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Diplomarbeit von Eva Griesebner 1 Selbstständige Bewegungsentwicklung nach Emmi Pikler Diplomarbeit von Eva Griesebner “ Dass wir das Kind anregen müssen, das glauben wir nur, weil wir wenig Ahnung davon haben, was der Mensch an Entfaltungsmöglichkeiten mit auf die Welt bringt. “ ( Jacoby, 1981 )

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Diplomarbeit von Eva Griesebner 1

Selbstständige

Bewegungsentwicklung

nach Emmi Pikler

Diplomarbeit von

Eva Griesebner

“ Dass wir das Kind anregen müssen, das glauben wir nur, weil wir wenig

Ahnung davon haben, was der Mensch an Entfaltungsmöglichkeiten mit auf

die Welt bringt. “ ( Jacoby, 1981 )

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Diplomarbeit von Eva Griesebner 2

INHALTSVERZEICHNIS Seite

1 Vorwort ………………………………............................................... 3

2 Zur Person Emmi Pikler

2.1 Das Leben ……………………………….......................... 4

2.2 Loczy ……………………………….......................... 5

3 Bewegungsentwicklung unter den Bedingungen im Loczy …. 6

4 Freie Bewegungsentwicklung ……………………………….... 8

4.1 Rückenlage ………………………………......................... 9

4.2 Seitenlage ………………………………......................... 10

4.3 Bauchlage ………………………………......................... 11

4.4 Seitlicher Ellenbogenstütz und abgestützter Seitsitz … 12

4.5 Knie - Händestütz ……………………………….............. 13

4.6 Bärenstellung ……………………………….............. 14

4.7 Kniestand ………………………………......................... 15

4.8 Hocken ………………………………......................... 15

4.9 Sitzen ………………………………......................... 16

4.10 Stehen ………………………………......................... 17

5 Äußere Bedingungen ………………………………............... 18

5.1 Räumliche Umgebung ……………………………….... 18

5.2 Spielmaterialien ………………………………............... 19

6 Hospitation eines Spielraumes ……………….…………………. 21

6.1 Spielraum ……………………………….......................... 22

6.2 Beobachtung und Reflexion ………………………..... 23

7 Resümee ………………………………..................................... 25

8 Quellenverzeichnis ……………………………….......................... 26

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Diplomarbeit von Eva Griesebner 3

1 VORWORT

Am Beginn der Ausbildung zur Familienmentorin war mir nicht bewusst, wie

viel einem im persönlichen wie auch im Bereich des pädagogischen Ansatzes

abverlangt wird.

Als Claudia Billinger (Kindergarten - und Montessoripädagogin,

Familienmentorin und Pikler Pädagogin i. A. ) zu uns kam und von Emmi

Piklers Bewegungsentwicklung erzählte war mein erster Gedanke: “Ich habe

alles falsch gemacht!”

Ich habe in der Entwicklung mitgewirkt und meine Kinder nicht alleine

entscheiden lassen, wann sie den nächsten Schritt in der

Bewegungsentwicklung gehen möchten.

Andererseits war ich sehr skeptisch gegenüber der Richtung in die die “Pikler

Pädagogik” geht. Denn meine Kinder können auch gehen und laufen und sind

in der Grob - und Feinmotorik meiner Meinung nach “normal” entwickelt.

Um Emmi Piklers Ansatz zur achtsamen und freien Begleitung der

Entwicklung besser verstehen zu können, habe ich begonnen, das in meine

Arbeit als Pädagogin mit einzubringen.

Dabei wurden mir viele Dinge bewusster, die ich vorher nicht in der Form

wahrgenommen habe. Denn man muss sich immer wieder ins Bewusstsein

rufen, wie wichtig es ist, auf die Kinder und ihre Bedürfnisse einzugehen und

vor allem diese zu respektieren, zu achten und sich in diesem

Zusammenhang zurückzuhalten um sich in die Bewegungsentwicklung de

Kindes nicht zu sehr hervortun.

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2 ZUR PERSON EMMI PIKLER

Abb.1

2.1 Das Leben

Emmi Pikler, geborene Emilie Madleine Reich wurde am 9.Januar.1902 in

Wien geboren und verbrachte dort ihre frühe Kindheit. Ihre Mutter war

Kindergärtnerin und ihr Vater ein Handwerker. 1908 zog sie mit ihren Eltern

nach Ungarn. Als Emmi 12 Jahre alt war verstarb ihre Mutter.

Sie entschied sich Kinderärztin zu werden und kehrte nach Wien zurück. Ihre

Promotion machte sie 1927 und sie erhielt ihre pädiatrische Fachausbildung

an der Universitäts - Kinderklinik bei Prof. von Pirquet und an der

Kinderchirurgie bei Prof. Salzer.

In einem Interview erzählte Emmi Pikler von der Pirquet - Klinik, mit einer

guten Heilungsstatistik, da man wenig Medikamente verwendete und sich auf

die Erziehung der Kinder konzentrierte. Jeder angehende Arzt verbrachte

eine Zeit lang im Pflegedienst und lernte auch in der Milchküche das Essen

für Säuglinge zuzubereiten.

Auch Prof. Salzer in der Kinderchirurgie legte Wert darauf, dass die Kinder bei

Untersuchungen nicht aus Angst weinten.

Emmi Pikler praktizierte in den 30er Jahren als Familienärztin in Budapest.

Nach dem 2. Weltkrieg gründete sie das Kinderheim Loczy, heute das Pikler -

Institut. Dieses leitete sie bis 1978.

Emmi Pikler verstarb im Jahre 1984 nach kurzer schwerer Krankheit in

Budapest.

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2.2 Das Loczy

Das Loczy ist ein Säuglingsheim in Ungarn und wurde im Jahre 1946

gegründet.

Damals wurde diese Einrichtung gegründet um verwaisten Neugeborenen ein

zu Hause und ihnen die Möglichkeit zu geben gesund aufwachsen zu können.

