ansbach, Birkenfeld, Erlenbach, Hafenlohr, Holzkirchen, Karbach,Lengfurt, Marktheidenfeld, Trennfeld. Im Bezirkesamt Ochsenfurt:Allersheim, Aub, Baldersheim, Bolzhausen, Bütthard, Burgerroth,Eßfeld, Frickenhausen, Gaukönigshofen, Höttingen, Kleinochsenfurt,Oellingen, Osthausen, Riedenheim, Rittershausen, Röttingen(Pfarrkirche, Spitalkirche, St. Georgskapelle), Sonderhofen,Stalldorf, Sulzdorf, Tauberrettersheim, Tückelhausen, Wolkshausen.Im Bezirkesamt Würzburg: Bergtheim, Burggrumbach, Erlabrunn,Estenfeld, Gädheim, Greußenheim, Güntersleben, Heidingsfeld,Hettstadt, Margetshöchheim, Moos, Oberleinach, Randersacker,Rimpar, Rottendorf, Thüngersheim, Unterleinach, Unterpleichfeld,Waldbüttelbrunn, Zell a.M. (Pfarrkirche und Klosterkirche inUnterzell). Aus den übrigen unterfränkischen Bezirksämtern, vonwelchen die Beschreibung der "Kunstdenkmäler" noch nicht erschienenist, seien folgende Juliuskrichen erwähnt: Im BezirkesamtGemünden: Gemünden, Gössenheim, Hofstetten und Wernfeld. ImBezirkesamt Mellrichstadt: Bastheim, Eussenhausen, Fladungen,Frickenhausen, Hendungen, Reyersbach und Unterwaldbehrungen. ImBezirkesamt Neustadt a.d.S.: Bischofsheim v.d. Rhön, Burgwallbach,Ginolfs, Heustreu, Hollstadt, Oberelsbach, Schönau, Sondernau,Unterebersbach, Wegfurt und Weißbach. Im Bezirkesamt Schweinfurt:Brebersdorf, Ettleben, Grettstadt und Zeuzleben. Diese stattlicheReihe mag die Aufzählung einiger Juliuskirchen aus dem jetzt nichtmehr zu Unterfranken gehörenden Teile des ehemaligen Hochstiftes

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beschließen: Altmannshausen, Bergheid, Forberg, Hainstatt,Hardheim, Heckfeld, Hilders, Iphofen, Lauda, Marktbibart,Mergentheim (Gottesackerkirche), Oberlauda, Obergriesheim, Ripperg,Stupach und Wolfmannshausen. Noch künden des Julius Verdienste umdie Kirchen und Pfarreien die zahlreichen und bei allerAehnlichkeit so charakteristischen Inschriften an den Wänden. Sosagt eine Inschrift an der Kirche von Burggrumbach: BischofJulius vierzig Jahr regiert, Kauft dies Dorf und baut die Kirch,Auch Schul und Pfarrhaus gar von neue, Noch folgt mehr ausVaters Treue, Er führt ein die Religoin, Die erkennt freisein Unterton, Das alles nun zu Glück und Segen Der treueFürst tuet Gott ergeben. Andere Inschriften wie die vonAlbertshausen schließen mit dem schönen, frommen Wunsch:Bischof Julius sein Unterton, Sucht einig zu Religion. Dacht,wie er schafft des Nutzen mehr, Baut diese Kirch zu Gottes Ehr,Auch zur Seelen Heil der treuen Herd, Dafür er nur den Dankbegehrt, Daß, wie es wohl eingefangen sei, Also auch bleibtgeschützt dabei.

Neues religiöses Leben

Nachdem der "Fränkische Ehrenpreis" v. J. 1604 das Lob derJuliuskirchen gesungen, fährt er fort: Aber noch mehrverwunderlich Sein diese Kirchen innerlich, Darinnen GottesLob erschallt Mit Opfern, Beten mannigfalt, Mit unabläßlicherGottes Ehr, Mit katholischer und reiner Lehr, Bei deren unsder gütig Gott Allsamt beschütz bis in den Tod! Die LehreLuthers hatte besonders die Anbetung des HochwürdigstenAltarsakramentes, die Verehrung der seligsten Jungfrau undGottesmutter Maria und der anderen Heiligen angefochten und eswaren diese Andachten fast gänzlich erloschen. Mit apostlischemEifer weckte Bischof Julius die alte fränkische Andacht wieder ausdem Dornröschenschlaf. 1. Um die Anbetung und Verehrung desallerheiligsten Altarsakramentes zu fördern, stellte er überall dieProzessionen an Fronleichnam wieder her; auch befahl er 1589 in derKirchenordnung: "Wenn das hochwürdige Sakrament zu den Krankengetragen wird, soll es mit gebührenden Ceremonien geschehen; derPfarrer sei bekleidet mit Chorrock und Stola, ihm gehen voran zweikleine Junen mit brennenden Kerzen und ihren Kappen oder Chorröckenund der Kirchner mit einem Glöcklein und einer Laterne; da dannsonst noch jemand von den Nachbarn aus Andacht und Liebe mitgehenwollte, wäre es auch christlich und wohl getan, wie denn derPfarrherr bei Gelegenheit die Leute dazu vermahnen soll." Inseinen letzten Jahren gestaltete Julius den Versehgang noch

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feierlicher, indem er verordnete, daß fortan das hochwürdigste Gutzu den Kranken unter einem Baldachin oder, wie wir es insgemeinnennen, unter einem Himmel soll getragen werden in Begleitungetlicher Schüler, die auf den Straßen dabei andächtige Gesängesingen mußten. Bei den feierlichen Sakramentsprozessionen solltendie beiden Bürgermeister den Priester führen und die 4 jüngstenRatsmitglieder den Himmel tragen. 2. Seitdem der hl. Bonifatiusauf dem Festungsberg zu Würzburg die erste Kirche der hl. MutterGottes geweiht und das Schloß der Frankenherzoge davon den NamenMarienburg führte, hatte das Frankenvolk eine innige Liebe zu Mariagefaßt. Es besuchte gern ihre Wallfahrtsorte; Würzburgs Bürgerbauten vom Jahre 1377 ab ihr zu Ehren auf dem Marktplatz dieherrliche Marienkapelle; viele Burderschaften förderten dieVerehrung der allerseligsten Jungfrau. Alle diese Marienblütenerweckte Julius Echter nach dem Reif, der auf sie durch dieGlaubensneuerung gefallen war, zu neuem Leben. Als amGründonnerstag des Jahres 1600 ein Großfeuer beträchtliche Teileder Marienburg im Schutt und Asche gelegt, baute der Bischof dieseseine Residenz viel herrlicher und stattlicher wieder auf; auf demersten Turm aber ließ er ein ehernes, reich vergoldetes Bild derHimmelskönigin anbringen, als wollte er damit sagen: "DuHerzoging von Franken bist, Das Herzogtum Dein eigen ist!Darum, o Mutter, deine Hand Halt über uns im Frankenland!" VomSitze des Fürsten aus sollte Maria ihre Gnadenstrahlen überallhinaussenden und Stadt und Land erleuchten und beschützen. MitFreuden beförderte der fromme Bischof die MarianischenKongregationen, welche die Väter der Gesellschaft Jesu auch inWürzburg zuerst unter den Studenten und dann unter den anderenBerufsständen einführten. Er selbst trat derselben als Mitgliedbei. Er stellte ferner die alten Muttergottesbruderschaften wiederher, so die Marianische Bruderschaft in Aub und Retzbach; auchsuchte er beim Volk einen neuen Eifer zu den Wallfahrten dadurch zuentzünden, daß er die Wallfahrtsorte mit prächtigen Kirchenschmückte, so Maria-Buchen und Dettelbach. Am Fest Maria Geburt1613 wurde die Wallfahrtskirche zu Dettelbach mit großerFestlichkeit durch den Weihbischof Euchar Sang eingeweiht; Juliuserhöhte die Feier durch seine persönliche Gegenwart und hielt nachgeenditem Hochamte auf freiem Felde ein Mittagsmahl, wobei er nahean 4000 Arme speisen ließ. Wenige Jahre vorher hatte derWeihbischof in einer dem Fürstbischof gewidmeten Schrift dieGeschichte der Dettelbacher Wallfahrt und die daselbst aufFürbitten der schmerzhaften Mutter dem Volke gespendeten Wohltatengeschildert. Hauptsächlich für seine Hofleute und die Beamtenerrichtete er in der Franziskanerkirche 1615 eine neue Bruderschaftunter dem Titel des verklärten Heilandes und bei den Augustinernführte er 1617 die St. Sebastians-Bruderschaft ein. 3. Zur

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Beförderung der Heiligenverehrung war der eifrige Bischof emsigbedacht, hl. Reliquien von überall her in Deutschland für seineDiözese zu gewinnen. Er hatte sich im Juni 1580 vom Papste eigensdie Erlaubnis dazu ausgewirkt. Es ist dies so recht ein Beweis fürdie tiefe Frömmigkeit des Fürstbischofs. Er sagt im Dankschreibenan den Papst, er sei mit peinlicher Sorgfalt darauf bedacht, daßdie Reliquien der Heiligen, welche durch der Zeiten Unbildenanderwärts immer mehr an Wertschätzung verloren hatten, an einemschicklichen Orte und mit der gebührenden Ehrfurcht untergebarchtund bewahrt würden. So erwarb er den Arm der hl. Cordula, einerGefährtin der hl. Ursula und die Häupter von 6 anderen ihreGenossinnen. Gott vergönnte dem für seine und seiner Heiligen Ehrealso eifernden Bischofe, ehe er ihn aus dem zeitlichen Lebenabforderte, noch die Freude und das Glück, daß im Jahre 1615 dieGebeine des hl. Abtes Makarius im Würzburger Schottenkloster wiederaufgefunden wurden, deren Beisetzung Julius mit großerFeierlichkeit vornehmen ließ. 4. Im Jahre 1600 wurde im Rom dashl. Jubiläum gefeiert. Um keine Gelegenheit zu versäumen, dieAndacht des Volkes zu fördern, erwirkte er vom Papst Clemens VIII.die Ermächtigung, daß der Jubiläumsablaß 1601 in der Stadt Würzburgund 1602 in der übrigen Diözese gewonnen werden konnte. In denverflossenen Glaubenskämpfen war die katholische Lehre vom Ablaß ammeisten angefochten und bestritten worden. Um nun das Volk über dieGandenschätze der Ablässe besser zu unterrichten und zugleich aufdas Jubiläum vorzubreiten, sandte Julius einen gedruckten "kurzenBericht vom katholischen Jubel-Jahr und vollkommenen Ablaß, demgemeinen Volk zu Nutz" in deutscher Sprache und einen anderen inlateinischer Sprache an alle Pfarreien. Die Feier des Jubiläumsselbst ließ er an den Hauptorten der Diözese durch Aebte und anderePrälaten vornehmen. Auch bei anderen Gelegenheiten leitete Juliusdas Volk an in allen öffentlichen Nöten seine Zuflucht zu Gott zunehmen und er leuchtete dabei allen durch sein eigenes frommesBeispiel voran. So erfahren wir aus den Kalendereinträgen einsWürzburger Tuchscherers, daß Julius am 28. Oktober 1607 wegen derPest einen Bettag und eine Bittprozession in die Marienkapelleabhalten ließ. Julius kam eignes von seiner Sommerresidenz inRimpar herein und wohnte der Prozession bei. Am 31. Oktober 1517hatte einst Luther in Wittenberg seine Sätze an derAllerheiligenkirche angeschlagen und damit den ersten Schritt zurGlaubensspaltung getan. Der vorhin genannte Würzburger Bürgerberichtet nun, was Julius jedes Jahr bei Widerkehr diese 31.Oktober tun ließ; er schreibt nämlich im Jahre 1608 in seinenKalender: "Den 31. Oktober hat unser Vater, Fürst, Hirt und wachendBischof gleichwie vorm Jahr wieder eine Prozession aus dem Domstifthinaus gen Haug gehalten, darinnen ward gebetet um Mehrung,Erhöhung und Zunehmung der katholischen Religion und Kirchen, um

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Einigkeit der christlichen Fürsten, um Ausreutung der Ketzerei."als Kaiser Rudolf II. gestorben war, ordnete Bischof Julius in derUniversitätskirche ein 40stündiges Gebet um die glückliche Wahleines neuen Kaisers an, "der in diesen gar stürmischen Zeiten dasniedergebeugte Vaterland wieder aufrichten und die anderswo fastdem Sturze nahe katholische Religion stärken möge." Bei diesemAnlaß ging am 15. April 1612 eine Prozession mit dem hochwürdigstenSakrament von der Universitätskirche in die Marienkapelle, von dortin den Dom und dann wieder zurück in die Universitätskirche; gegen5000 Menschen beteiligten sich daran. So lebte die Frömmigkeit undder alte katholische Glaubensgeist unter des Julius Hirtensorgewieder im Frankenlande auf und während die Anzahl der Kommunikantenzur Osterzeit des Jahres 1581 in der Jesuitenkirche zu Würzburg nur815 und in der ganzen Stadt nur 2067 betrug bei einerEinwohnerschaft von ungefähr 8000 Seelen, berichtet jenderTuchscherer zum 31. Dezember 1616 wenige Monate vor dem Tode desFürstbischofs: "26309 Personen haben dies Jahr in derJesuitenkirche kommuniziert."

