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Johannes Gutenberg-Universität Mainz Institut für Physik / Institut für Kernphysik Seminar zum Fortgeschrittenen-Praktikum WS 2007/08 Leitung: Prof. Dr. S. Tapprogge, Dr. M. Distler Betreuer: Prof. Dr. K. Kleinknecht Referent: Stefan Böttner Energiefrage und Klimawandel 1 Klimawandel Das Klima der Erde ist definiert als der Zustand der Atmosphäre, gemittelt über einen Zeitraum von in der Regel 30 Jahren. Es beschreibt also insbesondere die langfristige Temperaturänderung. Seit Beginn der Industrialisierung greift der Mensch stark in das Klimagleichgewicht der Er- de ein. Dies lässt sich zum Beispiel an den immer schneller schmelzenden Alpengletschern, die bisher schon die Hälfte ihrer Masse verloren haben, sowie an den in der Stärke zunehmenden Unwetterkata- strophen erkennen. Auch die Eismassen der Pole schmelzen rapide ab. Der Mensch verändert das Klima in einem deutlich stärkeren Maße als dies durch natürliche Zyklen erklärbar wäre. Natürliche Klimazyklen entstehen durch Schwankungen der Erdbahn. 1.1 Milankovic Zyklen Die Milankovic Zyklen sind Auslöser der Eiszeiten auf unserem Planeten. Sie setzen sich aus periodi- schen Schwankungen einiger Parameter der um die Sonne verlaufenden Erdbahn zusammen. Es sind folgende Perioden wichtig: Der Winkel der Erdach- se schwankt mit einer Periode von 41000 Jahren, die Präzession der Drehachse mit einer Periode von 23000 Jahren und die Exzentrizität der Umlaufbahn schwankt mit einer Periode von 100000 und 400000 Jahren. Der Beginn der letzten zehn Eiszeiten lässt sich mit den Milankovic Zyklen korrekt berechnen, was Vergleiche mit Daten aus Eisbohrkernen gezeigt haben. Die Schwankungen führen zur Veränderung der Verteilung der Sonneneinstahlung auf der Er- de, was mit Rückkopplungsmechanismen zu einer Abkühlung von 7 C führt. Dies in einem Zeitraum von einigen tausend Jahren. Die aktuell beobachtete Klimaerwärmung findet allerdings in einem wesentlich kürzeren Zeitraum statt und ist somit nicht durch die Milankovic Zy- klen erklärbar. 1.2 Natürlicher Treibhauseffekt Die Strahlung der Sonne trifft mit einer Stärke von 1370 W/m 2 auf die Atmosphäre. Durch Refle- xion an Wolken und der Erdoberfläche werden 30% (Albedo) der Strahlung zurück in den Weltraum ab- gestrahlt. Da weiterhin nur die halbe Erdkugel von der Sonne beschienen wird und die eingestrahlte Leistung am Äquator stärker ist als an den Polen, verbleiben nur noch ca. 242 W/m 2 , die die Erdober- fläche erreichen. Im Gleichgewicht wird nun derselbe Betrag wie- der emittiert. Allerdings findet Emission immer unter einer größeren Wellenlänge als die vorher- gehende Absorption statt (Stokessche Regel). Die nun also langwellige Wärmestrahlung, die von der Seminar zum Fortgeschrittenen Praktikum WS 07/08 1

Seminarvortrag Energiefrage und Klimawandel · Erdeemittiertwird,kannvonderAtmosphärenun absorbiertwerden.Diesewiederumstrahlteinen TeilderWärmezurück,waszurErwärmungder Atmosphäreführt

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Johannes Gutenberg-Universität MainzInstitut für Physik / Institut für KernphysikSeminar zum Fortgeschrittenen-Praktikum WS 2007/08Leitung: Prof. Dr. S. Tapprogge, Dr. M. DistlerBetreuer: Prof. Dr. K. KleinknechtReferent: Stefan Böttner

Energiefrage und Klimawandel

1 KlimawandelDas Klima der Erde ist definiert als der Zustandder Atmosphäre, gemittelt über einen Zeitraumvon in der Regel 30 Jahren. Es beschreibt alsoinsbesondere die langfristige Temperaturänderung.Seit Beginn der Industrialisierung greift der