Im Loczy gab es 70 Plätze und die Kinder blieben im Durchschnitt ein Jahr im

Säuglingsheim.

Um diesen Kindern eine annähernd normale Entwicklung zu ermöglichen,

bestand das Augenmerk darauf, dass eine entsprechende Beziehung

zwischen Pflegerin und Säugling während der Pflege erreicht wurde. So war

die Art und Weise der Pflege wichtig, wie die Pflegerin dem Kind das Essen

anbietet und wie der Säugling das annimmt.

Wichtig dabei war auch, dass die Kinder immer die gleichen Bezugspersonen

hatten die nicht ausgewechselt wurden.

Um der Pflegerin und dem Baby die Möglichkeit zu geben in der Pflege genug

Zeit zu haben, betreute eine Pflegerin 8 bzw. 9 Kinder. Um diese spezielle

Aufmerksamkeit während der Pflege gewährleisten zu können, wurde den

Säuglingen genug Raum zum selbstständigen, freien Spiel, als auch um sich

ausruhen zu können gegeben. Das heißt, die Säuglinge wurden in ihrer

Bewegung von den Pflegerinnen weder gefördert noch dazu angehalten eine

Bewegung auszuführen, die es selbstständig noch nicht ausführen konnte.

Jede Pflegerin führte Aufzeichnungen über die Kinder, die es zu betreuen

hatte. Somit wurde sicher gestellt, dass die Kinder vor Hospitalismus bewahrt

wurden und ihnen eine normale Entwicklung ermöglicht wurde. Die Säuglinge

im Loczy entwickelten sich normal und zeigten keine Zeichen von

Hospitalismus wie etwa Kinder anderer Heime.

Das Lozcy wurde aus finanzpolitischen Gründen geschlossen. Es wurde vom

Staat nicht mehr unterstützt.

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3 BEWEGUNGSENTWICKLUNG UNTER DEN BEDINGUNGEN

IM LOCZY

Als Emmi Pikler die Leitung des Loczy übernahm, wurden die Säuglinge in

der Bewegungsentwicklung in keine Positionen gebracht die sie noch nicht

selbst einnehmen konnten.

Die Babys wurden immer am Rücken hingelegt, ob beim Schlafen oder

Spielen. Von dieser Lage aus zeigten die Säuglinge / Babys ihre eigene

Initiative indem sie selbstständig ihre Position veränderten.

Die Säuglinge werden in deren Grundposition, also am Rücken liegend im

Arm getragen und nur beim Aufstoßen für ein bis zwei Minuten gut stützend

aufrecht gehalten. Das Baby wird auch nicht auf den Bauch gelegt, nur für die

Zeit wenn es nach dem Baden abgetrocknet oder angezogen wird. Oder

wenn es bei Untersuchungen notwendig ist.

Das Kind wird nicht aufgesetzt, solange es noch nicht selbstständig sitzen

kann, oder aufgestellt, wenn es selbst nicht aufstehen kann.

Die Kinder werden in der Entwicklung nicht ermutigt, die selbstständigen

Bewegungsversuche werden lediglich beobachtet.

Sollte sich das Kind selbst in eine neue Position gebracht haben, wird es im

ersten Moment selbst überrascht sein und vielleicht nach kurzer Zeit zu

schreien beginnen. Dann sollte man das Kind ansprechen und wieder in seine

Ausgangsposition, die Rückenlage bringen um ihm Sicherheit zu geben.

Als Vorraussetzung zu dieser Selbstregulation ist eine gute Bindung zwischen

Bezugsperson und Kind von großer Bedeutung. Das heißt, dem Kind wird

Orientierung und Halt gegeben. Ist diese vorhanden kann das Baby Interesse

am eigenen Körper und an der Umgebung zeigen und wird auch in der Lage

sein nach einer intensiven Spielphase oder einer neu gewonnenen Erfahrung

(wie etwa ein Positionswechsel) selbstständig wieder zur Ruhe zu kommen.

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Ist das Baby schon in der Lage alleine zu sitzen / gehen begibt es sich immer

in eine sichere Position um zu spielen.

Ein Beispiel:

Erst wenn es sich im Sitzen ganz sicher ist, wird das Kind auch im Sitzen

spielen.

Der Säugling wird die neu gefundene Lage immer wieder üben ( etwa bevor

es frei steht, geht es immer wieder in die Hocke oder bückt sich ) um auf

etwaige Zwischenfälle, wie Hinfallen reagieren zu können.

Dabei ist aber zu beachten, dass die Elternteile durch die sichere Bewegung

das Kind nicht ohne Aufsicht lassen. Die Säuglinge sind durch das

selbstständige Spielen zwar nicht direkt auf die Eltern angewiesen, doch es

benötigt die Nähe der Vertrauensperson, weil es nur dann so aktiv wird,

wenn es sich geborgen fühlt. Das Kind muss nicht bespielt werden und auch

nicht unter ständigem Blickkontakt der Eltern stehen. Verlässt die

Bezugsperson für kurze Zeit den Raum, wird das Kind informiert. Die ständige

Anwesenheit der Eltern ist also prinzipiell nicht erforderlich. Das zufriedene

Kind kann sich in seiner sicheren Umgebung (Spielgitter) in die eigene

Spielwelt vertiefen und dann zufrieden wieder auftauchen.

Um die Bedürfnisse des Kindes auch erkennen zu können ist es von großer

Bedeutung dem Kind bewusst zuzusehen und zuzuhören.

Die Kinder im Loczy sind in ihrer Bewegung aktiver , da sie den Platz aus

eigener Initiative häufiger wechseln als Kinder die in Position gebracht

werden. Die Kinder im Loczy begannen jedoch im Durchschnitt später zu

gehen.

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4 FREIE BEWEGUNGSENTWICKLUNG

Grundsätzlich sei an dieser Stelle anzumerken, dass alle Zeitangaben nur

relativ sein können, vielmehr soll dargestellt werden, wie der Säugling seine

Möglichkeiten in seiner unmittelbaren Umgebung auszuloten und für sich zu

nutzen lernt.