Der Freund der Armen und Kranken

Es war allezeit das Merkmal großer und heiliger Bischöfe, daß sienicht nur als mutige Glaubensstreiter die Kämpfe des Herrnschlugen, sondern auch mit dem Herzen eines Vaters die Not derArmen und Kranken, der Witwen und Waisen nach Möglichkeit stillten.Der hl. Basilius der Große, Erzbischof von Cäsarea, eine eherneSäule der Kirche im Kampfe gegen die arianische Irrlehre (gest.379), schämte sich nicht zur Zeit einer Hungersnot auf demMarktplatze mit der Küchenschürze bekleidet, die Suppe zuverteilen. Er gründete außerhalb von Cäsarea eine solch umfassendeWohltätigkeitsanstalt, daß sie das Staunen der ganzen Welt erregteund sich bald zu einer neuen Stadt entwickelte, welche Altcäsareain Schatten stellte. In den Tagen eines Julius Echter war der hl.Karl Borromäus, Kardinalerzbischof von Mailand (gest. 1584), derunerschrockene Reformator von Klerus und Volk in seiner Erzdiözese;aber heldenmütig war auch seine Selbstaufopferung zur Zeit derHungersnot und Pest in Mailand. Den letzten Heller gab er den Armenund die von allen scheu gemiedenen Pestkranken suchte er auf undpflegte sie mit eigener Hand. Die Pest veranlaßte ihn zur Stiftungeines allgemeinen Armenhause. Der Geist dieser bischöfe beseelteauch unseren edlen Julius. Er betrachtete die Sorge für die Armenals eine heilige bischöfliche Pflicht. Die Bischöfe sind die "vonGott und der Kirche bestellten Armenpfleger", sagte er imStiftungsbriefe seines großen Würzburger Hospitals. Schon als

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Domdechant warf Julius sein prüfendes Auge auf den schlechtenZustand der Krankenhäuser in Würzburg und drang auf Abhilfe. Erließ auch damals schon verlauten, wenn ihm das leerstehendeReuerinnenkloster im Sanderviertel überlassen werde, wolle erdaraus mit seinem Privatvermögen eine Stiftung für die Armenmachen. Als er dann den Stuhl des hl. Burkardus bestiegen, griff ersofort seinen alten Plan wieder auf. Allein die Verhandlungen mitdem Domkapitel wegen dieses Klosters zerschlugen sich; sieoffenbarten aber so recht den weiten Abstand zwischen der edlenDenkweise des Bischofs und der des Kapitels; dieses meinte nämlich:"Ein Spital zu errichten und jedermann in dasselbe aufnehmen zuwollen, dazu möchte die halbe Stadt nicht groß genug sein.Ueberdies würde es ein seltsames Ansehen gewinnen, wenn dasKloster, worin vor Zeiten Adelspersonen gehalten worden, jetzo füralle gemeinen Bettler sollt gebraucht werden." Nun beschloß JuliusEchter einen Neubau aufzuführen und wählte als Bauplatz densogenannten Judengarten, ein großes, ehemals den Juden gehörigesStück Land zwischen den Bächen Pleichach und Kürnach, das damalsaußerhalb der Stadt gelegen war. Bereits am 12. März 1576 legte derFürstbischof den Grundstein. Aber noch während des Baues machte dasDomkapitel Schwierigkeiten. Es gab dem Bischofe unter anderem zubedenken, daß die stattlichen Spitalgebäude bei einer Belagerungder Stadt dem Feinde einen guten Stützpunkt bieten könnten. Auchschien ihm der Bau zu kostspielig und es verwahrte sich gegenweitere Aufwendungen dafür aus der fürstlichen Kammer. DerFürstbischof ließ aber ungeachtet dieser Einwendungen rüstigweiterbauen, so daß bereits am 10. Juli 1580 die zu Ehren desFrankenapostels St. Kilian erbaute Hospitalkirche eingeweiht werdenkonnte. Der Brunnen unter des Bischofs Gemach im Spital spendete andiesem Tage statt Wassers roten und weißen Wein und alle durftendavon nach Herzenslust trinken. Julius ersuchte den Papst GregorXIII. um die Ermächtigung, die beträchtlichen Einkünfte des imBauernkrieg zerstörten und seitdem verödeten FrauenklostersHeiligental (zwischen Seligenstadt und Schwanfeld gelegen) für dasHospital zu verwenden, dessen Bau er "auf seine Kosten undRechnung" begonnen habe. Der Papst gab die gewünschte Vollmachtdurch eine Breve v. 14. August 1577; jedoch sollte dem jeweiligenBischofe von Würzburg die Verwaltung, Leitung und Behütung derehemaligen Klostergüter vorbehalten bleiben. Außerdem vereinigteJulius mit der Spitalstiftung die Frühmeßpfründe zu Eckartshausenund wies ihr eine auf das Kloster Bildhausen lautendeSchuldverschreibung von 5000 Gulden zu. So ist auch dasGrundvermögen dieser großen Juliusstiftung katholisches KirchengutDer Fürstbischof wollte nicht etwa nur ein Krankenhaus im modernenSinne errichten für die Stadt Würzburg, sondern eine umfassendeWohltätigkeitsanstalt katholischen Charakters für das ganze

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Hochstift. Der vom 12. März 1579 datierte Stiftungsbrief ist einergreifendes Denkmal, wie warmherzig ein katholischer Fürstbischofalle Arten von Not in seinem Lande lindern wollte. Die Gedankendes Stiftungsbriefs sind so herrlich, daß wir ihn in seinenGrundzügen kennen lernen wollen. Julius sagt: Stift und Stadt sindzwar mit vielen herrlichen Gebäuden, Klöstern und Kirchen wohlversehen. Aber für das arme, abgearbeitete und unvermögliche Volk,auch für alte, kranke und verlassenen Leute ist weniger Fürsorgegetroffen als es die letzte schlechte Zeit erfordert. Das istbesonders gegenwärtig beklagenswert, wo die christliche Liebe gegenden Nächsten und die von Gott uns hinterlassenen Armen fast beijedermann erkaltet ist. Ist es doch vorgekommen, daß in denletztverflossenen teueren und schweren Jahren mehrmals gute armeLeute ratlos und hilflos geblieben und auf den Gassen totaufgefunden worden sind, was uns wie jeden Christenmenschen zubesonderem Mitleid bewegen sollte. Drum hielten wir es nicht nurfür ein den Untertanen sehr nützliches, sondern auch Gott demAllmächtigen recht wohlgefälliges Werk, wenn wir für die armen,elenden Menschen in unserem Lande eine Wohnung herrichten; Christusunser Seligmacher selbst hat uns ja mit Lehre und Beispielaufgetragen uns der armen Dürftigen anzunehmen, hat auch darob sehrtrostreiche Verheißung gegeben. Darum haben wir mit Rat und Willenund Zutun des Domkapitels uns vorgenommen, Gott dem Allmächtigen zuLob und Ehre und den armen Christen, unseren Mitbrüdern undMitschwestern zum Trost und zur Erquickung allhier zwischen demPleichacher und Hauger Viertel auf einem Platz, wo Wasser und Lufthalber gute Bequemlichkeit ist, ein Spital aufzurichten, fürallerhand Sorten arme, kranker und unvermöglicher, auch schadhafterLeute, die Wund- und anderer Arznei bedürtig sind, desgleichen fürverlassenen Waisen und dann für vorüberziehende Pilgrime unddürftige Personen. Das Spital wird mit Kirche, Mühle, Backhaus,Küchen, Kellereien, Stallungen, Brunnen, Gärten usw. versehen, sodaß sich alles - Arme, Kranke, Pflege- und Wartepersonal, Vorsteher- zu einer vollkommenen Haushaltung zusammenfügt. Auch soll darinnicht bloß die äußerste Notdurft gestillt werden, sondern die Armenund Kranken sollen es im Juliuspsital gut und schön haben, damitdie armen, elenden Menschen, welche zuvor in ihren Tagen bei hartemmühseligem Leben Kummer und Trübsal genugsam gelitten undüberstanden haben, ihrer geziemenden Pflege und ihres bequemen undsauberen Gemaches halber desto mehr Freude empfinden und dadurchbewegt werden, Gott dafür zu danken und für uns und alle ihreWohltäter zu bitten. Das Spital soll so viel Personen aus Stadt undStift aufnehmen, als das Einkommen es verträgt; sie sollen so langedarin Unterhalt und Pflege haben, bis sie von ihrer Krankheitwiederum so weit geheilt und genesen sind, daß sie arbeiten und ihrBrot selbst gewinnen können. Die Waisenkinder sollen im Spital

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durch eine Mutter oder Zuchtmeisterin erzogen werden, bis sie zmHandwerk oder Diensteintritt, Studium oder Klosterberuf tauglichsind, keinesfalls aber sollen sie länger als 10 Jahre im Spitalbelassen werden. Niemand darf sich jedoch mit Gütern oder Geld indies unser Spital einkaufen, damit nicht der Kranke durch denGesunden ausgetrieben, der Dürfige durch den Vermögenden gehindertwird. Verwalter der Stiftung sollen sein ein Mitglied deesDomkapitels, ein Mitglied aus dem Klerus der Nebenstifte und eineraus dem Stadrat. Diese drei bestellen dann mit unserer und unsererNachfolger Wissen und Bewilligung einen Spitalmeister oderHausvater, ferner einen tauglichen Priester, der zuvörderst diegöttlichen Aaemter in der Kirchen zu verrichten wisse und den armenKranken mit Predigen, Reichung der hl. Sakramente beflissen sei undsonst heilsame gute Lehren vorzutragen und die Kranken in allenvorkommenden Nöten, vielen Seelen zum Gewinn, zu trösten geneigtsei, endlich einen Leib- und Wundarzt. Alle diese sollen besondereLiebe und Neigung zu armen Leuten tragen und sich deshalb denSorgen und Mühen gerne unterziehen. Es folgen nun im Stiftungsbriefeingehende Weisungen über die monatliche und wöchentliche Kontrolleder Spitalpfleger, ferner die Angaben über die Ausstattung desSpitals mit Gütern und Einkünften. Zuletzt empfiehlt Julius dieseseine Stiftung eindringlich seinen Nachfolgern und beschwört siebei Gott und seiner uns Menschen zugewandten unaussprechlichenLiebe und Barmherzigkeit, diese seine Verodnung nicht allein mitbestem Fließe zu handhaben und aufrecht zu erhalten, sondern auchnach Vermögen zu mehren und zu bessern und ja an dieser seinerStiftung nichts zu ändern oder umzukehren; falls sie aber etwasAnderes oder Neues anzurichten gewillt sein würden, so sollten siedas anderen und nicht dieses Ortes vornehmen. Das werde ihnenselbst zum Ruhme und den Armen zum Troste sein und vor Gott, derkeine Guttat unbelohnt läßt und bei dem das Gebet der Armen vielvermag, für sie selbst wie auch für ihr Land Segen, Gedeihen undWohlfahrt sowohl in zeitlicher als ewiger Hinsicht unzweifelhafterwerben. Lasse man aber diese seine zum Troste der Armen Christiwohlgemeinte treuherzige Stiftung aus Unachtsamkeit verwahrlosenoder verwende man sie mit Vorsatz zu anderem Zwecke, so mögendiejenigen, welche aus ungebührlicher Einwilligung oder Nachsichtdas angehen lassen oder in irgendeiner Weise dazu behilflicherscheinen, dessen wohl sicher sein, daß ihnen alle Strafen undPlagen, die denjenigen, so sich der Armen nicht annehmen und Gottin diesen seinen Gliedern verachten, angedroht sind, in dieser undjener Welt nicht ausbleiben werden. Er selbst aber werde sie amjüngsten Tage vor dem Richterstuhle als Veränderer seiner Stiftungund Schmälerer der Ehre Gottes und Hilfe der Armen, die er alleindabei gesucht, ernsthaft verklagen. Auch kurz vor seiner Abreisezum Reichstag nach Regensburg am 10. Mai 1596 empfahl Julius seine