Mensch stark in das Klimagleichgewicht der Er-de ein. Dies lässt sich zum Beispiel an den immerschneller schmelzenden Alpengletschern, die bisherschon die Hälfte ihrer Masse verloren haben, sowiean den in der Stärke zunehmenden Unwetterkata-strophen erkennen. Auch die Eismassen der Poleschmelzen rapide ab. Der Mensch verändert dasKlima in einem deutlich stärkeren Maße als diesdurch natürliche Zyklen erklärbar wäre. NatürlicheKlimazyklen entstehen durch Schwankungen derErdbahn.

1.1 Milankovic Zyklen

Die Milankovic Zyklen sind Auslöser der Eiszeitenauf unserem Planeten. Sie setzen sich aus periodi-schen Schwankungen einiger Parameter der um dieSonne verlaufenden Erdbahn zusammen. Es sindfolgende Perioden wichtig: Der Winkel der Erdach-se schwankt mit einer Periode von 41000 Jahren,die Präzession der Drehachse mit einer Periode von23000 Jahren und die Exzentrizität der Umlaufbahnschwankt mit einer Periode von 100000 und 400000Jahren. Der Beginn der letzten zehn Eiszeiten lässt

sich mit den Milankovic Zyklen korrekt berechnen,was Vergleiche mit Daten aus Eisbohrkernen gezeigthaben. Die Schwankungen führen zur Veränderungder Verteilung der Sonneneinstahlung auf der Er-de, was mit Rückkopplungsmechanismen zu einerAbkühlung von 7◦C führt. Dies in einem Zeitraumvon einigen tausend Jahren.

Die aktuell beobachtete Klimaerwärmung findetallerdings in einem wesentlich kürzeren Zeitraumstatt und ist somit nicht durch die Milankovic Zy-klen erklärbar.

1.2 Natürlicher TreibhauseffektDie Strahlung der Sonne trifft mit einer Stärkevon 1370W/m2 auf die Atmosphäre. Durch Refle-xion an Wolken und der Erdoberfläche werden 30%(Albedo) der Strahlung zurück in den Weltraum ab-gestrahlt. Da weiterhin nur die halbe Erdkugel vonder Sonne beschienen wird und die eingestrahlteLeistung am Äquator stärker ist als an den Polen,verbleiben nur noch ca. 242W/m2, die die Erdober-fläche erreichen.

Im Gleichgewicht wird nun derselbe Betrag wie-der emittiert. Allerdings findet Emission immerunter einer größeren Wellenlänge als die vorher-gehende Absorption statt (Stokessche Regel). Dienun also langwellige Wärmestrahlung, die von der

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Erde emittiert wird, kann von der Atmosphäre nunabsorbiert werden. Diese wiederum strahlt einenTeil der Wärme zurück, was zur Erwärmung derAtmosphäre führt.

1.3 Absorptionsspektrum derAtmosphäre

Um zu Verstehen wie die Atmosphäre Strahlungabsorbiert, ist folgendes Spektrum hilfreich:

Man erkennt, dass die Absorption hauptsächlichdurch Wasserdampf stattfindet, der durch Verduns-tung in großen Mengen in unserer Luft vorhandenist. Entscheidend ist aber, dass Gase wie CO2 undCH4 die Lücken füllen und so die Absorption ver-stärken können. Wie groß dieser Effekt ist hängtvon der Komplexität des Moleküls ab. Bei einfache-ren Molekülen wie CO2 liegen die Rotationsbanden,die für die Absorption verantwortlich sind, weiterauseinander, so dass die Absorption hier schwächerist.

1.4 GleichgewichtstemperaturDie Stärke der Absorption der von der Erde abge-strahlten Wärme, also des Treibhauseffekts, lässtsich einfach berechnen. Im Gleichgewicht gilt „ein-gestrahlte Energie gleich abgestrahlte Energie“. Eslässt sich daher folgende Energiegleichung aufstel-len, die vorerst die Absorption der Atmosphärevernachlässigt:

S · πr2(1−Albedo) = σT 4 · 4πr2

Die linke Seite beschreibt den Teil der Energie,der die Erdoberfläche erreicht. Hier also die Solar-konstante um den Effekt der Albedo und der nurhalbseitig bestrahlten Erdkugel korrigiert. Nähertman die Erde als schwarzen Körper an, lässt sichdie Abstrahlung (rechte Seite) durch das StefanBoltzmann Gesetz ausdrücken. Da die Erde aller-dings über die gesamte Oberfläche emittiert, gilt

hier im Gegensatz zur eingestrahlten Energie eineFläche von 4πr2.