Es sei auch gesagt, dass getroffene Aussagen in Bezug auf die

Bewegungsentwicklung grundsätzlich auf gesunde Säuglinge und Kleinkinder

zutrifft.

Eltern, wie auch ich, fragen sich immer wieder, lege ich mein Kind auf den

Rücken, die Seite oder den Bauch?

Bei Emmi Pikler sind nicht nur die großen Entwicklungsschritte (Kopfhalten,

auf den Bauch drehen und wieder zurück, sitzen, krabbeln, stehen, gehen)

wichtig, die ich in meiner Ausbildung als Pädagogin gelernt habe, sondern vor

allem, wie schafft der Säugling von sich aus in den nächsten großen

Entwicklungsschritt. Wie gesagt, es kommt also auch auf die vielen wichtigen

Zwischenschritte an. Durch die selbstständige Bewegungsentwicklung kommt

es immer wieder zu diesen so wichtigen Zwischenschritten, die es übt und

somit von Mal zu Mal sicherer wird. Erst danach wird eine neue Lage

eingenommen.

Ein Beispiel:

Wie kommt das Kind von der Rückenlage in die Bauchlage?

Für das Kind bedeutet das monatelanges Üben. Vom Rücken zur Seite

drehen und wieder zurück, in der Seitenlage spielen, dann dreht es sich auf

den Bauch …..

Im weiteren Verlauf beschreibe ich alltägliche Bewegungen die ohne Hilfe von

Erwachsenen oder spezifischen Geräten vom Kind geübt werden.

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4.1 Rückenlage (eine Horizontallage)

Die Rückenlage wurde von Frau Pikler als Grundhaltung des Neugeborenen

angesehen, um dem Säugling bereits unmittelbar nach der Geburt die

Möglichkeit zu geben, sein Gleichgewicht selbst zu finden. Das liegt

zumindest teilweise außerhalb der allgemeinen schulmedizinischen Meinung,

wo die Bauchlage überwiegend propagiert wird. Mediziner argumentieren

damit, dass sich das Becken des Säuglings

in Bauchlage besser ausbilden könne,

während das in Rückenlage nicht so ideal

funktioniere. Auch hier kommen die

Beobachtungen Emmi Piklers wieder ins

Spiel, sie hat durch jahrelange

dokumentierte Untersuchungen an Säuglingen und Kleinkindern feststellen

können, dass es für die Ausbildung des Beckens keine Rolle spielt, wie das

Kind liegt.

Im Gegensatz zur Bauchlage, ist es dem Säugling in der Rückenlage von

Anfang an möglich, seine Arme und Beine frei zu bewegen, zuerst noch

unkoordiniert - das Kind erschrickt selbst davor - mit der Zeit jedoch

geordneter.

Was passiert also wenn ein Säugling am Rücken liegt?

Der Säugling ist von Beginn an in der Lage den Rumpf von einer Seite auf

die andere zu drehen und von der Unterlage anzuheben.

Mit der Zeit kommt es zu einer Schlängelbewegung des Rumpfes, das wird

als Zufallsbewegung im Neugeborenenalter bezeichnet.

Die Muskulatur der Arme und Beine wird immer kräftiger, so dass das Kind

sich mit den Beinen von der Unterlage abstößt und sich mit den Füßen

kopfwärts und durch seitliche Schrittbewegungen im Kreis schiebt, das

Neugeborene kann somit seinen Platz wechseln was bereits einen wichtigen

Zwischenschritt in der Bewegungsentwicklung darstellt.

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4.2 Seitenlage (eine Horizontallage)

Der Säugling beginnt sich nun auf die Seite zu drehen indem er mit Hilfe der

Arme und Beine seinen Rumpf dreht.

In dieser Position kann er den Kopf wie auch den Rumpf nach vorne oder

hinten bewegen. Der Kopf kann dabei schon kurze Zeit angehoben werden.

Der Rumpf kommt in eine Streck - oder Beugeposition.

Der obere freiliegende Arm kann gut bewegt werden und das Neugeborene

kann mit beiden Armen hantieren.

Das obere Bein ist frei beweglich, solange es nicht zur Unterstützung benötigt

wird.

Das Kind dreht sich von der Seitenlage mit Hilfe einer Drehung des Kopfes

und der Arme bzw. der Beine und des Beckens auf den Bauch. Durch das

Drehen von Kopf und Brustkorb bzw. des Beckens manövriert es sich mit

Schwung, unterstützt durch seine Beine, wieder auf den Rücken.

Von der Seitenlage aus

versucht der Säugling

immer wieder, durch

Heben von Kopf und

Brustkorb und durch

Abstemmen seines

Unterarmes vom Boden in den seitlichen Ellbogenstütz zu gelangen.

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4.3 Bauchlage (eine Horizontallage)

Befindet sich das Kind in der Bauchlage ist es schon in der Lage seinen Kopf

hoch zuhalten. Das Baby liegt mit dem Rumpf auf der Unterlage auf, die Arme

und Beine werden mehr oder weniger als Unterstützungsfläche und zum

beibehalten des Gleichgewichtes benötigt. Kann das Kind sich mit den

Unterarmen schon abstützen, ist nicht nur der Kopf sondern auch der obere

Brutkorb angehoben.

Die Bauchlage ist ausgreift, wenn sich der Säugling nur mehr auf einen

Unterarm oder eine Handfläche stützt. Zum Ausruhen

legen die Babys den Kopf auf die Unterlage.

Der Kopf ist in der Bauchlage frei beweglich und kann in

alle Richtungen gedreht werden. Der Rumpf kann nach

beiden Seiten gebeugt später auch gedreht werden.

Die Arme sind mehr oder weniger frei beweglich, und

werden gegebenenfalls zur Unterstützung benötigt. Wird

nur ein Arm zur Unterstützung benötigt, ist der zweite frei

beweglich.

