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Selbstbestimmungsrecht und deutsche Vereinigung by WOLFGANG SEIFFERT Review by: O. Kimminich Archiv des Völkerrechts, 31. Bd., 4. H. (1993), pp. 459-460 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40798816 . Accessed: 15/06/2014 17:18 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Archiv des Völkerrechts. http://www.jstor.org This content downloaded from 185.2.32.46 on Sun, 15 Jun 2014 17:18:25 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Selbstbestimmungsrecht und deutsche Vereinigungby WOLFGANG SEIFFERT

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Selbstbestimmungsrecht und deutsche Vereinigung by WOLFGANG SEIFFERTReview by: O. KimminichArchiv des Völkerrechts, 31. Bd., 4. H. (1993), pp. 459-460Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40798816 .

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Besprechungen 459

hält Watrin nicht viel. „Quoten ver- schaffen demjenigen, der eine nationale Grenze überwindet, einen hohen Zu- satzgewinn. Er wird von der Konkur- renz der übrigen Eintrittswilligen ge- schützt. Gleichzeitig bewirkt der Son- dervorteil, daß die Schlange der War- tenden länger wird, da deren Erwar- tungen sich an den Löhnen der Erfolg- reichen und nicht am niedrigeren Markt- lohn bei voller Freizügigkeit orientie- ren" (S. 116). Deshalb plädiert er für die Steuerung der Wanderungsströme über Eintrittspreise für die vorhande- nen und künftig beanspruchten öffent- lichen Güter. Die Chancen für die Ver- wirklichung dieses Vorschlags beurteilt er pessimistisch. Eine breitere politische Öffentlichkeit sei dafür „nicht zu er- wärmen". Bezüglich der Umwandlung der sozialistischen Wirtschaftssysteme in marktwirtschaftliche ist Watrin auf lange Sicht optimistisch. Aber auch hier warnt er: „Allerdings stehen zunächst schwierige Zeiten ins Haus, in denen sich infolge des Zusammenbruchs der sowjetischen Wirtschaft eine Wande- rungslawine gen Westen in Bewegung setzen kann" (S. 119).

Ki mm i n i c h

WOLFGANG SEIFFERT: Selbst- bestimmungsrecht und deut- sche Vereinigung. Baden- Baden: Nomos Verlagsgesellschaft. 1992. 160 S.

Das Buch enthält weit mehr als sein Titel verspricht. Es bietet nämlich einen Überblick über die Entwicklung des Selbstbestimmungsrechts der Völker, des- sen Inhalt, Kodifizierung, Anwendung (und Nichtanwendung) und Beurteilung in der Wissenschaft. Dieses umfangrei- che Programm bewältigt der Autor auf 80 Seiten, d. h. genau der Hälfte des Gesamtumfangs des Buches. Erst der zweite Teil ist dem Selbstbestimmungs- recht der Deutschen gewidmet. Auch er beginnt mit allgemeinen Ausführungen

über Selbstbestimmungsrecht und ge- teilte Nationen, um sich dann den Be- griffen Nation und Nationalstaat in Deutschland zuzuwenden. Auf diesem Gebiet ist der Autor ein durch zahl- reiche Vorpublikationen ausgewiesener Experte. Anschaulich beschreibt er die Folgen des Zweiten Weltkriegs für Deutschland und die Entstehung der zwei Staaten in Deutschland sowie die Rechte und Verantwortlichkeiten der Vier Mächte. Der Bezug zum Selbstbe- stimmungsrecht der Völker wird bei jedem der Einzelprobleme hergestellt. Dann aber folgt der Abschnitt mit dem konkreten Titel: „Das Selbstbestim- mungsrecht der Deutschen". Vor die- sem Hintergrund wird schließlich der deutsche Vereinigungsprozeß 1989/90 analysiert. Wieder steht der Bezug zum Selbstbestimmungsrecht im Vordergrund. Auch Seiffert geht davon aus, daß die Wiedervereinigung kein Resultat be- wußter Vereinigungspolitik gewesen ist. Aber mit Recht hält er sich nicht lange damit auf, sondern untersucht die Be- endigung der Vorbehaltsrechte der Vier Mächte und die Stellung des vereinig- ten Deutschlands in der europäischen Friedensordnung. Zutreffend wird der „Zwei-plus-Vier-Vertrag" als endgülti- ge Regelung gewertet, auf deren Grund- lage Deutschland auch sein Verhältnis zu seinen Nachbarn im Osten neu ge- staltet hat.