Löst man nun nach T auf, erhält man eine Tem-peratur von −18 ◦C, der Gleichgewichtstemperaturder Erde. Messungen ergeben aber eine mittlerenWert von +15 ◦C. Da die Berechnung den Einflussder Atmosphäre vernachlässigt, ergibt sich damitein Wert für den natürlichen Treibhauseffekt von+33 ◦C.

Führt man dieselbe Rechnung für unseren Nach-barplaneten Venus aus, erhält man mit der hiergeltenden Solarkonstanten von 2615W/m2 und derhöheren Albedo von 80% eine Gleichgewichtstem-peratur von -53 ◦C. Messungen ergeben einen Wertvon 460 ◦C. Der Treibhauseffekt der Venus ist alsoum ein Vielfaches stärker als der der Erde. Dies isthauptsächlich auf die höhere CO2 Konzentrationvon 96% zurückzuführen. Die Konzentration aufder Erde liegt dagegen bei 0,038%. Dies zeigt wieentscheidend die Konzentration von CO2 für dasKlima unseres Planeten ist.

1.5 Einfluss des MenschenWeltweit werden jährlich 28 Milliarden Ton-nen CO2 aus fossilen Energieträgern vom Men-schen emittiert. Diese Emission führt zwangs-läufig zu einem Anstieg der Konzentration desGases in der Atmosphäre. Messungen, wie z.B.die des Mauna Loa Observatorium auf Ha-waii bestätigen dies, wie folgender Graph zeigt:

Man erkennt sogar einen überproportionalen An-stieg, was zum Teil durch die verringerte Aufnahme-fähigkeit der Ozeane erklärt werden kann. Bisherwurde ca. die Hälfte unserer Emissionen vom Meeraufgenommen, was zur Versauerung des Wassersführte. Da das Meerwasser aber nahezu gesättigtist, wird immer weniger CO2 aufgenommen. Dieserklärt den stärkeren Anstieg der atmosphärischenKonzentration. Hinzu kommt die zunehmende

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Emission durch Industrienationen. Das die höhe-re Konzentration an CO2 mit diesen Emissionenzusammenhängt, lässt sich über eine Analyse derIsotopenzusammensetzung zeigen. CO2 aus fossilenBrennstoffen besitzt eine andere Zusammensetzungals CO2 aus natürlichen Quellen.Betrachtet man die Emission pro Einwohner,

wird klar welche Nationen für den Konzentrati-onsanstieg verantwortlich sind.

Deutschland steht an vierter Stelle der Ranglisteund ist damit der größte CO2 Produzent Europas!(im Verhältnis zur Zahl der Einwohner)

1.6 Folgen des KlimawandelsDie Folgen des menschlichen Einflusses auf das Kli-ma zeigen sich in einer Temperaturerhöhung vonbisher 0,6 ◦C im globalen Mittel und schon um 1 ◦Cin Deutschland. Die zukünftige Erwärmung lässtsich mit Klimamodellen voraussagen. Man geht biszum Ende des Jahrhunderts von einer Erhöhungder mittleren Temperatur von 1,4 bis 4,5 ◦C aus.Eine Erwärmung der Atmosphäre kann weitrei-

chende Folgen haben. Neben den schmelzendenGletschern und Polen verringert sich auch das Grön-landeis. Dieser Eispanzer ist bis zu 3000m dick.Schmilzt diese Eismasse nun ab, hätte das eineErhöhung des Meeresspiegels um ca. 7m zu Folge.Die Auswirkungen des Schmelzwassers zeigt fol-gende Grafik der Messungen des Meeresspiegel dervergangenen Jahrzehnte.