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beiden Lieblinsstiftungen, Universität und Hospital, den Dekanender 4 Fakultäten und den Dignitären des Domstiftes mit den Worten:Die Hochschule sei gleichsam sein einziger Sohn und dasJuliusspital seine einzige Tochter; er empfehle sie ihnen und demganzen Domkapitel als sein Liebstes, sie sollten dieselben in ihrenbesonderen Schutz nehmen und all ihr Ansehen, ihre Liebe zurKirche, zum Hochstift und zu den Wissenschaften aufbieten, um ihrenguten Fortbestand zu sichern, wenn er sterbe. Leider hat man imLaufe der Zeiten trotz solcher Beschwörungen beide Stiftungen starkverändert und zwar auch in solchen Punkten, die dem Stifterbesonders am Herzen lagen. So hat die Universität ihrenkatholischen Charakter verloren und auch das Juliusspital hatmanchen wesentlichen Zug seiner ursprünglichen Verfassungeingebüßt. Was das Juliusspital nach dem Willen seines Stifterssein sollte, zeigt auch das ehemalige Portalbild des Hospitals,welches sich jetzt im Durchgang zum Spitalgarten befindet. Invollem bischöflichen Schmucke mit der Mitra aufr dem Haupte knietJulius Echter da und betet für seine Stiftung. Im Vordergrundebeschäftigt sich der Spitalgeistliche und weiterhin der Arzt mitden Kranken; die Figuren der Pilger mit ihren Stäben und dieWickelkinder deuten an, daß das Juliusspital nicht nur Krankenhausund Pfründneranstalt, sondern auch Fremdenhospiz und Waisenhaussein soll. Ueber allen Personen aber thront Gott Vater; auf seinemSchoße ruht der gemarterte Leib des Gottmenschen; daneben schwebtder hl. Geist, der Gott der Liebe, in Gestalt einer Taube. Derhimmlische Vater, der so sehr die Welt liebte, daß er seineneingeborenen Sohn für sie dahingab, will durch dieses Bild derBarmhezigkeit auch in den Christenherzen für die Armen undNotleidenden auf Erden Mitleid und Erbarmen entzünden. DieVerlassenen und Kummerbeladenen aber sollen dort oben Trost undHilfe suchen. Ein Engel spricht zum betenden Bischof diePsalmworte, welche auf dem das Bild umschließenden Spruchbandegeschrieben stehen: "Dir ist anvertraut der Arme (Ps. 9, 35).Bischof Julius antwortet dem Engel: "Auf das Gebet der Armen setzeich meine Hoffnung." Ueber diesem Portalbild war einst dieInschrift zu lesen: Das Julier Spital genannt, Zu Nutzgebaut dem Frankenland, Nimmt auf die arme Bürgerschaft,Kinder, Kranke und was schadhaft, Auch sonst dürftig fremdeGäst, Wer hernach kommt, tue auch das Best. Julius wollte auchdurch diese "steinerne Stiftungsurkunde" sagen, daß seineWohltätigkeitsanstalt ganz vom kirchlich-katholischen Geistdurchlebt und durchwaltet sein soll, wie sie aus ihm heraus geborenist. In diesem Sinne ordnete er auch selbst das ganze Hauswesendurch eine ganze Reihe von Ordnungen und Instruktionen für dieeinzelnen Beamten und Angestellten des Hospitals sowie für diedarin wohnenen Armen, Kranken und Waisenkinder. Nicht nur der Lieb

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soll im Hospital seine Pflege finden, sondern ebenso die Seele.Darum findet sich neben derm arzt auch der Priester im Spital. DieObliegenheiten des Spitalgeistlichen ordnete Julius näher in der"Gottesdienstordnung für die St. Kiliankirche des Juliuspsitals."Das Original dieser Urkunde, die sich befindet im Archiv derJuliuspitalpfarrei, trägt zwar kein Datum, ist aber sicher vor demJahre 1589 abgefaßt; denn in der Bestallung des zweiten geistlichenSpitalmeisters Seb. Banz, datiert vom 14. September 1589, wirddiesem von Julius aufgetragen, seinen kirchlichen Dienst zuverrichten "nach Ausweis unserer Fundation und uffgerichterKirchenordnung." Die 23 Kapitel dieser Krichenordnung atmen echtenJuliusgeist. Der erst geistliche des Spitals, derKiliansbenefiziat, soll für immer zugleich "Spitalmeister" sein.Inbezug auf das Hauswesen hat er nach Kap. 3 folgende Pflichten: 1.An allen Tagen soll er mindestens einmal die Zimmer durchwandern,damit sie ebenso wie die Betten möglichst rein gehalten werden undfrei von allem Schmutz. 2. Er sehe nach, daß die Speisen nach dervorgeschriebenen Ordnung, und reinlich gekocht den Krankenvorgesetzt werden; sollten aber manche wegen schwerer Krankheit diegewöhnliche Kost nicht essen können, dann sollen sie auf ärztlicheVorschrift, eine bessere empfangen; dafür möge er emsig sorgen. 3.Da zugleich mit dem Leibe auch die Seele erquickt werden soll, sowerde zur Zeit des Mittag- und Abendessens etwas Erbauliches auseinem frommen Buch von einem Knaben oder Mädchen den Speisendenvorgelesen. 4. Er soll oft alle, besonders die gefährlich Krankenbesuchen, sie, so oft als nötig, mit dem notwenigen Trosterquicken. Wenn aber über kurz oder lang so viele zu gleicher Zeiterkranken sollten, daß er die eingehende Seelsorge für alle nichtleisten kann, dann nehme er die Mühe und Tätigket seinerMitarbeiter und Kapläne in Anspruch, damit keiner in derAngelegenheit des Heils auf leichtsinnige Weise vernachlässigtwerde. 5. Er soll sorgen, daß alle, auch des Spitals männliches undweibliches Dienstpersonal, an allen Tagen, so weit es möglich ist,der Messe beiwohnen und falls sie nicht krankheitshalber verhindertsind, in die Kirche zu gehen, soll er die Säumigen mit Entziehungvon Speise oder Trank bestrafen und sie schließlich, wenn sie nichtgehorchen wollen, vom Hause entfernen; er soll auch fleißig daraufachten, daß nicht manche die vorgeschriebenen Gebeten, nämlich dreiRosenkränze unterlassen, welche für den Stifter, die Wohltäter, dasHeil und Wachstum der Kirche und endlich für das Heil und dieWohlfahrt der im Spitale Weilenden täglich gebetet werden müssen.6. Er soll nach Kräften dafür sorgen, daß alle Sünden, besondersdie Fleischessünden und schweren Sünden, an einem so heiligenPlatze, in einem Haus für die Armen und wirklich Dürftigen gemiedenwerden; deswegen schärfe er den darin Weilenden beständig ein, essei ein Ort der Not und nicht der Lust, ein Ort der Tugend und

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nicht der Laster, ein Ort des Gebetes und nicht der Lästerung; eswürden daselbst geduldet zwar Kranke am Leibe, aber nicht Kranke ander Seele; wolle sich daher jemand da nähren und wärmen, soenthalte er sich aufs sorgfältigste von Lastern. Des Julius Geisterkennt man auch aus der Vorschrift (Kap. 4 und 5): Am Montag werdein der Spitalkirche zelebriert für den Frieden der Kirche, dieEintracht der Fürsten und die Ausrottung der Irrlehren; am Mittwochfür die Bedürfnisse der Würzburger Diözese und die Ausbreitung derkatholischen Religion in derselben; am Donnerstag für dieBedrängten und Betrübten, für den Papst und den Kaiser, für dieKirchenfürsten und den Würzburger Klerus; am Freitag für die imSpital Verstorbenen, besonders diejenigen, welche in derbetreffenden Woche gestorben sind. In der "Ordnung für die Armenund Pfründner" ist unter anderem gesagt, daß der Arzt die Krankenzweimal des Tages zu besuchen hat. Durch einen feierlichen Eidmußten sich alle ins Spital Aufgenommenen - sei es zur Kur oderdauernd - zur Einhaltung dieser Ordnung verfplichten; sie mußtenauch versprechen "Ich soll und will... zuvörderst früh und abendsden Gottesdienst in der Kirchen, soviel leibshalben möglich, mitFleiß und mit Andacht besuchen, zwei Rosarien... mit eifrigerAndacht beten, würde es auch während des Gottesdienstes nichtgeschehen können, soll es von mir außer der Kirche völlig allesFließes verrichtet werden. Mich auch sonderlich zu den vier hohenFesten des Jahres mit Beicht und Genießung des hochwürdigenSakramentes christlich gehorsam erzeigen. Oder da ich sonstenmeines Leibs Gebrechlichkeit halb, solches nötig zu sein vermerken,mich zeitlich darum bei dem Priester anmelden..., so wahr mir Gotthilft und seine lieben Heiligen." Betreffs derer, welche aberdiesen Sakramentenempfang verweigern, befiehlt Julius, daß sie "alsungehorsame Christen und Verächter der Kirchen im Spital nit sollenverduldet werden." Sonnenklar zeigen solche Anordnungen, daß Juliussein Spital als rein katholische Anstalt gestiftet hat.(Fußnote:Siehe darüber die Schrift: Die Zukunft der Juliuspital-Stiftung.Herausgeg. v. J.Thaler, 1908.) Noch zu Lebzeiten des Fürstbischofsgliederte sich an das Kinderhaus eine Studentenpflege an; für beidegab der Stifter ebenfalls Ordnungen.(Fußnote: R.Stölzle,Erziehungs- und Unterrichtsanstalten im Juliusspital zu Würzburgvon 1580-1803, München 1914.) Als Spitalarzt bestellte Julius i.J.1581 seinen eigenen Leibarzt Dr. Wilhelm Upilio; sein Nachfolgerwurde 1894 Dr. Johann Stengel, Professor der Medizin an derUniversität. Aus der Bestallungsurkunde des letzteren kann man einRecht der Universität auf Benützung des Juliusspitals alsUnterrichtsanstalt nicht ableiten. Vielmehr "standen die beidengroßen Stiftungen des Fürstbischofs Julius", wie 1884 Professor Dr.Gerhard in seiner Rektoratsrede ausführte, "ursprünglichunverbunden nebeneinander, später teils durch Personen, die an

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beiden wirkten, teils durch einige gemeinsam benützte Anstalten, soden botanischen Garten, lose verknüpft." Julius weilte gerne inseinem Spitale und hatte sich daselbst einige Zimmer vorbehalten;auch Festlichkeiten wurden zuweilen darin abgehalten. Er wachtestreng über den Vollzug seiner Anordnungen, ließ sich von derVerwaltung unvermutet Rechenschaft ablegen, besuchte selbst dieKranken, sprach ihnen Trost zu und untersuchte, ob ihnen an Kostund Pflege nichts fehle. Die Spitalstiftung ist die Krone undPerle unter den Werken des Julius. Die aus seinen Tagen und seinerUmgebung stammende Lebensbeschreibung darf mit Stolz sagen: "Es istein herrliches Gebäu und Stiftung, dergleichen ein Spital, inDeutschlandnicht ist: denn es ist also zugerichtet und dotiert, daßneben Verrichtung täglichen Gottesdienstes an 200 arme preßhaftePersonen (Fußnote: Heute beherbergt das Juliusspital gegen 700Personen.), alle um Gottes willen, wie sie auch anders nichtaufgenommen werden, alle notwendige Leibspflege und Unterhaltunghaben. Es kommt auch niemand hohen Standes oder von entlegenenOrten hierher, er begehrt solches Spital, und wie es eingerichtet,als in dieser Lands-Art zuvor ein unerhörtes zu besichtigen."(Fußnote: Gropp III, 316.) Der edle Vater der Armen aber war mitder Stiftung des Juliushospitals noch nicht zufrieden; er dehnteseine Fürsorge auf alle Armen- und Krankenanstalten, Hospitäler undPfründestiftungen des ganzen Hochstiftes aus, untersuchteallenthalben den Stand der Stiftungen, ließ, was durchUnredlichkeit der Stiftungspfleger oder Unglücksfälle verlorengegangen war, nach Möglichkeit wieder vergüten, erneuerte dieSpitalgebäude und gab verbesserte Spitalordnungen, die vielfach mitdenen des Juliusspitals in Würzburg wörtlich übereinstimmten; esist fast keine Stadt in Franken, die nicht Zeuge dieser Sorge desBischofs für die leidende Menschheit gewesen wäre. Er stelltewieder her oder gründete neu die Spitäler zu Arnstein, Dettelbach,Ebern, Gerolzhofen, Haßfurt, Heidingsfeld, Iphofen, Karlstadt,Königshofen, Mellrichstadt, Münnerstadt, Neustadt, Röttingen undVolkach. Die Spitalordnung des zuletzt genannten Ortesunterzeichnete Julius i.J 1607 eigenhändig mit den Worten: "Niemandist meines Wissens eines schlimmen Todes gestorben, welcher gernedie Werke der Nächstenliebe geübt hat; denn ein solcher hat vieleFürsprecher, und es ist umnöglich, daß die Bitten vieler nichterhört werden."