So verdienstvoll die völkerrechtswis- senschaftliche und politikwissenschaft- liche Analyse der Wiedervereinigung, ihrer Bezüge zum Selbstbestimmungs- recht der Völker und ihrer Auswirkun- gen auf die Stellung Deutschlands in Europa ist, wird man den besonderen Wert des Buches in dessen ersten Teil zu sehen haben. Er ist auch methodo- logisch eine Meisterleistung. Selten ist das Heranreifen des Selbstbestimmungs- prinzips zur Rechtsnorm und deren Weiterentwicklung zum ius cogens so präzise beschrieben worden. Selten auch ist diese Rechtsentwicklung mit so siche- rer Hand in die politische Geschichte des 20. Jahrhunderts eingeordnet wor-

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460 Besprechungen

den. Hierbei kommt Seiffert auch zu- gute, daß er die sozialistische Ideologie aufs beste kennt. Nur so kann es ge- lingen, die keineswegs geradlinige Ent- wicklung der sowjetischen Positionen zum Selbstbestimmungsrecht, angefan- gen von Stalins Reaktionen auf die Schriften der Austromarxisten, über die 21 Thesen Lenins vom 20. Januar 1918 (in denen die Priorität der Ansprüche der Revolution gegenüber dem grund- sätzlich bejahten nationalen Anspruch auf Selbstbestimmungsrecht zum ersten Mal proklamiert wurde), die kurz dar- auf folgende Respektierung des Selbst- bestimmungsrechts „aus praktischen Gründen", und den erneuten Kurswech- sel unter Stalin bis hin zu den Ver- drehungen und Mißachtungen des Selbst- bestimmungsrechts in der sowjetischen Expansionspolitik während des Zweiten Weltkriegs und danach, zu beschreiben und zu deuten. Ähnliche zutreffende und knappe Wertungen finden sich be- züglich des zynischen Mißbrauchs, den Hitler mit dem Selbstbestimmungsrecht der Völker getrieben hat.

Besonders eindrucksvoll ist der Nach- weis der Rechtsnormqualität und des ius-cogens-Charakters des Selbstbestim- mungsrechts. Die diesbezüglichen Aus- führungen (S. 51 ff.) sind unmißver- ständlich und bestens belegt. Seiffert betont, daß an dem ius-cogens-Charak- ter des Selbstbestimmungsrechts der Völker kein Zweifel mehr bestehen kann, und zwar nicht nur in bezug auf (ehemalige) Kolonialvölker. Den all- mählichen Wandel der herrschenden Auffassung weist er sorgfältig nach. Die Liste derjenigen Autoren, auf die er sich berufen kann, ist lang und be- eindruckend (S. 76 f.). Dann aber folgt der Hinweis darauf, daß sich die all- gemeine Anerkennung des Selbstbestim- mungsrechts in der Völkerrechtslehre „erst im Verlauf der letzten 15 Jahre" herausgebildet habe. „Infolgedessen sind westliche Juristen, die ihr Studium bis Anfang der 70er Jahre abgeschlos- sen haben, überwiegend der Meinung, beim Selbstbestimmungsrecht handle es

sich lediglich um ein politisches Prinzip, dem keine oder keine ausreichende rechtliche Qualität beizumessen sei. Dies wirkt sich insbesondere dann ne- gativ aus, wenn solche Juristen in staat- lichen Funktionen, insbesondere im diplomatischen Dienst tätig sind" (S. 77 f.).

In Übereinstimmung mit zahlreichen Autoren sieht auch Seiffert in der An- erkennung des Selbstbestimmungsrechts der Völker eine „Revolutionierung des Völkerrechts". Dieser bedeutsamen Tat- sache widmet er einen besonders interes- santen Abschnitt, mit dem der erste, grundlegende, Teil des Buches schließt. Man freut sich einerseits über die Präg- nanz der Darstellung, bedauert aber andererseits, daß diese wichtigen Fra- gen nicht noch breiter erörtert werden, und daß die gesamte Spezialmonogra- phie zur gegenwärtigen Position des Selbstbestimmungsrechts im geltenden Völkerrecht nicht als eigenständiges Buch erschienen ist. Freilich gehört sie als Vorbereitung durchaus zum Gesamt- thema des Buches. Aber man kann nur hoffen, daß das Verdienst, das sich der Autor durch die Behandlung der funda- mentalen Selbstbestimmungsproblematik erworben hat, nicht durch das beson- dere Interesse verdrängt wird, das hier- zulande noch immer den Problemen der Einigung Deutschlands entgegengebracht wird.

K i m m i n i c h

MICHAEL GEISTLINGER: Revo- lution und Völkerrecht. Wien: Böhlau Verlag. 1991. 554 S.

Der Titel dieser Salzburger Habili- tationsschrift klingt vielversprechend. Jeder Student des Völkerrechts denkt dabei sofort an Schlagworte wie Inter- vention, Selbstbestimmungsrecht, Völ- kerrechtssubjektivität, Kontinuität, Iden- tität, Staatennachfolge, Anerkennung und manche andere Problembereiche, die mit Grundfragen des Völkerrechts

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