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SemantikEinfuhrung
Anke [email protected]
Universitat Leipzig, Institut fur Linguistik
07.04.2016
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Inhaltsverzeichnis
1 Was ist Semantik?
2 Bedeutung in Semantikund Pragmatik
3 Grundrichtungen in derSemantik
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Inhaltsverzeichnis
1 Was ist Semantik?
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Semantik als Teilgebiet der Linguistik
Phonetik Phonologie Morphologie Syntax SemantikphysikalischeEigen-schaften(konkreter)sprachli-cher Laute
Funktionenund Struk-tur (abstrak-ter) Lauteim Sprach-system
Struktur vonWorternund derenBestandtei-len
Struktur vonSatzen undkomplexersprach-licherEinheiten
Bedeutungsprach-licherEinheiten
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Semantik als Lehre von der Bedeutung sprachlicher Zeichen I
3 Arten von Zeichen (Charles S. Pierce):
Index: Beziehung der Kontiguitat(Zusammengehorigkeit) zwischen Zeichenund Angezeigtem
Ikon: Beziehung der Ahnlichkeit zwischen Zeichenund Bezeichnetem
Symbol: Beziehung zwischen Zeichen undBezeichnetem uber (arbitrare) Konventionfestgelegt
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Semantik als Lehre von der Bedeutung sprachlicher Zeichen II
Ferdinand de Saussure: Sprachliche Zeichen sindSymbole
FrageSind sprachliche Zeichen immer Symbole?
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Semantik als Lehre von der Bedeutung sprachlicher Zeichen III
Arten von Semantik:In der Linguistik: Bedeutung sprachlicher ZeichenIn der Semiotik: Bedeutung von Zeichen (im Allgemeinen)
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Fragestellungen in der Semantik
Welche Arten von Bedeutung gibt es?Wie ergibt sich die Bedeutung in komplexen sprachlichenEinheiten?In welchen Beziehungen stehen Bedeutungen?Wie lasst sich Bedeutung sprachlicher Zeichen theoretischmodellieren?
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Ubersicht Vorlesung Semantik
07.04.2016: Einfuhrung14.04.2016: Deskriptive, expressive, soziale Bedeutung /
Ambiguitat21.04.2016: Bedeutung und Logik28.04.2016: Bedeutungsbeziehungen05.05.2016: keine Veranstaltung (Himmelfahrt)12.05.2016: Pradikation19.05.2016: Dekomposition26.05.2016: Bedeutung und Sprachvergleich02.06.2016: Bedeutung und Kognition09.06.2016: Satzbedeutung und Formale Semantik16.06.2016: Temporale und modale Semantik23.06.2016: Pragmatik30.06.2016: Zusammenfassung07.07.2016: Klausur
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Inhaltsverzeichnis
2 Bedeutung in Semantik und Pragmatik
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Naturliche vs. nichtnaturliche Bedeutung
Anzeichen, Bilder, Symbole, Ausdrucke, Handlungen etc.konnen etwas bedeuten bzw. eine Bedeutung haben.
(1) Dunkle Wolken bedeuten Regen.
(2) " bedeutet, dass etwas abzuschneiden ist.
(3) Diese funf Sterne bedeuten ein First Class Hotel.
(4) Das Ertonen einer Klingel im Bus bedeutet, dass derFahrer die Turen schließt.
(5) Der Satz “Hans ist ein Junggeselle” bedeutet, dassHans ein unverheirateter Mann ist.
(6) Das Winken des Polizisten bedeutet, dass die Autoswieder schneller fahren durfen.
(7) Wenn ich “Es zieht” sage, bedeutet das, dass du dieTur schließen sollst.
(8) Maria bedeutet Hans, das Zimmer zu verlassen.11 / 30
Zwei Verwendungsweisen von Bedeutung
meaningN : naturliche Bedeutung, naturgesetzlicherZusammenhang zwischen Sachverhalten X und Yderart besteht, dass Y in der Regel eine Folge vonX ist, X ist ein Symptom von Y
meaningNN : nicht-naturliche Bedeutung, Personen haben dieIntention I, durch eine Handlung H (z.B.Benutzung eines sprachlichen Ausdrucks) beianderen Personen einen bestimmtenInformationseffekt zu erzielen, H ist ein Signal furI, H gehorcht in der Regel einer Konvention uberzulassiges Verhalten
Grice (1957)
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Bedeutungsebenen (Lobner (2003))
Ausdrucksbedeutung: Bedeutung eines einfachen oderzusammengesetzten Ausdrucks fur sichgenommen
Außerungsbedeutung: Bedeutung, die ein einfacher oderzusammengesetzter Ausdruck bei derInterpretation in einem gegebenenAußerungskontext erhalt, einschließlich seinerReferenz; Aspekte eines Kontexts sind: Sprecher,Adressat, Zeitpunkt, Ort, gegebene relevanteFakten; eine Außerungsbedeutung kann wahroder falsch sein
Kommunikativer Sinn: Bedeutung einer Außerung alskommunikative Handlung in einer gegebenensozialen Konstellation
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Beispiel I
(9) Ich brauche dein Fahrrad nicht.