Der Landesvater

Julius Echter war nicht nur der längst regierende, sondern auch dergrößte Fürstbischof, der den Stuhl des hl. Burkard geziert hat. Er

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rettete den vom hl. Kilian eingepflanzten Gluaben vor demUntergange und obgleich er bei seinem Regierungsantritt geradezutrostlose und verzweifelte Zustände angetoffen, hinterließ er beiseinem Tode so geordnete kirchliche Verhältnisse und ein solchtiefes und freudiges Glaubensleben, daß selbst der bald darauffolgende Schwedeneinfall und die protestantische Zwischenregierungdes Herzogs Bernhard von Weimar (1632-35) den Abfall des Landestrotz aller Anstrengungen nicht mehr herbeiführen konnten. JuliusEchter war aber nicht nur Bischof, sondern auch Landesfürst; erbeginnt den Stiftungsbrief des Julius-Spitals mit den Worten: "Derallmächtige, gütige Gott hat uns nach seinem göttlichen Willen,unserthalb allerdings genugsam unwürdig, zum bischöflichen Standeberufen und dahin geordnet und gesetzt, daß wir neben solchemunserem bischöflichen Amte allhier auf dieser vergänglichen Weltauch Land und Leute regieren und denselben vorstehen sollen." Sogroß nun Julius als Bischof war, so musterhaft war auch seineLandesverwaltung. Hatte man seinem Vorgänger nachgeredet, er seiwohl ein guter Bischof, aber ein schlechter Regent, so konnte manvon Julius das nicht sagen. Sein ganzes Sinnen und Trachten war aufdie wirtschaftliche und soziale Hebung des Hochstiftes gerichtet.Er hatte das Land in trauriger Verfassung übernommen, verarmt undverschuldet. Aber Julius Echter war ein Meister in der Kunst derVerwaltung. Ein neuerer Geschichtsschreiber sagt: "Wie 100 Jahrefrüher Bischof Rudolf von Scherenberg, so hat auch Julius Echterdas verschuldete Hochstift wieder gerettet und zu einer vorher nieerreichten Blüte und Leistungsfähigkeit emporgehoben. Dies erhelltschon daraus, daß er 400000 Gulden für erkaufte oder eingelösteGüter verausgabte und noch dazu etwa 343000 Gulden für Bauten zugeistlichen und weltlichen Zwecken aufwenden konnte. Und das alleserreichte Julius Echter weniger durch übermäßige Belastung seinerUntertanen als durch weise Sparsamkeit.(Fußnote: Hefele, DerWürzburger Bischof Julius Echter v.M. und die Liga, 1912, S. 4.)Die Augen des ganzen Reiches richteten sich verwundert nachWürzburg. Der Würzburger Reichtum ward sprichwörtlich. Am 27.Februar 1610 äußerten sich die Räte des Herzogs von Bayern:"Würzburg ist gar reich, nichts schuldig, sondern viel ausgeliehenGeld." Als Julius zur Regierung kam, ward großer Mangel befunden anguten und verständigen Beamten und Räten. Was die höchstenLandesämter anlangt, so war das Hofmeisteramt unbesetzt; dsMarschallamt hatte zwar Gerhard v. Löschwitz inne, noch ein jungerMann und des verstorbenen Bischofs naher Verwnadter; er trat aberbald in fremde Dienste. Kanzler war damals Balthasar v. Hellu,sonst ein arbeitsamer Mann, aber mit allerhand Nebenarbeitenüberladen und dabei von schwächlicher Gesundheit, die auch seinenbaldigen Tod herbeiführte. Da aber die höchsten Stellen derLandesverwaltung unbesetzt waren oder von deren Inhabern lässig

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gehandhabt wruden, so nahm auch der schuldige Diensteifer, Fließund die Treue der unteren Beamtenklassen ab. Julius hatte darum fürden Anfang wenig Hilfe und desto mehr Sorgen undVerdrießlichkeiten. Amtsleute und Beamte waren zudem an pünktlichesGehorchen nicht gewohnt. Daher erließ er sogleich im Anfang seinerRegierung eine Kanzleiordnung, die so berühmt wurde, daß sie alleFürstenhöfe zum Muster nahmen und nachahmten. So begann Juliusüberall die brauchbaren und verfügbaren Kräfte zu sammeln und zuergänzen, die öffentlichen Einrichtungen in umfasssender Weise zuverbessern und neu zu gestalten und die Fäden der Regierung inseiner starken Hand zu vereinigen. Halten wir eine Umschau über dieverschiedenen Zweige seiner Landesverwaltung!. 1. Finanz- undSteuerwesen. Sogleich im Anfange des Jahres 1574 setzte Julius dieLandessteuern herab und schuf dadurch dem geringen Mann nichtgeringe Erleichterung. Die von den Reichstagen bewilligtenTürkensteuern konnte er zwar seinen Untertanen nicht erlassen, aberer suchte sie möglichst wenig drückend zu gestalten. Diese Steuerhoben bisher eigenen Einnehmer ein; da Julius den Verdacht hegte,daß sie nicht ganz redlich dabei verführen, schaffte er diese mehrprivaten Steuerämter ab und ließ die Steuern fortan direkt durchseine fürstlichen Beamten erheben, die der fürstlichen Kammerdarüber genaue Rechnung stellen mußen. Der Fürstbischof hielt eineReihe von Landtagen ab, so in den Jahren 1577, 1583, 1594, 1598,1603 und 1610, um mit den Abgeordneten der Städte und Geistlichkeitüber die Bewilligung neuer Steuern und deren gerechte Verteilung zuberaten. Wie Julius selber, schlicht und sparsam erzogen, auch alsFürst und Bischof einen einfachen Haushalt führte, so drang er auchin der Landesverwaltung auf größte Genauigkeit in Geldsachen undsah den Beamten scharf auf die Finger. Dies brachte ihn sogar inden Ruf des Geizes. Auch besaß er ein staunenswertes Geschick, neuefinanzielle Hilfsquellen zu erschließen. Daher brachte er dasHochstift bald aus seiner Verschuldung heraus. 2. DasGerichtswesen. Im Frankenland gab es die Zent- oder Gaugerichtefür Zivil- und Strafsachen mit einem Zentgrafen an der Spitze undeiner Anzahl von Schöffen; in Würzburg bestand das Stadt- undBrückengericht; das höchste Gericht im Hochstift aber war dasLandgericht des Herzogstums Franken. Die Geistlichkeit hatte ihreigenes Gericht. Die Rechtspflege an diesen Gerichten war in denunruhigen Zeiten, die der Regierung des Fürstbischofsvorausgegangen waren, in Verfall geraten. Julius brachte nun schonvon seinen juristischen Studien her der Rechtspflege das größteInteresse und Verständnis entgegen. Er ordnete in umfassender Weisedas Gerichtswesen im Herzogtum, indem er Fragebogen an dieZentgerichte über die Rechtsgepflogenheiten der einzlenen Bezirkehinausgab. Von überall her sandten darauf Zentgrafen und SchöffenBeantwortungen ein. Auf Grund dieser uralten Gepflogenheiten wurde

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nun ein einheitliches Recht geschaffen und darnach die einzelnenZentgerichtsordnungen gestaltet. Im Jahre 1582 ließ derFürstbischof die auf dieselbe Weise zustande gekommeneLandgerichtsordnung durch Kaiser Rudolf II. genehmigen, sie wurdejedoch erst durch seinen Nachfolger Johann Gottfried u.J. 1618veröffentlicht. So hat sich Julius Echter auch in der Rechtspflegeein unvergängliches Denkmal gesetzt; denn heute noch gilt seineLandgerichtsordnung in den Gebietsteilen des ehemaligen Hochstiftesfür alle bürgerlichen Rechtsverhältnisse, welche vor dem Jahre 1900begründet sind. Seitdem wurde das Julianische Recht durch dasBürgerliche Gesetzbuch des Deutschen Reiches abgelöst. In einemPunkte aber erlag auch der erleuchtete Julius den Vorurteilenseiner Zeit; wir meinen die Hexenprozesse. Unter seiner Regierungwurden, wie auch sonst überall in deutschen Landen diebedauernswerten Opfer des Hexenwahnes zum Tode verurteilt undgrößtenteils verbrannt, andere erhängt oder mit dem Schwertehingerichtet. Zum 11. Juni 1617 schreibt der Würzburger TuchschererJakob Röder in seinen Kalender: Auf der Kanzlei im Dom wurdeverkündigt, daß innerhalb eines Jahres im Bistum Würzburg über 300Hexen und Zauberinnen verbrannt wurden. 4. Polizeiwesen. DerFürstbischof stellte gleich im ersten Monate seiner Regierung anseinem Hofe die Anordnungen ab durch eine neue strenge Hofordnung.Für das Land erließ er später eine große Anzahl von Stadt- undDorfordnungen. Nichts entgeht darin der Aufmerksamkeit desLandesfürsten; er sorgt bis ins Kleinste; man findet es bei einemFürstbischof begreiflich, daß in diesen Dorfordnungen auch aufreligiös-sittliche Verhältnisse großes Gewicht gelegt wird. Hängtja doch von der Religion der gesunde Zustand von Familie und Staatab. Heben wir als Beispiel einer solchen weisen Gesetzgebungeinzelne Punkte aus der 1596 für Randersacker erflossenenDorfordnung hervor: Die Familienglieder müssen an Sonn- undFeiertagen Predig und hl. Messe besuchen; während desGottesdienstes sind Wirtshäuser und alle Läden zu schließen.Fluchen, unnützes Schwören und alle Gotteslästerung ist bei Strafeverboten. Um der Trunksucht entgegenzuarbeiten, wird den Wirten undWeinschenken untersagt, Abends nach dem Geläute der Weinglocke (desSommers um 9 Uhr, des Winters um 8 Uhr) Gäste aus dem Orte bei sichzu behalten. Bei Hochzeiten und Kindtaufen ist aller übermäßigerAufwand verboten; bei Strafe von 10 Gulden soll niemand über vierTische voll Gäste laden oder die Hochzeit über 2 Tage hinausausdehnen; auch dürfen nicht mehr als 3 oder 4 Gerichte aufgesetztwerden. Häuser, Höfe und andere Güter dürfen ohne erheblicheUrsache, welche die Obrigkeit zu prüfen hat, nie in mehr als zweiTeile zerschlagen oder abgeteilt werden. Wenn ein Erbteil inRandersacker einem Ausländer zufällt und dieser es nichtbewirtschaten will, so kann er es nur einem Einwohner verkaufen und

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hat vom Kaufschilling dem Hochstift als Nachsteuer zwei Gulden vomHundert zu entrichten. Gewichte und Maße müssen wenigstens viermaljährlich durch das Gericht im Beisein des Schultheißen besichtigtwerden. Macht ein Bäcker das Brot kleiner als der jährliche Satz esverordnet, so wird ihm das Brot abgenommen und an die armen Leuteausgeteilt. Dazu wird der Bäcker noch mit 10 Gulden gestraft. AlleDorfobrigkeiten, Gemeindebediensteten und alle Bürger müssen ihrePflichten eidlich beschwören. Für das gesamte HOchstift erließJulius eine Polizeiordnung, eine Wald-, Almosen-, Steinsetz-, Weg-,Pflaster-, Bäcker-, Müller- u. Gastwirtordnung. 1579 erschien einVerbot des nächtlichen Gassenschwärmens und übermäßigen Zechens inden Wirtshäusern, sowie im gleichen Jahr ein Gesetz über dieHeiligung der Sonn- und Feiertage; 1586 die Verordnung über dieWiederzusammenziehung der zerstückelten und zertrümmertenLehensgüter und über ihre Verpfändung. Auch gab Julius im Jahre1587 für das Hochstift bestimmte Vorschriften über Feuersgefahr;eine Feuerwehrordnung hatte vor Julius im Hochstift überhaupt nichtexistiert. Desgleichen traf er zweckmäßige Maßnahmen, um Teuerungenzu begegnen; er erbot sich in allem aus der fürstlichen Kammer undden Amtsgefällen zu helfen. Er traf Fürsorge, daß bei denVormundschaften den Pflegekindern gut vorgestanden und unnötigeUnkosten verhütet wurden. 1602 erschien eine Verordnung überBestrafung des Fluchens, Schwörens und der Gotteslästerung, 1615zwei Verodnungen über das Gerberhandwerk und den Aufkauf von Häutenund den Verkauf von Leder. Im Jahre 1559 hatte des JuliusVorgänger vom Kaiser Ferdinand die Verordnung erwirkt, daßsämtliche Juden innerhalb eines Jahre oder längstens anderthalbenJahres aus dem Hochstift geschafft werden sollten, um dieUntertanen vor wucherischer Ausbeutung zu schützen. Die Frist wurdewiederholt verlängert und die Juden fanden vielfach Beschützer beiverchuldeten Adeligen, die ihrer Geldhilfe bedurften. Julius führtenun das Gesetz seines Vorgängers unwiderruflich durch. Die Judenmußten das Hochstift verlassen. Am 3. November 1574 erließ er analle Amtleute des Stiftes den Befehl: "Weil die Juden von armenLeuten viele jährliche Zielfristen um eine geringe bare Summe ansich gebracht haben, ferner weil dieselben von den Untertanen einenwucherlichen Zins nehmen, nämlich 1, 2 oder 3 Heller wöchentlichvon einem Gulden, auch auf Wein, Getreide und andere Dinge Geldborgen, endlich weil die Juden mit Pferden, Ochsen, Kühen undanderem Vieh handeln und schachern, so sollen die Amtleute solchevon den Juden erkaufte Zielfristen selbst einnehmen und unter einerbesonderen Rubrik dem Fürsten in Rechnung bringen; ferner sollensie alle jene Judenschulden, welche zu hohen Zins entrichten, aucheinziehen und den Juden nicht aushändigen, dagegen aber dieJudenschulden, welche von verkauftem Vieh herrühren, obwohl sienach älteren kaiserlichen Verordnungen auch an den Fürsten