Bisher wurde ein Anstieg um ca. 20 cm verzeichnet.Extrapoliert man diese Kurve nun mit Klimamo-dellen (blauer bereich des Graphen), kann man bis2100 von einer weiteren Erhöhung um bis zu 50 cmausgehen. Dieser Wert muss vermutlich allerdingsnoch nach oben korrigiert werden. Man geht aktuellvon einer Erhöhung bis zu 90 cm aus.

Für ärmere Länder wie Bangladesch, wo keineausreichenden Dämme zum Meer vorhanden sind,würde das starke Überflutungen zur Folge haben.Man geht davon aus, dass bis zum Ende des Jahr-hunderts ein Drittel von Bangladesch überflutetsein wird. Die Folgen des von den Industrienatio-nen verursachten Klimawandels treffen also zuerstdie ärmeren Länder.

2 Energiefrage

In Anbetracht des drohenden Klimawandels unddes weiter steigenden Energiebedarfs, muss unse-re zukünftige Energieversorgung sorgfältig geplantwerden. Bei dieser Planung ist zu beachten, dass esnicht möglich ist, allein durch effektivere Ausnut-zung der Brennstoffe, CO2 in ausreichender Men-ge einzusparen. Dies ist zu verstehen, wenn manden Wirkungsgrad des Carnot Prozesses berech-net. Dieser Prozess zur Umwandlung von Wärmein mechanische Arbeit ist ein theoretischer idealerProzess, der selbst von modernen Wärmekraftwer-ken nicht erreicht werden kann. Der Wirkungsgraddes Carnot Prozesses stellt daher eine obere Grenzefür alle realisierbaren Wärmekraftwerke, wie z.B.Kohlekraftwerke dar.

Der Carnot Wirkungsgrad berechnet sich zu

η = 1− TkTw

wobei Tw für die Temperatur des Wärmereservoirssteht und Tk für die Temperatur des kalten Reser-voirs, also z.B. dem Kühlwasser. Für eine Dampf-temperatur von 500 ◦C und einer Kühlwassertem-peratur von 15 ◦C erhält man einen Wirkungsgradvon η = 63%. Eine Erhöhung dieses Wertes wä-re durch eine höhere Dampftemperatur möglich.Stellt man den Wirkungsgrad in Abhängigkeit derDampftemperatur allerdings graphisch dar, erkenntman die Probleme dieses Vorhabens.

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Für eine effektive Erhöhung des Wirkungsgradswäre eine starke Temperaturerhöhung nötig. Hierstößt man aber schnell an Materialgrenzen. Eineerhebliche Verbesserung ist daher nur über kombi-nierte Prozesse wie z.B. bei Gas und Dampfkraft-werken möglich.

2.1 Energieversorgung in DeutschlandIm Jahre 2006 wurden ca. 58% der Elektrizitätdurch Verbrennung der fossilen Energiequellen Koh-le, Gas und Öl erzeugt. Daher ist es nicht verwun-derlich, dass die Energieversorgung mit 41% amGesamtausstoß von CO2 beteiligt ist. Eine genauereBetrachtung dieser CO2 emittierenden Kraftwerkeist daher wichtig.

2.2 Fossile KraftwerkeKraftwerke die unter diese Bezeichnung fallen, pro-duzieren Elektrizität durch Verbrennung von fossi-len Rohstoffen. Hierbei wird die entstehende Hitzezur Verdampfung von Wasser genutzt, das nun un-ter Druck eine Turbine antreibt und somit Stromerzeugt. Dieses recht einfache Prinzip funktioniertim wesentlichen mit jedem brennbaren Material.Allerdings ist es nie möglich die gesamte Verbren-nungswärme in Elektrizität umzuwandeln, da wieoben beschrieben der Carnot Prozess eine Grenzevon 63% vorgibt (bei 500◦C). Im Realfall errei-chen moderne Kohlekraftwerke Wirkungsgrade von43-36%, alte nur ca. 32%. Gaskraftwerke dagegenkönnen den Brennstoff schon deutlich besser nutzen.Hier wird zunächst eine Gasturbine durch direkteVerbrennung angetrieben. Im weiteren wird nundas heiße Abgas genutzt um Wasser zu verdampfenund eine Dampfturbine anzutreiben. Durch diesemehrfache Nutzung des Brennstoffs erreicht manNutzungsgrade von 58%.