SZENARIO 1: 1.8.1996, morgens. Angelika, die etwas außerhalb wohnt,hat geplant, an diesem Nachmittag in die Stadt zu fahren.Zwei Tage zuvor hat sie mit ihrem Nachbarn Klaus darubergesprochen und ihn gebeten, ihr dafur eventuell sein Fahrradzu leihen. Sie hatte namlich ihrer Tochter das Auto geliehenund wusste nicht, ob sie es rechtzeitig zuruckbekommenwurde. Inzwischen ist die Tochter wieder da und hat Angelikadas Auto zuruckgegeben. Angelika telefoniert jetzt mit Klausund teilt ihm, nachdem der Smalltalk erledigt ist, mit: “Ichbrauche dein Fahrrad nicht.”
FrageWas sind Ausdrucksbedeutung, Außerungsbedeutung undkommunikativer Sinn?
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Beispiel II
(9) Ich brauche dein Fahrrad nicht.
SZENARIO 2: Zur selben Zeit am selben Ort. Klaus’ funfjahrigeTochter Kirsten spielt zu Hause mit ihrem gleichaltrigenFreund Thomas mit einem Satz Quartettkarten, die allemoglichen Arten von Fahrzeugen zeigen. Thomas hateine Karte mit einem Schneemobil. Kirsten mochte siegerne gegen eine ihrer Karten tauschen und bietetThomas eine Karte mit einem Fahrrad an. Thomas willnicht und sagt zu Kirsten: “Ich brauche dein Fahrradnicht.”
FrageWas sind Ausdrucksbedeutung, Außerungsbedeutung undkommunikativer Sinn?
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Unterscheidung von Semantik und Pragmatik
Semantik und Pragmatik sind linguistische Disziplinen, die sichbeide mit Bedeutung befassen. Fur welche Aspekte sie sichdabei jeweils genau interessieren und wo die Grenzliniezwischen ihnen zu ziehen ist, wird kontrovers diskutiert.
Ausdrucksbedeutung
Semantik
Außerungsbedeutung
Pragmatik
Kommunikativer Sinn
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Bedeuten vs. Meinen (Grice (1957))
Ausdrucksbedeutung: expression meaning
Sprecherbedeutung: speaker’s meaning
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Unterscheidung von Semantik und Pragmatik
Ausdrucksbedeutung Semantik
Sprecherbedeutung Pragmatik
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Was sind Bedeutungen? I
Bedeutung als bezeichnetes Objekt: Bedeutungen sind dieObjekte, die mit den jeweiligen Ausdruckenbezeichnet werden (Schwierigkeiten?)
Bedeutung als Konzept:
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Was sind Bedeutungen? II
Bedeutung als innersprachliches Beziehungsgeflecht:Bedeutung ist ein mentales Phanomen, das ohneBezug auf Außersprachliches erklart werden kannsondern mit Bezug auf Bedeutungsbeziehungeninnerhalb des Sprachsystems
Bedeutung als beobachtbare Verhaltensweise: Bedeutungenlassen sich mit Verhalten erklaren (Behaviorismus)
Bedeutung als Gebrauch: “Die Bedeutung eines Wortes istsein Gebrauch in der Sprache.” (LudwigWittgenstein)
Bedeutung als Gehirnzustand: Bedeutungen korrelieren mitbestimmten physikalischen Gehirnzustanden, diedurch bildgebende Verfahren gemessen werdenkonnen
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Was sind Bedeutungen? III
Bedeutung als Beziehung zur Welt: Bedeutung ist derkonkrete Bezug von Ausdrucken auf Gegenstandein der Welt. Die Bedeutung eines Satzes wird mitseinen Wahrheitsbedingungen, d.h. denBedingungen, unter denen er wahr ist, identifiziert.Die Bedeutung seiner Teilausdrucke ist derBeitrag, den sie zu diesen leisten. (Gottlob Frege)
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Satzbedeutung und Kompositionalitat I
Die Bedeutung von Satzen und Wortgruppen ergibt sich unterStandardannahmnen aus dem Kompositionalitatsprinzip:
Kompositionalitatsprinzip (Fregeprinzip)Die Bedeutung eines komplexen Ausdrucks ergibt sicheindeutig aus der lexikalischen Bedeutung seinerKomponenten, aus deren grammatischer Bedeutung und ausseiner syntaktischen Struktur.