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verfallen wären, dennoch ihnen gnädigst auszahlen." Es ist dieseVerodnung zugleich ein Beispiel dafür, wie Julius das Geld gewann,um das verschuldete Hochstift vor dem Untergang zu retten. Daß erobige Summe für die fürstliche Kammer einheben ließ, geschah nachder für alle Untertanen des Hochstiftes geltenden Verordnung überwucherliches Geldausleihen auf Getriede und Wein vom 12. Juli 1574.Darnach hatten die Amtleute im Einvernehmen mit Sachverständigenaus dem Bauernstande alljährlich den Preis für Getreide und Weinfestzusetzen und im Amt bekannt zu machen. Wenn nun jemand denHerbstertrag hergeliehen hatte, durfte er im Herbst den Preis nichtüber dem Anschlag festsetzen. Dem Käufer oder Geldausleiher, deranders handelte, wurde zur Strafe die ganze Hauptsumme für diefürstliche Kammer eingezogen. Rühmend hervorzuheben sind auch diegesundheitspolizeilichen Vorschriften, welche Julius in denverschiedenen Verordnungen gibt. Besonders dringt er überall aufpeinlichste Reinlichkeit und Sauberkeit. So bedingt er, um nur einBeispiel herauszugreifen, mit den Jesuiten in dem Vertrage über dieSeminarleitung aus, daß die Betten der Alumnen alle Wochen mitfrischen Linnen versehen werden müssen. Zur Zeit der Pest traf derFürst strenge Absperrungsmaßnahmen. 4. Landesverteidigung. DasFrankenland hatte in jenen Zeiten kein stehendes Heer, sondern nureine Landwehr, die unserer Feuerwehr vergleichbar von Zeit und Zeitübte und gemustert wurde. Als im Jahre 1587 dem Hochstift wegen desReligionswerkes Krieg drohte, gab ihr Julius eine neue Ordnung undließ allenthalben im Stift zur Wehr mustern. Ihre Waffen hattesonst die Landwehr selber anzuschaffen. Diejenigen aber, welchenicht dmait versehen waren, rüstete er selber mit Waffen aus. DieStammrollen wurden auf der fürstlichen Kanzlei hinterlegt. DieWürzburger Bürgerschaft ordnete er in vier Fähnlein und gab ihr1617 neue Uniform und Bewaffnung. Im Jahre 1610 stieg durch dieEinquartierungen des Markgrafen von Ansbach die Kriegsgefahr fürdas Hochstift aufs Höchste. Da betrieb der Fürst auch die Rüstungenund Ausbildung seiner Landwehr noch eifriger. Im März bereits fandin den Häusern eine heimliche Musterung statt; im September wurden40000 Musketiere unter den fürstlichen Untertanen gezählt. Indemselben Jahre 1610 verlangte der Bischof vom Landtag die Mittel,das Schloß Marienberg und eine andere Stadt des Landes, namentlichKönigshofen im Grabfeld, zu befestigen. Allein der Landtagbewilligte trotz aller Vorstellungen des Fürstbischofs die Mittelnicht. Wenige Jahre später sollte sich diese kurzsichtige Politikder Abgeordneten bitter rächen; denn im Schwedenkrieg fielKönigshofen im ersten Ansturm und bald auch die Festung Marienbergund alle dahin geflüchteten Schätze wurden eine Beute der Schweden.Für das Reich hatte das Hochstift zur Zeit des Fürstbischofesaufzukommen für 45 Reiter und 208 Mann Fußvolk. Als Mitglied desLandsberger Bundes und später der Liga hatte sich Julius im

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Interesse der Landesverteigigung zu jährlichen größeren Beiträgenfür das Bundesheer verpflichtet; er tat alles, um seinem geliebtenHochstift den Frieden zu erhalten. 5. Bauwesen. In den unruhigenJahren vor Julius Echter waren des Stiftes Amtshäuser, Kellereienund andere Gebäude fast allenthalben im Lande in Unwesen geraten,vorab die welche von den Vorgängern des Fürstbischofs durchVerpfändung in andere Hände gegeben worden waren; denn ihreBesitzer hatten nur auf den Eigenutz gesehen und das Eigentum desStiftes vernachlässigt. Sobald das Hochstift sich einigermaßen vonseiner Verschuldung erholt hatte, setzte eine große Bautätigkeitein und es wurden außer hunderten von Kirchen, Pfarrhäusern undSchulen viele Amtsgebäude, Rathäuser, Spitäler, Siechenhäuser,Zehntscheunen, Festungsanlagen usw. aufgeführt. In Würzburg waranderthalb Jahre vor dem Regierungsantritt des Fürstbischofs Juliusdie Residenz auf dem Marienberg abgebrannt. Fürstbischof Friedrichhatte sie zwar im Rohbau wieder hergestellt, jedoch Julius schuferst die prächtige innere Einrichtung. In der Nacht vomGründonnerstag auf Karfreitag 1600 brach auf dem Schloß inunaufgeklärter Weise ein neuer gewaltiger Brand aus, der einengroßen Teil desselben in Asche legte. Binnen drei Jahren bauteJulius das Zerstörte schöner und zierlicher als zuvor wieder auf;auch ließ er für den Besuch von Fürstlichkeiten und hohen Gästenprachtvolle Säle und Prunkgemächer darin herstellen; er selbst aberwählte einen ganz bescheidenen Teil des Schlosses zu seinerWohnung. Auf Königshofen i. Grabfeld verwandte der Fürstbischoffür weltliche Bauten die bedeutende Summe von 91021 Gulden und fürdie Stadt Gerolzhofen eine solche von 6392 Gulden. Eine Inschriftam Amtshaus zu Gerolzhofen aus dem Jahre 1614 sagt: Euer Werkin Handen Gott vollführt, Als Bischof Julius da regiert,Erstattet die Religion, In Fried erhält die Unterton, Führtbeides wohl, den Stab und das Schwert, Wahrt als ein Hirt obseiner Herd, Baut Spital, Schuel, Kirche, Kloster, Schloß,Wie auch dies Amthaus nit ohn' Lost. So bewahrheitete sich beiJulius Echter das alte Sprichwort: Unter dem Krummstab ist gutwohnen. Selbst jener Schmalkaldener Prediger Utzinger gab in seinenKampfschriften gegen den Würzburger Bischof zu: "Ich weiß es sehrwohl, muß es bekennen, hab es auch oftmals aus der Erfahrung rühmenhören, daß die papistische Obrigkeit meistenteils über ihreUntertanen gnädiger und sanftmütiger herrschen als eben vielandere." Die größte Anerkennung aber spendete der Landesregierungeines Julius der schon öfter genannte Würzburger Bürgersmann JakobRöder, da er am Todestag dieses Bischofs in seinen Kalenderschrieb: "Gott geb uns Gnad und geb uns Franken wieder einensolchen Vater und Haushalter!"

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Julius Echter als Reichsfürst

Der religiöse Zwist hatte die deutschen Reichsstände in zwei großefeindliche Lager gespalten; der Augsburger Religionsfrieden vomJahre 1555 konnte die Kluft nicht überbrücken, sondern barg denKeim neuen Haders in sich. Die katholischen Stände nämlicherkannten die Ferdinandsche Nebendeklaration, welche dengeistlichen Fürsten das Reformationrecht in ihren Gebieten enzog,nicht an; die protestantischen Fürsten aber bekämpften densogenannten "geistlichen Vorbehalt"; das ist jene Bestimmung desReligionsfriedens, wonach ein geistlicher Fürst, wenn er zumProtestantismus abfällt, seines Fürstentum verlustig geht. Hitzigwaren die Kämpfe, welche auf den Reichstagen wegen der Deklarationund des geistlichen Vorbehaltes geführt wurden. Julius Echterverfocht mit aller Klugheit und Energie die Interessen derKatholiken. Das Oberhaupt der Kirche wandte sich daher wiederholtan Julius, damit er auf den Reichstagen sein großes Ansehen bei denReichsfürsten zum Heile der Kirche benütze. Zu einem derartigenSchreiben sagt Papst Paul V. i.J. 1607, ihm sei bekannt, welchgroßen Ansehens und welcher Verehrung sich Julius bei allen Ständenaund Fürsten erfreue. Als auf dem wichtigen Reichstag zu Augsburgi.J. 1582 über die beiden erwähnten strittigen Punkte desAugsburger Religionsfriedens verhandelt werden sollte, schriebPapst Gregor XIII. vorher an Bischof Julius, er halte ihn für denMann, welcher der Sache der Kirche auf diesem Reichstag großeDienste leisten könne. Tatsächlich konnte auch der päpstlicheGesandte Kardinal Madruzzi über die Verhandlungen an seinen Herrnberichten: "Auf dem Reichstag zu Augsburg zeigte sich unter allenals eifrigsteer Verfechter der katholischen Sache der Bischof vonWürzburg, eine Leuchte des ganzen bischöflichen Standes. Denn miteinzigartiger Geistesschärfe legte er dem Kaiser dar, wie dieForderungen der Protestanten ungerecht und widersinnig seien, sodaß Kaiser Rudolf die Hand erhob und den für einen katholischenRegenten so schönen Ausspruch tat: Wenn ich die Korne diesesReiches ohne Verletzung des apostolischen Glaubens nicht tragenkann, werde ich sie niederlegen. Wie sehr Julius auch für dieInteressen der Katholiken eintrat, so wollte er doch einen offenenBruch der Reichsstände vermieden wissen. Seine Reichspolitik zieltevor allem auf die Erhaltung des inneren Friedens. Darum suchte erauch das kaiserliche Ansehen möglichst zu stärken und dieReichsvefassung aufrecht zu erhalten. Kaiser Ferdinand I. hatte imJahre 1556 zur Stütze der Reichsgewalt und Aufrechterhaltung desFriedens den Landsberger Bund gegründet. Die Bundesmitgliedersollten sich in Kriegsnot mit Geld und geworbenem Volk gegenseitigzu Hilfe kommen. Der Bund zählte Katholiken und Protestanten zuseinem Mitgliedern. Schon der Vorgänger des Fürstbischofs Julius

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war ein eifriges Mitglied des Bundes und noch mehr war Julius fürdenselben tätig. Er suchte neue Mitglieder zu gewinnen, gleichvielwelcher Konfession sie waren und den Austritt von Bundesmitgliedernzu verhindern. Es schmerzte ihn tief, als im Jahre 1584 Oesterreichaus Eifersucht auf Bayern aus dem Bunde ausschied, und er bemühtesich angelegentlich um die Wiederaufnahme Oesterreichs. Aber alleseine Anstrengungen für die Stärkung des Bundes konnten den Verfalldesselben nicht verhindern und im Jahre 1598 löste ihn HerzogMaximilian von Bayern als dessen Bundesoberster auf. Julius Echterward durch diesen Schritt unliebsam überrascht und beklagte ihn alsein Unglück. Als Herzog Maximilian bald darauf den einflußreichenund geldkräftigen Würzburger Fürstbischof für einen neuen und zwarrein katholischen Schutzbund gewinnen wollte, konnte sich JuliusEchter lange für diesen Plan nicht erwärmen. Denn er wollte dieprotestantischen Fürsten durch einen ausgesprochenen katholischenBund nicht reizen. Er wollte keinen Kampfbund; sein konservativerSinn verlangte eine Organisation zur Erhaltung des Friedens, derbestehenden Ordnung und der öffentlichen Sicherheit, an derenSpitze der Kaiser stehe und der auch gehorsame und kaisertreueProtestanten beitreten könnten.(Fußnote: Ueber des JuliusReichspolitik siehe die neueren Forschungen von Hefele: DerWürzburger Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn und die Liga,Würzburg 1912.) Er lehnte daher alle Werbungen des Bayernherzogsmit vorsichtiger Zurückhaltung ab, bis er durch die Macht derTatsachen von der Notwendigkeit eines katholischen Schutzbündnissesüberzeugt wurde. Denn die politischen Gegensätze zwischenKatholiken und Protestanten hatten sich im Reiche derartzugespitzt, daß an ein Zusammengehen von beiden Gruppen nicht mehrzu denken war. Die protestantischen Fürsten schlossen sich 1609 inKloster Ahausen im Ansbachischen zu einer Union zusammen; auf diekaiserliche Macht war kein Verlaß, denn Oesterreich krankte selberan unheilbarem inneren Zwist. Als vollends der kriegslustigeMarkgraf Joachim Ernst von Ansbach i.J. 1610 im Namen der protest.Union Truppen warb und dieselben im Hochstift Würzburg längere Zeitgewaltsam einwquartierte, so daß sie bis Mitte Mai 52 Flecken inden reichsten Aemtern um Schweinfurt herum einnahmen undbeutelustig daselbst hausten, da war für Julius der letzte Zweifelan der Notwenigkeit eines katholischen Schutzbündnissengeschwunden. Er fühlte jetzt am eigenen Leibe die Schwäche derReichsverfassung und die Feindseligkeit der Protestanten. Nunmehrbetrieb er eifrig, daß sich auch die katholischen Reichsständeunter des Bayernherzogs Leitung zu einem "heiligen Bund", der Ligasancta, zusammenschlossen. Des Julius Name steht unter denUnterschriften der Reichsstände, welche am 10. Juli 1609 zu Münchendie hl. Liga schlossen, an erster Stelle. Als Zweck des Bundeswurde in der Gründungsurkunde angegeben: "Diese unsere Einigung