Ein weiterer Vorteil von Gas wird deutlich, wennman den Verbrennungsprozess auf chemischer Ebe-ne betrachtet. Für Kohle gilt die Reaktionsglei-chung C + O2 → CO2 mit einem thermischenHeizwert von 7-8 kWh/kg, während bei Gas die

Reaktion CH4 + 2O2 → CO2 + 2H2O mit einemHeizwert von 11 kWh/kg abläuft. Bei der Verbren-nung von Gas dient also sowohl Kohlenstoff alsauch Wasserstoff zur Energieerzeugung. Dies kom-biniert mit dem besseren Nutzungsgrad von Gasund Dampfkraftwerken ergibt einen CO2 Ausstoßder nur die Hälfte der Emission von Kohlekraft-werken beträgt. Der entscheidende Nachteil vonGaskraftwerken ist aber die geringe Reichweite derGasvorkommen. Während Kohle noch für einigeHundert Jahre verfügbar ist, gehen die Gasvorkom-men schon in den nächsten 60 Jahren zur Neige.Ein kompletter Umstieg auf Gas ist daher wenigsinnvoll.

Moderne Kraftwerke erlauben es also Brennstoffeeffektiver einzusetzen und somit CO2 einzusparen.Der Zuwachs im Energie-Nutzungsgrad ist aller-dings nicht ausreichend um die Klimaschutzziele zuerreichen. Es müssen daher noch andere Verfahrenin Betracht gezogen werden.

2.2.1 CO2 Sequestrierung

Die Methode der CO2-Sequestrierung, also der Ab-scheidung von CO2, scheint auf den ersten Blickeine gute Möglichkeit zur umweltfreundlichen Ener-gieerzeugung mittels fossilen Brennstoffen darzu-stellen. Ein Weg der Realisierung sieht vor, Kohleunter Zufuhr von reinem Sauerstoff zu verbrennen,wodurch die Abgase aus nahezu reinem CO2 be-stehen. Diese Abgase werden nun zur Endlagerungverflüssigt und abtransportiert. Die Verflüssigungallein senkt allerdings den Wirkungsgrad des Kraft-werks um 11-14 Prozentpunkte, da der Vorgangsehr energieaufwändig ist. Rechnet man auch denAbtransport mit ein, wird ca. ein Viertel der erzeug-ten Energie zur Sequestrierung aufgewandt. Dieswürde den Strompreis um 1,8 bis 7 Cent pro kWherhöhen.Ein weit größeres Problem ist die Endlagerung

des anfallenden CO2. Täglich werden in Deutsch-land ca. 1 Mio. t CO2 aus Kraftwerken mit fossilenEnergiequellen emittiert. Dies entspricht 300 Gü-terzügen! Wollte man die Emissionen komplett ver-meiden, müsste daher zuerst eine logistische Meis-terleistung vollbracht werden und im Anschlusssichere Endlager gefunden werden. Da bekannt istwelche politischen Schwierigkeiten bei der Endla-gerung einiger Tonnen abgebrannter Uran Brenn-stäbe auftreten, wäre eine Einlagerung von 1 Mio.t CO2 (pro Tag!) sehr unrealistisch. Die Methodeder Sequestrierung wird daher vermutlich nur einenkleinen Teil zum Klimaschutz beitragen. Allerdingsist mit einer kommerziellen Einführung der Techniknicht vor 2020 zu rechnen.

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2.3 KernenergieNeben den fossilen Energiequellen ist die Kernener-gie mit einem Anteil von 26% die zweit wichtigsteEnergiequelle in Deutschland. Die Gewinnung vonEnergie beruht auf der Spaltung von Uran 235mit thermischen Neutronen. Bei der Spaltung trittein Massendefekt auf da die Spaltprodukte einegeringere Masse als der Mutterkern besitzen. Die„fehlende“ Masse wird in Form von thermischerEnergie abgegeben und dient im Kraftwerk derErhitzung von Wasser. Berechnet man die abgege-bene Energie pro kg Uran, erhält man einen Wertvon 25Mio. kWh. Vergleicht man dies mit demBrennwert von Kohle von 7-8 kWh pro kg, wird derVorteil dieser Energiequelle deutlich. Hinzu kommtdie CO2 Einsparung.Die unterschiedlichen Reaktortypen lassen sich