Die Unterschenkel können in Bauchlage grundsätzlich frei bewegt werden.

Das Kind kann auch Kopf, Arme und Beine gleichzeitig von der Unterlage

abheben und diese Position einige Sekunden lang halten.

Der Säugling kann seinen Platz in der Bauchlage wechseln, indem er

kreisförmig rutscht, sich vom Bauch auf den Rücken und zurückdreht, er rollt

oder am Bauch kriecht in dem er den Rumpf mit Hilfe der Arme nach vorne

zieht und dann die Arme vorzieht oder mit den Zehen und Beinen abstößt und

diese Bewegung wiederholt. Diesen Platzwechsel kennt man auch als

“Robben”. Durch dieses “Bauchkriechen” kann das Baby in etwas hinein -, auf

etwas hinauf - oder von etwas herunterkriechen.

Das Kind kann sich von der Bauchlage aus in andere Positionen begeben,

wie auf die Seite, in den Ellenbogenstütz, in den abgestützten Seitsitz indem

es sich auf die ausgestreckten Arme stützt und sich zur Seite dreht, die Arme

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abhebt und die Beine beugt. Es kann sich aber auch in den Knie - Händestütz

begeben, wenn es die Knie unter den Bauch zieht, den Rumpf abhebt und

sich auf die Unterarme und die Knie stützt.

Im Folgenden sollen wichtige Zwischenschritte bei der

Bewegungsentwicklung beschrieben werden, diese werden unter dem Begriff

Übergangspositionen zusammengefasst:

4.4 Seitlicher Ellbogenstütz und abgestützter Seitsitz

Da beide Varianten - der seitliche Ellbogenstütz und der abgestützte Seitsitz -

im unmittelbaren Verlauf der Bewegung in der

sitzenden Position enden, habe ich diese hier unter

einem Punkt zusammengefasst.

Das Kind liegt - aus der Bauchlage oder der

Rückenlage kommend - beim Ellbogenstütz seitlich

auf einen Unterarm oder Ellenbogen gestützt. Der

Ellbogenstütz ist die erste Phase des Aufsetzens und

resultiert im Wesentlichen aus der Seitenlage..

Der Kopf ist dabei frei beweglich und das Baby kann den Rumpf nach vorne

und hinten drehen. Der obere Arm und das obere Bein können frei bewegt

werden und werden benützt, um das Gleichgewicht zu behalten.

Das Kind kann sich aus dieser Position wieder zurück auf die Seite, den

Rücken oder den Bauch drehen.

Sobald das Kind in der Lage ist, sich mit gestrecktem Arm auf die

Handflächen abzustützen, sowie den Oberkörper von der Unterlage

abzuheben sodass sich der Schwerpunkt auf eine Gesäßhälfte verlagert, wird

das als “abgestützter Seitsitz” bezeichnet.

Beim abgestützten Seitsitz kommt hinzu, dass das Kind in den Knie -

Händestütz wechseln kann, wenn es den Rumpf dreht, das Gesäß abhebt

und sich somit auf die Hände und Knie stützt.

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Das Kind kann sowohl aus dem Ellbogenstütz als auch

aus dem abgestützten Seitsitz in die sitzende Position

wechseln.

Zum Sitzen kommt das Kind vom Ellbogenstütz wenn es

sich mit Unterarm und Hand von der Unterlage abstützt

und den Rumpf aufrichtet.

Aus dem abgestützten Seitsitz gelangt es zum Sitzen

indem es die Rumpflast auf beide Gesäßhälften verlagert. Umgekehrt ist aus

sitzender Position sowohl ein Wechsel in den seitlichen Ellbogenstütz als

auch in den abgestützten Seitsitz möglich.

4.5 Knie - Händestütz

Das Kind stützt sich beim Knie - Händestütz auf den

Knien und Händen ab, dabei ist der Rumpf völlig vom

Boden abgehoben, Ausgangsposition ist der

“abgestützte Seitsitz”

Der Knie - Händestütz bleibt bis zum Gehen die

Ausgangsstellung des Platzwechsels.

In dieser Position kann das Kind einen Arm und ein

Bein meistens gegenseitig (rechter Arm, linkes Bein und umgekehrt), kurz

anheben.

Bevor das Kind beginnt den Platz zu wechseln, übt es Schaukelbewegungen

nach vorne und hinten um sein Gewicht zu verlagern.

Vom Knie - Händestütz ausgehend beginnt das Kind auf den Knien und

Händen zu krabbeln.

Das Krabbeln kommt nach dem Bauchkriechen aber vor dem Bärengang und

dem Gehen.

Auch wenn Kinder schon gehen können, krabbeln sie noch häufig beim

Spielen, weil die eine sichere und bis dahin vielgeübte Position darstellt.

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Aus dieser Position kann das Kind sich auf den Bauch legen, sich in den

abgestützten Seitzsitz setzen, sich aufsetzen, sowie in den Kniestand

begeben, wenn es das Gewicht auf die Knie und Unterschenkel verlagert und

den Rumpf aufrichtet.

Aus dem Knie- Händestütz hockt sich das Kind hin , indem es das Gewicht

auf die Fußsohlen verlagert, den Rumpf aufrichtet und seine Hände hochhebt.

4.6 Bärenstellung

Das Kind befindet sich in der Bärenstellung, wenn es sich auf seine Hände

und Fußsohlen abstützt und dabei die Arme und

Beine gestreckt hält. Manchmal stützt sich das

Kind mit dem Kopf am Boden ab, da der kopf in

dieser Position tiefer liegt als das Becken.

Das Baby bewegt sich im Bärengang vorwärts, so

dass es Hände und Fußsohlen diagonal nach vorne setzt.

Die Bärenstellung ist neben den bereits behandelten verschiedenen

Positionswechseln eine weitere Variante um sich fortzubewegen. Von

Besonderer Wichtigkeit für das Kind ist diese Fortbewegungsmöglichkeit

insbesondere beim Überwinden von Stufen.