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soll allein zur Verteidigung und Erhaltung der wahren katholischenReligion und Fortpflanzung gemeinen Friedens, Ruhe und Wohlfahrt,Abwendung besorgter Gefahr und dann zur Handhabung des heiligenReiches Abschieden, Religion- und Profanfriedens und anderer rechtlöblicher und von alters hergebrachter Gewohnheiten angesehenwerden." Julius warb fortan für die Liga so eifrig wie vordem fürden Landsberger Bund. Mehrere Bundestage wurden in Würzburggehalten. Eifrigst suchte er die auseinanderstrebendenBundesmitglieder zusammen zu halten und die Interessengegensätze zuüberbrücken. Als der Bayernherzog Maximilian infolge der innerenSchwierigkeiten der Liga seiner Stellung als Bundeshaupt müdewurde, war es Julius, der ihn mit den schmeichelhaftesten Wortenzum Ausharren veranlaßte. Der Herzog müsse auch fernerhin ihr"Machabäer" und der allgemeine Verteidiger der katholischen Sachebleiben, so sagte Julius den bayerischen Gesandten; andernfallswürden sie wie zerstreute Schafe ohne einen Hirten den Wölfenunvermeidlich in die Zähne fallen. Julius beteuerte, er hab keineBlutstropfen im Leibe, den er nicht mit Freuden für den Herzog unddas ganze bayerische Haus opfere. Es wird gegen Julius Echtermanchmal der Vorwurf erhoben, er sei ein großer Protestantenhassergewesen. Dem steht die Tatsache entgegen, daß die ganzeReichspolitik des Fürstbischof versöhnlich war und im Interesse desReichsfriedens ein Zusammengehen mit den protestantischen Ständenwollte bis zu dem Tage, da sich die beutelustigen Truppen derprotestantischen Union in seinem Land herumtummelten. Wie JuliusEchter ständig auf die Erhaltung des inneren Friedens bedacht war,sokam er bereitwillist dem Kaiser zu Hilfe gegen die äußerenReichsfeinde; namentlich bedrohten die Türken fortgesetzt dieOstgrenzen des deutschen Reiches und Julius trat auf denReichstagen immer für Bewilligung der Türkenhilfe ein; er gab demKaiser wiederholt auch selber größere Darlehen in seinenKriegnöten. Schon in den ersten Jahren seiner Regierung hatte sichJulius Echter im Rate der Fürsten eine gewichtige Stimmeverschafft. Die Kaiser schätzten ihn und betrauten ihn wiederholtmit schwierigen und ehrenvollen Sendungen. So weilte er vom Märzbis November 1579 in Köln als kaiserlicher Bevollmächtigter, um imInteresse des Friedens zwischen dem König von Spanien und denaufständischen Niederlanden zu vermitteln. Auch die Gegner kanntendie großen Eigenschaften des Würzburger Fürstbischofs sehr wohl. Soschrieb der protestantische Graf Johann von Nassau i.J. 1582:"Julius könnte gewißlich vor anderen Verstandes, Geschicklichkeitund Mannheit halber viel Gutes tun, wenn er nicht zu viel den Papstim Bauch hätte und von den Jesuiten eingenommen und verführtwürde." Julius hatte sich sowohl als Bischof wie als Reichsfürstsolches Ansehen und solche Verdienste erworben, daß ihn PapstClemens VIII. durch Schreiben vom 28. April 1601 aufforderte, sich

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um den erledigten erzbischöflichen Stuhl von Mainz, mit dem dieKurfürstenwürde und das Erzkanzleramt des Reiches verbunden war, zubewerben. Der Papst wünschte für diese erst Kirche Deutschlandsauch einen hervorragenden Hirten und hielt, wie er sagt, denFürstbischof Julius wegen seiner Tugend, Frömmigkeit,Geschäftsgewandtheit und seines Eifers für die katholische Religionfür diese Stellung ganz besonders geeignet.

Charakterbild des Fürstbischofs

Im Jahre 1592 entwarf der berühmte Schottländer Richard Stanihurtusin der Schilderung seiner Reise an die Fürstenhöfe Deutschlands,bei welcher er auch Würzburg berührt hatte, von Julius Echterfolgende Charakterzeichnung, wie sie kürzer und treffender kaummöglich ist: Praesul omnino certus, pius, politicus. Der Bischofist ein Mann von unbedingter Bestimmtheit, Frömmigkeit undKlugheit. 1. Das war Julius Echter wirklich! Schon aus seinem Augeleuchtet eine tiefe, sinnend ernste, entschlossene Seele.Unbeugsame Festigkeit, sichere Selbständigkeit, entschiedeneWillenstärke, mutige Entschlossenheit, zähe Ausdauer,unerschütterliche Beharrlichkeit waren ihm eigen. Er wußte, was erwollte, und was er wollte, führte er mit staunenswerterWillenskraft aus. Nicht umsonst hatte er sich zum Wahlspruchgewählt: Virtus boni operis est perseverantia. (Die Kraft einesguten Werkes liegt in der Beharrlichkeit.) Diese zielbewußte,sichere Festigkeit war das Resultat eines glücklichenZusammentreffens von vortrefflichen körperlichen und geistigenGaben, welche ihm der Schöpfer bereits in die Wiege gelegt undwelche er dann unter der Anleitung von hochsinnigen Eltern undLehrern in unverdrossener Arbeit und Selbstschulung zur schönstenBlüte und Reife entwickelte. Julius Echter war kerngesund undhatte gute und starke Nerven; noch als Siebziger besaß er seinvolles schwarzes Haar. Er verfügte über eine großeArbeitsrüstigkeit und Arbeitsfreudigkeit. Die alte, noch aus seinenTagen stammende Lebensbeschreibung erzählt von ihm, daß er sich,"so viel man bisher erfahren konnte", krankheitshalber niemalseinen Tag niederzulegen brauchte. Seine Aerzte sagten, daß er seineGesundheit mit nichts anderem als einzig durch viele Arbeitübermäßig schwäche. Anderen Fürsten riet wohl Julius, sich zuschonen, aber er selbst wollte sich nicht dazu verstehen, so sehrihn auch die Seinen darum baten. Selbst wenn er sich, durch vieleArbeit ermattet, krank fühlte, unterließ er es doch nicht, in desStiftes Sachen emsig zu arbeiten. Als er älter wurde, hat er nichtweniger, wie er es bei jungen Jahren zu tun pflegte, das Hochstift

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gleich einem verpflichteten Rentmeister beritten, um den Untertanenin ihrem Anliegen hilfreiche Hand zu bieten und dabei derfürstlichen Kammer Nutzen wahrzunehnen. Da er etliche Jahre keinenWeihbischof hatte, so vollzog er auch die geistlichen Verrichtungenseines Amtes selber, konsekrierte Kirchen, spendete einer großenZahl von Gläubigen das Sakrament der Firmunung und erteilte die hl.Weihen. In dem Maße aber als er die Amtsgeschäfte selber führte,ward er in alle geistlichen und weltlichen Angelegenheiten desHochstiftes eingeweiht und von seinen Räten und fremderBerichterstattung unabhängig. Im gesunden Leib wohnte aber auchein hochbegabter Geist. Fürstbischof Julius hatte einen klaren,durchdringenden Verstand. So ward es ihm leicht, sich ein weit überdas Durchschnittsmaß der damaligen Zeit hinausragendes Wissenanzueignen. Zeitlebens blieb er auch ein warmer Freund und Gönnerder Wissenschaft und Kunst. Ds bezeugt nicht nur die Stiftung derUniversität, sondern überliefern auch alle alten Nachrichten.Unmittelbar nach seiner Erhebung auf den Stuhl des hl. Burkardschrieb der fürstbischöfliche Leibarzt Johannes Posthius an einenFreund: Der neugewählte Bischof ist hochgebildet, ein Gönnergelehrter Männer und sehr sprachenkundig. Der schlesische GelehrteMartin Lochander aus Görlitz hebt in einem 1585 auf dasJuliusspital verfaßten Lobgedicht sein reiches juristischen Wissenervor und erzählt, daß der Fürst ein klassisches Latein sprach unddie französische, italienische und spanische Sprache beherrschte.Ein anderer Gelehrter, der Niederländer Franziskus Modius, widmete1579 dem Bischof die Ausgabe seines Curtius und sagte ihm in derZuschrift die schmeichelhaften Worte: "Unter den FürstenDeutschlands ragst du hervor als ein solcher Freund derWissenschaften und Gönner und Förderer gelehrter und tugendhafterMänner, daß in kaum einem anderen Himmelsstrich Deutschlandsgegenwärtig ein derartig feinsinniger Eifer für Studien blüht alsin Deinem Frankenland. Die Kunde von Deinen Tugenden ist schonlängst und immer wieder bis in den letzten Winkel Flandernsgedrungen." Auch mit vielen anderen gelehrten Männern seiner Zeit,so mit dem berühmten Gelehrten Justus Lipsius und dem KardinalCäsar Baronius stand Julius in Briefwechsel und unterstützte ihrewissenschaftlichen Unternehmungen. (Fußnote: Eine Briefsammlung vonGelehrten an Julius Echter veröffentlichte 1831 Theod. Friedr.Freytag bei Teubner in Leipzig; im Archiv des hist. Seminars (44.Bd. (1902) S. 213-217) bietet Professor Leitschuh einen Auszugderselben.) Besonders förderte er aus Liebe zur Kirche mittatkräftiger Geldhilfe das Zustandekommen des großen apologetischenGeschichtswerkes von Kardinal Cäsar Baronius. In den Jahren 1559-74war nämlich eine ganz einseitige lutherische Darstellung derKirchengeschichte in 13 Bänden erschienen, gewöhnlich dieMagdeburger Centurien genannt. Die Herausgeber wollten darin dem

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oft den Protestanten gemachten Einwurf begegnen: Das Luthertum seidoch erst im 16. Jahrhundert als eine Neuerung in die Weltgetreten; wo sei denn bis dahin das wahre Christentum gewesen? DieMagdeburger Centurien wollten demgegenüber nachweisen, daß dasPapsttum das Reich des Antichristes, sein Kult Abgötterei, diekatholische Religion eine Erfindung der Päpste, Mönche und spätererZeiten, das Luthertum daagegen im Besitz des urchristlichenGlaubens sei. So offensichtlich die Entstellungen dergeschichtlichen Wahrheiten in diesem Werk auch waren, es stiftetebei seinem ersten Erscheinen großen Schaden und schon der seligePetrus Canisius schrieb eine vorläufige Erwiderung gegen dasselbe.Der gelehrte Oratorianer Kardinal Cäsar Baronius bot endlich nach20jährigen Vorstudien die umfassende und glänzende Widerlegung desMachwerkes in seinen "Jaahrbüchern der Kirchengeschichte", wovonder erste Band 1588 erschien. Der Würzburger Bischof begrüßtenatürlich ein solches Werk der Verteidigung seiner geliebten Kircheauf wärmste und förderte es durch freigebige Unterstützung.Kardinal Baronius dankt ihm in mehreren Briefen für seinFreigebigkeit, rühmt dieselbe anderen gegenüber und übersendet ihmBand für Band der Jahrbücher nach ihrem Erscheinen. Den frommen undwissenschaftlich gerichteten Sinn des Fürstbischofs zugleicherkennt man auch aus der Tatsache, daß er sich in jeder Weise umdas Zustandekommen einer gediegenen Lebensbeschreibung des hl.Burkard Würzburgs ersten Bischofs bemühte. Er trug die Arbeitzuerst dem gelehrten Jesuiten Nikolaus Serarius an, später wandteer sich an Kardinal Baronius selber. Man darf deshalb die Vermutungaussprechen, daß Pater Serarius, damals Theologieprofessor inWürzburg, auch seine Geschichte des hl. Kilian (1598) aufVeranlassung des Fürstbischofs verfaßt hat. Es konnte Julius sonachmit Recht in Gelehrtenkreisen als einer der warmherzigsten Fördererwissenschaftlicher Unternehmungen in ganz Deutschland gepriesenwerden. Der Fürstbischof war auch ein großer Bücherfreund. Fürseine Hofbibliothek auf dem Schlosse Marienberg sammelte Juliuseinen so reichen Vorrat der seltensten Handschriften, gedrucktenBücher, Gemälde, Münzen und Altertümer, daß nicht leicht bei einemgeistlichen Fürsten Deutschland ein solcher Schatz anzutreffen war.Frühzeitig sorgte er auch für die Anlegung einer Bibliothek imKiliansseminar und Marianischen Kolleg. Auch die MarianischeAkademikersodalität hatte eigenen Bücherbesitz. Freigebigbeschenkte der Fürstbischof die Bücherei der Jesuiten, derDominikaner, Schottenmönche und Kapuziner; auch bereicherte er dieEchtersche Familienbibliothek in Mespelbrunn. Leider beraubtenwenige Jahre später die Schweden unser Vaterland großenteils dieserSammlungen. Die Jesuiten allein verloren 4-6000 Bände. Viele alteWürzburger Handschriften muß man heute in Oxford suchen; durch denanglikanischen Erzbischof Laud kamen sie von Schweden nach England.