im wesentlichen auf den verwendeten Moderatorzurückführen. Da bei der Spaltung schnelle Neu-tronen frei werden, aber thermische, also langsameNeutronen, benötigt werden, müssen diese mit ei-nem Moderator gebremst werden. Diese Abbrem-sung findet über Stöße statt. Für die größtmöglicheAbbremsung müssen die Massen möglichst überein-stimmen. Es kommen daher folgende Materialienin Frage:

Am günstigen ist die Verwendung von Wasser.Wassermoderierte Reaktoren besitzen auch einengroßen Sicherheitsvorteil, da beim Ausfall des Kühl-wassers der Moderator ebenfalls ausfällt und dieKettenreaktion abbricht. Der Nachteil von Was-ser besteht in der Absorption von Neutronen, waseine Anreicherung des Brennstoffes nötig macht.Deuterium besitzt diesen Nachteil nicht, ist aberdeutlich teurer. Ein anderer günstiger Moderator,der zusätzlich eine geringe Neutronen-Absorptionaufweist, ist Graphit. Hier kann auch unangerei-chertes Uran genutzt werden, allerdings besteht einentscheidendes Sicherheitsproblem: Fällt das Kühl-wasser aus wird die Kettenreaktion weiter mode-riert und so am Leben gehalten. Eine Kernschmelzekann die Folge sein. Diese Problem trat am Reaktorin Tschernobyl auf. Deutsche Reaktoren dagegensind alle wassermoderiert und unterscheiden sichdaher sicherheitstechnisch grundlegend vom Tscher-nobyl Typ.Die Lebensdauer eines wassermoderierten Re-

aktors (auch als Siede- oder Druckwasserreaktor

bekannt) hängt nun im wesentlich nur von derHaltbarkeit des Druckbehälters ab in dem sich dieBrennstäbe befinden. Ständige Überprüfungen inDeutschland erlauben eine Laufzeit von mindes-tens 50 Jahren. Also deutlich länger als momentanvorgesehen.

Das oft genannte Problem zur Neige gehenderVorräte trifft auf Uran nicht zu. Die bekanntenVorkommen werden wohl nur noch ca. 47 Jahreausreichen, allerdings werden noch deutlich größereVorkommen vermutet. In den vergangenen Jahrenwurde die Uransuche fast vollständig eingestellt,da durch den Atomwaffenausstieg ein Überangebotvorhanden war und viele Uranminen geschlossenwurden. Steigt der Rohstoffpreis nun wieder, läuftdie Suche erneut an und die Versorgung sollte nochfür lange Zeit gesichert sein.

Die Endlagerung von abgebrannten Brennmate-rial gestaltet sich deutlich einfacher als eine CO2Einlagerung. Zum einen sind die anfallenden Men-gen, wie schon oben beschrieben, deutlich geringerund zum anderen sind die Endlager auch schonvorhanden. Die Inbetriebnahme ist hier ein reinpolitisches Problem und kein technisches.

2.4 Fusion als Alternative?

Diese Energiequel-le basiert auf der Fu-sion von Deuteriumund Tritium zu He-lium. Der Energiege-winn beruht, wie beider Kernspaltung,auf einer Zunahmeder Bindungsenergie,wodurch der Helium-kern weniger Masse besitzt als die zur Fusiongenutzen Wasserstoffkerne. Die gewonnene Energieist ca. sieben mal höher als bei der Kernspaltungund beträgt 170 Mio. kWh pro kg Wasserstoff.

Damit Fusion stattfinden kann, müssen zunächstdie sich abstoßenden Kerne zueinander gebrachtwerden. Um die Coulombbarriere zu überwindensind Temperaturen von 108 K nötig welche nur mitstarken Magnetfeldern erreicht werden können. DieFusion ist daher eine große technische Herausforde-rung die noch bewältigt werden muss. Eine kom-merzielle Einführung ist nicht vor 2050 zu erwarten.Diese Energiequelle wird uns also erst in ferner Zu-kunft zur Verfügung stehen und kann aktuell nichtszur CO2 Einsparung beitragen.