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Satzbedeutung und Kompositionalitat II
Lexikalische Bedeutung: Morphembedeutungen(Wortbedeutungen) sind im mentalen Lexikongespeichert
Grammatische Bedeutung: Bedeutung vonFlexionsmorphemen in ihrer konkreten Form (z.B.Numerus, Tempus)
Syntaktische Struktur: Die syntaktische Struktur bestimmt, wieBedeutungen kombiniert werden (z.B.Unterscheidung Argument, Modifizierer,grammatische Funktion)
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Inhaltsverzeichnis
3 Grundrichtungen in der Semantik
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Teilgebiete der Semantik
lexikalische SemantikWortbildungssemantikSemantik der grammatischen FormenSatzsemantik
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Grundrichtungen in der Semantik I
Strukturalistische Semantik: Untersuchung vonBedeutungsbeziehungen zwischen Ausdrucken(Trier (1931); Lyons (1977); Cruse (1986))
Kognitive Semantik/Konzeptuelle Semantik: Nachfolger dergenerativen Semantik (Lakoff (1963/1976);McCawley (1973), Bedeutungswissen ist Teil derallgemeinen Kognition (Lakoff (1987); Johnson(1987); Talmy (2000); Jackendoff (1983, 2002))
Formale Semantik: Form von Referenzieller Semantik, die ausder mathematischen Logik hervorgegangen ist(Montague (1970); Lewis (1970); Cresswell(1973)), Wahrheitskonditionales Verstandnis vonBedeutung, Bedeutungsverhaltnisse werden mitHilfe von mengentheoretischen Modellendargestellt.
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Grundrichtungen in der Semantik II
Das Forschungsprogramm der formalen Semantik war bishervor allem im Bereich der Satzsemantik sehr erfolgreich.
Hauptuntersuchungsgebiet der strukturalistischen und derkognitiven Richtung ist die lexikalische Semantik.
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Unterscheidung von Semantik und Pragmatik
Die verschiedenen Richtungen der Semantik sind in der Regelmit einem jeweils eigenen Verstandnis der Pragmatik und ihrerBeziehung zur Semantik verbunden.
Die formale Semantik strebt die parallele Entwicklung einerformalen Pragmatik an.Die kognitive Semantik lehnt eine Unterscheidung vonSemantik und Pragmatik ab und versteht sich stattdessenals pragmatisch orientiert.
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Referenzen I
Cresswell, Max (1973): Logics and Languages. Methuen youngbooks.
Cruse, D.A. (1986): Lexical Semantics. Cambridge UniversityPress.
Grice, H.P. (1957): ‘Meaning’, The Philosophical Review66(3), 377–388.
Jackendoff, Ray (1983): Semantics and Cognition. MIT Press.Jackendoff, Ray (2002): Foundations of Language: Brain,
Meaning, Grammar, Evolution. Oxford University Press.Johnson, Mark (1987): The Body in the Mind: The Bodily Basis
of Meaning, Imagination, and Reason. The University ofChicago Press.
Lakoff, George (1963/1976): ‘Toward Generative Semantics’,Syntax and Semantics 7, 43–61.
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Referenzen IILakoff, George (1987): Women, Fire, and Dangerous Thins.
The University of Chicago Press.Lewis, David (1970): ‘General Semantics’, Synthese
22(1), 18–67.Lobner, Sebastian (2003): Semantik: Eine Einfuhrung. De
Gruyter, Berlin.Lyons, John (1977): Semantics. Cambridge University Press.McCawley, James D. (1973): Grammar and Meaning.
Taishukan.Montague, Richard (1970): English as a formal language. In:
V. et al., ed., Linguaggi nella Societa e nella Tecnica. Edizionidi Comunita, Milano.
Talmy, Leonard (2000): Toward a Cognitive Semantics. MITPress.
Trier, Jost (1931): Der deutsche Wortschatz im Sinnbezirk desVerstandes. Heidelberg.
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