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Unter des Julius Regierung konnten zwei Buchdruckereien in Würzburgbeschäftigt werden. Daß der Fürstbischof bei seiner regenBautätigkeit alle Arten der Künste in seltener Weise förderte,braucht nicht eigens hervorgehoben zu werden. Wieviel Baumeister,Maler, Bildhauer, Paramentenstickereien, Goldarbeiter hat er alleinzur Ausschmückung der mehr als 300 Juliuskirchen benötigt! DerFürstbischof vereinigte mit diesem seltenen Maß von Wissen einenunerschrockenen Mut und kühnsten Unternehmungsgeist. All dieseEigenschaften zusammen gaben ihm das Gepräge einer seltenenGeschlossenheit, Abgeklärtheit, Selbständigkeit und Festigkeit. Esmag wohl sein, daß das eigene Kraftgefühl den Fürstbischof zuweilenverleitet hat, weiger rücksichtsvoll, ja sogar gewalttätig gegenandere zu sein. Dies beklagten selbst seine sonstigen Verehrer undBewunderer. 2. Einer der schönsten Züge im Charakterbild desFürstbischofs Julius ist seine tiefe Frömmigkeit. Er war nicht nur,wie die Vorreden zu den Neuausgaben der liturgischen Bücher zeigen,ein begeisterter Lobredner des Gebetes, sondern nahm auch selber inallen Nöten seine Zuflucht zu anhaltendem und inständigem Gebet.Etwa 30 Jahre nach dem Tode des Fürstbischofs bezeugte derWürzburger Weihbischof Joh. Melchior Söllner in einer Ansprache aufder Diözesansynode v. Jahre 1649, daß Julius Echter ganze Nächtehindurch mit einem rauhen Bußgürtel bekleidet für seine Diözesebetete und wachte. Betend läßt er sich darstellen auf dem Portalder Universität, des Juliushospitals und dem Grabmal seiner Familiein Hessenthal. Die gut unterrichtete alte Lebensbeschreibungerzählt, daß er von dem Tage seiner Erwählung an keinen mehr zuleben begehrte, an welchem er nicht das hl. Meßopfer entwederselber lesen oder doch wenigstens hören konnte. Sogar in den Tagenseiner Krankheit ließ er in seinem Krankenzimmer die hl. Messelesen. Seine Frömmigkeit gegen die Heiligen trieb ihn an, ihreReliquien hoch in Ehren zu halten; besondere Liebe hegte er gegendie Frankenapostel; auf diese weist er immer wieder in seinenHirtenschreiben hin, ihnen weiht er Kirchen und Altäre und ihrLeben läßt er für Geistlichkeit und Volk beschreiben. Auf seineVeranlassung ließ das Stift Neumünster i.J. 1592 einen kostbarensilbernen Reliquienschrein für die Gebeine des hl. Kilian undseiner Gefährten herstellen. Leider wurde derselbe in einer wenigerpietätsvollen Zeit unter Fürstbischof Franz Ludwig von Erthal 1794zur Unterstützung der erschöpfen Landeskasse durch die fürstlicheMünze eingeschmolzen. Auf Gottes Hilfe und Beistand setzte Juliusein unbegrenztes Vertrauen. Oft gibt er der Ueberzeugung Ausdruck,daß Gottesfurcht schon in diesem Leben vom Herrn reich gesegnetwird. Um den Abt von Banz zum Wiederaufbau seines Klosters zuermuntern, warnt er ihn im Jahre 1577 vor Kleinmut; man müsse gegenGott opfervoll und großmütig sein und dürfe unsern Herrgott nichtstets hinter der Türe stehen lassen, sondern müsse vor allem für

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das Reich Gottes sorgen. Dann würden auch die übrigen Dinge nachherdesto glücklicher gehen. Wie Julius fromm war gegen Gott, so warer voll edler Pietät gegen seine Elternund voll rührenderGeschwisterliebe. Daß der Fürstbischof seine Familie auf Kosten desJuliusspitals und des Hochstiftes bereichert hbe, ist eine von Neideingegebene Verleumdung. In jener Zeit, wo so manche Adeligevielfach durch liederliches Leben in Schulden und Mißwirtschaftgerieten, erregte es bei vielen nicht geringen Aerger, daß dienüchternen, sparsamen Echter von Mespelbrunn emporkamen. Im ganzenReiche machten den Fürstbischof seine angeborene Höflichkeit undseine freigebige Gastfreundschaft so beliebt, daß viele Fürstenihre Reisen gern über Würzburg richteten; mehr Fürsten als beiseinen Vorfahren in vielen Jahren kamen an sein Hoflager; selbstaus Griechenland stellte sich eines Tages eine Gesandtschaft einmit Briefen vom Patriarchen aus Konstantinopel. Einen rührendenBeweis seiner anhänglichkeit an das Hochstift Wüzrburg gab Juliusim April des Jahres 1582, als er zum Erzbischof von Mainz gewähltworden war; er nahm die Wahl nicht an und verzichtete damit auf dieWürde des ersten Kurfürsten und des Erzkanzlers im deutschenReiche. Julius wollte sich seinem geliebten Hochstift mit ganzerKraft widmen. Nichts beweist mehr, daß Herrschsucht und Ehrgeiz dieTriebfeder seiner Handlungen nicht waren. Das ist ja einer derVorwürfe seiner vielen Feinde. Man hat ihm auch die vielen"ruhmredigen Inschriften" an den von ihm erbauten Kirchen undAmtsgebäuden verübelt. Diese Inschriften stammenmeist aus denletzten Regierungsjahren des Fürstbischofs. Wenn nun Julius am Endeseines Lebens mit einer gewissen Befriedigung auf die bewältigteRiesenarbeit und die völlige Neugestaltung der Dinge im Hochstiftzurückblickte, wer wollte ihm das verargen? Uebrigens zeigt sichauch in diesem PUnkte der Fürstbischof als ein bessererMenschenkenner als seine Ankläger. Die Inschriften sollten aucheine Predigt an die späteren Geschlechter sein, dem durch BischofJulius wiederrerlangten Glauben treu zu bleiben. Es haben dieseInschriften ihren Zweck durch die Jahrhunderte hindurch bis zumheutigen Tage auch erfüllt. Ein anderer lauterer Zug seinesCharakterbildes, den auch die bittersten Feinde nicht in Abredestellen konnten, ist seine Mäßigkeit und Sittenreinheit. Seinetiefe Frömmigkeit war der Nährboden dieser beiden herrlichenTugenden. Dieses edle Geschwisterpaar unter den Tugenden ist beiJulius um so mehr zu bewundern, als so mancher seiner damaligenStandesgenossen leider oft das denkbar schlechteste Beispiel indiesen Punkten gab. 3. Als der Schottländer R. Stanihurtius denWürzburger Bischof auch mit "politicus" charakterisierte, beeilteer sich die Erklärun hinzuzufügen: "Ich meine dies Wort nicht indem Sinne, wie die Anhänger Macchiavellis es verstehen, daß sienämlich ihre Staatsverbrechen mit dem politischen Mäntelchen

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verhüllen." Julius Echter besaß in höchstem Maße Welt- undMenschenkenntnis; er wußte die Leute nach ihrer Eigenart zubehandeln und mit den gegebenen Verhältnissen zu rechnen. Manerkennt es aus seinen Schriftstücken, wie meisterhaft er die Gründedarzulegen und die Gefühlssaiten anzuschlagen wußte, von denen ererwarten konnte, daß sie auf die Adressaten Eindruck machten. Auchgefährliche Gegner wußte Julius zu behandeln. Er suchte sie durchäußerst höflichen Ton zu beruhigen. Julius hatte aber auch Mut undGeschick genug, um ungehörigen Widerspruch zum Schweigen zubringen. Um einst einen tüchtigen Juristen in Lothringen für seineUniversität zu gewinnen, bot er ihm eine etwas reichliche Besoldungan. Als man ihmn seitens des Domkapitels einwandte, es sei dasGeldverschwendung, antwortete er, dies Geld sei auf ARbeit zumallgmemeinen esten angelegt; etliche andere hätten aus Stiftungenfünf- oder mehrmal so viel und sie täten aber nicht Besseres alsdaß sie Schand und Laster trieben, gleichwohl rede man davonweniger. Fast möchte man wünschen, Bischof Julius habe sich beiseinen großen und hohen Zielen, die ihm stets vorschwebten, ineinzelnen Fällen doch weniger der Mittel irdischer Klugheit undpolitischer Weisheit bedient als der Taubeneinfalt des Evangeliums.Man muß freilich zur Entschuldigung mit Braun in seiner Geschichteder Heranbildung des Würzburger Klerus (I, S. 181) sagen: "Juliushielt seine Lage für die eines Mannes, der in den Wellen um seinund anderer Leben kämpft und sich auch am Gewande desjenigenfestklammert, der ihm die rettende Hand reicht, überzeugt, daß manes ihm nicht verübeln werden, wenn ein Stück davon ihm dabei in derHand bleibt." Wie dem auch sei, Julius war nicht nur ein großerMann, sondern auch ein großer Charakter. Auch Papst Paul V. äußertesich i.J. 1607 dem Würzburger Gesandten Dr. Engelhardt gegenüber:"Wir kennen sehr wohl die Tugenden und Verdienste des Bischofs vonWürzburg, die wir nie vergessen werden."

Bischof Julius stirbt

Nachdem der große Fürstbischof ganz Europa mit dem Ruhm seinesNamens, sein eigenes Leben aber mit unzählbaren Verdienstenerfüllt, legte er endlich im stattlichen Alter von 72,5 Jahren diesterbliche Hülle ab und ging im 44. Jahr seiner Regierung hinüberin die himmlische Heimat. Dorthin hatte er bereits seine Eltern,Brüder, Schwestern und einige Neffen vorausgesandt; ebenso dieKanoniker des Domstiftes und die Beamten seines Hofes, welche mitihm zur Zeit seines Regierungsanfanges gelebt hatte, desgleichenzwei Kaiser und sieben Päpste, unter denen er gewirkt. ImSeptember des Jahres 1617 veranstaltete Julius zu Würzburg die

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Doppelhochzeit von einem Sohn und einer Tochter seines liebenverstorbenen Bruders Dietrich. Die Festlichkeiten währten mehrereTage. Bei dieser Hochzeitsfeier soll sich Julius mit Melonenerkältet und verdorben haben. Noch während der Festlichkeiten mußteer sich zu Bette legen und die Krankheit wurde bald so heftig, daßman das Schlimmste befürchten mußte. Ohnedies hatte ihn dasZipperlein in den letzten Jahren hart mitgenommen, so daß er nichtmehr gehen konnte. Bischof Julius fühlte selber sein Ende nahen undentschlug sich aller weltlichen Gedanken. "Laßt mich jetzt, spracher, mit weltlichen Sachen unbehelligt, denn ich habe mit unseremHerrgott zu tun!" Frühzeitig bereitete er sich durch den Empfangder hl. Sakramente auf den seligen Heimgang aus dieser Welt vor.Die Aufsicht über die Kanzlei übertrug er dem Domdechant Konrad v.Thüngen, das Schloß auf Marienberg vertraute er dem KapitelsseniorErhard v. Lichtenstein an und als Statthalter setzte er ein denLandrichter Wolf Adolf von der Thann. An einem Mittwoch, den 13.September 1617 früh um 3Uhr verschied er dann gottselig im Herrn.Nach dem bei den Fürstbischöfen üblichen Herkommen wurde seineLeiche geöffnet, die Eingeweide am 15. September in derSchloßkriche auf dem Marienberg begraben, das Herz herausgenommen,der Körper aber mit köstlichen Kräutern einbalsamiert, mitbischöflichem Ornate angetan und auf dem Schlosse bis zumfeierlichen Begräbnisse einstweilen beigesetzt. Erst 18 Tagespäter, am 1. Oktober, einem Sonntag-Nachmittag, fand diese mitallem Gepränge statt. Ein Diener mit schwarzem Stab eröffnete denLeichenzug, der sich vom Schloßberg in die Schottenkriche bewegte.Man sah im Zuge unter anderen die geistlichen Orden der Kapuziner,Franziskaner, Augustiner, Carmeliten und Dominikaner, die Alumnendes Kiliansseminars. Edelknaben trugen das fürstliche Wappen, derMarschall aber trug das Herz, auf dem ein Kreuz angebracht war. DieBahre ward von 17 Adeligen getragen. Darauf folgten die Domherrnund die Anverwandten des Verstorbenen, die Hofbeamten und derStadtrat. In der Schottenkirche angekommen, stellte man die Bahresamt dem Herzen in die Mitte des Gotteshauses; hierauf wurde dieTotenvesper gesungen. Nach Beendigung der Gesänge ließ man dieLeiche die Nacht über in der Kirche stehen und bewachen. Tagsdarauf wurde eine Trauerrede gehalten und die Leiche dann wiederumim feierlichen Zuge in den hohen Dom gebracht und daselbstbeigesetzt. 500 Kerzen brannten während der Feier an der Tumba. Am3. Oktober früh wurde das Totenoffizium gesungen und WeihbischofDr. Euchar Sang hielt die Leichenpredigt über den Text: "Glückseligsind die Toten, die im Herrn sterben." (Geh. Off. 14, 13). Darnachhielt derselbe ein Pontifikalrequiem. Während desselben wurden imJuliusspital 6000 Brote an die Armen ausgeteilt. Eine Denkmünzeaber wurde geprägt und verteilt, welche zum letzten Mal den Namenund das Wappen des großen Julius dem trauernden Volke zeigte, aber

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diesmal mit dem Datum seines Todes. Nach Beendigung desGottesdienstes wurde das Herz nach seinem Wunsche in derUniversitätskirche beigesetzt. Hier hatte sich der Fürstbischofschon zu Lebzeiten den Platz dafür herrichten lassen. Als späterdie Kirche sich senkte und das Gewölbe einstürzte, ward unter denTrümmern auch das Denkmal mit dem Herzen des Julius begraben.Fürstbischof Johann Philipp von Greiffenklau (1699 bis 1719) ließdie Universitätskirche wieder herstellen und das Herz in einemPfeiler des linken Seitenschiffes beisetzen. Eine eherne Inschriftaber verkündet der Nachwelt: Das Herz des Julius, einstFürstbischof von Würzburg und Frankenherzogs ruht hier. Wie diesHerz schlug in Gottes- und Nächstenliebe, das melden außerhalb derStadt über 300 von ihm erbaute Kirchen und innerhalb derselbendiese Hochschule und Universität, das Schloß und das große Spital.