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2.5 Erneuerbare EnergienPro Jahr strahlt die Sonne eine Energie von1018 kWh auf die Erde. Nur einen sehr kleinen Teildieser Energie können wir zur Stromerzeugung nut-zen. Die wichtigsten Nutzungsmöglichkeiten wer-den im Folgenden kurz dargestellt.

2.5.1 Wasserkraft

Wasserkraft stelltdie zweitwichtigsteerneuerbare Energie-quelle in Deutsch-land. Im Jahr 2006betrug der Anteil ander Stromerzeugung3,2%. Weltweit liegtder Anteil der Was-

serkraft deutlich höher bei 18%. In Deutschlandist ein weiterer Ausbau leider nicht möglich, daschon alle Möglichkeiten genutzt werden. Weltweitwäre aber noch eine Verdopplung möglich. Nichtzu vergessen sind allerdings einige Nachteile dieseransonsten sauberen und günstigen Energiequelle.Um den Drei Schluchten Damm in China zu rea-lisieren mussten 1-2Mio. Menschen umgesiedeltwerden. Durch fehlende Ackerflächen werden nochweitere 4 Mio. das Gebiet verlassen müssen.

2.5.2 Windenergie

Die Windenergieleistet den größtenBeitrag der erneu-erbaren Energiequel-len mit einem An-teil von 5%. In dergesamten installier-ten Leistung stehtDeutschland weltweit an erster Stelle. Es ergibtsich aber das Problem, dass günstige Standorte ander Küste schon ausgebaut sind. Baut man Kraft-werke im Inland fällt die abgegebene Leistung umeinen Faktor drei, da die Leistung proportional zurdritten Potenz der Windgeschwindigkeit ist. Diesverkleinert die Wirtschaftlichkeit der Anlagen. EineLösung dieses Problems wären sogenannte OffshoreAnlagen, die auf dem offenen Meer gebaut werden.Dieser Standort stellt hohe Anforderungen an dietechnische Entwicklung, so dass ein Einsatz vonoffshore Anlagen im großen Stil noch ca. 20 Jahreauf sich warten lassen wird.

2.5.3 Solarthermie

Eine Möglichkeitzur direkten Nut-zung der Sonnen-energie stellt die So-larthermie dar. Hierwird das Sonnenlichtmittels Spiegeln ge-bündelt und Was-ser erhitzt. Mit dementstehenden Was-

serdampf kann nun eine Turbine angetrieben wer-den. In Kalifornien gelang es die Stromerzeugungs-kosten solcher Kraftwerke auf ca. 12,5 Cent prokWh zu reduzieren, was ein sehr guter Preis für er-neuerbare Energien ist. Man erzeugt dort 350MWmit mehreren Parabolrinnenkraftwerken. Es ste-hen noch andere Bauarten wie z.B. Solartürme,bei denen die Sonnenenergie auf einen Punkt zen-triert wird, zur Verfügung. Solartürme erreichenaufgrund der höheren Temperatur einen besserenWirkungsgrad, kommen aber nicht an die Gesamt-leistung von Parabolrinnenkraftwerke heran, dadiese einfacher ausgebaut werden können.

Das Hauptproblem dieser Kraftwerke ist die Ver-fügbarkeit der Sonne. Nachts muss die fehlendeWärme durch Wärmespeicher und Gasturbinen aus-geglichen werden, wodurch CO2 emittiert wird. InMittel- und Nordeuropa sind die Kraftwerke gene-rell nicht wirtschaftlich einsetzbar, da die Sonnen-einstrahlung zu gering ist. Hier müssten politischeRahmenbedingungen geschaffen werden, damit insüdlicheren Ländern in entsprechende Anlagen in-vestiert werden kann um den Strom dann unteranderem nach Deutschland zu exportieren.