Das Kind gelangt vom Bärengang in den Knie - Händestütz, es kann sich

hinhocken und sich freihändig zum Stehen aufrichten. Zum Aufstehen spreizt

es die Beine und richtet den Rumpf auf, es hält sich anfangs an einem

stabilen Gegenstand fest, später kann es freihändig aufstehen.

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4.7 Kniestand

Beim Kniestand wird der Rumpf aufgerichtet und über den Knien

ausbalanciert. Die Füße unterstützen beim

Gleichgewichthalten. Zu Beginn werden die Hände

zum Halten des Gleichgewichtes an einem

Gegenstand abgestützt, später kniet das Kind

freihändig.

Vom Kniestand aus wechselt das Kind den Platz,

wenn es abwechselnd die Knie belastet und das

entlastete Knie nach vorne bewegt.

Das Kind setzt sich beim Spielen auf die Fersen oder

zwischen die Fersen und verlagert das Gewicht auf das Gesäß.

Es kann sich an einem stabilen Gegenstand festhaltend aufrichten und sich

wieder in den Kniestand begeben.

4.8 Hocken

In der Hocke befindet sich das Baby auf den Knien sowie

den Unterschenkeln und balanciert mit den Fußsohlen das

Gleichgewicht aus. Der Rumpf ist leicht nach vorne

gebeugt, das Gesäß befindet sich dicht am Boden. Aus

dem Kniestand gelangt das Kind in die Bärenstellung und

aus dieser Position richtet es sich zum freihändigen

Hocken auf.

Das Kind gelangt aus der Position des Hockens ins Sitzen, es stellt sich hin

indem es sich an einem Gegenstand festhält und steht später vollkommen

freihändig auf.

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4.9 Sitzen

Beim Sitzen wird der Rumpf über den Sitzbeinhöckern ausbalanciert, dabei

werden sie durch die gebeugten oder gestreckten

Beine unterstützt. Sitzen die Kinder auf einer Erhöhung

(ähnlich eins Hockers) gibt ihnen die Berührung der

Fußsohlen am Boden Sicherheit und hilft beim Halten

des Gleichgewichtes.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten wie das Kind sitzen

kann.

Beispiel: Seitsitz - beide Beine zur gleichen Seite gerichtet.

Sitzt am Gesäß - ein Kniegelenk gestreckt, anderes Bein nach

innen gebeugt

Langsitz - beide Beine ausgestreckt nach vorne

Allen Beispielen gemein ist, dass beide Hände jeweils frei beweglich sind,

also nicht mehr zur Abstützung benötigt werden und so zum Spielen

eingesetzt werden können.

Im Sitzen ist der Rumpf ebenfalls frei beweglich und kann sich nach allen

Seiten drehen.

Aus dem Sitzen gelangt das Baby in den abgestützten Seitsitz, in den

Ellenbogenstütz, kommt in den Knie - Händestütz und kann sich wenn es sich

an einem Gegenstand festhält zum Kniestand aufrichten.

Von einer Sitzerhöhung aus, ist es dem Kind möglich freihändig aufzustehen

und wieder hinzusetzen.

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4.10 Stehen

Das Kind steht wenn es sich ganz oder teilweise aufrichtet und dabei das

Gleichgewicht mit den Fußsohlen und einem breitbeinigen Stand

ausbalanciert. Am Anfang hält sich das Kind mit beiden Händen fest um das

Gleichgewicht halten zu können. Solange es sich noch festhält wird das

Beugen und Strecken der Knie - und Hüftgelenke geübt.

Wenn das Kind steht versucht es, sich festhaltend einige Schritte zu machen.

Kann das Baby sich mit aufgerichtetem Rumpf selbstständig fortbewegen,

und das Gewicht bei jedem Schritt verlagern und benötigt keinen Gegenstand

zum Festhalten kann es gehen. Die ersten Versuche des freien Gehens sind

noch unsicher und es wird mit Armen und Händen balancieren.

Sicheres Gehen ist gegeben, wenn das Kind während des Gehens die

Richtung wechseln kann und die Aufmerksamkeit nicht mehr auf jeden

einzelnen Schritt liegt.

Aus der Position des Stehens kann sich das Kind hinhocken, hinknien, sich in

die Bärenstellung begeben, sich setzen und wieder aufstehen.

Es zeigt sich also, dass es mit dem Erreichen der Horizontallagen für das

Kind noch lange nicht getan ist. Es braucht die

wichtigen Erkenntnisse aus den beschriebenen

Übergangspositionen für die Entwicklung. Aus

dieser Überlegung heraus scheint Emmi Piklers

Theorie der selbstständigen Bewegungsentwicklung

durchaus plausibel, denn würde man dem Kind

permanent jede neue Bewegung “vorkauen” nimmt

man dem Kind die Möglichkeit, an seiner

Persönlichkeitsentwicklung maßgeblich beteiligt zu sein. Bereits im

Säuglingsalter macht es wichtige Erfahrungen im Umgang mit dem eigenen

Körper.

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5 ÄUßERE BEDINGUNGEN

Damit sich das Kind gut und frei bewegen kann, benötigt es angenehme nicht

einengende Kleidung. Bei Säuglingen sollten sich die Gliedmaßen frei

bewegen können. Dafür passend sind gerade bei einem Neugeborenen

Schlafsäcke oder ein Steckkissen. Dem Kind ist darin warm und es ist, wenn

der Schlafssack nicht zu klein ist, in der Bewegung nicht eingeschränkt.

Beginnt das Baby sich auf die Seite zu drehen, braucht es eine Strampelhose,

damit ist es in der Drehbewegung nicht behindert wird.

5.1 Räumliche Umgebung

Wenn für das Kind ein Raum eingerichtet wird, ist darauf zu achten, dass es

einen Platz zum Ausruhen und Schlafen gibt und einen anderen fixen Bereich

zum Spielen bekommt.