Bischof Julius lebt fort im Frankenlande

Domkapitular Dr. Himmelstein schrieb i.J. 1843 beimelfhundertjährigen Jubiläum des Bistums Würzburg in seiner schönenFestgabe: Die Reihenfolge der Bisschöfe von Würzburg (S. 149):"Julius starb, nachdem er fast jeden Tag seiner 44jährigenRegierung mit einer großen Tat bezeichnet hatte, am 13. September1617. Sein Andenken aber ist in ganz Franken noch so lebendig, alswäre er erst im vorigen Jahrzehnt gestorben." Noch zu seinenLebzeiten wurde Julius ob seiner vielen herrlichen Taten und seinerausgezeichneten Verdienste viel gefeiert; man nannte ihn BischofJulius den Großen; andere verglichen ihn mit dem römischenFeldherrn Julius Cäsar; aber Julius Echter habe seinem Herzogtummehr benützt als Julius Cäsar dem römischen Reiche. Der SchlesierMartin Lochander beschrieb 1585 das Juliusspital in Versen undverherrlichte seinen Stifter. Der Würzburger TheologieprofessorChristoph Marianus widmete Julius i.J. 1600 eine Lobrede, betiteltTrophäa Mariana, und im Dezember 1603 feierte er beim 30jährigenRegierungsjubiläum des Bischofs seine Taten in einer umfangreichenSchrift: Encaenia et Tricennalia Juliana; von ihm stammt auchwahrscheinlich das Lobgedicht "Fränkischer Ehrenpreis" v.J. 1604.Weihbischof Euch. Sang, der den Fürstbischof von seiner Studienzeitan vor Augen hatte und fast ein Jahrzehnt unter ihm und neben ihmals Weihbischof wirkte, ist voll der Bewunderung für den Fürsten;sie spricht aus der i.J. 1616 gehaltenen Festrede zum Jahrestag vondessen Erwählung, aus seiner Leichenrede und insbesondere aus einervor des Julius Nachfolger Johann Gottfried von Aschhausen i.J. 1618gehaltenen Rede, die den Tiel führt: "Triumph des Frankenlandes".Am Schlusse derselben wendet sich der Weihbischof an den

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Verstorbenen ungefähr mit folgenden begeisterten Worten: "BesterBischof, der Du nun im Himmel lebst, ich frage Dich, welcheDenkmäler, welche Trumphbögen, welche Siegeszeichen können wir Direrrichten, die Deiner Verdienste würdig wären oder auch nur einenTeil derselben wiederzuspiegeln vermöchten? Du hast wie ein zweiterMoses Dein Volk aus der Finsternis zum Licht des christlichenGlaubens geführt; Du hast durch Dein Beispiel die übrigen zaghaftenBischöfe Deutschlands angefeuert! Deine Taten und Dein Ruhm werdenfür alle Zeiten in den Geschichtsbüchern Frankens verzeichnetstehen! Wie David und Saul hast Du Deine Feinde überwunden, aber inweit besserer Art und größerer Zahl. Saul hat über 1000 gesiegt,David über 10000, Du aber über mehr als 100000, aber nicht indem Dusie niederschlugst, sondern indem Du sie emporrichtetest; Du hastsie nicht verwundet und getötet, sondern geheilt und erhalten, Duhast nicht ihr Blut vergossen, sondern bewirkt, daß Christi desErlösers Blut für sie nicht vergebens geflossen ist. DasReligionswerk hast Du mit Gefahr begonnen, mit Mut durchgeführt,mit Erfolg vollendet. Mit welcher Krone sollen wir Dich schmücken?Indes wir zweifeln nicht, daß Dir bereits eine Krone aus kostbarenEdelsteinen aufgesetzt ist von Gott dem Allernhöchsten."Fürstbischof Johann Gottfried von Aschhausen ließ seinem großenVorgänger Julius Echter im Dom ein vom fränkischen Künstler Mich.Kern gearbeitetes Grabmal aus grauem und halbrotem Marmor setzen.In erhabener Stellung ist der Fürst im Bischofsornat mit Inful,Krummstab und Schwert dargestellt; an den Seitenwänden sind dieWappen seiner Ahnen angebracht. In der Inschrift am Fuße desDenkmals sagt Bischof Joh. Gottfried von Julius: "Er warunvergleichlich an Geist, Gedächtnis und Urteilskraft, als Regentein Vater des Vaterlandes, der Wiederhersteller der alten Religion,der Erbauer von mehr als 300 Kirchen, der Gründer undWiederhersteller der Klöster und Spitäler, der Gönner der edlen undfreien Künste, der Stifter unserer Hochschule, kurz, er ist einTugend-Muster für die Nachfolger, wie er selber auch den Vorfahrennacheiferte." Freilich gab es auch Leute in Franken, die sich überden Tod des edlen Julius freuten. Er hatte in und außerhalb seinesLandes Feinde, die ihn noch über das Grab hinaus bitter haßten;dazu zählte nementlich der Adel, den er in seine Schrankenzurückgewiesen und alle diejenigen, welchen er durch dieunerbittlich strenge Einführung der alten Religion wehe getan. Eineunschöne Frucht des Hasses sind folgende Verse aus einem Spottlied,das man nach seinem Tod weit im Lande verbreitete: Gelobetseyst du Jesui Christ, Daß Bischof Julius gestorben ist Aneiner Pheben (=Kürbis), das ist wahr! Deß freuet sich des AdelsSchar. Des ew'gen Geizes einig Kind Jetzo man in der Grubefindt! In unser armes Hab und Gut Verkleidet sich dasEchtrisch Blut! Den der fränkisch Kreis nie beschloß, Der

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liegt jetzt in der Höllenschoß. Er ist ein Würmlein wordenklein, Der alle Ding begehrt allein.... Dies alles hat er unsgetan, Jetzt aber freut sich jedermann Im Frankenlande weitund breit, Daß Bischof Julius begraben leit. So hat es auchspäter und bis zur Stunde nicht an Schriftstellern gefehlt, dieJulius ob des Werkes seiner Gegenreformation scharf angriffen. Inden letzten Jahrzehnten geschah dies besonders durch denprotestantischen Dekan G. Zeitler von Burgsinn (Fußnote: JuliusEchter v. Mespelbrunn, Halle 1896) und den protestantischen PfarrerS. Kadner.(Fußnote: In Koldes Beiträgen zur bayer.Kirchengeschichte. 4. Bd. (1898) S. 128-136; 5. Bd. (1899), 269-280; 6. Bd. (1900), 270-74.) Zeitler ruft aus: "Der Jammer, den erunserer evangelischen Kirche angetan hat, schreit noch heute zumHimmel; noch jetzt nach 3 Jahrhunderten sind die Wunden nichtgeheilt, die er ihr geschlagen" (S. 31). So wird wohl auch inZukunft Fürstbischof Julius je nach dem eigenen Standpunkt desGeschichtsschreibers verschiedenartig beruteilt werden. Unter allenUmständen sollte man sich aber wenigstens so viel Unparteilichkeitbewahren, wie der Geschichtsschreiber der Universität WürzburgF.X.v. Wegel, der zwar so manches an Julius Echter tadelt, aber ihmdoch das Zeugnis ausstellt: "Er war einer der fähigsten Herrscherseiner Zeit, der wirkungsreichste, der jemals auf dem Stuhle deshl. Burkardus gesessen." "Daß er ein außerordentlicher Mann war,muß von allen Seiten zugegeben werden." (Fußnote: Geschichte derUniversität Würzburg I (1882), 263.) Die verdienstvollstenGeschichtsschreiber Frankens, vorab der Benediktiner Ignaz Gropp,Bibliothekar im Stephanskloster zu Würzburg (gest. 1758), füllenihre Bände mit Erzählung der herrlichen Taten eines Julius undverkünden mit nur einer Stimme sein Lob. Christian Bönnicke ureilti.J. 1782 in seinem Grundriß einer Geschichte der Universität zuWürzburg (I, S. 42f.) über den Stifter also: "In seiner Personwaren alle erhabenen Eigenschaften, die nur einen Fürsten großmachen können, vereinigt. Ein durchdringender Verstand, hoher undalles umfassender Geist, unermüdeter Eifer und Tätigkeit,unerschrockener Mut und Festigkeit, die von keinen Beschwernissenerschüttert werden konnte, Liebe zu seinem Hochstifte, dem er, umganz zu dessen Besten zu leben, die Kurwürde von Mainz aufopferte;Neigung zu den Wissenschaften, zu welchen er frühzeitig angeleitetwurrde; nähere Bekanntschaft mit den Sitten und der Verfassung deraufgeklärtesten Nationen, die er durch Reisen kennen gelernt;wohltätige Fürsorge für seine Untertanen, welcher wir fast allegemeinnützigen Anstalten in unserem Hochstifte, sie mögen Erziehungder Jugend, Bildung der Geistlichkeit, Verpflegung der Armen undNotleidenden, die Erhaltung der Religion, den Kredit derStaatsverwaltung oder die öffentliche Sicherheit, die Ruhe desVaterlandes betreffen, zu verdanken haben... Solche Eigenschaften

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und Taten beweisen, daß Julius, wie schon zu seinen Zeiten einauswärtiger Schriftsteller (Eremita Belga) sagt, größer underhabener sei, als ihn selbst seine Lobredner schildern könnten."Ein anderer Biograph, Dr. Joh. Nep. Buchinger, sagt am Schlusseseiner Lebensbeschreibung aus dem Jahre 1843: "Ohne Parteilichkeitwird behauptet werden können, daß wenn auch manche Vorgänger desgroßen Julius im Hochstifte Würzburg an gutem Willen ihm nichtnachstehen mochten, doch keiner an Unternehmungsgeist, Mut undunerschütterlicher Beharrlichkeit ihn erreichte. Viele dieser gutenVäter ließen sich durch Hindernisse abschrecken und ermüden undbeschränkten sich darauf, über die zeitlichen Bedrängnisse ihrerKirchen, welche sie nicht abzuwenden Mut oder Geschick genughatten, zu klagen und zu seufzen; sie gaben den Umständen, ihrenUmgebungen und den Zeitverhältnissen nach. Bischof Julius abererhob sich über alle derartigen Hindernisse und Verhältnisse,unterwarf sich dieselben und beherrschte sie; nicht er sollte ihnenweichen, sondern sie ihm. So wurde er der große Julius, der Heros,den die Nachwelt nach Jahrhunderten noch verehrt, der aber auch wieandere große und unternehmende Männer sich gefallen lassen mußte,zu seiner Zeit von vielen mißkannt und getadelt zu werden, weil ereben nicht stets tun konnte, was andere wollten, und weil er, wennman seinen Absichten Widerstand entgegensetzte, diesen durch nochgrößeren Widerstand vereitelte" (S. 329 f.). A. Kittelcharakterisiert Julius 1882 mit den Worten: "Zum Herrscher wiewenige berufen, seine Vorgänger auf dem fürstbischöflichen Stuhleweit hinter sich lassend, seinen Nachfolgern ein unübertroffenesMuster.(Fußnote: Beiträge zur Geschichte der Freiherrn Echter vonMespelbrunn. Würzburg 1882, S. 39.) Allerneuestens faßt der um dieGeschichte unseres engeren Heimatlandes so verdienteUniversitätsprofessor Dr. Th. Henner im "Altfränkischen Kalender1917" seinen schönen Aufsatz über den Fürstbischof also zusammen:"Bei Julius Echter stehen wir einer wahrhaften Fürstengestaltgegenüber, von reichhaltigster Wirkung für ihre Zeit, vonnachhaltigster Einwirkung auf die Folgezeit, eine Erscheinung vonsäkularer Bedeutung." Dies Tatsache würdigend, nahm derhochsinnige König Ludwig I. den Fürstbischof Julius Echter unterdie Walhallegenossen auf und ehrte ihn 1847 mit einem ehernenStandbild in Würzburg vor dem Juliusspital. Das schönste Denkmalhat sich aber Julius im Herzen seines Frankenvolkes selbst gesetztund auch heut noch bekennen wir voll Stolz mit seinem BiographenV.E. Seuffert (Fußnote: Julius Echter v. Mespelbrunn. Ein Programm.1853, S. 28.): "Julius war wahrhaft ein Vater des Vaterlandes, eineSäule im erhabenen Gebäude der katholischen Kirche, einkatholischer Bischof, dessen Andenken in Franken fortlebt vonGeschlecht zu Geschlecht, so lange sich die Sonne über diefränkischen Gaue erheben wird."

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