2.5.4 Photovoltaik

Eine weitere di-rekte Nutzung derSonnenenergie istdurch die Photovol-taik möglich. DieSonnenenergie wirdhier genutzt um La-dungsträger in ei-nem Halbleiter zu trennen (p-n Übergang). Dadie Technik in der Herstellung recht aufwändigist, stellt die Photovoltaik die teuerste erneuerbareEnergiequelle dar. Die Kosten pro kWh belaufensich auf ca. 50 Cent. Der hohe Preis liegt un-ter anderem im hohen Energieverbrauch bei derHerstellung begründet. Dies führt weiterhin dazu,dass eine solche Anlage in Deutschland 5 Jahre in

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Betrieb sein muss, bevor die Energiebilanz ausge-glichen ist. Der Bau dieser Anlagen ist daher inDeutschland momentan nur durch hohe Subven-tionen möglich. Selbst diese enormen Geldmittelführten bisher nur zu einem Anteil von 0,4% derStromerzeugung. Bevor die Herstellungskostennicht deutlich gesunken sind, wären weitere größereInvestitionen nicht wirtschaftlich sinnvoll.

2.6 Zusammenfassung und AusblickDie erneuerbaren Energien sind bisher noch nichtin der Lage innerhalb der nächsten Jahre größereAnteile der Stromerzeugung zu übernehmen. Opti-mistische Rechnungen sagen bis 2030 einen Anteilvon ungefähr einem Viertel voraus. Das wäre, be-zogen auf den aktuellen Anteil der erneuerbarenEnergien von ca. 12%, eine Verdopplung der er-zeugten Energie. Selbst das würde aber noch nichtausreichen um den Anteil der Kernenergie von 26%zu ersetzen. Geht man von einem gleichbleibendenAnteil der fossilen Energiequellen aus, entstündeeine Versorgungslücke, die durch den Zubau vonkonventionellen Kraftwerken gedeckt werden müss-te. Es stehen nun drei Szenarien zur Auswahl:

Szenario A würde bei einem Weiterlaufen der Kern-kraftwerke eintreten. Der günstige Erzeugungspreiskönnte mit Abgaben belegt werden, mit denen dannklimaschützende Maßnahmen, wie z.B. erneuerba-re Energien oder bessere Wärmedämmungen vonWohnungen gefördert werden. Die CO2 Einsparun-gen würden die nationalen Ziele allerdings trotzdemverfehlen (rote Kurve), aber zumindest weitere Ein-sparungen ermöglichen.

Szenario B sieht die bisher geplante Abschaltungder Kernenergie bis 2020 vor. Die Versorgungslückemüsste durch Importe aus Nachbarländern gefülltwerden. Diese würden dazu neue Kernkraftwerkean der Grenze errichten, wodurch der Sicherheits-gewinn wieder zunichte wäre. Eine Subvention kli-maschützender Maßnahmen wäre so nicht möglich.

Szenario C entspricht der aktuellen Planung dieentstehende Lücke durch Neubau von Kohlekraft-werken zu decken. Die zusätzlichen CO2 Emissionenwürden alle bisher erreichten Einsparungen sinnloserscheinen lassen.Der Beitrag Deutschlands zum Klimaschutz

hängt daher entscheidend vom Weiterlaufen derKernkraftwerke ab. Ohne diese Energiequelle wür-de es Deutschland schwer fallen andere Länder wiez.B. China vom Klimaschutz zu überzeugen.

3 QuellenK. Kleinknecht, 2007: Wer im Treibhaus sitzt. Wiewir der Klima- und Energiefalle entkommen. PiperVerlag München

K. Heinloth, 1997: Die Energiefrage: Bedarf undPotentiale, Nutzung, Risiken und Kosten. ViewegVerlag Braunschweig

S. Rahmstorf, H.J. Schellnhuber, 2007: Der Klima-wandel, Beck Verlag

IPCC, 2007: Climate Change 2007: The Physi-cal Science Basis. Contribution of Working GroupI to the Fourth Assessment Report of the Intergo-vernmental Panel on Climate Change [Solomon,S., D. Qin, M. Manning, Z. Chen, M. Marquis,K.B. Averyt, M.Tignor and H.L. Miller (eds.)].Cambridge University Press, Cambridge, UnitedKingdom and New York, NY, USA.

IPCC, 2007 Klimaänderung 2007: Zusammen-fassung für politische Entscheidungsträger

DPG, 2005: Klimaschutz und Energieversorgung inDeutschland 1990-2020, Bad Honnef

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