Die Unterlage / Matratze sollte nicht zu weich und nachgiebig sein. Das Kind

nimmt dadurch seinen Körper gut wahr und kann das Gleichgewicht besser

halten. Das Baby benötigt dabei auch kein Kissen. Ist das Kind in einem

Spielgitter am (Holz-) Boden, benötigt es nur eine Baumwolldecke als

Unterlage.

Wenn der Spielgitter den immer gleichen Platz im Raum behält, wird dem

Kind ein Rahmen zur Orientierung, Sicherheit und Wiedererkennbarkeit

geboten.

Das Neugeborene benötigt in den ersten Lebenswochen noch keinen

Spielbereich am Boden, viel wichtiger ist eine geschützte Umgebung. Das

heißt, das Kind bekommt einen eigenen Bereich (Bettchen) in Hörweite der

Bezugsperson.

Der Säugling kann das erste Mal nach 6 -7 Wochen kurze Zeit auf den Boden

/ Spielbereich gelegt werden, da es durch die ungewohnten Anforderungen

und die neue Umgebung rasch ermüdet. Mit der Zeit kann man die Phasen im

Spielgitter verlängern.

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Das Spielgitter sollte für den Säugling eine Größe von 120x120 cm groß sein

und mit einem Stillkissen ausgestattet sein, welches dem Kind Sicherheit

bietet .

Sobald das Kind in der Lage ist seinen Platz nur gering zu ändern, bekommt

es ein Spielgitter in der Größe von 2x2 m.

Der Platz an dem der Spielbereich des Kindes eingerichtet ist, sollte etwas

abseits gestellt sein, aber doch so, dass das Kind die Vertrauensperson im

Raum hören und sehen kann und die Sicherheit hat, jemand ist da.

Beginnt das Kind zu robben, hat der begrenzte Bereich ausgedient und das

Kind benötigt eine größere freie Fläche, die trotzdem vor etwaigen Gefahren

geschützt sein soll.

Im Sommer sollte das Kind die Möglichkeit haben sich im Garten ebenfalls in

einem begrenztem Raum, frei bewegen zu können. Optimal wäre es, wenn

das Kind wenn es warm genug ist dabei wenig / keine Kleidung trägt, für das

Kind besteht dadurch die Möglichkeit seine Umgebung mit allen Sinnen

kennen zulernen und zu erforschen.

5.2 Spielmaterialien

In den ersten Lebensmonaten benötigt das Neugeborene keine

Spielmaterialien. Es lernt zuerst sich selbst wahrzunehmen, seine Arme und

Beine, seine Hände und Füße.

Zwischen der achten und zwölften Lebenswoche beginnt das Kind seine

Hände anzusehen. Bald darauf entdeckt der Säugling, dass die Hände zu

seinem Körper gehören und er sie bewusst benützen kann. Durch diese

Fähigkeit erlernt das Kind das koordinierte Greifen.

Spielzeug kann ab dem 3.Lebensmonat angeboten werden. Dazu später

mehr.

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Die Sicherheit spielt bei der Auswahl des Spielmaterials eine wichtige Rolle,

da das Kind dieses in den Mund nimmt und damit viel hantiert.

Die Spiele sollten keine verschluckbaren Kleinteile ( Bsp: Knopfaugen an

einem Teddybär) besitzen, einfach, leicht sauber zumachen und stabil sein.

Eine Auswahl an unterschiedlichen Materialangeboten, Größen und Formen

sollte dem Kind angeboten werden.

Das Kind sollte sein Spielmaterial leicht zur Verfügung haben, um ein Gefühl

für die Eigenschaften des Materials, wie die Oberflächenbeschaffenheit, die

Farbe und die Größe zu bekommen.

Keineswegs braucht es sich dabei um teure Dinge handeln. Anfangs reicht

beispielsweise ein einfaches Tuch in einer kräftigen Farbe. Grundsätzlich sei

hier anzumerken, dass es nicht um Quantität geht, sondern vielmehr darum,

dem Kind Möglichkeiten darzulegen, die es im Spiel aufgreifen kann.

Das Spielzeug sollte in einer gewissen Ordnung bereitgestellt werden. Spielt

das Kind eine Zeit lang damit sollte man die Spiele in Abständen wieder

anordnen.

Abb. 2

Durch die neu erlernten Bewegungsmöglichkeiten sammelt das Kind

Erfahrungen mit ihm schon bekannten Spielzeug und lernt sich zwischen

einzelnen Dingen bewusst zu entscheiden. Es wird mit fortschreitendem Alter

daher eine grössere Auswahl an Spielsachen mit unterschiedlicher Handhabe

und verschiedenartiger Wirkung benötigt. Um das Interesse des Kindes

immer wieder zu entfachen, ist die Aufgabe der Bezugsperson das verstreute

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Diplomarbeit von Eva Griesebner 21

Spielzeug neuerlich zu ordnen. Die Gegenstände sollten dem Kind nicht direkt

in die Hand gegeben oder aktiv vorgezeigt werden, das Kind soll selbst

erkunden. Unterstützend kann - besonders im frühen Stadium - aber das

Ablegen des jeweiligen Spielzeuges im Blickfeld des Kindes wirken, was

später durch die immer besser werdende Mobilität des Kindes in den

Hintergrund rücken kann.

Grundsätzlich streift das Thema “Bewegungsentwicklung” aber auch den

Bereich der Spielumgebung - Greifen, Sehen, sich auf Dinge zu bewegen.

Ich möchte an dieser Stelle nicht näher auf das Thema Spielmaterial

eingehen, da das freie Spiel ein sehr umfassender Bereich ist.

6 HOSPITATION EINES SPIELRAUMES

Anfangs möchte ich meine Beweggründe zur Hospitation eines Spielraumes

erläutern.

Für mich war es wichtig zu erfahren, wie Frau Zesar- Bermair die Kinder in

ihrer freien Bewegung begleitet und ihnen Sicherheit und Orientierung gibt, da

ich, wie ich in meinem Resümee noch erwähnen werde im Kindergarten

Bewegungslandschaften anbiete und diese auch ähnlich einem Spielraum

aufbauen möchte.

Bei der Hospitation konnte ich erfahren, wie man in eine Situation eingreifen

kann, ohne das Kind an seiner ausführenden Bewegung zu hindern, jedoch

trotzdem die eigene Erwartung dem Kind gegenüber begreiflich zu machen,

dass es diese auch umsetzt: Es gab eine Situation, wo ein ca. 2 Jahre altes

Mädchen einen Dreieckständer erklommen hat. Das Kind hat sich mit einer

Hand festgehalten und wollte das Klettergerüst über die andere Seite wieder

verlassen. Frau Zesar - Bergmair war in diesem Moment der Meinung, dass

das Mädchen sich mit beiden Händen festhalten sollte. Frau Zesar - Bergmair

ging also zum Kind hin, kniete auf Augenhöhe mit dem Mädchen nieder und

sprach es direkt an: “ Ich sehe du stehst auf der obersten Sprosse und hältst

dich mit einer Hand fest. Ich möchte, dass du dich mit beiden Händen

festhältst!”

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Diplomarbeit von Eva Griesebner 22

Das Interessante an dieser Situation war für mich, dass Frau Zesar -

Bergmair ihre eigenen Gefühle dem Kind gegenüber ausgedrückt hat und das

Mädchen diese “Ich - Botschaft” sofort aufgenommen und umgesetzt hat.

Mir wurde bewusst, wie ich meine Gefühle zum Ausdruck bringen kann, vor

allem aber, wie wichtig es ist selbst authentisch zu sein, ohne gleich eine

“Drohung” aussprechen zu müssen (“ wenn du die zweite Hand nicht nimmst,

fällst du herunter”)

6.1 Spielraum

Der Spielraum gibt Kindern die Möglichkeit selbstständig zu forschen, zu

entdecken und zu experimentieren.

Er bietet den Eltern die Eigeninitiative des Kindes zu beobachten und

einschätzen zu lernen. Allem gemeinsam ist aber, mit dem Kind Freude am

selbständigen Tun zu erleben.

Durch die Anwesenheit der Eltern und das Interesse am Tun ihres Kindes

verspüren diese Sicherheit. Die Eltern sollten aber nicht in das

Spielgeschehen der Kinder eingreifen, sondern am Rande beobachten und

falls nötig für das Kind da sein, das Kind trösten, Nähe und Kontakt geben.

Im Spielraum hat jedes Kind die Chance sich im eigenen Tempo in der

vorbereiteten Umgebung einzufinden.

Die Umgebung im Spielraum wird dem Entwicklungsalter der Kinder

entsprechend vorbereitet. Kinder sind entsprechend ihres

Entwicklungsstandes in Gruppen zusammengefasst, das heißt, sie können

ohne von älteren oder jüngeren Kindern gestört zu werden, spielen.

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Diplomarbeit von Eva Griesebner 23

6.1 Beobachtung und Reflexion

Ich durfte bei Frau Mag. Birgit Zesar - Bergmair in einem Spielraum mit 6

Kindern im Alter von 21 - 25 Monaten hospitieren.

Birgit Zesar - Bergmair begleitet Kinder im Alter von 5 - 10 Monaten, von 11 -

18 Monaten, von 19 - 30 Monaten und von 2,5 - 3,5 Jahren.

Die Gruppengröße ist mit maximal 7 Kindern mit einer Raumgröße von ca. 40

m² begrenzt, die Kinder von 2,5 - 3,5 Jahren sind in einem größeren Raum (

ca. 70 m² ) untergebracht. Die Spielraumgruppe dauert pro Einheit 1 ½

Stunden, Eine Jausenpause gibt es nach einer ¾ Stunde.

Die Kinder tragen bequeme Kleidung und sind barfuss ( nur mit Legwarmers )

im Spielraum unterwegs. Frau Zesar - Bergmair gibt den Kindern

Orientierung in Form von Präsenz und verbaler Unterstützung. Ist die

Pädagogin gerade in einer Begleitung und es kommt zu einer Situation wo

Begleitung erforderlich ist, geht ein Elternteil hin. Die Kinder werden nicht zum

Spielen animiert. Die Eltern beobachten ihre Kinder, spielen aber nicht mit.

Sollte sich ein Kind von einem Elternteil nicht trennen wollen, setzt Frau Zesar

- Bergmair auf das Gespräch. Dem Kind wird die Wahl selbst überlassen, ob

es beim jeweiligen Elternteil bleibt oder ob es sich selbstständig frei im Raum

bewegen will. Frau Zesar - Bergmair führt in diesem Fall ein Gespräch mit

dem Elternteil, und bespricht, inwieweit diese Situation für ihn in Ordnung ist:

Eine Mutter kam mit ihrem 23 Monate alten Sohn in den Spielraum. Nach der

Geburt ihres zweiten Kindes ist die Mutter das erste Mal wieder mit ihrem

Sohn gekommen. Der Bub suchte unentwegt den Körperkontakt zu seiner

Mama. Als die Mutter den Raum in Richtung Toilette verlassen wollte,

entschied sie sich, den Sohn im Spielraum bei Frau Zesar - Bergmair zu

lassen. Der Bub weinte heftig lief seiner Mutter aber nicht nach, sondern

suchte engen Körperkontakt zu Frau Zesa - Bergmair. Sie hat seine Gefühle

und sein Weinen gespiegelt. Der Junge beruhigte sich schon nach kurzer

Zeit. Als die Mutter wieder zurück kam, hat sich die Situation weiter entspannt

und der Bub spielte in ihrer Nähe.

Es war interessant zuzusehen, wie toll Kinder (in diesem Alter) selbstständig

arbeiten und sich auch teilweise schon gegenseitig austauschen.

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Diplomarbeit von Eva Griesebner 24

Ich ging zu Frau Zesar - Bergmair mit dem Gedanken, dass im Spielraum alle

Kinder ruhig und vertieft spielen würden - ich wurde eines Besseren belehrt.

Der grösste Teil in der Bewegungsentwicklung ist bei Kindern im Alter von ca.

25 Monaten bereits abgeschlossen, es geht eigentlich nur um die

Verfeinerung der Bewegungsabläufe.

Ein weiteres Beispiel: Ein 24 Monate alter Bub war mit seinem Papa im

Spielraum. Zuhause spielt und tobt der Papa mit seinem Sohn, im Spielraum

nicht. Man konnte gut beobachten wie der Bub immer wieder versuchte

seinen Papa zum Spielen zu animieren. Er aber reflektierte “ nur” die

Aktivitäten seines Sohnes und begleitete ihn mit Worten.

Es war sehr interessant wie unterschiedlich Eltern mit dieser Situation

umgehen, nicht aktiv zu werden.

Angesprochen auf die Lebendigkeit im Spielraum fragte mich Frau Zesar -

Bergmair in der Reflexion, was ich darunter verstehe, wenn ein Kind in einer

vorbereiteten Umgebung wie dem Spielraum leise und ruhig ist? Die Antwort,

die sie mir vorweggenommen hat, überwältigte mich: “Dann ist das Kind tot!“

Kinder zeigen durch ihre Lebendigkeit nicht nur ihr eigenes Wesen, sie lernen

sich dabei auch selbst besser kennen.

Lebensfreude = Lebendigkeit

Durch die Möglichkeit zu hospitieren wurde mir klar wie wichtig es ist, auch in

der Arbeit als Familienmentorin, beobachten und reflektieren zu können.

Vor allem sich selbst und auch die Kinder oder den Erwachsenen in einer

Sitzung.

Die Herausforderung für mich ist, dabei intuitiv zu handeln und mich auf den

Menschen den ich vor mir habe, ganz einzulassen.

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7 RESÜMEE

Ich habe mich nicht nur theoretisch intensiv mit dem Thema selbstständige

Bewegungsentwicklung auseinander gesetzt, es war mir sehr wichtig eine

Pädagogin bei der praktischen Umsetzung beobachten zu können, um dies in

meine Arbeit als Pädagogin im Kindergarten und als Mentorin mit einfließen

lassen zu können.

Im Spielraum, der dafür gedacht ist, dass Kinder ihre Bewegungsabläufe

ohne aktive Beteiligung eines Erwachsenen frei erlernen können, handelt es

sich dennoch um eine relative, freie Bewegungsentwicklung. Das zeigt das

Beispiel des Mädchens am Dreieckständer.

Es hat sich nicht nur in meiner Arbeit viel verändert, sondern auch im Umgang

mit meinen eigenen Kindern. Ich beziehe sie mit ein und respektiere nicht nur

ihre Meinung, sondern auch ihre Art wie sie sich mit Dingen auseinander

setzen. Es ist toll mit anzusehen wie die Kinder darauf reagieren, wenn sie

sich gleichberechtigt mit einem Erwachsenen fühlen.

Ich freue mich auf die Arbeit als Mentorin und werde hoffentlich das Erlernte

weiterhin gut umsetzen und verwirklichen können.

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8 QUELLENNACHWEIS

• www.Pikler-Hengstenberg.at

• Zitat Titelblatt von Jacoby aus dem Buch : “ Lasst mir Zeit “ S. 9

von Emmi Pikler, Auflage 4

• “ Lasst mir Zeit “ von Emmi Pikler, 4. Auflage, Verlag Pflaum

• Doppelmodul ( Ausbildung zur Fam. Mentorin )

• Frühkindliche Förderung - Vom Säugling zum Kleinkind

• von Claudia Billinger

• “ Mein Baby entdeckt sich und die Welt - Kindliche Entwicklung

achtsam begleiten nach Emmi Pikler “ von Monika Aly,

Verlag Kösel

• Abb. 1: Foto von Emmi Pikler aus der Website: Pikler-

Hengstenberg.at

• Abb. 2: Foto mit Tuch -> aus Google suche:: Pikler Bilder

entstanden im Pikler Institut Budapest

• Foto “Baby in Rückenlage”, aus “ Lasst mir Zeit “ von Emmi

Pikler, 4. Auflage, Verlag Pflaum, Seite 193

• Foto “Baby in Seitlage”, aus “ Lasst mir Zeit “ von Emmi

Pikler, 4. Auflage, Verlag Pflaum, Seite 196

• Foto “ Baby in Bauchlage”, aus “ Lasst mir Zeit “ von Emmi

Pikler, 4. Auflage, Verlag Pflaum, Seite 200

• Foto “Baby im seitlichen Ellbogenstütz”, aus “ Lasst mir Zeit “

von Emmi Pikler, 4. Auflage, Verlag Pflaum, Seite 204

• Foto “ Baby im abgestützten Seitsitz”, aus “ Lasst mir Zeit “

von Emmi Pikler, 4. Auflage, Verlag Pflaum, Seite207

• Foto “Baby im Knie - Händestütz”, aus “ Lasst mir Zeit “ von

Emmi Pikler, 4. Auflage, Verlag Pflaum, Seite 211

• Foto “Baby in Bärenstellung”, aus “ Lasst mir Zeit “ von Emmi

Pikler, 4. Auflage, Verlag Pflaum, Seite 215

• Foto “Baby im Kniestand”, aus “ Lasst mir Zeit “ von

Emmi Pikler, 4. Auflage, Verlag Pflaum, Seite 218

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• Foto “Baby im Hocken”, aus “ Lasst mir Zeit “ von Emmi

Pikler, 4. Auflage, Verlag Pflaum, Seite 222

• Foto “Baby im Sitzen”, aus “ Lasst mir Zeit “ von Emmi

Pikler, 4. Auflage, Verlag Pflaum, Seite 227

• Foto “Baby im Stehen”, aus “ Lasst mir Zeit “ von Emmi

Pikler, 4. Auflage, Verlag Pflaum, Seite 232